4824/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Scheibner, Mag. Haupt, Bgdr. Jung, Dr. Ofner, DI Schöggl und
Kollegen
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend die Personalaufbietung und die Finanzierung der VOREIN - Verbände
Das Österreichische Bundesheer befindet sich seit Jahrzehnten überaus erfolgreich mit
mehreren Kontingenten im Auslandseinsatz. In den letzten Jahren ist die Anzahl dieser
Einsätze fast jährlich um einen weiteren gestiegen, so daß sich heute im Laufe eines Jahres
bereits mehrere tausend Soldaten im Auslandseinsatz befinden. Die Masse dieser Soldaten
wird dabei aus dem Milizstand des Bundesheeres rekrutiert.
Um bei der bestehenden Gesetzeslage einen Soldaten eines österreichischen Kontingentes in
den Auslandseinsatz entsenden zu können, müssen bis zu fünf Soldaten eingeplant und in
Evidenz gehalten werden, da es nicht sicher ist, daß der vorgesehene und gemeldete Soldat
auch tatsächlich in den Einsatz geht. Damit ist aber auch ein unglaublicher bürokratischer
Aufwand verbunden. Die Entscheidung für die Aufstellung präsenter Verbände (bestehend
aus Berufssoldaten und freiwillig längerdienenden Rekruten), die jederzeit geschlossen und
durch kleine (orgplanmäßig) vorgesehene Milizkontingente verstärkt in den Auslandseinsatz
gehen könnten, wie dies in nahezu allen europäischen Armeen Europas der Fall ist, wurde bis
heute nicht getroffen. Selbst die Adaptierung der Heeresgliederung - NEU wird dieses Ziel
nicht erreichen, obwohl sie fälschlich damit begründet wurde, weil die entsprechenden
(gesetzlichen) Rahmenbedingungen dafür fehlen und sich die sog. “präsenten” Verbände
weiterhin nicht so zusammensetzten, wie sie für einen Auslandseinsatz notwendig wären.
Die Aufbietung für den Auslandseinsatz erfolgt nach dem Modell VOREIN, das als
gescheitert zu betrachten ist. Die Ankündigung über die Aufstellung dieser Verbände erfolgte
bereits am 25.5.1993 im Zusammenhang mit der Ankündigung der Bundesregierung im
Rahmen der UNO für ,,friedensschaffende Einsätzen” 2500 Mann aufzustellen und dafür
notwendige zusätzliche Finanzmittel in der Höhe von 900 Millionen Schilling auf drei Jahre
bereit zu stellen.
Dieses Geld sollte vor allem der Ausstattung dieser Kräfte mit entsprechendem Gerät
(Radpanzer, Splitterschutzsysteme, Wasseraufbereitungsanlagen etc...) zu Gute kommen. Die
Verbände sollten im wesentlichen ein gebirgsbewegliches Infanteriebataillon, ein mit
gepanzerten MTW ausgestattetes Infanteriebataillon, eine gepanzerte Aufklärungskompanie,
eine Pionierkompanie, eine Versorgungskompanie und ein Feldspital umfassen. Mit der
Ausarbeitung eines Konzeptes - VOREIN - wurde der aus VN - Einsätzen bekannte und
erfahrene "Generalmajor" Divisionär Greindl beauftragt.
Nunmehr fünf Jahre später existieren diese Einheiten nur auf dem Papier. Das versprochene
Gerät ist noch immer nicht vollständig beschafft oder ist wie im Falle der Radpanzer bis dato
gar nicht im Auslandseinsatz. Das zentrale Aufbietungssystem wurde mittlerweile, weil völlig
gescheitert, einzelnen Truppenkörpern zugeordnet, die nunmehr vordringlich aus ihrem Mob -
Bereich aufbieten und formieren sollen. Im Falle eines dieser InfBaon soll höchstens 40
Prozent tatsächlich aus dem zugeordneten Bereich sein. Dadurch erscheint der Beweis
erbracht, daß auch diese Konzept gescheitert ist und auch weiterhin nur Truppen in den
Auslandseinsatz gehen, die nach dem Zufallsprinzip aus dem gesamten Bundesgebiet
aufgeboten werden.
Auch von den angekündigten zusätzlichen 900 Millionen kann keine Rede sein. Die steigende
Zahl der Auslandsbeteiligungen “hungert” im Gegenteil das ÖBH personell wie finanziell aus
und geht zu Lasten aller anderen notwendigen und geplanten Vorhaben. Eine von den
Freiheitlichen immer wieder geforderte Kostenerstattung wird nur marginal erfüllt bzw. erst
im Nachhinein gewährt, wodurch dem ÖBH wichtige Mittel für Projekte im laufenden Jahr
fehlen, wie am Beispiel des MINURSO - Einsatzes gezeigt werden kann.
Dennoch “verkauft” die Bundesregierung die angeblich existierenden VOREIN - Verbände bei
jeder Gelegenheit auf internationaler Ebene. So sollen diese für UNO - (SHIRBRIG), WEU -
und EU - (‚,Petersberg - Missionen”‘), sowie OSZE - und NATO - Einsätze (“pfp-plus”) zur
Verfügung stehen und darüber hinaus auch unter dem CENCOOP - Mantel. Bei der Vielzahl
der Begriffe und Abkürzungen scheint es nicht verwunderlich, daß sogar Ressortangehörige
den Überblick verloren haben, welche Truppe jetzt wo und wann für wen eingesetzt werden
soll. Die berechtigte Vermutung besteht, daß diese Truppen eigentlich alle die selben sind und
nur auf dem Papier existieren.
