939/J
ANFRAGE
der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst
betreffend Reduzierung des Kunstbudgets durch Steuerpflicht für Stipendien, Preise etc. und durch Sozialversicherungspflicht für Werkverträge
In einer Beantwortung der parlamentarischen Anfrage 136/J der Abgeordneten Petrovic stellte Finanzminister Viktor Klima fest, daß das Finanzministerium von seiner bisherigen Praxis der Nichtbesteuerung von Preisen, Stipendien und Förderungen abgeht, sofern diese nicht für das Lebenswerk verliehen werden (Anfragebeantwortung vom 29. März 1996, 129 AB). Wörtlich schreibt Finanzminister Klima:
"... Stipendien, Preise oder Prämien, die aufgrund einer Ausschreibung für eine konkrete Leistung, z.B. für eine konkretes literarisches Projekt gewährt werden, (sind) umsatzsteuerpflichtig. Wird hingegen ein Schriftsteller z.B. für sein bisheriges Wirken durch einen Preis geehrt und ausgezeichnet, so fehlt es am Zusammenhang mit einer bestimmten Leistung und die Preisgelder sind als echter Zuschuß nicht umsatzsteuerbar." (128 AB, S 11)
Und weiter zur Einkommenssteuerpflicht von Stipendien, Preisen und Prämien:
"Zuwendungen. die eine Entlohnung für künstlerische Tätigkeit darstellen oder zur Deckung des Lebensunterhaltes des Künstlers bestimmt sind, s(sind) steuerpflichtig, weil sie nur mittelbar die Kunst fördern. ... Derartige Zuwendungen sind daher nur insoweit einkommenssteuerfrei, als sie unmittelbar zur Förderung der Kunst (Abgeltung von Aufwendungen oder Ausgaben) vergeben werden. Übersteigen die Zuwendungen, die mit dem Vorhaben verbundenen Ausgaben, sind sie insoweit steuerpflichtig. "
Nicht steuerbefreite Stipendien etc. würden damit, nach Berechnungen der IG Autorinnen und Autoren, um etwa 30 Prozent gekürzt.
Außerdem droht dadurch allen Autorinnen und Autoren, die bisher Stipendien, Preise und Förderungen bezogen haben eine Nachzahlung der Einkommens- und Umsatzsteuer auf alle in den letzten sieben Jahren bezogenen Preise, Stipendien und Förderungen, was für viele Autorinnen und Autoren einer Existenzbedrohung gleichkommt. Gleichzeitig könnten all diese Autorinnen und Autoren in der (Öffentlichkeit als Steuerhinterzieher gebrandmarkt werden. Der "Fall H.C. Artmann" sei hier nur in Erinnerung gerufen.
Dabei widerspricht diese Einkommens- und Umsatzsteuerpflicht von Preisen, Stipendien und Förderungen eklatant den bisherigen Aussagen seitens des Kunstministeriums, die immer dahingehend gelautet haben, daß Preise, Stipendien und Förderungen von diesen Steuern befreit seien.
Parallel zu dieser Kürzung wird durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 auch eine Sozialversicherungspflicht für unechte Werkverträge eingeführt. Diese Sozialversicherungspflicht führt unter anderem auch im Kunst- und Kulturbereich zu höheren Kosten, zu deren Ausgleich die Förderungen für Kultureinrichtungen etc. angehoben werden müßten, um den realen Wert, der für Kunst und Kultur aufgewendet wird, beibehalten zu können.
Im Kulturausschuß am 26. Februar 1996 haben Sie, angesprochen auf das Problem der Werkverträge, angekündigt, Verhandlungen mit dem Sozialministerium aufzunehmen. Diese Verhandlungen wurden aber entweder nie aufgenommen oder sie sind gescheitert, denn im Strukturanpassungsgesetz finden sich keinerlei Sonderregelungen für Künstler und Kultureinrichtungen, sieht man davon ab, daß "tätige Kunstschaffende, sofern diese Tätigkeit nicht den Hauptberuf und die Hauptquelle ihrer Einnahmen bildet", davon ausgenommen sind.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
RAGE:
1. Was haben Sie bisher unternommen, um die Ansicht Ihres Ministeriums, daß nämlich
derartige Preise etc. steuerfrei seien, gegenüber dem Finanzministerium durchzusetzen?
2. Gibt es derzeit diesbezüglich Verhandlungen mit dem Finanzministerium?
3. Wenn ja: Wie ist der Stand dieser Verhandlungen? Ist an eine Rücknahme dieser
Steuerpflicht seitens des Finanzministeriums zu erwarten?
4. Gibt es von Ihrer Seite gesetzliche Initiativen oder Pläne für eine Verordnung, um diese
defacto-Reduzierung der Höhe der Preise, Stipendien und Förderungen wieder rückgängig zu machen, d.h. sie wieder von Steuern zu befreien?
5. Wurden von Ihrem Ministerium Gutachten oder dergleichen in Auftrag gegeben, die sich
mit dieser Materie befassen?
6. Wenn ja: Zu welchem Ergebnis kommen diese Gutachten?
7. Gibt es in Ihrem Ministerium Berechnungen oder Schätzungen, wieviel Geld aus dem
Kunstbudget durch diese Steuern sofort wieder an den Staat zurückfließen würden? (Wenn möglich, bitte gesondert nach Abteilungen Ihres Ministeriums auflisten.)
8. Was werden Sie tun, damit Autorinnen und Autoren nicht rückwirkend auf sieben Jahre
für Preise, Stipendien und Förderungen Umsatz- und Einkommenssteuer abfahren
müssen, obwohl von Ihrem Ministerium bisher immer behauptet wurde, daß Preise, Stipendien und Förderungen steuerbefreit sind?
9. Wird Ihr Ministerium, wenn es dennoch zu dieser rückwirkenden Steuerpflicht kommt,
ähnlich wie bei H.C. Artmann die Steuern für die Autorinnen und Autoren bezahlen?
10. Gab oder gibt es seitens Ihres Ministeriums Verhandlungen mit dem Sozialministerioum,
wie Sie im Kulturausschuß vom 26. Februar 1996 angekündigt haben?
1 1. Wenn ja: Zu welchem Ergebnis haben diese geführt?
12. Gibt es in Ihrem Ministerium Berechnungen oder Schätzungen, was die Einführung der
Sozialversicherungspflicht für unechte Werkverträge den Förderungsnehmern Ihres Ministeriums an zusätzlichen Kosten verursachen wird? (Wenn möglich, bitte gesondert nach Abteilungen Ihres Ministeriums auflisten.)
13. Wird es seitens Ihres Ministeriums Bemühungen geben, sofern es zu keinen
Änderungen bei der Sozialversicherungspflicht für unechte Werkverträge und der Steuerpflicht für Preise, Stipendien etc. kommt, für einen finanziellen Ausgleich für die Förderungsnehmer Ihres Ministeriums zu sorgen?