Stenographisches Protokoll

116. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 16., und Freitag, 17. April 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

116. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode

Donnerstag, 16., und Freitag, 17. April 1998


Dauer der Sitzung

Donnerstag, 16. April 1998: 9.02 – 24.00 Uhr

      Freitag. 17. April 1998: 0.00 –  0.58 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über das Gentechnik-Volksbegehren

2. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organis­men, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organis­men und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz – GTG), BGBl. Nr. 510/1994, geändert wird

3. Punkt: Bericht über das Frauen-Volksbegehren

4. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesverfassungs­gesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird

5. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird

6. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 und das Eltern-Karenzurlaubsgesetz geändert werden

7. Punkt: Bericht über den Antrag 545/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird

8. Punkt: Bericht über den Antrag 330/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Frauen-Erwerbstätigkeit, Kindererziehung, Frauenpensionen

9. Punkt: Bericht über den Antrag 370/A der Abgeordneten Mag. Doris Kammer­lan­der und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bun­des-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 462/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend erste Maßnahmen zur Umsetzung des Frauen-Volks­be­gehrens zur partnerschaftlichen Gestaltung des Pensionsrechts

11. Punkt: Bericht über den Antrag 463/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend erste Maßnahmen zur Umsetzung des Frauen-Volks­be­gehrens zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie

12. Punkt: Bericht über den Antrag 480/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kam­mer­lander und Genossen betreffend eine Berichtslegungspflicht aller Betriebe zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern sowie zur Förderung von Frauen und die Sanktionierung einer Verletzung dieser Pflicht durch Nichtberücksichtigung bei der öffentlichen Auftragsvergabe sowie bei der Vergabe von öffentlichen Förde­rungen

13. Punkt: Bericht über den Antrag 503/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosen­versicherungs­ge­setz, das Karenzgeldgesetz, das Elternkarenzurlaubsgesetz und das Karenzur­laubs­­zuschuß­gesetz geändert werden

14. Punkt: Bericht über den Antrag 663/A der Abgeordneten Mag. Doris Kammer­lander und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabe­gesetz 1997 geändert wird

15. Punkt: Bericht über den Antrag 688/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutz­gesetz 1979 geändert wird

16. Punkt: Bericht über den Antrag 687/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Neubewertung der Arbeit

17. Punkt: Bericht über den Antrag 739/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffen­rath und Genossen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs­kosten

18. Punkt: Bericht über den Antrag 724/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffen­rath und Genossen betreffend erhöhte steuerliche Absetzbarkeit von Betriebs­kinder­gärten

19. Punkt: Bericht über den Antrag 695/A der Abgeordneten DDr. Erwin Nieder­wieser, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird

20. Punkt: Bericht über den Antrag 731/A der Abgeordneten DDr. Erwin Nieder­wieser, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge (FHStG) geändert wird

21. Punkt: Erste Lesung des Antrages 698/A der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 und die Exekutionsordnung zur Verbesserung der Rechtsstellung von Opfern ge­ändert werden

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ............................................................................................... 14

Ordnungsruf .................................................................................................... 57

Ruf zur Sache ............................................................................................... 243

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfrage­be­antwortung 3595/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................................................................................... 15

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsord­nung                  151

Redner:

Franz Morak ....................................................................................... ... 151

Dr. Josef Cap .......................................................................................... 152

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................................... 153

Dr. Michael Krüger .................................................................................. 154

Mag. Thomas Barmüller .......................................................................... 155

Mag. Terezija Stoisits .............................................................................. 156

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek .................................................... 157

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57a Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ........................................................................................... 16

Wortmeldungen betreffend die Zulässigkeit einer persönlichen Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung:

Andreas Wabl ........................................................................................... 57

Mag. Thomas Barmüller ........................................................................... 57

Stellungnahmen des Präsidenten Dr. Heinrich Neisser zu den Wort­mel­dungen der Abgeordneten Andreas Wabl und Mag. Thomas Barmüller ...................................................................  57

Wortmeldungen betreffend die Abfolge der Wortmeldungen in der Debatte zum Frauen-Volksbegehren:

Mag. Doris Kammerlander ..............................................................  101, 102

Dr. Andreas Khol ............................................................................  101, 102

Dr. Volker Kier ........................................................................................ 101

Dr. Peter Kostelka ................................................................................... 102

MMag. Dr. Madeleine Petrovic ................................................................ 103

Feststellungen des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder zur Ge­schäfts­ordnung in bezug auf die Reihenfolge der Wortmeldungen .............................................................. 101, 102

Antrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander sowie der Abge­ord­neten MMag. Dr. Madeleine Petrovic auf Durchführung einer Debatte – Ab­lehnung .......................  102, 103, 103

Antrag der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen auf Einsetzung ei­nes Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Aus­reise der Täter betreffend den Mord an dem damaligen Vorsitzenden der DPK-I Dr. Abdul Rahman Ghassemlou und seiner zwei Vertrauten; insbe­son­dere um zu untersuchen, ob und welche Weisungen angesichts der Dro­hun­gen von seiten des Iran, „die Unterlagen über die illegalen österreichi­schen Waffenlieferungen im ersten Golfkrieg“ preiszugeben – wie vom ehe­maligen Präsidenten des Iran Bani-Sadr behauptet –, erteilt wurden, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ............... 241

Bekanntgabe ................................................................................................. 126

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ......................................................................................... 126

Redner:

Andreas Wabl ......................................................................................... 242

Dr. Martina Gredler ................................................................................. 244

Ablehnung des Antrages ................................................................................ 245

Verlangen auf Durchführung von namentlichen Abstimmungen ..................  148, 217

Unterbrechungen der Sitzung ...............................................................  149, 217

Verlangen gemäß § 66 Abs. 3 der Geschäftsordnung, bei der Abstimmung über Ziffer 1 Artikel 7 Abs. 2 erster Satz des Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird, in der Fas­sung des Ausschußberichtes 1114 d. B. die Zahl der „für“ und „gegen“ Stim­menden bekanntzugeben ............................................................................................ 219

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ....................................................................................... 14

Ausschüsse

Zuweisungen ..........................................................................................  14, 241

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend die Auf­nahme von Verhandlungen mit den Vertragspartnern des Nordatlantik­ver­trages über einen Beitritt Österreichs zum NATO-Vertrag (748/A) (E)    ........................................................................................................... 103

Begründung: Herbert Scheibner .................................................................... 108

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima ............................................................... 113

Debatte:

Dr. Jörg Haider ....................................................................................... 116

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) ............................................. 119

Dr. Peter Kostelka ................................................................................... 119

Herbert Scheibner (tatsächliche Berichtigung) ........................................... 121

Dr. Andreas Khol .................................................................................... 121

Hans Helmut Moser ................................................................................. 124

Mag. Doris Kammerlander ...................................................................... 126

Mag. Herbert Haupt ................................................................................. 129

Peter Schieder ........................................................................................ 131

Dr. Karl Maitz .......................................................................................... 133

Dr. Martina Gredler ................................................................................. 134

Andreas Wabl ......................................................................................... 136

Anton Gaál ............................................................................................. 139

Dr. Alois Mock ........................................................................................ 141

MMag. Dr. Madeleine Petrovic ................................................................ 143

Dr. Alfred Gusenbauer ............................................................................ 144

Mag. Johann Ewald Stadler .................................................................... 145

Anton Gaál (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 147

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch ................................................................... 147

Ablehnung des Dringlichen Antrages ............................................................... 148

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend sofortige Abhaltung eines Volksentscheides über die „immer­währende Neutralität“ Österreichs und die Zukunft der österrei­chi­schen Sicherheitspolitik – Ablehnung .......................................  129, 148

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Ge­nos­sen betreffend Schlußfolgerungen für weiterführende Optionen Öster­reichs im Rahmen der europäischen Sicherheitsstrukturen – Ablehnung     134, 148

Entschließungsantrag der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend Panzerpaket – Ablehnung ............................................................................................................  139, 148

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Optionenbericht der Grünen – Ablehnung .................................................  143, 148

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Österreichs Sicherheit – Ablehnung (namentliche Ab­stim­mung) ..................................  147, 149

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Gentech­nik-Volksbegehrens über das Gentechnik-Volksbegehren (715/1111 d. B.) ...................................................... 16

2. Punkt: Bericht und Antrag des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens betreffend den Entwurf eines Bundes­ge­setzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch ver­än­der­ten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentech­nisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gen­therapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz – GTG), BGBl. Nr. 510/1994, geändert wird (1112 d. B.) ......... 16

Redner:

Mag. Karl Schweitzer ................................................................................ 16

Maria Rauch-Kallat ................................................................................... 19

Mag. Thomas Barmüller ........................................................................... 26

Heinz Gradwohl ........................................................................................ 31

Ing. Monika Langthaler ............................................................................. 33

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer ..........................................  38, 85

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek ..................................................... 41

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ...................................................... 43

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch ..................................................................... 46

Mag. Johann Ewald Stadler ...................................................................... 47

Anna Huber .............................................................................................. 51

Dr. Martina Gredler ................................................................................... 52

Dr. Walter Schwimmer .............................................................................. 54

Ing. Monika Langthaler (tatsächliche Berichtigungen) ............................ 56, 81

Dr. Walter Schwimmer (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) ....... 56

Dr. Gabriela Moser .................................................................................... 57

Dr. Elisabeth Pittermann ........................................................................... 60

Mag. Thomas Barmüller (tatsächliche Berichtigung) .................................... 62

MMag. Dr. Willi Brauneder ....................................................................... 63

Karl Donabauer ......................................................................................... 64

Klara Motter .............................................................................................. 66

Annemarie Reitsamer ............................................................................... 67

Mag. Herbert Haupt ................................................................................... 71

Karlheinz Kopf .......................................................................................... 73

Dr. Alois Pumberger ................................................................................. 75

Heidrun Silhavy ........................................................................................ 76

Dr. Stefan Salzl ......................................................................................... 78

Dr. Günther Leiner .................................................................................... 79

Anna Elisabeth Aumayr .....................................................................  81, 87

Mag. Johann Maier ............................................................................  81, 87

Theresia Haidlmayr ................................................................................... 84

Josef Schrefel ........................................................................................... 86

Annahme des Gesetzentwurfes in 1112 d. B. ..................................................... 89

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1111 d. B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Einrichtung eines Österreichischen Monitoring-Komitees zur Evaluation der Wirkungen der Richtlinie zum Schutz biotech­nolo­gischer Erfindungen (E 107) .................................................. 88

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1111 d. B. beigedruckten Ent­s­­­chließung betreffend den Schutz sensibler Gebiete (E 108) ..................................................................... 88

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über das Frauen-Volksbegehren (716/1113 d. B.)     ............................................................................................................. 89

4. Punkt: Bericht und Antrag des Gleichbehandlungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz (B-VG) geändert wird (1114 d. B.)    ............................................................................................................. 89

5. Punkt: Bericht und Antrag des Gleichbehandlungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird (1115 d. B.)           89

Berichterstatterin: Heidrun Silhavy .................................................................. 91

6. Punkt: Bericht und Antrag des Gleichbehandlungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 und das Eltern-Karenzurlaubsgesetz geändert werden (1116 d. B.) ......................................................................................... 89

7. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 545/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird (1117 d. B.) .............................................................................................. 89

8. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 330/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Frauen-Erwerbs­tätigkeit, Kindererziehung, Frauenpensionen (1118 d. B.)     ............................................................................................................. 89

9. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 370/A der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird (1119 d. B.) ............... 90

10. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 462/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend erste Maß­nahmen zur Umsetzung des Frauen-Volksbegehrens zur partnerschaft­lichen Gestaltung des Pensionsrechts (1120 d. B.) .......................... 90

11. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 463/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend erste Maß­nahmen zur Umsetzung des Frauen-Volksbegehrens zur besseren Ver­ein­barkeit von Beruf und Familie (1121 d. B.) ................................................ 90

12. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 480/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen be­tref­fend eine Berichtslegungspflicht aller Betriebe zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern sowie zur Förderung von Frauen und die Sanktionie­rung einer Verletzung dieser Pflicht durch Nichtberücksichtigung bei der öffentli­chen Auftragsvergabe sowie bei der Vergabe von öffentlichen Förde­run­gen (1122 d. B.) ................................................................ 90

13. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 503/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das Karenz­geld­ge­setz, das Elternkarenzurlaubsgesetz und das Karenzurlaubszuschuß­ge­setz geändert werden (1123 d. B.) .................................................................................................... 90

14. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 663/A der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen be­tref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 ge­än­dert wird (1124 d. B.) ....................................................................................... 90

15. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 688/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (1125 d. B.) .............................................................................................. 90

16. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 687/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betref­fend Neubewertung der Arbeit (1126 d. B.)              90

17. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 739/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend steu­er­liche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten (1127 d. B.)   ............................................................................................................. 91

18. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 724/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend er­höhte steuerliche Absetzbarkeit von Betriebskindergärten (1128 d. B.) ................................................................................................................. 91

Redner:

Edith Haller .............................................................................................. 91

Dr. Elisabeth Hlavac .................................................................................. 94

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer .........................................  96, 213

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................... 98

Maria Schaffenrath .................................................................................. 158

Rosemarie Bauer ..................................................................................... 162

Mag. Doris Kammerlander ...................................................................... 166

Dr. Peter Kostelka ................................................................................... 171

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl ..................................................................... 172

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................. 174

Klara Motter ............................................................................................ 176

Doris Bures ............................................................................................. 180

Karl Öllinger ........................................................................................... 182

Edeltraud Gatterer ................................................................................... 185

Elfriede Madl .......................................................................................... 187

Dr. Helga Konrad .................................................................................... 189

Dr. Volker Kier ........................................................................................ 190

Ridi Steibl ............................................................................................... 191

Mag. Terezija Stoisits .............................................................................. 193

Dr. Günther Kräuter ................................................................................. 197

Dr. Brigitte Povysil .................................................................................. 198

Katharina Horngacher ............................................................................. 200

MMag. Dr. Willi Brauneder ..................................................................... 202

Mag. Gisela Wurm .................................................................................. 203

Anna Elisabeth Aumayr .......................................................................... 205

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................................... 206

Inge Jäger ............................................................................................... 207

MMag. Dr. Madeleine Petrovic ................................................................ 208

Heidrun Silhavy ...................................................................................... 210

Mag. Johann Ewald Stadler .................................................................... 211

Marianne Hagenhofer .............................................................................. 212

Ing. Mathias Reichhold ........................................................................... 213

Annahme der Gesetzentwürfe in 1114 (namentliche Abstimmung), 1115 und 1116 d. B.       219, 220

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1117, 1118, 1119, 1120, 1121, 1122, 1123, 1124. 1125. 1126. 1127 und 1128 d. B. ......................................................................................  220, 221

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1113 d. B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Sicherstellung eines kontinuierlichen Zuganges zu aktuellen geschlechtsspezifischen Daten unter besonderer Berücksichtigung von Einkommensdaten (E 109) ............................................. 215

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1113 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Verteilung der Einkommen (E 110) .................................................................. 215

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1113 d. B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Legung eines Erfahrungsberichtes über die Aus­wirkun­gen der neuen gesetzlichen Bestimmungen zu geringfügig Be­schäftig­ten (E 111) ........................................................................................ 215

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1113 d. B. beigedruckten Ent­schließung betreffend umfassende Gleichstellung von Frauen und Männern im Bildungsbereich sowie Förderung einer geschlechtsspezifischen Berufs­orientierung (E 112) .......................................... 215

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1113 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend weiteren Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtun­gen über Initiative des Bundes bis zum Jahr 2000 (E 113)    ........................................................................................................... 216

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1113 d. B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Anrechnung von Partnereinkommen auf die Not­stands­hilfe (E 114) ..................... 216

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1113 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Entwicklung eines Berufsbildes für Tageseltern (E 115) ..................................... 216

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1113 d. B. beigedruckten Ents­chließung betreffend Erstellung einer umfassenden Information von in Ka­renz befindlichen Personen über Unterstützungsmaßnahmen zum Wie­der­einstieg ins Erwerbsleben (E 116) ........ 216

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1113 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Weiterentwicklung der gesetzlichen Pensionsver­sicherung in Richtung eigenständige Alterssicherung für Frauen (E 117) .............................................................................................. 216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Edith Haller und Genossen be­tref­fend Verbesserung des Rechtsschutzes im Ausschreibungsverfahren – Ab­lehnung .........................  92, 216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Ausdehnung der Behaltefrist nach der Karenzzeit auf 26 Wochen – Ablehnung ..............  170, 216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen be­tref­fend praxisgerechte Begrenzung von Nebeneinkommen bei Karenzgeld­bezug – Ablehnung .......  188, 216

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 695/A der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Dipl.-Vw. Dr. Die­ter Lukesch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird (1145 d. B.)                221

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 731/A der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge (FHStG) geändert wird (1146 d. B.) ................................................................................................... 222

Redner:

Dr. Michael Krüger .................................................................................. 222

DDr. Erwin Niederwieser ......................................................................... 224

Dr. Martina Gredler ................................................................................. 226

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch ................................................................... 227

Mag. Gisela Wurm .................................................................................. 228

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl ..................................................................... 229

Mag. Kurt Gaßner ................................................................................... 230

Mag. Dr. Udo Grollitsch .......................................................................... 231

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................. 232

Annahme der Gesetzentwürfe in 1145 und 1146 d. B. ...............................  234, 235

21. Punkt: Erste Lesung des Antrages 698/A der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeß­ordnung 1975 und die Exekutionsordnung zur Verbesserung der Rechtsstel­lung von Opfern geändert werden ..................................................... 235

Redner:

Dr. Harald Ofner ...................................................................................... 235

Dr. Johannes Jarolim .............................................................................. 237

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................................... 238

Mag. Thomas Barmüller .......................................................................... 239

Dr. Michael Krüger .................................................................................. 239

Mag. Terezija Stoisits .............................................................................. 240

Zuweisung des Antrages 698/A an den Justizausschuß .................................... 241

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage ....................................................................................... 14

1152: Bundesverfassungsgesetz über den Abschluß des Vertrages von Amster­dam

Bericht .......................................................................................................... 15

Zu III-106: Nachtrag zum Tätigkeitsbericht über das Verwaltungsjahr 1996; Rechnungshof

Anträge der Abgeordneten

Herbert Scheibner und Genossen betreffend die Aufnahme von Verhandlungen mit den Vertragspartnern des Nordatlantikvertrages über einen Beitritt Österreichs zum NATO-Vertrag (748/A) (E)

Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen betreffend den Ausschluß von Betrieben, die gegen das Gleichbehandlungsgebot nach § 2 Bundesgesetz über die Gleichbe­handlung von Mann und Frau im Arbeitsleben 1979 idF 833/1992 verstoßen haben (749/A) (E)

Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen betreffend Novellierung des Gleichbehand­lungsgesetzes (750/A) (E)

Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird (751/A)

Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Karenzgeldgesetz geändert wird (752/A)

Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Karenzgeldgesetz geändert wird (753/A)

Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (754/A)

Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (755/A)

Andreas Wabl und Genossen betreffend Panzerpaket (756/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Schaffung eines eigenen Bundes­gesetzes zur Regelung des Klonens beziehungsweise Klonierens von Menschen und Tieren (757/A) (E)

Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Akkreditierung privater Universitäten in Österreich (758/A) (E)

Hans Helmut Moser und Genossen betreffend Schlußfolgerungen für weiter­führen­de Optionen Österreichs im Rahmen der europäischen Sicherheitsstrukturen (759/A) (E)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend kostenlosen und uneinge­schränkten Zugang zum Rechtsinformationssystem RIS (760/A) (E)

Rudolf Parnigoni, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird (761/A)

Mag. Helmut Kukacka, Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend das Bundes­gesetz, mit dem das Führerscheingesetz (BGBl. Nr. 120/97) geändert wird (762/A)

Edith Haller und Genossen betreffend Verbesserung des Rechtsschutzes im Aus­schrei­bungsverfahren (763/A) (E)

Elfriede Madl und Genossen betreffend praxisgerechte Begrenzung von Nebenein­kommen bei Karenzgeldbezug (764/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Johann Stippel und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kul­tu­relle Angelegenheiten betreffend Naturhistorisches Museum (4286/J)

Karl Gerfried Müller und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirt­schaft betreffend Fristen für richtlinienkonforme Entsorgung von Abwässern (4287/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesund­heit und Soziales betreffend Neuer 3 Minuten HCV Rapid Test (4288/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Dienstfreistellung von Herrn Herbert Mo­dritzky (FSG) in seiner Eigenschaft als stv. Vorsitzender des Vereins Österreichi­scher Gewerkschaftsbund/Gewerkschaft Öffentlicher Dienst/Bundessektion Pflicht­schul­lehrer (4289/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Divergenzen zwischen der ursprünglichen, zwischen Bund und Ländern vereinbarten Anzahl von Computer-Tomographie-Einrichtungen im Bun­des­land Kärnten und dem revidierten Großgeräteplan Stand Juli 1997 (4290/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Thema einer Deutschschularbeit am BG Freistadt (4291/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kul­turelle Angelegenheiten betreffend künftige Verwendung der Schule in Wien 22, Heustadelgasse (4292/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betref­fend „rechtloser Zustand“ der freigepreßten Schubhäftlinge (4293/J)

Ing. Mathias Reichhold und Genossen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Strukturmaßnahmen am Brennereisektor (4294/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Auswirkungen glaubensbedingter Dogmen auf Patienten; Mehr- und Folgekosten im österreichischen Gesundheits- und Sozialver­sicherungs­system (4295/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Studie über die Angst der Frauen im nächtlichen Innsbruck“ (4296/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Prager Konferenz (4297/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Aufrechterhaltung „Gesamtkonzept Chance B“ (4298/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bezirksinspektor Franz Enzinger, Zweigstelle Meiningen; wegen der Nicht­zu­stimmung auf Bewertung des Arbeitsplatzes eines „Leiters der Schießaus­bildung der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg“ (4299/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kontrolle der Gefahrenguttransporte (4300/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kontrolle der Gefahrenguttransporte (4301/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Kontrolle der Gefahrenguttransporte (4302/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Ge­sund­heit und Soziales betreffend Österreichs Position zum Weißbuch „Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger“ der Europäischen Kommission (4303/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Behinderung von wirksamen Klimaschutzmaßnahmen in anderen EU-Ländern (4304/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft betreffend Österreichs Position zum Weißbuch „Energie für die Zu­kunft: Erneuerbare Energieträger“ der Europäischen Kommission (4305/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Öster­reichs Position zum Weißbuch „Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger“ der Europäischen Kommission (4306/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Ju­gend und Familie betreffend Österreichs Position zum Weißbuch „Energie für die Zu­kunft: Erneuerbare Energieträger“ der Europäischen Kommission (4307/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Österreichs Position zum Weißbuch „Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger“ der Europäischen Kommission (4308/J)

Günther Platter und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Auf­recht­erhaltung der LKW-Kontrollen (4309/J)

Günther Platter und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Ver­kehr betreffend mangelhafte Regelungen für Transitfahrten in Tirol (4310/J)

Edith Haller und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Verbesserung der Datenerfassung bei den Gebietskranken­kassen (4311/J)

Edith Haller und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Witwengrundrente (4312/J)

Mag. Reinhard Firlinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen be­tref­fend Untersuchungen der Bundeswertpapieraufsicht bezüglich Steyr-Daimler-Puch-Aktien (4313/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kauf und Verkauf von HTM durch die Austria Tabak Werke (4314/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Kauf und Verkauf von HTM durch die Austria Tabak Werke (4315/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Erkenntnisse über nachrichtendienstliche Aktivitäten der National Security Agency in Europa (4316/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Entwicklung eines EU-Überwachungssystems für den europäischen Telekom­mu­nika­tions­verkehr (4317/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ab­schie­bung von Ausländern in Staaten, in welchen ihnen Verfolgung droht (4318/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend sta­tisti­sche Aufzeichnungen über minderjährige Asylwerber (4319/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Unter­halts­vor­schußgesetz (4320/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche An­gelegenheiten betreffend „Verkauf beziehungsweise Ausgliederung des zentralen Heizwerkes in der Schwarzenbergkaserne/Wals-Siezenheim“ (4321/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Disziplinarverfahren gegen den vorma­ligen Leiter der Abteilung Erwachsenenbildung im BMUkA (4322/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Einstellung des Verfahrens gegen Beamte der Bundespolizeidirektion Leoben (4323/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Einstellung des Verfahrens gegen Beamte der Bundespolizeidirektion Leoben wegen eines versuchten Lauschangriffs (4324/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Katalysatoren für feste Brennstoffe (4325/J)

Ing. Mathias Reichhold und Genossen an den Bundesminister für Finanzen be­tref­fend Pauschalierungsverordnung (4326/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Arbeit der Politischen Grundrechtskommission (4327/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für wirtschaft­liche Angelegenheiten betreffend wirtschaftliche Entwicklung im Bundesland Vorarl­berg durch schweizerische Betriebsansiedlungen seit dem EU-Beitritt (4328/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Besetzung einer Stelle eines Abteilungs­vor­standes/einer Abteilungsvorständin der Verwendungsgruppe LPA für die Leitung der Studiengänge an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Vorarlberg (4329/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (3621/AB zu 3660/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (3622/AB zu 3669/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die An­frage der Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer und Genossen (3623/AB zu 3693/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Ab­ge­ordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (3624/AB zu 3729/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Ab­geordneten Marianne Hagenhofer und Genossen (3625/AB zu 3855/J)

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Willi Brauneder.

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie sehr herz­lich begrüßen und bitte Sie, die Plätze einzunehmen.

Ich eröffne die 116. Sitzung des Nationalrates dieser Gesetzgebungsperiode.

Ich gebe bekannt, daß für den heutigen Sitzungstag die Abgeordneten Dr. Graf, Haigermoser und Jung als verhindert gemeldet sind.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Herr Bundeskanzler hat Mitteilung über eine Entschließung des Herrn Bundespräsidenten gemacht, wonach der Herr Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel für die heutige Sitzung verhindert ist und durch den Herrn Bundesminister für Landesver­teidi­gung Dr. Fasslabend vertreten wird.


Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sit­zungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 3621/AB bis 3625/AB.

2. Regierungsvorlage:

Bundesverfassungsgesetz über den Abschluß des Vertrages von Amsterdam (1152 der Bei­lagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuß:

Antrag 740/A (E) der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend Österreichs Sicherheit,

Antrag 742/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Optionenbericht der Grünen;

Gesundheitsausschuß:

Antrag 745/A der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger, Dr. Günther Leiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Ärzte­gesetz 1984 und das Krankenanstaltengesetz geändert werden;

Gleichbehandlungsausschuß:

Antrag 743/A (E) der Abgeordneten Rosemarie Bauer und Genossen betreffend Versorgungs­ausgleich zwischen Ehegatten (Pensionssplitting),

Antrag 744/A (E) der Abgeordneten Rosemarie Bauer und Genossen betreffend „Unternehmen Haushalt – neue Arbeitsplätze schaffen“;

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Antrag 746/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Novellie­rung des Fremdengesetzes (§ 7 Abs. 4 Z 4 FrG 1997);

Rechnungshofausschuß:

Nachtrag zum Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1996 (Zu III-106 der Beilagen);

Verfassungsausschuß:

Antrag 747/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Novelle zum Rundfunkgesetz;

Wirtschaftsausschuß:

Bundesgesetz, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz – EIWOG), das Bundesverfas­sungs­gesetz, mit dem die Eigentumsverhältnisse an den Unternehmen der österreichischen Elektri­zitätswirtschaft geregelt werden, erlassen wird und das Kartellgesetz 1988 und das Preisgesetz 1992 geändert werden (1108 der Beilagen).

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Klub der Freiheitlichen hat gemäß § 74a Abs. 2 der Ge­schäftsordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 748/A (E) der Abgeordneten Scheibner und Genossen betreffend die Aufnahme von Verhandlungen mit den Vertragspartnern des Nord­atlantikvertrages über einen Beitritt Österreichs zum NATO-Vertrag dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung wird dieser Dringliche Antrag um 15 Uhr in Verhandlung gezogen werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3595/AB


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Weiters teile ich mit, daß ein gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestelltes Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 3595/AB der Anfrage 3675/J des Herrn Abgeordneten Morak betreffend Bestechungsvorwurf im Mühlprozeß durch den Herrn Bundesminister für Justiz abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die Verhandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird diese Kurzdebatte nach Abschluß der Beratungen über den Dringlichen Antrag stattfinden.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Was die heutige Tagesordnung betrifft, liegt mir der Vorschlag vor, die Punkte 1 und 2, 3 bis 18 sowie 19 und 20 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Es sind alle glücklich damit, daher werden wir so vorgehen.


Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten wie folgt erzielt: Für die Tagesordnungspunkte 1 und 2 wurde eine Blockredezeit von 4 „Wiener Stunden“ in Aussicht genommen, sodaß sich folgende Redezeiten für diesen Block ergeben: SPÖ 60 Minuten, ÖVP 56 Minuten, Freiheitliche 52 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 36 Minuten.

Für die restliche Tagesordnung wurden weitere 6 “Wiener Stunden“ in Aussicht genommen. Davon entfallen 90 Minuten auf die SPÖ, 84 Minuten auf die ÖVP, 78 Minuten auf die Frei­heitlichen und 54 Minuten je auf Liberales Forum und Grüne.

Über diese Vorschläge hat das Hohe Haus zu befinden.

Ich frage nun, ob es gegen diesen Vorschlag Einwendungen gibt? – Das ist nicht der Fall. Damit sind diese Redezeiten einstimmig beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens über das Gentechnik-Volksbegehren (715/1111 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes­gesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz – GTG), BGBl.Nr. 510/1994, geändert wird (1112 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, die gemeinsam verhandelt werden.

Eine mündliche Berichterstattung wird von niemandem verlangt.

Daher gehen wir in die Debatte ein.

Als erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Die Uhr ist auf 12 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.07


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesminister Prammer! Gestrigen Pressemeldungen und auch Ihren Aussagen beim Auftritt in der „ZiB 3“ war zu entnehmen, daß Sie das Ergebnis von sieben Sitzungen des Besonderen Ausschusses des Gentechnik-Volksbegehrens über das Gen­technik-Volksbegehren, nämlich das Ergebnis, das nach dem Hearing mit insgesamt 52 Exper­ten zustande gekommen ist, als ein gutes darstellen und sogar bejubeln.

Frau Bundesminister! Ich verstehe nicht, warum Sie – Sie als eine SPÖ-Ministerin –, die seiner­zeit den 1,2 Millionen Unterzeichnern des Gentechnik-Volksbegehrens große Hoffnungen dahin gehend gemacht hat, daß die Forderungen, die im Volksbegehren erhoben waren, zumindest teilweise umgesetzt werden, dieses Ergebnis bejubeln, obwohl keine der drei Forderungen nur annähernd umgesetzt wurde?

Ich verstehe es sehr wohl, wenn es die ÖVP macht, wenn die ÖVP dieses Ergebnis bejubelt, da sie von der Pharma- und der Gentechnikindustrie mehr oder weniger ferngesteuert war. Die Vorsitzende Rauch-Kallat war nämlich nichts anderes als eine Marionette des Dr. Nikolaus Zacherl (Beifall bei den Freiheitlichen), welcher als der oberste Lobbyist der Gentechnikindustrie in diesem Ausschuß vertreten war und die Linie bestimmt hat. Die ÖVP hat all das, was Zacherl vorgegeben hat, schön brav nachvollzogen, ist widerspruchslos dem gefolgt, was die Industrie vorgegeben hat.

Warum aber die SPÖ darüber jubelt, die immer wieder gesagt hat: Wir werden unter Umständen sogar ein fünfjähriges Freisetzungsmoratorium unterstützen!, verstehe ich nicht.

Frau Bundesminister! Mit dieser Ihrer gestrigen Stellungnahme fallen Sie den Unterzeichnern des Gentechnik-Volksbegehrens, denen Sie sehr viel Hoffnung gemacht haben, in den Rücken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie schaut denn das scharfe Haftungsgesetz, über welches sich die Industrie noch heute empört, aus? – Der Chef der Novartis hat sich gestern darüber beschwert, welche schlimmen Auswirkungen dieses Haftungsgesetz nach wie vor in sich birgt. Wenn man dieses Gesetz genauer betrachtet, dann entpuppt es sich doch tatsächlich als Enthaftungsgesetz für die Betreiber. Auch mein Kollege Pumberger hat es schon als solches bezeichnet.

Ursprünglich wurde vom Bundesministerium für Justiz eine Neuregelung bezüglich der Scha­denersatzpflicht für Umweltschäden vorgesehen. Diese erstmals vorgesehene Schaden­ersatzpflicht für Umweltschäden wurde aber aus dem Entwurf wieder herausgestrichen. Das heißt also, daß für große Umweltschäden, die gerade durch Freisetzungen entstehen können, niemand zu haften braucht. Schaut so ein scharfes Haftungsgesetz aus?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weiters gibt es keine Haftung für Schäden, die nach Zulassung eines Produktes auftreten, und somit gibt es keine Haftung bei eventuellen Lang­zeitfolgen. Schaut so ein scharfes Haftungsgesetz aus, Herr Kollege Lukesch? (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.) Zudem wurde die Bestimmung, daß die Ersatzpflicht den entgangenen Gewinn umfaßt, die im Gesetz ursprünglich enthalten war, eliminiert. Können Sie mir sagen, Herr Kollege Lukesch, warum diese im Gesetz ursprünglich enthaltene Bestimmung bezüglich des entgangenen Gewinns eliminiert wurde? – Das ist doch ein wesentlicher Rückschritt gegen­über der geltenden Rechtsprechung. Das ist doch keine Verschärfung, sondern eine Auf­weichung der Haftungsgesetze, Kollege Lukesch!. – All das geschieht im Interesse der Lob­byisten der Gentechnikindustrie. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die einzigen – das muß man den ÖVP-Bauern sagen! –, die in Zukunft Haftungsrisiko zu tragen haben werden, werden jene Landwirte sein, die gentechnikveränderte Produkte anwenden werden. Das muß man den Bauern draußen sagen! Sie sind sozusagen übriggeblieben, sie haften zur ungeteilten Hand. Das ist das einzige an Haftungsverpflichtung, was in diesem Haf­tungsgesetz tatsächlich übriggeblieben ist. Dem Schutz der Betreiber dient in Wirklichkeit dieses Haftungsgesetz.

So wie die Haftungsfrage ungenügend geregelt ist, ist auch die Parteienstellung ungenügend geregelt. Es gibt zum Beispiel keine Parteienstellung in Falle der Freisetzung von gentechnisch veränderten Tieren, und es gibt nur eine äußerst eingeengte Parteienstellung im Falle der Freisetzung von Pflanzen – beschränkt auf die unmittelbaren Nachbarn, auf die betroffene Gemeinde und auf das Land. Auf der Strecke bleiben mit diesen Regelungen die Umwelt, der biologische Landbau und der von Ihnen so propagierte Feinkostladen Europas.

Es ist doch bezeichnend, wenn uns gestern die ÖVP-nahen Biobauern einen Novellierungs­vorschlag haben zukommen lassen, in welchem unter anderen steht: Für uns ist es undenkbar, daß es gegen eine gentechnische Zwangsbeglückung von biologischen Feldern keine gesetz­liche Regelung geben soll! Wir glauben nicht, daß wir zu einer neuen Technologie, die wir ablehnen, gezwungen werden können! Weiters sagten die Biobauern: Wir sind der Meinung, daß Wind und Insekten nicht als nicht vermeidbares Naturereignis bezeichnet werden können und daher in die Haftung mit einbezogen werden müssen!

Gegen die Biobauern, die im Interesse der österreichischen kleinstrukturierten bäuerlichen Landwirtschaft agieren, die den Feinkostladen Österreich tatsächlich aufbauen wollen, ist all das, was wir heute zum Gesetz machen wollen, gerichtet. Das müssen Sie den Biobauern einmal erklären! Sie sind doch die Vertreter des Feinkostladens! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Lesen Sie das doch in dem Brief, den Ihnen Ihre ÖVP-Biobauern wahrscheinlich gestern auch zugesandt haben, nach!

Wenn die Volkspartei und die „umgefallene“ SPÖ heute diese Anträge beschließen, dann gibt es in Zukunft auch bei uns das Essen aus dem Genlabor, meine Damen und Herren! Dieses wird nicht umfassend gekennzeichnet sein. Bis zu den ersten Freisetzungen wird es, wenn dieses Gesetz heute beschlossen wird, nur noch wenige Wochen dauern. Das heißt, daß es in Österreich Langzeitversuche in der freien Natur ohne jedwede Technologiefolgenabschätzung geben wird. Sie haben ja unseren Antrag auf ein fünfjähriges Moratorium abgelehnt. Sie wollen keine Technologiefolgenabschätzung. Sie wollen einen Langzeitversuch, bei dem nicht bekannt ist, wie er schlußendlich ausgehen wird. Sie bauen lediglich auf das Prinzip Hoffnung, und Sie sind schlußendlich nur dem Weg, den Ihnen die Gen-Lobby vorgeschrieben hat, gefolgt.

Niemand von Ihnen kann sagen, ob die vorgenommenen Veränderungen und deren Aus­wirkungen, die es geben kann, dann auch reparabel sind. Das weiß heute niemand. Niemand weiß, wie die neu entstandenen Organismen, deren genetische Komponenten und Verbin­dungen sich irgendwie entwickeln können, dann kontrolliert werden sollen, Herr Kollege Leiner! Das wissen Sie nicht, das weiß niemand.

Wer kann uns die Gewähr geben, daß eine Bedrohung der genetischen Vielfalt durch diese Versuche tatsächlich ausgeschlossen ist? (Zwischenruf des Abg. Dr. Leiner.) Herr Kollege Leiner! Können Sie als prononcierter Gentechnikbefürworter alle Sekundärauswirkungen, die es in 20, 30 Jahren geben wird, zur Gänze beschreiben? Können Sie uns sagen, wie das in 20 und 30 Jahren ausschauen wird? – Natürlich können Sie das nicht. Ich bin überzeugt davon, daß es hypothetische Risken gibt, die zum Zeitpunkt der Veränderung nicht abschätzbar sind, weil sie erst später entstehen. Selbstverständlich gibt es diese. Wie groß das Risiko dabei ist, interessiert Sie auch nicht. Sie erledigen lediglich das Geschäft der gewinnsüchtigen Lobbyisten – zu Lasten der österreichischen Bevölkerung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wer erzielt denn den Gewinn aus der neuen gesetzlichen Lage? – Die von Ihnen befolgte Gen­technik-Lobby. – Wer trägt das Risiko? – Die gesamte österreichische Bevölkerung. Der Nahrungsmitteleinkäufer trägt das Risiko. (Abg. Dr. Puttinger: Wo ist der Patient? – Abg. Dr. Leiner: Die kranken Leute!) Den Gewinn haben einige wenige, das Risiko tragen alle.

Es kann sogar zu massiven Eingriffen in die Evolution kommen; darüber haben Sie in den Ausschüssen gar nicht diskutiert. Komplexe Systeme können nachhaltig verändert werden; auch darüber wurde in den Ausschüssen nicht diskutiert. Die molekulare Uhr kann verstellt werden; auch darüber wurde in den Ausschüssen nicht diskutiert. Ich behaupte daher, daß die Gen­technikbefürworter die Risken nicht umfassend prognostizieren können und wollen. Ihnen geht es einzig und allein um den Gewinn. All diese offenen Fragen – Unwägbarkeiten – sollten doch Grund genug sein, auf diese Technologie zumindest so lange zu verzichten, solange die Folgen nicht abschätzbar sind.

Es besteht zudem, meine Damen und Herren, keinerlei Bedarf nach genmanipulierten Nah­rungsmitteln. Es gibt keinen Bedarf danach. Das wollen wir einmal klar und deutlich feststellen! Der Weg sollte genau in die andere Richtung gehen. Die Grundlagen für die Ernährung werden mit der Gentechnik nicht verbessert, nicht gesichert, sondern eher auf lange Sicht gefährdet. Wenn Österreich der Feinkostladen Europas werden soll, dann muß die naturnahe Produktion geschützt und darf nicht gefährdet werden, so wie Sie das tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitliche vertreten die Interessen der Unterzeichner des Gentechnik-Volksbegehrens mehr als dessen Proponenten, kann ich am Ende des dafür eingesetzen Sonderausschusses sagen, denn diese haben sich zwischendurch sogar bereit erklärt, nur mehr Mindestforderungen zu stellen. Wir sind für ein gentechnikfreies Österreich, solange die Risken nicht abschätzbar sind. (Abg. Dr. Lukesch: Du bestehst aus Genen!) 

Wir wollen ein gentechnikfreies Österreich, Herr Kollege Lukesch! Wir haben die Interessen der bäuerlichen Familienbetriebe, der Konsumenten und der kommenden Generationen zu vertreten. Sie vertreten die Interessen von Monsanto, Sie vertreten die Interessen von De Kalb und Du Pont, von AgrEvo und wie sie alle heißen – Interessen, die rein pekuniär begründet sind, meine Damen und Herren! Diesen Chemiekonzernen wollen Sie den Markt öffnen, und damit werden Sie der Gentechniklobby eine Macht in die Hand geben, die zu immer größeren Abhän­gigkeitsverhältnissen führen wird.

Es werden alle abhängig gemacht: die Bauern und die Konsumenten. Noch dazu geht man ein großes Risiko ein. Was steht am Ende? – Am Ende steht ein riesengroßer Markt, der von einigen wenigen beherrscht wird. Jene, die früher die österreichische Bevölkerung mit Nah­rungsmitteln versorgt haben, können nicht mehr mithalten. Das bedeutet das Ende des Fein­kostladens Österreich. Doch die Verantwortung dafür trägt federführend die ÖVP und der Erfüllungsgehilfe SPÖ. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.18


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Maria Rauch-Kallat. Die Uhr ist auf 12 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

9.18


Abgeordnete Maria Rauch-Kallat¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit dem Beschluß über den Bericht des Besonderen Aus­schusses zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens und einem umfassenden Ände­rungsantrag zum Gentechnikgesetz, der sich sowohl mit der Frage der Freisetzungen als auch mit jener der Haftungen auseinandersetzt, können wir heute mit einem durchaus zufrie­den­stellenden Ergebnis vor Sie hintreten, welches in einem hohen Maße den Forderungen der Unterzeichner des Gentechnik-Volksbegehrens Rechnung trägt.

Lassen Sie mich ganz kurz zu den Ergebnissen etwas sagen. Dieser Abänderungsantrag bezie­hungsweise dieser Antrag zum Gentechnikgesetz enthält eine der strengsten Haftungen weltweit. Wir haben mit dieser Haftungsregelung sichergestellt, daß alle Ansprüche, die auf­grund möglicher Schäden entstehen könnten, und zwar sowohl an Sachen als auch an der Umwelt als auch an der Gesundheit, umfassend abgedeckt werden. Damit ist Österreich weltweit führend. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Gleichzeitig haben wir einer Forderung des Gentechnik-Volksbegehrens nach einer umfas­senden Parteienstellung Rechnung getragen. War es bisher so, daß nur der Antragsteller das Recht hatte, als Partei zu gelten, ist es nun auch der unmittelbar betroffene Nachbar, und zwar sowohl der Grundeigentümer als auch ein allfälliger Pächter. Es ist aber auch die Stand­ortgemeinde, es ist, wenn das Grundstück an der Gemeindegrenze liegt, die Nachbargemeinde, und es ist das jeweilige Bundesland, das nunmehr Parteienstellung hat, womit auch sicher­gestellt ist, daß die Interessen und Rechte der Betroffenen gewahrt werden können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Eine weitere Forderung des Gentechnik-Volksbegehrens war eine zusätzliche Nominierung in die wissenschaftlichen Ausschüsse. Auch da ist eine wesentliche Verbesserung zur bisherigen Gesetzeslage erreicht worden. Wir haben nunmehr ein transparentes Nominierungsverfahren für die wissenschaftlichen Ausschüsse, eine öffentliche Ausschreibung und eine öffentliche Bewertung durch die Akademie der Wissenschaften, sodaß damit gewährleistet ist, daß auch gentechnisch kritische Wissenschafter in den wissenschaftlichen Ausschüssen vertreten sind. Wir haben darüber hinaus auch noch die Funktion des Vertreters des Gentechnik-Volks­begehrens Professor Dr. Weish in der Gentechnik-Kommission ex offo in die wissenschaftlichen Ausschüsse mit Sitz und Stimme verlagert, sodaß auch gewährleistet ist, daß in diesen Ausschüssen, wo es um Freisetzungen geht, die Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens vertreten sind.

Wir haben darüber hinaus – auch das ist eine Forderung des Gentechnik-Volksbegehrens – die Strafen für illegale Freisetzungen drastisch erhöht, und zwar von 50 000 S auf 300 000 S.

Meine Damen und Herren! Damit ist es uns, so glaube ich, gelungen, weitgehende Forderungen der Proponenten und der Unterzeichner des Gentechnik-Volksbegehrens zu erfüllen, auch wenn die Proponenten das nicht eingestehen wollen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß es ganz wichtig ist, daß wir hier festhalten, daß wir in siebenmonatiger sehr ernsthafter Verhandlung zum Gentechnik-Volksbegehren sehr viele Expertinnen und Experten gehört haben, daß wir versucht haben, uns mit den Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens von Anfang an zu verständigen und all ihre Wünsche und Forderungen auch entsprechend zu berücksichtigen – sowohl was die Zahl der Teilnehmer des Volksbegehrens als auch die Zahl der Experten als auch die Reihenfolge der Behandlung anlangt. Ich bedauere es sehr, daß die Proponenten trotz der von uns gezeigten Koope­rations­bereitschaft unsere ausgestreckte Hand nicht immer ergriffen haben und aus dem Ausschuß ausgezogen sind, was dazu geführt hat, daß sie bei wesentlichen Teilen der Beratungen gar nicht anwesend waren und daher auch von uns zum Teil nicht befragt werden konnten.

