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DRINGLICHE ANFRAGE

 

 

 

der Abgeordneten Dr. Ofner und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend Wählerbetrug an Pensionisten

 

Der sozialdemokratische Bundeskanzler ist mit vielen Versprechen in die letzte Wahl gezogen; aufgrund der jahrzehntelangen sozialistischen Mißwirtschaft und des durch den EU­Beitritt entstandenen Spardrucks war aber absehbar, daß sich alle vollmundigen Ankündigungen nach der Wahl als reiner Stimmenfang und Wählerbetrug herausstellen müssen.  Die neugewählte Bundesregiermg unter sozialdemokratischer Führung hat auch prompt nach der Wahl laufend einschneidende Maßnahmen auch zu Lasten der sozial Schwachen beschlossen.  Ein Ende dieser Belastungspakete ist - bedingt durch mangelhafte Einsparungen und strukturell Änderungen - nicht zu erwarten.

 

Der Gegensatz zwischen den Versprechen und den beschlossenen Belastungsmaßnahmen ist eklatant:

'Pensionsreform ja, aber menschlich und gerecht."

wir werden nicht zulassen daß bestehende Pensionen gekürzt werden

4     Aus g der Pensions- und Rentenanpassung für 1997

+     Pensionanpassung bis 1998 auch unter der Inflationsrate

+     Erhöhung des Pensionsalters wegen geminderter Arbeitswidrigkeit von 55 auf 57 Jahre für Männer

+     Erhöhung der notwendigen Wartezeit für die Frühpensionen um fünf Jahre

4     Erhöhung der ewigen Anwrtschaft für die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit, langer Versicherungsdauer oder geminderter Arbeitsfähigkeit bzw.  Gleitpension um fünf Jahre

*     Erhöhung der notwendigen Versicherungszeit für die Frühpension wegen Arbeitslosigkeit auf 15 Jahre

*     Erhöhung der notwendigen Versicherungszeiten für die Frühpension wegen langer Versicherungsdauer von 35 auf 37 1/2 Jahre

*     Anrechnung der Schul. und Studienzeit für die Pension nur mehr bei (teurerem) Nach­kauf

*     Abschwächung der degressiven Gestaltung der Steigerungsbeträge (statt 1,9 1,83, statt 1,5 1,675 % pro Jahr), damit merklich niedrigere Frühpension

*     Rehabilitationszwang vor einer Pensionsleistung

*     keine Valorisierung des Pflegegeldes ab 1996

*     Kürzung des Taschengeldes bei Heimunterbringung um die Hälfte

*     Herabsetzung der ersten Stufe des Pflegegeldes von S 2.635 auf S 2.000

*     Wegfall des Pflegegeldes bei Krankenhausaufenthalt schon am zweiten Tag

·      Entfall des Freibetrages bei Bezug von Pflegegeld (bisher S 996 bis S 9.984)

*     Wegfall der Freibeträge für Sonderausgaben und Werbungskosten bis zur nächsten Jahresausgleich

 

"Wir werden nicht zulassen, daß sich sozial Schwächere keinen Arzt mehr leisten können. "Ich werde dafür sorgen, daß es eine gerechte Gesundheitsreform gibt. + Zuzahlung zu Kur- und Rehabilitationsaufenthalten in Höhe von S 70 bis S 180 pro Tag * Erhöhung der Rezeptgebühr von S 35 auf S 42 + Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge der Pensionisten um 0,25 %-Punkte + Bezahlung von S 50 für jeden Krankenschein

 

Der Bundeskanzler hat die nun im Ministerrat beschlossenen Belastungsmaßnahmen im Bereich der Krankenversicherung ausdrücklich gutgeheißen.  In Anbetracht seiner persön­lichen Zusagen an die Pensionisten im Laufe des letzten Wahlkampfes stellt sich mithin die Frage der politischen Verantwortung für den Bruch der Wahlversprechen.  In diesem Zusam­menhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundesk"er nachgehende

 

DRINGLICHE ANFRAGE:

 

A.        Pensionen:

Mit Schreiben vom 7. Dezember 1995 haben Sie persönlich die Pensionisten vor den Plänen der ÖVP gewarnt, die bestehende Pensionen kürzrn und das gesetzliche Pensinsalter über­fallsartig erhöhen wolle.  Inzwischen hat die SPÖ-ÖVP-Koalition in trauter Eintracht spürbare Belastungen für die Pensionisten bzw. im Pensionsrecht vorgenommen.

A 1.     Welche einzelnen Maßnahmen mußten die Pensionisten seit der Neuwahl hinnehmen, die ihre finanzielle Situation verschlechtere?

A 2.     Welche zusätzlichen Belastungen werden die Pensionisten durch die finanziellen Maß­nahmen im Bereich der Krankenversicherung treffen?

A 3.     Welche Einsparungen werden damit insgesamt auf Kosten der Pensionisten erzielt?

A 4.     Welche Verschlechterungen sind im Pensionsrecht seit der letzten Wahl beschlossen worden?

