5357/J XX.GP

 

Anfrage

 

der Abgeordneten Kier, Partnerinnen und Partner

an den Bundesminister für Inneres

 

betreffend möglicher Polizeiübergriffe im Zuge einer Amtshandlung

 

 

Am 1. 11. 1998 wurde Herr Dr. K. auf der Heimfahrt mit seinem PKW in den 22.

Wiener Bezirk von einem Streifenwagen der Wiener Polizei - angeblich wegen

mehrerer Verwaltungsübertretungen - aufgehalten. Was dann geschah, darüber

gehen die dabei gemachten Beobachtungen auseinander. Während in der Anzeige

der Bundespolizeidirektion Wien (S - 159 107 / 98) vom 2. 11. 1998 von einem äußerst

aggressiven Verhalten Herrn Dr. K‘s die Rede ist, der sich mit Gewalt der

Festnahme entziehen habe wollen, den Beamten Verletzungen zugefügt und

Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet sowie selbst nur durch

Abwehrmaßnahmen der Polizisten geringfügigen Schaden erlitten habe, kommt eine

Sachverhaltsdarstellung der Anti - Rassismus - Hotline und der Hilfsorganisation

Helping Hands, die nicht nur auf den Angaben Herrn Dr. K.‘s, sondern auch eines

Zeugen beruht, zu einem ganz anderen Schluß:

 

Demnach wurde Herr K. sofort nach der Anhaltung von den Beamten angebrüllt und

“Du blöder Niggerant!” beschimpft. Als er nach der Aufforderung sich auszuweisen

meinte, er müsse als österreichischer Staatsbürger seinen Paß nicht mitführen,

erklärten die Beamten, es sei sein Pech, daß er ein “Nigger” sei. Laut der Darstellung

wurde Dr. K. dann in einen Busch geschubst und unkontrolliert geschlagen. Die

Situation eskalierte, Dr. K. wurde gegen den Kopf und in den Bauch geschlagen, ein

Beamter sagte: “Macht‘s ihn lahm, bis er nicht mehr kann!” Nach mehreren weiteren

Schlägen, vor allem gegen Knie, Ellbogen und Bauch habe ein Beamter gemeint:

“Schau, der vermehrt sich in Österreich, gib ihm eine in die Eier!” Dann wurde Dr. K.

nach Anlegung von Hand - und Fußschellen abgeführt. Auch der Beamte, der in der

Folge einen Bericht über die Vorgänge schreiben sollte, hat sich, laut

Sachverhaltsdarstellung, durch rassistische Äußerungen bemerkbar gemacht und

sich geweigert, auch Dr. K‘s Sicht der Dinge aufzunehmen. Später wurde ein

Amtsarzt zugezogen, der sofort die Einlieferung in ein Spital veranlaßte. Dort war Dr.

K. dann wegen seiner bei dem Vorfall erlittenen Verletzungen neun Tage in

stationärer Behandlung. Laut einer Aussage von Univ. Prof. Paul Fasol muß davon

ausgegangen werden, “daß es sich nach Art der Verletzungen mit höchster

Wahrscheinlichkeit um eine Mißhandlung handelt, weil dafür ein anderer

Unfallmechanismus nicht in Frage kommen kann.”

 

Es kann nicht im Interesse des Ansehens der Polizei liegen, daß solch

schwerwiegende Beschuldigungen im Raum stehen bleiben. Sollte sich auch nur ein

Bruchteil der in der Sachverhaltsdarstellung von Helping Hands geschilderten

Vorgänge bewahrheiten, handelt es sich neben einer schwere Verletzung der

Dienstpflichten auch um den dringenden Verdacht von gerichtlich strafbaren

Handlungen, begangen durch Beamtinnen und Beamte der Bundespolizeidirektion

Wien.

Vor dem Hintergrund einer steigenden Anzahl von Anzeigen gegen Beamte wegen

“unzulässiger Gewaltanwendung” und in der Absicht dazu beizutragen, daß solche

Übergriffe durch Polizeibeamte in Zukunft verhindert werden, stellen die

unterzeichneten Abgeordneten folgende

 

ANFRAGE

 

an den Bundesminister für Inneres:

 

1. Wie stellt sich der Ablauf des geschilderten Falles gemäß der von Ihnen

    beauftragten Überprüfung dar?

 

2. Welche Vorwürfe gegen die Polizeibeamtinnen und - beamte, die in der Ihnen

    zugegangenen Sachverhaltsdarstellung vorgebracht werden, können Sie

    bestätigen, welche entsprechen gemäß Ihren Nachforschungen nicht den

    Tatsachen?

 

3. Aus welchem gesetzlichen Grund wurde von dem österreichischen Staatsbürger

    Dr. K. die Ausweisleitung über den Führerschein hinaus (Reisepaß) verlangt?

 

4. Sind Sie der Auffassung, daß die betroffenen PolizeibeamtInnen bei dieser

    Amtshandlung Ihre Dienstpflichten verletzt haben? Wenn ja, welche

    Konsequenzen werden daraus gezogen? Wenn nein, warum nicht?

 

5. Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Tatsache, daß seitens der Polizei trotz

    entsprechender Datenschutzbestimmungen angebliche Vorstrafen des Herrn Dr.

    K. in Medien (z.B. ,,Kronen - Zeitung”, 28. 11. 1998) verbreitet wurden?

 

6. In wie vielen Fällen haben Gendarmerie - oder Polizeibeamtinnen und - beamte

    seit Anfang 1997 im Zuge von Amtshandlungen gegenüber verdächtigten

    Personen körperliche Gewalt im Sinne des § 9 des Waffengebrauchsgesetzes

    (andere Mittel) ausgeübt?

 

7. In wie vielen Fällen haben Gendarmerie - oder Polizeibeamtinnen und - beamte

    seit Anfang 1997 im Zuge von Amtshandlungen gegenüber verdächtigten

    Personen von der mindergefährlichen Dienstwaffe (Gummiknüppel oder

    Pfefferspray) Gebrauch gemacht?

 

8. In wie vielen Fällen wurden bei Amtshandlungen durch Gendarmerie - oder

    Polizeibeamtinnen und - beamte seit Anfang 1997 durch Waffengebrauch oder

    andere Mittel nach dem Waffengebrauchsgesetz betroffene Menschen verletzt?

 

9. In wie vielen dieser Fälle wurden die Verletzten wegen Verdachtes des

    Widerstandes gegen die Staatsgewalt (§ 269 StGB), in wie vielen Fällen wegen

    Verdachtes der Verleumdung ( § 297 StGB) angezeigt?

 

10. Durch welche konkreten Maßnahmen kann nach Ihrer Auffassung die rechtliche

    Situation von Menschen, die in Polizeigewahrsam verletzt werden, verbessert

    werden?

11. Durch welche konkreten Aus - und Fortbildungsmaßnahmen werden sie dafür

    sorgen, daß Exekutivbeamtinnen und - beamte gegenüber Bürgerinnen und

    Bürger rassistische, rassistisch gemeinte oder von Betroffenen als rassistisch zu

    verstehende, beleidigende oder demütigende Äußerungen unterlassen?

 

12. Was werden Sie konkret unternehmen, um zu vermeiden, daß Menschen, die

    sich in Gewahrsam der Sicherheitsbehörden oder ihrer Organe befinden, verletzt

    werden?