5261/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Haider
und Kollegen
an den Bundeskanzler
betreffend Problembereiche des Vergabeverfahrens
Die Anwendung des Vergabeverfahrens in Vollziehung des vor nunmehr fünf Jahren
beschlossenen Bundesvergabegesetzes und der entsprechenden landesrechtlichen
Bestimmungen wirft immer wieder Probleme und Schwierigkeiten auf. Insbesondere
stellt sich auch die Frage der EU - Konformität der österreichischen Vergabevorschriften.
Aus diesem Grund richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundeskanzler
nachstehende
ANFRAGE:
1) Ist es zulässig, in einem Verhandlungsverfahren, welches aufgrund der
Dienstleistungs - Richtlinie 92/50/EWG durchgeführt wird, nach Auswertung der
Angebote allen Bietern den vom Bestbieter gebotenen Preis mitzuteilen und
anschließend die Verhandlungen mit einem oder mehreren Bietern fortzuführen und
diesen ein Unterbieten des (bekanntgegeben) Preises des bisherigen Bestbieters zu
ermöglichen?
2) Ist für den Fall, daß im Zuge der Verhandlungen mit einem Bieter eine günstigere
Preisbildung dadurch erreicht wird, daß der Auftraggeber Haftungserklärungen einer
Gebietskörperschaft beibringt, den anderen Bietern die Möglichkeit einzuräumen,
ihre Angebote unter der Voraussetzung solcher Haftungserklärungen zu verändern?
3) Sind in einem Verhandlungsverfahren die Vergabekriterien vor Öffnung der
Angebote (wobei in einem Verhandlungsverfahren keine formalisierte
Angebotsöffnung erfolgt) durch den Auftraggeber festzulegen oder ist es zulässig,
die Vergabekriterien erst nach Anbotsöffnung festzulegen oder die zunächst
festgelegten (und in der Ausschreibung bekanntgegebenen) Kriterien vor dem
Zuschlag zu verändern?
4) Ist es zulässig, als Vergabekriterium bei einem Verhandlungsverfahren nach
vorhergehender Prüfung der Leistungsfähigkeit der zugelassenen Bieter die
Erfahrung des Bieters oder die Nachweise von bereits durchgeführten Aufträgen als
Zuschlagskriterium zu berücksichtigen, obwohl diese Kriterien bereits als
Eignungskriterien bei der Bieterauswahl herangezogen wurden?
5) Ist es im Verhandlungsverfahren zulässig, daß ein späterer Bieter an Vorarbeiten zur
Ausschreibung dadurch beteiligt ist, daß dieser Bieter die vom Auftraggeber
herangezogenen (in der Ausschreibung zwar allgemein angeführten, jedoch nicht
detailgenau dargestellten) Vergabekriterien selbst vor Beginn der Ausschreibung
beschlossen hat?
6) Erfährt der Bieter (wie üblich) erst nach Erteilung des Zuschlages von einer
rechtswidrigen Bewertung seines Angebotes, so ist es nach den österreichischen
Vergabegesetzen nicht möglich, die Nichtigerklärung und Aufhebung des Zuschlages
in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren zu erreichen. Nach Ansicht der
Europäischen Kommission widerspricht diese Rechtslage dem EU - Vergaberecht. Muß
der in Vergabesachen zuständige UVS die Frage, ob er zur Aufhebung des
Zuschlages und zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung entgegen anders
lautendem innerstaatlichem Recht verpflichtet ist, dem Europäischen Gerichtshof zur
Vorabentscheidung vorlegen und kann der UVS in diesem Fall eine einstweilige
Verfügung erlassen?