5288/J XX.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mag. Stadler

und Kollegen

 

an den Bundesminister für Landesverteidigung

 

betreffend Vorfälle im Bereich der Heeresnachrichtendienste

 

Wie der Wochenzeitschrift "NEWS" (Nr.48/98) zu entnehmen ist, soll es zu seltsamen

Praktiken von Angehörigen des Heeresnachrichtenamtes gekommen sein. Hierbei han -

delt es sich einerseits um als "Sicherheitsüberprüfungen" getarnte Bespitzelungen von

Heeresangehörigen und andererseits den Versuch von Tatensammlungen über Bereiche

der organisierten Kriminalität unter Umgehung des sogenannten "Amtshilfeverfahrens".

 

In beiden Fällen reagierten die Dienststellen der betroffenen Sicherheitsdirektionen rich -

tig und informierten ihre Vorgesetzte Dienststelle, das Innenministerium, woraufhin die -

se Kontaktnahmen abgebrochen wurden. In einem Fall soll es sogar zu "Anwerbungs -

versuchen" mit dem Ziel, ständig Informationen unter Umgehung des Amtshilfeweges

dem Heeresnachrichtenamt zukommen zu lassen, gekommen sein.

 

Über diese aufklärungsbedürftigen Umstände soll ein "klärendes Gespräch" im Zeitraum

Oktober -  Anfang November 1998 zwischen dem Leiter des Heeresnachrichtenamtes,

Divisionär Schätz, dem GTI, Gen. Majcen, und dem Gen. Dir. für die öffentliche Sicher -

heit, Mag. Sika, stattgefunden haben. Ob die beiden zuständigen Bundesminister, Dr.

Fasslabend und Mag. Schlögl, davon informiert waren, ist fraglich.

 

Eine der handelnden Personen aus dem Bereich des Heeresnachrichtenamtes, ist der

Leiter der Außenstelle für Tirol, Bruno Pedevilla, der, wie dem Buch "Mordfall Waldner"

des Südtiroler Journalisten Arthur Oberhofer zu entnehmen ist, auch für die noch immer

nicht aufgeklärte "Schützen - Affäre" verantwortlich ist, da er als zumindest Mitautor

eines "gefälschten" Berichtes über die angebliche Ausbildung und Ausrüstung Südtiro -

ler Schützen mit Waffen in und aus Nordtirol zum illegalen Zwecken gelten muß.

 

Dieser Sachverhalt ist trotz intensiver Befragung des Bundesministers für Landesverteidi -

gung durch die österreichischen Gerichte noch immer nicht aufgeklärt, wobei besonders

bedeutsam erscheint, daß sich sowohl der Bundesminister als auch der stellvertretende

Leiter des HNaA, Bgdr Sommer, in Teilen auf ihre Amtsverschwiegenheit beriefen und

sich der Leiter des Amtes, der als Informant von NEWS - Redakteur Alfrem Worm gelten

muß, der Aussage durch Nichterscheinen vollständig entschlagen konnte.

 

Ebenso wie bei den letzten Vorfällen, wurde auch bei der "Schützen - Affäre" versucht,

einerseits zwischen den verschiedenen Nachrichtendiensten Mißtrauen zu säen und da -

durch das Vertrauen der Bevölkerung in die an sich notwendige Tätigkeit dieser Organi -

sationen zu vermindern, wodurch die allfälligen (ausländischen) Gegenspieler dieser Si -

cherheitsinstitutionen entscheidende Vorteile gewinnen würden. Andererseits läßt sich

aber auch der Eindruck nicht vollständig ausräumen, daß es innerhalb der Dienste Mit -

arbeiter gibt, die versuchen, ihre Tätigkeit auch zu parteipolitischen Zwecken zu nutzen,

indem sie an sich "normale" Vorgänge geschickt "ausschmücken" und durch Desinfor -

mation und Weitergabe an Medien betroffene Personen oder Organisationen in Zu -

sammenhang mit angeblich kriminellen oder staatsgefährdenden Aktivitäten bringen.

Diese Vorgänge waren sowohl bei der sogenannten "Schützen - Affäre", als auch bei den

Ereignissen rund um die Briefbomben - Attentate der letzten Jahre in Österreich zu beob -

achten.