Trotzdem glaube ich, daß wir mit diesem Ergebnis auch in demokratiepolitischer Hinsicht gezeigt haben, daß Volksbegehren in diesem Hause ernst genommen werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es haben aber die Beratungen und auch die Initiative gezeigt, die von Proponenten dreier Volksbegehren gesetzt wurde, daß noch zusätzliche Mechanismen eingeführt werden sollten und müßten, um die direkte Demokratie in Österreich zu verbessern. Es wird meine Fraktion daher nach der Bundespräsidentenwahl einen Selbständigen Antrag zur Verbesserung der Instrumente der direkten Demokratie einbringen, der sich vor allem darauf konzentrieren wird, daß die Einleitungsverfahren für Volksbegehren ausschließlich von Bürgern und nicht von po­li­tischen Parteien durchgeführt werden können und daß auch die Möglichkeit, den Bundes­präsidenten mit fünf Unterschriften von Nationalratsabgeordneten zu unterstützen, abgeschafft und durch Unterschriften von Bürgern, und zwar von mindestens 6 000 Bürgern, ersetzt wird, und der auch die Erleichterung der Abgabe von Unterstützungserklärungen betreffen wird. All das wird meine Partei nach der Bundespräsidentenwahl in einem entsprechenden Antrag einbringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einige Punkte ansprechen, die uns bei der Behandlung dieses Gentechnik-Volksbegehrens wichtig waren. Die Forderungen sind folgende: kein Essen aus dem Genlabor in Österreich, keine Freisetzungen genmanipulierter Organismen in Österreich und kein Patent auf Leben.

Ich glaube, daß es ganz wichtig ist, zu sagen, daß die Forderung „kein Essen aus dem Genlabor“ impliziert, daß der Glaube vorhanden ist, daß gentechnisch veränderte Nahrungs­mittel in jedem Fall gesundheitsschädlich sein müssen.

Ich glaube, daß es ganz wichtig ist, festzuhalten, daß in Österreich ein ganz strenges Lebens­mittelgesetz herrscht, das gesundheitsschädliche Lebensmittel gar nicht auf den Markt kommen läßt, und daß dieses Lebensmittelgesetz selbstverständlich auch für allfällige gentechnisch veränderte Lebensmittel gilt.

Es ist daher auch ganz wesentlich, festzuhalten, daß der Bürger frei entscheiden können soll, ob er ein gentechnisch verändertes Lebensmittel oder ein biologisches Lebensmittel wählt. Daher ist es ganz wichtig, daß wir eine umfassende Kennzeichnung – und zwar nicht in österreichi­schem Alleingang, denn in einer europäischen Marktwirtschaft wird das wenig Sinn haben –, und zwar eine europaweite klare Kennzeichnung für den Konsumenten durchführen und damit sicherstellen, daß der Konsument frei wählen und seine Entscheidung für sich treffen kann und nicht gezwungen ist, gentechnisch veränderte Lebensmittel zu nehmen.

Die zweite Forderung hieß: keine Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in Öster­reich. Da war es uns wichtig, Österreich von der wissenschaftlichen Forschung nicht abzukop­peln. Das ist eine ganz wesentliche Bestimmung beziehungsweise Entscheidung – weil Öster­reich weltweit nicht allein agieren kann, nicht sozusagen die „Insel der Seligen“ bleiben kann. Außerdem kann es nicht angehen, daß österreichische Forscher möglicherweise in das Ausland gehen müssen, um Forschungen betreiben zu können. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny.)

Es war uns daher sehr wichtig, festzuhalten, daß es Freisetzungen nur unter klaren Rahmen­bedingungen geben kann. Das sind: Sicherheit der Parteienstellung, Haftungssicherheit, aber auch klare Rahmenbedingungen für Betriebe und Unternehmungen, eine Rechtssicherheit, die notwendig ist, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu erhalten, um für Betriebe die Sicherheit zu haben, daß sie in Österreich bleiben können, und somit auch die Arbeitsplätze in Österreich zu erhalten.

Meine Partei bekennt sich dazu, und es ist uns gar nicht peinlich, auch wenn das ein Vertreter beziehungsweise ein Lobbyist von Greenpeace heute im „standard“ schreibt. Wir von der ÖVP bekennen uns zur Erhaltung von Arbeitsplätzen. Das ist, so glaube ich, das, was die Öster­reicher erwarten können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich muß noch einen Abänderungsantrag zum Gentechnikgesetz einbringen, und zwar einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Rauch-Kallat, Gradwohl und Kollegen zum Bericht und Antrag des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens (1112 der Beilagen) betreffend den Entwurf des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwen­dung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden, geändert wird.

Aufgrund des Umfanges ersuche ich den Präsidenten um Verteilung dieses Abänderungs­antrages. Die Eckpunkte des Antrages sind folgende:

Er dient trotz seines Umfanges in erster Linie der Berichtigung von redaktionellen Versäum­nissen; er sieht im wesentlichen eine Verordnungsermächtigung für mehrere Mitglieder der Bun­desregierung zur Gewährleistung der Sicherheitsinformationen über nachträglich auftretende Risiken von Erzeugnissen mit GVOs vor; er regelt den Austausch der wissenschaftlichen Ausschüsse per Ende Oktober 1998, verankert neue, den Inhalten entsprechende Inkraft­tretensbestimmungen und bringt eine bessere Kombination der Parteienstellung Betroffener mit den EU-Erfordernissen, in 80 Tagen das Verfahren abzuschließen, und erreicht schlußendlich eine Abstimmung des Nominierungsrechtes der Österreichischen Akademie der Wissen­schaften mit den Organisationsbestimmungen der Österreichischen Akademie der Wissen­schaften.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einen kurzen Blick auf die Zukunft werfen. Wir werden weiterhin auf den Dialog setzen, vor allem aber auf Information und Aufklärung in dieser Frage. Ich bin überzeugt davon, daß sich die Umweltorganisationen dem Dialog mit dem informierten und kritischen Bürger, von dessen Spenden sie auch in ihrer Existenz abhängen, nicht werden entziehen können, ohne Gefahr zu laufen, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Mit den Ergebnissen des Ausschusses haben wir in Österreich strenge und weltweit einzigartige Regelungen für gentechnisches Forschen und Entwickeln. Wir haben nach langer und intensiver Diskussion einen Punkt erreicht, der einen Interessenausgleich zwischen den ökologischen Interessen, den Sorgen und Ängsten der Bürger und den berechtigten Interessen der öster­reichischen Wirtschaft, die Arbeitsplätze sichert, darstellt.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluß noch all jenen danken, die an diesem Ausschuß mitgewirkt haben, allen voran meinem Kollegen Gradwohl, der in überaus kooperativer Weise den gewählten Weg gegangen ist. Ich möchte aber auch allen Expertinnen und Experten, sowohl den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen als auch den Kollegen von den Fraktionen, aber auch den Beamten in den Ministerien und den Ministern selbst sehr herzlich danken. Ich glaube, daß wir mit dem erzielten Ergebnis durchaus zufrieden sein können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.32


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Rauch-Kallat, Grad­wohl und Genossen liegt vor. Er ist ausreichend unterstützt. Er ist in seinen Eckpunkten erläutert worden, seine schriftliche Fassung wird verteilt werden, und er steht somit in Verhandlung.

Der Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat, Gradwohl und Kollegen zum Bericht und Antrag des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens (1112 d.B.) be­treffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz – GTG), BGBl. Nr. 510/1994, geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gen­technisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz – GTG), BGBl. Nr. 510/1994, geändert wird, wird wie folgt geändert:

1. Vor der Ziffer 1 wird folgende Überschrift eingefügt:

„Artikel I“

2. Die Ziffer 1 lautet:

„1. im Inhaltsverzeichnis wird

a.) nach § 39 eingefügt: „§ 39a Parteistellung“

b.) nach der Übersicht über den IV. Abschnitt eingefügt:

„IVa. Abschnitt – Zivilrechtliche Haftung

§ 79a Personen- und Sachschäden

§ 79b Beeinträchtigung der Umwelt

§ 79c Ausschluß der Haftung

§ 79d Beweiserleichterung

§ 79e Haftung, Rückgriff und Ausgleich bei mehreren Betreibern

§§ 79f, 79g Auskunft

§ 79h Anwendung des ABGB

§ 79i Sonstige Ersatzansprüche

§ 79j Deckungsvorsorge“

c .) wird nach § 101 Kontrollen eingefügt:

„§ 101a Wiederherstellung der Umwelt

§ 101b Maßnahmen bei einer Freisetzung ohne Genehmigung

§ 101c Gentechnikregister

§ 101d Sicherheitsdokumentation

§ 101e Verordnungsermächtigung““

2a. In Ziffer 3c lautet § 23 Abs. 1 Z 3:

„3. der Betreiber den Nachweis einer Haftpflichtversicherung nach § 79j Abs. 1 zweiter oder dritter Satz vorlegt.“

3. In Ziffer 4 lautet § 39a Abs. 1 Z 4:

„4. der Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Freisetzung erfolgen soll, wenn er gemäß § 43 Abs. 1 und 2 begründete Einwendungen schriftlich der Behörde übermittelt und bei der Anhörung näher erläutert und zugleich mit seinen schriftlichen Einwendungen das Vorliegen der Voraussetzungen für seine Parteistellung nachgewiesen hat,“

4. In Ziffer 4 lautet § 39a Abs. 1 Z 5:

„5. die Nachbarn, wenn sie gemäß § 43 Abs. 1 und 2 begründete Einwendungen im Sinne des nachfolgenden Abs. 2 schriftlich der Behörde übermittelt und bei der Anhörung näher erläutert und zugleich mit ihren schriftlichen Einwendungen das Vorliegen der Voraussetzungen für ihre Parteistellung nachgewiesen haben. Nachbarn sind die Eigentümer der Grundstücke, die mit dem Grundstück, auf dem die Freisetzung erfolgen soll, eine gemeinsame Grenze haben, sowie Personen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung und während des Verfahrens diese Grund­stücke gepachtet haben, und Personen, die sich zum Zeitpunkt der Antragstellung und während des Verfahrens rechtmäßig und nicht nur vorübergehend auf einem dieser Grundstücke auf­halten, sowie“

5. In Ziffer 4 lautet § 39a Abs. 1 Z 6:

„6. das Bundesland, in dessen Zuständigkeitsbereich die Freisetzung erfolgen soll, wenn es gemäß § 43 Abs. 1 und 2 begründete Einwendungen im Sinne des nachfolgenden Abs. 2 schriftlich der Behörde übermittelt und bei der Anhörung näher erläutert hat.“

6. In Ziffer 4 lautet § 39a Abs. 2:

„(2) Die Gemeinden gemäß Abs. 1 Z 2 und 3 sind aufgrund der ihnen zukommenden Par­teistellung, jede von diesen im Rahmen der jeweils von ihr gemäß § 43 Abs. 1 und 2 erhobenen Einwendungen, berechtigt, die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die der Sicherheit (§ 1 Z 1) innerhalb ihres jeweiligen örtlichen Zuständigkeitsbereichs dienen, im behördlichen Verfahren zur Genehmigung der Freisetzung geltend zu machen. Das Bundesland gemäß Abs. 1 Z 6 ist aufgrund der ihm zukommenden Parteistellung im Rahmen der von ihm gemäß § 43 Abs. 1 und 2 erhobenen Einwendungen berechtigt, die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die der Sicherheit (§ 1 Z 1) innerhalb seines jeweiligen Zuständigkeitsbereichs dienen, im behördlichen Verfahren zur Genehmigung der Freisetzung geltend zu machen. Der Eigentümer des Grund­stückes gemäß Abs. 1 Z 4 und dessen Nachbarn gemäß Abs. 1 Z 5, jeder von ihnen im Rahmen der jeweils von ihm gemäß § 43 Abs. 1 und 2 erhobenen Einwendungen, sind berech­tigt, die Einhaltung der Rechtsvorschriften, die der Sicherheit seiner eigenen Gesundheit und der seiner Nachkommenschaft dienen, als subjektives öffentliches Recht im behördlichen Verfahren geltend zu machen, Rechtsmittel zu ergreifen und beim Verwaltungsgerichtshof sowie beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde einzubringen.“

6a. In Ziffer 5c lautet § 40 Abs. 1 Z 3:

„3. der Betreiber den Nachweis einer Haftpflichtversicherung nach § 79j Abs. 1 zweiter oder dritter Satz vorlegt.“

7. Nach der Ziffer 5 wird nachstehende Ziffer 5a eingefügt:

„5a. § 41 wird zu § 41 Abs. 1, dem folgender Abs. 2 folgt:

„(2) Die Mitteilung des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens an eine Partei gemäß § 39a Abs. 1 Z 2 bis 6 hemmt die Frist gemäß § 40 Abs. 1 nicht.““

8. In Ziffer 6 lauten § 43 Abs. 1 und Abs. 2 wie folgt:

„(1) Die Behörde hat im Amtsblatt zur Wiener Zeitung, in zwei örtlichen Tageszeitungen und an den Anschlagtafeln der Gemeinden gemäß § 39a Abs. 1 Z 2 und 3 auf Kosten des Betreibers kundzumachen, daß ein Antrag auf Freisetzung eines GVO gestellt wurde, diesbezügliche Unterlagen bei der Behörde (§ 100), allen Ämtern der Landesregierungen und den Gemeinden, in deren örtlichen Zuständigkeitsbereich eine Freisetzung von GVO erfolgen soll, während eines Zeitraumes von drei Wochen zur öffentlichen Einsichtnahme aufliegen und daß es jedermann freisteht, der Behörde innerhalb der Auflegungsfrist begründete Einwendungen schriftlich zu übermitteln. In der Kundmachung sind Personen, die gemäß § 39a Abs. 1 Z 4 und 5 Par­tei­stellung im weiteren behördlichen Verfahren zur Genehmigung der Freisetzung erlangen können, darauf hinzuweisen, daß sie die Parteistellung durch die Erhebung begründeter schriftlicher Einwendungen unter gleichzeitigem Nachweis der Voraussetzungen für ihre Par­teistellung und nachfolgender Erläuterung ihrer Einwendungen bei der Anhörung erlangen können.

(2) Die Behörde hat im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eine Anhörung anzuberaumen; diese Anhörung hat innerhalb von drei Wochen ab Ende der Auflegungsfrist stattzufinden. Die Anhörung dient der Erörterung der fristgerecht übermittelten Einwendungen; den Einwendern ist Gelegenheit zur näheren Erläuterung ihrer Einwendungen zu geben. Die Behörde hat zu dieser Anhörung jeden, der fristgerecht begründete Einwendungen schriftlich übermittelt hat, zu laden. Diese Ladung kann in der Kundmachung gemäß Abs. 1 vorgenommen werden. Die Behörde hat überdies gesondert zu laden:

a) den Antragsteller gemäß § 39a Abs. 1 Z 1,

b) die Gemeinden gemäß § 39a Abs. 1 Z 2 und 3, wenn sie Einwendungen gemäß Abs. 1 erhoben haben,

c) den Eigentümer des Grundstücks gemäß § 39a Abs. 1 Z 4,

d)die Nachbarn gemäß § 39a Abs. 1 Z 5, wenn sie Einwendungen gemäß Abs. 1 erhoben und das Vorliegen der Voraussetzungen für ihre Parteistellung nachgewiesen haben,

e)das Bundesland gemäß § 39a Abs. 1 Z 6, wenn es Einwendungen gemäß Abs. 1 erhoben hat, und

f) die Mitglieder des zuständigen wissenschaftlichen Ausschusses.“

9. In Ziffer 12 lautet der Absatz 2 Ziffer 2 lit. a wie folgt:

„a) Mikroorganismen:

ein Experte für molekulare Mikrobiologie (nominiert vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten), ein Experte für mikrobielle Ökologie (nominiert vom Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie, ein Experte für Pflanzen- oder Tierpathologie (nominiert vom Bundeskanzler), ein Experte für Umwelthygiene (nominiert vom Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales)“

10. In Ziffer 13 lauten die Absätze 1 bis 3 in § 89 wie folgt:

„(1) Das Nominierungsrecht für die Experten hat, sofern in den §§ 86 bis 88 nicht anderes bestimmt wird, die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Die Nominierung erfolgt durch die Gesamtsitzung der ÖAW aufgrund einer öffentlichen Ausschreibung.

(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister üben ihre Nominierungsrechte auf Grund von Dreiervorschlägen aus. Die Erstellung dieser Dreiervorschläge erfolgt durch die Gesamtsitzung der ÖAW aufgrund einer öffentlichen Ausschreibung im Sinne der Vielfalt wissenschaftlicher Lehrmeinungen im Einvernehmen mit dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und dem Forschungsförderungsfonds der gewerblichen Wirtschaft.

(3) Der Präsident der ÖAW hat die in den wissenschaftlichen Ausschüssen gemäß Abs. 1 und 2 zu besetzenden Positionen im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ öffentlich auszuschreiben. Zusätzlich kann der Präsident der ÖAW diese Positionen nach Maßgabe der finanziellen Bedeckung der Kosten auch in anderer geeigneter Weise ausschreiben. Die Bewerbungs- und Vorschlagsfrist hat mindestens drei Wochen zu betragen.“

11. In Ziffer 15 lautet die Einleitung: „Nach § 101 werden folgende §§ 101a bis 101e eingefügt:“

12. In Ziffer 15 werden folgende Überschriften eingefügt:

a. die Überschrift zu § 101a: „Wiederherstellung der Umwelt“

b. die Überschrift zu § 101b: „Maßnahmen bei einer Freisetzung ohne Genehmigung“

13. In Ziffer 15 wird dem Abs. 3 des § 101a folgender Satz angefügt:

„Mit dieser Befassung des Bezirksgerichts tritt der Bescheid über die Höhe der Entschädigung außer Kraft.“

14. In Ziffer 15 lautet § 101e:

"Verordnungsermächtigung

§ 101e. (1) Soweit dies zur Gewährleistung der Kontrolle der Sicherheit (§ 1 Z 1) von Erzeugnissen gemäß § 54 Abs. 1 erforderlich ist, hat der Bundeskanzler nach Anhörung des zuständigen wissenschaftlichen Ausschusses der Gentechnikkommission im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie, dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr unter Bedachtnahme auf Zweckmäßigkeit, Raschheit und Vollständigkeit sicherheitsrelevanter Angaben durch Ver­ordnung nähere Bestimmungen über Inhalt, Umfang und Form der gemäß § 57 Z 2 vorzunehmenden Unterrichtung der Behörde zu erlassen.

(2) Zusätzlich sind in die Sicherheitsdokumentation Informationen aufzunehmen, die die Behörde gemäß § 57 Z 2 erhält.“

15. In Ziffer 18 lit. b erhalten die Ziffern 11 und 11a die Bezeichnung 9 und 10, die ursprüng­lichen Ziffern 9 und 10 die Bezeichnung 11 und 12; die ursprünglichen Ziffern 12 bis 35 erhalten die Bezeichnung 13 bis 36.

Die Z 41 hat zu lauten:

"wer entgegen der Bestimmung des § 79g eine Auskunft zu anderen Zwecken als zur Durch­setzung von Ansprüchen nach dem IVa. Abschnitt verwendet,“

16. In Ziffer 18 lit. d lautet die Einleitung:

„Abs. 4 erhält die Bezeichnung Abs. 5 und lautet: “Weiters wird vor dem Ausdruck „Die Beschlagnahme“ der Ausdruck „(5)“ eingefügt.

17. In Ziffer 18 lit. e lautet die Einleitung:

"Abs. 6 lautet:"

Weiters wird der Ausdruck „(5)“ durch „(6)“ ersetzt.

18. In Ziffer 18 lit. f lautet die Einleitung:

„Abs. 7 lautet:“

Weiters wird der Ausdruck „(6)“ durch „(7)“ ersetzt.

19. Ziffer 19 entfällt, Ziffer 20 wird zur Ziffer 19

20. Nach der neuen Ziffer 19 wird folgender Artikel II angefügt:

„Artikel II

(1) Die §§ 4, 39a, 41, 43, 58, 60, 81, 85, 87, 89, 101b bis 101e, 105, 107, 109, ausgenommen Abs. 2 Z 3 und 111 Z 19 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. ..../1998 treten mit 1. Juli 1998 in Kraft.

(2) Die §§ 23, 40, 79a bis 79j, 101a, 109 Abs. 2 Z 3 und 111 Z 13a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. ..../1998 treten mit 1. Oktober 1998 in Kraft.

(3) Die §§ 79a bis 79j sind auf Schäden und der § 101a ist auf Umweltbeeinträchtigungen, die vor deren Inkrafttreten verursacht worden sind, nicht anzuwenden.

(4) Die Funktionsperiode der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens gemäß Abs. 1 bestellten Mitglieder der wissenschaftlichen Ausschüsse endet am 31. Oktober 1998.“

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

9.32


Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ungeachtet dessen, daß der Ausschuß tatsächlich sehr lange getagt hat, viele Sitzungen abgehalten hat, teile ich nicht die Einschätzung der Frau Abgeordneten Rauch-Kallat, daß wir mit dem Ergebnis zufrieden sein können. Ich glaube, daß wir das sehr bald merken werden, weil ein Interessenausgleich, der angestrebt worden ist, nicht erreicht worden ist.

Seit wir in diesem Haus über Gentechnologie und die gesetzlichen Grundlagen für die Gen­technologie in Österreich reden, hat man es verabsäumt, einen fairen Interessenausgleich zuzulassen – mit dem Ergebnis, daß wir heute genau vor der Situation stehen, daß sehr viele Sorgen und Ängste existieren, daß niemand glaubt, daß hinter dieser Technologie beherrsch­bare Risken stehen, sondern alle Sorge haben, daß das etwas ist, das uns entgleiten kann. Das wird durch das Verhalten, das auch im Ausschuß gesetzt ... (Abg. Kopf: Das ist eine Glaubens­frage!)

Es ist keine Glaubensfrage, Herr Abgeordneter Kopf, sondern es ist eine Frage der Plausibilität, und ich werde im Zusammenhang mit den Haftungsbestimmungen darauf noch eingehen.

Denn: Wenn, wie gesagt wird, keine Risken existieren würden, bestünde doch überhaupt kein Grund, kein strenges Haftungsregime dafür einzuführen. Ich verstehe nicht, warum gerade jene Vertreter aus dem Bereich der Gentechnologie, die sagen, das sei etwas, was gut sei, das sei etwas, was viele Vorteile für Österreich brächte, und dahinter seien keine Risken, nicht auch sagen: Wir wollen dafür auch ein strenges Haftungsregime! Wenn jemals aus diesem Zusam­menhang etwas passieren sollte, dann werden wir die dadurch entstandenen Schäden gegen­über den Geschädigten zur Gänze abdecken! – Aber das wird nicht gesagt, sondern ganz im Gegenteil: Man will keine Haftungsbestimmungen. Auch das, was jetzt beschlossen wird, ist von vornherein totes Recht. Das ist klar. Man prolongiert damit jene Politik, die seit 1992 in diesem Hause gemacht wird, und erreicht in Wahrheit nichts anderes als – case to case, step by step – eine Eskalation der Situation.

Meine Damen und Herren! Das ist schon bei anderer Gelegenheit beschrieben worden, es ist ein bißchen mehr als zehn Jahre her: Barbara Tuchman: „Die Torheit der Regierenden“. Sie schreibt in diesem Zusammenhang:

„Von Torheit kann man erst dort sprechen, wo uneinsichtig an einer Politik festgehalten wird, die nachweislich unwirksam ist oder direkt gegen die eigenen Ziele arbeitet. Es erübrigt sich fast festzustellen, daß die vorliegende Studie“ – diese dicke hier – „durch den Umstand angeregt wurde, daß wir diesem Problem heutzutage auf Schritt und Tritt begegnen.“ – Das ist auf Seite 49 nachzulesen.

Meine Damen und Herren! Genauso ist es auch. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.) Herr Abgeordneter Posch! Sie werden sehen: Das, was im Ausschuß an Arbeit geleistet worden ist, wird die Situation in Österreich nicht zu einem zufriedenstellenden Dialog führen. Herr Abge­ordneter Gradwohl muß sich – das sage ich einmal so – von der Frau Abgeordneten Rauch-Kallat loben lassen, daß er doch in dieser Hinsicht sehr konstruktiv gearbeitet hätte. Das haben auch andere bis zum Schluß des Ausschusses getan. Als dann aber klar wurde, daß in Wahrheit kein echter Kompromiß erwünscht wird, habe auch ich für mich die Konsequenzen gezogen und habe gesagt: Dann werde ich dem Ausschuß nicht bis zu seinem Ende beiwohnen, sondern werde meinen Protest dadurch zum Ausdruck bringen, daß ich vor Ende der letzten Sitzung den Ausschuß verlasse.

Herr Abgeordneter Gradwohl, der, wie erwähnt, sehr konstruktiv gearbeitet hat, war so konstruktiv, daß er sogar den Herrn Bundeskanzler, der hier von diesem Platz aus Ver­sprechungen im Zusammenhang mit einer Anfrage der Grünen gemacht hat, konterkariert hat. Er war derjenige, der offenbar die Tür aufgemacht hat, daß die sozialdemokratische Fraktion in diesem Gentechnik-Sonderausschuß etwas getan hat, etwas zugelassen hat, was das Gegenteil von dem ist, was der Herr Bundeskanzler an diesem Platz versprochen hat. Das wird wahr­scheinlich intern noch zu regeln sein. Auch Kollegin Langthaler wird in diesem Zusammenhang darauf noch eingehen, so nehme ich an. Da das der Fall sein wird, unterlasse ich es, das zu zitieren. Sie werden ja dann hören, daß das, was der Herr Bundeskanzler hinsichtlich der Parteienstellung und der Haftungsregeln expressis verbis versprochen hat, nicht eingehalten worden ist.

Das ist aber interessanterweise schon der zweite Fall. Es gibt nämlich auch im Zusam­menhang – kurzer Side-step – mit Führerscheinprüfungen eine Aussage des Herrn Bundes­kanzlers vom 2. Feber 1997, die er in der Sendung „Zur Sache” getätigt hat, die da lautet, daß er es möglich machen wolle, daß Führerscheinprüfungen generell dort gemacht werden können, wo es für jene, die sie machen wollen, am günstigsten ist, weil er Wettbewerb zulassen wolle.

Es stand bereits zweimal hier im Hohen Haus das Führerscheingesetz zur Verhandlung. Zweimal ist dieses Versprechen des Herrn Bundeskanzlers nicht eingelöst worden. Offenbar kann der Herr Bundeskanzler Klima sagen, was er will, seine Fraktion in diesem Hohen Hause kratzt das überhaupt nicht. Das ist das Problem, das Sie haben. (Zwischenruf des Abg. Wabl.)

Wir haben das Problem, Herr Abgeordneter Wabl, daß die Regierungsfraktionen ihre eigenen Vorsitzenden und deren eigene Versprechungen nicht ernst nehmen und daß in zunehmendem Maße das Vertrauen in die Politik verlorengeht. Nicht umsonst hat Herr Dr. Weish als Proponent des Volksbegehrens bereits angekündigt, daß es zur Gründung einer Initiative „Direkte Demo­kratie“ kommen wird, weil man nämlich nicht nur mit dem Gentechnik-Volksbegehren, sondern auch mit dem Frauen-Volksbegehren und auch mit dem Tierschutz-Volksbegehren und der Behandlung derselben hier im Hohen Hause nicht zufrieden ist.

Meine Damen und Herren! Es ist im Sonderausschuß nicht gelungen, daß jene Sorgen und Ängste, die durch das Volksbegehren zum Ausdruck gekommen sind, die doch so offensichtlich und so eindringlich durch über 1,2 Millionen Unterschriften zum Ausdruck gebracht worden sind, berücksichtigt werden. Es ist im Rahmen des Sonderausschusses nicht gelungen, daß Ver­waltungsverfahren etabliert werden, die gewährleisten, daß es zu einem fairen Interessen­ausgleich kommt. Das ist nach wie vor auf der Strecke geblieben. Weil es auf der Strecke geblieben ist, wird die Auseinandersetzung nicht in den Verwaltungsverfahren, sondern unmittelbar dort, wo eine Freisetzung erfolgt, stattfinden.

Da wird es dann heißen: Da werden die Pflanzen ausgerissen werden! Da wird irgendwann, wenn einmal die kleinen Gräserchen gewachsen sind, der Sensenmann drübergehen! Dann werden wir sagen: Was ist denn Österreich für ein eigentümliches Land, in dem man sich offensichtlich jeder Weiterentwicklung verschließt? – Das ist aber nicht wahr! Wahr ist doch vielmehr, daß es von den Regierungsparteien einfach nicht erwünscht ist, daß ein fairer Inter­essenausgleich in einem Verwaltungsverfahren Platz greift.

Das hat man auch bei der Diskussion um die Beschickung der wissenschaftlichen Ausschüsse gesehen. Was, meine Damen und Herren, spricht denn dagegen, die wissenschaftlichen Ausschüsse, die nichts anderes als Beratungsorgane sind, die ihre Entscheidung mit Mehrheit fassen, nicht nur mit ein, zwei, drei kritischen Personen – definitiv von kritischen Organisationen, nämlich der Gentechnologie kritisch gegenüberstehenden Organisationen – beschicken zu lassen? Was spricht denn dagegen, dort auch ein Minderheitenvotum zuzulassen? (Abg. Dr. Lukesch: Das können Sie doch jederzeit, Herr Kollege!)

Genau das ist nicht der Fall, Herr Abgeordneter! Das Problem ist, daß eine einzige Person dorthin delegiert wird – und zwar nach wie vor eine Person von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften – und daß man Organisationen ausgeschlossen hat, die definitiv der Gen­technologie kritisch gegenüberstehen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny.) Das, Herr Abge­ordneter Nowotny, ist genau jenes Versäumnis, das man diesem Ausschuß vorwerfen muß! Sie werden sehen, daß es nicht zu einer Beruhigung der Situation führt, wenn Sie glauben, man könne einfach drüberfahren und 1,2 Millionen Unterschriften bräuchten Sie nicht zu kratzen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich habe es als sehr positiv empfunden, daß wir im Ausschuß über jenen Vorschlag des Bundesministeriums für Justiz, der die Haftungsregeln betrifft, diskutiert haben. Im Ausschuß wurde eine solche Diskussion geführt, und diese hat dann in der Folge auch zu einer Änderung einzelner Bestimmungen in diesem Entwurf geführt.

Doch nachdem diese Diskussion im Ausschuß geführt worden war – auch mit den Vertretern des Volksbegehrens wurde darüber diskutiert –, hat es einen § 27-GOG-Antrag der Regierungs­fraktionen gegeben, der in wesentlichen Punkten von jenen Positionen, die im Ausschuß offensichtlich von vielen als gemeinsamer Weg empfunden worden sind, abgerückt ist.

Wahr ist, daß Sie eine Haftung, die dann zulässig ist, wenn eine Mitverursachung eines Schadens durch die gentechnisch veränderten Eigenschaften eines Organismus stattfindet, ablehnen. Im neuen Entwurf gibt es eine solche Haftung nicht. Es gibt nur noch dann eine Haftung, wenn ein Schaden unter Mitwirkung anderer gefährlicher Eigenschaften eines GVO entsteht. Der Tatbestand einer Mitverursachung eines Schadens aufgrund der gentechnisch veränderten Eigenschaften, die ein Organismus hat, ist zwar im ersten Entwurf enthalten gewesen, Sie haben ihn aber aus Ihrem Antrag herausgestrichen. Es ist keine Bestimmung über das Produkthaftungsgesetz enthalten, es geht daher nur bis zum Zulassen des Inverkehr­bringens, Herr Abgeordneter Lukesch. (Abg. Dr. Lukesch: Das kommt ja! Das liegt ja schon in Brüssel!)

Wahr ist doch vielmehr, daß dies in diesem Entwurf noch enthalten ist, und zwar mit den entsprechenden Inkrafttretungsbestimmungen, und daß es in jenem Entwurf, den Sie vorlegen, nicht drinnen ist. Das ist die Wahrheit! Wahr ist auch, daß Sie – und zwar als das Gentechnik­gesetz in diesem Hause beschlossen wurde – versprochen haben, daß es Haftungsbestim­mungen geben wird. Es bedurfte erst eines Volksbegehrens mit 1,2 Millionen Unterschriften, um Sie an Ihr Versprechen zu erinnern, das Sie jetzt schon wieder nur unzureichend erfüllen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Das ist eine Vorgangsweise, meine Damen und Herren, mit der Sie garantiert keine Befriedung der Situation – und es herrscht in Sachen Gentechnik eine nicht befriedete Situation in Österreich – herbeiführen werden.

Betrachten wir im Zusammenhang mit den Haftungsregeln den Fall, daß es zu einer Ver­ursachung durch mehrere Betreiber kommt. Während im Bereich der Atomhaftung die SPÖ zwar einen Durchgriff auf dahinterstehende wirtschaftlich potente Unternehmen haben will, soll nach dem Gentechnikgesetz zurzeit nur der Betreiber haften. Nun frage ich Sie: Was ist einfacher, als eine GmbH zu gründen, die über kein großes Kapital verfügt und dann noch in den Konkurs geschickt wird, falls irgend etwas schiefgehen sollte? Ein Durchgriff auf Dahin­terstehende ist nicht möglich – jedenfalls nicht nach den Bestimmungen, die Sie im Ausschuß vorgelegt haben. Sie wollen zwar im Atombereich eine entsprechende Haftung haben, nicht aber im Gentechnikbereich.

Wenn es in der Folge darum geht, daß ein Schaden von mehreren Beteiligten verursacht wurde, dann sind die Geschädigten nicht dadurch geschützt, daß es eine Solidarhaftung gibt – daß nämlich jeweils jeder der Verursacher für den ganzen Schaden haftet –, sondern dann gibt es, wenn es sich beweisen läßt, eine Anteilshaftung. Da liegt ein ganz zentrales Problem, meine Damen und Herren. Kommt es dazu, daß eine Firma auf den gesamten Schaden geklagt wird, und es stellt sich in der Folge heraus, daß diese Firma nur zu einem bestimmten Prozentsatz für den Schaden verantwortlich ist und sie daher auch nur diesen Prozentsatz ersetzen muß, dann führt dies zu einer Kostenteilung des Verfahrens. Aber diese Kostenteilung des Verfahrens wird die geschädigten Personen schwer treffen. Daher wird niemand unter diesem besonderen Risiko der Kostenteilung, das bei einem teilweisen Obsiegen nun einmal existiert, eine Haftungsklage bei mehreren Verursachern einbringen, weil ein Geschädigter, wenn er nicht zu 100 Prozent mit seinem Anspruch durchdringt, neben dem Schaden, den er ohnehin schon persönlich hat, auch noch pleite gehen kann.

Es wäre fair gewesen, in Gentechnikbereich eine Solidarhaftung zu etablieren. Das wäre sowohl ein Mittel, mit dem man dem Geschädigten entgegenkäme, als auch eine Auflage, die jedem gentechnikbetreibenden Unternehmen in Österreich vorgeschrieben werden müßte. Doch Sie sagen, da passiere ohnehin nichts. Sie sagen: Wir sind zum einen nicht nur sehr vorsichtig, sondern die Technologie an sich ist auch nicht gefährlich! – Wenn sie nicht gefährlich ist, dann kann daraus kein Schaden entstehen. Aber wenn daraus kein Schaden entstehen kann, dann kann man dafür sehr offensiv haften. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Doch genau das wird nicht vorgesehen! Daher bestehen nach wie vor die Sorge und der Verdacht, daß die Gentechnik etwas ganz eklatant Gefährliches ist. Die Tatsache, daß die Haf­tungsausschlußgründe gegenüber dem Erstentwurf in Ihrem Antrag nach § 27 GOG auch noch dahin gehend ausgeweitet wurden, daß es auch noch wirtschaftlich zumutbar sein muß, ein Ereignis abzuwenden, und nicht nur dann ein Haftungsausschluß gegeben ist, wenn es eben ein Ereignis höherer Gewalt ist, kann doch nur den Umkehrschluß zulassen, daß auch von seiten der Gentechnologievertreter angenommen wird, daß da etwas passieren kann, das Ausmaße erreicht, die von einer einzelnen Firma haftungsmäßig nicht mehr abgedeckt werden können.

Jetzt bin ich genau bei jenem zentralen Punkt angelangt, der eigentlich erst zu diesem Volks­begehren geführt hat und dazu, daß es 1,2 Millionen Unterschriften erhalten hat. Dies zeigt doch, daß bei dem, was gemacht worden ist, genau diese Ängste nicht berücksichtigt wurden. Daher werden Sie in diesem Zusammenhang auch keine Beruhigung der Situation erreichen. Das wird dem Wirtschaftsstandort Österreich und den positiven Eigenschaften der Gentech­nologie in anderen Bereichen als der Lebensmittelproduktion und der Landwirtschaft nachhaltig mehr schaden, als es eine moderate Umsetzung des Volksbegehrens je hätte tun können.

Meine Damen und Herren! Abschließend noch einige Bemerkungen zum Umgang im Ausschuß miteinander. Frau Abgeordnete Rauch-Kallat hat zu Recht angemerkt, daß die Proponenten des Volksbegehrens während des Ausschusses einmal ausgezogen sind. Ich habe das auch nicht als sinnvoll empfunden, aber Sie haben nicht dazugesagt, Frau Abgeordnete Rauch-Kallat, daß das in der Sitzung vom 5. Dezember 1997 passiert ist, in jener Sitzung nämlich, in welcher die Abgeordneten der Regierungsfraktionen zunächst nicht anwesend waren, und zwar deshalb, weil während der laufenden Verhandlungen die Abgeordneten der Regierungsfraktionen in den Hinterzimmern des Parlaments gesessen sind und dort Entschließungsanträge verhandelt haben, somit also an den Verhandlungen nicht teilgenommen haben.

Von September 1997 bis heute, als die Verhandlungen stattfanden, war doch genügend Zeit, dies außerhalb der Sitzungen zu erledigen. Die Termine waren bekannt, es war also möglich. Aber da hat es offensichtlich keine Einigung unter den Regierungsfraktionen gegeben. Des­wegen, weil es die Regierungsfraktionen nicht für wert hielten, im Ausschuß zu beraten, sondern draußen „weiche“ Entschließungsanträge verhandelten, die Sie dann dem Ausschuß vorlegten, haben sich alle anderen Teilnehmer im Ausschuß – auch die Expertinnen und Experten – geneppt gefühlt. Sich in Anbetracht dessen dann darüber aufzuregen, daß die Proponenten des Volksbegehrens den Ausschuß verlassen haben, nachdem dieses Verhalten von den Regie­rungsfraktionen gesetzt worden war, halte ich zumindest für einäugig. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Die Liberalen sind überzeugt davon, daß in bezug auf die Gen­technologie in Österreich keine Verhältnisse geschaffen wurden, die eine gedeihliche Ent­wicklung der Gentechnik in jenen Bereichen, in welchen sie sinnvoll ist, möglich machen. Sie haben in den Ergebnissen dieses Sonderausschusses die Ängste und Sorgen, die im Volks­begehren zum Ausdruck gekommen sind – und die sind massig –, nicht berücksichtigt. Die Verwal­tungsverfahren gewährleisten nach wie vor keinen fairen Interessenausgleich. Das wird man auch bei sämtlichen Bestimmungen, die die Rechte der Nachbarn betreffen, sehen. Sie haben nämlich beispielsweise verschwiegen, daß eine Nachbargemeinde in einem Verfahren nur dann unmittelbar Parteienstellung hat, wenn das Grundstück, auf dem die Freisetzung stattfindet, unmittelbar angrenzt. (Abg. Rauch-Kallat: Habe ich gesagt!)

Es wird auch folgendes nicht herausgestrichen: Wenn auch die Nachbarn Parteienstellung haben, ist es in Wahrheit natürlich ganz anders, nämlich so: Da ist ein Güterweg, dort ist ein Güterweg, dazwischen gibt es drei Felder, im mittleren wird eine Freisetzung gemacht, die linken und rechten Felder gehören auch noch demselben Besitzer, dann gibt es keine weiteren Nachbarn. – Diese Situation ist aber hinsichtlich der möglichen Auswirkungen, insbesondere im ökologischen Zusammenhang, ganz einfach ungenügend. Da kein Interessenausgleich durch diesen Sonderausschuß und von den Regierungsparteien geschaffen worden ist, bleiben die Gentechnologie und die gesetzlichen Grundlagen weiter auf der Agenda, bleiben die Aus­einandersetzungen weiter im politischen Leben Österreichs bestehen.

Wir haben, was den Gentechnikbereich betrifft, keine gute Arbeit in diesem Parlament geleistet. Ich muß auch kritisch anmerken, daß es den Regierungsfraktionen leider wieder einmal gelungen ist, ihren Kopf durchzusetzen – zum Schaden unseres Landes, zum Schaden dieses Wirtschaftsbereiches.

Ich hoffe nur, daß nach der nächsten Wahl ein Ergebnis vorliegen wird, wonach Sie nur noch über eine solche Mehrheit verfügen werden, mit der Sie eine solche Vorgangsweise einfach nicht mehr durchziehen können. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abge­ordneten der Grünen.)

9.48


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Die Redezeit ist auf 12 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.49


Abgeordneter Heinz Gradwohl¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Meinem Vorredner möchte ich direkt auf die von ihm vor­gebrachten sachlichen Argumente nicht antworten, denn sonst könnte ich das, was ich mir für meine Rede vorgenommen habe, nicht mehr sagen.

Nur soviel dazu: Ich finde es menschlich sehr nett, aber in Wahrheit nicht notwendig, Kollege Barmüller, daß du dir meinen Kopf über die innerparteilichen Probleme zerbrichst, die ich mit meinem Bundeskanzler haben werde. Die menschliche Note möchte ich hervorstreichen, die Notwendigkeit ist allerdings nicht gegeben.

Wenn wir heute, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Bericht und den Antrag des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens diskutieren und dann auch zur Beschlußfassung bringen, dann ist es angebracht, auch die Ausgangssituation der Beratungen und die Entwicklungen in den letzten Monaten zu betrachten.

Die Konstituierung des Besonderen Ausschusses fand in einer Zeit statt, die von einer sehr heftig und emotionell geführten öffentlichen Diskussion geprägt war. Dies hat in manchen Bereichen zu einer dramatischen Polarisierung zwischen den Meinungen pro und kontra geführt. Diese Polarisierung fand auch im Ausschuß und in den Ausschußberatungen ihren Nie­derschlag. Das „Zischen“ war vernehmbar – ein Bild, das man meiner Meinung nach am besten mit dem Aufeinandertreffen von Feuer und Wasser verdeutlichen kann. Genau das spielte sich im Ausschuß ab.

Die Auseinandersetzung im Ausschuß – das Abwägen der Chancen dieser jungen Technologie auf der einen und ihrer Risken auf der anderen Seite – hat zu kontroversiellen und durchaus interessanten Diskussionen geführt. Trotz dieses Hintergrundes, trotz der hohen Emotiona­lisierung und der starken Polarisierung ist es im Einvernehmen mit allen fünf Fraktionen und auch den Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens bereits in der konstituierenden Sitzung gelungen, eine Vorgangsweise festzulegen, die in Themenschwerpunkte aufgeteilt wurde, und auch den Ablauf der Sitzungen einhellig zu beschließen. Die vereinbarten Themen­schwer­punkte – sie wurden schon genannt: kein Patent auf Leben, keine Freisetzung genmanipulierter Organismen, die Fragen des Haftungsrechtes im Zusammenhang mit der Gentechnik, die Kennzeichnung und die Forderung „Kein Essen aus dem Genlabor“ – wurden ausführlich und meiner Ansicht nach auch sehr sachlich im Rahmen der Ausschußberatungen diskutiert. Trotz der bereits angesprochenen Polarisierung fanden diese Debatten – und das wurde auch in Pres­sekonferenzen von Vertretern der Oppositionsfraktionen bestätigt – auf sehr hohem Niveau statt.

Darüber hinaus fanden natürlich nicht nur die Ausschußberatungen selbst statt, sondern – das kann ich allerdings nur für meine Fraktion sagen – auch sehr viele Gespräche mit Pro- und Kontraexperten, bei denen Argumente abgewogen und Themen analysiert wurden, um auf dem schnellsten Wege zu Entscheidungen zu kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was die Arbeit im Ausschuß betrifft, gibt es für mich neben den Zielen auch vier Aspekte, die ich nun genauer betrachten möchte.

Zunächst seien mir einige Anmerkungen zum ersten Aspekt, dem demokratiepolitischen Aspekt, gestattet. Über die Bestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes hinausgehend wurde im Ausschuß einstimmig beschlossen, nicht nur dem Bevollmächtigten des Begehrens die Teil­nahme und die Mitsprache im Ausschuß zu ermöglichen, sondern darüber hinaus auf alle Fälle drei, in manchen Fällen sogar mehr Proponenten des Volksbegehrens die Teilnahme und damit das Mitwirkungsrecht und die Mitsprache in der Gesetzwerdungsphase zu ermöglichen. Die Beurteilung der Tatsache, daß sie nicht immer davon Gebrauch gemacht haben, obliegt nicht mir, dies ist allerdings für die Diskussion nicht angenehm und zielführend gewesen. Doch durch Verzahnung von Instrumenten der direkten Demokratie mit jenen der repräsentativen Demo­kratie haben wir ein Ergebnis erreicht, das meiner Meinung nach zukunftsweisend ist und daher zur Nachahmung empfohlen wird.