A 5.      Entsprechen die vorgenommenen und angekündigten Einsparungen Ihrem Wahlver. sprechen an die Pensionisten, daß man den Pensionisten nichts wegnehmen soll, "was

sie im Vertrauen auf         Staat hart erarbeitet haben"?

 

B.      Krankenversicherung.-

Sie     wurden Ende Mai 1996 mit folgenden Aussagen zitiert: "Vranitzky betonte außerdem, daß

es zu keinen Beitragserhöhungen kommen werde, ehe nicht alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind.  Er, Vranitzky, halte auch nichts von Selbstbehalten.  " ... "' Selbstbehalte, die nicht sehr hoch sind, können den Krankenkassen nicht helfen' und eine soziale Staffelung der Selbstbehalte sei kein Weg, da diese dann für die Besserverdienenden sehr hoch sein mußten und dies dazu könnte, daß jemand wegen der Kosten einen Arztbesuch scheut.  'Dies ist nicht im gesundheitspolitischen Interesse', so Vranitzky."

B 1. Sind Rezeptgebühren und Krankenscheingebühren von ihrer Funktion her als Selbstbehalte einzustufen fen?

B 2. Wenn ja, warum haben Sie entgegen Ihrer öffentlich geäußerten Meinung der geplanten Erhöhung der Rezeptgebühr und der Einhebung einer KRANKENSCHEINGEBÜHR im Mineisterrat zugestimmt?

 

B 3. Werden Sie - da Sie sich grundsätzlich gegen Selbstbehalte aussprechen - für die Ab­schaffung aller Selbstbehalte insbesondere für Behinderte und chronisch Kranke eintre­ten?

B 4. Halten Sie die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten gleichzeitig mit der Aussetzung der Pensionsanpassung, die eine Pensinskürzung g darstellt, für ei menschlich und gerecht" und mit Ihrem Versprechen "Wir werden nicht zulassen, daß bestehende Pensionen gekürzt werden" vereinbar?

B 5. Wenn Sie dies bejahen, wie erklären Sie dann die öffentlichen Vorwürfe des Wiener

Bürgermeisters Häupl (die natürlich auch wahltaktisch begründet sind) und die zahlreiche andere Kritik aus den Reihen der SPÖ wegen des Bruches der eigenen Wahl­versprechen gegenüber den Pensionisten?

B 6.      Ist die Kürzung des Krankengeldes um ein Drittel, die vor allem Unfallopfer und Schwerstkranke trifft, mit den Ankündigungen einer "gerechten Gesundheitsreform" vereinbar, die sicherstellt, daß sich sozial Schwächere einen Arzt leisten können?

B 7.      Ist die Beschlußfassung der neuen Belastungen im Bereich der Krankenversicherung so zu interpretieren, daß in Ihren Augen "alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind"?

B 8.      Wie begründet die Bundesregierung dies, wo doch weite Bereiche von Einsparungs­möglichkeiten nach wie vor ungenutzt bleiben (Verlagerung medizinischer Leistungen aus den Krankenanstalten in den extramuralen Bereich, Verringerung der Mehrfach­untersuchungen, mehr Präventivmedizin, effiziente Kostenkontrolle und Revision der bestehenden Gesamtverträge, Verhindern des Betruges an der Krankenversicherung durch minderwertige Produkte, der Bevölkerungszahl entsprechende Zahl teurer Groß. geräte ... )?

B 9.      Die Bemühungen des Bundesminister für Arbeit und Soziales um Einsparungen z.B. im Bereich der Heilbehelfe haben nicht einmal dazu ausgereicht, die vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger und der Bundesinnung der Optiker, Orthopädietechniker,

Bandagist und Hörgeräteakustiker  iker mit der Erstellung eines Produktkataloges beauf.

tragte ARGE-Orthop"e auch nur zu kennen und nicht zu leugnen, daß sie vom Haupt­verband der Sozialversicherung sträger mit Aufgaben bemüht ist, obwohl ein General­dimktor-Stellvertreter des HAUPTVERBANDES der Sozialv«ersicherungsträger dies mit seiner Unterschrift gegcnüber allen einschlägigen Firmen kundgetan hat; wie ist Ihre Ansicht, daß 'alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind' mit dieser mangelhaften Kenntnis der Vorgänge beim Abschluß wichtiger Gesamtverträge zu vereinbaren?

B 10.  Wie beurteilen Sie die Behauptung des Bundesminister für Arbeit und Soziales angesichts des erwähnten Schreibens und der Tatsache, daß auch die Statuten der ARGE Orthopädie den Verein als "Bindeglied zwischen dem Hauptver«band der Österreichi­schen Sozialversicherungsträger«und der Bundesinnung der Optiker, Orthopädietechniker«, B Bandagisten und Hörgeräteakustiker  «' bezeichnen?

B 1 1. Hält die Bundesregierung es für eine die K der Anbieter nahe und im Sinne der Versicherungsträger gelegene Vorgangsweise, wenn der Hauptverband der Sozialversicherungsträger einen G Gesamtvertrag plant, in dem vorgesehen ist, daß manche Heilbehelfe direkt mit der Krankenkasse abgerechnet werden können und mit einem geringen Aufschlag versehen werden, bei anderen aber eine verwaltungsaufwendige direkte Einreichung durch den Versicherten beim Krankenversicherungsträger und fast doppelt so hohe Aufschläge vorgesehen werden?

