5320/J XX.GP
Anfrage
der Abgeordneten Böhacker, Mag. Trattner
und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Steuergerechtigkeit
Im Zuge der letzten Belastungspakete wurde den Österreicherinnen und Österreichern
vorgetäuscht, daß zwecks Abbau des Budgetdefizits und Sanierung des Staatshaushaltes
steuerliche Belastungen erforderlich sind.
Versprochen wurde, daß das Defizit zu zwei Drittel ausgabenseitig und zu einem Drittel
einnahmenseitig abgebaut wird. Wie aber die Vergangenheit gezeigt hat, hat die
Bundesregierung ihr Versprechen nicht gehalten, da der Defizitabbau beinahe zu zwei
Drittel einnahmenseitig erfolgte. Die durch das Versagen der Bundesregierung
verursachte steuerliche Mehrbelastung für die Österreicherinnen und Österreichern sind
mit rund 70 Mrd. öS zu beziffern.
Verkauft wurde das Belastungspaket unter anderem damit, daß die “Reichen” verstärkt
zur Kasse gebeten werden. Wie die Praxis aber zeigte, wurden in den letzten Jahren vor
allem die Klein und Mittelverdiener belastet. Den Besserverdienenden hat man jedoch
die Möglichkeit belassen, ihre Steuerlast durch zum überwiegenden Teil risikolose
Verlustbeteiligungsmodelle massiv zu minimieren.
So garantiert ein in den letzten Monaten auf den Markt gebrachtes
Verlustbeteiligungsmodell folgende steuerliche Ersparnis:
Zeichnungsbetrag 600.000 öS
Steuerrückerstattung aus Verlustbeteiligung....... 600.000 öS
Kapitaleinsatz 0 öS
Bruttorendite (im Vergleich zu anderen
Veranlagungsformen vor KESt) 23 %
Nachdem Klein - und Mittelverdiener die Möglichkeit nicht haben, die kalte Progression
durch legale “Steuerschlupflöcher” zu minimieren und diese zusätzlich den durch die
Verlustbeteiligungsmodelle entstehenden Steuerausfall zu tragen haben, stellen die
unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende
Anfrage:
1. Welche Verlustbeteiligungsmodelle sind in den letzten 10 Jahren vom
Bundesministerium für Finanzen anerkannt worden?
2. Wie hoch war der durch diese Verlustbeteiligungsmodelle bewirkte Steuerausfall?
3. Welche
Verlustbeteiligungsmodelle liegen derzeit zur Zeichnung auf?
4. Werden vor der Auflage eines Verlustbeteiligungsmodells zur Zeichnung diese mit
dem Bundesministerium für Finanzen abgestimmt bzw. besprochen?
Wenn ja, wann und mit welchen Organen?
5. Hat das Bundesministerium für Finanzen den Anbietern von
Verlustbeteiligungsmodellen die steuerliche Anerkennung
a) in Aussicht gestellt
b) verbindlich zugesagt
c) verweigert?
Zu a - c) Wenn ja, mit welcher Begründung?
Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?
6. Zu welchem Zeitpunkt werden die Verlustbeteiligungsmodelle überprüft, und welche
Konsequenzen ergeben sich im Falle der steuerlichen Nichtanerkennung dieser?
7. Ist es richtig, daß die Bruttorendite (im Vergleich zu anderen Veranlagungsformen
vor KESt) in der Höhe von 23 % nur aufgrund des Grenzsteuersatzes von 50 %
erzielt werden kann?
8. Halten Sie die Möglichkeit, durch in den überwiegenden Fällen risikolose
Verlustbeteiligungsmodelle den Grenzsteuersatz von 50 % massiv absenken zu
können, mit dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit vereinbar?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, welche Konsequenzen werden sie daraus ziehen?
9. Halten Sie das österreichische Steuersystem für gerecht und sozial ausgewogen
Wenn ja, mit welcher Begründung?