5746/J XX. GP
Eingelangt am
16.02.1999
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ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler und Kollegen an den
Bundesminister für Justiz
betreffend einige aufklärungswürdige Vorgänge im Justizbe -
reich
Wie der Tagespresse vom 18. Jänner 1999 (“KURIER”, “Die Presse”) zu entnehmen ist,
wogt hinsichtlich des mj. N.N.2 zwischen den Eltern ein Streit um
dessen Obsorge. Das Kind entstammt der am 20.6. 1994 in Montreal zwischen N.N.3 und N.N.1 geschlossenen (und zwischenzeitlich rechtskräftig
geschiedenen) Ehe. Es besitzt zugleich die österr. und die kanadische Staatsbürgerschaft und lebte
vom Sommer 1996 bis zum 15. Jänner 1999 bei seiner Mutter in Wien.
Obgleich nach Fürsorgeberichten die Kindesmutter ihren Obsorgepflichten nur mangelhaft
nachkam und auch entsprechende psychologische Gutachten vorliegen, entschied die Richterin des
BG Innere Stadt Wien - entgegen der eindeutigen Gesetzeslage, daß dem Kindeswohl unbedingt
der Vorrang eingeräumt werden müsse, mit Beschluß vom 20.1. 1999 zu 4 P 249/98t, die
vorläufige Obsorge der Kindesmutter zu übertragen. Dem Gerichtsakt ist zu entnehmen, daß die
Richterin dabei justizministeriellem Druck ausgesetzt gewesen sein soll.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für
Justiz folgende
A n f r a g e:
1.) Welche rechtlichen Erwägungen veranlaßten die zuständige Richterin - obgleich eindeu -
tige Gutachten und Berichte der Fürsorge vorliegen die dagegen sprechen - , trotzdem die
einstweilige Obsorge der Kindesmutter zu übertragen?
2.) Können Sie den Grund nennen, warum durch Beamte Ihres Ministeriums Druck auf die
zuständige Richterin ausgeübt wurde, um die Übertragung der Obsorge auf die Kindes -
mutter zu erreichen?
3.) Können Sie ausschließen, daß ein Beamter Ihres Ministeriums unmittelbar bei der genann -
ten Richterin intervenierte, indem er dieser wissen ließ, welchen Beschluß man im BMJ
wünsche? –
Wenn nein, um welchen Beamten Ihres Ministeriums handelt es sich und stellt dessen
Handlungsweise lediglich eine bedauerliche Ausnahme oder die gelebte Praxis der ver -
fassungsgesetzlich gewährleisteten “unabhängigen Rechtsprechung” dar, wie dies erst
jüngst eine Äußerung des Präsidenten des Straflandesgerichtes Wien, Dr. Günther
Woratsch ‚vermuten läßt, der aufzeigte, wie “sich die Politik in besorgniserregendem
Ausmaß in alles, was mit Rechtsprechung zu tun hat”, hineindränge?