Der zweite Aspekt, den ich anführen möchte, ist der rechtliche. Aufgrund der Ergebnisse der Studie, welche die Frau Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz in Auftrag gegeben hat, hatten wir im Ausschuß die Möglichkeit, die nationalstaatlichen Chancen und Spielräume, die wir in diesem Rechtsbereich haben, zu berücksichtigen. Darüber hinaus konnten wir jene Rechtsbestimmungen und Rechtsmaterien, die der Erreichung der ange­strebten Ziele dienlich sind, nützen.

Durch diesen heute zu beschließenden Antrag werden – und in diesen Punkten unterscheide ich mich klar und deutlich von meinem Vorredner – meiner Meinung nach klare Regelungen zur Haftungsfrage, zur Parteienstellung und auch zur Kennzeichnung geschaffen. Mit den zu beschließenden Entschließungsanträgen sowie den Feststellungen im Hauptausschuß, die zur Patentrichtlinie getroffen worden sind, hat dieser Ausschuß durchaus zielorientiert, rechts­setzend und sogar in das EU-Recht hineinwirkend gearbeitet.

Ein dritter Aspekt, den ich anführen möchte, ist der wirtschaftspolitische. Vor dem Hintergrund, daß die Biotechnologie weltweit als die Zukunftstechnologie mit den höchsten Kapitalzu­wachsraten und den höchsten Chancen auf neue, hochqualifizierte Arbeitsplätze dargestellt wird, konnten wir in den Beratungen diesen Aspekt nicht außer acht lassen und hatten natürlich auch die Aufgabe, in verantwortungsvoller Weise mit der Sicherung und der Aufrechterhaltung des Wirtschaftsstandortes Österreich umzugehen.

Der vierte, aber, auch wenn er an den Schluß gereiht ist, keineswegs unwichtigste Aspekt ist für mich der forschungspolitische. So ist es in den Ausschußberatungen auch gelungen, nicht nur den Forschungsstandort Österreich, der zwar nicht der größte und der stärkste, aber auch nicht der unbedeutendste Europas ist, nicht zu schwächen, sondern auch die Themen der univer­sitären und lehrenden Forschung einerseits und der wirtschaftsnahen und der Wirtschafts­forschung andererseits zu beraten und in das Ergebnis mit einfließen zu lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist dem Ausschuß gelungen, all diese Aspekte zu berücksichtigen, und trotz der eingangs erwähnten Polarisierung haben die Ausschuß­beratun­gen gezeigt, daß der Wunsch, eine Versachlichung durchzuführen, durchaus realisierbar ist: Es hat die Debatte auf hohem sachlichem Niveau stattgefunden.

Es war nicht Aufgabe des Ausschusses, wie es sich vielleicht einige gewünscht hätten, Angstparolen zu äußern, sondern ich würde in Anlehnung an die in der Schweiz zurzeit stattfindende Diskussion sagen, daß es uns daran gelegen sein sollte, Leitschienen einzuzie­hen; Leitschienen zum Schutz der Menschen, der Umwelt und zur Verbesserung der Rechtssicherheit, Leitschienen aber auch im Hinblick auf die ethischen Belange im Zusam­menhang mit diesem Thema.

Uns ging es darum, eine Ausgewogenheit der Rechtsmaterie für Forscher, Anwender, Pro­duzenten und Konsumenten zu erzielen. Mit dem vorliegenden § 27-Antrag, der eine Zusam­menfassung der Änderung des Gentechnikgesetzes einerseits und des Haftungsrechtes im Gentechnikbereich andererseits darstellt, haben wir nicht nur eine hervorragende Rechtsmaterie geschaffen, sondern auch den Intentionen der Enquete-Kommission entsprochen und diese umgesetzt.

Vollendet wird der Bereich der Haftungsfrage mit den gestern im Ministerrat beschlossenen und nach dem Notifizierungsverfahren auch hier im Hohen Haus zu beratenden und zu be­schließenden Regelungen im Produkthaftungsgesetz, die aus rechtstechnischen Gründen heute nicht mit beschlossen werden können, aber noch vor Mitte dieses Jahres, wie es heißt, einer Beschlußfassung zugeführt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich nun auch noch auf die Ent­schließungsanträge hinweisen, die heute im Rahmen dieser Debatte über den Bericht des Sonderausschusses der Beschlußfassung unterliegen. Es wurde davon gesprochen, wer welche Siege errungen hat. Dazu werde ich ganz kurz auch meine Meinung klar kundtun: Ich gehe davon aus, daß eine Fraktion, die bereit war und ist, Verantwortung in dieser Republik zu übernehmen, durchaus bereit sein muß, auch Kompromisse einzugehen – Kompromisse, die tragfähig sind, und Kompromisse, die zum gewünschten Ziel führen. Ich gebe aber zu, daß sich meine Fraktion in dem einen oder anderen Teilbereich eine weiter gehende Lösung vorgestellt und gewünscht hätte.

Ich möchte abschließend diese Gelegenheit auch noch dazu nützen, Dank zu sagen. Ich möchte mich im Namen der sozialdemokratischen Fraktion (Abg. Wabl: Dank sagen!), Herr Kollege Wabl, bei allen Expertinnen und Experten bedanken, die uns in den Ausschußberatungen zur Verfügung gestanden sind und denen wir nach diesen Ausschußberatungen ein entsprechend höheres Maß an Wissen verdanken.

Besonders bedanken möchte ich mich aber bei der Bundesministerin für Frauen­angele­genheiten und Verbraucherschutz und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (Abg. Wabl: Das verstehe ich!) – es freut mich, daß Sie Verständnis dafür zeigen, Kollege Wabl –, denn es wurde durch die Novelle zur Änderung des Gentechnikgesetzes, welche sie im Dezember des Vor­jahres zur Begutachtung ausgesandt hat, und die dazu eingelangten Stellungnahmen nicht nur dieser heute zu beschließende § 27-Antrag immens erleichtert, sondern es war aufgrund der legistischen Unterstützung von seiten ihres Ressorts auch möglich, innerhalb kurzer Zeit diesen Antrag umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Darüber hinaus wurden im Zusammenhang mit den Ausschußberatungen bereits Verordnungen erlassen, die den Intentionen der Entschließungen, die eingebracht waren, entsprochen haben. Dafür herzlichen Dank, Frau Bundesministerin.

Ich darf mich aber auch beim Herrn Bundesminister für Justiz und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, denn er hat die im Rahmen des Begutachtungsverfahrens eingelangten Stellungnahmen zum Haftungsrecht in diese Novelle eingearbeitet. Außerdem hat er – und darauf möchte ich besonders hinweisen – bereits vor der Aussendung des Entwurfs die Meinungen des Ausschusses vom 13. Jänner dieses Jahres in diesen Gesetzentwurf eingefügt. Er hat es mit dieser Arbeit ermöglicht, daß die Diskussion zielorientierter geführt werden konnte, und er hat es, auch mit der Unterstützung seiner Beamten aus seinem Ressort, auch ermög­licht, daß dieser Abänderungsantrag gemäß § 27 heute in dieser Form vorliegt.

Ich danke ihm auch besonders dafür, daß es ihm gelungen ist, nicht nur die Frist einzuhalten, sondern bereits vor der Frist, die durch den Nationalratsbeschluß vom Dezember des Vorjahres gesetzt wurde, diese Rechtsmaterie unter Dach und Fach zu haben. Auch dafür herzlichen Dank.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach sieben Monaten intensiver Beratungen, nach sieben Ausschußsitzungen und zwei Hauptausschußsitzungen zum Thema Gentechnik, nach Anhörung von 55 Expertinnen und Experten und Auskunftspersonen und der heutigen recht­zeitigen Diskussion und dem Beschluß von klaren Rechtsbestimmungen auf dem Gebiet der Gentechnik kann nicht mehr die Rede davon sein, daß wir nicht gewillt seien, uns mit dieser Materie zu beschäftigen, oder davon, daß wir zur Umsetzung nicht bereit seien.

Der heute zu beschließende Kompromiß ist, wie ich meine, kein Erfolg für die eine oder die andere Fraktion, auch kein Erfolg für eine bestimmte Lobby, sondern es werden durch das heute zu beschließende Gesetz sozusagen Leitschienen der Rechtssicherheit auf dem Gebiet der Gentechnik geschaffen, die Ansprüche abgesichert und klare Rege­lungen für die For­schung, für die Wirtschaft, für die Wissenschaft, für die Biobauern, für die Arbeitskräfte und für die Konsumenten geschaffen. Insgesamt ist dieses Gesetz daher ein Erfolg für Österreich, und darauf können wir stolz sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.03


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ing. Monika Lang­thaler. – Bitte.

10.03


Abgeordnete Ing. Monika Langthaler¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine beiden Herren Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte meinen Beitrag mit einem Zitat eines Philosophen beginnen, und zwar deshalb, weil ich meine, daß es zuwenig wäre, in einer Debatte wie dieser sich ausschließlich auf die naturwissenschaftlichen und hier konkret anste­henden legistischen Aspekte zu konzentrieren. Ich möchte dieses Zitat vor allem meinem Vorredner, Herrn Abgeordneten Gradwohl, aber auch allen anderen Abgeordneten, vor allem jenen der Sozialdemokratischen Partei, widmen, die ihre ursprüngliche Programmatik vielleicht doch ein bißchen in diese Richtung ausgerichtet hatten. Ich möchte aus der „Dialektik der Aufklärung“ von Adorno zitieren. Eines seiner wesentlichen Zitate war und ist:

„Seit je hat Aufklärung im umfassendsten Sinn fortschreitenden Denkens das Ziel verfolgt, von den Menschen die Furcht zu nehmen und sie als Herren einzusetzen, aber die vollends aufgeklärte Erde strahlt im Zeichen triumphalen Unheils.“

Adorno hat das damals unter dem Eindruck der Faschisten und des Nationalsozialismus geschrieben, aber es hat auch heute – und gerade wenn wir über eine Risikotechnologie reden – nach wie vor Aktualität. Es kann sich nämlich dann etwas umkehren, wenn eine Methodik, eine Idee oder, so wie hier, eine Technologie nur mehr unter dem Aspekt der Nütz­lichkeit, des Pragmatismus, der ausschließlich ökonomischen Kriterien einer kleinen Elite be­trachtet wird.

Eine Technologie, die es ermöglicht – und das erzeugt ja all die Emotionen im Zusammenhang mit der Gentechnik –, daß sich Menschen endgültig zum Schöpfer über wirklich alles gebärden können, wo es nicht nur mehr darum geht, neue Pflanzenarten, neue Tierarten zu kreieren, sondern wo es natürlich in letzter Konsequenz auch darum geht, bedarfsorientiert Menschen zu erzeugen, eine solche Technologie durchbricht alle Tabus. Und das ist der wesentliche Grund, weshalb bei der Debatte rund um die Gentechnik so viele Ängste, berechtigte Emotionen zum Vorschein kommen und soviel konkrete Kritik vorgebracht wird.

Wir haben diese Fragen in diesem umfassenden Sinn in diesem Haus diskutiert, nämlich in den Jahren 1991 und 1992. Da gab es eine Enquete-Kommission, die sich rund ein Jahr sehr um­fassend und sehr grundsätzlich mit den Gefahren, mit den Risiken, aber auch mit den Chancen der Gentechnologie auseinandergesetzt hat. Es wurde damals ein Fünfparteienantrag, ein Enquete-Kommissions-Bericht beschlossen, der genau diese Aspekte enthalten hat. Und auch damals schon wurde klargestellt, daß die Grünen und viele Umweltschützer in diesem Land sehr klar den Einsatz der Gentechnik im Bereich der Medizin, im Bereich der Forschung von der konkreten Anwendung im Bereich der Landwirtschaft, im Bereich der Lebensmittelproduktion und -erzeugung unterscheiden.

Kurz nach der Annahme des Fünfparteienantrages in diesem Haus und nach dem Beschluß eines, wie ich meine, sehr guten Enquete-Kommissions-Berichtes hat der damalige Gesund­heitsminister Ausserwinkler einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, der nichts mehr mit dem in der Enquete-Kommission Diskutierten zu tun hatte. Dieser Gesetzesvorschlag war ausschließlich von kurzfristigen ökonomischen Interessen einer sehr kleinen Industrie in diesem Land geprägt, nämlich der Gentechnikindustrie, die aber unglaubliche Kontakte hat, bis hinauf in höchste Regierungsstellen. Vertreter dieser Gentechnikindustrie sind ja auch jetzt für die ÖVP ad personam im Ausschuß gesessen. Da geht es natürlich um viel Geld, um sehr kurzfristige Dividenden. Diese Interessen haben sich damals zu 100 Prozent durchgesetzt.

1994, als das Gentechnikgesetz in diesem Haus mit der Regierungsmehrheit beschlossen wurde, hat die Opposition Ihnen sehr klar gesagt, was passieren wird: Es wird zu einer Es­kalation bei diesem Thema kommen. Wenn Sie nicht bereit sind, hat man 1994 gesagt, die Ängste, die Sorgen, die konkreten Anliegen – auch von vielen Wissenschaftlern – zu berück­sichtigen, und ein ausschließlich der Industrie dienendes, und zwar nur einem ganz kleinen Sektor in der Industrie dienendes Gesetz beschließen, dann wird es zu unglaublichen Konflikten in diesem Land rund um dieses Thema kommen.

Es ist genau das eingetreten, was wir damals, 1994, bei dieser Debatte prognostiziert haben. Lesen Sie sich die Debattenbeiträge dieser damaligen Parlamentsdebatte durch! Was wurde kritisiert? – Es wurden die mangelnde Transparenz und Öffentlichkeit in diesem Gesetz von 1994 kritisiert. Es wurde kritisiert, daß wissenschaftliche Ausschüsse ausschließlich mit Gen­technikbefürwortern besetzt werden, daß es bei Anträgen auf Freisetzungen und Freiset­zungsversuchen überhaupt keine Parteienstellung für die Menschen gibt, daß bei den öffent­lichen Anhörungen überhaupt nur die Interessen der Betreiber gelten und alle anderen zwar angehört, aber überhaupt nicht berücksichtigt werden müssen.

Es gab eine Reihe von konkreten Argumenten, und es gab die Prognose: Wenn Sie diese Ängste nicht berücksichtigen, dann wird es bei konkreten Freisetzungsanträgen zu enormen Konflikten kommen. – Genau das ist eingetreten! Die Industrie hat sich ja damals selbst ins Knie geschossen. Wenn die Regierung damals tatsächlich wollte, daß sich die Gentechnologie in diesem Land entwickelt, dann hat sie genau das Gegenteil damit bewirkt: Bis heute gibt es in diesem Land keinen Freisetzungsantrag, der bewilligt wurde – Gott sei Dank. Aber der Grund dafür liegt nicht darin, daß die Umweltschützer in den letzten Monaten soviel Lobbyarbeit geleistet haben, sondern der Grund dafür liegt schon in der Beschlußfassung von 1994. Sie hätten wissen sollen, daß dieses Gesetz alle provozieren wird, möglicherweise selbst jene, die dieser Technik nicht zu 100 Prozent kritisch gegenüberstehen.

Sie haben gesehen, was nach dieser Beschlußfassung passiert ist: Es ist ein Volksbegehren initiiert worden, das von einer breiten Plattform getragen wurde: von katholischen Initiativen, Biobauern-Initiativen und verschiedenen Umweltorganisationen, und dieses Volksbegehren war das erfolgreichste überparteiliche Volksbegehren in der Geschichte dieser Republik. Und jetzt stellt sich Frau Rauch-Kallat hier ans Rednerpult und sagt: Die Bedenken dieser 1,27 Millionen Unterzeichnerinnen und Unterzeichner würden doch ernst genommen. Die Anliegen der Pro­po­nenten wurden erfüllt – obwohl diese seit Wochen das Gegenteil behaupten. Frau Rauch-Kallat ignoriert das, sie sagt immer noch, die Anliegen der Proponenten würden ernst genom­men und erfüllt. Und demokratiepolitisch wurde angeblich gezeigt, daß dieses Haus mit Volks­begehren umzugehen weiß.

Ja wenn Sie, meine Damen und Herren, damit meinen, daß man Volksbegehren in einen Ausschuß verweist, eine Debatte abführt, die man durchführen muß, weil das die Geschäfts­ordnung halt so vorschreibt, aber über die tatsächlichen Gesetzesänderungen nach wie vor im Hinterzimmer diskutiert wird – die werden von den Gentechniklobbyisten alleine geschrieben, darüber dürfen nicht einmal die Oppositionsabgeordneten vorher Informationen bekommen –, und wenn Sie eine solche Vorgangsweise als demokratiepolitisch redlich und als einen Fort­schritt im Vergleich zu 1994 bezeichnen, dann muß ich Ihnen wirklich sagen: Wir haben eine grundsätzlich unterschiedliche Auffassung von demokratischer Auseinandersetzung und von Parlamentarismus. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Das ist nicht die Vorgangsweise, die wir uns vorstellen, wie man mit Sorgen von 1,27 Millionen Menschen umgeht.

Sie haben natürlich formal die Proponenten in den Ausschuß eingeladen. Sie konnten dort reden, sie konnten dort ihre Anliegen vorbringen. Doch was wurde dort wirklich gemacht? – Es haben Experten gesprochen, das war hochinteressant, und das Ganze könnte man zusam­menfassen und in einem Band über unterschiedliche Ansichten zu verschiedenen Themen­bereichen publizieren. (Abg. Rauch-Kallat: Das ist Demokratie!) Das ist Demokratie, Frau Abgeordnete, genau, Sie verstehen das unter Demokratie: Man darf hinkommen, man darf die Hand heben, man darf ein bisserl was sagen, dem zwar wenig zugehört wird – aber die wirklichen Vorhaben, die wirklichen Entscheidungen werden nicht im Ausschuß diskutiert.

Sie haben uns damals den eigentlichen Gesetzesantrag eine Stunde vor der letzten Aus­schußsitzung übermittelt. Wir können ja noch froh darüber sein, daß Sie ihn uns nicht unmittelbar im Ausschuß gegeben haben. Sie haben nie mit uns substantiell – weder mit den Oppositionsparteien noch mit den Initiatoren des Volksbegehrens – die konkreten Gesetzes­änderungen durchdiskutiert, das wollten Sie auch gar nicht. (Abg. Tichy-Schreder: Sie aber auch nicht!) Die hat Herr Dr. Zacherl für Sie geschrieben und andere Gentechnikexperten und Juristen aus den verschiedenen Ressorts. Im Ausschuß ist das nie passiert, dieser Ausschuß hat sich nie konkret mit den Gesetzesänderungen auseinandersetzen können, das war fachlich und sachlich überhaupt nicht möglich. Wir haben fast ein Jahr lang über die einzelnen Bereiche debattiert: Freisetzung hier und gentechnikfreie Lebensmittel ja oder nein? dort, das wurde getan. Aber wenn es um die Substanz geht, wollen Sie unter sich bleiben, denn da fürchten Sie sich offensichtlich davor, daß von den Initiatoren des Volksbegehrens und auch von den Vertretern der Oppositionsparteien gute und konkrete Vorschläge gemacht werden.

Uns ist daran gelegen – Kollege Barmüller hat das schon ausgeführt –, daß es zu einem Interessenausgleich kommt. Uns wäre daran gelegen, daß Sie die Ängste, die Anliegen derjenigen, die das Volksbegehren unterzeichnet haben, wirklich ernst nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben mit Ihrer Vorgangsweise gezeigt, daß dem nicht so ist. Sie sind über das alles ganz einfach drübergefahren, und auch heute machen Sie das: Sie bringen einen Abänderungsantrag ein, den wir erst jetzt zu Gesicht bekommen. Sie haben ja gar kein Interesse an einem Interes­senausgleich – nicht einmal hier in diesem Haus! Das ist Ihnen völlig egal. Und dann stellen Sie sich noch hier ans Rednerpult und beklagen sich – und das setzt dem Ganzen die Krone auf –, daß sowohl die Oppositionsparteien als auch die Initiatoren des Volksbegehrens aus dem Ausschuß ausgezogen sind. – Ja welche Möglichkeiten hätten wir denn sonst noch gehabt? Können Sie mir das sagen? Was hätten wir anderes tun können, wenn Sie uns nicht informieren über konkrete Gesetzesänderungen, wenn Sie nicht mit den Oppositionsparteien und mit den Initiatoren konkret über die Materie diskutieren, sondern nur Pseudoanhörungen von verschie­denen Expertengruppen machen?

Herr Abgeordneter Lukesch, Sie schütteln den Kopf. Sie sind es so gewohnt, ein Abgeordneter einer Mehrheitspartei und einer Regierungspartei zu sein, daß Sie überhaupt keine Ahnung haben, wie es eigentlich wäre, Opposition und auch Initiatoren eines Volksbegehrens in die Beratungen wirklich mit einzubeziehen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Lukesch: Sie hätten doch Abänderungsanträge einbringen können!)

Warum sind denn die Initiatoren und auch die Grünen im Dezember aus dem Ausschuß aus­gezogen? – Weil, während wir über einen Entschließungsantrag verhandelt haben, der ursprünglich von den Sozialdemokraten kam und in weiten Bereichen mit den Vorstellungen der Frau Ministerin Prammer übereingestimmt hat und weit umfassender war als das, was heute hier beschlossen werden soll, im Nebenzimmer Ihr Experte Dr. Zacherl und einige andere Vertreter der Ministerien an den konkreten Bestimmungen gearbeitet und überhaupt keine Informationen darüber weitergegeben haben. Dieser Ausschuß war eine Farce, und deshalb sind damals im Dezember sowohl die Initiatoren des Volksbegehrens als auch die Grünen ausgezogen, um öffentlich zu demonstrieren, daß die Anliegen nicht ernst genommen werden (Beifall bei den Grünen), daß hier nicht substantiell verhandelt wird, daß hier nur Schaum­schlägerei betrieben und dann so getan wird, als wäre der Demokratie wirklich voll gedient worden, als wären die Anliegen der Unterzeichner ernst genommen worden. Das war nicht so.

Wenn Sie wirklich Interesse daran gehabt hätten, dann hätten wir uns doch im Ausschuß ausreichend Zeit nehmen können, über die konkreten Gesetzesänderungen zu diskutieren. Wir haben Stunden verbracht mit Anhörungen von Experten, aber dann, als es konkret um das Gesetz gegangen ist, ging es ruck, zuck, und die Opposition durfte nicht mehr mitreden.

Was waren die Argumente, und welche sind auch heute hier gekommen? – Ich möchte auf einige kurz eingehen. Ein Argument, das mich besonders ärgert, ist, es werde der Wirt­schafts­standort Österreich gesichert, ebenso das Arbeitsplatzargument. Also wenn Sie eines nicht nach den vielen Anhörungen erkannt haben, dann weiß ich nicht, wovon wir hier reden, nämlich daß die Gentechnologie zweifellos, Frau Abgeordnete Rauch-Kallat, eine Technologie der Rationa­lisierung ist. Und der Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft, egal, wie man dazu steht, ob pro oder kontra, ist natürlich etwas, was zur Rationalisierung und zur Effizienzsteigerung bei­trägt. Jeder vernünftig denkende Mensch kann nicht anders argumentieren, denn das liegt in der Natur der Sache. Also was bedeuten Effizienzsteigerung und Rationalisierungen? – Das be­deutet in der Landwirtschaft größere Einheiten, und das bedeutet natürlich, daß Arbeitsplätze im Bereich der Landwirtschaft verlorengehen.

Wir haben immer wieder auf eine Studie hingewiesen, die von einem Wirtschaftsinstitut kommt, das unverdächtig ist, gegen die Gentechnik zu sein, nämlich vom Schweizer Wirtschaftsinstitut Prognos in Basel. Prognos hat ganz eindeutig für die deutsche Bundesregierung zur Gen­technologie festgestellt – ich zitiere –: Unter dem Strich kommen mit Sicherheit keine Arbeits­plätze heraus. Ein neues Arbeitsplatzpotential für Deutschland wird im Segment Nah­rungsmittel derzeit nicht erwartet. Vergleicht man, wieviel Arbeitsplätze durch Bio- und Gen­technik ge­schaffen und wieviel überflüssig würden, so stellt man fest, sie wäre unter dem Strich ein Ar­beits­­platz­vernich­ter. – Ein Arbeitsplatzvernichter, Frau Abgeordnete Rauch-Kallat! Das sagt Dr. Gerhard Becher, Studienautor und Vizedirektor der Prognos AG.

Wir haben diesen Studienautor nach Österreich eingeladen und allen Abgeordneten der SPÖ und der ÖVP angeboten, mit ihm zu diskutieren. Seine Studie ist zwar schriftlich auf dem Tisch gelegen, wir haben sie im Ausschuß zitiert, aber man hat uns immer gesagt, das sei falsch, außerdem würden wir nur einen Teil zitieren. Darauf haben wir gesagt: Wir bringen den Herrn hierher, und Sie sind alle eingeladen, mit ihm zu diskutieren. – Alle waren eingeladen. Von der SPÖ hatte leider kein einziger Abgeordneter Zeit, von der ÖVP hatte auch leider kein einziger Abgeordneter Zeit, sie hat einen Mitarbeiter geschickt. Vertreter der Industriellenvereinigung, mit denen wir dies­bezüglich auch Kontakt aufgenommen haben, haben mit diesem Studienautor gesprochen, und sie haben uns nachher wenigstens zugestanden, nicht mehr öffentlich mit dem Arbeitsplatz­argument zu agieren, weil sie in dieser Diskussion eingesehen haben, daß dieses Argument schlichtweg falsch ist.

Trotzdem kommen Sie hier heraus – und das ist blanker Populismus – und sagen, das sei eine Technologie, die Arbeitsplätze schaffe. (Beifall bei den Grünen.) Nein, das ist sie nicht! Das ist eine Technologie, die in den Bereichen, um die es uns hier heute geht, nämlich in den Bereichen Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie, Arbeitsplätze vernichtet und nicht Arbeits­plätze schafft.

Der Forschungsaspekt wurde hier auch zitiert. Das finde ich besonders kühn nach den Diskussionen im Sonderausschuß zur Gentechnik. Eines hat sich nämlich in diesen Beratungen deutlich gezeigt: daß aufgrund der fehlenden Forschungsmittel von seiten des Staates eigentlich fast alle Professoren, Wissenschaftler in diesem Land, die in verschiedenen Universitäts­institu­ten im Bereich Gentechnik forschen, nur mehr mit den Mitteln der Gentechnikindustrie forschen können, weil eben öffentliche Mittel dafür nicht zur Verfügung stehen. Und die Professoren, die sehr oft im Dienste der Gentechnikindustrie forschen, mit deren Mitteln sie überhaupt nur ihre Labors und ihr Uniinstitut aufrechterhalten können, werden doch nicht gegen ihre Brotgeber, auch nicht im Ausschuß, diskutieren und argumentieren.

Es hat sich gezeigt, daß es in Österreich einen fatalen, einen wirklich fatalen Zusammenschluß der Gentechnikwissenschaftler und der Gentechnikanwender gibt. Und fast jeder Wissenschaft­ler in Österreich, der auf Uniinstituten arbeitet, ist gleichzeitig ein Gentechnikanwender, bezieht Mittel aus der Gentechnikindustrie, um seinen Forschungsbereich aufrechterhalten zu können. Was notwendig wäre, wenn wir über Forschung in diesem Bereich diskutieren, ist, endlich die staatlichen Mittel für Forschung aufzustocken. Ich bin sehr dafür, daß hier geforscht wird. Viel mehr muß noch geforscht werden, weil es sich eben um eine Risikotechnologie handelt und weil wir so vieles in diesem Bereich noch nicht wissen. Es ist ja richtig, daß vieles noch völlig offen ist, nur haben wir viele Indizien, daß es gerade beim Einsatz der Gentechnik in der Land­wirtschaft im ökologischen Bereich zu großen Problemen kommen wird.

Wir haben aus einigen Studien sowie aufgrund von Forschungsergebnissen vorwiegend aus dem Ausland erkennen können, daß es Risken gibt – das Umweltbundesamt hat da sehr gute Arbeit geleistet, ebenso wie das Umweltministerium –, daß es natürlich Risikofaktoren gibt, aber die Aufstockung von Mitteln zur Forschung im staatlichen Bereich wurde ja nicht diskutiert.

Wenn hier heute gesagt wird, damit erweise man dem Forschungsstandort Österreich einen Gefallen, dann muß ich sagen: Ich glaube das überhaupt nicht. Man verstärkt nur die unglück­liche Synergie, die es gibt zwischen Wissenschaftlern in Universitätsinstituten und der Gen­technikindustrie, man bindet diese noch mehr aneinander, als es schon bisher der Fall war, und das dient mit Sicherheit nicht der Sache.

Worum ging es konkret bei den Änderungen? – Die Initiatoren des Volksbegehrens haben ursprünglich drei Forderungen gestellt: kein Patent auf Leben, kein Essen aus dem Genlabor und keine Freisetzungen. Es wurden, da natürlich diese drei Forderungen – das wußten alle – in dieser Form nicht Gesetz werden können, dann Mindestforderungen, konkrete Forderungen im Ausschuß vorgeschlagen. Aber keine einzige dieser Mindestforderungen wurde entsprechend erfüllt.

Im Bereich der Bürgerbeteiligung, der so wichtig ist, weil Sie damit tatsächlich einen Interes­senausgleich hätten schaffen können, haben Sie die Mindestforderungen nicht erfüllt. Ja, die Gemeinde, das Bundesland haben jetzt Parteienstellung, und das ist ein Fortschritt zu früher. Aber die Notwendigkeit, Bürgerinitiativen, einzelne Bürger leicht zur Parteienstellung kommen zu lassen, die haben Sie unberücksichtigt gelassen. Und es scheint so, als ob man die Bürger­meister, die meist entweder von ÖVP oder SPÖ sind und über die man schon irgendwie die Hand halten kann, in das Verfahren einbindet (Abg. Kröll: Sie sind ja Volksvertreter!), aber Verbände, Bürgerinitiativen nach wie vor außer acht gelassen würden. Gerade um diese hätte man sich aber kümmern müssen, wenn es darum geht, einen Interessenausgleich und eine konfliktfreie Abwicklung zukünftiger Verfahren zustande zu bringen.

Die Haftungsregelung ist völlig ungenügend. Mein Vorredner hat sich beim Justizminister dafür bedankt; ich muß sagen, ich weiß nicht, wie ernst er das meint. (Abg. Mag. Haupt: Der Entwurf war besser als das, was nachgekommen ist!) Ich bedanke mich auch bei ihm, aber für seinen Vorschlag; er war nämlich sehr gut und viel weiter gehender als das, was hier heute beschlossen wird.

Was wir hier heute hinsichtlich der Haftung – und das ist nur ein Punkt, den ich herausheben möchte – auch beschließen werden, ist, daß aufgrund einer Schädigung entgangener Gewinn nicht ersetzt wird. Und es sagen viele Experten, viele Juristen – das ist auch im Ausschuß angeklungen –, daß das ein Rückschritt ist im Vergleich zur geltenden Rechtsprechung: Bisher – im normalen zivilrechtlichen Verfahren – wurde Schaden, der entstanden ist, ersetzt.

Zum Schutz sensibler Gebiete: Sie preisen das in der Presse immer so an. Es soll heute ein Entschließungsantrag dazu eingebracht werden. Wenn Sie das wirklich wollen, warum beschließen Sie es nicht konkret?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte um den Schlußsatz, Frau Abgeordnete!


Abgeordnete Ing. Monika Langthaler¦ (fortsetzend): Herr Präsident, ich komme zum Schlußsatz. – Man kann folgendermaßen zusammenfassen: Es ist nicht gelungen, einen Interessenausgleich zu finden, es ist nicht gelungen, die Ängste der Bevölkerung wirklich zu berücksichtigen. Das heutige Ergebnis ist eine Enttäuschung für alle, die vor einem Jahr das Volksbegehren unterschrieben haben (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Barmüller.)

10.24


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort hat sich jetzt Frau Bundesministerin Mag. Prammer gemeldet. – Bitte, Frau Minister.

10.24


Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer¦: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Lassen Sie mich zunächst auf einige Aussagen von Vorrednerinnen und Vorredner eingehen. Es wurde sowohl von Frau Abgeordneter Langthaler als auch von Herrn Abgeordneten Barmüller gesagt, daß Verhandlungen unter Ausschluß der Opposition geführt wurden. Ich bedauere zutiefst, daß die Opposition jedes Mal gerade dann, wenn in die Diskussion eingegangen wurde, den Aus­schuß verlassen hat. (Abg. Mag. Barmüller: Na bitte!) Und gerade in der letzten Aus­schußsitzung, in der sehr engagiert über die sehr spezielle und sehr spezifische Angele­genheit der Haftung diskutiert wurde, war die Opposition nicht dabei. (Abg. Ing. Langthaler: Am Tag des Ausschusses haben wir den Antrag bekommen! Eine Stunde vor dem Ausschuß!)

Frau Abgeordnete Langthaler! Es war tatsächlich eine sehr spannende Diskussion, und ich habe wirklich – das sage ich aus voller Überzeugung – zutiefst bedauert, daß Sie nicht dabei waren und diese Diskussion nicht mit geführt haben (Abg. Hans Helmut Moser: Es geht darum, wie Sie mit der Opposition umgehen!), weil die Materie tatsächlich eine sehr diffizile ist und weil auch schon Vorwegnahmen geschehen sind. Erst die Judikatur wird zeigen, wie mit den Haftungs­bestimmungen in Zukunft umgegangen werden wird. (Abg. Mag. Barmüller: Frau Ministerin, warum schränken Sie dann die Parteienstellung in diesem Antrag ein?)

Ich weiß, daß Österreich damit Neuland betritt. Es gibt nichts Vergleichbares in Europa, und wir können sehr, sehr stolz darauf sein, daß wir diesen Schritt gesetzt haben. (Beifall bei der SPÖ.) Ob er schon das Definitivum für alle Zeit und alle Zukunft ist, kann niemand – niemand hier im Hohen Haus, niemand hier auf dieser Regierungsbank – beantworten. Diesen Absolutheits­anspruch habe zumindest ich für mich nicht gepachtet.

Lassen Sie mich auch noch folgendes sagen: Sie reden von Interessenausgleich. Ich denke, die Ergebnisse haben genau den gewünschten Interessenausgleich zustande gebracht. (Abg. Mag. Barmüller: Warum schränken Sie die Parteienstellung wieder ein im Gegensatz zu dem, was im Bericht steht?) Ich hätte mir durchaus in einigen Bereichen das eine oder andere noch sehr gut vorstellen können, aber es war notwendig, einen Interessenausgleich durchzuführen: auf der einen Seite der Bevölkerung gegenüber, jenen, die Sorge haben, die skeptisch sind, die Risken sehen, und auf der anderen Seite denen gegenüber, die in der Wirtschaft, in der Wissenschaft tätig sind und hieraus Chancen für sich und auch für die Bevölkerung ableiten.

Ich meine, daß es schade ist, daß wir hier in einer so negativen Stimmung Dinge diskutieren, die sehr positiv dargestellt werden sollten. Für mich ist es eine Errungenschaft, wenn die Gemein­den und die Länder jetzt Parteienstellung erhalten werden. Gemeinden und Länder werden auf der einen Seite Rechte erhalten, sie werden aber auch Pflichten haben. Denn die Pflicht wird lauten, Verantwortung mitzutragen und nicht nur von anderen einzufordern.

Ich glaube auch, daß es notwendig sein wird, mit der Bevölkerung verstärkt in den Dialog einzutreten (Abg. Ing. Langthaler: Das ist ja das Mindeste!) – übrigens ein Anliegen, das für mich von Anfang an wichtig war. Das habe ich ja auch immer von der Wirtschaft, von den Wissenschafterinnen und Wissenschaftern verlangt. Sie können sich nicht quasi in einen Raum ohne Fenster zurückziehen und dort ihre Arbeiten betreiben und zu Ergebnissen kommen. Sie müssen sich dem Dialog mit der Bevölkerung stellen. Angst läßt sich nicht anders nehmen als mit diesem Dialog. Vor allen Dingen – Frau Abgeordnete Langthaler hat es ja zitiert, da gebe ich Ihnen hundertprozentig recht – brauchen die Menschen Information, um abschätzen zu können, welche Chancen und welche Risken tatsächlich im einen und im anderen Fall stecken.

Österreich hat sich – und ich ganz besonders, ich habe da nie meinen Weg verlassen – für die Einzelfallentscheidung ausgesprochen. Und ich bin heute sehr, sehr glücklich darüber – der Tag ist ein Zufall, das konnte von uns nicht beeinflußt werden –, daß wir, dieses kleine Österreich mit dem exotischen Dasein, was die Gentechnik betrifft, uns gestern im Artikel-21-Ausschuß durchgesetzt haben, was das Importverbot für Genmais betrifft. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das Importverbot Österreichs wird weiterhin aufrecht bleiben. Die Angelegenheit muß wieder in den Rat, muß im Umweltministerrat im Juni wieder behandelt werden. Und wir, Kollege Bartenstein und ich, werden nicht aufhören, unser Lobbying in den einzelnen Mitgliedstaaten, was speziell diesen Mais betrifft, zu führen, weil es notwendig ist, differenziert vorzugehen. Dieser Mais hat tatsächlich Mängel, die ernst zu nehmen und nicht so einfach vom Tisch zu wischen sind. In anderen Fällen wird man wahrscheinlich zu ganz anderen Ergebnissen kom­men und wird ganz andere Erkenntnisse gewinnen. Diese Einzelfallentscheidung ist etwas Wesentliches und Wichtiges, was Europa zum Nachdenken gebracht hat, weil es notwendig ist, da sensibel vorzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Auf europäischer Ebene ist noch sehr vieles zu tun. Und auf europäischer Ebene – das sage ich hier ganz offen – wünsche ich mir etwas mehr Eile. Gerade was die Kennzeichnung betrifft, würden nicht nur die Konsumentinnen und Konsumenten, sondern vor allem auch die Wirtschaft schnelle Entscheidungen brauchen.

Wir haben Verordnungen, wir haben Richtlinien in Kraft, die de facto nicht umgesetzt werden können, weil die Durchführungsbestimmungen fehlen. Und das ist ein Zustand, der nicht auf­rechtzuerhalten sein wird. Es wird wieder an Österreich sein, entsprechenden Druck zu erzeu­gen und die nötigen Kontakte zu intensivieren. Das ist meines Erachtens auch ein wesentliches Signal in Richtung Wirtschaft, denn die Wirtschaftsvertreter wissen, daß es nicht gut ist, offene Fragen zu haben und unbefriedigende Antworten gefunden zu haben.

Österreich kann sehr wohl in bestimmten Fällen einen Alleingang machen, und Österreich hat gezeigt, gerade auch was das Importverbot für Genmais betrifft, daß es sehr wohl Sinn macht, mit den anderen Mitgliedstaaten zu kooperieren und Kontakt aufzunehmen.

Ich glaube auch, daß es wesentlich und interessant ist, wie die Frage betreffend die Kenn­zeichnung der Zusatzstoffe ausgehen wird. Und ich sage nach wie vor ... (Abg. Mag. Schweit­zer: Das ist ja längst entschieden!) Das ist nicht wahr, ich kann Ihnen die Letztinformation geben. Es ist der Entwurf der Zusatzstoffkennzeichnungsverordnung nach wie vor in Brüssel, zu einer neuerlichen Notifikation, weil auf Brüsseler Seite bedauerlicherweise, was Fristen und Amtsläufe betrifft, nicht sachgemäß vorgegangen wurde. Die Kommission hat zwar Antworten gegeben, aber nicht konkret auf das Verlangen um Notifizierung.

Wir werden sehen, wie die Entscheidung ausgeht, denn eines ist sicher: Umfassende Kenn­zeichnung muß eine tatsächliche umfassende Kennzeichnung sein. Österreich wird auch weiterhin dafür werben, daß nicht nur Teilprodukte gekennzeichnet werden, damit wir das, was wir den Menschen versprochen haben, nämlich wählen zu können, entscheiden zu können, auch wirklich garantieren können. (Abg. Mag. Schweitzer: Das sagt Farnleitner nicht! Warum will Farnleitner das nicht?) Das kann und darf nichts Gefährliches für die Wirtschaft sein! Warum soll sich die Wirtschaft davor fürchten, wo doch gerade jene, die diese Technik anwenden, so überzeugt davon sind, Gutes zu tun und den Menschen Gutes zu Verfügung zu stellen? (Beifall bei der SPÖ.)

Die sogenannte Positivkennzeichnung, die eigentlich eine Negativkennzeichnung ist, ist auch ein österreichischer Erstschritt auf europäischer Ebene. Wir haben in einer Unterkommission der Kodexkommission Expertinnen und Experten befragt beziehungsweise wurde dort von Expertinnen und Experten sehr lange daran gearbeitet, wie Gentechnikfreiheit in Österreich, aber nicht nur in Österreich, sondern auf gesamteuropäischer Ebene definiert werden soll und definiert werden kann, um Anwendung und Umsetzung zu gewährleisten. Und wir sind zu einem Ergebnis gekommen, zu einem, wie ich meine, äußerst konstruktiven Ergebnis. Die Kommission in Brüssel war sehr interessiert daran, und sie wird profitieren von der Arbeit, die wir in der Unterkommission geleistet haben. Ich werde auch im Rahmen der EU-Präsidentschaft einige Veranstaltungen dazu machen, um diese Periode dazu zu verwenden, Lobbying auf europäischer Ebene zu betreiben.

Eine ganz wesentliche und ganz wichtige Sache ist – ich habe es schon gesagt – die Infor­mation. Aus diesem Grund habe ich für 1998 den Schwerpunkt „Information der Konsumen­tinnen und Konsumenten, der Bürgerinnen und Bürger“ gesetzt. Und ich werde sehr darauf achten, daß hier Ausgewogenheit herrscht, daß alle zu Wort kommen. Ich habe schon Ge­spräche geführt, vor allem auch mit den Umweltorganisationen: Sie sollen mit dabeisein. Es wird Veran­staltungen und Informationen geben, die von der einen oder anderen Seite geführt bezie­hungsweise gegeben werden. Es wird nicht immer gelingen, beide Seiten, die Befürworter und die Gegner, an einen Tisch zu bringen, was die Informationsarbeit betrifft, aber das Ziel muß sein, daß ein Dialog geführt wird, daß es eine Auseinandersetzung gibt, damit Sachargument gegen Sachargument diskutiert werden kann.

Für diesen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern ist es natürlich wichtig, daß die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen zur Verfügung stellt, aber es darf sich auch niemand verschließen. Vor allen Dingen dürfen sich bei diesen Informationsarbeiten die Wirtschaft und die Wissenschaft nicht verschließen, denn ansonsten müßte die Bevölkerung ja annehmen und erwarten, daß da etwas Geheimes und Gefährliches geschieht. Und das soll und wird ja hoffentlich nicht der Fall sein.

Diese Information und diese Auseinandersetzung mit der Bevölkerung hat die Wirtschaft, vor allen Dingen aber die Wissenschaft aufzunehmen. Auch wenn schlußendlich im Sinne von Gesetzgebung und Vollziehung natürlich die Politik in diesem Land Verantwortung zu tragen hat, werden wir auch Wirtschaft und Wissenschaft nicht ihrer Verantwortung entbinden können und ihnen ihre Verantwortung nicht abnehmen können. Und deswegen finde ich es auch so begrüßenswert und positiv, daß wir ein Haftungsrecht haben werden. Man wird sich also nicht zurückziehen können auf eine einmal gegebene Bewilligung, sondern auch später wird etwas einverlangt werden können, sollte wider Erwarten ein Schaden entstanden sein – das wird ja hoffentlich nie der Fall sein. Ich habe immer gesagt, die Haftung ist die beste und die intensivste Prävention, die es gibt, denn niemand, kein Wirtschaftstreibender, kein Wissenschafter, wird ein Risiko eingehen, wenn er beziehungsweise sie weiß, daß es Folgen hat, wenn fahrlässig oder womöglich sogar grob fahrlässig gehandelt wird.

Die Arbeit ist für mich als zuständige Ministerin ganz sicher nicht beendet, sondern wird heute mit einem neuen Anfang fortgesetzt, mit einem für mich sehr positiven neuen Anfang, weil wesentliche Bestimmungen, die ich von Anfang an vermißt habe, heute und hier beschlossen werden sollen. Ich glaube, daß mit den Parteienstellungen, mit dem Öffnen und dem Neuzugang der wissenschaftlichen Ausschüsse, mit den Haftungsbestimmungen und mit vielem anderen mehr tatsächlich die Basis dafür geschaffen wurde, daß wir in Fairneß, in Offenheit und vor allen Dingen case by case, Fall für Fall, in Zukunft der Gentechnik gegenüberstehen werden. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.37


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Bundesminister Dr. Michalek. – Bitte.

10.37


Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek¦: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Sinne des mir vom Nationalrat im Dezember erteilten Auftrages zur Vorlage von Haftungsregelungen im Rahmen des Gentechnikgesetzes bis 15. April habe ich einen aufgrund der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens zum Ministerialentwurf und unter Berücksichtigung weiterer Beratungen auf Expertenebene modifizierten Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Vorhabens und zur Erleichterung der parlamentarischen Prozeduren wunschgemäß dem Parlament direkt zur Verfügung gestellt. Dieser Gesetzestext ist auch in den heute vorliegenden Antrag eingeflossen. (Abg. Mag. Schweitzer: Was bleibt übrig?)

