39/JPR XX.GP

 

der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Graf

und Kollegen

an den Präsidenten des Nationalrates

betreffend objektive Richterbestellung beim Verfassungsgerichtshof

 

Der Verfassungsgerichtshof besteht nach Art. 147 Abs. 1 B - VG aus einem Präsidenten,

einem Vizepräsidenten, zwölf weiteren Mitgliedern und sechs Ersatzmitgliedern. Der

Präsident, der Vizepräsident und sechs weitere Mitglieder sowie drei Ersatzmitglieder

werden auf Vorschlag der Bundesregierung, drei Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder

auf Vorschlag des Nationalrates und drei Mitglieder und ein Ersatzmitglied auf Vorschlag

des Bundesrates jeweils vom Bundespräsidenten ernannt.

 

Die Stelle eines auf Vorschlag des Nationalrates zu ernennenden Mitgliedes ist in Kürze

nach dem Ausscheiden von Dr. Peter Fessler nachzubesetzen, Dr. Fessler wurde

seinerzeit auf Vorschlag des Nationalrates bestellt.

Nach § 1 Abs. 2 VerfGG 1 953 ist die vakante Stelle vom Präsidenten des Nationalrates

im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und in den für amtliche Kundmachungen bestimmten

Landeszeitungen zur allgemeinen Bewerbung auszuschreiben.

 

Die Vorschläge zur Nachbesetzung vakanter Richterstellen wurden in der Vergangenheit

stets ohne nachvollziehbares Auswahlverfahren erstattet, was angesichts der großen

Bedeutung des Verfassungsgerichtshofes immer wieder zu heftiger Kritik führte. Der

Bundesrat ist daher bei der Erstattung des letzten Vorschlages von dieser bisher geübten

Praxis abgegangen und hat den Bewerben auf Grund einer Initiative der FPÖ - Bundesräte

im Rahmen eines Hearings Gelegenheit gegeben, sich den Mitgliedern des Bundesrates

persönlich vorzustellen und Aspekte der Bewerbung vorzutragen. Zweifellos hat dieses

Hearing als weitere wichtige Entscheidungshilfe maßgebend dazu beigetragen, dem

Bundesrat eine nachvollziehbare Entscheidung zu erleichtern.

Auch der Nationalrat hat bei der Erstattung seines letzten Vorschlages die Bewerber

erstmals einem Hearing unterzogen. Wenngleich von einer objektiven Richterbestellung

angesichts der damals in aller Öffentlichkeit kolportierten Vorgänge um die Bestellung

von Dr. Rudolf Müller nicht gesprochen werden kann (vgl. dazu die im Kurier vom 22.

Jänner 1998 wiedergegebene Aussage von Klubobmann Dr. Khol: “Peter Kostelka hat

mich gerade angerufen, die SPÖ läßt Matzka fallen.”), bietet sich diese Vorgangsweise,

die im Bundesrat und im Nationalrat von allen Fraktionen einstimmig mitgetragen

wurde, auch bei der bevorstehenden Erstattung eines Vorschlages zur Nachbesetzung

der freiwerdenden Richterstelle beim Verfassungsgerichtshof als Entscheidungshilfe an.

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Präsidenten des Nationalrates

nachstehende

 

                                               ANFRAGE

1. Wann wird die demnächst freiwerdende, auf Vorschlag des Nationalrates

    nachzubesetzenden Stelle eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes

    ausgeschrieben werden?

 

2. Werden Sie dafür sorgen, daß bezüglich der vakanten Richterstelle ebenso wie

     anläßlich der letzten Nachbesetzung ein Hearing stattfinden wird?

    Wenn nein, warum nicht und welche anderen Veranlassungen werden Sie treffen,

    um eine objektive und nachvollziehbare Entscheidung zu gewährleisten?

 

3. Sind Sie der Auffassung, daß ein Hearing der Bewerber als Entscheidungshilfe für ein

    objektives nachvollziehbares Verfahren sinnvoll wäre?

    Wenn nein, warum nicht?

 

4. Werden Sie dafür eintreten, daß bei der Nachbesetzung von Richterstellen beim

    Verfassungsgerichtshof künftig ein Hearing für die Vorschlagsberechtigten

    (Bundesregierung, Nationalrat, Bundesrat) zwingend vorzusehen ist?

    Wenn nein, warum nicht?

    Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen planen Sie in diesem Zusammenhang?

 

5. Ist Ihnen bekannt, daß innerhalb der Bundesregierung oder zwischen den

    Koalitionsparteien bereits eine Absprache über die Nachbesetzung der

    freiwerdenden Richterstelle beim Verfassungsgerichtshof besteht?

     Wenn ja, was ist der Inhalt dieser Vereinbarung?

 

6. Können Sie ausschließen, daß eine derartige Absprache bei der bevorstehenden

    Nachbesetzungsentscheidung Anwendung finden wird?

    Wenn ja, inwiefern?