5220/J XX.GP

 

                                               ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Petrovic, Van der Bellen, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Kontrollverweigerung der Koalitionsregierung; Versagen der Bankenaufsicht

 

 

Seit nunmehr drei Legislaturperioden verweigern die Regierungsparteien im Parlament

mit Mehrheit die Einrichtung von Untersuchungsausschüssen und lähmen gleichzeitig

die Tätigkeit der parlamentarischen Kontrollausschüsse (Ständiger Unterausschuß

Rechnungshof, Heeresnachrichtendienst - und STAPO - Kontrollausschuß).

 

Dadurch wird nicht nur die parlamentarische Opposition daran gehindert, wesentliche

Pflichten im Rahmen ihres verfassungsmäßigen Kontrollauftrages wahrzunehmen,

sondern dadurch entsteht offenbar auch im Bereich der Verwaltung auf Bundesebene

teilweise der Eindruck, daß die Kontrolle der Mitglieder der Bundesregierung und der

Ministerien durch das Parlament ohnehin mit Sicherheit abgeblockt und verhindert wird.

Die Folgen sind dramatisch: Das Ansehen Österreichs erleidet Schaden, immer neue

Skandale brechen hervor, Rechtswidrigkeiten werden über Jahre nicht abgestellt und

vereinzelte Spitzenbeamte kümmern sich wenig um die Einhaltung der Gesetze.

 

Die Zeitschrift FORMAT berichtet in der Ausgabe vom 19. Oktober 1998 (Seiten 78 ff)

von den “Pannen der Kontrolleure”. Die Affäre um die Rieger Bank sei bereits der

fünfte Skandal innerhalb von 6 Jahren bei dem die für die Kontrolle zuständige

Bankenaufsicht versagt hätte. FORMAT spricht von einer “überaus merkwürdigen

Kurzsichtigkeit” der zuständigen Sektion des Finanzressorts. So sei es unverständlich,

daß plumpe Fälschungen offenbar jahrelang nicht aufgefallen sind, daß fingierte

Saldenbestätigungen akzeptiert wurden und daß gesetzwidrige Unterschriften akzeptiert

worden seien.

 

Ganz offenkundig handelt es sich beim Versagen der Bankaufsicht in diesem größten

Finanzskandal der Republik nicht um einen Einzelfall: Der Rechnungshof bemängelte

mit scharfen Worten die laxe Kontrolle und die mangelnde Bereitschaft zur Einführung

eines Frühwarnsystems.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Finanzen

folgende

 

 

                                               ANFRAGE:

1. Wie beurteilen Sie als Finanzminister die Tatsache, daß seit Dezember 1992

    insgesamt fünf österreichische Bankenskandale durch die Medien gegangen sind,

    ohne daß die zuständige Bankenaufsicht rechtzeitig effiziente Schritte gesetzt hat?

 

2. Wie lautet in den Fällen Bankhaus Rössler (1992), Wiener EffectInvest (1993),

    BAWAG Karibikgeschäfte (1994), BHI (1995) sowie Rieger Bank (1998) die

    jeweilige Rechtfertigung der Bankenkontrolle für das Kontrollversagen?

 

3. In welchen Fällen bzw. wie oft ist der pensionierte Wirtschaftsprüfer Paul

    Loebenstein seitens der Bankenaufsicht beauftragt bzw. konsultiert worden?

 

4. Wieviele externe Aufträge mit WirtschaftsprüferInnen bzw. Expertlnnen für das

    Bankengeschäft hat die Bankenaufsicht seit 1992 abgeschlossen?

    Wie hoch waren die dafür aufgewendeten Mittel? (Bitte nach Jahren und Zahl der

    Beauftragungen aufschlüsseln.)

 

5. Wurden externe Beauftragungen wie die von Paul Loebenstein öffentlich

    ausgeschrieben bzw. auf Grund welcher Entscheidungsgrundlagen erfolgte die

    Personenauswahl?

