656/J
Anfrage
der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Partnerinnen
an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten
betreffend die Leiterbestellung an der Volksschule Zirl / Tirol.
Kurz vor Weihnachten 1995 wurde die Volksschullehrerin Frau Eva Maria Liebl definitiv zur Leiterin der Volksschule Zirl bestellt. Durch diese Bestellung wurden die Mehrheit der Elternvertreter, der Zentralausschuß der Personalvertreter, der Bürgermeister der Gemeinde Zirl und ein Großteil der Klassenlehrer der Volksschule Zirl unangenehm überrascht. Seit Frau Liebl im Mai 1994 die provisorische Leitung der Volksschule Zirl übemornrnen hafte, wurde nach den Aussagen der obigen Personengruppen das Schulklima immer stärkeren Belastungsproben unterzogen. Eine Chronologie der Auseinandersetzungen an der Volksschule Zirl macht dies verständlich.
Nach einer Auseinandersetzung mit einer Klassenlehrerin im Mai 1995 senden empörte Eltern ein Protestschreiben an Frau Bezirksschulrat Kobler.
In einer schulinternen Abstimmung, die anläßlich der Leiterbestellung vom Dienststellenausschuß durchgeführt wird, wird Frau Liebl als dritte von drei Bewerberinnen gereiht. Trotz einer entsprechenden Empfehlung des Dienststellenausschusses reiht das Kollegium des Bezirksschulrates Frau Liebl an die erste Stelle.
Nachdem der erste Entscheidungstermin verschoben wird, reiht der Landesschulrat am 27. Juli Frau Liebl an die 2. Stelle und stattdessen Frau Wimmer an die erste Stelle.
Im Oktober 1995 kommt es zu einer Aussprache zwischen Landesschulinspektor Dr. Weymüller und 10 Lehrerinnen der Volksschule, in der diese ihre Kritik an Frau Liebl erneut vorbringen.
Als am 17. Dezember inoffiziell bekannt wird, daß die Bestellung von Frau Liebl zu Direktorin so gut wie sicher ist, schreiben Lehrerinnen und Elternvertreter erneut Protestbriefe an die zuständigen Stellen.
Am 19. Dezember 1995 wird Frau Liebl schließlich von der Tiroler Landesregierung aufgrund eines Beschlusses des Kollegiums des Bezirksschulrates Innsbruck-Land mit der Leiterstelle an der Volksschule Zierl betraut. In der Begründung wird zwar angeführt, daß sowohl die schulerhaltende Marktgemeinde, als auch 10 Lehrerinnen negative Stellungnahmen abgegeben hätten und daß in den Stellungnahmen des Zentralausschusses und des Landesschulrates für Tirol entsprechende Aussagen getroffen wurden. Dennoch wird der Umstand einer bestehenden Polarisierung des Lehrkörpers als geringer erachtet als das Organisationstalent der schließlich ernannten Bewerberin.
Im Jänner 1996 reicht die zweitgereihte Bewerberin, Frau VOL Brigitte Wimmer gegen den Bescheid der Bestellung Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein.
Am 15. Jänner 1996 richten 10 betroffene Lehrerinnen ein Schreiben an die Bundesministerin für Unterricht und Kunst, in dem sie die Ereignisse rund um die
Leiterbestellung auflisten und an die Bundesministerin appellieren, sich der gegenständlichen Sache anzunehmen. Das Schreiben wurde bis dato nicht beantwortet.
Nach Aussagen der betroffenen Lehrerinnen und Eltern hat sich das Schulklima seit diesen Ereignissen weiterhin verschärft.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die
Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten folgende
Anfrage
1 . Sind Ihnen die Vorgänge rund um die Leiterbestellung an der Volksschule Zirl Tirol bekannt? Haben Sie das Schreiben der Lehrerinnen dieser Schule erhalten? Wenn ja, warum haben Sie es bis dato, d.h. seit mehr als vier Monaten nicht beantwortet?
2. Halten Sie eine Leiterbestellung unter den geschilderten Umständen für sinnvoll? Wie stehen Sie zu einer verbesserten Mitbestimmungsmöglichkeit des Schulforums bzw. des Schulgemeinschaftsausschusses, um derart polarisierende Beschlüsse von Kollegien hintanzuhalten?
3. Würden Sie - wie im Beschluß des Kollegiums des Bezirksschulrates in obiger Angelegenheit formuliert - das Vorhandensein organisatorischer Fähigkeiten für die Besetzung eines Schulleiterpostens für wichtiger erachten als die nötige soziale Kompetenz zur Schaffung eines positiven und motivierenden Schulklimas?
4. Im Bescheid der Landesregierung vom 20. Dezember 1995 wird zwar darauf verwiesen, daß Organisationstalent und die Fähigkeit zur Menschenführung als für die Leitung einer Volksschule bedeutsam Kriterien angesehen werden, in der Begründung der Entscheidung für Frau Liebl wird jedoch das Faktum einer offensichtlichen Polarisierung des Lehrkörpers mit folgender, sonderbar anmutenden Argumentation, als nicht wesentlich dargestellt: "Davon abgesehen kann der Umstand allein, daß eine Polarisierung des Lehrkörpers auch nach mehr als einjähriger Leitertätigkeit von Volksschuloberlehrerin Liebl offenbar gegeben ist, keinen Hinweis darauf liefern, daß eine der Mitbewerberinnen in Bezug auf die Mitarbeiterführung erfolgreicher bzw. geeigneter sein wurde. " Halten Sie diese Argumentation für plausibel?
5. Was gedenken Sie zu veranlassen, um die dargestellte, von Eltern und Lehrerinnen als unerträglich empfundene Situation zum Wohle aller Betroffenen zu verbessern?
6. Wieviele Fälle von Beeinspruchungen von Leiterbestellungen an Bundes- und Landesschulen gab es in den vergangenen zwei Legislaturperioden? Bitte geben Sie uns einen Oberblick über diese Fälle und zwar sowohl bezüglich der an Landesschulräte gerichteten Einsprüche, als auch bezüglich der Beeinspruchungen
an den/die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten.