5764/J XX.GP
ANFRAGE
des Abgeordneten Wabl, Freundinnen und Freunde
an den Bundeskanzler
betreffend Export von Alt - und Gebrauchtwaffen
In unserem Büro landeten vor zwei Monaten Unterlagen über Waffenexporte durch den
Bundesminister für Landesverteidigung. 40.000 Sturmgewehre StG 58 wurden aus
Heeresbeständen verkauft. Weitere Geschäfte wie ein Panzergeschäft in Krisenregionen, der
Verkauf von 260 Pistolen und 1.000 Scharfschützengewehren sind in Vorbereitung. Nach
Überprüfung der Unterlagen und den dafür relevanten Gesetzen ergibt sich ein klares Bild.
Da 40.000 Sturmgewehre auf dem “Hobbymarkt” in Österreich nicht abgesetzt werden
können, wird systematisch das Kriegsmaterialgesetz umgangen. Man verpflichtet per
Ausschreibung ausländische Bieter das Beamtenverfahren nach § 3 Kriegsmaterialgesetz
über das Innenministerium anzustreben, um nicht selbst nach § 5 einen Regierungsbeschluß
herbeiführen zu müssen, der auch öffentlich wird. Im Beamtenverfahren rechnet man mit
“Amtsverschwiegenheit”. Die Umgebung scheint aufzugehen. Allerdings scheint immer
wieder das Bundesministerium für Iandesverteidigung auf den Papieren als Exporteur auf,
was auch der Wirklichkeit entspricht. Während der belgische Außenminister bei einer
Friedenskonferenz im Oktober in Brüssel bekanntgibt, daß Belgien 100.000
Gebrauchtwaffen zerstört, da die Endverbraucherzertifikate unseriös sind und gerade jene
Waffen in den “neuen” Kriegsgebieten landen, ist Österreich weiterhin auf “Augen zu und
Hand auf" Kurs.
Bundeskanzler Klima hat in der Antwort auf unsere Anfrage (4134/AB; XX.GP v.
13.07.1998) betreffend des österreichischen Interesses an einer gemeinsamen europäischen
Rüstungsindustrie mitgeteilt, daß “eine verstärkte Zusammenarbeit der europäischen Staaten
im Rüstungsbereich” auch im Interesse Österreichs liegt. Des Weiteren wird an dieser Stelle
argumentiert: “Die Frage einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur wird sicher nicht
von wirtschaftlichen Interessen der Rüstungsindustrie entschieden werden. Die künftige
Ausgestaltung des Sicherheitssystems wird vielmehr von den Sicherheitsinteressen Europas
bestimmt werden. Für die österreichische Bundesregierung steht bei der Gestaltung der
europäischen Sicherheitsarchitektur die Sicherheit Österreichs im Vordergrund.”
Die unterfertigten
Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Handelt es sich um eine neue Art der Neutralitätspolitik, Gebrauchtwaffen aus
Heeresbeständen am Weltmarkt zu positionieren?
2. Wann wurden Sie als Bundeskanzler vom Export von 40.000 Sturmgewehren
informiert?
3. War die Vorgangsweise mit Beamten Ihres Hauses abgesprochen, daß beim
Sturmgewehrexport kein Regierungsbeschluß (entsprechend § 5 KMG) herbeigeführt
wird, sondern - wissend, daß im Inland 40.000 Stück vollautomatische Gewehre nicht
abgesetzt werden können - mit Hilfe eines ausländischen Waffenhändlers der Export
organisiert werde?
4. Wie bewerten Sie die Tatsache, daß Österreich als Ratsvorsitzführendes Land der EU
eine Gemeinsame Aktion gegen die Verbreitung von Leicht - und Gebrauchtwaffen
initiiert und beschlossen hat, während ein anderes Mitglied der Bundesregierung
genau diese gebrauchten Leichtwaffen unter Zuhilfenahme eines Schweizer
Waffenhändlers in die verschiedensten Weltregionen exportiert?
5. Sind Sie bzw. Beamte Ihres Ressorts auch mit der Frage des Exportes "alter
Wrackteile" des Kürassier - Jagdpanzers nach Marokko, Bolivien, Botswana und
Argentinien konfrontiert worden?
6. Wenn ja, wie hat sich das Bundeskanzleramt zu diesem Ansinnen des
Verteidigungsministers gestellt?
7. Hat Ihre Reise nach Afrika auch der Anbahnung von Waffenexporten gedient?
8. Waren in der Delegation, die Sie auf Ihrer Reise begleitet hat, auch Vertreter der
österreichischen Rüstungsindustrie oder des Bundesheeres dabei?
9. Wenn ja, welche Sparten der Rüstungsindustrie waren vertreten und welche
Mitglieder des Verteidigungsressorts?
10. Schließen Sie sich der alten Weisheit eines ehemaligen Regierungschefs eines
asiatischen Landes an "nur ein bewaffnetes Volk ist wirklich frei” bzw. “alle Macht
kommt aus den Gewehrläufen”?
11. Gibt es ein arbeitsteiliges Verfahren in der Bundesregierung, daß die SPÖ für das
Verbot von Waffenbesitz eintritt, während die ÖVP - Waffenlobby den Verkauf von
Waffen vorantreibt?
12. Während die SPÖ - Waffengegner (Kinderfreunde, Rote Falken und Sozialistischen
Jugendzirkel) Plakate aufhängen, bietet Verteidigungsminister Fasslabend 1.000
Scharfschützengewehre (kein Kriegsmaterial) aus Bundesheerbeständen an. Ist dieser
Verkauf der
Beitrag Bundesregierung zur “Waffen Weg” - Kampagne?
13. Wie weit sind Ihre Bemühungen gediehen, am Aufbau einer europäischen
Rüstungsindustrie mitzuwirken?
14. Wie ist das Engagement des US - amerikanischen Panzerherstellers General Dynamics
bei der Steyr Spezialfahrzeuge in diesem Zusammenhang zu sehen?
15. Treten Sie auch dafür ein, daß ein deutsches Panzerherstellungskonsortium in
Österreich eine Produktionsstätte einrichten wird?
16. Das Motiv des deutschen Konsortiums rührt offenbar daher, daß der deutsche
Schützenpanzer Marder im Mech - Paket des österreichischen Verteidigungsministers
Aufnahme finden soll. Halten Sie ein solches Rüstungsprojekt, das von einer
einzelnen Kaufentscheidung des Bundesheeres angeregt und abhängig ist, für eine
weitsichtige wirtschaftspolitische Entscheidung?
17. Welche Kostendimension kann aus Ihrer Sicht in diesem Zusammenhang noch das
sogenannte Panzer - Mech - Paket erreichen und wie hoch kann die Budgetbelastung
dafür noch werden? Sind Sie einverstanden damit, daß für die Panzerbeschaffung die
Einnahmen bei der Privatisierung von Heeresliegenschaften und auch die Einnahmen
aus dem Verkauf von Gebrauchtwaffen des Bundesheeres eingesetzt werden, die dem
Gesamtbudget verlorengehen?
18. Wurde die russische Firma Mapo tatsächlich für eine Produktion in Österreich
gewonnen wie das anläßlich des Besuches durch den russischen Premierminister
berichtet wurde?
19. Wenn ja, welche Dimension soll diese Komponentenherstellung für Mig - Flugzeuge
erreichen und wird diese Kooperation einen Einfluß auf Ihre Haltung betreffend die
Typenentscheidung für die Abfangjägerbeschaffung haben?
20. Wurde die Öffnung des österreichischen Marktes für US - amerikanische
Panzerhersteller und für die russische Militärluftfahrtproduktion in den
entsprechenden Gremien der EU berichtet und abgesprochen?
21. Alle Sicherheitsexperten teilen die Auffassung, daß rund um Österreich keine
milltärische Bedrohung mehr besteht, die Republik von Freunden umgeben ist.
Welche Beschaffungen des Bundesheeres sollten in diesem Lichte getätigt werden,
damit internationale Einsätze österreichischer Soldaten für die gute und gerechte Sache
in Hinkunft erfolgreich verlaufen mögen?