993/J
ANFRAGE
der Abgeordneten Dkfm. Bauer und Kollegen
an den Bundesminister für Arbeit und Soziales
betreffend Zustimmung zur Kündigung von Dkfm. Dr. Dieter Wintersberger
Mit Verfügung des Bundesminister für Finanzen vom 29. Oktober 1979 wurde Dkfm. Dr. Wintersberger zum Leiter des damaligen Hauptmünzamtes bestellt. Das auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Dienstverhältnis beruhte auf einem Sondervertrag gemäß § 36 VBG 1948.
Am 10. Mai 1988 wurde Dkfm. Dr. Wintersberger vom Bundesminister für Finanzen seiner Funktion enthoben, wobei gleichzeitig unter Heranziehung des § 34 Abs. 2 lit b VBG 1948 seine Entlassung ausgesprochen wurde. In einem äußerst aufwendigen und langwierigen Arbeitsgerichtsverfahren bekämpfte Dkfm. Dr. Wintersberger diese Entlassung. Mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 10. Dezember 1993, 9 Ob A 256, 257/93, wurde schließlich sein Rechtsstandpunkt vollinhaltlich bestätigt und die Urteile der Vorinstanzen wie folgt abgeändert:
'Es wird festgestellt, daß das Dienstverhältnis des Klägers als Vertragsbediensteter aufgrund des Sondervertrages vom 4. Juli 1977 zur erstbeklagten Partei (das ist der Bund) bis zum 31. Dezember 1988 aufrecht war.
Es wird weiters festgestellt, daß ein aufrechtes Dienstverhältnis Zwischen dem Kläger und der zweitbeklagten Partei (das ist die Münze Österreich AG) besteht, und zwar mit den gleichen Rechten und Pflichten, wie dieses Dienstverhältnis zwischen dem Kläger als Gesamtleitcr des Hauptmünzamtes zur erstbeklagten Partei bis 31. Dezember 1988 bestanden hat.'
Am Rande sei vermerkt, daß nicht nur im arbeitsgerichtlichen Verfahren festgestellt wurde, daß alle vom Bundesministerium für Finanzen bzw. der Finanzprokuratur vorgebrachten Vorwürfe gegen Dkfm. Dr. Wintersberger unhaltbare Behauptungen darstellen, sondern auch ein gegen ihn angestrebtes Disziplinarverfahren - Dkfm. Dr. Wintersberger stand damals in einem karenzierten Dienstverhältnis zum Bund - das gleiche Ergebnis erbrachte, wobei durch
den Vorsitzenden der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt auch eine Strafanzeige gegen Personen erstattet wurde, die ihn im Verfahren belastet hatten.
Nach dem verlorenen arbeitsgerichtlichen Verfahren versuchte nun das Bundesministerium für Finanzen die Entlassung in eine Kündigung umzudeuten und die nach § 8 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes erforderliche nachträgliche Zustimmung zu erwirken. Der Behindertenausschuß für Wien beim Bundessozialamt Wien, Niederösterreich, Burgenland, hat diesem Ansinnen mit Bescheid vom 12. Dezember 1994 keine Folge gegeben. Die Berufungskommission beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat der Berufung des Bundesministeriums für Finanzen jedoch mit Bescheid vom 20. April 1995, ZI. 42.024/97/95, Folge gegeben und die "nachträgliche Zustimmung zu der in der Entlassungserklärung vom 10. Mai 1988 enthaltenen Kündigung zum nächst möglichen Kündigungstermin" erteilt.
Dkfm. Dr. Wintersberger hat diese Entscheidung bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes angefochten; eine Entscheidung steht noch aus.
Bemerkenswert ist, daß im vorliegenden Fall nach sieben Jahren die Zustimmung zur nachträglichen Kündigung erteilt wurde, die nach dem Gesetz jedoch nur "in besonderen Ausnahmefällen" erteilt werden darf.
Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Arbeit und Soziales nachstehende
ANFRAGE
1. Ist es üblich, die nachträgliche Zustimmung zur nachträglichen Kündigung eines Dienstverhältnisses noch nach sieben Jahren zu erteilen?
Wenn ja, in wie vielen Fällen erfolgte dies bis jetzt?
Wenn nein, warum nicht?
2. Welchen Standpunkt vertreten Sie hinsichtlich der Auslegung der Worte 'in besonderen Ausnahmsfällen" in § 8 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes?
3. Sind Sie der Auffassung, daß die gesamte Gesetzesstelle hinreichend determiniert ist? Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?
4. Beabsichtigen Sie Änderungen des § 8 des Behinderteneinstellungsgesetzes Wenn ja, welche Initiativen planen Sie konkret?
5. Können Sie ausschließen, daß die Entscheidung der Berufungskommission beim Bundesminister für Arbeit und Soziales durch unsachliche Erwägungen oder Intervention beeinflußt wurde?
Wenn ja, weshalb?
Wenn nein, warum nicht?
6. Ist es vor dem Hintergrund einer sachgerechten Sozialpolitik vertretbar, daß ein Arbeitgeber nach einem verlorenen arbeitsgerichtlichen Verfahren eine viele Jahre zurückliegende Entlassung in eine Kündigung umdeutet und sich dabei noch des Instruments der nachträglichen Zustimmung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz bedienen kann?
Wenn ja, auf Grund welcher Erwägungen?
Wenn nein, warum nicht und welche Maßnahmen werden Sie setzen?
7. Entspricht eine derartige Vorgangsweise Ihrem Verständnis von sachgerechter Sozialpolitik?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht und welche Maßnahmen werden Sie setzen?
Wien, am 10. Juli 1996