5338/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Graf
und Kollegen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend Zurücklegung einer Strafanzeige gegen Bundesminister Mag. Wilhelm
Molterer
1. Im Ministerbüro des Bundesministers für Land - und Forstwirtschaft Mag. Molterer
kam es entgegen den Ankündigungen, daß in der Verwaltung massiv eingespart wird,
zu massiven Ausweitungen des Personalstandes. So stellt sich der Personalstand des
Ministeriums wie folgt dar:
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1. Jänner 1994 |
12 Bedienstete |
4 Akademiker |
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1. Mai 1995 |
14 Bedienstete |
5 Akademiker |
+2/1 |
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30.Jänner1998 |
18Bedienstete |
7 Akademiker |
+4/2 |
2. Den Sektionsleitern und Abteilungsleitern wird gemäß § 121 Z. 3 GG 1956
rechtmäßig eine Verwendungszulage ausbezahlt.
Ausgenommen davon sind aber nachstehende im Ministerbüro des Bundesministers
Mag. Molterer tätige Abteilungsleiter, nämlich:
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Rat Dipl. Ing. R. |
Abteilungsleiter III/2 Abteilungsleiter Stabsstelle Zuteilung nach Brüssel im Ausmaß von 50 % |
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ORat Dr. P. |
Abteilungsleiter Öffentlichkeitsarbeit Presseangelegenheiten/Ministerbüro |
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OKommissär T. |
Leiter Abteilung Präs. P / IX Ministerbüro |
Diese drei genannten Abteilungsleiter erhalten - wie nachstehend näher ausgeführt wird
- keine Verwendungszulage, sondern eine Überstundenvergütung. So betrug u.a. die
Überstundenvergütung des Dip Ing. R. (Geb. Datum 31.5.1961) im Jahr 1997 insgesamt
302.309,80 S (z.B. Jänner 37.589,50 S, Feber 31.433,-- S, März 29.471,-- S, April
30.163,--, Mai 27.316,--, Juni 29.240,--,
Juli 21.825,--).
3. Daß die letztgenannten “Minister - Sekretäre” keine Verwendungszulage, sondern
eine Überstundenvergütung erhalten, geht aus einem Schreiben des Bundesminister
Mag. Wilhelm Molterer vom 22. Juli 1998 (AB 1286 vom 28. Juli 1998 -) hervor.
Gerechtfertigt wird dieser Umstand in der genannten Anfragebeantwortung damit, daß
die Doppelzuteilung der drei genannten Abteilungsleiter sich sehr bewährt habe, und
folgedessen die zeitlichen Mehrleistungen dieser Beamten durch
Überstundenvergütungen gemäß § 16 GG 1956 bzw. durch Sonn - und
Feiertagsvergütungen gemäß § 17 GG 1956 abgegolten werden.
4. Die unter Punkt 3. dargestellte rechtswidrige Vorgangsweise ist darauf
zurückzuführen, daß die drei Beamten durch die Auszahlung der Überstunden
wesentlich mehr Geld erhalten haben als durch eine Verwendungszulage. Diese
Vorgangsweise ist eindeutig rechtswidrig.
Dies wird u.a. auch durch ein Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (siehe GZ.
923.000/1 - VII/2/98) bestätigt, in dem in diesem u.a. folgendes ausgeführt ist:
“Der Begriff gebührt bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts -
hofes, daß die Dienstbehörde bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die
vorgesehenen Abgeltungen leisten muß und dies nicht mehr in ihrem Ermessen liegt. Es
liegt aber auch nicht in der freien Entscheidung des betroffenen Bediensteten, eine
Wahl zwischen einer Einzelvergütung und einer Pauschalabgeltung für Überstunden zu
treffen, da die gesetzlichen Voraussetzungen für diese beiden Möglichkeiten der
Entschädigung für zeitliche Mehrleistungen im Gehaltsgesetz 1956 in exakter Weise
definiert sind. (...) Wenn unter “Funktionsträgern” (an sich üben alle Beamte, jeder auf
einer anderen Stufe der Hierarchie, Funktionen als Referent, Referatsleiter,
Abteilungsleiter etc. aus), nur die Leitungsfunktionäre gemeint sind, so ist eine
Einzelvergütung, da gesetzlich nicht vorgesehen, nicht möglich.”
In dem genannten Schreiben wird u.a. seitens des Bundesministeriums für Finanzen in
der Stellungnahme zu Punkt 1. ausgeführt: “Da jedem Funktionsträger aufgrund der
gesetzlichen Bestimmungen eine Funktionszulage gebührt, ist auch jedem
Funktionsträger eine solche Zulage zu bemessen. (...) Bei der Bemessung der
Verwendungszulage ist auch auf die vom Beamten in zeitlicher oder mengenmäßiger
Hinsicht zu erbringenden Mehrleistungen Bedacht zu nehmen. Daher beruht eine
Überstundenvergütung und der Mehrleistungsanteil der Verwendungszulage auf
demselben Rechtsgrund. Nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist es unzulässig,
ein - und dieselbe Leistung mehrfach zu
honorieren.”
Weiters weist das Bundesministerium für Finanzen in seiner Stellungnahme noch darauf
hin, daß:
“Die Abgeltung einer Leitungsfunktion im Wege einer Überstundenvergütung
gesetzwidrig ist und daher im Widerspruch zu den Vorschriften des Gehaltsgesetzes
steht.
