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ANFRAGE
der Abgeordneten Herbert Scheibner, Dr. Michael Krüger und Kollegen
an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst
betreffend die Förderung des Filmes "Ich gelobe"
Wie im Kunstbericht 1993, Seite 93 zu lesen ist, wurde der DOR-Film "Steht’s bereit", Regie Wolfgang Murnberger, mit 6.000.000 Schilling subventioniert. Im Kunstbericht 1994 wird der von der selben Firma und demselben Regisseur produzierte, am 27. April 1996 um 20.15 Uhr im ORF 2 ausgestrahlte Film "Ich gelobe" im Rahmen des österreichischen Filminstitutes, vom Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst gefördert. Konkret wurden 1994 für die Filmherstellung und die Filmverwertung insgesamt 2,600.000 Schilling (1,600.000 Aufstockung und 1,000.000 Überschreitung), sowie 63.520 Schilling für den Auslands-Oscar und 250.000 Schilling für den Kinostart zur Verfügung gestellt. Darüberhinaus wurde der Film um 107.800 Schilling vom Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst angekauft. Den unterfertigenden Abgeordneten ist es bewußt, daß im Kunstbereich staatliche Förderungen durchgeführt werden müssen. Jedoch stellt sich, den Film "Ich gelobe" betreffend, die Frage ob hier nicht mit von der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Steuergeldern ein Film subventioniert wurde, der dem in der Bundesverfassung festgeschriebenen Auftrag der umfassenden Landesverteidigung diametral entgegensieht. Das B-VG normiert im Artikel 9a (1), " Österreich bekennt sich zur umfassenden Landesverteidigung. Ihre Aufgabe ist es, die Unabhängigkeit nach außen sowie die Unverletzlichkeit und Einheit des Bundesgebietes zu bewahren... (2) zur umfassenden Landesverteidigung gehören die militärische, die geistige, die zivile und die wirtschaftliche Landesverteidigung. Auf Basis dieser Verfassungsbestimmung, die am 10. Juni 1975 durch den Nationalrat einstimmig beschlossen wurde, beschloß der Ministerrat am 28. Oktober 1975 die Überarbeitung des damals gültigen Landesverteidigungsplanes. Im zur Zeit gültigen Landesverteidigungsplan (Im Ministerrat am 22. November 1983 beschlossen) werden die Aufgaben und Ziele im Rahmen der geistigen Landesverteidigung wie folgt definiert:
"Im Rahmen der geistigen Landesverteidigung soll das Verständnis der Bevölkerung für alle Bereiche der umfassenden Landesverteidigung ständig geweckt und verstärkt und gleichzeitig nach außen klargestellt werden, daß das österreichische Volk bereit und in der Lage ist, auch unter Opfern und unter Aufbietung aller Kräfte seine demokratischen Freiheiten, die Verfassungs- und Rechtsordnung, die Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit der Republik, die Einheit des Staatsgebietes sowie die Handlungsfähigkeit unseres Landes zu schützen und zu verteidigen" (Landesverteidigungsplan Wien, März 1985 S. 16f.), und weiter: "Geistige Landesverteidigung soll bei den österreichischen Staatsbürgern die Bereitschaft wecken, zur Sicherung ihrer staatlich-
gesellschaftlichen Lebensgrundlagen beizutragen und möglichen Bedrohungen
entgegenzuwirken
Diese Bereitschaft schließt den Willen mit ein, Beschränkungen aufsich zu nehmen,
Belastungen zu tragen, Verzicht zu leisten, Opfer zu bringen; sie wird - im Sinne der Ausführungen im Allgemeinen Teil dieses Landesverteidigungsplanes - bereits im Zustand des "relativen Friedens" zur Friedensicherung notwendig sein und zur Bewältigung eines Krisen-, Neutralitäts- oder Verteidigungsfalles verstärkt gefordert werden " (Landesverteidigungsplanes Wien, März 1985 S. 92f.), und weiter: "Wirkungsbereiche und Wirkungsweise der Geistigen Landesverteidigung. Die Geistige Landesverteidigung soll alle Bereiche des öffentlichen Lebens durchziehen. Im besonderen wird der Bildungsbereich, der Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und der Bereich aktueller Informationstätigkeit in den Dienst der Geistigen Landesverteidigung zu stellen sein. In allen Bildungseinrichtungen schulischen wie außerschulischen, der Jugend- wie der Erwachsenbildung stellt sich die Geistige Landesverteidigung als eine Aufgabe der Politischen Bildung dar, wie dies der Grundsatzerlaß "Politische Bildung in den Schulen", Bundesministerium für Unterricht und Kunst, Z 33 46416-19a178 vom 1 1. April 19 78, zum Ausdruck bringt." (Landesverteidigungsplan Wien, 1985 S. 93). und weiter: "Öffentlichkeitsarbeit. Geistige Landesverteidigung hat - über die Bildungseinrichtungen hinausgehend - die breite Öffentlichkeit anzusprechen und wird sich dazu vor allem jener Möglichkeiten bedienen, die zum Zwecke der Masseninformation heute zur Verfügung stehen. Dabei handelt es sich einerseits um Aktionen, die über die sogenannten Massenmedien laufen, andererseits um Veranstaltungen zur Information von Meinungsleitpersonen (außerhalb des Bildungsbereiches), also Funktionäre politischer Parteien und Interessensvertretungen, für Journalisten usw. " (Landesverteidigungsplan Wien, März 1985 S.95f.), und weiter "Schlußbemerkungen. Die Geistige Landesverteidigung als ein Teil der Umfassenden Landesverteidigung hat die Grundwerte als ideelle Voraussetzung für die Verteidigungspolitik zu vermitteln. Dadurch soll über die Information betreffend die Teilbereiche der Umfassenden Landesverteidigung hinausgehend die österreichische Bevölkerung zur Umfassenden Landesverteidigung als Instrument der Verteidigungspolitik entsprechend motiviert werden " (Landesverteidigungsplan Wien, März 1985 S. 99).
