4957/J XX.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Graf

und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend objektive Richterbestellung beim Verfassungsgerichtshof

 

Der Verfassungsgerichtshof besteht nach Art. 147 Abs. 1 B - VG aus einem Präsidenten,

einem Vizepräsidenten, zwölf weiteren Mitgliedern und sechs Ersatzmitgliedern. Der

Präsident, der Vizepräsident und sechs weitere Mitglieder sowie drei Ersatzmitglieder

werden auf Vorschlag der Bundesregierung, drei Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder

auf Vorschlag des Nationalrates und drei Mitglieder und ein Ersatzmitglied auf Vorschlag

des Bundesrates jeweils vom Bundespräsidenten ernannt.

 

Die Stellen des Vizepräsidenten und allenfalls eines auf Vorschlag der Bundesregierung

zu ernennenden Mitgliedes sind in Kürze nach dem Ausscheiden von Vizepräsident Dr.

Karl Piska nachzubesetzen.

Nach § 1 Abs. 2 VerfGG 1953 sind die vakanten Stellen vom Bundeskanzler im

Amtsblatt zur Wiener Zeitung und in den für amtliche Kundmachungen bestimmten

Landeszeitungen zur allgemeinen Bewerbung auszuschreiben.

 

Die Vorschläge zur Nachbesetzung vakanter Richterstellen wurden in der Vergangenheit

stets ohne nachvollziehbares Auswahlverfahren erstattet, was angesichts der großen

Bedeutung des Verfassungsgerichtshofes immer wieder zu heftiger Kritik führte. Der

Bundesrat ist daher bei der Erstattung des letzten Vorschlages von dieser bisher geübten

Praxis abgegangen und hat den Bewerben auf Grund einer Initiative der FPÖ - Bundesräte

im Rahmen eines Hearings Gelegenheit gegeben, sich den Mitgliedern des Bundesrates

persönlich vorzustellen und Aspekte der Bewerbung vorzutragen. Zweifellos hat dieses

Hearing als weitere wichtige Entscheidungshilfe maßgebend dazu beigetragen, dem

Bundesrat eine nachvollziehbare Entscheidung zu erleichtern. Auch der Nationalrat hat

bei der Erstattung seines letzten Vorschlages die Bewerber erstmals einem Hearing

unterzogen.

 

Auch für die Bundesregierung bietet sich diese Vorgangsweise, die im Bundesrat und im

Nationalrat von allen Fraktionen einstimmig mitgetragen wurde, bei der bevorstehenden

Erstattung von Vorschlägen zur Nachbesetzung der freiwerdenden Richterstellen beim

Verfassungsgerichtshof als Entscheidungshilfe an. Allerdings ist es ohnedies zweifelhaft,

ob die Bundesregierung eine solche Entscheidungshilfe überhaupt braucht, zumal die

Entscheidung über die Richterstellen Medienberichten zufolge zwischen SPÖ und ÖVP

bereits “paktiert” ist. Über das Ergebnis dieses Paktes und die Rolle der Klubobmänner

Dr. Khol und Dr. Kostelka hat der “Kurier” bereits am 22. Jänner 1998 berichtet.

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler nachstehende

 

ANFRAGE

 

1. Wann werden die demnächst freiwerdenden, auf Vorschlag der Bundesregierung

    nachzubesetzenden Stellen eines Vizepräsidenten und eines Mitgliedes des

    Verfassungsgerichtshofes ausgeschrieben werden?

 

2. Werden Sie dafür sorgen, daß bezüglich der vakanten Richterstellen ebenso wie

    anläßlich der letzten Nachbesetzungen ein Hearing stattfinden soll?

    Wenn nein, warum nicht und welche anderen Verfahren werden Sie treffen, um

    eine objektive und nachvollziehbare Entscheidung zu gewährleisten?

 

3. Sind Sie der Auffassung, daß ein Hearing der Bewerber als Entscheidungshilfe für ein

    objektives nachvollziehbares Verfahren sinnvoll wäre?

    Wenn nein, warum nicht?

 

4. Welche anderen Entscheidungshilfen wird die Bundesregierung einsetzen, um eine

    objektive und nachvollziehbare Entscheidung zu gewährleisten?

5. Werden Sie dafür eintreten, daß bei der Nachbesetzung von Richterstellen beim

    Verfassungsgerichtshof künftig ein Hearing für die Vorschlagsberechtigten

     (Bundesregierung, Nationalrat, Bundesrat) zwingend vorzusehen ist?

     Wenn nein, warum nicht?

     Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen planen Sie in diesem Zusammenhang?

 

6. Ist Ihnen bekannt, daß innerhalb der Bundesregierung oder zwischen den

    Koalitionsparteien bereits eine Absprache über die Nachbesetzung der

    freiwerdenden Richterstellen beim Verfassungsgerichtshof besteht?

    Wenn ja, was ist der Inhalt dieser Vereinbarung?

 

7. Können Sie ausschließen, daß eine derartige Absprache bei der bevorstehenden

    Nachbesetzungsentscheidungen Anwendung finden wird?

    Wenn ja, inwiefern?