795/J

 

 

Anfrage

 

 

der Abgeordneten DI Prinzhorn, Meisinger, Mag.  Stadler und Kollegen

an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend

die Situation der österreichischen KFZ-Zulieferindustrie

 

 

In der 2. Sitzung der EU - Unterausschüsse vom 18.  April 1994führte der damals amtierende Wirtschaftsminister Dr. Schüssel folgendes aus:

 

Der zweite Bereich, auf den ich kurz eingehen möchte (..), ist die Frage von Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union und außerhalb der EFTA, die mit uns spezifische Regelungen im Zollbereich gehabt haben (..) Zum Beispiel hatten wir im Bereich der Autoindustrie mit Japan eine recht günstige Lösung, die sicherstellte, daß die japanischen Autos mit einem niedrigeren Zoll - statt 20 nur 4 Prozent - belegt waren, wenn der österreichische Zulieferanteil nach Japan einen bestimmten Prozentsatz, nämlich 25% der japanischen Autoexporte nach Österreich, betroffen hat.  Diese Regelung hat dazu geführt, daß wir eigentlich ein sehr gutes Potential mit Japan aufgebaut haben.  Wir haben etwa im Jahr 1992 (..) automotive Produkte von 3.533 Mio.  Schilling nach Japan exportiert.

 

Diese Regelung ist natürlich mit dem EU-Beitritt nicht mehr zu hallen.  Wir werden daher einen gemeinsamen Außenzoll gegenüber Drittstaaten haben und befürchteten daraus gewisse Nachteile Zulieferer Österreichs nach Japan.

Ich bin daher selber nach Japan gefahren und habe mit den dortigen Behörden und Mini­stern Gespräche geführt, wie das sein wird, wenn die EU-für uns entsprechende Quoten fest­legt und dann mit Japan entsprechende Vereinbarungen abzuschließen hat Das Ergebnis war ermutigend Die Japaner haben akzeptiert, daß hier ein Problem besteht, das im österreichischen Sinn gelöst werden maß, und die EU hat dafür akzeptiert, daß sie die volle Importquote auf die bisherigen EU-Importe drauflegt.

 

Wir haben sichergestellt,daß die volle österreichische Quote auf den gesamten österreich-

ischen EU-Anteil draufgelegt wird und wir haben überdies ein commitment schriftlich vereinbart, das sicherstellt -

wörtliches Zitat -, daß die Kommission der Europäischen Union sofort in Konsultationen mit Japan eintritt, sobald die Beitrittsverhandlungen abgeschlossen sind, mit dem Ziel, einerseits den Japanern entsprechende Ziffern anzubieten für die Importe und auf der anderen Seite von Japan ein commitment, eine Verpflichtungserklärung, zu bekommen, daß die bisherigen Importe Japans aus Österreich von automotiven Produkten beibehalten werden sollen.  Diese Verpflichtung dauert fünf Jahre und endet mit dem 3 1. Dezember 1999.  "

 

Im Vorfeld der EU-Volksabstimmung versprach der nunmehrige Vizekanzler und damalige Wirtschaftsminister also der existentiell gefährdeten Auto-Zulieferindustrie das Blaue vom Himmel und nahm offenbar in Kauf, nach einem erst einmal erfolgten EU-Beitritt als -freundlich formuliert - "Schönfärber " enttarnt zu werden.

 

Im konkreten Fall der österreichischen KFZ - Zulieferindustrie stellt sich - entgegen den optimistischen Prognosen des Wirtschaftsministers - die reale wirtschaftliche Lage wie folgt dar:

 

"Zum Preisdruck der Abnehmer kommen seit 1. Jänner die negativen Folgen des EU-Beitritts: Das durch den EU-Beitritt ausgelaufene Gegenlieferungsabkommen mit Japan sollte zwar ursprünglich durch eine EU-konforme Vereinbarung ersetzt werden, doch trotz vollmundiger Versprechungen des Wirtschaftsministeriums sieht es derzeit nicht danach aus, als ob die Bemühungen der österreichischen Verhandler von Erfolg gekrönt wären.  Wenn nicht, sind der 'Zuliefervereinigung A OEM zufolge 3.800 A Arbeitsplätze in Gefahr.

Leidtragende sind all jene Firmen, die sich stark aufs Japangeschäft konzentriert hatten und teilweise zu Preisen lieferten, die ohne den sanften Zwang des Abkommens  jetzt nicht  mehr konkurrenzfähig sind.  So lieferte Semperit 1992

 

noch 2,4 Millionen Reifen nach Japan, während es heuer nur noch etwas mehr als 500. 000 sein werden. (Industrie Magazin; Nr. 6, Juni 1995)

 

Betrug das gesamte Exportvolumen der österreichischen Zulieferer in Spitzenjahren noch ös 4,3 Mrd., so ist der Rückfall der Jahre 1995196 dramatisch.

"Ohne ein weiteres Abkommen mit Japan werden wir 1997 keine Lieferungen mehr haben" (Semperit-Vorstand Bernd Bartha; APA, 14.  Mai 1996)

Eines der von diesen Entwicklungen am schwersten betroffenen Unternehmen ist Semperit. 1983 wurde beschlossen, die damals kränkelnde CA -Tochter Semperit mit öS 1, 2 Mrd. aus Steu­ergeldern bei der Errichtung eines Werkes in Traiskirchen zu unterstützen.  Nach dem 1985 erfolgten Verkauf an den ausländischen Continental-Konzern mußte Semperit vorerst die wichtig­sten Kunden an die Konzernmutter abgeben, dann wurde die Forschungs- und Entwicklungs­abteilung abgezogen und im Stammwerk angesiedelt,- schließlich mußte der österreichische Standort mit der Konzerntochter BARUM (Tschechien) um Aufträge streiten.  Die öster­reichische Subvention in Milliardenhöhe wurde jedoch trotz einer anhaltend positiven Er­tragslage des Werks weiterhin ausbezahlt.

Semperit wurde sehenden Auges auf eine mit Niedriglohnländern nicht konkurrenzfähige, technologisch veraltete, verlängerte Werkbank reduziert und durch den EU-Beitritt seines wichtigsten Marktes beraubt.  Verkaufte Semperit noch 1992 2,4 Millionen Reifen in Japan, so waren es 1994195 nur noch 500. 000.  Heuer wird noch mit einem Absatz von 250. 000 Reifen ge­rechnet, 199 7 wird es ohne Umsetzung der Schüssel- Versprechen keinen Verkauf von Semperit­Reifen an Japan mehr geben.

Finanzminister Mag.  Klima und Wirtschaftsminister Dr. Ditz sicherten angesichts dieser Ent­wicklung zu, eine "task force " (=Arbeitsgruppe) einzurichten, "die die Kompensationsgeschäfte mit Japan wiederbeleben soll".

Aus oben angeführten Gründen richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nachstehende

 

 

Anfrage

 

1.             Aus welchen Mitgliedern besteht die von Ihnen angekündigte "task force " (bzw. falls die Konstituierung noch nicht erfolgte: wie wird sie sich zusammensetzen?)

 

 

2.             Hat die angekündigte "task force "ihre Tätigkeit bereits aufgenommen?

 

 

A.             Wenn ja,

 

a.             welche Erfolge hat sie bereits erzielt und welche konkreten Ergebnisse kann die Arbeits­Gruppe vorweisen?

 

b.     Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen mit denjapanischen Partnern?

 

c.       Hat Japan das angekündigte commitment unterschrieben, das der österreichischen KFZ - Zulieferindustrie die Beibehaltung der vollen Exportquote vertraglich zusichert?

 

d.       Sehen Sie eine Chance, das von Schüssel versprochene neue Abkommen mit Japan noch vor dem totalen Zusammenbruch der Geschäftsbeziehungen Ende dieses Jahres abzu­schließen?

 

e.       In welchem Zeitraum hoffen Sie - durch die Tätigkeit der von Ihnen geschaffenen "task force " - Kompensationsgeschäfte in welchem Umfangfür die österreichische A Auto-Zulieferindustrie mit Japan abschließen zu können?

 

 

B.         Wenn nein,

a.         wann ist mit der Einsetzung der Arbeitsgruppe zu rechnen?

 

 

3.         Welche Erwartungen haben Sie hinsichtlich der Entwicklung der österreichischen KFZ-Zulieferindustrie am europäischen Markt bzw. auf den außereuropäischen Märkten für die kommenden Jahre?

 

4.         Sie haben in der Sitzung des Nationalrates zum Thema Arbeit für Österreich bemerkt, daß "das Hineingehen in die EU und die damit verbundenen Umstellungen uns im Be­reich des japanischen Marktes Marktanteile gekostet haben".

 

Wieviele Arbeitsplätze werden durch den EU-Beitritt im Bereich der KFZ - Zulieferindustrie in den Jahren 1994 bis 1999 voraussichtlich verloren gehen?

 

 

5.         Sie haben in der Sitzung des Nationalrates zum Thema Arbeit für Österreich bemerkt, daß Wirtschaftsminister Dr. Schüssel hinsichtlich der Sicherung der österreichischen Exporte in den japanischen Automobilmarkt "dieses Versprechen unter Dach und Fach (hat) " (gemeint war damit offenbar das "Versprechen " der EU, Österreich bei der Sicherung seiner Exporte nach Japan zu unterstützen).

 

·           Wurde die EU-Kommission in der Sache der Sicherung der Exporte der österreichischen KFZ-Zulieferindustrie nach Japan bereits aktiv,

und wenn ja,

welche diesbezüglichen Aktivitäten wurden mit welchem Erfolg gesetzt?

 

b.       Konnte tatsächlich "sichergestellt (werden), daß die volle österreichische Quote auf den gesamten österreichischen EU-Anteil draufgelegt wird", wie es Dr. Schüssel den Österreicherinnen und Österreichern vor der EU- Volksabstimmung versprochen hat?

 

c.       Sind Sie der Meinung, daß das von Wirtschaftsminister Dr. Schüssel nach Hause ge­brachte "Versprechen" eine Sicherung der heimischen KFZ-Zulieferindustrie bewirkte?

 

d.       Wo und wie werden Sie die Einhaltung der von Ihrem Amtsvorgänger "unter Dach und Fach gebrachten Versprechen" einfordern und sehen Sie dazu Oberhaupt eine Chance

 

e.         Welchen Wert hat angesichts der katastrophalen Entwicklung der österreichischen KFZ-Zulieferindustrie Ihrer Ansicht nach das "Versprechen", welches der Bundeswirt schaftsminister von der EU-Kommission mitbrachte?

 

f           Sind Sie der Meinung, daß "Versprechen" in internationalen Wirtschaftsbeziehungen Grundlage staatlichen Handelns sein sollen?

 

 

6.         Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt bzw. werden Sie setzen, um den Verbleib des österreichischen Produktionsstandortes von Semperit zu sichern?

 

 

7          Haben Sie im Interesse einer Sicherung des Produktionsstandortes Traiskirchen Gespräche mit dem Land Niederösterreich, den beteiligten Banken und dem Continental-Konzern geführt und wenn ja, was waren die Ergebnisse dieser Gespräche?

 

 

8.         Haben unter Ihrer Beteiligung Gespräche mit potentiellen Käufergruppen stattgefunden?

 

 

9.         Wie realistisch sehen Sie die Chancen auf ein management buy out für Semperit?

 

 

10.     Unterstützen Sie Aufrufe niederösterreichischer sozialdemokratischer Landespolitiker

im Auskland hergestellte

ischen Standortes zu boyko

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, am          14.  Juni 1996