6621/J XX.GP
DRINGLICHE ANFRAGE
gemäß § 93 Abs 2 GOG-NR
der Abgeordneten Scheibner
und Kollegen
an den Bundeskanzler
betreffend „Proporz und Postenschacher feiern fröhliche Urständ`"
Knapp zwei Jahre sind vergangen seit Bundeskanzler Klima das Ende des
parteipolitischen Postenschachers verkündete und mit seinen 5 Punkten Besserung
gelobte. Demnach sollte in Zukunft folgendes gelten:
1. Lückenlose öffentliche Ausschreibung aller Geschäftsführer - und
Vorstandsfunktionen.
2. Leistungsorientierte Standardverträge für Geschäftsführer und
Vorstandsmitglieder. Ausarbeitung durch eine Expertenkommission bestehend
aus Wirtschaftstreuhändern, Rechtsexperten und Personalberatern, nach dem
Vorbild der Kommission zur Reform der Politikerbezüge.
3. Festlegung marktgerechter Bezüge durch die Aufsichtsräte nach
verpflichtenden nationalen und internationalen Branchenvergleichen.
4. Namentliche Veröffentlichung der verantwortlichen Entscheidungsträger
(Aufsichtsräte).
5. Vollständige Offenlegung aller Einkommen von Geschäftsführern und
Vorstandsmitgliedern.
Nach einiger Zeit fanden diese Punkte Niederschlag im sogenannten
Stellenbesetzungsgesetz (BGBI. I Nr. 26/1998), das aber im wesentlichen nur die
Regelungen wiederholte, die seit 1982 ohnehin geltendes Recht waren, jedoch offenbar
bei den Repräsentanten der Koalitionsparteien in Vergessenheit geraten waren (vgl.
BGBI. Nr. 521/1982).
Ausgelöst wurde diese Scheinaktivität durch den tragischen Selbstmord von
Kontrollbank - Vorstandsdirektor Gerhard
Praschak, der in der österreichischen
Innenpolitik ein beispielloses Erdbeben ausgelöst und die Österreicherinnen und
Österreicher über alle Maßen aufgebracht hat. Der Nachlaß Praschaks legte die
Realverfassung Österreichs wieder einmal klar, die von Proporz und Postenschacher
gekennzeichnet ist. Die im internationalen Vergleich einzigartige Aufteilung Österreichs
in einen SPÖ - dominierten und einen ÖVP - dominierten Bereich ist allen interessierten
Beobachtern der österreichischen politischen Landschaft seit langem wohlbekannt; sie
wurde immer wieder von ihren Nutznießern als gleichsam sakrosankt, gottgewollt und
unabänderlich verteidigt.
Die Nachteile dieser Art der Herrschaftsausübung durch SPÖ und ÖVP, die sich
logischerweise mit allen zu Gebote stehenden Mitteln gegen jegliche Veränderungen
sträuben, sind längst offenkundig geworden: Konservierung längst überholter
Strukturen und damit leichtfertiges Verschenken der Chancen Österreichs und massiver
Anpassungsdruck gegenüber den Bürgern.
In der letzten Zeit hat der Postenschacher zwischen Rot und Schwarz einen neuen
Höhepunkt erreicht: denn immer ungenierter wird auch offen zugegeben, daß nicht die
beste Qualifikation entscheidend sei, sondern die Zugehörigkeit zum roten oder
schwarzen Lager. „Junktimierung“ und „Paketlösung“, das sind die Zauberworte, nach
denen SPÖ und ÖVP im beiderseitigen Interesse vorgehen.