Auch wir, meine Damen und Herren von der Opposition, sehen die zivilrechtlichen Haftungs­regelungen im Zusammenhang mit Gentechnik nicht isoliert auf den Bereich der Entwicklung und Erprobung von GVOs. Uns ist durchaus bewußt, daß sich das Risikopotential der Gentechnik im nachfolgenden Inverkehrbringen gentechnisch hergestellter oder veränderter Produkte fortsetzt. Das führt zur Frage, welche Änderungen des diesen Bereich regelnden Produkthaftungsgesetzes zweckmäßig, aber auch nach der EU-Rechtslage möglich sind.

Die Bundesregierung hat in ihrer gestrigen Sitzung meinen Ministerratsvortrag zur Kenntnis genommen, daß wir uns im Zusammenhang mit den im Produkthaftungsgesetz geplanten Änderungen wegen der darin vorgesehenen Aufhebung des Haftungsausschlusses des soge­nannten Entwicklungsrisikos an die Europäische Kommission wenden und ihr die bereits im Begutachtungsentwurf vorgesehenen Änderungen mitteilen werden.

Die Abkoppelung dieses Reformteiles ist also nicht etwa auf einen Unwillen zur Anpassung des Produkthaftungsgesetzes zurückzuführen, sondern auf die im EU-Recht vorgesehenen Notifika­tionspflichten der Mitgliedstaaten.

In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, daß derzeit – infolge des sogenannten BSE-Skandals – im Europäischen Parlament und in einem Ausschuß des Rates eine Revision der Produkthaftungsrichtlinie beraten wird, wonach in Hinkunft landwirtschaftliche Naturprodukte ausnahmslos der Produkthaftung unterliegen sollen.

Ich möchte nicht verhehlen, daß mir die Produkthaftungsrichtlinie noch in weiteren Bereichen, vor allem im Zusammenhang mit der jedenfalls für den GVO-Bereich relativ knappen Präklusionsfrist von zehn Jahren und im Zusammenhang mit den Anforderungen an den Kausalitätsnachweis, diskussionsbedürftig erscheint. Auf diesen Umstand werden wir die Kommission, der ja, wie bekannt ist, in der ersten Säule das alleinige Initiativrecht zukommt, in geeigneter Form hinweisen.

Nun zu den eigentlichen Haftungsregelungen im Gentechnikgesetz. Wenn auch der diesbezüg­liche Text im Selbständigen Antrag in einigen Punkten hinter dem Begutachtungsentwurf zurückbleibt, so müssen die nun vorgesehenen strengen Haftungsregelungen europaweit doch keinen Vergleich scheuen (Abg. Mag. Stadler: Wie ist das mit Amerika?) und gehen insbe­sondere über die im deutschen Gentechnikgesetz vorgesehenen Haftungsbestimmungen hinaus. (Abg. Mag. Stadler: Wie ist es mit Amerika?) So ist insbesondere die Haftung der Höhe nach unbeschränkt; alle Ersatzansprüche und insbesondere auch das Schmerzensgeld sind erfaßt, und die im Interesse des Geschädigten vorgesehenen Beweiserleichterungen kommen dem Betroffenen weit stärker entgegen, als dies im deutschen Recht der Fall ist.

Viele heute hier und in früheren Presseaussendungen geäußerte Kritiken an den Haftungs­regelungen, die im Selbständigen Antrag enthalten sind, kann ich nicht nachvollziehen. Vor allem kann keine Rede davon sein, daß die vorgesehenen Regelungen hinter geltendem Recht oder geltender Rechtsprechung zurückbleiben. Frau Abgeordnete Langthaler! Wenn beispiels­weise der entgangene Gewinn anders als im Begutachtungsentwurf nicht mehr ausdrücklich als ersatzpflichtig erwähnt wird, so heißt dies selbstverständlich nicht, daß der betroffene Nachbar, Liegenschaftseigentümer den entgangenen Gewinn im Rahmen eines Ausgleichsanspruchs überhaupt nicht ersetzt erhielte. (Abg. Mag. Stadler: Aber schwieriger wird es!) Es geschieht allerdings weiterhin nicht auf der Grundlage des Gentechnikgesetzes (Abg. Ing. Langthaler: Ja, aber warum?), sondern – so wie bisher – auf der Grundlage der durch die Haftungsregelungen unberührt bleibenden allgemeinen Bestimmungen des § 364a ABGB. (Abg. Mag. Stadler: Ich werde Ihnen etwas erzählen dazu! – Abg. Mag. Schweitzer: Ihr Entwurf war ja gut!) – Ich sage ja nur, daß man nicht sagen kann, daß es das überhaupt nicht mehr gibt. Es gibt das nach wie vor. (Abg. Mag. Stadler: Schwieriger ist es halt!) Überhaupt ist die Frage der Ersatzpflicht für entgangenen Gewinn aus der Sicht des Schadenersatzrechtes nicht von allzu großer praktischer Bedeutung (Zwischenrufe der Abg. Ing. Langthaler), da der Oberste Gerichtshof Ansprüche, die man gemeinhin als entgangenen Gewinn qualifiziert, ohnehin sehr weitgehend als positiven Schaden zuerkennt. (Abg. Ing. Langthaler: Ja, eben!) Das bleibt!

Ein wesentlicher Fortschritt im Vergleich zum geltenden Recht ist, daß die Haftungsregelungen nunmehr auch Umweltbeeinträchtigungen umfassen, sofern die Umweltschäden zugleich einen Sachschaden an der betroffenen Liegenschaft darstellen.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Herr Minister! Gestatten Sie einen Zwischenruf der Frau Abge­ordneten Langthaler? – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Mag. Stadler – applaudierend –: Zwi­schen­rede! Bravo! – Abg. Ing. Langthaler: Mein Zwischenruf war, Herr Bundesminister: Wie Sie selbst sagen, ... progressiver! Warum schreibt man das dann nicht ins Gentechnikgesetz hinein! – Weitere Zwischenrufe.)

 


Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek¦ (fortsetzend): Ich wende mich gegen die Äußerung, daß dieser Text gegenüber der derzeitigen Rechtslage oder Rechtsprechung ein Rückschritt ist. (Abg. Ing. Langthaler: Nicht der Rechtslage, der Rechtsprechung!) Es wird an der derzeitigen Rechtslage und Rechtsprechung nichts geändert. Gegen anderslautende Aus­sagen habe ich mich gewendet. Daß wir im Begutachtungsentwurf etwas anderes hatten, habe ich damit nicht verschwiegen. (Abg. Mag. Stadler: Wären Sie beharrlich geblieben, Herr Mini­ster, wäre es besser gewesen!) Beharrlich ...! – Wollen noch weitere zwischenrufen? (Abg. Mag. Stadler: Wenn Sie eine Zwischenrede gestatten! – Abg. Mag. Schweitzer: Von Ihrem Entwurf ist nicht viel geblieben, Herr Minister!)

Dem geschädigten Liegenschaftseigentümer werden die Kosten der Sanierung von Umwelt­beeinträchtigungen selbst dann zustehen, wenn sie den Wert der Liegenschaft übersteigen. Der Geschädigte kann die Kosten der Behebung der Umweltbeeinträchtigung auch vorschußweise verlangen, er muß das ihm gezahlte Geld aber tatsächlich widmungsgemäß verwenden, was insbesondere dem Schutz der Umwelt dient, weil es eben nicht im Belieben des Geschädigten ist, was er mit der ihm zuerkannten Entschädigung macht.

Nach dem Konzept des Selbständigen Antrags sollen über reine Ökoschäden nicht die Gerichte entscheiden. Auch diese Neuerung gegenüber dem Begutachtungsentwurf hat durchaus gute Gründe. Einige im Begutachtungsverfahren eingelangte Stellungnahmen – auch sehr beachtli­che aus dem Bereich der Lehre – haben gezeigt, daß es nicht nur schwierig, sondern durchaus auch nicht unproblematisch wäre, die Ersatzpflicht für reine Ökoschäden in das allgemeine schadenersatzrechtliche System einzupassen.

Mit diesem Verzicht auf den zivilrechtlichen Ersatz von reinen Ökoschäden ist kein Nachteil für die beeinträchtigte Umwelt verbunden, weil die Regelung der Sanierung solch reiner Umwelt­schäden der dazu vor allem auch in fachlicher Hinsicht weitaus besser geeigneten Verwaltungs­behörde obliegen soll. Diese damit durchaus auch im wohlverstandenen Interesse der betrof­fenen Nachbarn gelegene Lösung hat nicht zuletzt auch den Vorteil, daß die Entscheidung über die Sanierung reiner Umweltbeeinträchtigungen für die betroffenen Parteien nicht mit dem im Zivilprozeß nun einmal unvermeidbaren Kostenrisiko verbunden ist.

Zwei weitere bemerkenswerte Neuerungen sind die zugunsten des Geschädigten vorgesehenen Beweiserleichterungen und Auskunftsansprüche. Dem Geschädigten steht damit ein prakti­kables Instrumentarium zur Verfügung, das durchaus geeignet ist, sein Informations- und Rechts­schutzdefizit angemessen und auch effizient zu kompensieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mir ist selbstverständlich bewußt, daß es in der mitunter doch sehr emotionell geführten Debatte über die Gentechnik nur schwer möglich ist, in jeder Hinsicht allgemein akzeptierte Regelungen zu schaffen. Dies gilt auch für das in meine Kompetenz als Bundesminister für Justiz fallende Haftungsrecht, das – das sind die Extremstandpunkte – von einigen als völlig ungenügend abgetan und von anderen als Gefährdung des Wirtschafts­standortes Österreich bezeichnet wurde.

Ich bin der Meinung, daß die künftige Gentechnik-Haftung auch in der Fassung des vorlie­genden Antrags in ihrem Anwendungsbereich, nämlich der Erweiterung und Erprobung von GVOs, den Sorgen und Ängsten der Bevölkerung, wie sie im Gentechnik-Volksbegehren mani­festiert wurden, Rechnung trägt. Sie ist vor allem aufgrund der Regelung des Haftungs­umfanges, der Kausalitätsvermutung, der Auskunftspflichten des Betreibers und der Verpflich­tung zur Deckungsvorsorge durchaus, wenn ich so sagen darf, geschädigtenfreundlich, indem sie das Erreichen eines Schadensausgleichs erheblich erleichtern und damit auch die ihr zugedachte Präventivfunktion entfalten wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.49


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Minister.

10.50


Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein¦: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Kollegin Prammer! Herr Kollege Michalek! Als Umweltminister melde ich mich in dieser Gentechnikdebatte vor allem auch deswegen zu Wort, weil ich auf europäischer Ebene im Umwelt-Ministerrat, wie das Frau Kollegin Prammer auch schon angemerkt hat, in den letzten Jahren Österreichs Positionen in Gentechnikfragen im wesentlichen zu vertreten hatte.

In der Tat war es ein erfreuliches Ereignis, daß gestern der sogenannte Artikel-21-Ausschuß nicht so, wie zu befürchten war, entschieden hat, nämlich daß Österreich sein Importverbot nicht aufrechterhalten kann, da eine Sperrminorität zustande kam; eine Sperrminorität, die selbst­verständlich auch durch das Betreiben und das Lobbying Österreichs und die Arbeit von Frau Kollegin Prammer und mir zustande kam. Wir haben damit einen Etappenerfolg erzielt, wir haben damit Zeit gewonnen, und wir haben damit erreicht, daß dieses Thema in einigen Mona­ten – vermutlich bei der im Juni stattfindenden Ratssitzung der Umweltminister – erneut auf der politischen Ebene zu diskutieren sein wird.

Allerdings möchte ich auch dem Hohen Hause nicht verschweigen, daß dort nach dem etwas antiquierten Komitologie-3a-Verfahren, dem dieser Vorgang unterliegt, eine einstimmige Ent­scheidung des Rates gegen den Vorschlag der Kommission erforderlich wäre – also nicht bloß eine Sperrminorität, sondern eine einstimmige Entscheidung des Rates der Umweltminister der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gegen die Kommission –, um die Aufhebung des Importverbotes für Österreich weiterhin aufrechterhalten zu können. Das ist sicher nicht zu erwarten, aber wir werden bis dahin versuchen, auf politischer Ebene etwas zu erreichen, was vielleicht heute noch nicht denkbar ist. Es war ja auch die gestrige Entscheidungsfindung eine, wie ich schon gesagt habe, überraschend positive.

Dafür, daß jedoch in Zukunft derart antiquierte Verfahren nicht mehr zur Anwendung kommen, nämlich daß sich die europäischen Mitgliedstaaten einstimmig gegen die Kommission zu entscheiden haben, um mit ihrer Position durchzukommen, wird die Neuvorlage der soge­nannten Freisetzungsrichtlinie 90/220 Sorge tragen; diese Freisetzungsrichtlinie, die ich unter anderem mit dem Vorsitzenden des Umweltausschusses im Europäischen Parlament, Kenneth D. Collins, besprochen habe und am nächsten Montag auch mit der zuständigen Umwelt­kommissarin, Ritt Bjerregaard, hier in Wien besprechen werde.

Warum? – Weil Österreich während seiner Präsidentschaft im zweiten Halbjahr dieses Jahres diese Richtlinie 90/220 im Rat definitiv vorantreiben möchte, bearbeiten möchte. Ich habe die Absicht, im zweiten Halbjahr eine Orientierungsdebatte zur Richtlinie 90/220 zu ermöglichen.

Es sind in dieser neuen Richtlinie 90/220 durchaus positive Elemente enthalten, abgesehen davon, daß das, wie schon gesagt, antiquierte Komitologie-3a-Verfahren durch ein moderneres, demokratischeres Verfahren abgelöst werden soll. Es sind Bestimmungen zu einer besseren Kennzeichnung, zu einer künftig befristeten Zulassung sowie zu einer vollen Information der Mitgliedstaaten enthalten – also durchaus Punkte, die wir als positiv anerkennen können, auch schon anerkannt haben, manch anderes wird noch zu diskutieren sein, wir befinden uns da inmitten der Diskussion.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Langthaler! Das war ein kurzer Ausblick auf das, was sich auf europäischer Ebene abspielt, wo Österreich als kleines Mitgliedsland seine Stimme in den letzten zwei Jahren durchaus erfolgreich erhoben hat und zumindest auch Teilerfolge erzielen konnte: Verzögerung der Zulassung des Genmaises der Firma Ciba-Geigy, neuerdings Novartis, jetzt zumindest Verzögerung im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung unseres Import­verbotes dieses Produktes, weil wir wirklich der Auffassung sind, daß es auf Einzelfallent­scheidungen ankommt. Wir wollen keine Pauschalverurteilungen, wir wollen keine Pauschal­importverbote – das geht auch gar nicht –, aber wir haben bewiesen, daß wir Österreicher Erfolge erzielen können, wenn wir der Auffassung sind, daß ein Produkt aus gutem Grund – weil es herbizidresistent ist, vor allem aber, weil es antibiotikaresistent ist – nicht nach Österreich importiert werden sollte, und wir haben bewiesen, daß wir uns zumindest im beschriebenen Ausmaß durchsetzen können.

Sehr verehrte Frau Abgeordnete Langthaler! Auch auf die Gefahr hin, daß Sie erneut einen vom Herrn Präsidenten sanktionierten Zwischenruf plazieren werden, und in Anerkennung der durchaus üblichen Vorgangsweise, selektiv zu zitieren, möchte ich Ihnen schon folgendes sagen: Sie haben die Prognos-Studie der Herren Becher und Schuppenhauer ansatzweise zitiert und wollten mit zwei Sätzen verdeutlichen, daß die beiden Herren in dieser Auftragsstudie für das deutsche Wissenschaftsministerium über die Chancen von kommerzieller Biotechnologie in Deutschland in den Jahren 1996 bis 2000 zur Auffassung gelangt sind, daß diese Chancen sehr gering beziehungsweise vernachlässigbar seien. Aber bitte lesen Sie weiter, oder lassen Sie es mich der Einfachheit halber tun – ich werde nicht ganz so selektiv wie Sie vorgehen.

Lassen Sie mich ergänzend die Herren zitieren, die in dieser Studie schreiben – und das paßt eben nicht in Ihr Konzept der Gentechnik- und Biotechnikindustrie: grenzenlose Profitgier, rasches Abkassieren, rasche Dividenden; das haben Sie vom Rednerpult des Hohen Hauses aus gesagt –, daß in den USA nur 3 Prozent dieser Industrie heute rentabel arbeiten, 97 Prozent Verluste produzieren und nur 10 bis 15 Prozent der Unternehmen in diesem Bereich eine Überlebenschance haben. (Abg. Ing. Langthaler: Das spricht aber nicht unbedingt für diese Industrie!) – Sagen Sie das bitte auch dazu, wenn Sie davon sprechen, daß in diesem Bereich rasch abkassiert werden soll, rasch Dividenden lukriert werden sollen!

Wenn Sie von den Arbeitsplatzchancen sprechen, dann sagen Sie bitte auch, was die Herren von Prognos einige Sätze weiter schreiben. Dort heißt es wörtlich, daß vor allem die Unsicher­heit in der Beurteilung der zukünftigen Trends aufgrund des Innovationspotentials der Biotech­no­logie in der frühen Phase ihrer Entwicklung auch in den Unternehmen noch sehr groß ist. Die Marktentwicklungen sind wenig belegbar und ebenso die Erwartungen in den Markt als solchen.

In einer Aussendung der APA ist Herr Becher zitiert – ein Originalzitat –, nämlich daß er meint, die Arbeitsplatzeffekte seien de facto noch nicht abschätzbar. Aber das, was Herr Becher von Prognos danach sagt, ist interessant! Er sagt: Die Gentechnik steht da, wo die Mikroelektronik in den fünfziger Jahren stand, als die ersten Transistoren kamen. Zudem hinke die europäische Biotechnologie der amerikanischen um zehn Jahre hinterher.

Diese Novelle zum Gentechnikgesetz beinhaltet ja auch manches, was ein Hinterherhinken verhindern soll (Abg. Mag. Stadler: Die haben aber ein sehr strenges Produkthaftungsrecht!), da ich mich der Ansicht des Abgeordneten Gradwohl durchaus anschließe, nämlich daß es sich dabei um eine Zukunftstechnologie handelt. (Abg. Mag. Stadler: Die Amerikaner haben das schärfste Verursachungsprinzip der Welt!) Das, was Sie heute beschließen werden, dient nicht nur dazu, den Österreichern Sorgen und Ängste zu nehmen – zumindest den Versuch dazu zu unternehmen –, sondern es sollen auch Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine kontrollierte Entwicklung der Forschung und der wichtigen Industrie in diesem Bereich in Österreich auch in Zukunft ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich schließe, sehr verehrte Frau Abgeordnete Langthaler, meine geschätzten Damen und Herren des Hohen Hauses, mit der Schätzung hinsichtlich der Arbeitsplätze, die die Herren von Prognos abgegeben haben und die auch in den richtigen Kontext gestellt gehört. (Abg. Ing. Langthaler: Der war ja hier! Wir haben mit ihm geredet!) Es gibt heute in Deutschland in diesem Bereich nur 20 000 Arbeitsplätze. Die Herren schätzen, daß innerhalb der nächsten vier Jahre – vier Jahre! – die Zahl der Arbeitsplätze um 40 000 bis 80 000, also auf das Drei- bis Fünffache, gesteigert werden kann – innerhalb von nur vier Jahren! (Abg. Ing. Langthaler: Aber nicht in der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ...! Das sollten Sie als Chemiker schon wissen, Herr Minister!) – Ich würde Sie bitten, das bei nächster Gelegenheit in Ergänzung zu zitieren, um Ihr Zitat der Prognos-Studie zu vervollständigen.

Im übrigen schließe ich mich den Ausführungen meiner Kollegin Prammer und meines Kollegen Michalek vollinhaltlich an. – Ich bedanke mich für die Worterteilung, sehr geehrter Herr Präsi­dent. (Beifall bei der ÖVP.)

10.58


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke, Herr Bundesminister.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. – Bitte.

10.58


Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Herren Bundesminister! Ich hatte ja immer schon den Verdacht, daß Frau Langthaler in heiklen Situationen nur die halbe Wahrheit sagt – um höflich zu bleiben. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Umso dankbarer bin ich dem Herrn Bundesminister dafür, daß er den zweiten Teil der Wahrheit jetzt betont hat.

Frau Langthaler! Sie haben Adorno zitiert, ich werde Ihnen ein Zitat eines anderen Philosophen entgegenhalten (Abg. Dr. Haselsteiner: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen! – weitere Zwischenrufe): In einer Situation, in der die Zukunft unsicher erscheint, ist der schlech­teste aller Ratgeber die Angst. – Genau auf dieser Ebene hat sich jedoch die Diskussion in der Öffentlichkeit abgespielt. (Abg. Ing. Langthaler: Wer schürt denn die Angst mit den Arbeits­plätzen? – Sie tun das doch die ganze Zeit!) Wobei aber diese Zukunft, meine Damen und Herren, eigentlich nur das Nachholen eines Diskussionsprozesses ist, der in anderen Ländern – in den USA, aber auch in anderen europäischen Ländern (Abg. Ing. Langthaler: Weil Sie die Dis­kussion fünf Jahre verweigert haben!) – vor 10, 15 Jahren abgelaufen ist und dort – das muß man heute auch sagen – anders als in unserem Lande ausgegangen ist, da wir mit dem Vor­sorgeprinzip wesentlich stärker in die gentechnische Forschung und Entwicklung eingegriffen haben, als das in anderen Ländern der Fall war. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich kann sagen: Wir präsentieren heute ein Ergebnis, das die Sorgen der Wählerinnen und Wähler, die das Volksbegehren unterschrieben haben, sehr ernst nimmt. Es ist schon gesagt worden – und wurde von Ihnen von der Opposition nicht widerlegt; auch von Ihnen nicht, Herr Kollege Schweitzer! –, daß Österreich heute jenes Land ist, das von allen Ländern der Erde die strengsten Vorschriften und Auflagen sowie die breitesten Mitwirkungsrechte der Bevölkerung in Fragen der Gentechnik und Biotechnologie hat. Daran führt kein Weg vorbei, und das sollten Sie auch anerkennen. (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich kann man einwenden, daß die Forderungen der Betreiber des Volksbegehrens, so wie sie formuliert worden sind, nicht 1:1 umgesetzt wurden. Aber dazu möchte ich schon sagen – und ich zitiere aus der heutigen Ausgabe der „Kronen-Zeitung“ –, daß auch Frau Dr. Sima von „Global 2000“ gemeint hat, daß auch ihr klar war, daß diese Forderungen nicht 1:1 umzusetzen gewesen sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hätten wir das getan, hätten wir die Forderungen wirklich 1:1 umgesetzt, besonders die drei wesentlichen Forderungen, dann hätten wir uns von einem der zukunftsträchtigsten Zweige der Wissenschaft, der Forschung, aber auch der wirtschaftlichen Anwendung und Umsetzung abgekoppelt. Das kann doch nicht unser Ziel sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Langthaler! Entschuldigen Sie: Mir als Tiroler – und neben Ihnen sitzt der Kollege Van der Bellen, der auch sehr viel mit Tirol zu tun hat (Abg. Dr. Khol: Ein Tiroler!) – ist es eben nicht egal, ob die Firma Biochemie in Kundl mit ihren 2 000 Arbeitsplätzen in Tirol bleibt und produziert oder ob sie abwandert. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist doch die Alternative, die Sie einfach leugnen! (Abg. Ing. Langthaler: Nein! Das ist Ihre Angstmache!) Dort geht es um 2 000 qualitativ hochwertige Arbeitsplätze, das ergibt mit den Familien etwa 8 000 Menschen. Die wollen Sie aus unserem Land vertreiben! Da machen wir nicht mit! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin auch froh darüber, daß im Nationalen Aktionsplan zur Beschäftigung, so wie er gestern von der Bundesregierung beschlossen und nach Brüssel gesandt wurde, gerade auch hinsicht­lich der Gentechnik und der Biotechnologie ein Zukunftsfeld definiert worden ist, das es im Interesse der Arbeitsplatzentwicklung, Arbeitsplatzsicherung und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu fördern gilt. Diesbezüglich hat die Bundesregierung die richtigen Akzente gesetzt.

In der Diskussion mit den Betreibern des Volksbegehrens hatte ich allerdings bei vielen Detail­fragen den Eindruck, daß es ihnen gar nicht so sehr um die Umsetzung der einzelnen Forderun­gen geht, sondern vielmehr um eine prinzipielle, fundamentale Ablehnung der Gen­technik und Bio­technologie – so, wie wir das auch schon im Jahre 1994 erlebt haben, als wir ein sehr klares, sehr transparentes und stringentes Gentechnikgesetz beschlossen haben. (Abg. Ing. Lang­thaler: Genau! Ohne Bürgerbeteiligung!)

Frau Langthaler! Sie haben heute etwas anderes gesagt. Sie haben gesagt, Sie wollen mehr gentechnische Forschungen, Sie wollen Förderungen in diesem Bereich. Ich nehme zur Kennt­nis, daß Sie in dieser Frage also nicht zu den Fundamentalisten gehören. Aber es war schon so, wie ich gesagt habe: zum Beispiel bei der Diskussion über die Biopatentrichtlinie der EU. Als sich nämlich herausgestellt hat, daß nach dieser Biopatentrichtlinie ein Patent auf Leben ohne­hin nicht möglich ist, war die Antwort der Betreiber des Volksbegehrens folgende: Wir sind auch gegen ein Patent, das im Rahmen der gewerblichen Nutzung gentechnische Verfahren und deren Anwendung unter Schutz stellt.

Wissen Sie, was Sie damit riskieren? – Sie riskieren erstens den Stillstand der Forschung und zweitens, daß sie dort, wo sie noch stattfindet, zu einer Geheimwissenschaft wird. Die Ergeb­nisse würden einfach – weil nicht patentfähig – nicht mehr patentiert und geheimgehalten wer­den. Das ist nicht meine Auffassung von wissenschaftlichem Fortschritt, der sich der Öffent­lichkeit und auch immer der Verantwortung stellen muß.

Ähnliches war auch bei der Freisetzungsdiskussion festzustellen: Bei Anträgen auf Geneh­migung einer Freisetzung – das ist ein absichtliches Ausbringen gentechnisch veränderter Pflanzen oder Mikroorganismen aus dem geschlossenen System in die Umwelt, soferne noch keine Genehmigung für deren Inverkehrbringung nach dem Gentechnikgesetz erteilt worden ist – haben die Beteiligten ein Mehrparteienverfahren eingeführt. Ich habe zu einer der Bedin­gungen gemacht, daß die Beteiligten im Rahmen der wissenschaftlichen Ausschüsse wissen­schaftliche Kompetenz auf diesem Gebiet nachweisen müssen. Ich meine, daß wir durch die neuen Ausschreibungsbedingungen für diese Positionen eine maximale Pluridisziplinarität, aber auch wissenschaftliche Kompetenz absichern konnten, und das ist auch neu.

Meine Damen und Herren! Zum Schluß kommend, möchte ich sagen: Es ist schon richtig, daß die Erkenntnisse der Wissenschaft nicht immer zum Wohle der Menschheit genutzt worden sind. Ich widerspreche Ihnen aber, Herr Kollege Barmüller, wenn Sie meinen, daß wir Politiker in diesem Bereich ein wenig hilflos sind und daß das dazu führen wird, daß weitere Diskussionen und Verunsicherungen stattfinden. Ich finde, gerade in dem Bereich der Änderung des Gen­technikgesetzes hat die Politik eine führende Rolle eingenommen, und zwar im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeiten, Wissenschaft, Forschung und eine vernünftige Anwendung der Gentechnik zuzulassen, sie aber auch entsprechend zu kontrollieren. In diesem Sinne war die Vernunft der Leiter unserer Handlungen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.06


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.06


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! – Herr Bundesminister Michalek! Gestatten Sie, daß ich ein berühmtes Zitat der Spätantike aus der „Tröstung der Philosophie“ abwandle und sage: Wären Sie doch beharrlich geblieben, Sie wären ein Philosoph geblieben, Herr Bundesminister!

Sie haben dem Parlament einen völlig korrekten, richtigen und an unserer Rechtsordnung orientierten Entwurf zugeleitet, sind dann aber aus uns nicht erfindlichen Gründen in die Knie gegangen. Wir bedauern das, Herr Bundesminister! Wir bedauern, daß Sie sich von der ÖVP und einer wahrscheinlich sehr mächtigen Industrielobby in die Knie haben zwingen lassen. (Bei­fall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie sind mit dem, was Sie betreffend die Produkthaftung dem Parlament als modifizierten Entwurf vorgelegt haben, weit hinter die bestehenden Rechtsregeln über die Produkthaftung zurückgegangen. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Michalek.) – Aber nein, beim Produkthaftungsrecht sind Sie hinter die bestehende Rechtsregelung für die Produkthaftung zurückgegangen, insbesondere auch was das Lucrum-Cessans-Problem anlangt. Sie sind hinter die bestehenden Regeln und die bestehende Judikatur zurückgegangen, Herr Bundesminister. Das ist bedauerlich!

Sie wissen genau, daß dieses Gentechnikgesetz von den Gerichten in Zukunft nach der Lex-posterior-Regel und nach der Lex-specialis-Regel anzuwenden sein wird, daß dieses neue Gesetz die alten Normen überlagert und daß es dem betroffenen, dem geschädigten Bürger nahezu unmöglich gemacht wird, zu seinem Schadenersatz zu kommen. Meine Damen und Herren, das ist bedauerlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es zeigt auch, wie mächtig die Konzerne hier sind. Wenn etwa die Obergrenze für den Scha­denersatz bei 300 000 S gezogen wird, meine Damen und Herren, dann ist das einfach zum Lachen. (Abg. Ing. Reichhold: Da lachen ja die Hühner! Das ist Rechtsbruch!) Wissen Sie, wieviel das für einen Konzern ist? – Es gibt Konzernherren, die gehen um 300 000 S abend­essen! Und das ist die Obergrenze für den Schadenersatz für den kleinen Mann und für den Bürger, meine Damen und Herren. Das ist bedauerlich, das ist schändlich!

Das Argument, das in diesem Zusammenhang immer wieder gebracht wird, daß die Konzerne dann nicht mehr in Österreich bleiben, daß die Gentechnikforschung nicht mehr stattfinden wird, hat der Herr Bundesminister Bartenstein selbst widerlegt. Er hat sehr richtig referiert, daß Ame­rika im Gentechnikbereich zehn Jahre Vorsprung hat. Meine Damen und Herren! Wissen Sie, daß Amerika eines der schärfsten Produkthaftungsrechte der gesamten Welt hat? – Und trotz­dem ... (Abg. Dr. Lukesch, sich vom Platz erhebend: Aber jetzt kommt der Schluß!) – Eine Zwischenrede, gut. (Abg. Dr. Lukesch: Wie viele Schadenersatzprozesse wurden in gentech­nischen Fragen in den USA angestrengt?! – Null, Null-Komma-Josef!)

Herr Professor! Sie haben Ihre Zwischenrede schlecht aufgebaut. Herr Bundesminister Barten­stein hat gesagt, zehn Jahre Vorsprung – und das trotz des schärfsten Produkthaftungsrechtes der Welt. Das zeigt, wie wenig stichhaltig Ihre eigenen Argumente sind.

Meine Damen und Herren! Es ist Zynismus, der aus Ihnen spricht. Sie brauchen wahrscheinlich so wie im Atomrecht ein Gentechnik-Tschernobyl, bis Sie umdenken werden, bis Sie nicht mehr auf die Konzerne hören, sondern wieder den Bürger, die Schädigung und das Gefahrenpotential für den Bürger im Auge haben. (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler.)

Ich wollte dem Herrn Bundesminister nur sagen, daß es besser gewesen wäre, er wäre beharr­lich geblieben, er wäre Philosoph geblieben – um „Die Tröstung der Philosophie“ der Spätantike noch einmal zu bemühen, meine Damen und Herren, Hohes Haus!

Es ist bedauerlich, daß man in dem Abänderungsantrag der Kollegin Rauch-Kallat in der Frage, wer Parteienstellung im Verfahren bekommt, sogar hinter das Baurecht zurückgegangen ist. Schrei­ben Sie doch hinein, daß Sie nur den Anrainer mit Parteienstellung ausstatten wollen und nicht den Nachbarn. Im Baurecht ist der Nachbar jeder, der vom Bauwerk betroffen ist, jeder, der von Emissionen betroffen ist. Aber Sie haben hier nur den Anrainer vorgesehen. Nur den An­­rainer, den unmittelbaren Grundstücksnachbarn! (Abg. Dr. Krüger: Wenn ein Weg dazwi­schen ist, dann ist es kein Anrainer mehr!) Wenn dazwischen ein Bacherl, eine Straße, ein Fußweg ist, dann ist er schon kein Anrainer mehr. Dann kann er sich brausen gehen, seine Parteienstellung ist dahin.

Herr Bundesminister! Das geht weit hinter das gültige Baurecht zurück. Wenn ein Häuselbauer heute ein Einfamilienhaus baut, dann hat er mit Mehrparteienstellung seiner Nachbarn zu rechnen, als das in diesem Gesetz nach dem Abänderungsantrag der Kollegin Rauch-Kallat vor­gesehen ist.

Meine Damen und Herren! Man sieht, wie eng man die Rechte des Bürgers gestalten möchte und wie weit man das Betätigungsfeld für mächtige, aber angeblich so arme Konzerne offen hält. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Das, was Sie heute beschließen, ist ein Konzernrecht und kein Recht für den Bürger! Das ist äußerst bedauerlich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit bin ich bei den demokratiepolitischen Implikationen dieses gesamten Volksbegehrens und seiner Behandlung im Parlament; diese Frage ist schon von einigen Vorrednern aufge­worfen worden. Meine Damen und Herren! Das, was die Koalition macht, ist – und an diesem Beispiel wird es besonders deutlich –, daß sie tagtäglich und nachhaltig das Verfassungsgefüge dieses Landes durcheinanderbringt, und zwar zum Nachteil der Bürgerrechte, zum Nachteil der Demokratie und zum Nachteil des Parlamentarismus.

Sie gehen mit den Betreibern des Volksbegehrens in einer Art und Weise um, wie das die Frau Kollegin Langthaler bereits beschrieben hat: Die Teilnehmer der Koalitionsparteien ziehen sich zur Befehlsausgabe in das Nebenzimmer zurück, kommen dann zurück und sagen den Volks­begehrensbetreibern, was sie überhaupt noch weiter in der Diskussion einzubringen haben. (Abg. Mag. Schweitzer: Nichts Verhandelbares!)

Sie gehen mit den Volksbegehrensbetreibern und damit mit den Bürgern so um, daß der Bürger einfach in Resignation fallen muß! Wenn er sieht, wie man mit diesem, aber auch mit anderen Volksbegehren umgeht, dann muß er den Eindruck haben, es nützt überhaupt nichts, den Politikern mit seiner Unterschrift seine Meinung auszudrücken. Es nützt nichts, sich auf ein Ge­meinde­amt zu bemühen, um dort eine Unterschrift zu leisten und ein Anliegen zu unterstützen.

Meine Damen und Herren! Zum ersten Mal, Herr Kollege Khol, haben sich die Betreiber dreier Volksbegehren zusammengeschlossen zu einer „Initiative Direkte Demokratie“ (der Redner hält eine Unterlage in die Höhe, die diese Überschrift trägt): die Betreiber des Frauen-Volks­begehrens, Frau Bundesministerin Prammer, des Gentechnik-Volksbegehrens und des Tier­schutz-Volksbegehrens, und zwar deshalb, weil alle drei Volksbegehren von der Koalition mit Füßen getreten werden. Das ist das Ergebnis der Behandlung dieser Volksbegehren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher warnt Herr Waigel in Deutschland derzeit alle Demokraten vor der österreichischen Koalitionssituation. Er ermahnt sie, sich nur ja kein Beispiel an der österreichischen großen Koalition zu nehmen. Von den Sozialisten wird nämlich derzeit in Deutschland eine große Koali­tion ins Auge gefaßt. Waigel appelliert an sie, sich ja kein Beispiel an Österreich zu nehmen, weil das der Abgesang, der Schwanengesang der Demokratie wäre. – Und das ist im Falle der Behandlung dieser drei Volksbegehren in der Tat der Fall, meine Damen und Herren.

Da kommt immer wieder die Ausrede mit der Europäischen Union. Man redet sich auf eine Institution aus, die nicht einmal hinreichend demokratiepolitisch legitimiert ist. Man redet sich auf Institutionen aus und sagt: Der Parlamentarismus in Österreich hat keine anderen Möglichkeiten mehr. – Man sagt aber nicht dazu, daß man in Wirklichkeit dann aber auch die Parlamente verkleinern müßte, daß man dann den Bundesrat überhaupt abschaffen müßte. Und auch die Landtage könnte man schön langsam einsparen, wenn das so weiter geht, meine Damen und Herren.

Sagen Sie doch dem Bürger, daß er zwar keine Rechte mehr hat, aber daß er sich dann wenigstens nicht auch noch diese riesigen Apparate mit unzähligen Privilegienbeziehern leisten muß. Meine Damen und Herren! Sagen Sie das den Leuten! Sagen Sie das, dann werden Sie von den Leuten zumindest ernst genommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

So wie das jetzt läuft, kann der Bürger nur den Eindruck haben, daß man das Parlament zu einem Marionettentheater der Bundesregierung verkommen läßt. Regierungsgesetzgebung ist an der Tagesordnung; das haben wir ja heute gesehen. Ich wiederhole: Regie­rungsgesetz­gebung ist an der Tagesordnung!

Mit einer Geschäftsordnungsreform, meine Damen und Herren – Frau Kollegin Langthaler von den Grünen, das ist eben eine Sünde gewesen, daß Sie damals zugestimmt haben –, hat man diesem Parlament einen Maulkorb umgehängt. Das hat sich gestern gezeigt, das zeigt sich heute, das zeigt sich in den Ausschüssen, und das wird sich auch in der Zukunft zeigen. Die große Koalition mißbraucht ihre absolute Macht schamlos!

Untersuchungsausschüsse werden nicht zugelassen. Das Kontrollrecht des Parlaments wird mit Füßen getreten. Der Rechnungshofunterausschuß – da sind die Grünen ebenfalls Leidtragende, so wie wir – ist zu einer Institution verkommen, mit der sich die Regierung ... (Abg. Dr. Gredler: Hätten Sie gestern zugestimmt!) Nein, meine liebe Frau Kollegin! Daß Sie sich hierher gestellt haben und für Ihr eigenes demokratiepolitisches Versagen auch noch den Bundespräsidenten verantwortlich machen wollten, das konnte ich nicht unterstützen! (Beifall bei den Frei­heitlichen. – Abg. Mag. Barmüller: Umgefallen seid ihr in der Kurden-Frage!)

Der Bundespräsident, ein direkt demokratisch gewähltes Organ, wird in seinen Rechten weiter beschnitten. Die letzte Novelle haben Sie vom Liberalen Forum ebenfalls mitgetragen. Das war die Novelle zum Oesterreichischen Nationalbankgesetz. So geht das tagtäglich. (Abg. Mag. Bar­müller: Umgefallen!)

Ich erinnere mich daran, daß die Versuche des Präsidenten Fischer, die Rechte des Bundes­präsidenten beim EU-Begleitverfassungsgesetz weiter zu beschneiden, auch von Ihrer Fraktion unterstützt worden sind. Das habe ich noch sehr gut in Erinnerung. Und jetzt will Ihre Frau Bundespräsidentenkandidatin so tun, als würde sie eine starke Bundespräsidentin werden. – Aber in diese Verlegenheit wird sie nie kommen. Sie wird bei der Wahl kläglich untergehen, glauben Sie mir das. Sie wird wahrscheinlich noch hinter dem Richard Lugner zu liegen kommen. (Abg. Mag. Barmüller: Sie wird nicht so weit hinuntergehen wie du!)

Meine Damen und Herren vom Liberalen Forum! Das zeigt die Doppelzüngigkeit, mit der Sie Politik betreiben – je nachdem, wie es Ihnen gerade paßt. Verstehen Sie mich: Deswegen ist die grüne Fraktion, die geschlossen eine Linie verfolgt, einfach noch der ernstere und ernst­zunehmendere Ansprechpartner und, was das Gentechnikrecht anlangt, mit Sicherheit auch der kompetentere Ansprechpartner. (Abg. Dr. Gredler: Oh! Schau, schau!)

Meine Damen und Herren! Diese Demokratieverweigerung der großen Koalition – und das ist das Problem bei diesen drei Volksbegehren – führt 150 Jahre nach der bürgerlichen Revolution, zu der wir heute eine Sonderausstellung im Parlament haben – (der Redner hält die Einladung in die Höhe) ich weiß nicht, ob Sie diese Einladung bekommen haben –, 150 Jahre nach der Revolution von 1848, mit der der Parlamentarismus begründet wurde, dazu, daß dieses Par­lament laufend mißachtet wird.

Gestern haben wir gesehen, daß die Entschließungen des Parlamentes nichts mehr wert sind. Heute erleben wir, daß dieses Parlament sogar noch unter das Diktat von mächtigen Konzern­herren gestellt wird, meine Damen und Herren und Herr Bundesminister und Frau Bundes­ministerin!

Das ist das Traurige! Das ist das, was die Menschen an der Demokratie zunehmend verzweifeln läßt! Das ist auch der Grund dafür, warum der Nichtwähleranteil permanent steigt, warum die Demokratieverweigerung beim Bürger zunimmt und warum wir in ein neues Biedermeiertum verfallen.

150 Jahre nach der Revolution von 1848 ist ein neues Biedermeiertum angesagt. Die kleinen „Mini-Metterniche“ sind wieder da – ob sie Einem oder Kostelka heißen, spielt gar keine Rolle mehr. Die kleinen „Mini-Metterniche“ sind wieder die, die das Sagen haben und die sich auf mächtige Lobbies stützen – nicht aber auf das Votum des Bürgers. (Beifall bei den Freiheit­lichen.) Meine Damen und Herren! Die Zensur der „Political Correctness“ ist es, die uns heute denken und reden verbieten soll. Das ist das Problem!

Herr Bundesminister! Der Bürger ist daher von einer Demokratie, die so gestaltet wird, daß seine Rechte permanent abnehmen, während die Rechte mächtiger Lobbies permanent zuneh­men, mehr und mehr enttäuscht. Ich halte das für einen schwer verantwortbaren (Abg. Dr. Kostelka: Redezeit!), für meine Fraktion jedenfalls nicht verantwortbaren Weg: weg von der Demokratie, weg vom Parlamentarismus und hin zu Oligarchien. Das ist etwas, was wir nicht wollen. (Abg. Dr. Kostelka: Redezeit!) – Bitte, das ist meine Redezeit. (Abg. Dr. Kostelka: Das Licht leuchtet!)

Der Herr Kollege Kostelka hat ein Licht entdeckt! Es ist ihm ein Lichtlein aufgegangen! Herr Kollege Kostelka, ich weiß nicht, ob Ihrem Bundesgeschäftsführer Rudas auch ein Lichtlein aufgegangen ist, als er sich die Buchhaltung durchgeschaut und entdeckt hat, daß Sie 33 Millio­nen Schilling überwiesen haben, die Sie nicht hätten überweisen dürfen. Herr Kollege Kostelka! Wissen Sie, Sie sollten sich nicht um meine Redezeit oder um die Redezeit meiner Fraktion kümmern. Kümmern Sie sich lieber um die Bürgerrechte, dann wird man Sie wieder ernst nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.19


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Anna Huber zu Wort. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer: Schwere Kriegsverletzung bei Kostelka!)

11.19


Abgeordnete Anna Huber¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundes­mini­ster! Hohes Haus! Trotz eines Klimas künstlicher Aufgeregtheit, trotz vielfachem populistischen Aktionismus möchte ich sagen: Ich meine, es ist es dem Gentechnikausschuß in den letzten sieben Monaten gelungen, das sehr komplexe Feld der Gentechnik sehr, sehr sachlich zu erörtern und die Intentionen des Volksbegehrens so weit wie möglich zu erfüllen.

Ich finde, das ist gelungen, obwohl ich mir in einigen Punkten eigentlich mehr gewünscht hätte, und es ist trotz der phasenweisen Dialogverweigerung der Proponenten des Volksbegehrens sowie der Oppositionsparteien gelungen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gentechnik wird in Österreich nicht grundsätzlich abge­lehnt. Die österreichische Bevölkerung differenziert sehr wohl zwischen den verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten. Die Gentechnikforschung und -entwicklung im Bereich der Medizin, der Gesundheitsvorsorge und der Entwicklung von Medikamenten wird ausdrücklich befür­wortet. Ich meine allerdings, daß auch da die Entwicklungen genau zu beobachten sind, weil gerade auf diesem Gebiet ethische Probleme drohen. Ich denke zum Beispiel an die Diskriminierung von Arbeitnehmern, wenn sie unter Umständen dem Arbeitergeber ihr Genom offenzulegen hätten.

Was wollen die Österreicherinnen und Österreicher, und zwar weit über die Zahl der Unter­stützer des Volksbegehrens hinaus, wie alle Umfragen zeigen? – Wir alle wollen mehrheitlich keine gentechnisch veränderten Lebensmittel essen, und wir wollen keine gentechnisch veränderten Organismen in unserer Umwelt. „Kein Essen aus dem Gen-Labor“ lautete die sehr plakative Forderung des Volksbegehrens. Wie ist das aber in einem freien Markt zu erreichen, wo eben Lebensmittel aus der ganzen Welt in den Regalen unserer Läden stehen?

