5954/J XX.GP
ANFRAGE
der Abg. Mag. Stadler, Wenitsch, Klein, Dr. Salzl, Mag. Schweitzer
und Kollegen
an den Bundeskanzler
betreffend Natura 2000
Die Bundesländer Niederösterreich und Burgenland haben 31,63 % bzw. 22,98 % ihrer
Landesfläche für das EU - Projekt Natura 2000 gemeldet. Die Bundesländer Kärnten, Tirol
und Vorarlberg waren bei den Meldungen sehr restriktiv, Niederösterreich und
Steiermark wollen Teile ihrer Meldungen wieder zurückziehen.
Natura 2000 verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Einhaltung der Vogelschutzrichtlinie
und der Flora - Fauna - Habitat - Richtlinie auf den ausgewiesenen Gebieten. Diese Richt -
linien wurden mit dem EU - Beitritt übernommen. Bei der Erstellung der Gebietslisten
wurden die meisten Grundeigentümer weder gefragt noch informiert, obwohl damit
massive Eigentums- und Nutzungsbeschränkungen verbunden sind. Zugangsmöglich -
keit, Art und Höhe der EU - Förderung für diese Besitzeinschränkungen bzw. die mit der
Erhaltung von Lebensräumen verbundene Mehrarbeit sind derzeit völlig ungeklärt.
Laut Bundesministeriengesetz muß das Bundeskanzleramt nicht nur auf das einheitliche
Zusammenarbeiten zwischen Bund und Ländern hinwirken, sondern ist auch zuständig
für die Koordination in Angelegenheiten der Raumordnung, Raumplanung und Regio -
nalpolitik einschließlich der Koordination von Regionalprogrammen im Rahmen der EU -
Strukturfonds. Die Koordination der finanziellen Abwicklung des Europäischen Regional-
fonds ist ebenfalls Aufgabe des Bundeskanzleramtes.
Im Interesse der in den Schutzgebieten ansässigen Bevölkerung richten die unterzeich -
neten Abgeordneten daher an den Herrn Bundeskanzler die nachstehende
Anfrage:
1. Sowohl die Vogelschutz- als auch die FFH - Richtlinie der EU richtet sich bezüglich der
Umsetzung an den Mitgliedstaat. Da Naturschutz in Österreich Ländersache ist,
kommt es zu großen Diskrepanzen hinsichtlich der Menge, der Art und der Größe
der gemeldeten Flächen.
Welche Koordinationstätigkeit hat das Bundeskanzleramt hier entfaltet?
2. Welchen Anteil hat das Bundeskanzleramt an der Nennung von Natura 2000 -
Schutzgebieten?
3. In welcher Art und Weise koordiniert das Bundeskanzleramt die einheitliche Zusam -
menarbeit zwischen Bund und Ländern bei Menge, Umfang, Art und
Vorgangsweise
der Meldungen im Rahmen des Natura 2000 - Projektes?
4. Hat das Bundeskanzleramt im Rahmen seiner Koordinationskompetenz vor Durch -
führung der Meldungen der einzelnen Bundesländer und Übermittlung der Meldun -
gen an die EU durch das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie über -
prüft, ob die gemeldeten Gebiete mit der bestehenden Raumordnung und Raum -
planung übereinstimmen?
Wenn nein: warum nicht?
5. Welche Empfehlungen hat das Bundeskanzleramt im Rahmen seiner Koordinations -
kompetenz hinsichtlich der Einbringung des Natura 2000 - Projekts in Regional -
programme der EU - Strukturfonds abgegeben?
Gegenüber den Bundesländern?
Gegenüber welchen EU - Gremien?
6. Welche Empfehlungen hat das Bundeskanzleramt im Rahmen seiner Koordinations -
kompetenz hinsichtlich der Finanzierung des Natura 2000 - Projektes aus den EU -
Strukturfonds bzw. aus dem Europäischen Regionalfonds abgegeben?
Gegenüber den Bundesländern?
Gegenüber welchen EU - Gremien?
7. Wurde das Finanzierungs- und Abgeltungsproblem der Natura 2000 - Umsetzung im
Interesse der betroffenen Grundbesitzer von Ihnen anläßlich der Agenda 2000 -
Verhandlungen angesprochen?
Wenn ja: mit welchem Ergebnis bzw.
Wenn nein: warum nicht?
8. Welche Vereinbarungen hinsichtlich Natura 2000 in Österreich wurden wann
zwischen Ihrem Ressort und
a) welchen Landesbehörden,
b) welchen NGOs und
c) welchen sonstigen physischen und juristischen Personen getroffen?
9. Wer ist dafür verantwortlich, daß viele empörte Grundeigentümer ihren Besitz auf
einer offiziellen Karte mit der Aufschrift „Gemeldet für Natura 2000“ wiederfinden,
ohne jemals vorher eingebunden oder kontaktiert worden zu sein?
10. Zu welchen konkreten Eigentums- und Nutzungsbeschränkungen führt nach Auffas -
sung des Bundeskanzleramtes die Umsetzung des Natura 2000 - Projekts bei den
Grundeigentümern der gemeldeten Gebiete?
11. Gibt es im Bundeskanzleramt eine finanzielle Bewertung dieser Eigentums- und
Nutzungsbeschränkungen bzw. der erforderlichen Mehrarbeit zur Erhaltung von
Lebensräumen?
12. Bei welcher Stelle hat ein Grundeigentümer in einem Natura 2000 - Gebiet allfällige
Nutzungsänderungen oder neue Vorhaben betrieblicher Art zu melden bzw. sich
bewilligen oder ablehnen zu lassen?
13. Steht diese Vorgangsweise nach Auffassung Ihres Ressorts im Einklang mit dem
geltenden bürgerlichen Recht?
14. Welche Behörde oder sonstige Stelle wird bis wann definieren, was eine gemäß Art.
6 Abs. 2 der FFH - Richtlinie verbotene Verschlechterung eines natürlichen Lebens-
raumes oder Habitates einer Art ist?
15. Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Grundbesitzer in gemeldeten Natura 2000 -
Gebieten, sich an dem Gebietsprojekt nicht zu beteiligen?
16. Ab wann und bis wann können von Natura 2000 - Projekten betroffene Grundbe -
sitzer
a) mit verläßlichen Informationen auf der Basis offizieller Dokumente,
b) mit klar definierten Förderungsrichtlinien,
c) mit voller Abgeltung der betrieblichen Nachteile bzw. der Mehrarbeit
rechnen?
17. Aus welchen Mitteln wird es für land- und forstwirtschaftlich genutzte bzw. gewid -
mete Gebiete Abgeltungen für Natura 2000 - Schutzgebiete und -Leistungen geben?
In welcher Höhe?
18. Aus welchen Mitteln wird es für nicht land- und forstwirtschaftliche genutzte bzw.
gewidmete Gebiete Abgeltungen für Natura 2000 - Schutzgebiete und -Leistungen
geben?
In welcher Höhe?