Die folgende Tabelle enthält nur einige Fälle von Postenschacher seit 1997;
|
Unternehmen |
SPÖ |
ÖVP |
|
Creditanstalt |
Generaldirektor Erich Hampel |
Vizepräsident Attila Fenyves |
|
ÖBB: Vorstand von 3 auf 5 erweitert |
Anton Hoser |
Gerhard Stindl, Pröll - Sekretär |
|
Oesterreichische Nationalbank: Direktoren |
Gertrude Tumpel - Gugerell |
Wolfgang Duchatczek |
|
Österreichische Kontrollbank |
Rudolf Scholten Vranitzky Sekretär |
Johannes Attems
|
|
PSK |
Max Kothbauer, Vranitzky - Sekrektär |
Karl Stoß |
|
HL - AG und Schieneninfrastrukturgesellschaft |
DI Brenner, Klima - Sekretär |
|
|
Pensionsversicherung der Angestellten |
Heinz Vogler, ex - AK - Präsident |
|
|
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
|
Willi Fuhrmann, Ex – Klubobmann
|
|
|
Europarat - Generalsekretär |
|
Walter Schwimmer ÖVP - Multifunktionär |
|
Europäische Zentralbank - Präsidium |
Ewald Nowotny, SPÖ - Finanzsprecher |
|
|
OMV |
Marc Hall, Klima - Sekretär |
|
Das typische Proporz - Postenschacherspiel wurde auch bei der Nachbesetzung der
Vorstandsposten der Staatsholding ÖIAG getrieben. Lange bevor das
Ausschreibungsverfahren begonnen hatte, wurden bereits die künftigen Stelleninhaber
genannt: Rudolf Streicher, Ex - Minister der SPÖ und Johannes Ditz, Ex - Minister der ÖVP.
Ohne Rücksicht auf andere höchstqualifizierte Bewerber galt es längst als ausgemacht,
daß die beiden Ex - Minister in großkoalitionärer Eintracht die hochdotierten Funktionen
erhalten müßten. Zurecht wird diese Vorgangsweise, die das Ausschreibungsverfahren
zu einer Farce macht, von namhaften Wirtschaftsexperten als Katastrophe bezeichnet.
Weitere Beispiele aus den letzten Tagen belegen, daß offenbar alles getan wird, um
noch rasch vor der Nationalratswahl die Einflußbereiche zu erweitern und den rot -
schwarzen Proporz zu zementieren: In übler Manier wurde über die fällige
Neubestellung von OeNB - Generalräten ebenso nach parteipolitischen Gesichtspunkten
entschieden wie über einen zweiten Geschäftsführer der Österreich - Werbung nachdem
der ÖVP bewußt geworden war, daß der bisherige Alleingeschäftsführer SPO - Mitglied
ist. Damit alles seine Richtigkeit hat, mußte auch die Post und Telekom Austria AG -
hoffentlich nicht zum Nachteil des Unternehmens, das sich nun im Wettbewerb gegen
starke internationale Konkurrenz behaupten muß - neben dem roten Sindelka den
schwarzen Vorstandszwilling Stiegler aus dem Wirtschaftsministerium bekommen,
während gleichzeitig ein Massenabbau von Dienstnehmern erfolgt. Klar ist, daß die
Flughafen Wien AG, deren bisheriges rot - schwarzes Vorstandsduo, wie der
Rechnungshof aufgedeckt hat, wegen Verschleuderung von vielen Millionen untragbar
geworden ist, wieder einen parteipolitisch austarierten Vorstand erhalten hat. In
Erinnerung ist auch das Lavieren der Koalitionsparteien bei der jüngsten Neubestellung
des ORF - Kuratoriums, als die SPÖ bei der Auswahl der Vertreter der Hörer - und
Sehervertretung intensive Überlegungen zum Erhalt der Kuratoriumsmehrheit anstellte.
Es ist nicht verwunderlich, daß in Österreich auch die Kunst zur Spielwiese
parteipolitischer Personalentscheidungen
geworden ist. Unwidersprochen geblieben ist
die Feststellung, daß die Leitung der ausgegliederten Bundestheatergesellschaften an
politische Günstlinge vergeben wurde. Ein aktuelles Beispiel ist die Ausschreibung der
Leitung der Graphischen Sammlung Albertina: Obwohl sie das größte Graphikinstitut
der Welt ist, wurde keine internationale Ausschreibung durchgeführt. In der 5köpfigen
Kommission gab es nur einen Kunsthistoriker, aber dafür zwei weisungsgebundene
Beamte des Unterrichtsministeriums. Nur im Vergleich: Für die Neubesetzung der
Direktion des Van Gogh Museums in Amsterdam hat man sich bei der Ausschreibung
ein Jahr Zeit genommen, diese wurde auch international durchgeführt und es haben
sich insgesamt 200 Bewerber gemeldet. Die gesamte Albertina - Ausschreibung wurde
auf die Person von Klaus Albrecht Schröder zugeschnitten, der als kaufmännischer
Direktor des Leopold - Museums ausgeschieden ist. Er stand somit als neuer Albertina -
Direktor von vornherein fest: die Bestellung durch Frau Bundesminister Gehrer war nur
noch Formsache.
Der Postenschacher macht aber auch nicht vor dem Fachhochschulrat halt:
Wissenschaftsminister Einem und Unterrichtsministerin Gehrer können sich nicht
einigen, wer in Zukunft an die Spitze dieses Gremiums berufen werden soll: auch hier
sind nicht anerkannte Fachleute, sondern Ex - Politiker (Lacina, Hawlicek, Lukesch) im
Gespräch, auch hier ist nicht in erster Linie die Qualifikation entscheidend sondern die
politische Farbenlehre. Der scheidende Präsident des Fachhochschulrates Prof. Günther
Schelling dazu: „Wir sind über eine solche Vorgangsweise in der Politik schockiert!“
Es ist zu befürchten, daß ähnliche Vorgänge auch der Bestellung des zukünftigen
Akkreditierungsrates vorangehen werden.
Legendär ist der seit Jahren betriebene Postenschacher um die Richterstellen beim
Verfassungsgerichtshof: Einer alten Abmachung zwischen SPÖ und ÖVP zufolge werden
die Richterstellen bei diesem Höchstgericht zwischen rot und schwarz aufgeteilt, was
unlängst sogar der Präsident dieses Gerichtes Prof. Adamovich kritisiert hat. Bewerber
ohne Naheverhältnis zu diesen Parteien gelten von vornherein als nicht qualifiziert. Diese
Parteien halten allerdings das Funktionieren des Verfassungsgerichtshofes nicht für
besonders wichtig. Sonst wäre es nicht möglich gewesen, daß eine freigewordene
Richterstelle ein Jahr lang unbesetzt geblieben ist und diese Verzögerung von
Bundeskanzler Klima dem Parlament gegenüber mit einem „bürokratischen Versehen“
begründet wird.
Der rot - schwarze Proporz wird jedoch nicht nur bei Personalentscheidungen sichtbar
sondern er tritt auch bei der Kompetenzverteilung der Ressorts deutlich zutage und
zwar insbesondere dort wo es um politischen Einfluß und Fördertöpfe geht. All dies muß
zwischen den Koalitionären geteilt werden - sachgerechte Argumente müssen dabei in
den Hintergrund treten - und wenn eine Einigung nicht erzielt wird, dann ist jede
Reform gestorben. Bestes Beispiel: die Forschungs - und Technologiepolitik. Bereits im
Sommer 1997 beauftragten Bundeskanzler Klima und Vizekanzler Schüssel zwei Männer
aus der Praxis damit, den Dschungel an Förderungsfonds zu roden. Siemens -
Generaldirektor Albert Hochleitner und TU - Professor Arno Schmidt legten daraufhin ein
umfangreiches Konzept vor - es verschwand schon nach kurzer Diskussion für immer in
der Schublade.
