6708/J XX.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Oberhaidinger

und Genossen

an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

betreffend die Liberalisierung des Gasmarktes in Österreich

 

Die Richtlinie 98/30/EG mit der der Erdgasbinnemarkt verwirklicht wird, ist in Österreich im

Laufe des nächsten Kalenderjahres umzusetzen, damit die Liberalisierung fristgerecht mit

10. August 2000 in Kraft tritt.

 

Obwohl es in gegenständlicher Angelegenheiten doch mehrere Gespräche zwischen SP und

VP - Vertretern gegeben hat, haben Sie abweichend davon in den letzten Wochen schließlich

einen völlig anderen mit der SPÖ in keiner Weise abgesprochene Entwurf eines

österreichischen Gaswirtschaftsgesetzes der Öffentlichkeit vorgestellt und anschließend zur

Begutachtung versandt.

 

Dieser Entwurf sieht eine völlige hundertprozentige Marktöffnung bereits bei Inkrafttreten

des Gesetzes (also spätestens mit 10.8.2000) ohne jegliche Übergangsfristen vor.

 

Obwohl es unüblich ist, daß die parlamentarische SP - Fraktion noch vor Abschluß des

Begutachtungsverfahrens sich zu einem Gesetzgebungsvorschlag äußert, sei jedoch

festgestellt, daß eine hundertprozentige sofortige Marktöffnung von Seiten der SP - Fraktion

massiv abgelehnt wird. Österreich wäre damit der einzige Staat in der Europäischen Union,

der keine stufenweise Liberalisierung durchführt und damit dem Markt Gelegenheit gibt sich

zu entwickeln. Zusätzlich erschweren die in der Gaswirtschaft vorherrschenden Take - or - Pay -

Verträge, die immerhin mehr als 80 % des Marktvolumens in Österreich umfassen, den in der

Gaswirtschaft tätigen Unternehmen die Möglichkeit zur Anpassung, sodaß es bei

entsprechenden Marktanteilsverlusten sofort zu massiven Verlusten bis hin zur

Existenzgefährdung von diesen Unternehmungen kommt.

 

Einerseits, weil Ihr Gesetzesvorhaben offene Fragen aufwirft, andererseits aber auch im

Dienste einer sokratisch hermeneutischen Vorgangsweise stellen die unterzeichneten

Abgeordneten daher an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

nachstehende

 

Anfrage:

 

1. Wie hoch ist der Anteil der Take - or - Pay - Verträge in der österreichischen

    Gaswirtschaft und wie langfristig sind diese Verträge?

 

2. Ist es nicht so, daß die Landesgasversorger letzten Endes in erster Linie das Risiko

     bei den Take - or - Pay - Verträgen aufgrund der bestehenden Rückversicherung der

     importierenden OMV zu tragen haben werden?

 

3. Wie groß sind die in der österreichischen Gaswirtschaft tätigen Unternehmungen

    (Umsatz, abgesetzte Gasmenge, Kundenanzahl)?

 

4. Wie groß sind die economies of scale in der Gaswirtschaft?

 

5. Wie groß sind die im Ausland tätigen Unternehmungen der Gaswirtschaft, die bei

    einer hundertprozentigen Gasöffnung sofort nach Österreich liefern könnten?

 

6. Wohin sollen bei einer sofortigen Gasöffnung die anfallenden Gasmengen (z.B. bei

    einem 30%igen Marktanteilsverlust innerhalb von zwei Jahren) abgesetzt werden?

    Welche Verluste würden Sie aus derartigen Transaktionen erwarten?

 

7. Die EU - Richtlinie räumt aufgrund der international sehr unterschiedlichen hohen

    Marktöffnungsgrade den Mitgliedsländern die Möglichkeit ein, den zugelassenen

    Rahmen von 25 Mrd. m³ zu erhöhen. Welchen Marktöffnungsgrad würde in

    Österreich bei 25 Mrd m³ Gasverbrauchsgrenze, bei 50 Mrd. m³

    Gasverbrauchsgrenze und bei 100 Mrd. m³ Gasverbrauchsgrenze erreicht werden?

 

8. Welche Mitgliedsstaaten der Europäischen Union würden einen vergleichbaren

    Marktöffnungsgrad gegenüber den von Ihnen angepeilten 100%igen

    Marktöffnungsgrad erreichen? Welche Marktöffnungsgrade werden im September

    2000 in den einzelnen EU - Mitgliedsstaaten die Regel sein?

9. Wie wollen Sie sicherstellen, daß alle in der Gaswirtschaft zukünftig tätigen

    Unternehmungen dieselben Verpflichtungen etwa im Hinblick auf die Speicherung

    von Gas wie die österreichischen Unternehmungen auferlegt bekommen?

 

10. Wieso wollen Sie der Gaswirtschaft keinerlei Zuwendung für die nach der Öffnung

      unrentabel werdenden Investitionen zukommen lassen?

 

11. In welcher Form sollen Betreiber ihre Leitungen für Konkurrenten sperren können,

     wenn sie als Voraussetzung beweisen müssen, daß sie ernsthafte wirtschaftliche und

     finanzielle Schwierigkeiten dadurch bekommen? (Die wirtschaftlichen

     Schwierigkeiten sind doch erst zeitlich nachgereiht und treten als Folge der

     Marktöffnung ein).

 

12. Halten Sie in diesem Punkt ihren Entwurf nicht für absurd, oder würde er zumindest

     dem Regulator angesichts des unklaren Gesetzesbegriffs nicht völlige

     Beliebigkeitsentscheidungen einräumen oder noch schlimmer vor unlösbare

    Aufgaben stellen?

 

13. In welcher Form sollen Leitungen im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten gesperrt

      werden? (Ist da nicht eine Situation gegeben, wo Kunden bereits langfristige Verträge

      mit anderen Gaspartnern abgeschlossen haben). Werden diese Verträge dann

      technisch undurchführbar und obsolet wegen der Leitungssperre, oder sollen nur neue

      Verträge von der Sperre betroffen sein? Würde eine solche Vorgangsweise nicht

      wieder dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen?

 

14. Wodurch ergibt sich die tatsächliche Unabhängigkeit Ihres Regulators im

     Gesetzesentwurf?