 

Im Zuge der Ermittlungen im Zusammenhang mit den Briefbomben - Attentaten ist es

auch zur Einbindung der Dienste des ÖBH gekommen. Diese an sich positiv zu bewer -

tende Maßnahme - zur Verfügungstellung von personellen Kapazitäten, technischer

Ausrüstung und Fachwissen - hat aber auch mehrere negative Aspekte. So gab es im -

mer wieder über die Medien getragene Verdächtigungen gegen Angehörige des Bun -

desheeres allgemein - als in Frage kommende Täter - und im besonderen von herausra -

genden Einzelpersonen, denen ein Naheverhältnis zu bestimmten politischen Gruppen

nachgesagt bzw. ihre persönlichen Wert - und Geisteshaltung als (rechts-) extrem be -

zeichnet oder gewertet wurde.

 

Exemplarisch sei dabei auf die Angriffe gegen einen als ÖAAB - nahe geltenden Regi -

mentskommandanten in der Steiermark verwiesen, der von einem Briefbombenadressa -

ten aufgrund einer falschen Information als möglicher Attentäter genannt wurde. Mitt -

lerweile hat sich zwar seine Unschuld herausgestellt, aber gleichzeitig auch, daß die

Desinformation an den Briefbombenadressaten von einem Heeresangehörigen stammt,

der persönlich mit seinem ehemaligen Regimentskommandanten im Streit liegt und auf -

grund seiner heutigen Tätigkeit (verantwortlich für die Ausbildung von sogenannten

"Nachrichtenoffizieren" im Bereich des Korpskommando I) auch Kontakte zu Heeres -

nachrichtdiensten hat.

 

Über die offensichtlich absichtliche Desinformation, die dem steirischen Regimentskom -

mandanten, der mittlerweile zum Ehrenbürger seiner Gemeinde ernannt wurde, dem

Bundesheer aber im allgemeinen, Schaden zugefügt hat, wurde angeblich durch das

Vorgesetzte Kommando in Graz eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft

übermittelt. Ob diese im Zusammenhang mit den laufenden Briefbombenermittlungen

von Relevanz ist, kann nicht abschließend beurteilt werden. Die geographische Nähe

zum Briefbombenverdächtigen, Franz Fuchs, und seine frühere Zugehörigkeit zu einem

ehemals bestehenden Mob - Verband der Steiermark, ist aber insgesamt zu hinterfragen.

 

Im Zusammenhang mit den Briefbombenermittlungen ist aber auch ein Vorfall zu ver -

zeichnen, bei dem sich Unbekannte als Angehörige des Heeresabwehramtes, das in der

Briefbombensonderkommission vertreten war, ausgaben und von im Bereich des In -

nenministeriums tätigen Ermittlern der Sonderkommission Auskünfte einholen wollten

und diese angeblich auch erhielten. Wenig später eintreffende Beamte des Abwehram -

tes waren daher umso verwunderter, als man ihnen mitteilte, daß ja erst kürzlich Kolle -

gen ihres Amtes um diese Auskünfte eingekommen seien. Dies soll aber kein Einzelfall

sein, da bereits mehrfach Vorfälle bekannt wurden, bei denen sich Unbekannte, die

auch mit offensichtlich gefälschten Ausweisen ausgestattet waren, als Angehörige der

Staatspolizei oder der Heeresnachrichtendienste ausgaben (siehe Dringliche Anfrage

5225/J NR, 26.11.1998) und versuchten, nachrichtendienstlich relevante Informationen

zu gewinnen.

 

Im Zusammenhang mit der längst notwendigen Verrechtlichung der Tätigkeit der Hee -

resnachrichtendienste sind diese Umstände besonders aufklärungsbedürftig, da im Ent -

wurf für das Militärbefugnisgesetz an sich zum Schutze der Republik Österreich not -

wendige Maßnahmen und Befugnisse vorgeschlagen werden, die nunmehr durch die

aufgezeigten Vorfälle in ein negatives Umfeld gerückt werden. Hinzu kommt die geringe

parlamentarische Kontrolle durch die dafür eingerichteten und in der Bundesverfassung

verankerten ständigen Unterausschüsse des Nationalrates, die sich aufgrund der man -

gelnden Kooperation der Regierungsmitglieder und deren Ausschußmehrheit durch die

beiden Koalitionsparteien als wenig effektiv dargestellt haben.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesmini -

ster für Landesverteidigung folgende

 

ANFRAGE

 

1.   Ist Ihnen bekannt, daß es eine Aussprache zwischen den Spitzen des BMLV und des

      BMI hinsichtlich sog. "Anwerbungsversuche" und der Umgehung des Dienstweges

      und der Amtshilfeverfahren durch Heeresnachrichtendienste gab?