Besonders befremdlich mutet auch die koalitionäre Vorgangsweise bei der
Neubesetzung von 34 Führungsfunktionen aus dem Bereich des Außenministeriums an:
Nicht weniger als 22mal scheiterte der diesbezügliche Antrag von Außenminister
Schüssel, weil er die Personalwünsche seines Koalitionsfreundes Klima nicht zureichend
erfüllte. Schließlich aber konnte, nachdem bis ins Detail abgeklärt wurde, welche
Botschaft und welche Sektion „rot“ zu sein hat und welche „schwarz“, eine Einigung
im Postenschacher erzielt und als Draufgabe sogar der schwarze EU - Kommissar Franz
Fischler gemeinsam für eine weitere Amtsperiode nominiert werden.
Franz Fischler stellt diesen Postenschacher nicht in Abrede sondern verteidigt die üble
Praxis noch indem er trocken zugibt: „Solche Absprachen - wie die um meine Person -
muß es in einem Land, in dem eine Koalition regiert, ganz einfach geben, politische
Posten müssen politisch besetzt werden - also muß man dealen“ (Profil Nr.28/1999).
Nicht unerwähnt darf bleiben, daß dieser Postenschacher letztlich auf dem Rücken vieler
qualifizierter Bewerber um die Funktionen ausgetragen wurde, die entweder gar nicht
zum Zuge kamen oder erst nach langer Verzögerung bestellt wurden.
Höchst berechtigt ist die immer heftiger werdende Kritik der Medien an diesen
Vorgängen. Treffend schreibt der Kurier am 30. Juni 1999:
„Diese Postenvergabe im diplomatischen Dienst ist längst zur Posse verkommen. Die
SPÖ blockiert seit Monaten die
Verabschiedung im Ministerrat, weil sie sich von der ÖVP
in der Außenpolitik ausgegrenzt glaubt. Die Entscheidungen sollen parteipolitisch
austariert werden - obwohl ein großer Teil der Kandidaten formell gar nicht Mitglied
einer Regierungspartei ist.
Die Zurückdrängung der Parteipolitik aus dem staatlichen und staatsnahen Bereich ist
nicht mehr als eine feierliche Verlogenheit. Das belegen Beispiele aus der jüngsten
Vergangenheit.
Von Insidern wird allerdings kolportiert, daß als Preis für die Zustimmung der SPÖ
Zurückhaltung der ÖVP im Euroteam - Ausschuß des Nationalrates gefordert worden war.
In diesem Ausschuß waren parteipolitische Verflechtungen und Günstlingswirtschaft im
Bereich der SPÖ aufgedeckt worden und sogar von seiten von ÖVP - Abgeordneten der
Verdacht von Parteienfinanzierung zu Gunsten der SPÖ erhoben worden. Das
Beziehungsgeflecht zwischen Euroteam - Gruppe und engsten Mitarbeitern von
Bundeskanzler Klima hat dazu geführt, daß die Euroteam - Gruppe unter Umgehung
einschlägiger Vergabevorschriften öffentliche Aufträge in Millionenhöhe erhalten hat.
Bundeskanzler Klima kam auf Grund der massiven Verdachtsmomente nicht darum
herum, die Flucht nach vorn anzutreten und den Rechnungshof um Prüfung von
Vergaben im Rahmen seiner angeblichen Lehrlingsoffensive zu ersuchen. Er versuchte
auch eine nachträgliche Distanzierung, indem er erklärte, er hätte die Auftragsvergabe
an Euroteam verhindert, wenn er gewußt hätte, daß dort sein Sohn eine Funktion
innehabe. Dies unterstreicht einmal mehr die Richtigkeit der Auffassung, daß die
Vorgänge um die Euroteam - Gruppe im Filz zwischen SPÖ - Politik und lukrativen
Geschäften höchst aufklärungsbedürftig sind.
