6424/J XX.GP

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Inneres

 

betreffend Schubhaft für Ausländer/innen

 

„Es darf nicht sein, daß unsere Gesellschaft dauernd in zwei Gruppen mit mehr und mit

weniger Rechten zerfällt, in die Klasse der Einheimischen und in die Klasse der

Fremden. Niemand wird heute bestreiten, daß die Flüchtlingsfrage ein Weltproblem ist.

Wir leben inmitten der gewaltigsten Völkerwanderung aller Zeiten. Die Probleme der

Ausländer in Europa können nur europäisch gelöst werden.“

 

„Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit unseres europäischen demokratischen

Systems. Der Wert des Schutzes der Menschenrechte erweist sich dort, wo man sie

braucht.“

 

„Und noch eines sollte nicht vergessen werden: In der Diskriminierung der

Minderheiten lebt der Faschismus fort. Der Rassismus ist der Faschismus unserer

Tage. „ (Dr. Christian Broda, 28.1.1987 vor der parlamentarischen Versammlung des

Europarates in Straßburg)

 

„Österreich hat sich Flüchtlingen gegenüber immer aufgeschlossen gezeigt und im

Rahmen seiner Möglichkeiten immer wieder die helfende Hand ausgestreckt. Auch die

derzeitige Situation gibt keinen Grund, davon abzugehen. Zu einer Politik, die sich als

offene Asylpolitik versteht, gehört auch, Zuflucht und Durchreise zu ermöglichen.“

(siehe Österreich und die neue Völkerwanderung, herausgegeben vom

Bundespressedienst 1990, Seite 29.)

 

Die persönliche Freiheit des Menschen gehört zu den sensibelsten und elementarsten

Grundrechten. Eine Haft über Personen sollte daher nur in Ausnahmefällen verhängt

werden. Da dies nicht der Fall ist - das beweist die hohe Anzahl der Schubhäftlinge -

stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgende

 

ANFRAGE:

 

 

1.Gemäß § 67 FrG ist die Schubhaft im Haftraum der Behörde zu vollziehen, die sie

   verhängt hat. Kann die Behörde die Schubhaft nicht vollziehen, so ist die

   nächstgelegene Bezirksverwaltungs - oder Bundespolizeibehörde, die über einen

    Haftraum verfügt, um den Vollzug zu ersuchen. In welchen Gemeinden befanden sich

    zum 31.12.1998 und zum 31.5.1999 Hafträume von Bezirksverwaltungs- und

    Bundespolizeibebörden, in denen Schubhaft gemäß § 67 durchgeführt wird?

 

2. In welchen gerichtlichen Gefangenenhäusern werden per 31.5.1999 Schubhäftlinge

    festgehalten?

 

3. Wieviele Schubhäftlinge waren in den zu den Fragen 1 und 2 aufgezählten Hafträumen

    am 31.12.1997, am 30.6.1998, am 31.12.1998 und am 31.5.1999 (aufgeschlüsselt nach

    Gemeinden und nach Herkunftsländern der Schubhäftlinge) untergebracht?

 

4. Wieviele von den Schubhäftlingen waren männlichen, wieviele weiblichen Geschlechts,

    wieviele waren schwanger, und zwar zum Zeitpunkt 31.12.1997, am 30.6.1998, am

    31.12.1998 und am 31.5.1999 (aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Gemeinden, in

    denen sich die Hafträume befinden, und den Herkunftsländern der Schubhäftlinge)?

 

5. Wieviele von den Ausländer/innen, die sich zum 31.12.1997 in Schubhaft befanden,

    waren unter 18 Jahren, wieviele unter 16 Jahren, wieviele unter 14 Jahren, wieviele

    unter 10 Jahren und wieviele unter 6 Jahren (aufgeschlüsselt nach Alter, den

    Gemeinden, in denen sich die Hafträume befinden, und den Herkunftsländern der

    Schubhäftlinge)?

 

6. Wieviele von den Ausländer/innen, die sich zum 30.6.1998 in Schubhaft befanden,

    waren unter 18 Jahren, wieviele unter 16 Jahren, wieviele unter 14 Jahren, wieviele

    unter 10 Jahren und wieviele unter 6 Jahren (aufgeschlüsselt nach Alter,den Gemeinden,

    in denen sich die Hafträume befinden, und den Herkunftsländern der Schubhäftlinge)?

 

7. Wieviele von den Ausländer/innen, die sich zum 31.12.1998 in Schubhaft befanden,

    waren unter 18 Jahren, wieviele unter 16 Jahren, wieviele unter 14 Jahren, wieviele

    unter 10 Jahren und wieviele unter 6 Jahren (aufgeschlüsselt nach Alter, den

    Gemeinden, in denen sich die Hafträume befinden, und den Herkunftsländern der

    Schubhäftlinge)?