Die einzige Möglichkeit ist, daß die Konsumenten wählen können, daß sie sich für oder gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel entscheiden können. Das geht aber eben nur über eine umfassende Kennzeichnung. Das ist der Weg, den seinerzeit Ministerin Krammer aufgezeigt und eingeschlagen hat und den nun Ministerin Barbara Prammer in außerordentlich konse­quenter Weise weitergegangen ist.

Auf diesem Gebiet ist uns Österreichern sehr, sehr viel gelungen; das ist heute schon ange­deutet worden. Es erfolgte ein gewaltiger Stimmungsumschwung in Europa. Auch ich freue mich sehr darüber, daß wir einen Etappensieg erreicht haben, indem das Importverbot für Gen-Mais weiter bestehen bleibt.

Wir Österreicher haben in der Europäischen Union den Boden für eine umfassende Kenn­zeichnung aufbereitet, nämlich eine Kennzeichnung mit allen Zusatzstoffen. Ich gratuliere insbe­sondere unserer Verbraucherschutzministerin für ihre außerordentlich konsequente Haltung, für ihre Zähigkeit und für ihr Durchsetzungsvermögen. Ihr ist es gelungen, das zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil das alles aber viel zu langsam und viel zu zäh geht, ist es notwendig, Druck zu machen, damit diese umfassende Kennzeichnung so bald wie möglich in ganz Europa durchgesetzt wird. Ich glaube, diesbezüglich kann und muß Österreich – gerade im Rahmen der EU-Präsi­dentschaft – wichtige Impulse setzen und etwas weiterbringen.

Ich erwarte mir auch weitere Sicherheiten für Verbraucherinnen und Verbraucher durch unsere Positivkennzeichnung, die vor allem im Bio-Land Österreich neue Standards mit sich bringen wird.

Die heute vorliegenden Gesetzesanträge, die einen Kompromiß darstellen – das gebe ich gerne zu –, sind meiner Meinung nach sehr, sehr wichtige Schritte zu mehr Mitwirkung für die Bürger, zu mehr Sicherheit und zu mehr Klarheit im Bereich der Anwendung der Gentechnik. Trotzdem glaube ich nicht, daß der Abschluß der Ausschußberatungen beziehungsweise der heutige Tag das Ende der Diskussion der Für und Wider der Gentechnik, ihrer Chancen und Risken sein kann und darf.

Ich begrüße daher ganz besonders die Informationsoffensive unserer Verbraucherschutz­mini­sterin. Es wird nämlich noch vieles auf uns zukommen, was derzeit noch gar nicht absehbar und abschätzbar ist. Daher halte ich es für besonders wichtig, daß wir uns als Gesetzgeber bemühen, die Entwicklungen in diesem Bereich der neuen Technologien sehr genau und sehr aufmerksam zu verfolgen und sofort, wenn dies nötig ist, Schranken und Sicherheits­mechanismen einzuschalten – zu unser aller Wohl und zu unser aller Schutz! (Beifall bei der SPÖ.)

11.24


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

11.24


Abgeordnete Dr. Martina Gredler¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin, ich bin mit Ihrer Äußerung, daß Sie es bedauert haben, daß nicht alle Ausschußmitglieder anwesend waren, als es um die Haftung gegangen ist, nicht einverstanden. Wie ich dem Ausschußprotokoll entnehme, haben Sie selbst gesagt, daß die Unterlagen unvollständig waren. Sie haben ausgeführt – das steht auf Seite 19 –: Die in Kürze vorliegenden Ergebnisse weisen den Weg in die richtige Richtung. – Also Sie verweisen auf Ergebnisse, die dem Ausschuß noch gar nicht vorliegen, und wundern sich dann darüber, daß die Ausschußmitglieder, die keine Diskussionsgrundlage haben, keine therapeutische Stunde mit Ihnen möchten, sondern erst die Grundlagen zur Verfügung haben wollen, um zu diskutieren beziehungsweise auch ihre Meinungen zu äußern. Ich finde das durchaus korrekt. Ich meine, sie werden ja nicht bezahlt, um mit Ihnen zu töpfern oder um eine nette Stunde zu verbringen, sondern es soll im Ausschuß auf einer Grundlage etwas geschaffen werden. Daß Sie sich dann beschweren und sagen, Sie sehen nicht ein, daß man sich der Diskussion verweigert, halte ich für besonders merkwürdig. Das sei Ihnen gesagt (Abg. Schwemlein spricht mit der auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministerin Mag. Prammer) – auch wenn Sie jetzt von Herrn Kollegen Schwemlein abgelenkt werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich meine, es entspricht auch Ihrem Demokratieverständnis, daß wir alle mehr davon haben, wenn Diskussionsgrundlagen in einer Sitzung vorhanden sind. Und wenn diese nicht da sind, dann müßten wir eigentlich die Sitzung unterbrechen. Also behaupten Sie bitte nicht Dinge, die nicht wahr sind.

Weiters muß ich sagen, daß das auch Kollegen von anderen Fraktionen, wie etwa Herrn Mag. Haupt, aufgefallen ist, der gemeint hat: Ich möchte wissen, wie lange es noch dauern wird, bis der angekündigte § 27-Antrag vorliegt, denn offensichtlich wird jetzt filibustert. Seiner Meinung nach wäre es fair gewesen, den Ausschuß zu unterbrechen, wenn man nicht in der Lage war, den Antrag rechtzeitig fertigzustellen. – Das ist nachzulesen auf Seite 23. Es sind also diesbezüglich sehr klare Äußerungen in der Ausschußsitzung gefallen, und Ihr Bedauern ist daher nicht angebracht, Frau Bundesministerin.

Schließlich möchte ich anmerken, daß auch notiert worden ist, daß zwar Sitzungsbeginn um 11 Uhr war, aber die Obfrau Maria Rauch-Kallat erst um 14.45 Uhr mitgeteilt hat, daß der § 27-Antrag nunmehr vorliegt. Also um 11 Uhr hat die Sitzung begonnen und erst um 14.45 Uhr hatte man die Diskussionsgrundlage. Ich halte das schon für eine merkwürdige Vorgangsweise.

Aber es geht weiter. Ich würde mir eigentlich wünschen, daß wir nicht im Plenum Abände­rungsanträge zu 20 Punkten in diesem Gesetz bekommen. Entweder ist das in der Regierung akkordiert worden oder nicht. (Abg. Schwemlein spricht nach wie vor mit Bundesministerin Mag. Prammer ) – Herr Schwemlein! Bitte führen Sie Ihre Diskussionen dann, wenn wir mit der Debatte fertig sind. Ich sehe ein, daß Sie die Frau Bundesministerin begrüßen wollen, sie ist eine sehr nette Person, aber wenn Sie ein Problem mit ihr besprechen wollen, dann tun Sie das außerhalb des Plenums.

Es geht um den Punkt 3 im Abänderungsantrag, den Sie hier erörtert haben. Dort heißt es: Die Eigentümer des Grundstückes, auf dem die Freisetzung erfolgen soll, haben Parteienstellung, wenn sie verschiedene Kriterien erfüllen. Erstens: Wenn er gemäß § 43 Abs. 1 und 2 begrün­dete Einwendungen schriftlich den Behörden mitteilt und bei der Anhörung näher erläutert und zugleich mit seinen schriftlichen Einwendungen das Vorliegen der Voraus­setzungen für eine Parteienstellung nachgewiesen hat. – Also mit dem Abänderungsantrag, der jetzt vorliegt, führen Sie eigentlich eine Verschärfung der Situation jener Personen herbei, die betroffen sind.

Was heißt denn hier „Eigentümer des Grundstückes“? – Da muß ich ausnahmsweise Herrn Abgeordneten Stadler recht geben. Wenn das Grundstück gepachtet worden ist, dann hat man keine Parteienstellung mehr, beziehungsweise wenn man kein unmittelbarer Nachbar ist, ist man bereits aus dem Gesprächszyklus heraußen, und außerdem hat man noch diese drei Bedin­gungen zu erfüllen. Das halte ich nicht für einen Fortschritt, sondern für einen Rückschritt! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn man bedenkt, daß Gentechnologie ein Problem sein könnte, dann muß man auch den Dialog mit der betroffenen Bevölkerung riskieren. Ich sage bewußt „riskieren“, weil ich glaube, daß wir alle etwas davon haben und es nicht schlecht ist, wenn es Widerstand gibt. Denn nur so kann man feststellen, ob Gefahr für die Umgebung besteht oder nicht. Und die Umgebung sind nicht nur die Nachbarn. (Bundesministerin Mag. Prammer ist in ein Gespräch vertieft.) – Also Sie sind wirklich sehr beliebt, Frau Bundesministerin; ich gratuliere Ihnen dazu.

Ich möchte nun aber im Unterschied zu den Grünen, die zurzeit leider nicht anwesend sind, folgendes feststellen: Ich sehe nicht ein, daß man solch eine Furcht vor Nahrungsmitteln produziert, die gentechisch verändert worden sind. Man muß auf diesem Gebiet forschen und sich wirklich darüber im klaren sein, was sie im Körper bewirken. Ich weiß, daß Personen wie Professor Graninger sehr gerne Forschung betreiben möchten, indem sie drei Monate lang Probanden gentechnisch veränderte Nahrungsmittel verabreichen, um dann festzustellen, welche Veränderungen es im Körper gegeben hat. Ich halte diese Forschung für besonders wichtig.

Nur: Einerseits zu sagen, daß ich zum Beispiel als Ärztin ein Kartoffelextrakt ohne weiteres spritzen darf, auch wenn dabei Gentechnologie verwendet worden ist, und anderseits zu mei­nen, daß dieselbe Kartoffel auf dem Teller unter Umständen gefährlich ist, sehe ich nicht ein. Da mißt man mit zweierlei Maß. Man muß dieselben Maßstäbe anlegen wie in der Medizin, nämlich festzustellen, welche Langzeitwirkungen es haben könnte, um dann in puncto Nahrungsmittel wirklich entspannt diskutieren zu können.

Ich weiß, daß es auf den Philippinen Forschungsergebnisse bezüglich eines Reiskorns gibt, das gegen Trockenheit widerstandsfähiger und noch dazu größer ist. Wenn wir im Auge haben, daß in einigen Jahren die Weltbevölkerung 15 Milliarden Personen umfassen wird, dann müssen wir dafür Sorge tragen, wie diese Personen mit möglichst gesunden Lebensmitteln ernährt werden können. Und wenn man diese Lebensmittel nicht auf natürliche Weise produzieren kann, dann muß man versuchen, Wege zu finden, diese Personen anders zu ernähren.

Ich will die Forschung nicht dort haben, wo es keine gesetzlichen Regelungen gibt, sondern ich will die Forschung in jenen Ländern haben, in denen es besonders strenge Regelungen gibt. Und deshalb würde ich mir wünschen, daß wir da offensiver vorgehen und den Forscherinnen und Forschern mehr Raum für Entwicklungen geben beziehungsweise auch mehr Geld zur Verfügung stellen. Wenn man zuerst von 1 Milliarde Schilling spricht, die dafür ausgegeben wird, und dann plötzlich sind – wie letztes Jahr – nur mehr 700 Millionen Schilling vorhanden, so ist der Trend rückläufig, was die Forschung angeht, und nicht vorwärts gerichtet, wie das so oft von der ÖVP behauptet wird.

Nun komme ich zum Schluß auf etwas zu sprechen, was mich wirklich irritiert hat. Ich habe von KollegInnen aus anderen Ländern im Europäischen Parlament gehört, daß sie sehr auf Österreich gebaut haben, als es um die Genpatentierung ging. Die betreffende Richtlinie wurde, wie Sie wissen, in einem Vermittlungsausschuß verhandelt. Von österreichischer Seite wurde ein zwar engagierter, aber sehr junger Beamter, der überhaupt erst seit kurzer Zeit in Brüssel ansässig war, in diesen Vermittlungsausschuß geschickt. Und es gab wirklich ein enttäu­schendes Ergebnis. Man sollte in einer solchen Situation nur die besten Beamten schicken und nicht einen jungen Beamten, der es wirklich gut meint, aber die Mechanismen eines Vermitt­lungsausschusses noch nie kennengelernt hat.

Das hat große Enttäuschung bei den Europaparlamentariern, die dort vertreten waren, hervorgerufen, weil sie wirklich auf Österreich gebaut haben. Sie hätten gewünscht, daß wir einen Vollprofi entsenden und nicht jemanden, der die Mechanismen, die in Brüssel aktiv sind, einfach noch nicht beherrscht. Bitte, Frau Bundesministerin, die Sie über Ihr Engagement in Brüssel sprechen, verwenden Sie dort auch Ihre besten Beamten! (Bundesministerin Mag. Prammer: Das ist der Wirtschaftsminister! Das ist nicht mein Bereich!) Ja dann sorgen Sie dafür, daß der Herr Wirtschaftsminister von der anderen Regierungspartei die besten Leute einsetzt. Ich sehe nicht ein, warum sich dauernd ein Regierungskollege auf den anderen ausredet. Seid ihr in einer Regierung oder nicht? – Das ist wirklich die Frage! (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.34


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

11.34


Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine kurze Bemerkung zur Frau Dr. Gredler: Ihre letzten Bemerkungen haben sich sehr gut eingefügt in das, was Sie gestern abend hier geboten haben, nämlich mit leichter Hand zu diffamieren, mit leichter Hand jemanden herunterzumachen. Noch dazu haben Sie sich nicht auf eigene Wahrnehmungen gestützt, sondern behauptet, daß andere KollegInnen im Europäischen Parlament gesagt hätten, der österreichische Beamte wäre nicht fähig gewesen. Ich halte diese Art, einen Beamten, der seine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen macht, der dort österreichische Interessen vertritt, so zu diffamieren, für schäbig, Frau Dr. Gredler, und weise das zurück! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Barmüller: Herr Dr. Schwimmer! Hören Sie auf, etwas zu behaupten, was nicht der Wahrheit entspricht!)

Herr Barmüller! Es wird sich überhaupt niemand mehr getrauen, österreichische Interessen zu vertreten, wenn danach seine berufliche Ehre vom Liberalen Forum – sehr „liberal“ übrigens – hier so in den Dreck gezogen wird. (Abg. Mag. Barmüller: Das ist nicht gemacht worden! Sie wissen das!) Das ist zurückzuweisen, Herr Barmüller! Sie als Jurist sollten Frau Dr. Gredler den Rat geben, eine solche Vorgangsweise hier zu unterlassen! Ich möchte das in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie gehen ja ohnedies mit der Wahrheit ganz leichtfertig um. Die heutige Debatte war in höchstem Maße entlarvend. Auch Sie haben Krokodilstränen über die Ausschußsitzung am 5. Dezember 1997 vergossen und haben behauptet, daß man die Sitzung verlassen mußte, weil die Koalitionsparteien nicht anwesend waren und im Nebenzimmer ... (Abg. Dr. Gredler: Das habe ich nicht gesagt!) Ich habe nicht von Ihnen, Frau Gredler, gesprochen. (Abg. Mag. Bar­müller: Am 5. Dezember haben Sie im Hinterzimmer des Parlaments verhandelt!) Lassen Sie mich ausreden, Herr Barmüller! Sie wollen die Wahrheit nicht hören, weil dann Ihre Argumen­tation zusammenbricht.

Sie haben behauptet, die Koalition wäre nicht anwesend gewesen und hätte im Hinterzimmer verhandelt und deshalb mußte man ausziehen. (Abg. Dr. Gredler: Wer hat das gesagt?) Frau Abgeordnete Rauch-Kallat, meine Fraktionskollegin, hat während der gesamten Ausschuß­sitzung den Vorsitz geführt. Es war mit einer Ausnahme die gesamte ÖVP-Fraktion anwesend. Es war mit einer Ausnahme die gesamte SPÖ-Fraktion anwesend. Zwei Abgeordnete haben draußen mit Experten einen Antrag beraten, den man im Ausschuß einbringen wollte.

Ich kann mich nicht erinnern, Herr Barmüller, daß Sie jemals in einem Ausschuß mit Ihren Experten vor den Augen und Ohren der anderen beraten hätten, wie Sie einen Antrag formulieren. Sie kommen mit einem fix und fertigen Antrag in die Sitzung oder bekommen während der Sitzung von einem Klubmitarbeiter den Antrag vorgelegt, damit Sie ihn einbringen können. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller.) Dagegen ist nichts zu sagen. Ein Ausschuß ist kein Redaktionskomitee für Fraktionen. Das hat man gefälligst außerhalb des Ausschusses zu machen, und dies ist geschehen. Das ist also eine wirklich unsinnige Ausrede!

Herr Barmüller! Die letzte Ausschußsitzung war ja überhaupt entlarvend. Wieder haben Ver­treter des Volksbegehrens und Oppositionsabgeordnete unter Protest das Ausschußlokal verlassen, weil die Vorgangsweise angeblich völlig unmöglich war. Rein zufällig erfolgten der Protest und das Verlassen der Sitzung zu einem Zeitpunkt, zu dem man vorher schon eine Pressekonferenz einberufen hatte. (Ironische Rufe des Erstaunens bei der ÖVP.) Genau zum gleichen Zeitpunkt! Die Strategie ist aber schiefgegangen. Die Journalisten, die eingeladen waren, haben gewußt, warum Sie herausgekommen sind – nicht aus Protest, sondern weil Sie eingeladen hatten!

Dann ist folgendes passiert, Herr Barmüller – das möchte ich jetzt in aller Deutlichkeit klarlegen –: Frau Langthaler hat ein richtiges Zitat gebracht. Sie hat Frau Abgeordnete Rauch-Kallat richtig zitiert: Die Koalitionsparteien haben die Anliegen und Ängste der Unterzeichner des Volksbegehrens ernst genommen. Wir haben daher auch einen konkreten Gesetzesvorschlag im Ausschuß eingebracht. Ich habe mir gedacht, vielleicht habe ich irgend etwas übersehen. Ich habe mir daher noch einmal die Ausschußberichte durchgelesen. Von keiner der Oppositions­parteien ist ein konkreter Gesetzesantrag gestellt worden, weder von Barmüller noch von Langthaler, weder von Schweitzer noch von Pumberger. (Abg. Mag. Barmüller: Das stimmt nicht!) Nein, nein, es ist kein konkreter Gesetzesantrag gestellt worden. Daher konnte auch nicht abgestimmt werden. (Abg. Mag. Barmüller: Der Antrag ist eingebracht worden! Dann haben Sie nicht abge­stimmt! Das wäre geschäftsordnungswidrig!)

Es ist zum heute zu beschließenden Antrag auf Änderung des Gentechnikgesetzes von seiten der Opposition kein Abänderungsantrag gestellt worden. Das konnte auch nicht mehr gesche­hen, denn Sie waren ja nicht mehr anwesend. Sie waren draußen bei der Pressekonferenz. (Abg. Mag. Barmüller: Sie haben es noch nicht einmal verteilt gehabt!)

So „ernst“ haben Sie die Anliegen und Ängste der Unterzeichner genommen. Wir haben uns im Gegensatz zu Ihnen damit beschäftigt. Aber ich gebe schon zu: Man muß sich auch mit den Argumenten der Angstmacher beschäftigen, und da gehören Sie mit dazu.

Für folgendes bin ich Frau Abgeordneter Gredler sehr dankbar: In das Volksbegehren – dafür sind nicht die Unterzeichner verantwortlich, sondern die Initiatoren – wurden nur Dinge hinein­geschrieben, die Lebensmittel betreffen, und es wurde gesagt: Was die Medizin betrifft, ist überhaupt alles völlig außer Frage gestellt! – Das ist an sich wissenschaftlicher Unsinn, weil es in Wirklichkeit um die gleichen Techniken geht. Wenn man nämlich eine Pflanze gentechnisch verändert, indem man Sequenzen einer anderen Pflanze verwendet, um ihr andere Eigen­schaften zu geben, dann ist das um überhaupt nichts monströser oder gefähr­licher, als wenn man Gensequenzen der menschlichen Bauchspeicheldrüse in ein Kolibak­terium, das sich nor­ma­ler­weise im menschlichen Darm aufhält, transferiert, damit dieses Bakterium menschliches Insulin produzieren kann. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller.) Gott sei Dank ist das gelun­gen! Dieses Humaninsulin ist wesentlich verträglicher als jenes Schweineinsulin, das man vor­her verwenden mußte und das Generationen von Zuckerkranken neue Schwierigkeiten bereitet hat. Das gleiche gilt für den Gerinnungsfaktor 8 und andere Dinge.

Das wollten Sie natürlich nicht in Frage stellen; das verstehe ich schon, weil es unpopulär gewesen wäre, aber eine Grenzziehung – das hat Frau Dr. Gredler dankenswerterweise hier gesagt – zwischen Medizin und Anwendung bei Lebensmitteln oder in der Pflanzenbiologie ist gar nicht möglich.

Ich habe im „Ärztemagazin“ zufällig einen Artikel über eine Genkartoffel gefunden, die zur Im­munisierung gegen Cholera geeignet ist, was also eine Verbindung zwischen Nahrungsmittel- und Medizintechnologie bedeutet. Gerade für Entwicklungsländer, in denen Cholera heute noch eine große Gefahr darstellt – 5 Millionen Menschen erkranken, 200 000 sterben jährlich daran –, wäre das eine sehr, sehr gute Methode.

Da eine klare Grenzziehung zu treffen, ist nicht möglich. Eine Grenze muß man ziehen zwischen Dingen, die gefährlich sind, und Dingen, die nicht gefährlich sind, die auch entsprechend erprobt sind. In diesem Zusammenhang braucht man etwa auch die Freisetzung. Grenzen muß man ziehen – und da bin ich sehr dafür – zwischen gutem Gebrauch und Mißbrauch, denn wie alles, was der Mensch macht, kann auch das gut gebraucht oder aber auch mißbraucht werden.

Deshalb meine ich, daß die Koalitionsparteien auf dem richtigen Weg sind: Wir haben die Anliegen und Ängste der Unterzeichner ernst genommen. (Abg. Mag. Barmüller: Sie haben es nicht einmal verstanden!) Ich gebe zu, in einem Punkt waren wir nicht erfolgreich: Die Angst­macherei der Abgeordneten Barmüller, Langthaler, Schweitzer, Pumberger et cetera konnten wir nicht abstellen. Sie werden weiter versuchen, mit der Angst Politik zu machen, aber ich glaube, die Österreicher werden sie durchschauen. (Abg. Mag. Barmüller: Ihre Polemik entlarvt sie selber!) Und die Niederösterreicher haben das Liberale Forum schon längst durchschaut, Herr Barmüller. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.43


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Frau Abgeordnete Langthaler hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet.

Frau Abgeordnete, bitte beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen. – Bitte.

11.43


Abgeordnete Ing. Monika Langthaler¦ (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schwimmer hat hier gemeint, die Oppositionsparteien hätten keine Gesetzes­änderungen in die Ausschüsse eingebracht. – Diese Behauptung ist unrichtig.

Die Grünen haben bereits vor vielen Monaten und immer wieder sogar einen eigenen Geset­zesantrag für ein Gentechnikgesetz eingebracht und Sie aufgefordert, darüber konkret zu diskutieren.

Herr Abgeordneter Schwimmer hat weiters behauptet, daß eine Grenzziehung zwischen der Anwendung der Gentechnik in der Medizin und im Lebensmittelbereich nicht möglich sei. – Auch diese Behauptung ist völlig unrichtig, ansonsten würde ich alle anwesenden Kollegen dazu auffordern, daß in Zukunft ein Gesetz produziert wird, das auch beim Verkauf von Lebensmitteln die Ausgabe von Beipacktexten und das Durchlesen derselben genau regelt. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Barmüller.)

11.44


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer, Sie haben sich zu einer persönlichen Erwiderung gemeldet. Bitte, begründen Sie kurz, warum Sie persönlich betroffen sind. (Zwischenruf des Abg. Wabl.)

11.44


Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer¦ (ÖVP): Frau Abgeordnete Langthaler hat mir vorge­halten, ich hätte falsch aus der Ausschußsitzung berichtet.

Ich stelle richtig: Ich habe von der Ausschußsitzung berichtet, daß im Ausschuß von der Oppo­sition kein Gesetzesantrag gestellt worden ist. Ich habe mich nochmals anhand des Berichtes des Ausschusses vergewissert: Es wurden von den Oppositionsabgeordneten Haupt, Schweit­zer, Pumberger und Langthaler Entschließungsanträge gestellt, die keine Mehrheit gefunden haben; es wurde kein Gesetzesantrag gestellt. (Ruf bei den Grünen: Das ist ein glatter Mißbrauch! – Abg. Ing. Langthaler: Wir haben einen eigenen Gesetzesantrag gestellt!) Ich habe daher die Wahrheit gesagt, und Frau Langthaler hat mich zu Unrecht der Unwahrheit geziehen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Zur Geschäftsbehandlung!)

11.45


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter Wabl zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

11.45


Abgeordneter Andreas Wabl¦ (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Kollege Schwimmer hat einfach das noch einmal behauptet, was er schon vorher behauptet hat. Das war keine persönliche Erwiderung, sondern ein Mißbrauch der Geschäftsordnung! (Abg. Dr. Schwimmer: Ich darf mich gegen Unwahrheit nicht wehren?)

Wir können das in den Protokollen nachlesen und in der nächsten Präsidiale behandeln. Diese Art der Erwiderung wurde nie zugelassen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Barmüller: Sie wurde mir sogar verweigert, Herr Präsident!)

11.45


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter! Die Diskussion, was im Rahmen einer tatsächlichen Berichtigung zulässig ist, ebenso im Rahmen einer persönlichen Erwiderung, hat eine gewisse Tradition in diesem Haus. (Abg. Ing. Langthaler: Aber nur für Parteikollegen!) Sie wissen das. Wir haben uns in der Präsidiale mehrfach damit beschäftigt, und wir werden auch diesen Fall zum Anlaß nehmen, ein weiteres Mal darüber zu diskutieren.

Herr Abgeordneter Barmüller. – Bitte.

11.46


Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller¦ (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident Neisser! Ich möchte nur anmerken, daß mir bei einer anderen Gelegenheit, als ich in einem ähnlichen Fall eine persönliche Erwiderung machen wollte, diese von Herrn Präsidenten Fischer nicht zugestanden wurde, und zwar mit der Begründung beziehungsweise Aussage, daß ich persönlich nicht betroffen gewesen sei. Dabei handelte es sich um den ganz gleichen Fall wie hier gegenüber Herrn Abgeordneten Schwimmer. Es ist unfair, eine solch ungleiche Behandlung zwischen Opposition und Regierung zu machen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

11.47


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter! Ich kann den Fall, den Sie erwähnt haben, nicht beurteilen, weil ich damals den Vorsitz nicht geführt habe. Wir werden uns in der Präsidiale darüber unterhalten. (Abg. Dr. Petrovic: Schwimmer lügt!)

Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Petrovic: Schwimmer lügt! – Ruf bei der ÖVP: Sie hat „Schwimmer lügt“ geschrieen! – Abg. Dr. Petrovic: Schwimmer lügt!)

Frau Dr. Petrovic! Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf für die Äußerung „Schwimmer lügt!“.

Wir setzen jetzt in der Diskussion fort. (Abg. Dr. Schwimmer: Sie lacht noch!)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. Sie haben noch eine Redezeit von insgesamt 16 Minuten zur Verfügung, und ich bitte jetzt um Aufmerksamkeit für die Rednerin. – Bitte. (Abg. Wabl: Schwimmer sagt wissentlich die Unwahrheit! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

11.48


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser¦ (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Kollege Schwimmer! Gleich eine kleine Nachhilfe: Es ist unrichtig, daß die Opposition keinerlei Anträge im Zusammenhang mit dem Gentechnik-Volksbegehren vorgelegt hätte. Drei Anträge liegen vor. (Abg. Dr. Schwimmer: Das habe ich nicht gesagt! Ich habe gesagt: Kein Gesetzesantrag im Besonderen Ausschuß!)

Es gibt drei Anträge; einer davon stammt aus dem Gesundheitsausschuß (Abg. Dr. Schwim­mer: Sie haben keinen Gesetzesantrag gestellt!), und dieser wurde, so wie Sie richtigerweise festgestellt haben – bitte, passen Sie auf! –, im Sonderausschuß nicht behandelt, weil die Vorgangsweise jene war, daß im Sonderausschuß derart mit uns umgegangen wurde, daß wir dieser Sitzung des Sonderausschusses fernbleiben mußten, um überhaupt noch gentechnisch etwas weiterzubekommen. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Deshalb ist im Sonderausschuß solch ein Antrag auch nicht zur Sprache gekommen! Es hat aber sehr wohl von seiten der Opposition Anträge gegeben, und diese liegen im Gesund­heitsausschuß. – Soviel nur zur Richtigstellung. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Insgesamt zeigt ja dieser Eklat, dieser Zwischenfall sehr deutlich, daß im Zusammenhang mit dem Gentechnik-Volksbegehren mehr als eine demokratiepolitische Schallmauer durchbrochen worden ist. Nicht nur, daß 1,25 Millionen Unterschriften von Österreicherinnen und Österreichern nicht ernst genommen wurden, sondern heute wird hier im Hause noch einmal diese demo­kratiepolitische Schallmauer durchstoßen, indem Sie äußerst scheinheilig argumentieren und uns in ein Eck stellen, das von uns in keinster Weise irgendwie angepeilt worden ist.

Wir sind weder arbeitsplatzfeindlich, noch technologiefeindlich – und keinesfalls faul in der Ausschußarbeit, indem wir keinerlei Gesetzesanträge vorgelegt hätten. Das alles stimmt nicht! – Richtig ist hingegen, daß die Forderungen, die die Unterzeichner des Volksbegehrens aufge­stellt haben, durch die Art und Weise, wie sie in diesem Sonderausschuß behandelt wurden, mehr oder weniger vor die Tür gestellt, links liegengelassen, übergangen und mehr oder weniger mit Füßen getreten wurden.

Heute hat Frau Ministerin Prammer zwar darauf hingewiesen, daß im Zusammenhang mit der EU diverse Verzögerungen möglich waren; Minister Bartenstein hat das auch angesprochen. Herr Minister Michalek hat auf die „großartige“ Haftungsregelung hingewiesen. Insgesamt sind die Erfolge aber äußerst minimal; die wesentlichsten Punkte konnten nicht durchgesetzt wurden. Wie schaut es etwa aus in bezug auf die Parteienstellung? – Es gibt kein unmittelbares Parteienstellungsrecht der Bürgerinitiativen, und das ist ein großes Manko. Es gibt auch hinsichtlich der Ausgewogenheit der Gentechnik-Kommission sehr, sehr große Defizite. Sie haben es verabsäumt, eine unabhängige Kommission zu installieren. Sie haben diese Aufgabe der Akademie der Wissenschaft übertragen, die diesbezüglich fünf Jahre lang die Besetzung vornimmt. Diese Besetzung ist ehrenamtlich. Das heißt also, jene Wissenschafter, die darauf angewiesen sind, Geld aus der Industrie zu lukrieren, um ihre Forschung vorantreiben zu können, sitzen gleichzeitig in der Kommission der Akademie der Wissenschaft, die dann die Entscheidung trifft, ob etwas zulässig ist oder nicht. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist eine unehren­hafte Unterstellung!)

Da macht man doch bitte wissentlich den Bock zum Gärtner! Das ist doch ganz klar. Über die Hintertür der Kommission werden praktisch die Interessen der Industrie wieder in den Vorder­grund gestellt. Ein geschicktes, raffiniertes Methodeneinfädeln, aber de facto bringt das keine objektive Beurteilung. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist eine unzulässige Unterstellung!) Sie haben sehr wohl auch die Möglichkeit, den einen oder anderen Unabhängigen oder einen vom Forum der Österreichischen Wissenschafter stammenden Repräsentanten dort hineinzunominieren, aber dieser geht ja unter, weil die Regelung, was die Mehrheitsfindung anlangt, so ist, daß eine einfache Mehrheit reicht; eine einfache Mehrheit in einem sehr, sehr umstrittenen und tech­nologisch noch sehr, sehr offenem Bereich.

Das ist ein Bereich, bei dem die Menschen zum Teil Vertrauen in die Wissenschaft, aber sehr viele Menschen auch Skepsis der Wissenschaft gegenüber zeigen, und zwar Skepsis deshalb, weil die Wissenschaft in Österreich, was diesen Bereich betrifft, eben aufgrund der finanziellen Situation nicht mehr objektiv arbeiten kann. In dieser Kommission werden höchstwahrscheinlich Wissenschafter überwiegen, die von der Gentechnikindustrie bezahlt werden – und auf der anderen Seite Gutachten erstellen werden, die sehr wohl auch entscheidend sein werden für die weitere Vorgangsweise eben im Sinne der Gentechnik-Lobby.

Ich möchte auch noch auf die Haftungsfrage zu sprechen kommen, denn diesbezüglich gibt es auch einiges zu kritisieren: Es wurde nämlich die Verbandsklage nicht berücksichtigt – und auch nicht die Unterlassung. Ein eventueller Öko-Schaden kann ebenfalls nicht herangezogen werden, der dann in einem Haftungsverfahren berücksichtigt beziehungsweise behandelt wer­den könnte. Und das sind bitte eklatante juristische Mängel!

Der Herr Minister hat ja selbst darauf hingewiesen, daß zum Beispiel die Frage der Kau­salitätnachweisregelung noch sehr, sehr diskussionswürdig ist. Bitte, da gibt es Mängel: Mängel bei der Haftung, Mängel bei der Parteienstellung, Mängel bei der Kommission. Und all diese Mängel fügen sich zusammen zu einem Gesamtbild, das dadurch charakterisiert ist, daß Sie die Grundforderung des Volksbegehrens nicht berücksichtigt haben, sondern auf Detailbereiche ausweichen.

Deshalb unsere grundsätzliche Kritik an dieser Vorgangsweise – deshalb vor allem auch mein Hinweis darauf, daß Ihre heutige Vorgangsweise in dieser Diskussion sehr, sehr fragwürdig und auch demokratiepolitisch sehr gefährlich ist. Auch das, was Herr Minister Bartenstein meiner Kollegin Langthaler in bezug auf das Arbeitsplatzargument erwidert hat, nämlich sein Hinweis auf die Prognos-Studie stimmt nicht! (Ruf bei der ÖVP: Stimmt schon!) In der Prognos-Studie wird folgendes eindeutig deklariert – ich zitiere noch einmal –:

Würde man vergleichen, wie viele Arbeitsplätze durch Bio- und Gentechnik geschaffen und wie viele überflüssig werden, wären sie unterm Strich ein Arbeitsplatzvernichter. – Zitatende.

Das ist dort nachzulesen, aber der Herr Minister hat die Gentechnik und die Biotechnologie wieder in einen Topf geworfen, wobei ich dazu sagen muß, daß wir an der Biotechnologie als solcher sehr wenig, wenn überhaupt etwas auszusetzen haben, sehr wohl aber an der Gen­technologie, die nicht im medizinischen Bereich angesiedelt ist. Und da lassen wir uns keine falsche Zitierweise unterstellen. Der Herr Minister hat da wieder Zwetschken mit Birnen verglichen, was meines Erachtens wirklich nicht redlich ist!

Ein weiteres Argument, das sehr deutlich zeigt, daß die Arbeitsplatzdiskussion diesbezüglich in einer falschen Dimension geführt wird, ist, daß sehr arbeitsintensive Praktiken, wie sie jetzt üblich sind, infolge der Gentechnik – das ist ja wohl der Sinn und Zweck des Ganzen; warum ist denn die Industrie so dahinter? – mechanisiert, sozusagen auf Maschinen verlagert werden und insoferne arbeitsplatzreduzierend wirken. (Abg. Dr. Lukesch: Dann schaffen Sie doch die Pflüge ab! Das sind Uralt-Argumente!) Wieso ist denn die Industrie so sehr dafür? – Weil sie mechanisieren und Arbeitskräfte einsparen kann. Deswegen steht sie dahinter. Insofern ist diese Technologie sehr wohl arbeitsplatzvernichtend! Das ist eine klare Rechnung! (Beifall bei den Grünen.)

Zum Schluß möchte ich noch auf die Dimension der Kennzeichnung eingehen. Frau Kollegin Rauch-Kallat hat ja darauf hingewiesen, daß diese im Rahmen der EU angestrebt werden wird und daß dies im Zusammenhang mit der Forderung „gentechnikfreies Essen“ vielleicht auch die Leistung der Sonderkommission gewesen sei. Sie haben also die Forderung des Volks­be­gehrens „gentechnikfreies Essen“ schon in eine Forderung der Kennzeichnung abge­schwächt, und die Kennzeichnung hängt ja auch über allen Wolken. Das ist in keiner Weise EU-konform geregelt, und Sie stehen zuwenig dahinter beziehungsweise ist viel zuwenig Druck in Brüssel in diese Richtung zu spüren.

Vor allem verstehe ich das auch vor dem Hintergrund nicht, da ja einzelne österreichische Landtage – zum Beispiel auch Ihre Parteikollegen – die Kennzeichnungsregelung, daß durch Gentechnik veränderte Lebensmittel dieses Etikett auch tragen, beschlossen haben. (Zwi­schenrufe. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang einen Brief Ihres Landeshauptmannes in Oberöster­reich Dr. Josef Pühringer vorlesen, den Sie ebenso erhalten haben wie ich als Abgeordnete hier im Nationalrat. In diesem Brief weist er darauf hin, daß in der Resolution des Oberöster­reichischen Landtages eine Kennzeichnung gentechnischer Veränderungen bei Saatgut, Futter­mittel und Lebensmittel sowie die Schaffung eines österreichweiten Gütesiegels für Gentechnik­freiheit bei Lebensmitteln gefordert wurden.

Sogar die Landtage sind schon weiter als Sie hier im Parlament! Sie sind noch nicht so weit wie die Forderungen des Volksbegehrens. Es gibt da eine demokratiepolitische Kaskade. Was ich anfangs gesagt habe, möchte ich zum Schluß noch einmal unterstreichen: Insgesamt ist die Vorgangsweise, die in diesem Sonderausschuß im Zusammenhang mit dem Gentechnik-Volks­begehren eingeschlagen wurde, wirklich ein Skandal! Das zeugt von einem demokratie­politischen Absturz und vor allem von einem Kniefall gegenüber der Gentechnik-Lobby! (Beifall bei den Grünen.)

11.58


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte.

11.58


Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Gentechnik ist ein relativ neuer biotechnischer Zweig der Wissenschaft und läßt wenige kalt. Die Möglichkeit, in die kleinsten Bausteine des Lebens eingreifen zu können, erweckt Gefühle wie Angst, Hoffnung, Faszination, aber auch Flucht­reflexe. Ein Teil der Ängste beruht sicherlich auf dem Wort „Gen“. Erinnerungen an die Eugenik des Dritten Reichs mit den fürchterlichsten Auswirkungen in der Menschheitsgeschichte werden wach.

Über 1,2 Millionen Menschen, zirka 21 Prozent der Wahlberechtigten, unterstützten das Gen­technik-Volksbegehren, jedoch rund vier Fünftel der Wahlberechtigten, zirka 4 Millionen Menschen, unterschrieben nicht. Ob es sich um ein Votum dagegen, mangelndes Interesse oder zu geringe Mobilisierbarkeit handelt, ist nicht festzustellen.

Daher war es unmöglich, das Volksbegehren eins zu eins umzusetzen, denn es sind auch die Meinungen von 4 Millionen Menschen zu berücksichtigen. Nicht alle üben die direkte Demo­kratie mittels Volksbegehren aus, vielen genügt die repräsentative Demokratie mittels Votum bei den Wahlen. Daher ist es unzulässig, mangelndes Demokratieverständnis bei denen zu orten, die nicht alle Forderungen erfüllen.

Ich stimme denjenigen zu, die behaupten, die Ungefährlichkeit der Gentechnik sei nicht bewie­sen – aber ebensowenig ist deren Gefährlichkeit gesichert. Die Objektivität mancher Wissen­schafter wird angezweifelt, und Lobbyismus wird ihnen vorgeworfen. Es wird gefragt: Sollten nicht gerade die Wissenschafter vom Forum österreichischer Wissenschaft für den Umwelt­schutz in den Gentechnik-Ausschuß nominiert werden, um Ansichten der Gentechnik­gegner zu vertreten? – Eine einheitliche wissenschaftliche Aussage gibt es zu keinem Thema; wir müssen unsere Meinungen aus kontroversiellen Erkenntnissen und Erfahrungen bilden. Politiker müssen zukunftsorientiert den größten gemeinsamen Nenner der Bedürfnisse der Men­schen finden.

Zu den drei Forderungen, zunächst zur Forderung „Kein Essen aus dem Genlabor!“, weil man Langzeitschäden nicht ausschließen könne: Persönlich teile ich diese Ängste nicht. Wenn ich mir als gesunder Mensch gentechnisch manipulierte Impfstoffe einbringe, erschrecken mich auch gentechnisch hergestellte Nahrungsmittel nicht. Heute stellen wir die Gentechnik in der Medizin außer Zweifel. Aber wie war es vor zehn Jahren bei uns und vor zirka 25 Jahren bei den füh­renden Wissenschaftern in anderen Staaten?

Damals waren ähnliche Bedenken vorhanden. Ich möchte Ihnen dazu einige Zitate bringen, zuerst eines von Chargaff über die Verwendung von Escherichia coli bei den Experimenten. Er sagte: Meine Generation war die erste, die unter der Führung der exakten Wissenschaften einen zerstörerischen Krieg gegen die Natur führt. Die Zukunft wird uns dafür verfluchen. – Seit mehr als 20 Jahren ist es mittlerweile angewendet worden, und bis jetzt sind noch keine negativen Folgen bekanntgeworden. (Abg. Aumayr: Da sind 20 Jahre eine recht kurze Frist!) Vieles im Leben geht in kürzeren Abläufen vor sich.

Berg wiederum sagt aus: Unser tägliches Leben, unsere gesellschaftlichen Entscheidungen und nationalen Handlungen bringen gewisse Risken mit sich. Gleichermaßen kann die Suche nach neuem Wissen nie risikofrei sein.

Wir gehen also davon aus, daß die Gentechnik in der Medizin heute unumstritten ist. Wieviel besser und nebenwirkungsärmer ist denn gentechnisch hergestelltes Insulin! – Eine Krebs-, eine Leukämiebehandlung oder eine Stammzellentransplantation ohne gentechnisch herge­stellte Wachstumsfaktoren ist heute unvorstellbar. Impfstoffe, die meist Gesunden verabreicht werden, sind heute wesentlich sicherer als die auf alte Weise aus Tieren und menschlichem Plasma gewonnenen. Hepatitis- und HIV-Infektionen wurden durch Medikamente aus Plasma übertragen. Hätte es vor 18 Jahren den gentechnisch hergestellten Faktor 8, wie er heute verfügbar ist, gegeben, wäre uns die Aidsepidemie der Bluter erspart geblieben.

Gentechnisch hergestelltes Erythropoietin hilft, Bluttransfusionen einzusparen. Somatische Gen­therapie ist ein Hoffnungsstrahl bei unheilbaren Erkrankungen. Das ist mir wesentlich lieber als eine Diskussion über Sterbehilfe, weil man den Menschen sonst nicht helfen kann. Ich bin dafür, daß die Wissenschaft weiterforscht, um die Menschen zu retten, um die Gesundheit zu erhalten und zu verbessern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Mag. Peter.)

Genanalysen können Menschen mit Risikofaktoren mehr Sicherheit sowie Entscheidungs­mög­lichkeiten für ihre Zukunft geben. Auch nach jahrelanger Anwendung wurden negative Folgen gentechnisch hergestellter Medikamente nicht nachgewiesen. Diese Medikamente stellen einen Quantensprung für die medizinischen Möglichkeiten dar.

Zurück zu den Nahrungs- und Genußmitteln: Wie ungefährlich sind die nicht gentechnisch veränderten Nahrungsmittel? – Geräucherte Lebensmittel haben ein hohes kanzerogenes Potential, sie sind Mitverursacher des Magenkarzinoms. Natürlich vorkommendes Aflatoxin oder Mutterkorn in der Nahrung hat gefährliche Folgen. Im Auslandsurlaub essen wir vieles, was hier gar nicht verkauft werden darf. Das wissenschaftlich bewiesene hohe Gefahrenpotential von Alkohol und Nikotin für Konsumenten und Umwelt induziert kein Verbot dieser Substanzen. Eine Oppositionspartei meint, daß es jedem freistehe, sich selbst zu schädigen; Nahrungsmittel aus dem Genlabor will sie – um vor einer vielleicht nicht vorhandenen Gefahr zu schützen – jedoch nicht.

Ja zur Kennzeichnung! Jeder muß selbst entscheiden können, welche Lebensmittel er verzehren will.

Zur zweiten Forderung „Keine Freisetzung genmanipulierter Organismen in Österreich!“: Ein generelles Verbot ist nicht möglich. Der Ausschuß befürwortet jedoch die geforderten Verbes­serungen hinsichtlich Parteistellung – wobei ich besonders über die Parteistellung der Bun­desländer erfreut bin –, erweiterter Besetzung der wissenschaftlichen Ausschüsse und Straf­rahmen.

Die Gentechnik läßt ihre Gegner um die Artenvielfalt fürchten. Sind nicht früher schon viele Arten ausgestorben und neue hinzugekommen? Haben nicht schon unsere Vorfahren Arten verändert und neue gezüchtet? – Es wurden dafür größere Zeiträume benötigt. Seit Bestehen der Menschheit treibt der menschliche Geist die Entwicklung voran. Mikroorganismen wurden ausgerottet, neue entdeckt.

Die Fortschritte sind jedoch so rasant, daß sie viele Menschen überfordern. Diese wollen dann den Entwicklungen Einhalt gebieten, um sich sicher und geborgen zu fühlen. Es gibt aber keinen Weg zurück, und es gibt nicht den Stillstand. Wenn wir nicht selbst vorwärts drängen, werden wir getrieben. Wir können dann aber nicht mitbestimmen, und wir werden nicht Nutznießer sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir müssen für Forschung und Industrie zum Nutzen unserer Bürger jene Voraussetzungen schaffen, daß sie dieses Land als Standort wählen. Nur eine wachsende Wirtschaft ermöglicht Arbeitsplätze, soziale Sicherheit und damit den innerstaatlichen Frieden.

Zur dritten Forderung „Kein Patent auf Leben!“: Diese wird pathetisch begründet: Die Schöpfung von Leben soll der Natur vorbehalten bleiben. Trifft das heute noch zu? – Die Samen eines besonderen Zuchtbullen werden auf künstlichem Wege in viele Kühe eingebracht, um die positiven Eigenschaften eines Tieres breit weiterzugeben. Ist nicht schon das die Wurzel eines Genlabors?

Man manipuliert die Natur mit Züchtungen von Maultieren oder von speziellen Rassen, man hat Tiere domestiziert, man hat Tiere und Pflanzen über Erdteile hinweg versetzt. Männliche Tiere werden kastriert, um sie besser nutzbar zu machen. Diese die Natur verändernden, meist ver­bessernden Eingriffe gibt es seit Menschengedenken. Jetzt sind sie rascher und gezielter durchführbar.

Abschließend stelle ich fest, daß wenige Entwicklungen der letzten Jahrzehnte eine solche Meinungsvielfalt und Widersprüchlichkeit der Emotionen verursacht haben wie die Gentechnik. Vor mehr als 20 Jahren diskutierten in Amerika führende Wissenschafter die Risken in der Konferenz von Aislomar. In der Zwischenzeit wurden neue Forschungsergebnisse gesammelt. Es gab keinen ernsten Zwischenfall, der diese Ängste gerechtfertigt erscheinen ließe.

Ich möchte noch ein Zitat von Berg wiedergeben: Erwartungsgemäß ist die öffentliche Debatte von der Frage, wie Forschung sicher durchzuführen sei, übergesprungen auf die Frage, ob sie überhaupt zugelassen werden sollte. – Wir müssen Forschung zulassen, und wir müssen sie fördern. Eine Langzeitungefährlichkeit wird noch lange nicht beweisbar sein, aber die Gen­technologie ist ein Quantensprung des Fortschrittes und sollte weniger emotional debattiert werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aus der Medizin ist sie, wie vorher gesagt, nicht mehr wegdenkbar, dort gibt sie Hoffnung zur Beherrschung unheilbarer Erkrankungen. Ich respektiere Ängste sowie gesellschaftspolitische Bedenken der Gentechnikgegner, jedoch erwarte ich auch von ihnen Verständnis für konträre Ansichten. Das Volksbegehren wurde sehr ernst genommen und mit Experten ausführlich debattiert. Einstimmigkeit war nicht erzielbar. Anträge, Berichte, Entschließungen und Gesetz­entwurf dieses Besonderen Ausschusses sind dank der äußerst konstruktiven Arbeit der Frau Bundesminister Prammer, ihrer MitarbeiterInnen und der Abge­ordneten unserer beiden Fraktionen erarbeitet worden. Sie haben den größten gemeinsamen Nenner der verschiedenen Interessen gebracht. Daher stimmen wir gerne zu. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.09


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter Barmüller begehrt eine tatsächliche Be­richtigung. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Abgeordneter. Bitte beginnen Sie mit dem Sach­verhalt, den Sie berichtigen wollen.

12.09


Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schwimmer hat behauptet, die Liberalen hätten im Zuge dieses Sonderausschusses keinen Antrag eingebracht. (Abg. Kopf: Keinen Gesetzesantrag!) Keinen Gesetzesantrag, Verzeihung! Ich habe mir das jetzt ausheben lassen. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Hier ist der Antrag, der unter der Ordnungszahl 1/13 im Ausschuß eingebracht worden ist und der am 31. März von Frau Abgeordneter Rauch-Kallat genannt worden ist im Hinblick darauf, daß er abgestimmt werden würde.

Ich kann daher nicht nachvollziehen, aus welchem Grund Herr Abgeordneter Schwimmer behauptet, wir hätten nichts eingebracht. Sollte der Antrag nicht im Bericht stehen, dann liegt damit meiner Ansicht nach ein Versäumnis vor, das man wird klären müssen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.10


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.10


Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder¦ (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! (Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP, dem Liberalem Forum sowie Grünen.) Ich kann verstehen, daß die Wogen weiterhin hoch gehen und Diskussion stattfindet – zwar nicht im Sinne der Geschäftsordnung, aber sicherlich aus guten Gründen. Denn diese Gespräche zeigen – wie ähnliche vorher –, daß tatsächlich berech­tigterweise ein Unbehagen darüber besteht, wie Mittel der direkten Demokratie im Hohen Haus behandelt werden. Mir ist klar, daß Volksbegehren nicht eins zu eins umzusetzen sind und umgesetzt werden können. Allerdings sind Argumente wie etwa jenes, man müsse die Meinung der 4 Millionen Wahlberechtigten ebenfalls berücksichtigen, die sich nicht geäußert haben, relativ schwierig nachzuvollziehen. Denn offenbar ist es nicht direkt Sache eines Ausschusses, nicht geäußerte Meinungen zu berücksichtigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir gedenken in diesem Jahr stolz der Tatsache, daß vor 150 Jahren der Parlamentarismus in Österreich begonnen hat. Ich weiß allerdings nicht, ob jene, die 1848 große Hoffnungen in den Parlamentarismus gesetzt haben, das, was hier – nicht nur in Sachen Volksbegehren – ge­schieht, mit Freude sehen würden und ob sie sich nicht vielmehr in ihren zum Teil komfortablen Ehren­gräbern auf dem Zentralfriedhof mehrfach umdrehen würden. Es hat ja ein Minister dieses Gedenkjahr mit der schönen Feststellung eingeleitet – zumindest war sie auf diese Weise interpretierbar –, daß man Metternichsche Spitzel auf den Universitätsboden schicken soll. Eigentlich macht dieses Haus – ich korrigiere mich: die Mehrheit dieses Hauses – zu diesem 150-Jahr-Jubiläum von 1848 etwas Ähnliches. Aber ich korrigiere mich noch einmal: Diese Mehrheit fängt nicht an, zu mißachten, was 1848 gewollt war, sondern sie fährt damit fort, nämlich mit einer Haltung dem Parlamentarismus gegenüber, die mit Sicherheit nicht den Erwartungen von 1848 entspricht.

Diese Banalität möchte ich erwähnen: Wir haben im Prinzip eine Regierungsgesetzgebung und keine Gesetzgebung durch das Parlament. Wenn ich mich an manche Ausschußsitzungen erinnere, in denen den Mitgliedern im letzten Augenblick Papiere über Papiere hingelegt werden und vor allem die Oppositionsparteien keine Gelegenheit mehr haben, sich ein Bild über die letzte Fassung der Abänderung eines Gesetzes zu machen, dann muß ich sagen: Das hat mit Parlamentarismus wenig zu tun! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bestenfalls, meine Damen und Herren – auch von der Regierungsmehrheit –, sind wir hier der Radiergummi, der ausbessert, was in der Regierungsvorlage doch noch falsch übriggeblieben ist. Damit korrespondiert völlig die Gesetzesflut, die beklagt wird. Denn was wird gemacht? – Die Bürokratie macht sich ihre eigenen Gesetze, nicht wir schaffen die Richtlinien für die Bürokratie und die Verwaltung. Daher ist es kein Wunder, daß die Gesetzesflut sich oft als eine Ansamm­lung interner Vollzugsanweisungen für die Beamten darstellt, die sich diese selbst machen. Damit korrespondiert leider auch das mehrfach beklagte Aufs-Eis-Legen von Oppositionsvor­schlä­gen in den Ausschüssen, die Verschleppung von Oppositionsvorschlägen und – wie das erst jetzt wieder klar zutage gekommen ist – schlicht und einfach das Vergessen von Gesetzes­vor­schlägen seitens der Opposition.

Dazu zählt auch die Verkürzung der Kontrollrechte. Ich will nur auf eines neuerlich hinweisen, weil man nicht müde werden darf, darauf aufmerksam zu machen, nämlich daß Österreich in dieser Hinsicht weit unter dem europäischen Standard liegt: Das Einsetzen von Unter­suchungsausschüssen ist – entgegen jeder parlamentarischen Gepflogenheit – in Österreich kein Minderheitsrecht! (Abg. Mag. Posch: Was hat das mit der Gentechnik zu tun? – Abg. Mag. Stadler: Genau so ist das Volksbegehren behandelt worden!) Das hat damit zu tun, daß wir jetzt über ein Volksbegehren sprechen und daß die Kulisse hinter der Art, in der Volks­begehren behandelt werden, eine allgemeine Kulisse dafür ist, wie hier mit dem Parlamen­tarismus umgegangen wird. Das ist es! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Als Parlamentarier, Herr Kollege, kann man das nicht oft genug aufzeigen. Gerade dann, wenn es Stöße von Prospekten über Ausstellungen gibt, die das Jahr 1848 loben, muß man die Realität des Parlamentarismus daran messen!

Weiters möchte ich auf eine bestimmte Art von Anfragebeantwortungen hinweisen. Es gibt zum Beispiel Anfragen, in denen im Umfang von 33 Zeilen um technische Auskünfte im Hinblick auf Funktion, Wirkungsbereich, Entscheidungsbefugnis oder Rechtsform angefragt wird, die zu folgender Anfragebeantwortung führen: 13 Fragen werden – unter Zusammenfassung der Fragen 1 bis 4 und 5 bis 13 – in 23 Zeilen und selbstverständlich nichtssagend beantwortet. Auch das ist ein Umgang mit dem Parlamentarismus, der sich unwürdig in den Umgang mit den Mitteln der direkten Demokratie einreiht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Von der „Trockenlegung“ des Bundesrates will ich hier nicht sprechen, obwohl auch davon einmal zu reden wäre, weil dies etwas ist, was zu Lasten von indirekten Vertretungen und zugunsten der Bürokratie der Länder geht. Wohl aber ist es mir jetzt ein Anliegen, auf die generelle Tendenz der Flucht aus dem Parlament hinzuweisen. Wir hatten vor 20 oder 25 Jahren die Flucht aus der Privatwirtschaftsverwaltung, die Flucht aus dem Budget und die Flucht aus der Kontrolle. Dies setzt sich dort fort, wo Scheinprivatisierungen und Schein­autonomielösungen angestrebt werden und wir hier unsere Kontrollrechte – von Gesetzgebung will ich gar nicht sprechen – nicht mehr ausüben können. Wenn daher zwei Volksbegehren verschleppt werden, wenn sie dilatorisch behandelt werden, so liegt dies meiner Ansicht nach leider in dieser generellen Entwicklung des Parlamentarismus begründet.

Über folgenden Punkt wird heute noch zu reden sein – ich hoffe, ich kann dazu Stellung nehmen –: Wenn ein Volksbegehren verlangt, daß gesetzliche Maßnahmen getroffen werden, und es dann zu einer Verfassungsbestimmung kommt, die völlig überflüssig ist, dann ist dies meiner Einschätzung nach eine dilatorische Behandlung eines der ganz wenigen Mittel der direkten Demokratie, die wir haben. Ich sage das ohne Werturteil. Wir haben nur wenige Mittel der direkten Demokratie, aber diejenigen, die wir haben, sollten vom Parlament ernst genom­men werden. Ich bedauere, daß dies nicht der Fall ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.16


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.16


Abgeordneter Karl Donabauer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Große Veränderungsprozesse beschäftigen uns tagtäglich und berühren unser gesamtes Leben. Nicht alles, was alt ist, ist gut, und nicht alles, was neu ist, ist schlecht. Eines jedenfalls ist klar: Man soll neuen Entwicklungen nicht mit Angst und Panikmacherei begegnen, sondern man muß sich ihnen engagiert stellen. (Abg. Mag. Stadler: Diese Formulierung habe ich erwartet!) Man muß den Mut haben, auch unan­genehme Wege zu gehen.

Durch das Gentechnik-Volksbegehren ist ein breiter Diskussionsprozeß losgetreten worden, und diesem haben wir uns gestellt. Wenn Kritik angebracht ist, dann darf sie darin erblickt werden, daß das Volksbegehren eigentlich nur auf einen einzigen Teil der Gentechnologie abgezielt und nicht die gesamte Breite wahrgenommen hat, die wir hier zu sehen haben. Sehr viele Aus­schußmitglieder haben sich höchst intensiv mit dieser Materie beschäftigt. Die Gentechnik, ein Teilgebiet der Biotechnologie, ist sicherlich ein äußerst kontroversielles Thema. Das zeigt die Diskussion am heutigen Tag, und davon war auch die Diskussion in den Ausschüssen beherrscht. Allein die Tatsache, daß selbst von den Betreibern des Volksbegehrens sowie von vielen Begleitern dieser Anliegen Gentechnik und gentechnische Veränderungen zum Beispiel in der Medizin richtigerweise nie in Frage gestellt wurden, zeigt, daß diese Materie eigentlich nie umfassend gesehen worden ist. Vielmehr war zu beobachten, daß diese Frage stark emotiona­lisiert wurde, und dabei haben sich zum Teil sicherlich auch die Medien mächtig eingebracht. Ich denke, da haben wir alle Einkehr zu halten und gemeinsam den Sachverhalt zu überdenken.

Wenn etwas zum Beispiel – wie vorhin erwähnt – in wichtigen Bereichen unseres Lebens den Menschen zum Wohle gereicht, kann es dann nicht im Leben allgemein als große Bedrohung oder als der Menschheit zum Fluche gereichend dargestellt werden. Es war ungemein schwie­rig, einen richtigen Weg zu finden, auf dem die Vorgaben des Volksbegehrens – diese könnte man lange diskutieren – sinnvoll weiterentwickelt und ein reales brauchbares Ergebnis erzielt werden konnte.

Ganz bestimmt sind mit dieser Gesetzesvorlage nicht alle Fragen restlos geklärt worden. Sicher­lich wurde nicht allen Erwartungen der Proponenten entsprochen. Das war auch nicht zu erwar­ten, da es auch nicht die für eine gemeinsame Linie notwendige, erkennbare Konsens­bereit­schaft gab.

Das Ausschußergebnis, das heute zur Beratung vorliegt, entspricht auch nicht den Vorstellun­gen der Oppositionsparteien. Es war ja auch kein besonderes Interesse an einer umfassenden Lösung bemerkbar, sonst wären sie nicht am Schluß der Beratungen ausgezogen und hätten sich nicht in spektakulärer Weise einer Pressekonferenz zugewandt, die zu ihrem Leidwesen – das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen – völlig ihre Wirkung verfehlt hat.

Wenn heute Mag. Schweitzer hier sagte, er teilt ein in Gewinner und Verlierer, dann kann ich ihm nur eines sagen: Er steht sicher auf der Seite der Verlierer (Abg. Mag. Schweitzer: Die Demo­kratie steht auf der Seite der Verlierer!), denn all jene, die ausgezogen sind, haben an einer positiven, brauchbaren Lösung kein Interesse gezeigt, haben nicht mitgewirkt und sind des­halb nicht als Sieger zu bezeichnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Ergebnis, welches wir heute beraten und beschließen, entspricht mit Sicherheit den Erwartungen vieler Unterzeichner des Volksbegehrens und auch vieler Bürger, die an einer zukunftsorientierten sinnvollen Entwicklung interessiert sind. Das Ergebnis der Beratung ist in seiner gesamten Tragweite ganz bestimmt ein großer Fortschritt für unser Land, weil damit wissenschaftliche Forschung geregelt ist. Die Anwendung von genveränderten Organismen in den Produkten wird natürlich nur unter strengen Bedingungen und bei Einhaltung von Auflagen ermöglicht.

Wichtig für unser Land ist dieses Ergebnis der Beratungen auch deshalb, weil wir in Österreich aus einer bedrückenden Isolierung herauskommen mußten. Es war nicht beruhigend und schon gar nicht erbauend, wenn Betriebe von internationaler oder nationaler Konzentration erklärten, daß in Österreich Firmen nicht investieren wollen, da – aus ihrer Sicht – die Einstellung in Öster­reich zur Gentechnik und zur Biotechnologie allgemein als schlecht, unsachlich und extrem emotionalisiert beurteilt wird.

Nicht alles bejahen und zulassen, aber aus der vorhin genannten Blockade herauszufinden: Das war die besondere Leistung des Ausschusses! Dafür sollten wir nicht nur der Ausschuß­vorsitzenden Maria Rauch-Kallat und dem Herrn Abgeordneten Gradwohl danke sagen, sondern auch allen Mitarbeitern in den Ministerien, die an der Ausschußarbeit mitgewirkt haben, vor allem aber auch allen Experten, die bereit waren, die gesamten Ausschußberatungen mitzu­tragen, mitzuverfolgen und mitzugestalten. Ich glaube, daß wir damit für unser Land etwas ganz Wichtiges erreicht haben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny.)

Entscheidend für die Materie ist die Tatsache, daß die Haftungsbestimmungen durch eine hohe moralische Anforderung und durch eine Deckungsvorsorge nach Sicherheitsstufen optimal geregelt sind. Auch die Auswirkungen auf die Umwelt sind berücksichtigt. Verwaltungsbehörden können bei wesentlichen Beeinträchtigungen die Wiederherstellung verlangen.

Diejenigen, die hier kritisiert beziehungsweise behauptet haben, daß in diesem Bereich die Parteienstellung schlechter wäre als im Bereich des Baurechts, möchte ich fragen, in welchen Baurechtsverfahren ein Bundesland oder eine Nachbargemeinde eine direkte Parteienstellung hat. Ich kenne keinen solchen Fall.

Wir brauchen in Österreich dringend eine umfassende Kennzeichnung, um den Konsumenten in ihrem Einkaufsverhalten entsprechende Unterstützung zu geben, die sie von uns auch erwarten. Da haben wir noch viel zu erledigen, ebenso wie bei der Kennzeichnung von genverändertem Saatgut.

Ein Alleingang Österreichs in diesem Bereich ist und wäre nie zielführend gewesen. Was wir brauchen, ist ein neues Denken, sind reale Erwartungen. Eines ist klar: Die Forderung nach einem gentechnikfreien Österreich ist unrealistisch. Das entspricht nicht den heutigen Tat­sachen und auch nicht den Erwartungen der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Bürger. Deshalb haben wir diese wirklich schwierige Materie auch in Zukunft umfassend zu sehen, mit den Bürgern zu diskutieren und in allen Bereichen eine umfassende Aufklärungsarbeit zu leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.24


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Motter. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. (Abg. Motter – auf dem Weg zum Rednerpult –: Nein, ich habe mir keine gegeben!) Frau Abgeordnete, die 10 Minuten sind das Restkontingent von der Gesamtzeit, die auf Ihren Klub entfällt. – Bitte, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

12.24


Abgeordnete Klara Motter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Schwimmer, zu Ihren medizinischen Feststel­lungen, die Sie hier heute gemacht haben, möchte ich nur kurz festhalten, daß der Sonder­ausschuß für Gentechnik meiner Meinung nach leider einen Mangel hatte: Es wurde laut Berichten darin kaum über Gentechnik im Bereich der Medizin befunden. Das tut mir im nach­hinein leid. (Abg. Dr. Schwimmer: Frau Motter! Darf ich einen Zwischenruf machen?) Ja, Sie dürfen. (Abg. Dr. Schwimmer: Das ist vom Volksbegehren selbst ausdrücklich ausgeklammert!)

Entschuldigen Sie bitte, ich möchte weiter ausführen! – Ich glaube, daß auch Sie, Herr Kollege Schwimmer, wissen, daß im Hohen Haus seit langem ein Unterausschuß Gentechnik/Gesund­heit bestanden hatte. Doch dieser Ausschuß wurde einfach eliminiert, es wurde statt dessen ein Sonderausschuß eingesetzt, und in diesem Ausschuß liegen viele unerledigte Anträge, auch solche von uns Liberalen, wie Kollege Bamüller vorhin klargestellt hat. (Abg. Mag. Haupt: Auch freiheitliche Gesetzesanträge liegen dort!) Danke, Herr Kollege Haupt!

Ich möchte auch sagen, daß ich es bedauerlich und nicht in Ordnung finde, daß nur deswegen, weil ein Unterausschuß von einem Oppositionspolitiker geführt wird, der nicht ganz ins Konzept paßt, ein Sonderausschuß eingesetzt wird, mit dessen Vorsitzführung ein Abgeordneter von einer der beiden Koalitionsparteien betraut wird. Ich finde das nicht in Ordnung und möchte unsere Kritik hier noch einmal deponieren: Der Gesundheitsunterausschuß ist lahmgelegt worden! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Frau Kollegin Rauch-Kallat – sie ist leider jetzt nicht da – wollte ich sagen, daß ich es begrüße, daß sie meint, daß der Bürger frei entscheiden soll und auch können muß und daher eine europaweite Regelung bei der Deklaration von Lebensmitteln angestrebt werden muß.

Herr Kollege Donabauer, der vor mir gesprochen hat, ist auch nicht mehr da. Offensichtlich hält auch er es nicht für notwendig, dem nächsten Redner zuzuhören. Es ist doch üblich, daß man auf Aussagen eines Vorredners eingeht. Ich glaube, daß er es vergessen hat, daß wir uns hier im Hohen Haus schon über sechs Jahre mit dem Thema Gentechnik befassen und nicht erst seit dem löblichen Volksbegehren. Das möchte ich auch noch festgehalten haben.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Sie kennen genauso wie ich die Forderungen, die bereits im November 1992 im Bericht der Parlamentarischen Enquete-Kommission erhoben wurden. Ich möchte sie hier nun zitieren: Für die Möglichkeit des Ver­brauchers, sich beim Kauf bewußt für oder gegen ein Produkt, das mit Hilfe gentechnischer Mittel oder Verfahren hergestellt oder verändert wurde, entscheiden zu können, muß eine klar ersichtliche und verständliche Kennzeichnung gewährleistet sein. Die Kennzeichnungspflicht für die gentechnisch erzeugten oder veränderten Produkte, Produkte, die aus gentechnisch ver­änderten Organismen stammen, Lebensmittel, Arzneimittel, Kosmetika und so weiter, die gentechnisch hergestellte Bestandteile enthalten, sowie Produkte, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Organismen erzeugt werden, ist im Gentechnikgesetz oder in den entsprechenden Materien vorzusehen.

Wir kennen diese Forderungen, aber wir kennen auch die Vorbehalte der ÖVP, die sehr bedauerlich sind. Diese sind auch schriftlich festgehalten – ich zitiere –: Es soll die Kenn­zeichnung angestrebt werden. Allerdings heißt es dann weiter: Die Kennzeichnung von Pro­dukten, die mit Hilfe gentechnischer Methoden hergestellt wurden, soll angestrebt werden. Bei der Festlegung von gesetzlichen Kennzeichnungspflichten ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die Gentechnologie nicht diskriminiert wird. – Ende des Zitats.

Ich frage Sie, in welcher Weise die Gentechnologie diskriminiert wird, wenn bei Produkten dar­auf hingewiesen wird, daß darin gentechnisch erzeugte oder veränderte Organismen enthalten sind, darauf, daß sie gentechnisch hergestellt sind. Diese Angst, meine Damen und Herren, hat nur Berechtigung, wenn man von der Unsicherheit der Gentechnologie ausgeht. Ich hoffe aller­dings, daß der Grund für das Zögern von seiten der ÖVP sechs Jahre danach keine Gültig­keit mehr hat, denn sonst wäre das heutige Bekenntnis nur eine Farce. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn vom großen Erfolg von seiten der Österreichischen Volkspartei gesprochen wird, dann kann das in diesem Fall ganz einfach widerlegt werden. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf einen Initiativantrag betreffend eine Resolution über eine durchgehende Kennzeichnung gentechnischer Veränderungen bei Saatgut, Futtermitteln und Lebensmitteln sowie die Schaf­fung eines österreichischen Gütesiegels für Gentechnikfreiheit bei Lebensmitteln, beschlossen vom österreichischen Landtag am 25. Feber 1998.

Ich frage Sie: Wo liegt da der Erfolg, wenn nach sechs Jahre des Zögerns eine ÖVP-dominierte Landesregierung dies einfordern muß? (Abg. Aumayr: Welcher Landtag?) Der Oberöster­rei­chische Landtag. (Abg. Aumayr: Sie haben „österreichisch“ gesagt!) Entschuldigung! Ich korri­giere: der Oberösterreichische Landtag.

Meine Damen und Herren! Frau Ministerin! Ich glaube Ihnen – sie ist leider auch nicht hier –, daß Sie sich weiterhin bemühen werden, die bereits überfällige Erlassung von Durch­führungs­bestimmungen mit der Europäischen Union herbeizuführen. Sie sind da sicherlich nicht allein im Zug. Aber das, was wir in unserem Land selbst besorgen können, ist, daß wir eine ebenfalls zugesagte Kennzeichnungspflicht für gentechnikfrei produzierte Lebensmittel festlegen.

Meine Frage an die Frau Ministerin lautet: Wie weit sind die Vorbereitungen gediehen, um endlich im Bereich der Positivkennzeichnung für gentechnikfrei erzeugte Lebensmittel dem Konsumenten eine wesentliche Hilfe beim Kauf seiner Lebensmittel anzubieten, und warum, Frau Ministerin, fördern Sie nicht Betriebe, die dies bereits freiwillig tun?

Abschließend möchte ich hier festhalten, daß zwar ein kleiner Schritt in der Sicherheit im Um­gang mit Gentechnologie erzielt wurde, als zufriedenstellend – auch im Sinne des Volks­be­gehrens – kann man allerdings die Ergebnisse der Verhandlungen, die sich bereits über sechs Jahre hier im Hohen Haus hinziehen, nicht bezeichnen. Ich hoffe und wünsche mir, daß mit der heutigen Beschlußfassung, der wir sicher nicht die Zustimmung geben können, noch lange nicht das letzte Wort in der Gentechnologie gesprochen ist. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.31


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

12.31


Abgeordnete Annemarie Reitsamer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Frau Kollegin Motter hat recht: Sie war eine derjenigen, die von Anfang an mit dabei waren. Es hat mich der Eklat von vorhin dazu bewogen, ein bißchen Rückschau zu halten. Ich war, glaube ich, von meiner Fraktion die einzige, die von Anfang an mitgearbeitet hat, sei es beim IVF-Gesetz, sei es in der Gentechnik-Enquete-Kommission „Technikfolgen­abschät­zung am Beispiel der Gentechnologie“ im Jahre 1992 und auch dann bei der Werdung des Gentechnikgesetzes im Jahre 1994 gewesen.

Lassen Sie mich nun auf die Enquete-Kommission zu sprechen kommen. Für mich als Parlamentarierin war damals die spannendste Zeit hier in diesem Hohen Haus überhaupt, denn es gab, obwohl ich mich mit dieser Materie seit 1986 eingehend beschäftigt habe, keine Sitzung, in der nicht eine ganze Fülle von Neuem auf mich eingeströmt ist. Extrem kontroversielle Diskussionen wurden da geführt, aber auf hohem Niveau, meine Damen und Herren; das ist heute leider etwas anders. Auch auf Expertenseite wurde kontroversiell bis zum Geht-nicht-Mehr argumentiert, aber jede einzelne Meinung wurde äußerst ernst genommen, und es darf als Sternstunde bezeichnet werden, daß damals alle vier Parteien – das waren zu dieser Zeit alle hier im Hohen Haus vertretenen Parteien – Konsens zu einem gemeinsamen Bericht gefunden haben.

Damals war aber auch die Gentechnikanwendung im Gesundheitswesen noch wesentlich umstrittener. Doch hätten wir damals nachgegeben, hätten wir damals mit Scheuklappen gearbeitet, wo wären wir im Gesundheitswesen, in der Prävention, bei Impfungen heute?

Warum aber waren wir damals so erfolgreich? – Es gab den Willen zu konstruktiver Zusam­menarbeit, zur Sachlichkeit und vor allen Dingen die Akzeptanz gegenteiliger Meinungen. Schon damals wurde erkannt, daß Gentechnik in wenigen Jahren oder Jahrzehnten das zu erzielen vermag, wozu die Evolution oder andere Methoden Jahrhunderte und länger brauchen würden. Technikfolgen abschätzen, beabsichtigte und unbeabsichtigte Auswirkungen analysieren, auf längerfristige Auswirkungen Bedacht nehmen und Maßstäbe für die Bewertung formulieren: Das waren damals unsere Aufgaben! Technikfeindlichkeit und Technikeuphorie sind einander gegenübergestanden. Es galt, die Chancen dieser neuen Technologie zu heben und ihre Risken zu minimieren.

Damals waren zirka 200 gesetzliche Regelungen – ein wahres Wirrwarr – für die Bereiche der Gentechnik zuständig, aber es gab nichts Konkretes zur Freisetzungsfrage, nichts Konkretes zu den Haftungsproblemen, aber die Kommission hat schon damals den Gefährdungs­haftungs­tatbestand gefordert. Die einhellige Meinung, ein Gentechnikgesetz wäre unverzichtbar, wurde in allen Fraktionen vertreten, und es wurde, meine Damen und Herren, ein gutes Gesetz. Ledig­lich in der Frage der Haftung haben wir uns damals beschwichtigen lassen. Man hat uns auf das UVP-Gesetz vertröstet. Wir würden bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten, wenn wir heute nicht die Haftungsregelung in das Gentechnikgesetz einbeziehen würden.

Schon in der Enquete-Kommission gab es Einigkeit darüber, daß bezüglich Freisetzungen die Rückholbarkeit nicht als absolute Rückholbarkeit verstanden werden kann, denn null Risiko und null Emission zu verlangen, würde heißen, sich von der Gentechnik endgültig zu verabschieden.

Meine Damen und Herren! Dem Bericht aus dem Jahre 1992 ist auch zu entnehmen, daß Einvernehmen darüber geherrscht hat, Österreich als Standort für gentechnische Arbeiten und Anwendungen, das heißt für Forschung, Entwicklung und Produktion, nicht nur zu sichern, sondern zu stärken. Sowohl mit dem Bericht als auch dem Gentechnikgesetz konnten Wissen­schaft und Forschung, Gegner und Skeptiker und Befürworter gleichermaßen leben – freilich erst nach langer und mühsamer Überzeugungsarbeit!

Die rasante Entwicklung dieser neuen Technologien wird aber permanent – ich betone: per­ma­nent! – Anpassungsschritte erforderlich machen. Ich selbst war in Fragen der Gentechnik nie bei den Eiferern, eher immer skeptisch, aber nicht uneinsichtig, wenn Argumente gegriffen haben. Ich habe viel Zeit in Information investiert. Ich habe Information immer als Holschuld angesehen.

Mehrmals wurde hier heute schon auf die unterschiedlichen Sichtweisen bezüglich des medi­zini­schen und des Lebensmittelbereiches hingewiesen; ich habe das in manchen meiner früheren Reden auch schon gemacht. Die Medizin sollte nicht nur zur Krankheitsbekämpfung, sondern auch zur Gesundheitsförderung eingesetzt werden. Meine Kollegin Pittermann ist darauf schon ganz dezidiert eingegangen, sodaß ich mir das ersparen kann.

Zunächst hat die Frau Gesundheitsministerin, später auch die Frau Verbraucherschutzministerin nationales Recht über das EU-Recht gestellt, weil wir mit der Novel-food-Verordnung nie zufrie­den waren, sie immer als unzureichend angesehen haben. Unsere Kollegin Illona Graenitz im Europäischen Parlament gilt als Kämpferin in dieser Frage.

Ich möchte nun auf das Importverbot für Gentechnikmais zu sprechen kommen. Wir haben schon gehört, daß vorgestern im EU-Ausschuß der Kommissionsempfehlung nicht Rechnung getragen wurde. Es wurde dieses Verbot nicht aufgehoben. Wir haben einen Teilsieg davongetragen. Wir haben aber im Lebensmittelbereich immer ganz stark auf Kennzeichnung gesetzt.

Ich möchte nun auf das Volksbegehren mit seinen drei Punkten eingehen. Im Besonderen Ausschuß war es nicht immer der Fall, daß ich so positive Erlebnisse hatte wie in der Gentechnik-Enquete-Kommission. Es gab keine Akzeptanz unterschiedlicher Meinungen in breiten Bereichen, aber ich bin froh darüber, daß es doch noch zu einer Konsensfindung gekommen ist.

Ich erinnere daran, daß wir vier Stunden über Kennzeichnung diskutiert haben, und die Antwort von einem Vertreter der Proponenten war: „Unser Auftrag lautet: Kein Essen aus dem Genlabor!“ Dann haben wir wieder bei Null begonnen. Umso mehr ist es positiv hervorzuheben, daß in sieben Monaten eine Änderung des Gentechnikgesetzes mit den wesentlichen Punkten zustande gekommen ist. Ich nenne sie ganz kurz: Ausweitung der Parteistellung bei Frei­setzung, höhere Strafen bei illegalen Freisetzungen, Änderung der Nominierungsform für die wissenschaftlichen Ausschüsse, Haftungsregelungen.

Daß dieser Kompromiß von beiden Seiten kritisiert wird, meine Damen und Herren, ist eigentlich ein Beweis dafür, daß er gelungen ist. Ich würde mir soviel Gelingen für das nächste hier zu behandelnde Volksbegehren, und zwar das der Frauen, wünschen.

Meine Damen und Herren! 1,2 Millionen Unterzeichner sind sehr ernst zu nehmen. Aber es wurde sehr viel Angst geschürt. Ich darf da nur auf die Kampagne eines Kleinformats hinweisen. Ich habe mit einigen Unterzeichnern dieses Gentechnik-Volksbegehrens gesprochen und mußte eigentlich feststellen, daß sie mit Gentechnik nichts anzufangen wußten. Wissen Sie, was mir diese Leute gesagt haben? – Ja, aber man hat uns gesagt, unsere Kinder könnten krank werden, und wer will das schon! Mit solchen unlauteren Methoden zu arbeiten, finde ich sehr bedenklich.

Es ist heute schon darauf hingewiesen worden, daß es vier Millionen wahlberechtigte Öster­reicher waren, die sich dazu nicht geäußert haben. Natürlich kann man das nicht berück­sichtigen, aber es ist schon die Frage zu stellen: Ist es Ignoranz? Haben sie keine Angst? Sind sie besser informiert? Sind sie einfach realistischer?

Ich möchte dem das Ergebnis einer Umfrage aus dem Jahre 1991 gegenüberstellen. Damals haben sich 67 Prozent für ein Gentechnikgesetz ausgesprochen, und nur 20 Prozent haben Gentechnik einfach abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Auf der Welt herrscht eine rege Reisetätigkeit. Die Menschen jetten und rasen rund um den Globus, nicht nur innerhalb der Europäischen Union, sondern tat­sächlich rund um den Globus, essen alles, was ihnen fremd ist, und zwar bevorzugt alles, was ihnen fremd ist, und denken nicht darüber nach.

Erst kürzlich habe ich im Fernsehen einen Beitrag über ein In-Lokal hier in Wien gesehen. Australisches Krokodilfleisch, irgendwelche „Ungeheuer“ wie gegrillte Heuschrecken sind der ganz besondere Hit dieses Hauses. Da haben wir keine Angst? Da müssen wir schon ein bißchen überlegen. (Abg. Ing. Reichhold: Ich schon!) Das beruhigt mich, Herr Kollege Reich­hold.

Also nicht ein Produktions- und Verkaufsverbot kann es sein, sondern Kennzeichnungen (Beifall der Abg. Dr. Krammer), allerdings – wie auch schon oft gesagt wurde – für Zusatzstoffe und auch für das Herstellungsverfahren.

In diesem Zusammenhang die Frage: Inwieweit sind GVOs nachweisbar? Mir ist bekannt, daß ein kleines Institut in der Nähe von Mailand sich derzeit damit beschäftigt, bei Gensoja diesen Nachweis zu erbringen. Und dies gelingt diesem Institut auch dann, wenn der gentechnisch veränderte Anteil nur ein Prozent beträgt. Das ist schon ein ganz großartiger Erfolg. So etwas würde ohne Forschung allerdings nicht möglich sein.

Jetzt versucht man, das auf Hitzeeinwirkung zu testen. Das heißt, mit diesem Gensojamehl bäckt man Kekse, um danach festzustellen, ob dann noch etwas nachweisbar ist.

Das alles sind wichtige Erkenntnisse, die wir brauchen, um eine möglichst lückenlose Kenn­zeichnung zu erreichen. Die Realisten setzen also auf Kennzeichnung.

Der nächste Punkt: keine Freisetzungen in Österreich. In Salzburg ist man einmal – ich sage es bewußt – auf die Schnapsidee gekommen, Salzburg zur gentechnikfreien Zone zu erklären. Wenn Sie wissen, daß das bayrische Freilassing schon mit Salzburg zusammenwächst, dann frage ich Sie: Was ist von so etwas zu halten? Ich möchte mich darüber nicht näher verbreitern. Auch hier setzen die Realisten auf entsprechende Prüfung, auf ordentliche Genehmigungs­verfahren und auf die heute zu klärende Frage der Haftung.

Der Forderung „Kein Patent auf Leben!“, meine Damen und Herren, kann ich mich am ehesten anschließen. Allerdings habe ich Bedenken, denn die Gefahr von Abhängigkeiten drängt sich bei mir auf. Deshalb möchte ich hier ein Zitat aus der Diskussion zum Bericht um die Gentechnik-Enquete-Kommission zum besten geben: Wir haben uns darauf geeinigt, daß ein Paten­tierungsverbot von Genen vorangetrieben werden muß. Freilich konnten wir uns schon nicht mehr einigen, was wir unter Gen verstehen. Ist es eine synthetische Sache oder eine natürliche Sache? Wir haben uns sogar darauf geeinigt, daß man über dieses Verbot der Patentierung von Genen hinausgehende Patentierungsverbote überdenken muß, weil verhindert werden soll, daß durch Patentierung von Organismen die biomedizinische Forschung, der ärztliche Fortschritt und die Zugänglichkeit landwirtschaftlich genutzter Lebewesen einge­schränkt werden. – Das sei hier nur zum Nachdenken wiederholt.

Das zuständige Regierungsmitglied, Frau Bundesministerin Prammer, hat viel getan, und sie wird noch stark gefordert werden, meine Damen und Herren. Im EU-Parlament findet derzeit die erste Lesung zu Freisetzungen, die zweite Lesung zur Anwendung in geschlossenen Systemen statt. Die Beschlußfassung wird also in die Zeit unserer EU-Präsidentschaft fallen. Der Beson­dere Ausschuß war sehr erfolgreich, die Konsenslösungen sind herzeigbar, politische Kom­promisse sind allemal notwendig. Was mir aber wichtig erscheint, ist, daß die Gesprächsbasis mit der Wirtschaft, mit der Wissenschaft und mit den Proponenten erhalten geblieben ist.

Trotzdem möchte ich aus der April-Ausgabe der Zeitschrift „Chemie“ zitieren. Hier steht: „In Sachen Gentechnik beginnt Europa auf eine pragmatische Linie einzuschwenken. Die öster­reichische Politik dagegen läßt sich mehr denn je von Boulevardpresse und Ökoopposition vereinnahmen.“ – Also so schlecht, wie dieses Gesetz von den Oppositionsparteien hier geschil­dert wird, kann es nicht sein, wenn es den Vertretern in der „Chemie“ zum Beispiel zuwenig ist.

Ich würde sagen: Das trifft genausowenig zu wie die Äußerungen der Gegner, die das Ergebnis als lächerlich und als eine Verspottung der Unterzeichner des Volksbegehrens bezeichnen. Sie können niemals erwartet haben, daß die Forderungen 1 : 1 umsetzbar sind. Aber manchmal sage ich mir schon, daß Aktionismus offensichtlich für manche eine Überlebensfrage ist.

Meine Damen und Herren! Wir haben Verantwortung, und diese kann sich nur auf dem Boden der Realität abspielen. Wir haben Verantwortung im Gesundheitsbereich, in der Forschung, zur Erhaltung des Standortes, für die betreffenden Arbeitnehmer und so weiter. Die lange Vor­geschichte zeigt den verantwortungsbewußten Umgang mit der Gentechnik insgesamt, den wir gepflegt haben und sicher auch weiter pflegen werden. Auf Information zu setzen, um der Angst­mache etwas entgegenzustellen, ist allerdings nach wie vor wichtig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.45


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haupt zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.45


Abgeordneter Mag. Herbert Haupt¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Justizminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst im Gedenken an die Streitereien um den Antrag mit der Ordnungsnummer 1/13 zwei Dinge klarstellen: Ich war Schriftführer in der letzten Sitzung des Sonderausschusses zur Behandlung des Gentechnik-Volksbegehrens, weil ich im Gegensatz zu dem, was hier behauptet worden ist, als oppositioneller Abgeordneter nicht ausgezogen bin. Ich kann mich daher erinnern, daß ich dem Antrag die Zustimmung gegeben habe, daß er abgestimmt worden ist, und ich glaube auch, daß es der politischen Korrektheit entspricht, daß die tatsächlichen Vorgänge dieses Ausschusses auch korrekt festgehalten werden. (Abg. Hans Helmut Moser: Da siehst du, welche wesentliche Bedeutung ein Schriftführer hat!)

Ich war aber auch lange genug im Präsidium dieses Parlaments, um zu wissen, daß trotz und unbeschadet der Tatsache, daß er abgestimmt worden ist, der vorliegende Bericht 1111 rechts­gültig geworden ist, weil das Liberale Forum, aber auch meine Fraktion und ich als Schriftführer nicht gegen die fehlerhafte Darstellung dieser Vorgangsweise innerhalb der entsprechenden Auflagefrist protestiert haben und daher keine entsprechende Ergänzung verlangt haben, wie es eigentlich sachgemäß und richtig wäre.

Ich möchte daher als Schriftführer deutlich und klar für das Protokoll feststellen, daß der Antrag erstens eingebracht worden ist, daß er zweitens zur Abstimmung gelangt ist und daß er drittens mit der Mehrheit der Regierungsparteien gegen meine Stimme abgelehnt worden ist. Ich glaube, es gehört zur politischen Fairneß, auch diese Dinge in entsprechender Form klarzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen, bei der ÖVP und beim Liberalen Forum.)

Es war dies auch mit ein Grund, warum ich nicht aus dem parlamentarischen Sonderausschuß ausgezogen bin, wiewohl ich auch deutlich und klarmachen möchte, daß die grundsätzlichen Bedenken, die Kollege Schweitzer, Kollege Barmüller und die Kollegin von den Grünen hier formuliert haben, im Kernpunkt auch meine Bedenken waren. Ich hänge allerdings der demo­kratischen Tradition dieses Hauses an, daß so lange verhandelt wird, solange eine Chance besteht, bessere Ergebnisse zu erzielen als jene, die auf dem Tisch liegen.

Ich habe für mich versucht, dieses Verhandlungsergebnis zu verbessern. In einem Punkt – das möchte ich gestehen – ist es mir auch gelungen. Der ursprüngliche Antrag betreffend die Haftungsfrage beziehungsweise die ursprünglichen Abänderungsanträge betreffend die Erhöhung der Strafen haben einen Fehler beinhaltet, daß nämlich die nicht erfolgte Meldung in der Stufe 1 für erstmalige gentechnologische Vorhaben und die nicht erfolgte wiederholte Meldung in der Stufe 2 und jeder höheren Stufe weggefallen ist. Auf meinen respektive auf Wunsch der freiheitlichen Fraktion ist das dann wieder in das endgültige Beschlußpapier hineingekommen. Ich habe in der Schlußbetrachtung auch nicht mit Lob hiefür gegeizt, wiewohl ich auch heute wieder in der Öffentlichkeit sagen möchte, daß das Peanuts sind im Verhältnis zu den Unterlassungen, die im Rahmen dieses Sonderausschusses erfolgt sind.

Ich möchte auch deutlich sagen, daß ich nichts davon halte, daß für die Behandlung des Gen­technik-Volksbegehrens ein eigener Ausschuß eingesetzt worden ist. Ich bin lange genug Parlamentarier, und ich weiß – die Usance in diesem Hause war eigentlich seit 1945 ungebrochen –, daß entsprechende Anträge in jenen Ausschüssen behandelt worden sind, in die sie sachlich ressortieren. Das wäre im vorliegenden Fall für das Gentechnik-Volksbegehren der Gesundheitsausschuß gewesen. Die legistischen Anträge der Grünen, des Liberalen Forums und der freiheitlichen Fraktion liegen auch im Unterausschuß des Gesundheits­ausschusses zur Behandlung, und es ist für mich schon eine demokratiepolitische Katastrophe, daß die beiden Regierungsparteien seit nunmehr einem Jahr nicht in der Lage sind, einen Termin für eine weitere Sitzung dieses Unterausschusses des Gesundheitsausschusses zur Verfügung zu stellen. (Abg. Dr. Leiner: Wer ist denn Vorsitzender?)

