5178/J XX.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Van der Bellen, Langthaler, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

betreffend Spanplattenverordnung

 

Mit Entschließung vom 12. Juli1996 (E 19 NR/XX. GP) wurde der Bundesminister für

wirtschaftliche Angelegenheiten vom Nationalrat ersucht, dem Stand der Technik

entsprechende Emissionsgrenzwerte (unter besonderer Berücksichtigung von VOC und

NOx) unter anderem für Betriebe der Spanplattenerzeugung durch Verordnung

festzuschreiben. Im nunmehr vorgelegten Bericht der Bundesregierung über die erfolgte

Reduktion der Emissionen von Ozon - Vorläufersubstanzen (III -120 dB, XX. GP, S 59)

heißt es dazu lapidar: “Eine Verordnung wird jedoch vom Bundesminister für

wirtschaftliche Angelegenheiten derzeit für nicht erforderlich gehalten.” Es ist ein starkes

Stück, wenn sich der Wirtschaftsminister in dieser Art über Handlungsaufträge des

Gesetzgebungsorgans hinwegsetzt und dies offenbar von den übrigen Kollegen und

Kolleginnen mitgetragen wird!

 

Die ausstehende Spanplattenverordnung war bereits Gegenstand etlicher

parlamentarischer Anfragen. Bereits vor der Entschließung hat sich der

Wirtschaftsminister in einer Anfragebeantwortung vom 1. August 1995 gegen eine

Verordnung wegen der Komplexität der Situation und der geringen Zahl von

Betroffenen ausgesprochen und auf eine allfällige freiwillige alle einschlägigen

Unternehmen verbindende Verpflichtungserklärung verwiesen (zu 1232/J, XIX GP, 5

14). Das Parlament war offensichtlich anderer Meinung und fasste die oben erwähnte

Entschließung, da sich die freiwillige Verpflichtungserklärung als nicht genügend

zielführend erwies.

 

In Schreiben an betroffene Bürger/innen wurde von Seiten des Wirtschaftsministeriums

gegen die geforderte Verordnung einer thermisch - regenerativen Abgasreinigung

(Nachverbrennung) die hohen Anlagen - und Betriebskosten, der durch die

Nachverbrennung zusätzliche Energieeinsatz und die dadurch ausgelösten CO² -  und

 


 

NOx - Emissionen ins Treffen geführt (BMWA GZ 300.84214 - III/A/2a/98 vom 22. Juni

1998). Festzuhalten ist, dass die thermisch - regenerative Abgasreinigung gegenüber dem

vom Wirtschaftsministerium forcierten nassen Elektrofilter weitaus geringere

Emissionswerte insbesondere bei Kohlenmonoxid, kondensierbaren VOCs und Phenol

erreicht (UBA - BE 114 [[1998] S 14). Die plakative Aufrechnung von Energieeinsatz gegen

Luftschadstoffbelastung erhält gerade durch die anstehende Umsetzung der IPPC -

Richtlinie besondere Brisanz.

 

Da mit aller Vehemenz die Umsetzung der Entschließung des Nationalrats und damit

des österreichischen Standes der Technik und die Besserstellung der Nachbarn und

Nachbarinnen derartiger Anlagen gefordert wird, stellen die unterfertigten Abgeordneten

daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1. Wie verantwortet der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten die

    Mißachtung der parlamentarischen Entschließung zur Reduktion der

    Ozonvorläufersubstanzen vom 12. Juli 1996 in Bezug auf die Weigerung, eine

    Spanplattenverordnung zu erlassen?

 

2. Betreffend der Argumente “Komplexität der Situation” und “geringe Anzahl von

    Anlagen”:

 

    a) In welcher Hinsicht ist die Situation bei den Anlagen zur Erzeugung von

        Spanplatten komplexer als bei anderen Anlagen, für die laut Ozonbericht

        1997 Emissionsgrenzwerte gemäß § 82 GewO sehr wohl verordnet wurden?

   

    b) Wieviele bestehende Anlagen wären von der geplanten SpanplattenVO

        erfaßt worden und wieviele bestehende Anlagen erfaßten die Verordnungen

        für die Zementindustrie sowie die Herstellung von Glas jeweils?

 

3. Betreffend Argument: “hohe Anlagen- und Betriebskosten”:

 

    a) Wo findet sich die rechtliche Deckung in der GewO, eine

        Emissionsminderung nach dem Stand der Technik wegen hoher Anlagen-

        und Betriebskosten zu unterlassen?

 

    b) Sofern das Verhältnismäßigkeitsprinzip ins Treffen geführt wird, wie hoch

        sind die Kosten für die Installierung und den Betrieb der thermisch -

        regenerativen Abgasreinigung in der Spanplattenindustrie und wie hoch ist

        der damit erzielte Erfolg, nämlich welche Emissionsminderungen an VOC

        und NOx könnten damit jährlich in Summe bei allen bestehenden Anlagen

        in etwa erzielt werden und welcher Beitrag könnte damit zur Bannung der

        Ozongefahr geleistet werden?