2.   Wenn ja: wann wurden Sie darüber informiert?

3.   Wenn nein: warum wurden Sie nicht informiert?

4.    Welche konkreten Vorwürfe wurde dabei seitens des BMI gegen welche Dienststel -

        len und Ämter des BMLV erhoben?

 

5.    Welchen Zweck hatten diese ungesetzlichen Kontaktaufnahmen und auf welche

       Rechtsgrundlagen hat man sich dabei gestützt?

 

6.    Gab es schon früher ähnliche Vorhaltungen?

7.    Wenn ja: wann und welche?

 

8.    Was haben Sie bisher dagegen unternommen um solche Vorkommnisse zu verhin -

       dern?

 

9.    Welche disziplinären Maßnahmen werden Sie in diesen Zusammenhängen setzen

       bzw. haben Sie bereits gesetzt und gegen wen?

 

10.  Wer ist der Ersteller des Berichtes über die sog "Schützen - Affäre"?

 

11.  Handelt es sich dabei um ein Dokument des HNaA?

 

12.  Wer hat dem NEWS - Journalisten Alfred Worm Einblick in diesen Bericht gegeben?

 

13.  Handelt es sich dabei um einen Amtsmißbrauch?

14.  Wenn nein: warum nicht?

15.  Wenn ja: welche disziplinären Maßnahmen haben Sie daher ergriffen?

 

16.  Wieso haben Sie sich in St. Pölten beim Medienrechtsverfahren der Aussage in der

       sog "Schützen - Affäre" entschlagen und warum wurde Brgd Sommer von Ihnen nur

       teilweise der Verschwiegenheitspflicht entbunden?

 

17.  Auf welche Rechtsgrundlage stützen Sie sich dabei?

 

18.  Ist es richtig, daß Divr Schätz bei Ihnen interveniert hat, damit er nicht in St. Pölten

       aussagen muß?

 

19.  Weshalb wurde der "Schützen - Bericht" von Angehörigen des HnaA gegenüber Al -

       fred Worm als STAPO - Bericht bezeichnet?

 

20.   Ist Ihnen oder dem GTI bekannt, daß sich im Zuge der Briefbombenermittlungen Un -

        bekannte bei der Briefbombensonderkommission bzw. der EBT als Angehörige des

        Heeresabwehramtes ausgegeben haben.

 

21.   Können Sie ausschließen, daß sich Angehörige des HNaA oder HAbwA - Mitarbeiter

        zu irgend einem Zeitpunkt als STAPO - Beamte ausgegeben haben?

 

22.   Wenn ja: weshalb kommen dann Dienststellen des BMI zu einem anderen Ergebnis

        (siehe Dringliche Anfrage 5225/J XX. GP)?

 

23.   Welche Ermittlungen wurden in diesem Zusammenhang heeresintern eingeleitet und

         welche Ergebnisse wurde erzielt?

 

24.   Zu welchen Konsequenzen haben diese geführt?

25.  Ist Ihnen oder dem GTI bekannt, weshalb die Ermittlungen der Sicherheitsbehörden

       im Zuge der "Briefbomben - Attentate" gegen den bezeichneten steirischen Ver -

       bandskommandanten des ÖBH eingeleitet wurden?

 

26.  Welche heeresinternen Ermittlungen gab es dazu?

 

27.  Welche Ergebnisse wurden dabei erzielt?

 

28.  Ist es richtig, daß ein anderer Offizier, der in der Steiermark Dienst versieht oder ver -

       sah, als Desinformant gegenüber einem Briefbombenadressaten gelten muß, die zu

       den Ermittlungen gegen den bezeichneten Verbandskommandanten führten?

 

29.  Wenn ja: welche Maßnahmen wurden daher ergriffen?

 

30.  Welche Beziehungen bestanden zwischen dem Offizier, der als Desinformant gelten

       muß, und den Heersnachrichtendiensten bzw. Nachrichtendiensten fremder Streit -

       kräfte?

 

31.  Welche Beziehungen bestanden zwischen den Heeresnachrichtendiensten und Nach -

       richtendiensten fremder Streitkräfte im Zusammenhang mit den "Briefbomben -

       Attentaten"?

 

32.  Welche Informationen wurden zwischen den Heersnachrichtendiensten und der

       STAPO bzw. Nachrichtendiensten fremder Streitkräfte im Zusammenhang mit den

       Briefbomben - Attentaten" augetauscht?

 

33.  Welche Informationen wurden zwischen den Heeresnachrichtendiensten und der

       STAPO bzw. Nachrichtendiensten fremder Streitkräfte im Zusammenhang mit der

       "Schützen - Affäre" bzw. der "Stubner - Affäre" ausgetauscht?