Ich glaube, Herr Kollege Leiner, da ist nichts zu beschönigen. (Abg. Dr. Leiner: Wer ist denn Vorsitzender?) Sie wissen, daß diese Termine einvernehmlich in der Präsidiale auszuhandeln sind. (Abg. Dr. Leiner: Der Vorsitzende kann das veranlassen!) Wenn Sie Ihre Wortmeldung ernst meinen, dann werden wir ein Exempel statuieren. Dann wird Kollege Pumberger die Sitzung einberufen, wir werden es Ihnen mitteilen, und wir werden uns dann anschauen, wer von seiten der Regierungsparteien kommt, um diese Sitzung tatsächlich durchzuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen eines, Kollege Leiner: Das, was Sie hier als Zwischenruf gesagt haben, wird bei uns Freiheitlichen auf durchaus positiven Widerhall stoßen, denn es ist für mich als Parla­mentarier immer schon störend gewesen, daß die Regierungsparteien dann, wenn es um die Behandlung von legistischen Anträgen der Opposition gegangen ist, keine Termine haben, während wir als Opposition immer dann, wenn ein Regierungsmitglied um eine Zeitverschiebung angesucht hat, habtachtstehen mußten, um die Wünsche der Regierungsparteien abzuhandeln.

Wir, Herr Kollege Leiner, werden Ihrer Anregung mit Ihrer Unterstützung, die nunmehr im Protokoll nachzulesen ist, gerne nachkommen (Beifall bei den Freiheitlichen), und ich bin überzeugt davon, daß Sie als Mitglied des Gesundheitsausschusses für die Österreichische Volkspartei noch diese Woche von Kollegen Pumberger eine entsprechende Einberufung zu diesem Unterausschuß bekommen werden. Ich werde mir dann anschauen, Kollege Leiner, wer von Ihrer Fraktion und welcher Minister von Ihrer Fraktion tatsächlich zu dieser Unter­ausschuß­sitzung kommt.

Wir haben auch das schon einmal erlebt. Da haben Sie im Plenum entsprechende Zusagen gemacht, bei der Einberufung des Unterausschusses sind dann null Personen von seiten der Regierung erschienen. (Abg. Rosemarie Bauer: Das kann nicht sein!) Der Unterausschuß mußte dann unter Verschwendung von Steuergeldern wieder abgebrochen werden, weil keine entsprechende tragfähige Mehrheit vorhanden war.

Kollege Leiner! Ich werde Ihrer Anregung, die Sie hier in den Raum gestellt haben, gerne nachkommen. Ich bin mir auch sicher, daß unser Ausschußobmann das gerne aufgreifen wird. Ich warte, Herr Kollege Leiner, wer dann recht haben wird. Ich bin mir sicher – und ich habe mich selten geirrt in solchen Dingen der Geschäftsordnung –, daß meine Auffassung die richtige sein wird, daß Sie wieder nicht zur Behandlung erscheinen werden.

Wenn es anders wäre, soll es recht sein. Dann haben Sie aus der heutigen Debatte wenigstens eines gelernt: daß das Mit-den-Füßen-Treten der Demokratie in diesem Hohen Haus schön langsam gefährlich wird und daß die Politikverdrossenheit in Österreich auch ursächlich damit zusammenhängt, wie die Regierungsparteien die Instrumente der direkten Demokratie hier in diesem Hohen Hause handhaben.

Ich glaube, daß es auch im Zusammenhang mit den Möglichkeiten der direkten Demokratie bezeichnend war, daß ausgerechnet Abgeordneter Posch gemeint hat, wozu die Wortmeldung des Herrn Universitätsprofessors Brauneder denn sinnvoll wäre und daß sie gar nicht zur Sache gehöre, denn das ist die Einstellung, die sehr viele in der SPÖ-Fraktion zur direkten Demokratie haben: Ja, derf’n s’ denn des überhaupt, die Herren souveränen Staatsbürger, sich ohne einen Parteifunktionär der Sozialdemokratie einzuschalten, sich direkt an das Parlament zu wenden? Das merkt man auch in der parlamentarischen Praxis draußen in den Landtagen, das merkt man in der parlamentarischen Praxis in den Gemeinderäten. Herr Kollege Posch ist sicher der Berufene gewesen, die direkte Demokratie hier im Hohen Hause wieder einmal beiseite schieben zu wollen. Das ist bezeichnend, daß ausgerechnet von ihm dieser Zwischenruf gekommen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin aber durchaus dankbar für die Ausführungen der Frau Kollegin Pittermann und auch für die Ausführungen und den Zwischenruf des Kollegen Schwimmer, denn im Vorfeld dieses Gentechnik-Sonderausschusses ist mehrfach – etwa von der Industriellenvereinigung – versucht worden, den Initiatoren des Gentechnik-Volksbegehrens Medizinfeindlichkeit und in entspre­chender Form auch das Abdrehen der Gentechnik in der Medizin unterstellen zu wollen. Die heutigen beiden Wortmeldungen haben deutlich und klargemacht – und auch der vorliegende Bericht sagt es deutlich und klar –, daß das nie das Interesse der Initiatoren war.

Ich möchte auch deutlich machen, daß in einer Zeit, in der es eigentlich Standard ist, eine Abschätzung der Folgen der Technologie in allen Bereichen, von der Telekommunikation bis zur Kraftfahrtechnik, von der Lebensmitteltechnologie bis hin zur Produktion von Sportartikeln vorzunehmen, hier so getan wird, als ob das gleiche im Bereich der Gentechnik nicht zulässig wäre.

Ich sage aus meiner Sicht und in contrarium zu Frau Kollegin Pittermann: So wie Sie gefordert haben, Frau Kollegin Pittermann, daß andere Meinungen zulässig sein müssen, so fordere ich Sie auch von seiten der Opposition auf: Respektieren Sie die anderen Meinungen der Abge­ordneten der Opposition! Technologiefolgenabschätzung ist auch im Rahmen der Gentechnik nicht nur erwünscht, sondern in unserer Zeit, dem Zeitgeist entsprechend, auch im Rahmen des wissenschaftlichen Fortschrittes auf allen Ebenen erforderlich.

Ich glaube daher, daß es falsch wäre, hier einen Paravent zu errichten, der die Abschätzung der Folgen der Technik im Bereich der Gentechnologie nicht vorsehen würde. Die Versuche in dieser Richtung waren in diesem Unterausschuß mannigfaltig. Ich möchte durchaus der ÖVP-Fraktion attestieren, daß sie Vorreiter dafür war, diese Technologiefolgenabschätzung im Bereich der Gentechnik nicht zuzulassen. Ich glaube, daß Kollege Schwimmer sich geirrt hat. Nicht Kollege Schweitzer war auf dem Verliererweg, denn jene, die versucht haben, eine Metho­de, die heute gang und gäbe ist, nämlich die Technologiefolgenabschätzung, auch für den Bereich der Gentechnik vorzusehen, sind nicht die Verlierer, sondern diejenigen, die auf dem Stand der Wissenschaft, auf dem Stand der Erkenntnis und vor allem auf der Seite der Demo­kratie und der Bürger sind.

Ich glaube, Herr Kollege Schwimmer, Sie werden in der nächsten Zeit noch eines Besseren belehrt werden. (Abg. Dr. Schwimmer: Herr Kollege Haupt! Das ist eine Verwechslung! Ich habe das nicht gesagt! Da muß ich wieder eine tatsächliche Berichtigung machen!) Sie werden erkennen müssen, daß die Position, die die ÖVP-Fraktion im Ausschuß gezeigt hat, weder die Haltung der fortschrittlichen Wissenschaft noch der fortschrittlichen Forschung noch die Haltung der relevanten Kräfte in diesem Staat ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.55


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.55


Abgeordneter Karlheinz Kopf¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Anführungszeichen: „Wir kümmern uns prioritär um die Chancen für dieses Land und befassen uns danach mit den Risken.“ Anführungszeichen geschlossen. – Kein Zitat von mir, es stammt auch von keinem ÖVP-Politiker, gefällt mir aber trotzdem sehr gut. Es stammt vom deutschen SPD-Kanzlerkandidaten Schröder, und er hat dies gerade auch in Hinblick auf die Debatte zur Gentechnik in Deutschland geäußert.

Ich würde persönlich gar nicht so weit gehen, wie er geht. Ich würde keine Gewichtung oder Prioritätenreihung vornehmen, sondern ich würde sagen, diese beiden Dinge gehören gleichwertig nebeneinandergestellt, aber sie gehören auch nicht umgedreht in ihrer Bedeutung.

Die Ängste der Bevölkerung zum Thema Gentechnik und Biotechnologie sind vorhanden. Wir müssen sie ernst nehmen, wir haben sie auch ernst genommen, auch im Lichte der Tatsache, daß es bis heute keine gesicherten Erkenntnisse über Gefährdungen und schon gar nicht über Gesundheitsschädigungen und -beeinträchtigungen gibt – und das trotz bereits 25 000 Freiset­zungen weltweit in den letzten zehn Jahren.

Die Kollegin Langthaler hat vor einiger Zeit das Thema Arbeitsplätze und die Diskussion mit der Industriellenvereinigung angesprochen und auch eine Prognos-Studie, über die diskutiert wurde, zitiert. Ich glaube nicht, Kollegin Langthaler, daß Sie da mit dem Generalsekretär der Industriel­lenvereinigung Lorenz Fritz auf einen von Ihnen zitierten Konsens oder eine Übereinstimmung gekommen sind, denn in einer heutigen APA-Meldung bezeichnet er es nach wie vor als bedauerlich, „daß in Zeiten nationaler Anstrengungen für die Freilegung von Beschäftigungs­potentialen eine der dynamischsten Wirtschaftsbranchen der Zukunft grundlegend in ihren beschäftigungsrelevanten Entfaltungsmöglichkeiten behindert werde“. – Also das scheint offensichtlich nicht der Fall gewesen zu sein. (Abg. Ing. Langthaler: Die Industriellenvereinigung hat gesagt, sie werde nicht mehr von 50 000 Arbeitsplätzen sprechen!)

Das nicht, aber er zitiert weiterhin Prognos, in deren Studie offensichtlich steht, daß die Fru­stration seitens der Unternehmen angesichts der Überregulierung zu einer akuten Umorien­tierung und Abwanderung der Forschungsabteilungen in das europäische Ausland führe und diese Abwanderung langfristig nur dazu führe, daß Forschung und Entwicklung im Ausland stattfänden, die Produkte dann aber in Deutschland verkauft würden, womit selbstverständlich keine Wertschöpfung und keine Arbeitsplätze generiert werden könnten.

Die Gentechnikgegner werfen den Befürwortern immer Einseitigkeit vor. Die Gegner werfen auch der einschlägigen Wirtschaft immer rein materielle Interessen und das Handeln nach diesen Interessen und Motiven vor. Ich würde meinen, wenn man ehrlich ist, dann muß man auch in Richtung der NGOs sagen: In beiden Bereichen steht es bestenfalls 1 : 1 zwischen der Wirtschaft und diesem Bereich der Gesellschaft. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Ing. Reichhold.)

Bitte, natürlich gebe ich zu, daß die Wirtschaft einschlägige Interessen hat – es wäre schlimm, wenn es anders wäre –, aber ich behaupte, daß bei den NGOs ähnlich gelagerte Interessen, nur halt in die andere Richtung, gegeben sind. (Abg. Ing. Reichhold: Du hast gesagt, materielle Interessen!)

Genau in diesem Lichte muß man auch die Motive der Gegner, muß man letzten Endes auch das Volksbegehren und dessen Zustandekommen sehen. Hier haben Gegner ein Volks­begehren formuliert, von dem sie heute selber sagen – Zitat im heutigen „Kurier“ von Frau Sima –: „Uns ist schon klar, daß man die Forderungen nicht eins zu eins umsetzen kann“, von dem sie also selber sagen, die Forderungen sind in dieser Formulierung, in dieser Ausprägung nicht umsetzbar. Was ist das jetzt? – Manipulation? (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Jedenfalls hatten die Unterzeichner keine Wahlmöglichkeiten bei den Formulierungen. Es gab Besorgnis und Ängste bei den Unterzeichnern, aber sie hatten keine Wahl in der Formulierung. Sie haben jene Formulierungen, die sich – was vielleicht schon von vornherein klar war – nun als nicht umsetzbar herausstellen, selbstverständlich akzeptiert, weil sie ihrer Sorge Ausdruck geben wollten.

Aber was steckt dahinter? – Als nächsten Schritt interpretieren die Proponenten den Text des Volksbegehrens bereits nach ihren eigenen Vorstellungen. Ich als Mitglied dieser gesetz­gebenden Körperschaft erlaube mir aber, den Text und die Unterschriften auf meine Weise zu interpretieren, und ich nehme mir auch das Recht heraus, daraus für mich persönlich eine Entscheidung abzuleiten. Klar ist, daß der Inhalt dieses Volksbegehrens vom Gesetzgeber nicht einfach 1 : 1 umzusetzen ist – denn dann würde es so in unserer Verfassung stehen –, sondern daß er eine Aufforderung einer Gruppe, die einseitig ausgerichtete Interessen vertritt, ist, sich damit zu beschäftigen. Das ist legitim und soll so geschehen. Es ist aber genauso legitim und für uns sogar eine Verpflichtung, zwischen diesen Interessen und den Interessen anderer Grup­pierungen einen Interessenausgleich herzustellen. Das ist bei der Behandlung dieses Volks­begehrens in einem Maße gelungen, wie wahrscheinlich selten zuvor.

Auf jeden Fall kann man dem Ergebnis der Behandlung dieses Volksbegehrens, welches mit der Änderung des Gentechnikgesetzes nun auf dem Tisch liegt, sicher nicht unterstellen, daß es die Interessen und die Besorgnisse der Bevölkerung, die mit dem Volksbegehren zum Ausdruck gebracht wurden, nicht ausreichend berücksichtigt hätte.

Was liegt nun zur Abstimmung vor? – Eine sehr umfassende Gesetzesänderung, durch die die weltweit strengsten Haftungsbestimmungen, die strengsten Regelungen, die es zu diesem Thema überhaupt gibt, erstmals in Österreich eingeführt werden. Für diese ausgewogene Behandlung möchte ich als Mitglied des Gentechnik-Sonderausschusses der Vorsitzenden, unserer Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat, aber auch dem Kollegen Gradwohl seitens der SPÖ, besonders herzlich danken. Sie haben für uns, die gesetzgebende Körperschaft des Bundes, in schwierigen Verhandlungen ein ausgewogenes Ergebnis zustandegebracht, das der Aufgabenstellung voll und ganz gerecht wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Koppler.)

13.02


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pum­berger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

13.02


Abgeordneter Dr. Alois Pumberger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Dank meines Vorredners, des Herrn Kollegen Kopf, kann ich mich nicht anschließen. (Abg. Dr. Lei­ner: Warum nicht?!) Denn das, was in diesen Ausschußrunden an Arbeit geleistet wurde, und das, was dann als Ergebnis herauskam, steht in keinem vernünftigen Verhältnis zueinander.

Schon die Installierung der Frau Abgeordneten Rauch-Kallat als Obfrau dieses Sonder­aus­schusses ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Obwohl es bereits einen Unterausschuß gab, der sich nur mit Gentechnikfragen befassen sollte, wurde unter ihrer Vorsitzführung ein Sonderausschuß gegründet, und zwar nur, damit es als Gegenstück zur SPÖ-Vorsitzenden im Unterausschuß zum Frauen-Volksbegehren eine ÖVP-Vorsitzende im Gentechnik-Ausschuß gibt. Damit war das Verhältnis ausgewogen – genauso „ausgewogen“, wie die Verhandlungen im Sinne derer waren, die nicht wollten, daß die Betreiber des Volksbegehrens, und mit ihnen natürlich alle 1,2 Millionen Unterzeichner, auf ihre Rechnung kommen.

Herr Abgeordneter Gradwohl spricht von einem Erfolg für Österreich und ist stolz auf dieses Verhandlungsergebnis. – Herr Abgeordneter! Sie können darauf nicht stolz sein! Sie mögen zwar stolz sein, und auch die ÖVP muß ganz besonders stolz sein, weil sie die SPÖ diesmal – ausnahmsweise einmal umgekehrt! – über den Tisch gezogen hat. Stolz auf das Ergebnis sind aber weder die Betreiber des Volksbegehrens (Abg. Dr. Leiner: Die Bevölkerung ist sehr stolz darauf!) noch eine einzige Oppositionspartei, vor allem aber kein einziger der 1,2 Millionen Unterzeichner! Und das sollte Ihnen zu denken geben.

Sie haben für sich gearbeitet und danach getrachtet, die Lobbyisten, die Gentechnikindustrie zu befriedigen. Es ist Ihnen völlig egal, welche Anliegen die Bevölkerung in dieser Frage hatte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die SPÖ hat es nicht einmal geschafft, den Wunsch des Bundeskanzlers zu erfüllen. Der Bundeskanzler hat bei der Besprechung der Dringlichen Anfrage zu diesem Thema auf die Frage, was er von einer umfassenden Parteienstellung halte, ganz klar mit Ja geantwortet. Auch zu einer ausgewogenen Besetzung der wissenschaftlichen Ausschüsse hat er ein klares Ja gesagt. – Nichts ist dabei herausgekommen, gar nichts. Die eigene Partei, die SPÖ, ist ihrem Kanzler in den Rücken gefallen und hat sich von der ÖVP im Sinne der Genlobbyisten über den Tisch ziehen lassen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Die Meinung der Bevölkerung wurde nicht akzeptiert!

Die SPÖ macht ohnehin nur das, was sie gerade glaubt. Das Wort des Kanzlers gilt bei der Partei offensichtlich nicht mehr viel, sonst wäre es nicht erklärbar, daß entgegen der Weisung des Bundeskanzlers so viele SPÖ-Abgeordnete für die Bundespräsidentschaftskandidatur der Frau Knoll unterschrieben haben. Entgegen der Weisung des Bundeskanzlers! (Abg. Koppler: Du hättest dich das nicht getraut!) Der Kanzler kann sich also in seiner eigenen Partei nicht mehr durchsetzen.

Die SPÖ läßt sich in diesem Fall schon mehr von der ÖVP beeinflussen als vom eigenen Kanzler! (Abg. Müller: Bei uns herrscht Demokratie! – Abg. Dr. Stippel: Wir sind keine Führer­partei!) In der SPÖ schaut es mies aus, und das wird auch durch die Wahlergebnisse der vergangenen zwei Jahre, die alle mit Niederlagen der SPÖ geendet haben, dokumentiert. Aber auch die ÖVP braucht sich nicht zu freuen, sie hat genauso viel verloren. (Abg. Dr. Leiner: Und Niederösterreich?)

Die Politik einer solchen großen Koalition wird sogar schon in der Bundesrepublik Deutschland gefürchtet. Theo Waigel warnt die Deutschen vor einer großen Koalition. Die Politik der großen Koalition wird aber auch von der österreichischen Bevölkerung immer weniger gutgeheißen, und das erklärt auch Ihre Wahlniederlagen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Maitz: Reines Wunschdenken!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Punkt „genfreie Lebensmittel“. Dazu hat die ÖVP Herrn Dr. Zacherl, Mitarbeiter einer großen Genfirma, als Experten geladen. Dieser hat ganz klar gesagt, wo das Genfrei-Pickerl darauf kommt. Von der Negativkennzeichnung war dabei überhaupt keine Rede. Frau Kallat meinte sogar, eine Positivkennzeichnung könne nur freiwillig sein, denn man könne das von den Firmen im Sinne einer Wettbewerbsverzerrung nicht verlangen und in der EU auch nicht durchsetzen. – So ungefähr war ihr Kommentar dazu. (Abg. Rauch-Kallat: Nicht exakt!) – Herr Zacherl äußerte die Meinung, daß Lebensmittel auch dann noch „genfrei“ seien, wenn bis zu 3 Prozent genmanipulierte Stoffe darin enthalten seien. (Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Wenn es sich aber zum Beispiel um Allergene handelt, dann kommt es nicht auf die Kon­zentration und die Gesamtmenge, die enthalten ist, an. Schon minimale Bestandteile genügen, um massive Allergien hervorzurufen. – Bis zu 3 Prozent sind aber für Ihren Experten Zacherl, den Chefverhandler in all diesen im Gentechnik-Sonderausschuß behandelten Fragen, über­haupt kein Problem. 3 Prozent dürfen drinnen bleiben.

Oder zur Freisetzung: Es ist wirklich ein Hohn, zu sagen, die Strafe bei illegaler Freisetzung werde auf 300 000 S angehoben. Eine solche Summe zahlen die Gentechnikfirmen doch aus der Portokasse! Durch 300 000 S werden sie doch nicht von illegalen Frei­setzungen abge­schreckt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Leiner.)

Zu den Haftungsregelungen hat der Herr Bundesminister für Justiz einen schönen Entwurf vorgelegt. Darin wäre noch etwas gestanden, womit man hätte leben können. Aber all das wurde leider herausgestrichen. Man spricht jetzt von den schärfsten Haftungsbestimmungen der Welt: Fast so scharf sind die Haftungsregelungen der Bundesrepublik Deutschland, aber in Österreich sind sie noch ein bißchen schärfer. – Das kann schon sein. Aber noch „besser“ ist ja der Ausschluß der Haftung, praktisch alles wird ausgeschlossen! Wenn zum Beispiel ein Be­treiber nachweisen beziehungsweise als wahrscheinlich dartun kann, daß der Schaden nicht durch die Genmanipulation entstanden ist, dann ist er schon „aus dem Schneider“ und braucht nicht mehr zu haften. (Abg. Koppler: Ich glaube, 7 Minuten sind um!) Somit ist das ein Enthaftungsgesetz für die Genindustrie und nicht eine Haftungsbestimmung für die Bevölkerung, die diese Produkte essen muß und sich damit dieser Technologie ausgesetzt sieht.

Daher hat dieser Ausschuß nicht im Sinne der Bevölkerung, sondern nur im Sinne der Gen­industrie gehandelt. Sie wurde von der ÖVP unterstützt, die SPÖ wurde dabei über den Tisch gezogen! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.09


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. Restredezeit Ihres Klubs: 17 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.10


Abgeordnete Heidrun Silhavy¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! (Abg. Ing. Reichhold: Was sagen Sie jetzt dazu?) Was ich dazu sage, haben Sie gefragt, Herr Kollege? – Ganz einfach! Es gibt einen Spruch, den Sie vielleicht kennen. Er bezieht sich darauf, daß irgend etwas kurze Beine hat. – Das ist meine Aussage dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Pumberger hat sich mit seinem Debattenbeitrag ohnedies selbst qualifiziert. Es lohnt sich nicht, darauf näher einzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das zur Diskussion stehende Gentechnik-Volksbegehren hat drei, heute schon mehrmals zitierte Punkte beinhaltet: kein Patent auf Leben, keine Freisetzung genmanipulierter Lebe­wesen in Österreich und kein Essen aus dem Genlabor. Es sind dies drei Forderungen, die beim ersten Hinhören von vielen Menschen geteilt werden. Das wird auch durch 1,2 Millionen Unter­schriften bestätigt.

Das SWS hat kürzlich eine Motivenstudie zu diesem Volksbegehren veröffentlicht. Ich nehme an, sie ist allen Damen und Herren dieses Hauses bekannt. 24 Prozent der Befragten sagten dazu, daß sie dem Einsatz von Gentechnik im Lebensmittelbereich einen positiven Aspekt abge­winnen könnten, in der Medizin hingegen wird der Gentechnikeinsatz von 68 Prozent positiv beurteilt – also nur 24 Prozent im Lebensmittelbereich, aber 68 Prozent im medizinischen Bereich. Kollegin Pittermann ist ja sehr ausführlich auf diesen Bereich eingegangen.

Zwei Drittel der Befragten haben angegeben, das Volksbegehren genau deshalb unterzeichnet zu haben, weil sie keine gentechnisch manipulierten Lebensmittel essen möchten. Ich denke, die Initiativen der SPÖ-Frauen und vor allem unserer Verbraucherschutzministerin in der Frage der Lebensmittelkennzeichnung sind ein Beispiel dafür, daß man in diesem Punkt auf den Wunsch der Unterzeichner des Volksbegehrens, auf den Wunsch des mündigen Konsumenten, der mündigen Konsumentin eingeht.

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Sie sollten sich einmal mit Studien befassen und nicht nur mit Ihren eigenen Meinungen. Das kann ich Ihnen aber nur empfehlen; was die FPÖ macht, ist ja ihre Sache. (Abg. Dr. Ofner: Eine eigene Meinung zu haben, ist schwierig, ich weiß!) – Eine eigene Meinung zu haben, ist in der FPÖ sicher schwierig, da man ja meistens nur darauf wartet, was ein gewisser Herr namens „H. J.“ dazu sagt. (Beifall bei der SPÖ.)

39 Prozent der Nichtunterzeichner haben gesagt, sie hätten das Volksbegehren deshalb nicht unterzeichnet, weil man die Haltung zur Gentechnik nicht einfach mit Ja oder Nein beurteilen kann. (Abg. Aumayr: Aber mit „Na ja!“)

Eine Klärung scheint auch eine andere Fragestellung zu zeigen, nämlich ob man für Verbot oder Kontrolle dieser Gentechnologie ist. Zwei Drittel der Befragten meinten, sie seien für die Kon­trolle und nicht für das Verbot. Das heißt, die überwiegende Mehrheit ist für den kontrollierten Ein­satz von Gentechnologie und gegen ein grundsätzliches Verbot. (Abg. Dr. Ofner: Mana­ge­ment by Umfragen!)

In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Initiativen der Frau Bundesministerin hinweisen, denn ich glaube, die EU-Entscheidung für das Importverbot von BT-Mais war wirklich ein Erfolgserlebnis.

Wir sind im Zuge dieser Diskussion natürlich auch mit den arbeitsmarktpolitischen Aspekten des Technologieeinsatzes konfrontiert worden. In den „WSI-Mitteilungen“ kann man dazu einen sehr interessanten Artikel finden. Der Vorsprung der USA auf dem Arbeitsmarkt wird auf den Vorsprung im Biotech-Bereich zurückgeführt. Es wird damit verdeutlicht, daß ein derartiger Technologievorsprung auch einen Arbeitsplatzvorsprung bedeutet.

Für Deutschland rechnet man bis zum Jahr 2000 mit 40 000 direkt durch die Anwendung der Gentechnologie erreichbaren Arbeitsplätzen. Allerdings muß man im Umkehrschluß dazu auch sagen, daß im Bereich der pharmazeutischen Industrie in den herkömmlichen Herstellungs­verfahren eine Stagnation beziehungsweise eine Rationalisierung der Arbeitsplätze erfolgen wird. (Abg. Aumayr: Also was jetzt? Werden jetzt mehr oder weniger Arbeitsplätze geschaffen?)

Durch die Gentechnologie werden neue Arbeitsplätze geschaffen, Frau Kollegin. (Zwischenrufe der Abg. Aumayr und Haller.) Wenn Sie zuhörten, würden Sie den Unterschied erkennen, aber dabei sind Sie offensichtlich etwas überfordert. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Mehrheit der Bevölkerung in Österreich weiß sehr wohl, was der kontrollierte Einsatz der Gentechnik bedeutet und wie weitreichend dieser Faktor ist. Diese Verantwortung hat die Arbeit der sozialdemokratischen Fraktion im Sonderausschuß geprägt. Diese Verantwortung hat uns dazu bewogen, dem vorliegenden Kompromiß – er ist ja auch eindeutig als solcher bezeichnet worden – letztlich unsere Zustimmung zu geben.

Ein Punkt, der im Zusammenhang mit der Gentechnik eher selten angesprochen wird, ist der Einsatz von Genanalysen für bestimmte Zwecke – vielleicht auch deshalb, weil wir im Gen­technikgesetz 1994 für diesen Bereich klare Grenzen gezogen haben.

Dennoch möchte ich Ihnen einige Passagen aus der Zeitschrift „Corso“ zur Kenntnis bringen – ich zitiere –: „Im Prospekt rühmt sich die Grazer Firma Genetics Austria weltweit enger Zusam­menarbeit mit universitären Genforschungszentren. Tatsächlich entpuppt sich das angebotene Personalmanagementprogramm als simpler standardisierter Psychotest. Die verbale Beschrei­bung der Auswertung klingelt mit Wissenschaftslyrik aus dem Genforschungs­voka­bular. Echte Gentests für Stellenbewerber sind in Österreich verboten. Man könnte Genetics Austria auch als harmlosen Versuch eines besonders smarten Consulters sehen, mit einem Vorstoß in den Graubereich des gerade noch Erlaubten auf Kundenfang zu gehen. – Grober Unfug? Oder steckt mehr dahinter? Erleben wir die ersten Vorboten des ,gläsernen Mitarbeiters‘? ... Gen­technische Bewerberauslese wäre ...“, so wird befürchtet, „... eine Katastrophe, die zu noch höherer Arbeitslosigkeit führen würde. ... Für den einzelnen Stellenbewerber, dem in Zukunft eine Genanalyse zugemutet werden könnte, hat Dr. Zilian als Kenner der Gebräuche am öster­reichischen Arbeitsmarkt nur einen Rat: ,Wer den Job wirklich braucht, soll den Test machen und beten, daß er gut ausfällt‘“. – Ende des Zitats.

Ich möchte, wenn wir uns heute mit der Gentechnik befassen, diesen Aspekt nicht ausgeblendet lassen. Unsere eigene Vergangen­heitsbewältigung zeigt uns nur zu deutlich, wohin die genetisch verbrämte Diskussion über die „überlegene Rasse“ geführt hat.

Ich fordere daher die VertreterInnen aller anderen Parteien inklusive der FPÖ, die ja meistens nicht zuhört, sondern nur dazwischenruft, auf, mit uns gemeinsam vehement allen Anfängen einer solchen menschenverachtenden Stigmatisierung entgegenzutreten und – so wie wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen – einen Technologieeinsatz nur dort zu ermög­lichen, wo er den Menschen dient. Allen negativen Entwicklungen haben wir jedoch gemeinsam entschieden entgegenzutreten.

Zu dem Demokratieverständnis der FPÖ verweise ich nur auf den Entschließungsantrag, den sie bei der letzten Ausschußsitzung eingebracht hat. Er war weder mit dem Willen der Unterzeichner des Volksbegehrens noch mit dem der Proponenten vereinbar. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.17


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Salzl. Restredezeit Ihres Klubs: 7 Minuten. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.17


Abgeordneter Dr. Stefan Salzl¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Demokratieverständnis, das meine Vorrednerin angesprochen hat, möchte ich im Laufe meiner Rede noch kurz eingehen. (Abg. Dr. Leiner: Schon wieder Demokratieverständnis!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die heutige Debatte mit der Debatte im Sonderausschuß zur Behandlung des Gentechnik-Volksbegehrens vergleicht, dann erkennt man deutlich, daß die Bundesregierung nie die Absicht hatte, die Forderungen der Unter­zeich­ner des Volks­begehrens wirklich oder auch nur annähernd zu erfüllen, denn keine einzige der drei Hauptforderungen wurde tatsächlich umgesetzt.

Zu Punkt 1 „Kein Essen aus dem Genlabor“ gibt es keine einzige konkrete Maßnahme. Es ist dies nicht nur die Meinung der Opposition, sondern auch die Aussage des Proponenten­komitees. Die Ausschußfeststellung, man trete für eine klare und international übliche Kenn­zeichnung ein, ist mir einfach zu wenig.

Zu Punkt 2, der Forderung „Keine Freisetzung genmanipulierter Organismen“, wurden nicht einmal die geforderten Mindeststandards umgesetzt. Es wurde die Parteienstellung nicht ausreichend geregelt, es wurde kein Verfahren mit zwei Instanzenwegen eingeführt und keine ausgewogene Besetzung der Freisetzungsausschüsse vorgenommen. Die Haftungsfrage wurde ebenfalls nicht ausreichend geregelt.

Punkt 3 „Kein Patent auf Leben“ wurde einfach an die EU abgeschoben und dort schlußendlich unterlaufen, denn in Brüssel vertrat Österreich in dieser Frage eine Position, die den For­derungen der Unterzeichner des Gentechnik-Volksbegehrens diametral entgegensteht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Statt sich also in der Zeit nach dem Volksbegehren mit der Gentechnik seriös auseinanderzusetzen, hat man über ein halbes Jahr lang versucht, die Proponenten und die 1,2 Millionen Unterzeichner an der Nase herumzuführen und zu beruhigen. Dabei hat sich wieder einmal die ÖVP als Bremserin und Verhinderin erwiesen und sich damit leider auf fast allen Linien durchgesetzt. Die SPÖ hat sich entgegen ursprünglichen Ankündigungen über den Tisch ziehen lassen und hat schlußendlich jene Beschlüsse, die sie noch wenige Wochen zuvor abgelehnt hat, mitentschieden. Sie hat damit sogar Verspre­chungen, die Kanzler Klima von diesem Rednerpult aus gegeben hat, letztendlich konterkariert.

Eines hat sich aber in diesem Zusammenhang ganz klar gezeigt, nämlich daß die Aussage, nur die große Koalition könne große Probleme dieser Republik lösen, schlicht und einfach (Abg. Dr. Leiner: So ist es!) – Herr Kollege Leiner, Sie können nachher darauf zurückkommen – ein Wahlslogan war und daß die Realität leider ganz anders aussieht. In Wahrheit ist diese Koalition nämlich in vielen Bereichen festgefahren und unfähig, die Probleme tatsächlich zu lösen. Es hat sich dies gestern besonders bei der NATO-Frage gezeigt, und es hat sich im Bereich des Tierschutzes gezeigt, da in Richtung eines bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes die ÖVP noch immer den Bremser darstellt. Der angebliche Macher Klima bringt eben mit dem Bremser Schüssel nichts weiter und tritt auf der Stelle.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines hat sich aber auch ganz deutlich gezeigt: daß die direkte Demokratie, die Sorgen und Wünsche der Bürger von dieser Regierung nicht ernst genommen werden. Es ist so, daß sowohl beim Tierschutz-Volksbegehren, das 460 000 Menschen unterzeichnet haben, als auch beim Frauen-Volksbegehren bis jetzt die Wünsche im jeweiligen Unterausschuß schubladisiert wurden und nichts weitergeht. Beim Gentechnik-Volksbegehren wurden, wie erwähnt, über 1,2 Millionen Menschen, die dieses Volksbegehren unterzeichnet haben, an der Nase herumgeführt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoffentlich werden Ihnen diese insgesamt weit über 2 Millionen Unterzeichner von Volks­begehren bei der nächsten Wahl die Rechnung dafür präsentieren, wie schändlich und schäbig Sie mit der direkten Demokratie umgehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.22


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.22


Abgeordneter Dr. Günther Leiner¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte noch einige Dinge diskutieren, die vielleicht noch nicht so angesprochen wurden.

Es wird immer wieder das Wort „Demokratie“ in den Raum gestellt. Dazu möchte ich sagen, daß das Parlament einfach mit der Mehrheit entscheidet. Hinsichtlich der direkten Demokratie wäre es vielleicht doch besser, wenn wir es so machen würden wie die Schweiz, nämlich auch bei einer Volksbefragung eine behördliche Aufklärung der ganzen Problematik durchführen zu lassen. Das war vielleicht ein Hindernis bei unseren Bemühungen.

Ich möchte auch an die Ausführungen meines Freundes Walter Schwimmer anknüpfen, der darauf hingewiesen hat, daß gerade die Initiatoren des Volksbegehrens sehr vehement damit geworben haben, daß sie die Medizin in keiner Weise beeinträchtigen möchten. – Das stimmt aber nicht, denn im Ausschuß hat sich dann der Bevollmächtigte des Volksbegehrens ganz klar davon distanziert und gesagt, daß der Einsatz der Gentechnik in der medizinischen Forschung nicht undifferenziert erfolgen sollte. – Was die 1,2 Millionen Unterzeichner dazu sagen würden, das frage ich mich.

Schon am Tag nach Vorliegen des beeindruckenden und erfolgreichen Ergebnisses des Gen­technik-Volksbegehrens, das auch in unserem Bundesland Tirol relativ hohe Zustimmung bekommen hat, haben die Vertreterinnen und Vertreter des Gentechnik-Volksbegehrens völlig überraschend Aufträge mit 38 Detailpunkten, Anleitungen zur Umsetzung des Volksbegehrens und Mindestforderungskataloge an das Parlament gerichtet. – Da waren die Vertreter des Frauen-Volksbegehrens wesentlich ehrlicher, denn diese haben das schon vorher detailliert vorgetragen.

Die Anforderungen und detaillierten Aufträge, die bezüglich des Gentechnik-Volksbegehrens an uns herangetragen wurden, hatten nur mehr ganz ferne etwas mit dem Volksbegehren zu tun beziehungsweise teilweise überhaupt nichts. Und angesichts dessen wird das Ganze für mich schon fragwürdig, vor allem dann, wenn man sieht, daß die Initiatoren nicht mehr mit jenen, die das Volksbegehren eigentlich durchgeführt haben und eigentlich die Rädelsführer und die Sprecher waren, identisch sind. (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler.) Von diesen Initiatoren waren nur Vertreter von zwei Organisationen, nämlich der ARGE Schöpfungsverantwortung und der Österreichischen Bergbauernvereinigung, einmal anwesend, sonst wurden die Gespräche von Global 2000 und von Greenpeace, die keine Initiatoren waren, geführt. Das möchte ich nur dazusagen. (Abg. Ing. Langthaler: Weil nur drei Personen zugelassen waren! Die haben sich das untereinander ausgemacht!)

Ich hätte mir erwartet, daß die Initiatoren die ganze Zeit dort gewesen wären. Greenpeace und Global 2000 waren nicht die Initiatoren. (Abg. Ing. Langthaler: Das sind Initiatoren gewesen! Das ist falsch!) Nein, das ist nicht falsch. Lesen Sie es nach!

All das vermittelt nur den Eindruck, daß die VertreterInnen des Gentechnik-Volksbegehrens sowohl inhaltlich als auch personell immer mehr von den Interessen der 1,2 Millionen Öster­reicher und Österreicherinnen abgerückt sind und statt der Initiativen immer mehr Angst­macherei – so wie von Ihnen auch vorgetragen – betrieben haben.

Ich möchte auch noch einmal die Kritik erwähnen und darauf hinweisen, daß sowohl die Vertreter der Opposition als auch die entsprechenden Herren und Damen des Volksbegehrens aus den Verhandlungen im Ausschuß ausgezogen sind. Für mich stellt sich daher die Frage: Haben die Unterzeichner des Gentechnik-Volksbegehrens – ich spreche hier bewußt nicht von den Vertretern und Vertreterinnen – aufgrund ethischer Aspekte Grund, mit dem Ergebnis des Besonderen Ausschusses unzufrieden zu sein? – Das wäre die eigentliche Frage.

Ich bin sehr stolz darauf, daß gerade wir, die Österreichische Volkspartei, zwei Experten bei­gezogen haben, die Ethiker waren, nämlich die Universitätsprofessoren Dr. Virt und Dr. Körtner. Beide haben die ÖVP und diesen Ausschuß mit begleitet und haben ihre ethischen Bedenken mit eingebracht. Beide Experten haben deutlich darauf verwiesen, daß – ich zitiere – „wohl wegen der Begrenztheit menschlicher Erkenntnis und Handlungsfähigkeit niemals in der An­nahme einer 100prozentigen Sicherheit gehandelt werden kann. Vom ethischen Standpunkt aus sei jeweils für eine dem jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik entsprechend optimale Sicherheit zu sorgen. Eine Verantwortungsethik im Sinne von Hans Jonas als Heuristik der Furcht hat jedoch die Tendenz, aporetisch zu werden, also in einer Ausweglosigkeit, in einer Sinnlosigkeit zu enden. Wenn man nämlich gegenwärtig keine Gründe für Bedenken hat, sich aber durch möglicherweise drohende Gefahren vom Handeln abhalten läßt, gerät man letzt­endlich in die Situation des Handlungsunfähigen.“ – Und genau das wäre passiert, wenn wir dem nachgekommen wären, was von uns verlangt wurde.

Wir haben die Entscheidungen nach unserem Gewissen getroffen und dementsprechend in eine Gesetzesvorlage eingebracht. In erster Linie wurden dabei die soziale Gerechtigkeit, der Wirtschaftsstandort und der Wissenschaftsstandort Österreich in den Mittelpunkt gestellt. Vor diesem ethischen Hintergrund erscheinen mir die vom Besonderen Ausschuß in dessen Bericht befürworteten und zum Teil heute zur Beschlußfassung vorgelegten Maßnahmen sehr ange­messen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.28


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Frau Abgeordnete Ing. Langthaler hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.28


Abgeordnete Ing. Monika Langthaler¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Ich möchte meinen Vorredner, Herrn Abgeordneter Leiner, berichtigen. Er hat gesagt, daß Greenpeace und Global 2000 nicht unter den Initiatoren des Gentechnik-Volksbegehrens gewesen wären. – Das ist falsch.

Die Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens haben sich zusammengesetzt aus der ARGE Schöpfungsverantwortung, aus den österreichischen Bio-Bauern und aus dem Öko-Büro. Das Öko-Büro ist ein Umweltdachverband, bestehend aus Greenpeace, Global 2000, dem WWF, dem Verein Vier Pfoten, dem Ökologieinstitut und einigen anderen Vereinen, wie zum Beispiel dem VCÖ. All diese Vereine, all diese Umweltvereine haben das Gentechnik-Volksbegehren als Proponenten unterstützt und getragen, und sie haben untereinander ausgemacht, wer im Ausschuß die Plätze für die Beratungen einnehmen kann, da leider nur drei Plätze zur Ver­fügung standen und nicht – wie es notwendig gewesen wäre, wenn Sie alle einbeziehen hätten wollen – zehn.

Es waren nicht mehr möglich als diese drei Plätze, und insofern möchte ich Sie berichtigen: Selbstverständlich waren jene, die das Volksbegehren getragen haben, also die Proponenten, auch jene, die im Ausschuß für das Volksbegehren gesprochen haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.30


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Aumayr. Restredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

13.30


Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Ich ent­schuldige mich hiemit namens meiner Fraktion für den arroganten Umgang mit den Unter­schriften von 1,2 Millionen Menschen durch die ÖVP und durch die SPÖ. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Mein Gott!) Ich verspreche aber auch namens meiner Fraktion, namens der Freiheitlichen, daß wir uns weiterhin kompromißlos für den Einsatz der direkten Demokratie einsetzen werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denn nichts, Herr Kollege Koppler, aber schon gar nichts, ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Und die Zeit für die direkte Demokratie ist gekommen. Aber Sie haben das noch nicht mitbekommen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Krammer: Dann fangt im eigenen Klub an mit der Demokratie, dort gibt es sie nämlich nicht!)

13.31


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Die Restredezeit Ihres Klubs beträgt 10 Minuten. – Bitte.

13.31


Abgeordneter Mag. Johann Maier¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der Souverän, das Volk, ist in diesem Haus durch gewählte Mandatare von fünf Parteien vertreten. Lassen Sie mich das mit aller Deutlichkeit hier festhalten. Es ist auch keinesfalls richtig, wenn von Rednern der Oppositionsparteien, wie zum Beispiel von meiner Vorrednerin, behauptet wird, daß mit der direkten Demokratie und mit 1,2 Millionen Unterschriften arrogant umgegangen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht im Grunde genommen darum, daß die Politik in diesem Hause eine Entscheidung zu treffen hat. Ich relativiere damit keinesfalls das Anliegen der Befürworter und Vertreter des Volksbegehrens. Ich möchte nur eines klarstellen: Es kann nicht im Sinne unserer Demokratie sein, Ergebnisse eines Volksbegehrens 1 : 1 zu über­neh­men. Ich persönlich würde mich zum Beispiel mit allen Mitteln dagegen wehren, daß, sollte etwa ein Volksbegehren zur Einführung der Todesstrafe eingebracht werden, wir in diesem Hause an einen solchen Beschluß gebunden wären. (Abg. Aumayr: Das ist ein Skandal, so einen Ver­gleich anzustellen!)

Frau Kollegin Aumayr! (Abg. Aumayr: Das ist unbeschreiblich!) Wenn Sie von der direkten Demokratie sprechen und wenn ich mir die Politik der Freiheitlichen Partei anschaue, dann muß ich sagen, das ist eine gefährliche Drohung, und dann müssen wir damit rechnen. Lassen Sie mich das mit aller Deutlichkeit festhalten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wenitsch: Das ist ein Skandal!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Sonderausschuß hat sich sehr ausführlich mit den Fragen der Gentechnik auseinandergesetzt. Vielleicht noch ein Wort zum Volksbegehren selbst. Kollegin Silhavy ist bereits kurz darauf eingegangen, warum so viele Österreicherinnen und Österreicher dieses Volksbegehren unterschrieben haben. Auch ich habe es unter­schrieben, weil ich mir einfach erwartet habe, daß es dadurch in Österreich zu einer Sensi­bilisierung in diesen Fragen und zu klaren gesetzlichen Regelungen, insbesondere im Haftungs­bereich, kommt. Und darüber diskutieren wir auch heute.

Es gibt aus meiner Sicht verschiedene Gründe, warum dieses Volksbegehren unterschrieben worden ist. Einerseits ist es sicherlich das mangelnde Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Lebensmittelindustrie, und andererseits geht es auch um das mangelnde Vertrauen in die europäische Intensivlandwirtschaft, deren Ruf bei den Konsumenten insbesondere durch die Fälle von Rinderwahnsinn oder Ehec und andere Skandale gelitten hat.