4. Betreffend Argument “hoher Energieeinsatz" und “zusätzliche Emissionen an CO²

    und NOx":

 

    a) Wie hoch wäre der Energieeinsatz bei der thermisch - regenerativen

        Abgasreinigung im Allgemeinen pro erzielter Emissionsreduktionseinheit und

         im Besonderen beim Spanplattenwerk Egger in St. Johann in Tirol?

 

    b) Wie hoch wäre der Energieeinsatz bei Einsatz des nassen Elektrofilters im

         allgemeinen pro erzielter Emissionsreduktionseinheit?

 

    c) Welche zusätzlichen Emissionen an C02 und NOx fallen bei der thermisch-

        regenerativen Abgasreinigung pro erzielter Emissionsreduktionseinheit

 

  aa) mittelbar durch den Energieeinsatz und

 

  bb) unmittelbar durch die Nachverbrennung an?

 

    d) Welche Art der Stromerzeugung wurde unter c) für die Berechnung von aa)

         herangezogen?

 

    e) In welchem Verhältnis stehen die zusätzlichen Emissionen durch die

        Nachverbrennung und die allgemeinen Emissionen der Anlage, welche auf

        den Einsatz von Heizöl schwer und Abfällen zurückgehen, im

        Spanplattenwerk Egger in St. Johann in Tirol?

 

    f) Welche Reduktion der Emissionen könnte vergleichsweise durch den Einsatz

        von umweltfreundlicheren Brennstoffen statt Heizöl schwer und Abfällen im

        Spanplattenwerk Egger in St Johann erreicht werden?

 

    g) Wie hoch ist der Anteil des Abfalls an den eingesetzten Brennstoffen im

        Spanplattenwerk Egger in St Johann?

 

5. Welche konsentierten und gemäß Gesamtüberprüfung vom 1. 8. 1989 (siehe

    Anfragebeantwortung zu 5260/J, XVIII: GP) tatsächlichen Gesamtemissionen an

     SO², NOx und VOC verursachte das Spanplattenwerk Egger in St. Johann in Tirol

     im Jahre 1989 (Inkrafttreten der § 82 - VO - Ermächtigung) und wie hoch waren die

     konsentierten und die tatsächuchen Gesamtemissionen im Jahre 1997?

 

6. Welche Verfahren zur Reduktion der Emissionen aus der Spanplattenproduktion

    erachtet das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten nach dem

    Stand der Technik für möglich?

 

7. Welche Reduktion von Ozonvorläufersubstanzen wurden im Wege von

    “Individualverfahren” seit der Anfragebeantwortung zu 1232/J vom 1. August 1995

     bei den einzelnen Anlagen zur Spanplattenproduktion erreicht (um Angabe in

     Konzentrationswerten in mg pro m3 und der Gesamtemissionen in Tonnen pro

     Jahr unter Angabe der Kapazitätssteigerungen wird ersucht)?

8. Ergänzend zu oben stellen sich unter Bezugnahme auf das Referat von Mr. Iain

    McLean beim EU - Workshop in Berlin 1998 und angesichts der Haltung des

    Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheit noch folgende Fragen:

  

    a) Halten Sie eine Gesamtschadstoffmenge von rund 183 kg pro Stunde - in 24

        Stunden von rund 4.388 kg - wie dies im irischen Werk bei Einsatz des

        nassen Elektrofilters (“Wet ESP”) der Fall ist, für vertretbar?

 

   b) Wie bewerten Sie die Tatsache, daß laut Unterlagen dieser gleichen

       Fabrikationsanlage bei Einbau einer Abgasnachverbrennung ("RTO") eine

       Gesamtschadstoffmenge von 52 kg pro Stunde, in 24 Stunden von rund 1248

        kg, erreichbar wäre - und dies bei einem geschätzten Betriebskosten -

        Mehraufwand von 10%?

 

   c) Können Sie sich unserer Ansicht anschließen, daß eine um das 3,5 fache

       bessere Schadstoffminderung diese Mehrkosten, nicht zuletzt wegen der

       nahen Wohnsiedlungen (z.B. St. Johann von 400m) jedenfalls gerechtfertigt

       wären?

 

   d) Ist Ihnen bewußt, was eine österreichische Akzeptanz des irländischen

       Negativbeispiels angesichts der Tatsachen, daß in einem vergleichbaren

       österreichischen Werk bereits jetzt die Gesamtschadstoffmenge unter 500

       kg/24h liegt und im Spanplattenwerk St. Johann laut

       Genehmigungsverhandlung 1993 auch im Nassreinigungsverfahren die

       Gesamtschadstoffmenge jedenfalls unter der 1000kg - Marke liegen müßte, für

       Auswirkungen zeitigen würde?

 

   e) Welche Maßnahmen werden Sie - neben der überfälligen Erlassung der

       Spanplattenverordnungen - setzen, um den weltweit führenden Stand der

       Technik im Bereich der Abgasentsorgung bei der Spanplattenproduktion,

        nämlich die Abgasnachverbrennung, auch innerhalb des EU - Regelwerks zu

        verankern?