994/J

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dkfm. Bauer, Böhacker und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Vorfälle im Zusammenhang mit der Kündigung von Dkfm.  Dr. Dieter Wintersberger

 

Mit Verfügung des Bundesminister für Finanzen vom 29.  Oktober 1979 wurde Dkfm.  Dr. Wintersberger zum Leiter des damaligen Hauptmünzamtes bestellt.  Das auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Dienstverhältnis beruhte auf einem Sondervertrag gemäß f 36 VBG 1948.

Am 10.  Mai 1988 wurde Dkfm.  Dr. Wintersberger vom Bundesminister für Finanzen seiner Funktion enthoben, wobei gleichzeitig unter Heranziehung des § 34 Abs. 2 lit b VBG 1948 seine Entlassung ausgesprochen wurde.  In einem äußerst aufwendigen und langwierigen Arbeitsgerichtsverfahren bekämpfte Dkfm.  Dr. Wintersberger diese Entlassung.  Mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 10.  Dezember 1993, 9 Ob A 256, 257/93, wurde schließlich sein Rechtsstandpunkt vollinhaltlich bestätigt und die Urteile der Vorinstanzen wie folgt abgeändert:

"Es wird festgestellt, daß das Dienstverhältnis des Klägers als Vertragsbediensteter aufgrund des Sondervertrages vom 4. Juli 1977 zur erstbeklagten Partei (das ist der Bund) bis zum 31.  Dezember 1988 aufrecht war.

Es wird weiters festgestellt, daß ein aufrechtes Dienstverhältnis zwischen dem Kläger und der zweitbeklagten Partei (das ist die Münze Österreich AG) besteht, und zwar mit den gleichen Rechten und Pflichten, wie dieses Dienstverhältnis zwischen dem Kläger als G Gesamtleiter „des Hauptmünzamtes zur erstbeklagten Partei bis 31.  Dezember 1988 bestanden hat.'

Am Rande sei vermerkt, daß nicht nur im arbeitsgerichtlichen Verfahren festgestellt wurde, daß alle vom Bundesministerium für Finanzen bzw. der Finanzprokuratur vorgebrachten Vorwürfe gegen Dkfm.  Dr. Wintersberger unhaltbare Behauptungen darstellen, sondern auch

ein gegen ihn angestrebtes Disziplinarverfahren - Dkfm.  Dr. Wintersberger stand damals in einem karenzierten Dienstverhältnis zum Bund - das gleiche Ergebnis erbrachte, wobei durch den Vorsitzenden der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt auch eine Strafanzeige gegen Personen erstattet wurde, die ihn im Verfahren belastet hatten.

Nach dem verlorenen arbeitsgerichtlichen Verfahren versuchte nun das Bundesministerium für F n die Entlassung in eine Kündigung umzudeuten und die nach § 8 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes erforderliche nachträgliche Zustimmung zu erwirken.  Der Behindertenausschuß für Wien beim Bundessozialamt Wien, Niederösterreich, Burgenland, hat diesem Ansinnen mit Bescheid vom 12.  Dezember 1994 keine Folge gegeben.  Die Berufungskommission beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat der Berufung des Bundesministeriums für Finanzen jedoch mit Bescheid vom 20.  April 1995, ZI. 42.024/9­7/95, Folge gegeben und die "nachträgliche Zustimmung zu der in der Entlassungserklärung vom 10.  Mai 1988 enthaltenen Kündigung zum nächst möglichen Kündigungstermin" erteilt.

Dkfm.  Dr. Wintersberger hat diese Entscheidung bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes angefochten; eine Entscheidung steht noch aus.

Bemerkenswert ist, daß im vorliegenden Fall nach sieben Jahren die Zustimmung zur nachträglichen Kündigung erteilt wurde, die nach dem Gesetz jedoch nur "in besonderen AusnahmefaIlen’ erteilt werden darf.

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen folgende

 

ANFRAGE

1.       Welche Kosten sind dem Bund im Zusammenhang mit dem Dkfm.  Dr. Wintersberger betreffenden arbeitsgerichtlichen Verfahren einschließlich der Anwaltskosten bisher erwachsen?

 

2.    Ist es richtig, daß nach einer Vereinbarung sämtliche Kosten, die der Münze Österreich AG im Zusammenhang mit Dkfm.  Dr. Wintersberger erwachsen, dieser vom Bund zu refundieren sind?

 

       Wenn ja, weshalb wurde diese Vereinbarung beim Verkauf des Hauptmünzamtes dem    Nationalrat nicht bekanntgegeben und wie lautet diese Vereinbarung im einzelnen?

 

3.       Wie hoch sind die Kosten, die der Münze, Österreich AG im Verlaufe der diversen Verfahren erwachsen sind und vom Bund refundiert wurden?