 

6. Können Sie ausschließen, daß bei externen Beauftragungen persönliche

    Unvereinbarkeiten aufgetreten sind, wie etwa die vorangehende oder gleichzeitige

    Tätigkeit für Wirtschaftsunternehmungen, die in Geschäftsbeziehungen zu den in

    Skandale verwickelten Banken standen oder stehen? Wenn ja, auf Grund welcher

    internen Recherchen können Sie diese Garantie abgeben? Wenn nein, wann werden

    Sie eine derartige Überprüfung möglicher Unvereinbarkeiten in die Wege leiten?

 

7. Für welche Wirtschaftsunternehmen war Paul Loebenstein in der Zeit des 2.

    Weltkriegs bzw. danach tätig?

 

8. Können Sie ausschließen, daß “falschverstandene Freundschaften" (FORMAT Nr.

    3, S. 81) zur Beauftragung von externen Expertlnnen bzw. Regierungskommissären

    geführt haben? Wenn ja, auf welcher Grundlage? Wenn nein, welche internen

    Überprüfungen werden Sie anstellen?

 

9. Halten Sie Sektionschef Anton Stanzel für geeignet, im Interesse der Republik

    Österreich, der österreichischen Geschäftsbanken sowie der AnlegerInnen und

    Kunden von Österreichs Banken weiterhin die Bankenaufsicht zu leiten (bitte

    begründen)?

 

10. In wievielen Fällen kam es zur Bestellung eines Regierungskommissärs und welche

      Personen wurden mit dieser öffentlichen Funktion betraut?

 

11. Wie beurteilen Sie die Kritik des Verwaltungsgerichtshofes in der Causa Wiener

      EffectInvest?

 

12. Der Bankier Praschak verfaßte vor seinem Selbstmord Schriftstücke, in denen er

      heftige Kritik am System der Parteibuchwirtschaft, an politischen Interventionen

      und wirtschaftlich nicht begründeten Entscheidungen übt. Seitens der

      Oppositionsparteien im Parlament wurde in diesem Zusammenhang mehrfach die

      Einrichtung eines Untersuchungsausschusses beantragt. Sehen Sie diese Forderung

      im Licht von fünf Bankenskandalen vor den Augen der staatlichen Bankenaufsicht

      als gerechtfertigt? Wenn ja, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus? Wenn nein,

      wie rechtfertigen Sie dies?

 

13. Halten Sie den Umstand, daß seit nun mehr drei Legislaturperioden sämtliche

      Forderungen der Opposition auf Durchführung parlamentarischer Untersuchungen von

      den Regierungsparteien abgeblockt werden - eine derart lange Kontrollverweigerung gab

      es noch nie in der 2. Republik - für mitverantwortlich dafür, daß Finanzskandale

      “fröhliche Urständ” feiern können?

 

14. Werden Sie Ihren Einfluß im Rahmen der Regierung geltend machen, daß in

      schwerwiegenden und gravierenden Fällen eine parlamentarische Untersuchung nicht

      blockiert wird? Wenn ja, welche Fälle sollten Ihrer Meinung nach vom Parlament

      untersucht werden? Wenn nein, befürworten Sie statt dessen die Abschaffung des

      Instrumentes der parlamentarischen Untersuchungen?

 

15. Häufige Skandale schaden insgesamt dem Ansehen der überwiegend sehr seriösen

      österreichischen Geschäftsbanken. Was gedenken Sie zu tun, um den ohne Zweifel

      eingetretenen Vertrauensverlust im Rahmen der europäischen und internationalen

      Bankenlandschaft gering zu halten bzw. wieder zu korrigieren?

 

16. Glauben Sie nicht, daß eine schonungslose parlamentarische Überprüfung samt den

      allenfalls zu ziehenden Konsequenzen geeignet wäre, um einem internationalen

      Vertrauensverlust entgegenzuwirken?