6265/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Kier, Partnerinnen und Partner
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Dienstvorschriften und Praxis bei Schubhaft und Abschiebungen
Der Fall Omofuma, aber auch unzählige andere von Flüchtlingshilfsorganisationen
Schubhaftbetreuerinnen und Schubhaftbetreuern, Rechtsanwältinnen und
Rechtsanwälten sowie von den Medien aufgezeigte Beispiele machen es
notwendig, die von den zuständigen Behörden vollzogene Praxis gegenüber
Schubhäftlingen und abzuschiebenden Ausländerinnen und Ausländern zu
hinterfragen.
Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende
ANFRAGE
an den Bundesminsiter für Inneres:
1. Die Unterbringung von Schubhäftlingen in Einzelzellen ist in der
Polizeigefangenenhaus (PGH) - Hausordnung nicht vorgesehen, es sei denn auf
Wunsch des Häftlings. Können Sie ausschließen, daß Schubhäftlinge ohne ihren
ausdrücklichen Wunsch in Einzelzellen angehalten werden?
2. Wenn nein, welche gesetzlichen Gründe gibt es dafür?
3. Entpricht es den Tatsachen, daß Schubhäftlinge im PGH - Hernalser Gürtel nur
einmal wöchentlich die Gelegenheit zum Duschen haben, weil die Kapazität der
Warmwasseraufbereitung nicht ausreicht?
4. In welchen Zeitabständen werden Schubhäftlinge mit frischer Wäsche versorgt
(bzw. wird die eigene Wäsche gewaschen) und in welchen Zeitabständen kann
die Bettwäsche gewechselt werden?
5. Wie lange ist die durchschnittliche Schubhaftdauer in den einzelnen
Schubhaftgefängnissen?
6. Wie ist das Verhältnis zwischen Quadratmeteranzahl der Zelle und Zahl der
Insassen im PGH - Hernalser Gürtel?
7. Entpricht es den Tatsachen, daß das PGH - Hernalser Gürtel noch immer nicht mit
einer EDV - Administration ausgestattet ist?
8. Wie hoch ist der Mindeststand an SicherheitswachebeamtInnen (SWB) im PGH -
Hernalser Gürtel (Dienstführende/Eingeteilte BeamtInnen) bei welchem
Maximalbelag?
9. Garantiert dieser Mindeststand a) die Sicherheit des Personals und b) die
Sicherheit der Häftlinge auch im Falle von Zwischenfällen (Krankheitsfall
Selbstmordversuche Auseinandersetzungen, Feuer etc.)?
10. Welche besonderen psychologischen Schulungen, Betreuungen und/oder
sonstige derartige Maßnahmen können die des PGH - Hernalser Gürtel regelmäßig
in Anspruch nehmen?
11. Wie hoch ist die Wochenstundebelastung von Beamtinnen des PGH - Hernalser
Gürtel bei maximaler Überstundenleistung?
12. Wieviele Ausbruchsversuche von Schubhäftlingen gab es jeweils in den letzten
drei Jahren in Österreich, in welchen Schubhaftgefängnissen fanden sie statt und
wieviele davon waren erfolgreich?
13. Wieviele Selbstmordversuche von Schubhäftlingen gab es jeweils in den letzten
drei Jahren und in welchen Schubhaftgefängnissen fanden sie statt?
14. Wieviele Selbstmorde von Schubhäftlingen gab es jeweils in den letzten drei
Jahren und in welchen Schubhaftgefängnissen fanden sie statt?
15. Wieviele Selbstverletzungen ohne Selbstmordabsicht („Schlucker“ etc.) gab es
jeweils in den letzten drei Jahren unter den Schubhäftlingen und in welchen
Schubhaftgefängnissen fanden sie statt?
16. Wieviele Schubhäftlinge traten jeweils in den letzten drei Jahren in Österreich in
den Hungerstreik, in welchen Schubhaftgefängnissen und wieviele von ihnen
mußten deshalb wegen mangelnder Haftfähigkeit entlassen werden?
17. Wieviele Stunden wöchentlich verbringt der zuständige Amtsarzt mit
Krankenbesuchen im PGH - Hernalser Gürtel?
18. Welche Abteilungen der Sicherheitsexekutive führen Abschiebungen aus
Österreich durch?
19. Gibt es Dienstanweisungen die das Ruhigstellen von Schubhäftlingen im Sinne
von Verhindern von Schreien zum Zwecke der Abschiebung vorsehen?
20. Können Sie ausschließen, daß es vor dem Fall Marcus O. Knebelungen von
Schubhäftlingen ExekutivbeamtInnen gegeben hat?
21. Wenn nein, warum nicht?
22. Das bloße Durchsuchen von Körperöffnungen durch die Exekutive darf nach den
gesetzlichen Vorschriften nur durch einen Amtsarzt durchgeführt werden. Welche
gesetzliche Bestimmung gestattet Exekutivorganen das Verkleben von
Atemöffnungen angehaltener Personen?
23. Der damalige Bundesminister für Inneres, Capar Einem, hat im November 1996
auf eine Parlamentarische Anfrage geantwortet daß die Benützung von
Klebebändern zum Knebeln von Menschen jedenfalls unzulässig sei. Wann und
in welche Form wurde diese Weisung an die nachgeordneten Dienststellen
weitergeleitet?
24. Können Sie ausschließen, daß während Ihrer Amtszeit jemals Schubhäftlinge
zum Zwecke Ihrer Ruhigstellung für die Abschiebung durch ExekutivbeamtInnen
oder im Auftrag von ExekutivbeamtInnen mit chemischen Substanzen oder Mitteln
(außer Dienstwaffen) betäubt oder vorübergehend widerstandunfähig gemacht
wurden?
25. Gab es jemals Gespräche mit pharmazeutischen Betrieben über die mögliche
Anschaffung oder den Einsatz derartiger chemischer Substanzen oder Mittel zum
Zwecke der Ruhistellung von Schubhäftlingen durch die Sicherheitsexekutive?
26. Wer trägt während der Schubhaft die Verantwortung für die körperliche
Unversehrtheit der angehaltenen Personen und auf welcher gesetzlichen
Grundlage?
27. Wer trägt während einer Abschiebung auf dem Luftweg die Verantwortung für die
körperliche Unversehrtheit der abzuschiebenden Personen und auf welcher
gesetzlichen Grundlage?