5542/J XX.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Graf

und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend objektive Richterbestellung beim Verfassungsgerichtshof

 

Der Verfassungsgerichtshof besteht nach Art. 147 Abs. 1 B -VG aus einem Präsidenten,

einem Vizepräsidenten, zwölf weiteren Mitgliedern und sechs Ersatzmitgliedern. Der

Präsident, der Vizepräsident und sechs weitere Mitglieder sowie drei Ersatzmitglieder

werden auf Vorschlag der Bundesregierung, drei Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder

auf Vorschlag des Nationalrates und drei Mitglieder und ein Ersatzmitglied auf Vorschlag

des Bundesrates jeweils vom Bundespräsidenten ernannt.

 

Die Stellen eines auf Vorschlag der Bundesregierung zu ernennenden Mitgliedes und

eines auf Vorschlag der Bundesregierung zu ernennenden Ersatzmitgliedes sind nach

der Ernennung des bisherigen Mitgliedes Dr. Karl Korinek zum Vizepräsidenten und des

bisherigen Ersatzmitgliedes Dr. Hans - Georg Ruppe zum Mitglied nachzubesetzen.

Nach § 1 Abs. 2 VerfGG 1953 sind die vakanten Stellen vom Bundeskanzler im

Amtsblatt zur Wiener Zeitung und in den für amtliche Kundmachungen bestimmten

Landeszeitungen zur allgemeinen Bewerbung auszuschreiben.

 

Die Vorschläge zur Nachbesetzung vakanter Richterstellen wurden in der Vergangenheit

stets ohne nachvollziehbares Auswahlverfahren erstattet, was angesichts der großen

Bedeutung des Verfassungsgerichtshofes immer wieder zu heftiger Kritik führte. Der

Bundesrat ist daher bei der Erstattung des letzten Vorschlages von dieser bisher geübten

Praxis abgegangen und hat den Bewerben auf Grund einer Initiative der FPÖ - Bundesräte

im Rahmen eines Hearings Gelegenheit gegeben, sich den Mitgliedern des Bundesrates

persönlich vorzustellen und Aspekte der Bewerbung vorzutragen. Zweifellos hat dieses

Hearing als weitere wichtige Entscheidungshilfe maßgebend dazu beigetragen, dem

Bundesrat eine nachvollziehbare Entscheidung zu erleichtern. Auch der Nationalrat hat

bei der Erstattung seiner letzten Vorschläge die Bewerber bereits einem Hearing

unterzogen.

 

Leider hat sich die Bundesregierung bei der Erstattung von Vorschlägen zur

Nachbesetzung freiwerdender Richterstellen bisher noch nicht wirklich nachvollziehbarer

Verfahren bedient und die Durchführung von Hearings oder anderer geeigneter

Auswahlverfahren in unverständlicher Weise abgelehnt. So zuletzt in der Beantwortung

der parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Graf und Kollegen

vom 7. Oktober 1998, Nr. 4956/i.

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler nachstehende

 

ANFRAGE

 

1. Wann werden die demnächst freiwerdenden, auf Vorschlag der Bundesregierung

    nachzubesetzenden Stellen eines Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes des

    Verfassungsgerichtshofes ausgeschrieben werden?

 

2. Werden Sie nach wie vor dagegen eintreten, daß bei der Nachbesetzung von

    Richterstellen beim Verfassungsgerichtshof ein Hearing stattfinden soll?

    Wenn ja, warum?

    Wenn nein, welche konkreten Maßnahmen planen Sie in diesem Zusammenhang?

 

3. Welche anderen Entscheidungshilfen wird die Bundesregierung einsetzen, um eine

    objektive und nachvollziehbare Entscheidung zu gewährleisten?

 

4. Trifft es zu, daß innerhalb der Bundesregierung oder zwischen den

    Koalitionsparteien bereits eine Absprache über die Nachbesetzung der

    freiwerdenden Richterstellen beim Verfassungsgerichtshof besteht?

    Wenn ja, was ist der Inhalt dieser Vereinbarung?

5. Können Sie ausschließen, daß eine derartige Absprache bei der bevorstehenden

    Nachbesetzungsentscheidungen Anwendung finden wird?

    Wenn ja, inwiefern?

 

6. Welche Kriterien waren für Sie bei der Erstattung des letzten Vorschlages zur

    Ernennung eines Ersatzmitgliedes maßgebend, nachdem die Nachbesetzung

    angeblich wegen eines “bürokratischen Versehens” (so in der

    Anfragebeantwortung) um ein Jahr verzögert wurde?

 

7. Wer war für dieses bürokratische Versehen verantwortlich?

 

8. Werden Sie Maßnahmen treffen, damit in Zukunft die umgehende Nachbesetzung

    freigewordener Richterstellen beim Verfassungsgerichtshof nicht wieder durch ein

    “bürokratisches Versehen verzögert wird?

    Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden Sie treffen?