5309/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten der Mag. Ewald Stadler und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend den Verdacht des fortgesetzten und wiederholten Amtsmiß-
brauchs nach §§ 14, 302 StGB sowie der fortgesetzten und wiederholten
Verletzung des Amtsgeheimnisses nach §§ 14, 310 StGB durch unbe-
kannte Täter
Am 18. November 1998 hat der Linzer Rechtsanwalt Dr. Alfred Windhager nachste -
hende Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien geschickt:
,,27cVr 11239/96
An die
Staatsanwaltschaft am
Landesgericht für Strafsachen
Landesgerichtsstraße 11
1082 - Wien
Linz, 18.11.98
Betr.: Verdacht des Amtsmißbrauches durch unbekannte Täter im
Bundesministerium für Inneres
Sachverhaltsdarstellung
Sehr geehrte Herren!
Ich möchte Sie auf einen Artikel in der Zeitschrift NEWS vom 12.11.98 aufmerksam
machen, in welchem berichtet wird, daß der gesuchte mutmaßliche Ebergassing -
Attentäter Bassam Al -Taher sich in Mexiko aufhält und zwar zusammen mit Beate
G., der ehemaligen Freundin des verstorbenen Ebergassing - Attentäters Gregor
Thaler.
Ich möchte in diesem Zusammenhang in Erinnerung rufen, daß diese Frau namens
Beate Graf nach Auffindung der Leiche ihres Lebensgefährten Gregor Thaler und
dessen Komplizen Peter Konicek untertauchte, obwohl sie von der Polizei dringend
als Zeugin gesucht wurde.
Es war dann der mittlerweile in gerichtliche Untersuchung gezogene Wolfgang
Purtscheller, welcher sie für die Zeitschrift NEWS "in einer den Behörden nicht
bekannten Wohnung” (NEWS 17/95, 5. 24) unter dem Titel, ein Interview für NEWS
zu machen, heimlich traf und mit ihr auf diese Weise ein Gespräch führen konnte,
bevor sie noch von der Polizei einvernommen werden konnte.
Ein nichtssagendes Interview, in welchem Beate Graf angab, von nichts gewußt zu
haben, erschien dann auch in NEWS 17/95, 5. 27.
Es hat sich in der Folge Wolfgang Purtscheller nach Mexiko abgesetzt. Nach
der gegenständlichen NEWS - Meldung vom 12.11.98 hat sich auch der flüchtige
Bassam Al - Taher nach Mexiko abgesetzt wobei - laut NEWS - auch Beate Graf,
die damals von nicht gewußt haben will, gleich mit ging.
Soweit die Fakten der Vorgeschichte.
Bislang hat sich Bassam Al - Taher offenbar in Mexiko sicher gefühlt und er
hätte sicherlich nichts davon erfahren sollen, daß die Interpol ihn nun auf ihre
internationale Fahndungsliste gesetzt hat.
Nun - nach Erscheinen des NEWS - Artikels - dürfte der Flüchtige wohl gewarnt
sein und kaum tatenlos auf das Auftauchen der Fahnder warten.
Es ist anzunehmen, daß er längst durch Freunde aus der linksextremistischen
Szene über den NEWS - Artikel informiert wurde.
Da nun nicht anzunehmen ist, daß der Herr Bundesminister für Inneres, der
Generaldirektor Sika oder sonst eine befugte Persönlichkeit die Meldung an
NEWS hinausgegeben hat, um Bassam Al - Taher zu warnen, ist vielmehr zu
vermuten, daß diese Warnung auf amtsmißbräuchlichem Wege in die
Zeitschrift NEWS gelang ist, womöglich gegen Entlohnung.
In diesem Zusammenhang verweise ich darauf, daß derzeit gegen Beamte des
lnnenministeriums im Bereich INTERPOL wegen Datenhandels ermittelt wird.
Die Information über die Aufnahme des Bassam Al - Taher in die Interpol -
Fahndungsliste kann sehr wohl aus eben diesem Interpol - Bereich im BM f. 1.
kommen.
Ich verweise ferner darauf, daß seit Jahren in der Zeitschrift NEWS immer wieder der
Amtsverschwiegenheit unterliegende Aktenteile aus dem BM f. I. oder dem Bereich
der Justiz zum Teil im Faksimile veröffentlicht werden, ohne daß bislang bekannt
wurde, daß das BM f. I. oder die Justizbehörden jemals ermittelt hätten, auf welchen
amtmißbräuchlichen Wegen und allenfalls gegen Bezahlung diese Aktenteile zu
NEWS gelangt sind.