Dieses Sittenbild um Bundeskanzler Klima ist laut Standard (14. Juli 1999) eine typische
österreichische Geschichte: „Eine Haberer - Partie, wie man in Wien sagt. Der eine
Haberer macht dem anderen den Rechnungsprüfer für einen Verein, der zur
Koordination der lauthals angekündigten „Lehrlingsoffensive“ der Regierung gegründet
wurde. Ein anderer Haberer ist zeitweise Vorstandsmitglied des Vereines, ein weiterer
Obmann - Stellvertreter, ein dritter Aufsichtsratsmitglied. Alle kennen sich von früher, aus
diversen Vorfeld - und Jugendorganisationen der SPÖ. Alle sind mittlerweile ein bißchen
weitergekommen in der Partei, sind Sekretäre geworden oder haben dieses
Zwischenstadium der politischen Verpuppung schon verlassen, um irgendwo im
parteinahen und - beeinflußten Bereich herumzuflattern. Bunte Falter. Und plötzlich
wundern sich die Haberer, daß die
anderen, vornehmlich die Opposition, genau
hingeschaut haben. Wundern sich, daß ihre Aktivitäten ganz besonders genau unter die
Lupe genommen werden. Daß „die anderen“ natürlich besonders akribisch nach - und
vorrechnen, welche Leistungen für 42 Millionen Schilling an Förderzusagen von der
Euroteam - Gruppe tatsächlich erbracht wurden - oder eben nicht. Die Partei ist beleidigt,
wenn der Verdacht der Vettern - und Freunderlwirtschaft, also die höflichere
Umschreibung für den Hauptzweck des Haberer - Seins, geäußert wird.
Dazu besteht überhaupt keine Ursache. Vielleicht sollten die Herren einmal überlegen,
was sie da sagen, wenn gerade sie als künftige Politiker, zur Zeit noch aktuelle
Nachwuchshoffnungen der SPÖ, so großgoschert von einem neuen politischen Klima, in
Transparenz in allen Bereichen daherbrabbeln. Entweder Transparenz oder Filz. Beides
zusammen schafft nur eine eingeschweißte Haberer - Partei.“
Die Koalitionsregierung ist jedoch auch in der EU mit ihrem Export des Proporzwesens
und des Postenschachers unangenehm aufgefallen. Beispielsweise haben erst vor einiger
Zeit die in Wien akkreditierten Botschafter der EU - Mitgliedstaaten ein nicht besonders
schmeichelhaftes Resumee der österreichischen Ratspräsidentschaft gezogen, wenn sie
u.a. eine "Verlagerung ungelöster interner österreichischer Probleme einschließlich
Proporz - Denkens auf EU - Ebene" (Profil, 3/99) kritisierten. Wieder einmal eine typisch
österreichische Posse mit internationaler Blamage. In dieses Bild, der besonderen
Expertise rot - schwarzer Politiker in Proporzfragen, fügt sich beispielsweise die
österreichische Vorgangsweise bei der Nominierung von sechs zur Disposition stehende
Direktorenposten nahtlos ein: Unsere Regierung hatte, im Gegensatz zur Praxis anderer
EU - Mitgliedstaaten, genau sechs Kandidaten präsentiert - drei rot, drei schwarz -. Kaum
verwunderlich erscheint es daher, daß etwa der finnische EU - Kommissar Liikanen oder
der belgische Wettbewerbskommissar van Miert diese bereits zu Beginn der
österreichischen EU - Mitgliedschaft praktizierte Vorgangsweise massiv kritisierten.
Die vorstehende Darstellung der koalitionären Praxis bei Proporz und Postenschacher
erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Betroffen macht aber vor allem auch die
Ungeniertheit, mit der in der letzten Zeit allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz
vorgegangen wird.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher gemäß § 93 Abs. 2 GOG - NR an den
Bundeskanzler nachstehende
D R I N G L I C H E A N F R A G E
1. Teilen Sie die Auffassung von Kommissär Fischler, daß politische Posten politisch
besetzt werden müssen und man daher „dealen“ müßte?
