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ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz
betreffend geheime Überwachung des Karl Lipski
"Befugnisse zur geheimen Überwachung von Bürger/inne/n, wie sie für den Polizeistaat typisch sind, können nach der Konvention nur insoweit hingenommen werden, als sie zur Erhaltung der demokratischen Einrichtungen unbedingt notwendig sind." (Vgl. Klass-Fall, EUGRZ 1979, 278 f) "Soyer hat insofern zurecht betont, daß vor einer allfälligen Einführung des Einsatzes von technischen Mitteln in der Strafprozeßordnung eine fundierte kriminalistische und menschenrechtliche Kosten-Nutzen-Analyse unter Zugrundelegung der österreichischen Verhältnisse zu erstellen sei; dabei muß auf die Erfahrungen in anderen Ländern zurückgegriffen werden. Es muß schließlich auch berücksichtigt werden, daß sich selbst einige Polizeifachleute von einer solchen Maßnahme nicht allzuviel Erfolg versprechen. ... Hassemer wiederum verlangt eine am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierte Politik der inneren Sicherheit und hält auch in Zeiten starker Bedrohung der inneren Sicherheit abwägungsfeste, unverfügbare Bereiche bürgerlicher Freiheit für
unverzichtbar. Hiezu zähle der jeweilige Kernbereich der Grundrechte, etwa der Schutz des
Wohnbereichs verdächtiger Personen vor staatlicher Ausforschung oder der Verzicht auf
eine tatunabhängige Vermögenseinziehung auf Verdacht." (Punktation zum
kriminalpolizeilichen Ermittlungsverfahren des Bundesministeriums für Justiz, Juli 1995, S
29 f)
In dieser Punktation zeigt das Justizministerium am Beispiel der USA weiters auf, daß
* nur bei einem Drittel aller Mikrophoneinsätze Ermittlungserfolge zu erwarten seien,
* sich bei den Personen eine allgemeine Verunsicherung ergeben würde, sowie heute
schon vielfach bei der Benutzung des Telephons;
* die Gefahr des Mißbrauchs des bei Überwachungsmaßnahmen aufgezeichneten
Materials bestehe;
* schon der deutsche Bundesverfassungsgerichtshof ausgeführt habe, daß dem
Menschen, um der freien und selbstverantwortlichen Entfaltung seiner Persönlichkeit
willen der Wohnbereich verbleiben müsse, indem er "sich selbst besitzt".
Mit Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. Dezember 1995 wurde in der Strafsache gegen N.N. auch die Überwachung des Fernmeldeverkehrs des Fernmeldeanschlusses von Karl Lipski für die Zeit vom 23.12.1995, 17.2.1996 über Antrag der Sicherheitsbehörden bewilligt.
Der Beschluß wurde damit begründet, daß N.N. und Bartolomiej Lipski verdächtigt seien, auch über Telephon einen schwunghaften Handel mit gefälschten Urkunden, insbesondere mit österreichischen Sichtvermerken, zu betreiben. Wegen angeblicher Gefahr im Verzug wurde die Bewilligung vom Untersuchungsrichter gemäß § 149b Abs 1 StPO bewilligt. Tatsächlich wurde ein Zusammenhang mit dem Pflanzengroßhandel benutztes Faxgerät abgehört, obwohl dies eigentlich relativ rasch hätte auffallen müssen. Tatsächlich wurde - obwohl eigentlich die unterschiedlichen Vornamen auffallen müßten, eine Hausdurchsuchung vom Gericht bewilligt und diese auch durchgeführt, und zwar nachdem sich bei einer Gegenüberstellung von Karl und Bartlomiej Lipski der offensichtliche Irrtum auch für die Beamten klar gewesen sein müßte.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1 . Wie ist es möglich, daß eine Überwachung einer Telephonanlage des Karl Lipski bewilligt wurde, obwohl Verdacht gegen einen Bartlomiej Lipski bestand?
2. Ist es die Regel, daß vom Gericht die Angaben der Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit einer Bewilligung der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs unüberprüft übernommen werden?
3. Wurde im gegenständlichen Fall der Antrag auf Überwachung des Fernmeldeverkehrs telephonisch, sonst wie mündlich oder schriftlich gestellt?
4. Wird in der Regel vom Gericht geprüft, ob Gefahr in Verzug gegeben ist?
5. In welcher Art und Weise haben die zuständigen Richter/innen den dringenden Tatverdacht zu überprüfen?
6. Ist es richtig, daß in der Regel Anträge der Sicherheitsbehörden auf Hausdurchsuchungen ungeprüft bewilligt werden?
7. Ist vom Gericht auch der Sinn und Zweck einer Hausdurchsuchung bzw. Telephonüberwachung zu überprüfen?
8. Wie werden Sie sicherstellen, daß in Hinkunft Überwachungsmaßnahmen, die einen massiven Eingriff in die Privatsphäre bedeuten, genau geprüft werden, ob Gefahr-in Verzug vorliegt, ob ein dringender Tatverdacht vorliegt und ob die Hausdurchsuchung Oberhaupt sinnvoll und zweckmäßig ist?