Es scheint dieser fortgesetzte Amtsmißbrauch zur tolerierten Praxis geworden zu
sein. Dies ist verwunderlich, weil sogar der kleinste Verwaltungsbeamte in einem
Magistrat oder einem sonstigen öffentlichem Amt bei dem leisesten Verdacht auf
Amtsmißbrauch sofort bei der Staatsanwaltschaft angezeigt und in strengste
Untersuchung gezogen wird.
Ich ersuche daher die Staatsanwaltschaft, im gegenständlichen Falle die gebotenen
Erhebungen anzuordnen und dem Gesetze nach vorzugehen. Ich ersuche weiters,
auch bei künftigen Veröffentlichungen von Aktenteilen, welche der
Amtsverschwiegenheit unterliegen, dem Gesetz gemäß vorzugehen.
Mit freundlichen Grüßen!
Dr. Alfred Windhager”
Soweit das Schreiben des Linzer Rechtsanwaltes.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesmini-
ster für Inneres daher folgende
Anfrage:
1.) Haben Sie bzw. ein Mitglied Ihrer Behörde nach Erscheinen des oben angeführten
Beitrags der Zeitschrift ,,NEWS” vom 12.11.98 Anzeige bei der Staatsanwaltschaft
wegen des Verdachtes des fortgesetzten und wiederholten Amtsmißbrauchs gemäß
§ 302 StGB sowie der fortgesetzten und wiederholten Verletzung des Amtsgeheim -
nisses gemäß § 310 StGB durch unbekannte Täter erstattet ? –
Wenn nein, weshalb haben Sie die Anzeige unterlassen und ist Ihnen ferner bekannt,
daß es Ihre Pflicht und die Pflicht Ihrer Behörde gemäß § 84 StPO ist, jede von Amts
wegen zu verfolgende strafbare Handlung, die ihren Wirkungsbereich betrifft, an
eine Staatsanwaltschaft anzuzeigen?
2.) Hat das Bundesministerium für Inneres schon jemals seit Beginn des Bombenterrors
im Dezember 1993 Anzeigen an die Staatsanwaltschaft gemacht, wenn der Amtsver -
schwiegenheit unterliegende vertrauliche Dokumente und Aktenteile aus den Berei -
chen der Sicherheitsbehörden, des Bundesministeriums für Inneres und des Bundes -
ministeriums für Justiz - zum Teil in Faksimile - in der Zeitschrift NEWS und in an -
deren Medien wiedergegeben wurden ? –
Wenn ja, wann und wie viele mit welchem Ergebnis? -
Wenn nein, weshalb nicht?
3.) Wie erklären Sie sich den Umstand, daß der ständige und wiederholte Gesetzesbruch
durch Veröffentlichung der Amtsverschwiegenheit unterliegender vertraulicher Do -
kumente und Aktenteile in Ihrem Ministerium anscheinend zur Gewohnheit gewor -
den ist, obwohl
die Gesetzeslage in diesem Fall eindeutig ist?
4.) Welche Folgerungen gedenken Sie aus der Tatsache zu ziehen, daß der Amtsmiß -
brauch und der Bruch der Amtsverschwiegenheit in Ihrem Bereich bereits zur ständi -
gen Übung geworden ist?
5) Werden Sie eine strenge Untersuchung in Ihrem Hause einleiten, um im gegenständ -
lichen Falle - Warnung des Al Taher durch den "NEWS” - Artikel vom 12.11.98 -
die Täter ausfindig zu machen? –
Wenn nein, warum nicht?
6.) Werden Sie im gegenständlichen Falle - Warnung des Al Taher durch den
,,NEWS”-Bericht vom 12.11.98 - noch eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft er -
statten? –
Wenn nein, warum nicht
7.) Werden Sie auch hinsichtlich der voran gegangenen Fälle von Veröffentlichungen
von der Amtsverschwiegenheit unterliegenden vertraulichen Dokumenten und Ak -
tenteilen Anzeigen an die Staatsanwaltschaft erstatten? –
Wenn nein, warum nicht?