Wenn ja, warum und welche Funktionen sehen Sie als politische Posten an?
Wenn nein, wie erklären Sie sich die diesbezüglichen öffentlichen Aussagen
Fischlers?
2. Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang das von Kommissär Fischler
verwendete Wort „dealen“?
3. Können Sie bestätigen, daß es um die Funktion von Kommissär Fischler politische
Absprachen gibt?
Wenn ja, wie ist der Inhalt dieser Absprachen?
4. Umfaßt der „Deal“, von dem Kommissär Fischler gesprochen hat, auch die
kolportierten zukünftigen Aufgabenbereiche der beiden SP - nahen Botschafter
Nowotny und Sucharipa?
5. Welche konkreten Vorteile werden sich für Österreich aus der Nominierung Fischlers
ergeben?
6. Welche Personen standen von seiten der SPÖ und ÖVP bei der Entscheidungsfindung
neben Fischler noch zur Diskussion?
7. Trifft es zu, daß von Seiten der SPÖ - Regierungsmitglieder Botschafter Petritsch als
zukünftiger Kommissär favorisiert wurde?
Wenn ja, auf Grund welcher
Erwägungen?
8. Trifft es zu, daß Sie ursprünglich die Nominierung von Kommissär Fischler von der
Bestellung eines SPÖ - nahen Diplomaten zum Leiter der Ständigen Vertretung
Österreichs bei der EU abhängig gemacht haben?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, wie erklären Sie sich die überzeugenden Medienberichte, in denen dies
immer wieder behauptet wurde?
9. Welche konkreten Vorteile hätten sich für Österreich aus der Bestellung eines SPÖ -
nahen Diplomaten zum Leiter der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU
ergeben?
10.Trifft es zu, daß Sie und die anderen SPÖ - Regierungsmitglieder das sogenannte
Botschafterpaket 22mal im Ministerrat blockiert haben?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, wie erklären Sie sich die überzeugende Medienberichte, in denen dies
immer wieder behauptet wurde?
11.Teilen Sie die Auffassung des Delegationsleiters der SPÖ im Europäischen Parlament
Hannes Swoboda, daß Außenminister Schüssel bei der Besetzung wichtiger
europäischer Funktionen „parteipolitisch vorgeht und ausgezeichnet qualifizierte
Sozialdemokraten von Positionen ausschließt“?
Wenn ja, was werden Sie dagegen unternehmen?
Wenn nein, wie erklären Sie sich die Aussagen Swobodas?
12.Wie viele Unternehmen und wie viele Mitglieder der Leitungsorgane fallen derzeit in
den Geltungsbereich des Stellenbesetzungsgesetzes?
13.ln wie vielen Fällen der Bestellung von Mitgliedern der Leitungsorgane wurde das
Stellenbesetzungsgesetz bisher angewendet?
14.Wie beurteilen Sie den Umstand, daß in zahlreichen Fällen, so auch bei der
Neubestellung des Vorstandes der ÖIAG die neuen Funktionsinhaber bereits vor
Beginn des
Ausschreibungsverfahrens feststanden?
15.Teilen Sie die Auffassung, daß dadurch das Ausschreibungsverfahren zur Farce wird
und den betroffenen Unternehmen großer Schaden zugefügt wird?
Wenn ja, was werden Sie dagegen unternehmen?
Wenn nein, warum nicht?
16.Trifft es zu, daß Sie diese Praxis voll unterstützen um den parteipolitischen Einfluß
der SPÖ zu zementieren?
Wenn nein, warum haben Sie bisher nichts dagegen unternommen?
17.Teilen Sie die Auffassung, daß seit Inkrafttreten des Stellenbesetzungsgesetzes keine
wesentliche Änderung der Situation und insbesondere auch keine Erhöhung der
Transparenz von Personalentscheidungen erzielt werden konnte?
Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen?
Wenn nein, warum nicht?
