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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Rudi Anschober, Freunde und Freundinnen

an den Wirtschaftsminister

betreffend Licht ins Dunkel fragwürdiger Stromimportverträge

 

Eine ganze Reihe von langfristigen Stromimportverträgen des Verbundkonzerns stellen einen massiven volkswirtschaftlichen Schaden dar.  So der Nagymaros-Vertrag, der große Mengen an Strom seit Jänner 96 nach Österreich bringt.  Ein ähnlicher Vertrag, jener aus der Ukraine, konnte im letzten Moment storniert werden.

 

Ende 1994 leistete ein Vorstandsmitglied des Verbund den Offenbarungseid und teilte der staunenden Öffentlichkeit mit, daß es in Österreich etwa 20 bis 25 Prozent zuviel Strom gäbe!

 

Daß die Aussagen dieses Vorstandsmitglieds sinngemäß richtig waren, geht aus mehreren

Pressemeldungen des Jahres 1995 betreffend vermehrte Stromexporte und einer

"Exportoffensive" des Verbund hervor!

Im Kurier* und in der Wirtschaftswoche** sprach Ende 1994 der Generaldirektor der EVN, der auch Aufsichtsrat des Verbundkonzerns ist, von Stromimportverträgen, die mehr als abenteuerlich sein sollen.

 

Was kann der Grund für solche Fehleinschätzungen sein?  Vielleicht die von der Wirtschaftswoche vor kurzem * bei einem anderen (aber stornierten) Stromlieferungsvertrag mit der Ukraine recherchierte zweiprozentige Provision?

Im Falle Ungarns wären dies einige hundert Millionen Schilling gewesen!

 

Haben diese fahrlässigen Entscheidungen nicht nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit des Verbunds beeinträchtigt und dadurch die Sicherheit der Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter gefährdet ? Insbesondere vor dem Hintergrund eines größeren Wettbewerbs durch Österreichs Beitritt zur EU ? Weil es da auch Konkurrenten gibt, die sich solche Fehlentscheidungen nicht geleistet haben?

 

 

Das Abenteuer mit Ungarn, bzw. der Stromlieferungsvertrag, wäre leicht zu beenden gewesen, weil der vereinbarte und damit im Zusammenhang stehende Bau eines Kraftwerks beim ungarischen Ort Nagymaros nicht zustande kam!

 

War nicht spätestens zu diesem Zeitpunkt schon für jeden Laien erkennbar, daß für den Stromimport aus Ungarn der dreifache Preis des freien Strommarktes zu bezahlen sein wird?

 

 

 

Wirtschaftswoche 25.1.1996: "Walentinas Waterloo"

Kurier 9.12. 1994: "Hochspannung zwischen Verbund und Ländern"

Wirtschaftswoche 15.12. 94 ?: "Blitz und Donner"

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten aus diesem Grund an den Wirtschaftsminister folgende schriftliche

 

ANFRAGE

 

1.Wann liefen die Verhandlungen des Verbundkonzerns mit der Ukraine auf die oben angeführten Stromlieferungen, wer führte sie, wie lautete der Vorvertrag, welche Mengen sollten geliefert werden, wann und warum wurde der Vertrag storniert?

 

2.Ist es tatsächlich zur Fixierung einer 2%igen Provision bei diesem Stromimportplan gekommen?  Welche Provisionssumme hätte dies ausgemacht?  Wer war als Bezieher dieser Provision vorgesehen?

 

3.Aufgrund welcher elektrizitätswirtschaftlichen Überlegung sollte es zum Abschluß des Importvertrages mit der Ukraine kommen?

 

4.Kam es im Umfeld dieses Importvertrages zu politischen Interventionen?  Existieren dazu Aktenvermerke?  Wenn ja, von wem, wann und mit welchem wörtlichen Inhalt?

 

5.Wann, von wem und mit welchem konkreten Inhalt wurde der Nagymaros-Vertrag abgeschlossen?

 

6.Kann der Wirtschaftsminister ausschließen, daß es im Zusammenhang mit dem Nagymaros­Vertrag zu Provisionsanboten bzw. -abschlüssen kam?  Wenn nein, welche Indizien für Provisionszahlungen liegen vor?  Wer kassiert weiche Provisionen in welcher Höhe?

 

7.Kam es im Zusammenhang mit den Nagymaros-Verträgen zu politischen Interventionen?  Wenn ja, wann, von wem und mit welchem konkreten Inhalt?  Existieren dazu Aktenvermerke?  Mit welchem wörtlichen Inhalt?

 

8.War nicht spätestens zum Zeitpunkt des Verzichtes auf Nagymaros für jeden Laien erkennbar, daß nicht benötigter Strom nur zum niedrigen Preis des freien Strommarkts verkauft werden kann und für den Verbund somit das Risiko jährlicher Verluste von 5oo Millionen Schilling besteht?

 

9.Welche Maßnahmen zum Ausstieg aus dem Vertrag wurden daher seitens des Verbund damals gesetzt, als klar war, daß das Kraftwerk Nagymaros nicht gebaut werden würde?  Welche Beweise für solche Bemühungen gibt es?

 

10.Wie lautet die derzeitige Verhandlungssituation in Sachen Nagymaros-Verträge?  Welche Strommengen werden 1996 aus diesen Verträgen importiert?  Welche konkreten Zahlungen sind dafür zu leisten?  Welcher Anteil dieser Menge wird zur österreichischen Versorgungssicherheit benötigt?  Wie lauten aktuelle Vermittlungsangebote seitens Österreichs bzw Ungarns?  Wie könnte ein Kompromiß aussehen?  Welche Verluste entstehen 1996 aus dem Nagymaros-Vertrag?

 

11.Welche weiteren Stromimportverträge wurden vom Verbundkonzern in den Jahren 1980 bis 1995 abgeschlossen?  Um welche konkreten Strommengen, welchen Preisvereinbarung, welchen Lieferungszeitraum handelte es sich jeweils?  In welchen konkreten Fällen wurden Provisionszahlungen vereinbart?  Wer war jeweils Nutznießer dieser Provisionszahlungen? 

Kam es jeweils zu politischen Interventionen?  Wenn ja, von wem und mit welchem konkreten

Inhalt?

 

 

12.Wie lautete in den Jahren 1980 bis 1995 jeweils das Verhältnis österreichischer

Stromimporte zu den österreichischen Stromexporten?

 

13.Welche konkreten Mengen Strom wurden seitens des Verbundkonzerns in den Jahren 1980

bis 1995 jeweils zu welchen konkreten Preisen auf internationalen Spot-Märkten abgesetzt?