 

B 12.  Welche Kontrollmaßnahmen gibt es innerhalb der Sozialversicherungsträger, um die Verhandler der Gesamtverträge auf Versicherungsseite gegen aus Geschäftsgründen freigebige Firmen widerstandsfähig zu machen und sicherzustellen, daß diese Personen bei den Verhandlungen nur im Interesse des Sozialversicherungsträger agieren (z.B. Offenlegung der Vermögensveränderungen und Firmenbeteiligung)?

B 13.  Werden Sie den Bundesminister für Arbeit und Soziales dazu veranlassen, trotz der kurzfristigen finanziellen Entlastung der Krankenversicherungsträger durch die nun im Ministerrat beschlossenen Belastungen der Versicherten massiv alle denkbaren Ein­sparungsmöglichkeiten weiterzuverfolgen, sodaß eine Rücknahme der Belastungen in absehbarer Zeit möglich ist?  Wenn ja, für wann streben Sie eine Beseitigung der nun geplanten Belastungsmaßnahmen an?

B 14.  Werden Sie sich zugunsten der nun ohnehin finanziell belasteten Krankenversicherten dafür einsetzen, daß zumindest bürokratische Schikanen abgebaut werden (laufende chfärztliche Genehmigungspflicht bei chronischen Erkrankungen, chefärztliche Geneh­migungspflicht, obwohl der Chefarzt keine Untersuchung vornimmt, Verschleppung der Bewilligungen von Heilbehelfen Ober bis zu sieben Monate, Notwendigkeit einer amtlichen Verschreibung für die Reparatur von Rollstühlen, Beseitigung der Möglichkeit der Direktverrechnung z.B. von Behelfen zur Inkontinenzversorgung in Wien etc.)?

B 15.  Werden Sie sich im Rahmen Ihrer Koordinationskompetenz dafür einsetzen, daß die verschiedenen Klassen der medizinischen Versorgung durch die Krankenversicherungsträger vereinheitlicht werden oder zumindest dem Versicherten selbst die Wahl des Versicherungsträgers ermöglicht wird?

B 16.  Werden Sie sich dafür einsetzen, für die Krankenversicherten nicht nur bezüglich der Ärzte, sondern auch hinsichtlich der Firmen die Heilbehelfe liefern, eine Wahlfreiheit sicherstellen und vorhandene Bevorzugungen "fixe' Lieferanten einzelner Krankenversicherungsträger zu beseitigen?

B 17.  Halten Sie es für den Versicherten und den gewerberechtlich befugten Firmen zumutbar,

wenn Gebietskrankenkassen Heilbehelfe selbst abgeben und damit die Patienten zum Aufsuchen der Gebietskrankenkasse und zum Bezug des Produktes einer bestimmten Firma zwingen, ohne daß die sachgerechte Anpassung und Erklärung des Heilbehelfes sichergestellt wäre?

B 18.  Halten Sie es für möglich und nützlich, wenn die Krankenversicherungsträger der Privatwirtschaft Konkurrenz machen, obwohl sie damit weitere Defizite und keine Einsparungen erzielen können?

B 19.  Werden Sie sich (wie bisher leider nur medial) für die Zusammenlegung der Sozialversicherungen im Sinne des Wiener Altbürgermeisters Zilk einsetzen, der wörtlich sagte: 'Ich vertrete vehement die Meinung, daß durch Zusammenlegung gewaltige Summen eingespart werden können.  Eine Vereinheitlichung des Wasserkopfes täte dem Kassensystem gut.' ... 'Zusätzlicher Vorteil wäre die Vereinheitlichung der Behandlung für alle Versicherten.  Ein wichtiger Schritt in Richtung Demokratisierung!"?

B 20.  Welche zusätzlichen Einsparungsmaßnahmen im Bereich der Verwaltung und Selbst­verwaltung der Sozialversicherung strebt die Bundesregierung in den nächsten Jahren an, um die finanzielle Belastung der Versicherten zu reduzieren?

B 2 1. Sprechen Sie sich wie Altbürgermeister Zilk für eine Lockerung der in Österreich verglichen mit anderen Ländern sehr weitreichenden Rezeptpflicht aus, wodurch für den Versicherten lästige Arztbesuche und für die Versicherungsträger die Kostenbelastung

 

B 22.  Welche weiteren Bestrebungen der Bundesregierung wird es geben, um das vor allem für rezeptfreie Medikamente im Vergleich etwa mit Italien und Frankreich nach wie vor hohe Preisniveau in Österreich zu senken?

B 23.  Welche weiteren Belastungsmaßnahmen plant die SPÖ-ÖVP-Regierung für die nächsten Jahre, um ein erneutes Defizit der Krankenversicherungsträger zu verhindern, zumal laut Aussage des Präsidenten des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger das nun präsentierte Belastungspaket die Finanzierung nur für 1997 sichert?

 

 

In formeller Hinsicht wird beantragt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 3 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt dringlich zu behandeln.