18.Besteht eine Abmachung zwischen SPÖ und ÖVP bezüglich der Besetzung der
Richterstellen am Verfassungsgerichtshof?
Wenn ja, wie lautet diese Abmachung und wer hat sie abgeschlossen?
Wenn nein, wie erklären Sie sich den Umstand, daß diese Abmachung immer
wieder Gegenstand von Medienberichten ist und jüngst sogar vom Präsidenten des
Verfassungsgerichtshofes Prof. Adamovich angesprochen wurde (vgl. Die Presse, 30.
April 1999)?
19.Teilen Sie die Kritik, die Prof. Adamovich bezüglich des Parteieneinflusses bei der
derzeitigen Praxis der Bestellung von Höchstrichtern des Verfassungsgerichtshofes
(vgl. Die Presse, 30. April 1999) vorgebracht hat?
Wenn ja, was werden Sie konkret unternehmen, um diese Praxis zu ändern?
Wenn nein, warum?
20.lst die Bundesregierung der Auffassung, daß die parteipolitische Zuordnung der
führenden Mitglieder des Fachhochschulrates für die Funktionsausübung
außerordentlich wichtig ist?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, weshalb werden für diese Funktionen Ex - Politiker als aussichtsreiche
Bewerber genannt und wurde
bisher keine Einigung erzielt?
21.Was werden Sie unternehmen, um ehestmöglich eine von parteipolitischen
Überlegungen freie Entscheidung über den Fachhochschulrat herbeizuführen?
22.Was werden Sie unternehmen, um dem zukünftigen Akkreditierungsrat nach dem
Universitätsakkreditierungsgesetz parteipolitische Personalentscheidungen zu
ersparen?
23.Weshalb haben Sie es zugelassen, daß bei den Postenbesetzungen im staatlichen
und staatsnahen Bereich nach parteipolitischen Gesichtspunkten vorgegangen
wurde?
24.Was werden Sie unternehmen, um eine derartige Praxis für die Zukunft zu
verhindern?
25.Teilen Sie die Auffassung, daß eine Fortführung dieser Praxis sich letztlich schädlich
für Österreich auswirken würde?
Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden Sie ergreifen?
Wenn nein, warum nicht?
26.Weshalb haben Sie es zugelassen, daß im Rahmen arbeitsmarktpolitischer
Förderungsmaßnahmen teilweise ohne ein ordnungsgemäßes Ausschreibungs - und
Vergabeverfahren durchzuführen Förderungswerber begünstigt wurden, die ein
Naheverhältnis zu Ihrer Person bzw. zur SPÖ aufweisen?
27.Teilen Sie die Auffassung, daß die Vorgänge, die auch Gegenstand der Prüfung
durch den Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses des Nationalrates
waren, vor allem im Hinblick auf ungerechtfertigte Begünstigung von
Förderungswerbern und sparsamen Umgang mit Fördermitteln schonungslos
aufzuklären sind?
Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden Sie ergreifen?
Wenn nein, warum nicht?
28.Wie ist Ihre Aussage zu verstehen, daß Sie, wenn Sie von der Verstrickung Ihres
Sohnes Jan Klima in die Euroteam - Gruppe gewußt hätten, eine Auftragserteilung an
diese Gruppe verhindert hätten?
29.Was ist bzw. war die Funktion von Lukas Stuhlpfarrer als (laut Selbstdarstellung)
„Beauftragter des Bundeskanzler für die Lehrlingsoffensive der österreichischen
Bundesregierung" und wann hat der Genannte diese Funktion mit welchem Erfolg
ausgeführt?
30.Weshalb haben Sie nichts unternommen, um die Bereicherung einzelner durch eine
korrekte Auftragsvergabe und effiziente Überprüfung der Durchführung
auszuschließen und was beabsichtigen Sie diesbezüglich für die Zukunft?
Es wird beantragt, diese Anfrage gemäß § 93 Abs. 2 GOG - NR dringlich zum
frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln.