5962/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend einiger Ungereimtheiten im Zuge der
Briefbombenermittlungen
Dem Bericht der Sonderkommission vom 2.2.1998, der sich der Auswertung der von Franz
Fuchs notierten Fahrzeugkennzeichen widmet, ist zu entnehmen, daß die Erhebungen der Zulas -
sungsbesitzer dazu dienen soll, um „eventuell ein Bewegungsbild des Genannten zu erstellen".
Gleichzeitig wird in dem Bericht darauf hingewiesen, daß nur jene Zulassungsbesitzer eruiert
und befragt wurden, die nicht im Bezirk Leibnitz wohnhaft waren.
Darin liegt nun insofern ein Widerspruch, als einerseits ein vollständiges Bewegungsbild nur
erhoben werden kann, wenn man auch den Bezirk Leibnitz einschließt und andererseits Franz Fuchs
die Fahrzeuge mit den Leibnitzer Kennzeichen auch anderwärts, theoretisch in ganz Österreich oder
im Ausland (z.B. Slowenien) hätte wahrnehmen und notieren können.
Vielmehr nährt die Aussparung der Erhebung aller Leibnitzer Kennzeichen den dringenden
Verdacht, daß Fuchs bereits Monate vor seiner Festnahme beobachtet worden sein könnte und daß
sich die Behörden aus taktischen Erwägungen - um eine unauffällige Beobachtung zu gewährlei -
sten - verschiedener Kennzeichen aus dem Bezirk Leibnitz bedienten.
In diesem Zusammenhang erscheint auch bemerkenswert, daß außer den 120 Leibnitzer
Kennzeichen, die Franz Fuchs notiert hat, zehn weitere Kennzeichen nicht in die Erhebung der
Zulassungsbesitzer und die Auswertung aufgenommen wurden bzw. im Bericht der SOKO
unerwähnt bleiben.
Es handelt sich dabei um folgende Kennzeichen:
St 719.214 (Beilage [Blg.] 1.1.4)
G 17.602 (Blg. 1.1.4)
PR 103.778 (Blg. 1.1.4) Anm.: die Zulassung "PR“ gibt es nicht vermutlich Fehler von Franz Fuchs.
W 39.824C (Blg. 1.1.4)
DL 4PHP (Blg. 1.1.4)
LA UVZ282 (Blg. 1.1.4)
FB 1TWE (Blg. 1.1.6)
RA 8KLB (Blg. 1.1.6)
St 727.657 (Blg. 1.2.2) Anm.: schwer lesbar, muß mit
Originalaufzeichnungen von Franz Fuchs verglichen werden.
Zwei Kennzeichen wurden - aus welchen Gründen auch immer - aus Franz Fuchs‘ Aufzeich -
nungen falsch übernommen, Demnach sind auch die entsprechenden Auswertungen über Zulas -
sungsbesitzer und deren Aussagen nutzlos. Es sind dies folgende Kennzeichen:
GU 3XPL Kombi (lt. Franz Fuchs) GU 3YPL Kombi (lt. SOKO, Blg. 3.33.1)
HB 3K88 (lt. Franz Fuchs) HB 3KK88 (lt. SOKO z. Stichtag 12.10.1997 nicht ausge - geben, Blg. 2.5)
Ein weiteres Kennzeichen, das Franz Fuchs notiert hat, ist lt. SOKO z. Stichtag. 12.10. 1997
nicht ausgegeben, DL 4 BHP.
Insgesamt wurden von der SOKO nur 64 von rd. 200 Kennzeichen ausgewertet und die
entsprechenden Zulassungsbesitzer niederschriftlich vernommen. Bei Durchsicht der Niederschrif -
ten fällt zunächst auf, daß die von Franz Fuchs neben den Kennzeichen vermerkten sonstigen
Wahrnehmungen oft sehr genau sind und durch die Aussagen der einvernommenen Personen
bestätigt wurden. Viele der Befragten waren sogar in der Lage, den genauen Zeitpunkt oder zumin -
dest Zeiträume anzugeben, während denen sie sich im Raum Gralla - Leibnitz und Umgebung auf -
gehalten haben.
Aus den vorliegenden Unterlagen ist nicht ersichtlich, ob nun der Zweck der Kennzeichenaus -
wertung, nämlich ein Bewegungsbild des Franz Fuchs herauszuarbeiten, erfüllt wurde oder nicht.
Es mutet auch eigenartig an, daß dem Hinweis auf das Kennzeichen des Franz Fuchs, das der
D - Beamte des Innenministeriums Martin Magdits bereits „Ende März 1996 per Hauspost direkt an
das Ministerbüro Einem" (FORMAT v. 14.12. 1998/Folge 11) als im Zusammenhang mit den
Mordanschlägen von Oberwart verdächtig geschickt habe, von Seiten des Innenministeriums nicht
weiter nachgegangen wurde.
Vor diesem Hintergrund erscheint die bisher verweigerte Auszahlung der ausgelobten Ergrei -
ferprämie an die beiden Frauen aus Gralla, deren Hinweise letztlich zur Ergreifling von Franz Fuchs
geführt haben, in einem ganz anderen Licht.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für
Inneres folgende
Anfrage:
1.) Wie viele Hinweise langten im Zuge der Brief- bzw. Rohrbombenermittlungen insgesamt.
aus der Bevölkerung ein und wurde allen diesbezüglichen Hinweisen, die an die Behörden
gelangten, auch nachgegangen? -
Wenn nein, wie vielen Hinweisen wurde nicht und warum nicht nachgegangen?
2.) Warum wurde das Kennzeichen GU 3XPL als Kennzeichen GU 3YPL und das Kennzei -
chen HB JK88 als Kennzeichen HB JKK88 ausgewertet?
3.) Wurden im Zuge der Ermittlungen später doch noch die von Franz Fuchs notierten Kenn -
zeichen GU 3XPL und HB JK88 überprüft? -
Wenn ja, konnten daraus zweckdienliche Ermittlungsergebnisse gewonnen werden bzw.
handelte es sich um Kennzeichen des BMI? -
Wenn nein, warum wurden die richtigen Kennzeichen bis heute nicht überprüft?
4.) Warum wurden die 120 Leibnitzer Kennzeichen bis heute nicht überprüft?
5.) Warum wurden die oben angeführten Kennzeichen der Blgn. 1.1.4, 1.1.6, 1.2.1 und 1.2.2
nicht überprüft bzw. können Sie ausschließen, daß es sich dabei nicht um Kennzeichen
des BMI handelte?
6.) Warum wurde das Kennzeichen St 524.919, das Franz Fuchs zugeteilt war, trotz des
Hinweises des Beamten im Innenministerium Martin Magdits nicht überprüft?
7.) Können Sie mit Sicherheit ausschließen, daß Franz Fuchs - wie dieser selbst befürchtete -
nicht doch schon Monate vor dessen Festnahme durch Sicherheitsbeamte beobachtet
wurde bzw. zum Kreis der Verdächtigen zählte? -
Wenn ja, warum weigern Sie sich dann bis zum heutigen Tag, die vom Innenministerium
ausgelobte (§§ 860 ff. ABGB) Ergreifungsprämie den beiden Frauen aus Gralla, deren
Hinweise letztlich zur Ergreifung des Franz Fuchs geführt haben, in voller Höhe auszube -
zahlen?
Wenn nein, seit wann wurde Franz Fuchs überwacht?