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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Stummvoll

und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend Arbeitsweise des Österreichischen Statistischen Zentralamtes

 

 

 

In letzter Zeit hat es massive Kritik an dem Faktum gegeben, daß das ÖSTAT wichtige Wirtschaftsstatistiken nicht zeitgerecht liefern konnte und österreichische Entscheidungsträger sowie internationale Organisationen auf veraltetes Material und Schätzungen aus Österreich angewiesen sind.  Das ÖSTAT hat die österreichische Februar- und die revidierte Jänner­Inflationsrate erst einen Tag nach Veröffentlichung der deutschen März-Inflationsrate veröffentlicht.  Mitte Mai lag noch nicht einmal ein endgültiger Wert des Verbraucherpreisindex für Februar und kein Wert für die österreichische März-Inflationsrate vor.  Eineinhalb Jahre nach dem Beitritt Österreichs zur EU fehlen noch immer Daten über den Österreichischen Außenhandel mit anderen EU-Staaten in der Gütergliederung.  Das ÖSTAT hat offensichtlich den Umstieg auf des EU-System noch nicht geschafft und wurde in wichtigen Bereichen vom EU-Beitritt Österreichs "überrascht".

 

Die Auswirkungen der fehlenden Basisdaten können für Österreich fatal sein. Internationale Organisationen mißtrauen zunehmend den Daten des ÖSTAT.  Weil die Zahlen der österreichischen Ex- und Import im Binnenmarkt seit Jänner 1995 nicht mehr verfügbar sind, kann das BIP nicht mehr verläßlich berechnet werden.  Die EU-Förderungen laufen Gefahr, wegen fehlender Daten aufgrund von Schätzungen, die nicht in Österreich gemacht werden, magerer auszufallen oder ganz gestrichen zu werden.  Ebenso könnten als Folge die Zahlungsverpflichtungen Österreichs an die EU höher als notwendig ausfallen.

 

Auf der anderen Seite ist die Belastung vieler kleiner und mittlerer Firmen durch die Umstellung des statistischen Systems in Österreich stark angewachsen.  Es kommt derzeit zu einem extremen und inakzeptablen Mißverhältnis zwischen administrativem Arbeitsaufwand der Betriebe und der ihnen zur Verfügung stehenden Information.

 

 

Im ÖSTAT fehlt eine klare Prioritätensetzung und eine Unterscheidung zwischen wirklich relevanten und öffentlich notwendigen Arbeiten und sonstigen Aktivitäten.  Es fehlt

offensichtlich ein klares Management und die Abkehr von der „Amtsmentalität" im ÖSTAT.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundeskanzler folgende

 

 

Anfrage:

 

1.    Welche Schritte werden Sie auf europäischer Ebene setzen, damit die bürokratische Belastung der Wirtschaft und besonders der Klein- und Mittelbetriebe durch Statistik vermindert wird?

 

2.    Werden Sie Initiativen zu einer kritischen Inventur der österreichischen Gesetze und Verordnungen ergreifen, damit die bürokratische Belastung der Wirtschaft durch Statistik insgesamt reduziert werden kann?

 

3.    Was haben Sie unternommen, um die Probleme im Statistischen Zentralamt bei der Aufarbeitung wichtiger Wirtschaftsdaten zu beseitigen?

 

4.    Welche Vorschläge hat das ÖSTAT zur Bewältigung der neuen Aufgaben bzw. der Systemumstellungen anläßlich des EU-Beitritts gemacht?

 

5.    Welche Konsequenzen und organisatorische Maßnahmen haben Sie veranlaßt, damit das ÖSTAT den Informationsbedürfnissen von Politik und Wirtsschaft rasch nachkommt?

 

6.    Haben Sie veranlaßt, daß es zu einer Prioritätensetzung bei den Aufgaben des ÖSTAT kommt?  Wenn ja, wie sieht die Prioritätensetzung aus?

 

7.    Welche Auswirkungen hat die mangelhafte Verfügbarkeit der notwendigen Daten auf die EU-Förderungen, die Beobachtung durch internationale Organisationen und auf die Berechenbarkeit des BIP?

 

8.    Welche volkswirtschaftlichen Auswirkungen hat die verspätete Verfügbarkeit des Verbraucherpreisindex durch das ÖSTAT?

 

9.    Wie reagieren Sie auf die zusätzlichen Personalwünsche des ÖSTAT?