 

4.       Auf Grund welcher Erwägungen wurden die vom Obersten Gerichtshof verworfene, allein auf § 34 Abs. 2 lit b VBG 1948 gestutzte Entlassung in eine Kündigung umgedeutet (vgl. auch die Ausführungen des damaligen Bundesministers für Finanzen Dkfm.  Lacina in der Anfragebeantwortung vom 31.  Juni 1990,4633/AB)?

 

5.       Wann wurde die Kündigung gegenüber Dkfm.  Dr. Wintersberger ausgesprochen?

 

6.       Auf Grund welcher Erwägungen beharrt das Bundesministerium für Finanzen auf einer Umdeutung der Entlassung in eine Kündigung, obwohl die Münze Österreich AG das Fortbestehen des Dienstverhältnisses als Vorstandsdirektor vom 31.12.1993 angedeutet hat?

 

7.       Wurde im Zusammenhang mit der Umdeutung der Entlassung in eine Kündigung die nach § 8 des Brhinderteneinstellgesetzes erforderliche Zustimmung eingeholt?

 

          Wenn ja, wie ist der derzeitige Stand des Verfahrens?

 

8.       Ist es vor dem Hintergrund einer sachgerechten Sozialpolitik vertretbar, daß ein Arbeitgeber nach einem verlorenen arbeitsgerichtlichen Verfahren eine viele Jahre zurückliegende Entlassung in eine Kündigung umdeutet und sich dabei noch des Instruments dernachträglichen Zustimmung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz bedienen kann?  Wenn ja, auf Grund welcher Erwägungen?

          Wenn nein, warum nicht und welche Maßnahmen werden Sie setzen?

 

9.       Entspricht diese Vorgangsweise Mm Ressorts Ihrem Verständnis von sachgerechter Sozialpolitik?

   Wenn ja, warum?

   Wenn nein, warum nicht und welche Maßnahmen werden Sie setzen?

10.     Wie ist der derzeitige Stand des Verfahrens betreffend die Nachzahlung des Entgeltes an Dkfm.  Dr. Wintersberger für die Jahre ab 1991?

 

11.     Auf Grund welcher rechtlicher Grundlage war die F prokuratur befugt, Unterlagen über den Pensionsbezug des Dkfm.  Dr. Wintersberger, die sie offenbar vom Bundesrechenamt besorgt hatte, an die Münze, Österreich AG bzw. deren Rechtsvertreter weiterzugehen?

 

12.     Auf Grund welcher rechtlichen Grundlage war das Bundesministerium für Finanzen bzw. die Finanzprokuratur befugt, Unterlagen über den Pensionsbezug des Dkfm.  Dr. Wintersberger an den Behindertenausschuß beim Bundesozialamt Wien, Niederösterreich, Burgenland, weiterzugehen?

 

13.     Auf Grund welcher rechtlichen Grundlage war das Bundesrechenamt befugt, im gegebenen Zusammenhang Unterlagen über die Pensionshöhe des Dkfm.  Dr. Wintersberger an die Finanzprokuratur weiterzugehen?

 

14.     Wie beurteilen Sie die Vorgangsweise, des Bundesrechenamtes und der Finanzprokuratur in datenschutzrechtlicher Hinsicht?

 

15.     Ist es auch in anderen Fällen üblich, daß ohne gerichtlichen oder behördlichen Auftrag personenbezogene Daten über Bezüge und Pensionen vom Bundesrechenamt an die Finanzprokuratur und von dieser an Gerichte und Behörden übermittelt werden?  Wenn ja, in welchen Fällen?

 

16.     Erfolgte die Übermittlung der Daten im vorliegenden Fall mit Wissen oder im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen?

          Wenn ja, wer wußte davon bzw. wer hat den konkreten Auftrag erteilt?

 

17.     Beabsichtigten Sie, eine Untersuchung betreffend die Weitergabe der gegenständlichen Daten einzuleiten?

          Wenn nein, warum nicht?

 

18.     Welche Konsequenzen werden sich für die dafür Verantwortlichen ergeben?

 

19.     Welche Vorkehrungen werden Sie treffen, um die Geheimhaltung personenbezogener Daten in Ihrem Ressort in Zukunft zu gewährleisten?

 

20.     Ist es üblich, daß personenbezogene Daten,. die dem Datenschutz unterliegen, vom Bundesrechenamt der Finanzprokuratur zur Verfügung gestellt werden?

 

21.     Welchen anderen Stellen werden personenbezogene Daten, die dem Datenschutz unterliegen, vom Bundesrechenamt zur Verfügung gestellt?

 

 

Wien, am 10.  Juli 1996