4997/J XX.GP

 

Anfrage

 

der Abgeordneten Kier, Partnerinnen und Partner

an den Bundesminister für Inneres

 

betreffend Interpretation der Schubhaftbestimmungen im Fremdengesetz

 

Durch die Fremdengesetznovelle 1997 wurde in bezug auf die Verhängung der

Schubhaft erfreulicherweise das “gelindere Mittel” (§ 66) eingeführt. Von der

Verhängung der Schubhaft zur Sicherstellung der Durchführung eines Verfahrens zur

Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Abschiebung soll dadurch nach

Möglichkeit, besonders bei Minderjährigen, Abstand genommen werden.

 

“Als gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der

Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, "heißt es dazu in § 66 Abs 2

FrG. Und in den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zu § 66 FrG wird

die Schaffung des "gelinderen Mittels" auch damit begründet, daß "ökonomische

Erwägungen durchaus nicht zu vernachlässigen (sind), da die Unterbringung in einer

,zugewiesenen Unterkunft" wesentlich kostengünstiger als der Vollzug von

Schubhaft" sei.

 

Aus diesen Überlegungen schlossen nun Ausländerhilfsorganisationen, daß die

Kosten für die Unterkünfte bei Anwendung des "gelinderen Mittels" - in

Zusammenarbeit mit ihnen - zumindest teilweise vom Bund zu tragen seien.

Immerhin käme dies den Staat ja günstiger als die Schubhaft. Doch in einem Brief

des Sektionschefs Manfred Matzka (ZI. 97.300/8 - SL III/98) an eine dieser

Organisationen wird diese Gesetzesstelle ganz anders interpretiert: "Es ist nicht

erkennbar, daß der Gesetzgeber daran gedacht hat, Personen, die aufgrund der

Anwendung des "gelinderen Mittels" nicht in Schubhaft genommen werden, in

irgendeiner Weise aus staatlichen Mitteln finanziell zu unterstützen, um sie zum

Verbleib in Österreich zu motivieren (Heraushebung durch die Verfasser)." Diese

Interpretation erscheint aufklärungsbedürftig, denn hinsichtlich der Ausreise von

Fremden ist weder eine motivierende noch eine demotivierende Absicht des

Gesetzgebers erkennbar, schon gar nicht während eines laufenden Verfahrens.

 

Auch entspricht die Ansicht Matzkas aus demselben Brief, "daß diese Personen zwar

nicht in Schubhaft genommen werden, daß sie aber Österreich verlassen müssen",

nicht unbedingt mit den Intentionen des Gesetzes überein. Denn selbst bei

Personen, die zur Sicherung des Verfahrens nach § 61 FrG in Schubhaft genommen

werden, ergibt erst der Ausgang des Verfahrens, ob sie das Land auch wirklich

verlassen müssen.

 

Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende

 

                                                               ANFRAGE

 

an den Bundesminister für Inneres:

1. Können Sie definieren, unter welchen Bedingungen das "gelindere Mittel"

    gegenüber der Verhängung der Schubhaft nicht zur Anwendung kommt?

 

2. Sind Sie der Ansicht, daß im Falle der Anwendung des "gelinderen Mittels" zur

    notwendigen Sicherstellung eines Verfahrens in Fremdenangelegenheiten (keine

    Verhängung der Schubhaft) die Kosten für die Unterbringung des Betroffenen

    ausschließlich von Privaten zu tragen sind? Wenn ja, warum?

 

3. Wenn Frage 2 mit "ja" beantwortet wurde: wie ist die oben zitierte Passage aus

    den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum Fremdengesetz 97

    zu interpretieren, wonach "die Unterbringung in einer ‚zugewiesenen Unterkunft'

    wesentlich kostengünstiger als der Vollzug von Schubhaft" sei?

 

4. Welche Kosten verursachen die Verhängung der Schubhaft bzw. die Aufnahme in

    Bundesbetreuung pro Person und Tag?

 

5. Hätte eine Übernahme der Kosten für die Unterbringung von Personen, bei denen

    das "gelindere Mittel" angewendt wird, nicht positive Auswirkungen auf die

    Sicherstellung des Verfahrens, da der Gefahr, daß die Betroffenen "untertauchen"

    könnten, entgegengewirkt wird?

 

6. Sind Sie der Auffassung Ihres Sektionschefs Dr. Matzka, daß eine eventuelle

    finanzielle Unterstützung der betroffenen Ausländer diese zum Verbleib in

    Österreich "motivieren" würde? Wenn ja, warum?

 

7. Gibt es Ihrer Auffassung nach irgendeine Bestimmung im Fremdengesetz, die

    darauf hinweist, daß die Behörden hinsichtlich der Ausreise von Fremden

    motivierend oder demotivierend tätig werden sollen?

 

8. Stimmen Sie Dr. Matzkas impliziter Behauptung zu, daß alle Personen, gegen die

    ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung

    eingeleitet wurde, Österreich verlassen müssen? Wenn ja, auf welche

    Gesetzesstelle gründet sich Ihre Interpretation?