Die unterfertigten Abgeordneten sind der Ansicht, daß mit der (mittelbaren) Subventionierung des Films (der Filme) "Steht’s bereit" und "Ich gelobe" durch das zuständige Bundesministerium
die im Landesverteidigungsplan vorgegebenen Aufgaben und Ziele im Bereich der geistigen Landesverteidigung nicht berücksichtigt und damit den vorgegebenen Handlungsmaximen nicht entsprochen wurde.
Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst folgende
Anfrage
1) Handelt es sich bei den unter den Titeln "Ich gelobe" und "Steht’s bereit" eingebrachten Förderungsansuchen später um ein und denselben Film oder um zwei verschiedene Filme?
2) Sind Ihnen die im Landesverteidigungsplan festgelegten Ziele der in der Bundesverfassung normierten Staatszielbestimmung der umfassenden Landesverteidigung bekannt?
2a) Wenn ja, welche Maßnahmen werden in Ihrem Ministerium gesetzt, um diese Ziele zu erreichen?
2b) Wenn nein, warum nicht?
3) Wie wird von seiten Ihres Ressorts die Unterstützung eines Filmes, der bewußt auf die Verunglimpfung einer von der Verfassung normierten öffentlichen Einrichtung des Bundes abzielt, gerechtfertigt?
3a) Welche Inhalte des Filmes "Ich gelobe", waren nach Ansicht der für die Subvention Verantwortlichen, förderungswürdig?
3b) Durch welche, in dem Film "Ich gelobe", transportierten Inhalte wird die Bereitschaft der Österreicher, v.a. im Rahmen der Wehrpflicht, ihren Teil zur Stärkung der Landesverteidigung zu leisten, gefördert?
4) Wurde der im Bundesministerium für Unterricht und Kunst eingerichtete Arbeitsausschuß "G", bzw. das Leitungsbüro von dem Vorhaben, diese Filme (diesen Film) zu subventionieren, informiert?
4a) Wenn ja, welche Meinung vertrat der Arbeitsausschuß "G"? 4b) Wenn nein, warum nicht?
4c) Aus welchen Mitgliedern besteht der Arbeitsausschuß "G"?
5) Welchem Zweck dient der Ankauf dieses Films ? 5a) Ist es von seiten Ihres Ministeriums geplant, diese Filme (diesen Film) bei Veranstaltungen im Rahmen der geistigen Landesverteidigung zu verwenden?
5b) Wie kommt es dazu, daß Ihr Ressort einen in der Herstellung und Vertrieb mit Millionen geförderten Film, später um 107.800 Schilling ankauft?
6) Sehen Sie, die im Film "Ich gelobe" zum Ausdruck kommende Meinung über das österreichische Bundesheer und die Infragestellung der Sinnhaftigkeit der allgemeinen Wehrpflicht, mit den im Landesverteidigungsplan festgesetzen Zielen der geistigen Landesverteidigung im Einklang?
6a) Wenn ja, welche im Film getätigten Aussagen sind Ihrer Meinung nach dem Geist der umfassenden Landesverteidigung verpflichtet?
6b) Wenn nein, warum wurde der, im Widerspruch zu einer Verfassungsnorm stehende, Film von Ihrem Ministerium gefördert?
7) Welche im Film "Ich gelobe" getätigten Aussagen fördern die Bereitschaft der österreichischen Jugend ihren Beitrag zu Landesverteidigung, vor allem den Dienst mit der Waffe (Wehrpflicht), zu leisten?
8) Wurde der für die im Film kritisierten Zustände im Bundesheer verantwortliche Minister für Landesverteidigung von Ihnen über die Förderungen dieses Filmes informiert? 8a) Wenn ja, welche Meinung vertrat der Bundesminister für Landesverteidigung in bezug auf die Förderung dieses Films?
8b) Wenn nein, warum nicht?
9) Werden durch Sie auch in Zukunft Werke, die den in der Verfassung festgeschriebenen
Zielen nicht verpflichtet sind, gefördert werden?
9a) Wenn ja, wie begründen Sie ein solches Vorgehen?
Wien, am 13. Juni 1996