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ANFRAGE
der Abgeordneten Mag.Kukacka
und Kollegen
an den Bundeskanzler
betreffend Verwaltungsverfahrensreform bei Massenverfahren, speziell im Umweltbereich
Es ist allgemein bekannt, daß sich die geltenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen für große Umweitverfahren und sogenannte Massenverfahren mit einer hohen Anzahl von Parteien und Beteiligten sehr umständlich gestalten und vor allem zu unvertretbar hohen Kosten und Aufwendungen der Verwaltung führen. Eine Adaptierung und Modernisierung der Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts ist längst fällig, um die Verwaltung in solchen Großverfahren wieder effizient und handlungsfähig zu machen. Das Großverfahren für den Sondermüllofen Ranshofen hat alle Grenzen des rationalen Verwaltungshandelns gesprengt. Für 60.000 Einwendungen haben 40 Bedienstete 2.000 Stunden gearbeitet, davon 700 Überstunden. Die Dauer der mündlichen Verhandlung mit insgesamt 30.000 Teilnehmern betrug 15 Tage, die Verhandlungsschrift 25.000 Seiten, das Gewicht des Bescheides 65 kg und die Verwaltungskosten 220 Mio. S. Auch das Verfahren für den Versuchsbetrieb der Reststoffverwertung Lenzing belastet die Verwaltungsbehörde übermäßig. Diese unhaltbare Situation in Großprojektverfahren mit einer hohen Anzahl von Betroffenen blockiert die Entscheidungsfähigkeit der Behörden und macht sachliche und rechtlich einwandfreie Verfahren unter Wahrung der Rechte der betroffenen Bürger immer schwieriger.
Der Nationalrat hat bereits am 23.6.1995 in einer Entschließung den Bundeskanzler ersucht, nach Durchführung eines Begutachtungsverfahrens bis zum Ende des Jahres 1995 eine Novelle zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen auszuarbeiten, die eine Vereinfachung, Konzentration und Beschleunigung der Verwaltungsverfahren, insbesondere bei Massenverfahren, sowohl für die Bürger als auch für die Behörde unter voller Wahrung des individuellen Rechtsschutzes bringt.
Bis heute liegt dem Nationalrat noch kein Vorschlag des BKA über eine Modernisierung des AVG bei Massenverfahren vor.
Auch der Umweltrat hat im September 1995 eine Empfehlung zu den Massenverfahren beschlossen, in der sich der Umweltrat für effiziente und kostengünstige Verwaltungsverfahren unter Wahrung erreichter Rechtsschutzstandards und ohne Einschränkung der bestehenden Parteistellungen ausspricht.
Auch der Rechnungshof kritisiert in seinem Prüfbericht über das Land Oberösterreich den Aufwand für umweltrelevante Großverfahren und verlangt vom Gesetzgeber Maßnahmen, damit große Umweltverfahren wieder durchführbar werden.
Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler folgende
Anfrage:
1. Warum haben Sie bisher der Entschließung des Nationalrates vom 23.6.1995 betreffend die Entbürokratisierung, Konzentration und Beschleunigung der Verwaltungsverfahren, insbesondere bei Massenverfahren, nicht Rechnung getragen?
2. Wie ist der Stand der legistischen Vorarbeiten für eine Novelle zum AVG betreffend die sog. Massenverfahren?
3. Sehen Sie angesichts der hohen Kosten und der praktischen Probleme bei der Abwicklung solcher Großprojektverfahren mit einer hohen Anzahl von Beteiligten einen
Handlungsbedarf Ihres Ressorts?
4. In welcher Weise werden Sie bei einer Verwaltungsverfahrensreform bezüglich der Massenverfahren auf die Empfehlungen des Umweltrates eingehen?
5. Wann werden Sie dem Nationalrat eine Novelle zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen vorlegen, die verwaltungsökonomische und rechtsstaatliche Gesichtspunkte im Verfahrensrecht in Einklang bringt?