Die Bestimmung des § 121 Abs. 1 Z. 3 GG 1956 über die Verwendungszulage steht
nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Verhältnis zur
Regelung des § 1 6 GG über die Überstundenvergütung eine "lex specialis” dar, so daß
für Leitungsfunktionäre nur eine Verwendungszulage, die alle zeitlichen und
mengenmäßigen Mehrleistungen vergütet, in Betracht kommt.”
5. Die Ausführungen des Bundesministeriums für Finanzen stellen somit eindeutig klar
(“für Leitungsfunktionäre gibt es nur eine Verwendungszulage und keine
Überstundenvergütung gem. § 16 GG”), daß Bundesminister Mag. Molterer eindeutig
rechtswidrig Zahlungen an ihn und der ÖVP nahestehende Bedienstete auf Kosten des
Steuerzahlers leistet. Denn ist es eindeutig nachweisbar, daß bei einem gesetzlichen
Vorgehen dem Steuerzahler Kosten in sechsstelliger Höhe erspart geblieben wären. Dies
war wie aus den Ausführungen in der genannten Anfragebeantwortung zu Frage 6
eindeutig hervorgeht Bundesminister Mag. Molterer auch bekannt.
6. Daß Bundesminister Mag. Molterer und die ihm unterstellten zuständigen
Organwalter wußten, daß dieses Vorgehen gesetzwidrig war, und wie sehr sie bemüht
waren und sind, nur “Parteigünstlinge” gesetzwidrig zu bevorzugen, zeigt eine
Stellungnahme zu GZ 37.996/09 - III/B/92. In dieser wird sehr wohl darauf hingewiesen,
daß “durch eine Verwendungsabgeltung alle Mehrleistungen (Überstunden) abgegolten
werden” und auch, daß “es mangels Rechtsgrundlage nicht möglich ist, anstelle einer
Verwendungsabgeltung eine Überstundenvergütung zu bezahlen”. Richtigerweise wird
in der Stellungnahme noch ausgeführt, daß “der Tatbestand, der den Anspruch auf eine
Verwendungsabgeltung begründet, den Anspruch auf eine Überstundenvergütung kraft
Gesetzes ausschließt”
7. Gerade die letzte Stellungnahme (siehe GZ 37.996/09 - III/B/92 vom 1. Oktober 1992)
zeigt, daß die Rechtslage dem Bundesministerium stets bekannt war und Bundesminister
Mag. Molterer daher wissentlich und mit Vorsatz die Republik zu schädigen, zugunsten
seiner “Minister - Sekretäre” Überstunden ausbezahlt hat, wodurch der Republik
Österreich ein Schaden in
sechsstelliger Höhe entstanden ist.
Wegen des aufgezeigten Sachverhaltes besteht der Verdacht, daß Bundesminister Mag.
Wilhelm Molterer den Tatbestand des Mißbrauches der Amtsgewalt gemäß § 302 StGB
gesetzt hat, weshalb Strafanzeige erstattet wurde.
Die Staatsanwaltschaft Wien hat jedoch am 17. November 1998 unter 7 St 118.357/98
mitgeteilt, daß keine genügenden Gründe gefunden wurden, gegen Bundesminister
Mag. Wilhelm Molterer ein Strafverfahren zu veranlassen.
Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Justiz die
nachstehende
ANFRAGE
1. Ist Ihnen der Inhalt der gegenständlichen Strafanzeige bekannt?
Wenn ja, seit wann?
2. Welche Ermittlungsschritte hat die Staatsanwaltschaft auf Grund der
gegenständlichen Strafanzeige durchgeführt?
3. Wurden auf Grund dieser Strafanzeige Bedienstete des Bundesministers für Land -
und Forstwirtschaft als Zeugen vernommen?
Wenn ja, welche?
Wenn nein, warum nicht?
4. Hat die Staatsanwaltschaft Wien auf Grund der Strafanzeige an die
Oberstaatsanwaltschaft Wien bzw. an das Bundesministerium für Justiz berichtet?
Wenn ja, wie lautete der Vorhabensbericht?
Wenn nein, warum nicht?
5. Welche Mitteilungen bzw. Weisungen erfolgten auf Grund der Strafanzeige seitens
des Bundesministeriums für Justiz bzw. der Oberstaatsanwaltschaft Wien?
6. Auf Grund welcher Erwägungen hat die Staatsanwaltschaft die Strafanzeige
zurückgelegt?
7. Wie lauten die entsprechenden Eintragungen im Tagebuch der Staatsanwaltschaft?
8. War der Staatsanwaltschaft Wien, der Oberstaatsanwaltschaft Wien, dem
Bundesministerium für Justiz oder Ihnen persönlich der Umstand bekannt, daß die
den Gegenstand der Strafanzeige bildenden Manipulationen des Bundesministeriums
für Land - und Forstwirtschaft, durch die Günstlmge des Ministers gefördert wurden,
im Rahmen einer gemäß § 99 Abs. 2 GOG - NR beantragten Sonderprüfung des
Rechnungshofes (Antrag 885/A - XX. GP NR) geprüft werden?
Wenn ja, seit wann und weshalb wurde die Strafanzeige trotz Kenntnis dieses
Umstandes zurückgelegt?
9. Teilen Sie die Auffassung, daß die Zurücklegung der Strafanzeige voreilig war?
10. Werden Sie Veranlassungen treffen, um den gegenständlichen Sachverhalt - auch im
Hinblick auf die erwähnte Rechnungshofprüfung - neuerlich einer strafrechtlichen
Würdigung zu unterziehen?
Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden Sie treffen?
Wenn nein, warum nicht?