5525/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Nußbaumer und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend BH - Skandal in Bregenz
Im April 1998 wurden infolge einer Bankrevision finanzielle Unregelmäßigkeiten im Bereich
der Abteilung Sozialhilfe der Bezirkshauptmannschaft Bregenz festgestellt. Die nachfolgenden
behördlichen Erhebungen führten zur Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens gegen
den früheren Leiter der Sozialhilfeabteilung.
Im Rahmen dieses mittlerweile in erster Instanz mit einer Verurteilung abgeschlossenen
Verfahrens wurde ein Gesamtschaden in Höhe von 36,4 Millionen Schilling festgestellt. Die
veruntreuten Gelder wurden vorwiegend für den Ankauf von Liegenschaften und Wohnungen
verwendet.
Neben dem Rechnungshof, dessen Prüfungsergebnis inzwischen vorliegt, der Kontrollabteilung
des Amtes der Landesregierung und der Staatsanwaltschaft hat auch der Landesvolksanwalt
diese Causa geprüft. Im seit kurzer Zeit vorliegenden Prüfbericht des Landesvolksanwaltes
heißt es u.a. wörtlich:
“Für einen Beamten in dieser Position eher ungewöhnlich waren - ohne entsprechenden
Vermögenshintergrund - jedenfalls seine Liegenschaftskäufe. Allerdings werden derartige
Vermögenstransaktionen dem Dienstgeber im Normalfall nicht bekannt, ... . Dieser durch das
laufende Einkommen nur schwer erklärbare Erwerb eines kleinen Immobilienimperiums
hätte am ehesten den Finanzbehörden auffallen müssen (diesbezüglich steht dem
Landesvolksanwalt allerdings keine Prüfkompetenz zu).”
Diese Feststellung des Landesvolksanwaltes ist auch deshalb so interessant, da in der Regel
jeder “kleine Häuselbauer” penibel genau dem Finanzamt seine Mittel offenlegen muß.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende
ANFRAGE
1. Wie stehen Sie zu den in der Präambel genannten Aussagen des Landesvolksanwaltes für
Vorarlberg?
2. Ist es richtig, daß es den Finanzbehörden nicht aufgefallen ist, daß der frühere Leiter der
Sozialhilfeabteilung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz “ein kleines
Immobilienimperium” erworben hat bzw. es zu keinerlei Prüfung der finanziellen
Verhältnisse gekommen ist?
3. Wann bzw. unter welchen Umständen prüft das Finanzamt Privatpersonen, die Realitäten
erworben haben?
4. Wäre ein mit diesem Fall beauftragter Finanzbeamter gem. § 48a Abs. (4) lit. b) BAO
befugt, abgabenrechtliche Verhältnisse oder Umstände zu offenbaren?
• Liegt hierbei eine gesetzliche Verpflichtung zur Offenbarung vor?
Wenn nein, warum nicht?
• Liegt hierbei zwingendes öffentliches Interesse zur Offenbarung vor?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn nein, sind Sie der Ansicht, daß Veruntreuung eines Beamten nicht im
öffentlichen Interesse liegt?
5. Nach Ansicht des OGH ist die Aufklärung gerichtlich strafbarer Handlungen stets im
zwingenden öffentlichen Interesse gelegen (OGH 19.5.1988, 13 Os 137/87, RZ 1989, 193).
Auch bei Annahme eines zwingenden öffentlichen Interesses sind Weitergaben im
Hinblick auf Art 18 B -VG nur dann zulässig, wenn hiefür eine gesetzliche Grundlage
besteht. Eine solche ist vor allem Art 22 B -VG (Amtshilfe, allerdings nur über
Aufforderung) und § 84 StPO.
Betrifft dieser Fall den in § 84 Abs. (1) StPO angeführten gesetzlichen Wirkungsbereich,
sodaß ein mit diesem Fall betrauter Finanzbeamter Anzeige an eine Staatsanwaltschaft oder
Sicherheitsbehörde erstatten müßte, nachdem diese strafbare Handlung also in amtlicher
Eigenschaft wahrgenommen wurde?
6. Kommentaren der BAO zufolge wird die gesetzliche Verpflichtung zur Offenbarung “in
einem weniger strengen Licht" gesehen. Es wird also eine Interessensabwägung
vorgenommen und nach der Bedeutung des Grundes und bei Anwendung des § 84 StPO
nach der Schwere der Tat bewertet.
• Warum gibt es keine genaueren gesetzlichen Regelungen?
• Sind Sie der Meinung, daß dieser Sachverhalt gesetzlich genau definiert werden muß?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?
7. Kommentaren der BAO zufolge meint die Verwaltung einerseits, daß der Verpflichtung der
Parteien, auch abgabenrechtsbedeutsame strafrechtswidrige Tatsachen erklären zu müssen
im Interesse der gesicherten Abgabenerhebung von solchen Sachverhalten eine
Verpflichtung der Behörde gegenüberstehen müsse, Anzeigen nach § 84 StPO nicht
generell (sondern nur in besonders schwerwiegenden Fällen) vorzunehmen, weil ansonsten
die betroffenen (und anzeigebedrohten) Abgabepflichtigen der Verpflichtung zur
vollständigen und wahrheitsgemäßen Erklärung nicht nachkommen würden.
Gibt es hierfür Regelungen oder Direktiven, wann ein Finanzbeamter wie zu entscheiden
hat?
Wenn nein, welche Regelungen werden Sie zukünftig veranlassen?
8. Was wiegt Ihrer Meinung nach (in Zusammenhang mit den einleitenden Erklärungen zu
Frage 7) schwerer:
• Die Aufklärung strafbarer Delikte im Zusammenhang mit dem Erwerb von Vermögen?
• Die Bezahlung sämtlicher Abgaben von erworbenem Vermögen, selbst wenn dieses
unrechtmäßig erworben wurde und die Finanz dafür keine Anzeige
erstatten darf?
9. Für den einzelnen Finanzbeamten ist es wohl eine schwerwiegende Entscheidung, in
welchen Fällen er abgabenrechtliche Tatsachen offenbart. Zum einen deshalb, weil die
Gesetzeslage nicht eindeutig geklärt ist, unter welchen Umständen offenbart werden darf,
zum anderen, weil ihm bei Verfehlungen disziplinäre Verfahren und Strafen nach dem
Finanzstrafgesetz angedroht werden.
Muß nicht auch zum Schutze der Finanzbeamten selbst eine genauere Regelung dieser
Problematik angestrebt werden?
Wenn nein, warum nicht?
10. Werden Sie Konsequenzen aus diesem Fall ziehen?
Wenn ja, welche?
Wenn nein, warum nicht?