Darüber hinaus hat seit Einführung der HG - NEU die Zahl der für die Miliz ausgebildeten
Soldaten, die auch für einen Auslandseinsatz in Frage kommen, stetig abgenommen. Mit dem
Beschluß zur Adaptierung der HG - NEU wird die Miliz de facto zerschlagen. Der
Mobilmachungsrahmen wird wegen fehlender finanzieller Mittel erneut verkleinert wodurch
die Anzahl der Milizsoldaten noch weiter sinkt. Durch die unbefriedigende gesetzliche Lage,
die immer geringer werdende Anzahl an Milizsoldaten, und dem immer größer werdenden
Engagement Österreichs bei Einsätzen im Ausland wird es immer schwieriger werden,
die dafür notwendige Anzahl an Soldaten aufbieten zu können. Dies wird durch die
fragwürdigen Methoden bei der Rekrutierung von Freiwilligen für den IFOR/SFOR Einsatz
(“wer nicht dazu bereit ist, wird bei anderen Einsätzen nicht mehr berücksichtigt) noch
unterstrichen.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten die nachstehende
Anfrage:
1. Wie viele Soldaten haben seit 1992 in einem Auslandseinsatz ihren Dienst versehen?
2. Welcher Art war dabei ihr Status vor Antritt des Auslandspräsenzdienstes (Präsenzdiener,
Milizstand, Reservestand, Beamter, VB, Zeitsoldat bzw. Militärperson auf Zeit)?
3. Wie viele Soldaten mußten für alle Auslandseinsätze, aufgeschlüsselt nach den einzelnen
Einsätzen, eingeplant und in Evidenz geführt werden, damit diese tatsächlich durchgeführt
werden konnten?
4. Wie viele Soldaten haben sich bis dato für das österreichische MINURSO - Kontingent
(Einheit) gemeldet und aus welchen Mob - Bereichen stammen diese bzw. welchen Status
haben diese vor Antritt dieses Einsatzes (Grundwehrdiener, Milizangehöriger,
Angehöriger des Reservestandes, Beamter, VB, Zeitsoldaten bzw. Militärpersonal auf
Zeit)?
5. Welche Verbände des Bundesheeres sind für die Aufbietung und Aufstellung der
VOREIN - Verbände zuständig?
6. Wie viele Freiwillige haben sich bis dato insgesamt für zukünftige Auslandseinsätze
gemeldet?
7. Wie viele der Soldaten, die sich für VOREIN freiwillig gemeldet haben, verfügen über
einen Bereitstellungschein bzw. eine Mob - Beorderung für das Einsatzheer?
8. Wie ist der derzeitige Stand des Befüllungsgrades mit Soldaten der VOREIN - Verbände
aus ihrem eigenen Mob - Bereich?
9. Wann werden alle Auslandseinsatzeinheiten und - verbände über einen orgplanmäßigen
Befüllungsgrad von 100 Prozent verfügen?
10. Welche Verbände sollen im Rahmen von SHIRBRIG, CENCOOP, "Petersberg -
Missionen" und ,,pfp - plus Aktionen” zum Einsatz kommen?
11. Welche Einheiten und Verbände sind doppelt oder mehrfach für eine dieser
Auslandseinsatzverwendungen vorgesehen?
12. Wie viele Soldaten dieser Einheiten und Verbände sind doppelt oder mehrfach für eine
dieser Auslandseinsatzverwendungen vorgesehen?
13. Wie lange dauert die Aufbietung der einzelnen Einheiten und Verbände?
14. In welchem Zeitraum können die einzelnen Einheiten und Verbände einsatzbereit sein?
15. Auf welche Summe belaufen sich bis dato die Kosten für alle Auslandseinsätze des ÖBH
(aufgeschlüsselt nach Jahren und Einsätzen)?
Wie hoch sind die bis dato geleisteten Beschaffungen für den Einsatz des geplanten
MINURSO - Kontingents?
16. Welche Beschaffungen wurden mit den 1993 angekündigten zusätzlichen 900 Millionen
für die VOREIN - Verbände vorgenommen und in welcher Form wurden diese Mittel dem
Landesverteidigungsbudget zugeschlagen bzw. woraus ist dies ersichtlich?
17. Wie hoch ist die Rückerstattung der anfordernden Institutionen (UNO etc...) in Summe
bisher (aufgeschlüsselt nach Personal - und Sachkosten)?
18. Ist es richtig, daß die UNO für den UNDOF - Einsatz des ÖBH teilweise das Gerät zur
Verfügung gestellt hat, aber bei einem Ausfall der Geräteersatz durch das ÖBH zu
erfolgen hat?
19. Wenn ja: wie hoch sind die Kosten dafür bis dato?
20. Ist es richtig, daß die freiheitlichen Abgeordneten sowohl beim IFOR/SFOR - Einsatz, als
auch beim Zypernkontingent im Hauptausschuß auf eine bessere Ausstattung mit
gepanzerten Fahrzeugen bzw. persönlicher Schutzausrüstung gedrängt haben und Sie
diese zuerst verneint haben und dennoch später teilweise für diese Sorge getragen haben?
21. Wenn ja: wie erklären Sie diesen Umstand?
22. Ist es richtig, daß Sie in diesem Zusammenhang erklärt haben, österreichische Soldaten
sollten sich, wenn sie bei Demonstrationen mit Steinen attackiert werden, decken und die
UNO würde die Ausrüstung mit polizeiähnlichen Geräten ablehnen?
23. Wenn ja: wieso verfügt dann das österreichische Kontingent in Zypern nunmehr über eine
solche Ausrüstung (einschließlich eines Wasserwerfers)?