6088/J XX.GP
der Abgeordneten Langthaler, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten
betreffend Maßnahmen zur beschleunigten Markteinführung von Ökostrom
Seit 19. Februar 1999 können nicht nur Großverbraucher sondern auch Haushalte ihren
Stromlieferanten frei wählen. Einschränkende Voraussetzung bei den Haushalten ist allerdings,
daß der bezogene Strom aus bestimmten erneuerbaren Energien erzeugt wird.
Die Direktlieferung von sogenanntem Ökostrom an Haushalte setzt jedoch nicht nur eine
entsprechende Liefervereinbarung mit einem Ökostromproduzenten sondern auch einen
Durchleitungsvertrag mit den entsprechenden Netzbetreibern voraus. Mehrere Wochen nach
Öffnung des Strommarktes sind viele Netzbetreiber allerdings immer noch nicht in der Lage,
ihre konkreten Vertragsbedingungen für die Ökostromdurchleitung bekanntzugeben.
In einer Pressemitteilung anläßlich der Öffnung des Strommarktes Mitte Februar
(http: //www.bmwa.gv.at/news/1999/02/1999021501.htm) kündigte Wirtschaftsminister
Farnleitner bereits an, „die erforderlichen Maßnahmen zur beschleunigten Markteinführung
erneuerbarer Energieträger (Okostrom) zur Stromerzeugung zur Realisierung eines
´Sekundärmarktes´" vorzunehmen, damit „sich auch z.B. Haushalte von Ökostromerzeugern
beliefern lassen können“.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Welche Maßnahmen zur beschleunigten Markteinführung erneuerbarer Energieträger
(Ökostrom) zur Stromerzeugung zur Realisierung eines „Sekundärmarktes“ haben Sie seit
Mitte Februar ergriffen?
2. Welche weiteren Maßnahmen zur beschleunigten Markteinführung von Ökostrom sind
Ihrerseits geplant?
3. Welche Netzbetreiber haben bereits konkrete Bedingungen für die Gestaltung von
Durchleitungsvereinbarungen
für Ökostrom ausgearbeitet?
4. Setzen Sie sich dafür ein, daß alle Netzbetreiber ehebaldigst ihre konkreten
Vertragsbedingungen für die Gestaltung von Durchleitungsvereinbarungen für Ökostrom
ausarbeiten und vorlegen?
5. Werden die allgemeinen Vertragsbedingungen der Netzbetreiber für die Gestaltung von
Durchleitungsvereinbarungen für Ökostrom von Ihnen auf Rechtmäßigkeit überprüft?
Wenn nein, warum nicht?
6. Welche Tarifkomponenten a) kann bzw. b) muß der Durchleitungstarif für Ökostrom
beinhalten?
7. Wie hoch sind die Durchleitungstarife und die jeweiligen Tarifanteile (Netzverluste,
Netznutzungsentgelt Arbeits - und Leistungspreis etc.) auf die niedrigste Spannungsebene
(Haushalte etc.) wie sie von den Netzbetreibern auf Basis der relevanten Verordnungen
nun festgelegt wurden?
8. Liegen Rabatte auf die Durchleitungstarife für Ökostrom nach den bestehenden
Verordnungen im Ermessen der Netzbetreiber?
9. Das Netznutzungsentgelt setzt sich aus einem Leistungs - und Arbeitspreis zusammen. Für
die Niederspannungsebene (Ebene 7) im Versorgungsgebiet der Wienstrom beträgt der
Leistungspreis 1007 S/kW. Laut Angaben der Wienstrom wird dieser Leistungspreis pro
Kilowatt nach einer hausintern erstellten Formel auf einen "Leistungspreis" pro
Kilowattstunde umgerechnet. Im konkreten Fall beträgt dieser Preis dann 17 Groschen
pro Kilowattstunde.
Ist die Umrechnung des Leistungspreises in einen „Leistungspreis“ pro Kilowattstunde
zulässig? Wenn ja, nach welcher Formel muß die Umrechnung erfolgen?
10. Welche sonstigen Gebühren (Zähler, Ablesung, Verrechnung, etc.) können von den
Netzbetreibern in welcher Höhe verrechnet werden? Welche sonstigen Gebühren und in
welcher Höhe planen die österreichischen Netzbetreiber jeweils einzuheben?
11. In den schon seit längerer Zeit liberalisierten Strommärkten in Skandinavien, England
und Wales haben sich relativ rasch auch für die niedrigste Spannungsebene deutlich
niedrigere Durchleitungstarife durchgesetzt als die jetzt in Österreich gültigen.