 

8. Wieviele von den Ausländer/innen, die sich zum 31.3.1999 in Schubhaft befanden,

    waren unter 18 Jahren, wieviele unter 16 Jahren, wieviele unter 14 Jahren, wieviele

    unter 10 Jahren und wieviele unter 6 Jahren (aufgeschlüsselt nach Alter, den

    Gemeinden, in denen sich die Hafträume befinden, und den Herkunftsländern der

    Schubhäftlinge)?

 

9. Wieviele von den Ausländer/innen, die sich zum 31.5.1999 in Schubhaft befanden,

    waren unter 18 Jahren, wieviele unter 16 Jahren, wieviele unter 14 Jahren, wieviele

    unter 10 Jahren und wieviele unter 6 Jahren (aufgeschlüsselt nach Alter, den

    Gemeinden, in denen sich die Hafträume befinden, und den Herkunftsländern der

    Schubhäftlinge)?

 

10. In wievielen Fällen wurden im Jahre 1998 und vom 1.1.1999 bis 31.5.1999

      minderjährige Kinder von ihren Müttern, die in Schubhaft genommen wurden, getrennt

      (aufgeschlüsselt nach Gemeinden, in denen sich Hafträume befinden, und Jahren)?

11. Wie alt waren diese Kinder, die von den Müttern getrennt wurden (aufgeschlüsselt nach

      Alter), und welchen Institutionen wurden diese Kinder übergeben (aufgeschlüsselt nach

      Institutionen und Jahren)?

 

12. Wieviele von diesen Müttern, die in Schubhaft genommen wurden und denen die

      Kinder weggenommen wurden, haben ihre Kinder noch gestillt?

 

13. In wievielen Fällen wurden im Jahre 1998 und 1999 (bis 1.6.1999) Familien (Ehepaare,

      Kinder von Eltern) im Rahmen der Schubhaft voneinander getrennt (aufgeschlüsselt

      nach den Gemeinden, in denen sich Hafträume für die Schubhaft gemäß § 67 FrG

      befinden, und Jahren)?

 

14. In wievielen Fällen wurden im Jahre 1998 und 1999 (bis 1.6.1999) Frauen zusammen

      mit ihren Kleinkindern in Schubhaft genommen (aufgeschlüsselt nach den Gemeinden,

      in denen sich Hafträume für die Schubhaft gemäß § 67 FrG befinden, und Jahren)?

      Scheinen diese Kinder in der offiziellen Schubhaftstatistik des Innenministeriums als

      Schubhäftlinge auf?

 

15. In wievielen Fällen kam es im Jahre 1999 (bis 1.6.1999) zu Selbstmordversuchen von

      Schubhäftlingen und wieviele Schubhäftlinge sind durch Selbstmord in der Schubhaft

      gestorben (aufgeschlüsselt nach den Gemeinden, in denen sich Hafträume gemäß § 67

      FrG befinden, und der Staatsbürgerschaft)?

 

16. Wieviele Schubhäftlinge sind im Jahre 1998 und 1999 (bis 1.6.1999) in Hungerstreik

      getreten (aufgeschlüsselt nach Gemeinden, in denen sich Hafträume gemäß § 67 FrG

      befinden, und nach der Dauer des Hungerstreiks und Jahren)?

 

17. Wieviele Asylwerber/innen wurden im Jahre 1998 und 1999 (bis 1.6.1999) direkt nach

      dem Erstinterview bei der Asylbehörde festgenommen und in Schubhaft genommen

      (aufgeschlüsselt nach Asylbehörden und Jahren)?

 

18. Halten Sie die Trennung von Familien, insbesondere minderjährige Kinder von ihren

      Müttern oder Vätern durch die Verhängung der Schubhaft über Mütter und/oder Väter

      und die Unterbringung der minderjährigen Kinder in Kinderheimen im Sinne des

      Übereinkommens zur Vermeidung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender

      Behandlung für gerechtfertigt?

 

19. Wenn nein, was werden sie unternehmen, daß dies in Zukunft nicht mehr vorkommt?

 

20. In welche Staaten der Welt hat Österreich in den Jahren 1998 und 1999 Menschen

      abgeschoben (aufgeschlüsselt nach der Staatsbürgerschaft der Abgeschobenen)? In

      wievielen Fällen wurden dabei Zwangsmaßnahmen angewandt? Um welche

      Zwangsmaßnahmen handelte es sich?

 

21. Wieviele ausländische Staatsangehörige, die mit einem/einer ÖsterreicherIn verheiratet

      sind, wurden 1998 und 1999 (bis 1.6.1999) abgeschoben?

 

22. Wieviele Staatsbürger Nigerias wurden 1998 und 1999 (bis 1.6.1999) abgeschoben?

       a) wieviele davon direkt nach Nigeria?

23. Wieviele Staatsbürger des Iran wurden 1998 und 1999 (bis 1.6.1999) abgeschoben?

       a) wieviele davon direkt in den Iran?

 

24. Wieviele Staatsbürger des kak wurden 1998 und 1999 (bis 1.6.1999) abgeschoben?

       a) wieviele davon direkt in den Irak?

 

25. Wieviele Staatsbürger Afghanistans wurden 1998 und 1999 (bis 1.6.1999)

      abgeschoben?

      a) wieviele davon direkt nach Afghanistan?

 

26. Wieviele Kosovo - Albaner wurden 1998 und 1999 (bis 1. 6. 1999)abgeschoben?

       a) wieviele davon direkt in die Jugoslawische Republik?

       b) wieviele davon nach Ungarn?

       c) wieviele davon nach Slowenien?

 

27. Welche Befugnisse erhält der eingerichtete Menschenrechtsbeirat als Kontrollorgan der

      Schubhaftanstalten?

 

28. Wieviele Zimmer stehen zur Durchführung der Schubhaft in den zur Frage 1

      angeführten Hafträumen für Schubhäftlinge zur Verfügung (aufgeschlüsselt nach den

      jeweiligen Gemeinden)?

 

29. Wieviele Schlafmöglichkeiten in Betten (Stockbetten) befinden sich in diesen Zimmern

      (aufgeschlüsselt nach Gemeinden und Jahren)?

 

30. Wieviele der Schubhäftlinge in den Jahren 1997, 1998 und 1999 (bis 1.6.1999) waren

      Asylwerber/innen?

 

31. Wie rechtfertigen Sie die Verhängung der Schubhaft an Asylwerber/innen während des

      laufenden Asylverfahrens?

 

32. In wievielen Fällen wurde 1998 und 1999 (bis 1.6.1999) das gelindere Mittel statt der

      Schubhaft angewandt?

 

33. Welche Methoden der Altersfeststellung werden bei Schubhäftlingen angewendet, bei

      denen das Alter nicht feststeht oder die über keine Dokumente verfügen? Wie sicher und

      exakt kann mit diesen Methoden das Alter festgestellt werden?

 

34. Existieren Haftlisten mit Namen und Daten von Schubhäftlingen, die Auskunft über

      Ein- und/oder Ausgänge in bzw. aus Schubhaftanstalten geben? Wenn ja, warum

      werden diese Listen den Schubhaftsozialdiensten zwecks Betreuung der Schubhäftlinge

      nicht zur Verfügung gestellt?

 

35. Sollte die Aushändigung von Haftlisten an die Schubhaftsozialdienste aufgrund von

      Bedenken bezüglich der Datenschutzbestimmungen nicht erfolgen, kennen Sie das

      Rechtsgutachten von Mag. Dr. Wolfgang Fromherz, welches die Datenweitergabe an

      den Schubhaftsozialdienst als datenschutzrechtlich unbedenklich ansieht? Wenn ja,

      gedenken Sie die derzeitige Praxis der Nicht - Aushändigung von Haftlisten an die

      Schubhaftsozialdienste zu ändern?

36. Gibt es Mindeststandards bezüglich der Bewegungsfreiheit von Schubhäftlingen? Gibt

      es einen Mindeststandard, wieviel m2 pro Schubhäftling zur Verfügung stehen müssen?

 

37. Wieviele Schubhäftlinge wurden 1998 und 1999 (bis 1.6.1999) im ersten Monat der

      Schubhaft abgeschoben, wieviele im zweiten Monat, wieviele im dritten, vierten,

      fünften und wieviele im sechsten Monat der Schubhaft?

 

38. Bei wievielen Personen wurde die Höchstdauer von 6 Monaten ausgeschöpft? Wieviele

      davon wurden dann abgeschoben?

 

39. Existieren in den Schubhaftanstalten Gemeinschaftsräume für die Schubhäftlinge

      (aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Gemeinden, in denen sich die Hafträume

      befinden)? Wenn nicht, ist daran gedacht, Gemeinschaftsräume einzurichten?

 

40. Der Tod von Markus Omofuma hat gezeigt, daß eine psychologische Betreuung von

      Schubhäftlingen zur besseren Bewältigung der Schubhaftsituation und der Abschiebung

      notwendig ist. Ist daran gedacht, psychologische Betreuung für Schubhäftlinge

      anzubieten?