Welche Maßnahmen sind Ihrerseits geplant, um die Durchleitungstarife in Österreich
auch auf der niedrigsten Spannungsebene rasch auf die international üblichen Werte
abzusenken? Welche Tarifsenkungen halten Sie in welchen Zeiträumen für notwendig?
12. Für die rasche Markteinführung von Ökostrom ist es notwendig, die Kosten einer
Umstellung für die Haushalte genug zu halten. Es ist daher u.a. sinnvoll, die vorhandene
einfache
Zählertechnologie weiterzuverwenden.
Teilen Sie die Meinung, daß im Interesse einer raschen Markteinführung von Ökostrom
die Erfassung der jährlichen Verbauchssummen der Ökostromkunden ausreichend ist und
die strenge Gleichzeitigkeit von Ökostromerzeugung und Ökostromverbrauch in
Anbetracht des geringen Marktanteils vorerst nachrangig ist?
13. Halten Sie es für zulässig, zur Ermittlung der Gleichzeitigkeit von Verbrauch und
Erzeugung den Ökostrom - Haushalten (bzw. anderen Kundengruppen) typische
Lastkurven zuzuordnen wie das von Netzbetreibern geplant ist? Wenn ja, mit welcher
Begründung?
14. Die Deutsche Telekom hat im Zuge der Liberalisierung des Telefonmarktes die Aufgabe
übernommen, auch für Leistungen neuer Telekommunikationsanbieter Rechnungslegung
und Inkasso beim Endkunden durchzuführen. Dadurch erhält der Haushaltskunde
weiterhin nur eine gemeinsame Rechnung für seine gesamten Telefondienste.
Unterstützen Sie das Bestreben, im Sinne der Erleichterung des angestrebten
"Sekundärmarktesiv für Ökostrom Abrechnung und Inkasso für Lieferungen unabhängiger
Stromerzeuger vom Netzbetreiber/Versorgungsunternehmen durchführen zu lassen?
Wenn nein, warum nicht?
15. Die zaghafte Ökologisierung des österreichischen Steuersystems hat sich bislang am
Grundsatz orientiert, neue erneuerbare Energien nicht oder niedriger zu besteuern als
konventionelle Energieträger. Eine Ausnahme stellt die 1996 eingeführte
Elektrizitätsabgabe dar, die als Endenergieabgabe elektrische Energie unabhängig von der
Erzeugungsform einheitlich mit 10 g/kWh besteuert. Im Rahmen der Ökostrom -
Direktvermarktung wäre es technisch leicht möglich, Ökostrom von der
Elektrizitätsabgabe zu befreien.
Unterstützen Sie die Forderung nach Befreiung von Ökostrom von der
Elektrizitätsabgabe? Wenn nein, warum nicht?
16. Wer ist bei Direktlieferungen für die Einhebung der Elektrizitätsabgabe zuständig: der
Netzbetreiber oder der Erzeuger?
17. In zumindest einem Landes - ElWOG (Salzburg) besteht die Abnahmepflicht des
Netzbetreibers für Strom aus Bio -, Wind - und Sonnenenergie nur falls keine Kunden
direkt versorgt werden.
a) Teilen Sie die Meinung, daß diese Regelung den Intentionen zur Schaffung eines
funktionierenden „Sekundärmarktes“ zuwiderläuft?
b) Ist diese Regelung rechtmäßig (mögl. Widerspruch zur Vertragsfreiheit)?
c) Unterstutzen Sie Bestrebungen,‘ Ausführungsgesetze ggf. in diesen Punkten
abzuändern, und eine explizite Abnahmepflicht für Überschußstrom auch direkt
vermarktender
IPPs aufzunehmen?
18. In zumindest einem Landes - ElWOG (Tirol) besteht das Recht des Verteilnetzbetreibers
auf Allgemeinversorgung aller Stromverbraucher fort Dieses Recht erstreckt sich damit
auch auf Kunden, die Ökostrom von unabhängigen Erzeugern beziehen wollen.
Ist diese Regelung rechtmäßig?
19. Sind die Anteile direkt vermarkteten Ökostroms zur Erreichung des 3 - % - Zieles
einzurechnen? Wenn ja, welchem Netzbereich sind sie zuzurechnen: dem des
Einspeisepunktes oder dem in dem sich der Verbraucher befindet?
20. Für die Abwicklung der Direktlieferungen ist ein technisches Regelwerk (grid code)
erforderlich.
Wann wird dieses Regelwerk vorliegen, und welche rechtliche Bedeutung besitzt es?