Die Befürworter der Gentechnik – lassen Sie mich das auch mit aller Deutlichkeit festhalten – glauben und behaupten, daß alle erdenklichen gesundheitlichen und ökologischen Risken be­kannt sind und bei entsprechender Sorgfalt auch vermieden werden können. – Dies ist aus Sicht der europäischen Konsumentenorganisationen eine äußerst gewagte These, die auch kaum haltbar sein wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daher muß die europäische und nationale Politik Verantwortung zeigen und der Biotechnologie beziehungsweise der Gentechnologie einerseits vernünftige Rahmenbedingungen bieten und andererseits aber auch Grenzen setzen. Die Gentechnik soll einerseits der Menschheit und unserer Umwelt helfen, andererseits müssen auch die wirtschaftlichen Entwicklungschancen gesehen werden. Politisch wäre es absolut bedenklich, für diese Schlüsseltechnologie – ich behaupte, es ist eine Schlüsseltechnologie – keine klare politische Entscheidung hinsichtlich des Anwendungsbereiches zu treffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns im Sonderausschuß ausführlich mit den Fragen der Kennzeichnung, insbesondere der Haftung, auseinandergesetzt, und ich finde, es war eine sehr hochstehende Diskussion. Es wurde auch versucht, alle Gruppen einzu­beziehen, und ich bedauere, daß sowohl die Vertreter der Oppositionsparteien als auch die Befürworter dieses Gentechnik-Volksbegehrens teilweise aus dem Ausschuß ausgezogen sind und sich damit der parlamentarischen Auseinandersetzung entzogen haben.

Lassen Sie mich namens meiner Fraktion einige Punkte festhalten, um die es uns bei diesen Verhandlungen gegangen ist und um die es uns gerade auch in Zukunft noch gehen wird.

Zum einen: Wir wollen klare, umfassende Kennzeichnungsregelungen. 97 Prozent der Öster­reicher verlangen derartige Kennzeichnungsregelungen. Der informierte Konsument soll seine Entscheidung treffen können.

Die zweite Feststellung: Kennzeichnung ohne Kontrolle ist sinnlos. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in Österreich eine absolut schlechte Kennzeichnungsmoral. Ich erinnere etwa an die Untersuchungen der Arbeiterkammer und des Vereins für Konsumenteninformation. Gerade in diesem Bereich ist eine umfassende Kontrolle sicherzustellen. Das bedeutet natürlich auch den Ausbau der Untersuchungsanstalten. Es werden – nach Zusage von Frau Bundes­ministerin Prammer – die einzelnen Bundesanstalten ausgebaut werden, es wird molekular-biologische Labors mit mindestens zwei Mitarbeitern geben. Das soll sicherstellen, daß es auch zu entsprechenden Kontrollen kommt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, daß ich bei der dritten Feststellung ganz kurz auf den europäischen Rahmen eingehe. Eine Kennzeichnung im nationalen Raum ist mehr oder weniger sinnlos. Was wir erreichen müssen, sind klare, deutliche, umfassende Kenn­zeichnungsregelungen auf europäischer Ebene. Die Novel-Food-Verordnung, wie sie derzeit vorliegt, ist unbefriedigend, und daher sind die Vorstöße unserer Bundesministerin Prammer absolut zu unterstützen, damit es zu verbesserten Regelungen kommt.

Österreich – jetzt komme ich zur vierten Feststellung – kann in diesem Bereich weiterhin eine absolute Vorreiterrolle einnehmen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir spielen derzeit diese Vorreiterrolle. Ich erinnere nur an die Diskussion über den gentechnisch veränderten Mais. Mit der gestrigen Entscheidung ist den österreichischen Bedenken Rechnung getragen worden. Ich darf auch ganz kurz auf die Wortmeldung des Herrn Bundesministers Dr. Bartenstein eingehen, der darauf hingewiesen hat, wie obskur die Regelungen der Kommitologie sind, nämlich dieser sonderbaren Ausschüsse, die entscheiden, ob eine Regelung in Europa Norm wird oder nicht.

Es gibt bereits Reformansätze, auch auf europäischer Ebene. Dringend notwendig ist – so wird geschrieben –, daß die Kommitologie-Entscheidungen vereinfacht werden und das Ausschuß­wesen transparenter gestaltet wird, da selbst Ausschußprofis in Brüssel zuweilen Mühe haben, durch das Dickicht der Kommitologie hindurchzublicken.

In diesem Rahmen ist zum Beispiel zu fordern, daß der Regelungsausschuß des Typs 3a abgeschafft wird, da er insbesondere im Verhältnis zu den Verwaltungsausschüssen völlig unnötig ist. Und genau ein derartiger Ausschuß wird entscheiden, ob Österreich dieses Verbot für gentechnisch veränderten Mais aufrechterhalten wird. Österreich wird in diesem Umweltrat, der darüber zu entscheiden hat, durch Bundesminister Dr. Bartenstein vertreten. Bundesminister Dr. Bartenstein hat dabei die Position unserer Verbraucherschutzministerin zu vertreten, denn sie ist die zuständige Ministerin.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man sieht gerade in diesem Bereich, wie sinnvoll eine Zusammenarbeit ist, wie notwendig ein Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Ministe­rien ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute auch über Haftungs­bestim­mungen. Es geht um die Verrechtlichung moderner Technologien. Lassen Sie mich dazu fest­halten: Es gibt keine Alternative zu einer rechtlichen Regelung. Wir können allerdings darüber diskutieren, in welcher Form dieses Recht ausgestaltet werden soll.

Es geht um die Abwehr der durch eine Risikotechnologie verursachten Gefahren. Die Gen­technik bleibt eine Risikotechnologie, und modernes Risikorecht im Gegensatz zum traditio­nellen Sicherheitsrecht verlangt in erster Linie die Abkehr von einem Sicherheitsbegriff im klassischen Polizeirecht. Wir brauchen eine Regelung hinsichtlich der Gefährdungshaftung. Die Gefährdungshaftung wird von vielen Juristen als erfolgversprechendes und geeignetes Prinzip für den Umgang mit technischen Risken angesehen. Wir werden heute darüber abstimmen.

Namens meiner Fraktion darf ich Sie einladen, mitzustimmen. Ich weiß genau, die Opposition werde ich nicht überzeugen können. Wir werden aber diese Entscheidung in dem Bewußtsein treffen, die Rechtsposition für die österreichischen Verbraucherinnen und Verbraucher zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ.)

13.42


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Die Restredezeit Ihres Klubs beträgt 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.42


Abgeordnete Theresia Haidlmayr¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur kurz auf die Ausführungen von Frau Dr. Pittermann zum Bereich Gen­medizin eingehen. Es ist unbestritten, daß im Rahmen der Genmedizin wesentliche Fortschritte erzielt wurden. Wenn wir zum Beispiel schon früher gewußt hätten, welche Möglichkeiten es für Bluter gibt, dann wären wahrscheinlich nicht so viele Bluter an HIV-infiziertem Blut gestorben.

Ich will überhaupt nicht in Abrede stellen, daß es im Bereich der Genmedizin gute und wichtige Erfolgt gibt. Aber Sie dürfen auch nicht vergessen, daß die Genmedizin jener Bereich der Me­dizin ist, der konkret sehr viele Menschen unter Druck setzt, weil man mit der Genmedizin nichts anderes erreichen möchte als eine leidensfreie Gesellschaft, eine Gesellschaft ohne Krank­heit.

Meine Damen und Herren! Das werden wir nicht erreichen, und das sollten wir auch nicht erreichen. Ich finde, es ist ganz wichtig, daß alle Menschen – egal, mit welcher Behinderung und welchen Krankheiten – in unserer Gesellschaft Platz und ein Lebensrecht haben müssen. Es geht heute bereits so weit, daß die pränatale Diagnostik dazu verwendet wird, daß man Mütter und Väter unter Druck setzt, wenn die Gefahr besteht, daß ein behindertes Kind geboren werden könnte. Damit bewegt man sich schon weit über den Rahmen hinaus, der sinnvoll und nützlich ist.

Meine Damen und Herren! Eines dürfen Sie auch nicht vergessen: Sie wissen, daß das Klonen kein Bereich mehr ist, der auf Menschen nicht übertragbar wäre. Forscher geben seit langem zu, daß auch Menschen geklont werden können. Ich weiß, daß es Länder gibt, die bereits in diese Richtung arbeiten, und daß Länder Ersatzteillager von menschlichen Organen schaffen. Das sind die negativen Auswirkungen der Genmedizin.

Es darf einfach nicht so weit kommen, daß heute Menschen verdoppelt werden, also geklont werden. Es darf auch nicht dazu kommen, daß Gene ausgetauscht werden, daß man irgend­wann aufgrund eines Kataloges bestellen kann, welche Vor- und Nachteile ein Kind haben soll und welche vielleicht negativen Faktoren bei einem Kind ausgeschlossen werden sollen. Soweit dürfen wir es nicht kommen lassen. Denn wenn wir soweit kämen, dann würden wir Gefahr laufen, daß bestimmte Menschengruppen selektiert werden, und man würde ihnen das Lebens­recht absprechen.

Meine Damen und Herren! Es ist ganz wichtig, daß es im Bereich der Genmedizin klare Grenzen gibt. Diese Grenzen werden aber derzeit Stück für Stück nach oben revidiert, und sie bedrohen seit langem sehr viele Menschen in Österreich – und nicht nur in Österreich.

Das Argument, man müßte Genmedizin in Österreich zulassen, weil das sehr viele Arbeitsplätze brächte, ist kein wahres Argument. Hätten Sie nur einen Bruchteil jener finanziellen Mittel, die Sie in der Genmedizin verwendet haben, in die Umweltmedizin investiert, dann würde es wahrscheinlich sehr viele Krankheiten, die es heute bei uns gibt, gar nicht mehr geben, oder bestimmte Risikogruppen würden vielleicht gar nicht mehr auftreten, weil wir eine bessere Umwelt hätten (Beifall bei den Grünen) und weil wir feststellen könnten, welche Krankheiten in gewissen Regionen vermehrt auftreten.

Widmen Sie das Geld um, investieren Sie es in die Umweltmedizin, dann werden Sie sehen, daß wir sehr große Erfolge erzielen können! Die Genmedizin ist nicht das Allheilmittel, sondern ich glaube, die Umweltmedizin sollte im Vordergrund stehen. Ein humanes Leben muß auch in Österreich für die Menschen sichergestellt werden.

Die Grenzen der Genmedizin dürfen nicht noch weiter ausgehöhlt werden! Menschen dürfen nicht zu Versuchsobjekten gemacht werden! Ich finde, das geht an den humanitären Zielen vorbei. Außerdem werden auch die ethischen Voraussetzungen in der Genmedizin bei weitem nicht mehr erfüllt, obwohl es eigentlich gälte, sie zu erfüllen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.47


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Mag. Prammer. – Bitte, Frau Bundesministerin.

13.47


Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer¦: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil einige Abgeordnete noch sehr konkrete Fragen an mich gerichtet haben, die ich gerne beantworten möchte.

Vorweg aber eines: Frau Abgeordnete Haidlmayr hat gerade von den negativen Prognosen oder Möglichkeiten der Genmedizin gesprochen. – Ich denke, Österreich kann sehr stolz darauf sein, ein sehr klares, umfassendes Gesetz zu haben, das bewirkt, daß genau dieses Szenario in Österreich nicht eintreten kann. Aber trotzdem dürfen wir uns darauf nicht ausruhen, sondern auch in diesem Bereich ist es, wie ich meine, notwendig, international zu denken. Das bedeutet auch, Sorgfalt zu üben – nicht nur in Österreich, sondern natürlich auch über die Grenzen hinweg.

Frau Abgeordnete Moser hat von den wissenschaftlichen Ausschüssen und konkret von der Besetzung der wissenschaftlichen Ausschüssen gesprochen. – Ich möchte noch einmal fest­stellen, daß die Aufgaben der wissenschaftlichen Ausschüsse im Gentechnikgesetz klar umrissen sind. Sie sind nämlich Beratungsorgan, ein Organ, das sich äußern kann und muß, das Stellungnahmen abgibt, und als solches sollen und müssen wissenschaftliche Ausschüsse auch tätig werden.

Mir als zuständiger Ministerin bleibt es natürlich, so wie in der Vergangenheit, auch in der Zukunft unbenommen, natürlich auch andere Expertinnen und Experten, andere Wissenschafter zu befragen, Expertisen erstellen zu lassen und Studien in Auftrag zu geben. Das ist in der Vergangenheit auch geschehen, um eine Ausgewogenheit herzustellen, und das soll natürlich auch in Zukunft so sein. Es ist wichtig, daß viele in der Forschung Tätige auch die Möglichkeit haben, tatsächlich auch Forschung zu betreiben.

Was die Kennzeichnung betrifft, ist – das will ich auch klarstellen – nichts offen. Österreich hat jene Aufgaben erfüllt, die es durch das Gentechnikgesetz hat, aber auch jene Aufgaben, die Österreich aus dem Bereich der Europäischen Union ableitet. Das, was ansteht, ist die Regelung auf europäischer Ebene. Darauf muß Druck gemacht werden – ich habe das in meinem ersten Beitrag schon gesagt –, und zwar im Interesse vieler, im Interesse der Kon­sumentinnen und Konsumenten, aber auch im Interesse der Wirtschaft.

Zur Frage der Frau Abgeordneten Motter betreffend die Positivkennzeichnung oder Negativ­kennzeichnung, wie man sie nun bezeichnen will, und zum diesbezüglichen Stand der Dinge. Gestern hat die Kodexkommission die Normen über die Gentechnikfreiheit beschlossen. Die Kundmachung darüber wird im Mai erfolgen.

Was ich als Konsumentenschutzministerin als nächstes tun will, ist, mit dem Wirtschaftsminister im Rahmen des Gütesiegelgesetzes Verhandlungen über ein entsprechendes Gütesiegel aufzu­nehmen, weil ein großer Bedarf und großer Wunsch danach besteht. Der Grundstein ist gelegt, wir haben die Normen und wir wissen, wie wir sie in Österreich auf Basis des momenta­nen Wissenstandes definieren. All das soll in Zukunft auch noch eine höhere Verbindlichkeit erlan­gen.

Meine Damen und Herren! Es ist heute in diesem Haus sehr viel über einen Interessenausgleich gesprochen worden. Die Diskussion hat gezeigt, daß die Interessen, die Meinungen, die Auffassungen, gerade betreffend die Gentechnik sehr unterschiedlich sind. Sie sind unter­schiedlich zwischen den einzelnen Parteien und sie sind unterschiedlich innerhalb der einzelnen Parteien. Umso wichtiger und notwendiger ist es, heute mit einem positiven Gesetz, das sich für Österreich gut auswirken wird, einen momentanen Abschluß zu finden, aber in Zukunft natürlich das zu tun, was ich heute schon angesprochen habe, nämlich die Information an vorderste und oberste Position zu stellen, die Kontrolle auszubauen, das Kontrollinstrument zur Hand zu haben und schlußendlich natürlich bei allen Entscheidungen, die anstehen, höchste Transparenz walten zu lassen.

Es ist wichtig, daß die Bevölkerung weiß, worum es geht. Mit Transparenz kann auch Vertrauen geschaffen werden. Denn nur, wo Vertrauen geschaffen werden kann, ist es möglich, daß Produkte, daß Erzeugnisse, daß wissenschaftlicher Kenntnisstand auch akzeptiert werden. (Beifall bei der SPÖ.) Ohne diese Akzeptanz hat Gentechnik oder auch eine andere Technologie keine Garantie – nicht in Österreich, nicht in Europa und auch nicht weltweit. Aber das wollen wir. Wir wollen einen Technologiefortschritt auf Basis von Sicherheit und Vertrauen und vor allen Dingen immer unter Einbeziehung der Bevölkerung. (Beifall bei der SPÖ.)

13.52


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schrefel. Restredezeit Ihres Klubs: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.52


Abgeordneter Josef Schrefel¦ (ÖVP): Hohes Haus! Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Damen und Herren! Eine neue österreichische Studie hat belegt, daß sich die Österreicherinnen und Österreicher als Zerrissene präsentieren, wenn es um wissen­schaftlichen und technischen Fortschritt geht. Demnach ist zwar mehr als die Hälfte der Österreicher dafür, daß man den wissenschaftlichen Fortschritt noch stärker fördern sollte, um mit Hilfe der Wissenschaft die heutigen Probleme überwinden zu können, gleichzeitig aber unterschrieben fast neun von zehn Befragten, man dürfe nicht alles tun, was möglich ist. (Zwi­schen­ruf des Abg. Mag. Stadler.)

Die Einstellung der Befragten ist also höchst zwiespältig. Sie denken in dieser Beziehung gerne in Kategorien wie „ein bißchen schwanger“. Überzogene Hoffnungen stehen dabei meist übertriebenen Ängsten gegenüber.

Meine Damen und Herren! Die Gentechnik ist ein solch umstrittener Bereich. Ähnlich wie seiner­zeit in Deutschland und in der Schweiz hat die Diskussion um die Bio- und Gen­technologie in der Landwirtschaft und im Lebensmittelbereich zu einer starken Polarisierung und schlußendlich zum Gentechnik-Volksbegehren geführt. Sachliche Auseinandersetzungen auf einem der faszinierendsten, wenngleich auch umstrittensten Gebiete der Naturwissenschaften zu führen, ist hierzulande nur sehr schwer möglich.

Wie jede andere Technologie birgt auch die Bio- und Gentechnologie sowohl Chancen als auch Gefahren in sich. Mit den Regelungen, die vom Besonderen Ausschuß initiiert wurden, haben wir in Österreich Rahmenbedingungen geschaffen, die einen segensreichen und gegenüber dem Menschen und der Umwelt verantwortungsvollen Einsatz der Bio- und Gentechnologie ermöglichen.

Die Änderungen im Gentechnikgesetz, die wir heute beschließen werden, gewährleisten die Einhaltung höchstmöglicher Sicherheitsauflagen, die die von den Unterzeichnern des Volks­begehren befürchteten Risken, die jede neue Technologie – so auch diese – mit sich bringt, weitestgehend ausschließen.

Der frühere Wissenschaftsminister Hans Tuppy, ein international anerkannter Biochemiker, hat sich vor kurzem in einem bemerkenswerten Interview mit dem Magazin „Conturen“ bemüht, die Relationen, die oft im Verborgenen liegen, auszuleuchten. Er sagt zum Beispiel, daß es das vielzitierte ökologische Gleichgewicht im Sinne von statischem Gleichgewicht, von dem dauernd geredet wird, in dieser Form gar nicht gibt. Vielmehr sei die Ökologie einem ständigen Wandel unterworfen. Fauna und Flora verändern sich Jahr für Jahr ganz erstaunlich. Hunderte neue Arten kommen zustande. Das statische Gleichgewicht – man könnte auch „Stillstand“ sagen – ist der Punkt, an dem Entwicklungen enden. Wir wären gar keine Menschen geworden und geblieben – so Tuppy –, wenn wir nicht dauernd verändert hätten.

Das heißt aber, daß wir uns Grenzen setzen müssen, daß wir diese aber auch überschreiten müssen. Wie groß diese Schritte, die man setzt, sein sollen und dürfen – diese Beurteilung ist sehr schwierig. Im Pflanzenbereich scheint die Genetik beispielsweise ein kleiner Schritt zu sein im Vergleich zu dem, was im Laufe der menschlichen Geschichte durch Züchtungen geschehen ist. Alle unsere Kulturpflanzen sind bereits durch Züchtungen und Selektionen auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten, das heißt, in großem Ausmaß von Menschen verändert worden.

Das, was man heute als „natürliche Natur“ bezeichnet, ist doch kultivierte Natur – weit entfernt von dem, was am Anfang gegeben war. Dabei klingt an, daß es eben nicht nur um die Bewahrung, sondern auch um die verantwortungsvolle Gestaltung der Schöpfung geht.

Ökonomisch wie auch sozial ist die Behinderung der Gentechnik nicht sinnvoll, weil wir neue Zweige unseres Erwerbslebens eröffnen müssen. Ich verstehe auch sehr gut – nichts spricht dagegen –, daß Gruppen von Landwirten gegen die Gentechnik sind, weil sie im biologischen Landbau Nischen gefunden haben, die ideell und wirtschaftlich wichtig sind. Genauso muß akzeptiert werden, daß nicht die gesamte Landwirtschaft auf ökologischen Anbau umgestellt werden kann. Steuernd einzugreifen, aber nicht zu verhindern, ist Aufgabe der Politik.

Politisches Handeln ist notwendig, damit positive Entwicklungen gefördert, andere aber zurück­gedrängt werden. Das Ergebnis des Besonderen Ausschusses zeigt, meine Damen und Herren, daß sich verantwortungsvolle Politik nicht von der Boulevardpresse und vom Populis­mus der Öko-Opposition vereinnahmen läßt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.58


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Aumayr. Rest­redezeit Ihres Klubs: 1 Minute. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.58


Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr¦ (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Maier! Durch Ihre Ausführungen und Ihre Unterstellung haben Sie gezeigt, wie Sie diese 1,2 Millionen Unterschriften tatsächlich werten. Sie setzen 1,2 Millionen Unterschriften gegen den Gentechnikeinsatz mit Unterschriften für die Einführung der Todesstrafe gleich, Herr Kollege Maier! Das haben Sie vom Pult aus gemacht. Das ist nicht nur Arroganz, Herr Kollege Maier, sondern das ist ein Skandal! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie, Herr Kollege Maier, Charakter haben, dann werden Sie sich bei diesen 1,2 Millionen Menschen entschuldigen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.59


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Maier. Rest­redezeit: 1 Minute. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.59


Abgeordneter Mag. Johann Maier¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich habe Charakter, und ich muß auf Ihre Ausführungen antworten, Frau Abgeordnete Aumayr. – Lassen Sie mich festhalten: Souverän ist das Volk – in diesem Haus vertreten durch gewählte Mandatare von fünf Parteien, aber nicht durch Vertreter eines Volksbegehrens. (Abg. Aumayr: Aha! Ah so! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Damit relativieren wir nicht die Anliegen dieses Volksbegehrens, das möchte ich mit aller Deutlichkeit sagen. Aber die Verantwortung dafür liegt hier im Haus, Frau Aumayr.

Wenn ich davon gesprochen habe, daß wir die direkte Demokratie sehr sorgfältig beobachten, dann habe ich gemeint, wir tun das besonders dann, wenn die Freiheitliche Partei mit Inhalten kommt. (Abg. Mag. Stadler: Setzen! Fünf! Nicht genügend!) Denn eines sage ich Ihnen sehr wohl: Ihre Rechtspolitik lautet: „Einsperren und strafen!“, und in der Frauenpolitik heißt es: „Frauen zurück an den Herd!“ (Abg. Mag. Stadler: Wo haben Sie die Verfassungsrechtsprüfung gemacht? – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) 

Die Sozialdemokratische Partei – lassen Sie mich das in aller Deutlichkeit sagen – wird gegen derartige Vorhaben, auch wenn sie im Wege der direkten Demokratie an dieses Haus herangetragen werden, immer Widerstand leisten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Antidemokrat!)

14.00


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte daher die Damen und Herren Abgeordneten, jeweils ihren Platz einzunehmen. – Ich bitte auch die Mitarbeiter, die Gänge zwischen den Sitzreihen zu verlassen, und die Abgeordneten, die Gespräche mit den Mit­arbeitern einzustellen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1111 der Beilagen als Anlage 1 beigedruckte Entschließung betreffend Einrichtung eines Österreichischen Moni­to­ring-Komitees zur Evaluation der Wirkung der Richtlinie zum Schutz biotechnologischer Erfin­dungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen. (E 107.)

Wir kommen weiters zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1111 der Beilagen als Anlage 2 beigedruckte Entschließung betreffend Schutz sensibler Gebiete.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen. (E 108.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1112 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Rauch-Kallat, Gradwohl und Genossen einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen des Abgeordneten Dr. Salzl auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde daher zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes – jeweils unter Berücksichtigung des erwähnten Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrages – abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Ziffer 1 des Ausschußberichtes, und zwar in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Rauch-Kallat, Gradwohl und Genossen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Ich lasse nun entsprechend dem Verlangen auf getrennte Abstimmung über Ziffer 6 § 43 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Rauch-Kallat, Gradwohl und Genossen abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen weiters zur getrennten Abstimmung über Ziffer 14 in der Fassung des Aus­schußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über Ziffer 15 §§ 100c und 100d in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes, und zwar unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Rauch-Kallat, Gradwohl und Genossen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung geben möchten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

3. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über das Frauen-Volksbegehren (716/1113 der Bei­lagen)

4. Punkt

Bericht und Antrag des Gleichbehandlungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (1114 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht und Antrag des Gleichbehandlungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird (1115 der Bei­lagen)

6. Punkt

Bericht und Antrag des Gleichbehandlungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 und das Eltern-Karenzurlaubs­gesetz geändert werden (1116 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 545/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird (1117 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Entschließungsantrag 330/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Frauen-Erwerbstätigkeit, Kin­dererziehung, Frauenpensionen (1118 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 370/A der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird (1119 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 462/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend erste Maßnahmen zur Um­setzung des Frauen-Volksbegehrens zur partnerschaftlichen Gestaltung des Pensions­rechts (1120 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 463/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend erste Maßnahmen zur Um­setzung des Frauen-Volksbegehrens zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie (1121 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 480/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend eine Berichts­legungspflicht aller Betriebe zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern sowie zur Förderung von Frauen und die Sanktionierung einer Verletzung dieser Pflicht durch Nichtberück­sichtigung bei der öffentlichen Auftragsvergabe sowie bei der Vergabe von öffentlichen Förderungen (1122 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 503/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeits­losen­versicherungsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Elternkarenzurlaubsgesetz und das Karenzurlaubszuschußgesetz geändert werden (1123 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 663/A der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird (1124 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 688/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (1125 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 687/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Neubewertung der Arbeit (1126 der Beilagen)

17. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 739/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbe­treuungskosten (1127 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 724/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend erhöhte steuerliche Absetzbarkeit von Betriebskindergärten (1128 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Wir kommen zu den Punkten 3 bis 18 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu all diesen Punkten ist Frau Abgeordnete Silhavy. Zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung zum schriftlich verteilten Ausschußbericht 1115 der Beilagen erteile ich ihr das Wort. – Bitte.


Berichterstatterin Heidrun Silhavy¦: Hohes Haus! Zum schriftlich vorliegenden Ausschuß­bericht 1115 der Beilagen bringe ich folgende Druckfehlerberichtigung zur Kenntnis:

Im § 92 Abs. 1, zweiter Satz, ist der Punkt nach dem Wort „Einstellungspraxis“ durch einen Beistrich zu ersetzen.

Namens des Gleichbehandlungsausschusses stelle ich somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem Gesetzentwurf in 1115 der Beilagen – unter Berücksichtigung der von mir soeben vorge­brachten Druckfehlerberichtigung – die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Frau Abgeordnete, für Ihre Ausführungen.

Zu Wort gemeldet ist nun als erste Rednerin Frau Abgeordnete Haller. Angezeigt wird eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 12 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.08


Abgeordnete Edith Haller¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Frauen Bundes­ministerinnen! Hohes Haus! „Ana hot imma des Bummerl“ heißt ein bekanntes Wienerlied. Den österreichischen Frauen – und damit den Betroffenen – ist schon lange bekannt, wer in Österreich das Bummerl hat, und dies war uns schon vor dem Frauen-Volksbegehren klar.

Nach 20jähriger, doch eher erfolgloser österreichischer Frauenpolitik hat sich herausgestellt, daß diese sich immer mehr festgefahren hat. Sie hat aber zumindest zu einer gewissen Sen­sibilisierung im vielschichtigen Bereich von Frauenfragen beigetragen, und das Frauen-Volksbegehren ist daher als logische Folge davon anzusehen.

Ein Großteil der Unterzeichnerinnen hat die darin geforderten Punkte wohl nicht genau gelesen. Aber die österreichischen Frauen wollen meiner Ansicht nach einfach nicht mehr akzeptieren, daß es in bezug auf ihre wirtschaftliche Situation, in bezug auf ihre Position auf dem Arbeits­markt und hinsichtlich der Möglichkeiten der Kinderbetreuung kaum zu Verbesserungen gekommen ist, ja in manchen Bereichen sogar eine Verschlechterung eingetreten ist.

Es ist aus freiheitlicher Sicht traurig und beschämend, daß diesen 645 000 UnterzeichnerInnen keine konkreten Vorschläge zur Verbesserung gemacht werden können. (Abg. Dr. Mertel: Was haben Sie dafür getan?) Es ist ein Faktum: In dieser österreichischen Koalitionsregierung geht einfach nichts mehr! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und es ist genauso traurig und beschä­mend, Frau Bundesministerin, daß Sie die Schuld an diesem Versagen der öster­reichischen Regierung der ÖVP, ja sogar der konservativen Mehrheit in diesem Parlament zuschieben wollen (Abg. Dr. Mertel: Das heißt, auch Ihre! – Ruf: Das ist genauso die Schuld der SPÖ!), wo­bei Sie ja nicht verheimlichen können, daß Sie selbst nicht imstande sind, frauen­politische Interessen in Ihrer eigenen Partei umzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn, Frau Bundesministerin, wo war denn Ihre Stimme bei den drei Sparpaketen, durch die die Situation der Frauen nicht verbessert, sondern sogar gravierend verschlechtert wurde? Wo war denn Ihre Stimme, Frau Bundesministerin, bei den tätlichen Angriffen Ihres Parteikollegen Parnigoni gegen seine Parteikollegin Hagenhofer? Wo war Ihre Stimme, Frau Bundesministerin, als eine Kärntner Stadträtin Ihrer Fraktion von den eigenen Kollegen gestürzt wurde? Und wo war Ihre Stimme, Frau Bundesministerin, in der Sache Scholten/Seitz?

Es ist ja kein Geheimnis mehr, daß kurz vor dem Ausscheiden aus der Regierung der damalige Bundesminister Scholten schnell noch eine dem Gleichbehandlungsgebot zuwiderlaufende Postenvergabe vorgenommen hat, und „zufälligerweise“ war der Betroffene der Schwager des Wiener Bürgermeisters Häupl (Rufe bei den Freiheitlichen: So ein Zufall!) Schon ein bißchen makaber, muß ich sagen.

Die Gleichbehandlungkommission hat schließlich festgestellt, daß diese Funktionsbestellung aufgrund von unsachlichen Erwägungen erfolgt ist und daß darüber hinaus das Gesetz verletzt wurde. Obwohl es fünf Sitzungen einer Ausschreibungskommission gegeben hat – die „natür­lich“ von vier Herren besetzt war –, ist es zu einer solchen, dem Gleichbehandlungsgesetz zuwi­der­laufenden Bestellung gekommen.

Was kann die diskriminierte Bewerberin dagegen unternehmen? Sie hat keinen nachträglichen Anspruch auf diese Funktion. Wohl aber kann sie eine Art Schmerzensgeld beanspruchen. Dieses Schmerzensgeld zahlt aber nicht der Verursacher, Herr Bundesminister Scholten, nein: Das zahlt der Bund, das zahlt der Steuerzahler! Da werden sich Herr und Frau Österreicher schön bedanken dafür. Man wird sich auch dafür bedanken, daß sich Ihr Kollege, Minister Einem, im Zuge einer diesbezüglichen Beantwortung der Anfrage meines Kollegen Krüger sozu­sagen total abgeputzt hat.

Wenn Sie, Frau Bundesministerin, heute über die Medien über nichtbindende Frauenför­derungspläne und über mehr Transparenz bei der Postenvergabe faseln, so ist das doch gewis­sermaßen nur zahnlose Materie, leeres Gerede. Das hat sich ja herausgestellt.

Deshalb bringen wir Freiheitlichen folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haller, Aumayr, Madl, Dr. Povysil, Dipl.-Ing Schöggl, Dr. Krüger und Kollegen betreffend Verbesserung des Rechtsschutzes im Ausschreibungsverfahren

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich den Entwurf einer Novelle zum Aus­schrei­bungsgesetz 1989 vorzulegen, der allen Bewerberinnen und Bewerbern um ausgeschrie­bene Funktionen und Arbeitsplätze im Sinne des Abschnitts II des Ausschreibungsgesetzes 1989 eine Parteistellung sowie das Recht, gegen Funktionsbetrauungen Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung zu erheben, einräumt.

Diese Regelung soll auch für alle anderen vergleichbaren Funktionen und Arbeitsplätze im Bundesdienst gelten.“

*****

Das verlangen wir! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir wollen, daß Gesetze, die in diesem Bereich erlassen werden, auch Zähne bekommen, daß sie nicht nur reine Alibihandlungen sind. Und deshalb, Frau Bundesministerin, werden Sie auch unsere Zustimmung zum geplanten Regierungsantrag für eine Verfassungsänderung nicht bekommen. Das ist ja wieder nur eine Alibihandlung! Völlig zahnlos!

Wenn ich daran denke, welche Auseinandersetzungen es allein darüber gegeben hat, daß man sich zur tatsächlichen Gleichstellung nur bekennen, nicht aber dazu verpflichten will, muß ich sagen: Das ist sehr traurig!

Sogar eine Expertin der Initiatorinnen des Frauen-Volksbegehrens hat uns Freiheitlichen recht ge­ge­ben und bestätigt, daß die derzeitige Formulierung im Bundes-Verfassungsgesetz, Ar­tikel 7, genügt hätte. Demzufolge waren die bisherigen Dis­kri­mi­nie­rungen im Frauenbereich, die von SPÖ und ÖVP betrieben wurden, verfassungswidrig. Die Regierungsparteien haben somit bisher verfassungswidrige Frauenpolitik betrieben! Und darüber kann man sich mit einer sol­chen Änderung nicht hinwegschummeln!

Frau Bundesministerin! Wir Freiheitlichen stehen aber auch für eine Effizienz bei der Frauen­förderung, und zwar in der Hinsicht, daß wir das Problem an der Wurzel gepackt haben wollen. Wir sind sehr enttäuscht darüber, daß man sich nicht einmal über unseren Vorschlag unterhalten hat. Es wurde nämlich von unserer Seite in Diskussion gebracht, daß das Risiko, das den Unternehmern aus der Anstellung von Frauen durch die Inanspruchnahme von Karenz­zeit erwächst, zumindest zum Teil abgegolten wird, sodaß eine Verschiebung von der passiven zur aktiven Arbeitsmarktpolitik stattfindet. Man hat nicht einmal darüber gesprochen!

Wir sind auch enttäuscht darüber, Frau Bundesministerin, daß im Bereich der Anrechnung des Einkommens bei der Notstandshilfe nur besondere Härtefälle überprüft werden sollen. Wir sind dafür – und zwar deshalb, weil es sich ja hiebei nicht nur um eine Fürsorge-, sondern auch um eine Versicherungsleistung handelt –, daß diese Leistung zumindest bis zur Höhe des Existenzminimums ausbezahlt wird. Wir sind dafür, daß Tagesmütter und Tagesväter auszu­bilden und sozialrechtlich abzusichern sind. Das ist eine jahrelange Forderung von uns Frei­heitlichen!

Auch stehen wir, Frau Bundesministerin, nach wie vor zum Kinderbetreuungsscheck – da können Sie schwammige Formulierungen dagegen finden, so viele Sie wollen. Es ist Tatsache, daß der Kinderbetreuungsscheck den österreichischen Frauen Wahlfreiheit in der Kinder­betreuung brächte – und dazu stehen wir. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Frauen könnten sich nämlich Kinderbetreuung sozusagen einkaufen und arbeiten gehen, oder sie würden endlich für die Selbstbetreuung – sollte ihnen eine solche lieber sein – eine entsprechende Abgeltung bekommen und so auch Pensionsversicherungszeiten erwerben können.

Zum Punkt 8: Der gesetzlich garantierte Anspruch auf Teilzeitarbeit für Eltern bis zum Schul­eintritt des Kindes wäre zwar familienpolitisch sehr wünschenswert – auch aus meiner Sicht als Familiensprecherin der Freiheitlichen –, aber die österreichische Wirtschaft ist einfach zu klein strukturiert, um eine solche Bestimmung verpflichtend auferlegen zu können. Eine solche Regelung wäre erst ab einer bestimmten Betriebsgröße von etwa 50 oder 100 Arbeit­nehmern durchführbar, wie dies zum Beispiel in Frankreich der Fall ist.

Wir Freiheitlichen stehen auch zum Recht auf eine Grundpension, aber wir wollen, daß Kindererziehungs- und Pflegezeiten nicht nur pensionserhöhend wirken, sondern pensions­begründend sind. Das fordern wir schon seit vielen Jahren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Notwendig dazu wäre natürlich auch, daß man die mickrige Bemessungsgrundlage in diesem Bereich endlich erhöht. Wir wollen aber auch, daß Frauen, die in Absprache mit ihrem Partner ihren Arbeitsplatz weiterhin zu Hause sehen, auch dann, wenn sie schon schulpflichtige Kinder haben, wiederum eine Wahlmöglichkeit haben, und zwar jene, mit ihrem Partner ein Pen­sionssplitting vorzunehmen oder die Einzahlung eines Pensionsbeitrages vorzunehmen, der in der Mindesthöhe von 700 S oder 5 Prozent des Nettoeinkommens liegen sollte.

Wir stehen aber auch zum Dienstleistungsscheck, den ja auch die ÖVP-Frauen gefordert haben, dann aber haben sie diesen Antrag wieder zurückgezogen. Wir stehen nach wie vor dazu und würden uns wünschen, daß es Bestrebungen in diese Richtung gäbe.

Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir haben eine relativ lange Zeit, über ein halbes Jahr, in Unterausschüssen und im Ausschuß an der Bearbeitung des Frauen-Volksbegehrens und der dazugehörigen Anträge mitgewirkt.

Um zum Schluß zu kommen: Ich finde das Frauen-Volksbegehren gut, und dies ist auch die Meinung meiner Partei, weil es zu einer Thematisierung einer Reihe wichtiger Problemkreise geführt hat.

Ich hoffe, daß die Diskussion darüber nicht erledigt ist. Aber es wäre besser gewesen, und es wäre vor allem für das politische Klima besser gewesen, wenn man alle hier im Parlament vertretenen Parteien in die Vorberatungen mit einbezogen hätte und wenn die Forderungen weniger überzogen angesetzt gewesen wären und dadurch mehr Chancen auf Umsetzung gehabt hätten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.20


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ord­nungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.21


Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht verhehlen, daß ich mit dem Ergebnis, das wir heute vorlegen können, nicht zufrieden bin. Es sind einige zentrale Forderungen nicht durchsetzbar, es gibt für sie zurzeit keine Mehrheit in diesem Haus. Dazu gehören einige alte Forderungen der SPÖ. Ich erwähne nur die Behaltefrist, die eine Garantie geben soll, daß die Frau, wenn sie vom Karenzurlaub zurückkehrt, ein halbes Jahr lang ihren Job behalten kann, die Teilzeitarbeit für Menschen mit Betreuungspflichten, mit Rückkehrrecht zur Vollzeitarbeit, die Verbesserung der Rechte der Gleichbehandlungsanwältin sowie die Verbesserung der Situation der Alleinerzieherinnen, was den Karenzurlaub anlangt.

Es gibt für die Umsetzung dieser Punkte zurzeit leider keine Mehrheit. Auch Frau Ministerin Dohnal hat sehr um die Verwirklichung dieser Forderungen gekämpft, aber eine Umsetzung war damals leider nicht möglich. Ich habe gehofft, daß unter dem Druck von 650 000 Unterschriften das Klima aufbereitet wird, das es ermöglicht, diese langjährigen Forderungen durchzusetzen, aber es ist, wie gesagt, zurzeit nicht möglich.

Ich möchte betonen, daß auch die Wirtschaft gefragt ist, hier entgegenzukommen, hier mehr Flexibilität und Bereitschaft zu zeigen. Ich denke, daß die Frauen sehr wertvolle Arbeitskräfte sind, und es muß die Möglichkeit für sie geben, Beruf und Familie zu verbinden. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Haller hat gesagt, daß wir eine verfehlte Politik im Bereich der Frauen betrieben haben. Ich habe jetzt nicht die Zeit, auf alles einzugehen, ich möchte nur stichwortartig erwäh­nen, was in den Jahren seit 1970, seitdem wir die Hauptverantwortung tragen, geschehen ist. Es ist die Familienrechtsreform beschlossen worden, die Fristenregelung, und es ist sehr viel im Bereich der Bildungspolitik geschehen. Es hat doch eine Bildungsexplosion gegeben, und diese Bildungsexplosion ist mit dem Namen Firnberg untrennbar verbunden, die die Universitäten für die Frauen geöffnet hat. Das war doch eine wirklich große Leistung. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber es gibt auch Beispiele aus der letzten Zeit: Wir haben ein Gesetz zum Schutz vor Gewalt beschlossen, das das Wegweiserecht enthält und die Situation von gefährdeten Familien­angehörigen verbessert. Wir haben die Regionalisierung der Gleichbehandlungsanwaltschaft beschlossen, also eine ganze Reihe von Schritten gesetzt. Wie gesagt, ich kann das in der kurzen mir zur Verfügung stehenden Zeit nicht alles ausführen, aber es gibt einen konti­nuierlichen Fortschritt im Bereich der Frauenpolitik.

Ich möchte auch sagen, daß ich es keineswegs so sehe, daß wir jetzt gar nichts umsetzen. Wir haben im Bereich der Pensionsreform eine wesentliche Verbesserung für die geringfügig Beschäftigten zustande gebracht. Das ist auch eine langjährige Forderung gewesen, und ich bin überzeugt davon, daß die Unterschriften für das Frauen-Volksbegehren auch dazu beigetragen haben, daß wir das jetzt durchsetzen konnten. Das ist international gesehen eine wirklich wichtige Leistung, weil die Möglichkeit für Personen – das betrifft vor allem die Frauen –, die nur sehr kurz arbeiten, geschaffen wurde, weiter sozialversichert zu sein. Und das ist gerade für Frauen sehr wichtig.

Ich möchte ebenso die 600 Millionen Schilling für die Kinderbetreuung erwähnen. Das Ent­scheidende daran sind die Richtlinien, nach denen gefördert wird. An sich ist die Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen Sache der Länder, und daran wird auch nichts geändert, es ist aber wichtig, was wir fördern und in welchen Bereichen wir fördern. Daß die Richtlinien nun dahin gehend lauten, daß die Betreuungseinrichtungen für Kinder bis zum dritten Lebensjahr und für Volksschulkinder gefördert werden sollen, das ist ein wichtiger Fortschritt. Ich halte es wirklich für wichtig, daß sich die Mütter sicher sein können, daß ihre Kinder gut betreut sind, während sie arbeiten.

Nun zur Verfassungsbestimmung: Die einen sagen, es sei eine Augenauswischerei. Herr Prä­si­dent Neisser – ich zitiere ihn sinngemäß – sagt, es handle sich dabei um eine Staats­ziel­bestimmung mit Gesetzgebungsauftrag. Hier gibt es also sehr unterschiedliche Interpre­tationen. Wir haben ursprünglich eine andere Formulierung vorgesehen, das gebe ich gerne zu; der entsprechende Antrag liegt nach wie vor im Verfassungsausschuß. Ich denke aber, daß es doch ein Signal ist, was wir hier zustande gebracht haben, und es wird vor allem auf die Praxis ankommen. Die Praxis wird zeigen, daß unsere Regierungsmitglieder – dafür können wir uns verbürgen – dafür sorgen werden, daß es Maßnahmen von seiten des Staates für die Frauen geben wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Unser Bemühen ist es, die Stellung der Frauen in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt zu verbessern. Es geht um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, es geht aber auch um die Stellung von Frauen in der Arbeitswelt und in der Gesellschaft, die keine Familie haben. Egal, ob Frauen Kinder haben oder nicht, es ist immer zu ihrem Nachteil. Entweder wird ihnen vorge­worfen, daß sie Kinder haben und dadurch nicht einsetzbar sind, oder es wird ihnen vorge­worfen, daß sie keine Kinder haben. Frauen, auch wenn sie älter sind, werden im Berufsleben diskriminiert. Das ist daher für uns eine ganz entscheidende und wichtige Frage.

Ich möchte an dieser Stelle auch die Familienrechtsreform einfordern. Es gibt im Justiz­ministerium einen diesbezüglichen Entwurf, und ich halte es für wichtig, daß wir diesen endlich ins Parlament bekommen und darüber beraten können. Es geht um die Festschreibung der Partnerschaft in der Familie, also darum, daß die Familienarbeit und die Berufsarbeit partner­schaftlich geteilt werden. Es geht darum, daß nicht berufstätige Ehefrauen einen monetären Unterhalt bekommen und nicht nur mit Naturalien abgespeist werden, wie es die derzeitige rechtliche Situation vorsieht und in manchen Fälle leider auch die Praxis ist.

Es geht uns auch darum, daß im Falle der Mitarbeit im Betrieb des Ehepartners garantiert wird, daß dieser einen kollektivvertraglichen Lohn erhält und sozialversichert ist.

Ich denke, das sind wichtige Punkte, deren Umsetzung doch eigentlich selbstverständlich sein müßte, und daher bitte ich wirklich darum, daß diese Vorlage endlich ins Haus kommt, damit wir sie endlich beschließen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Vor allem möchten wir jene Forderungen, die wir gestellt haben, weiter aufrechterhalten. Ich wiederhole sie noch einmal: Es geht uns um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Es geht uns darum, daß Frauen, die in Karenz gehen, auch die Garantie haben, daß, wenn sie zurückkommen, ihr Job noch da ist. Das ist für die Frauen eine ganz essentielle Frage, und es ist gesellschaftspolitisch auch eine wichtige Frage, den Frauen zu garantieren, daß sie, wenn sie Kinder bekommen, dadurch keine Nachteile erleiden. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht uns auch um das Recht auf Teilzeitarbeit für Menschen mit Betreuungspflichten. Auch das ist eine zentrale Forderung. Es besteht dieses Bedürfnis, wir alle wissen es, das ist etwas, was sehr gefordert wird. Das wird meistens leider nur von Frauen in Anspruch genommen, das könnte aber auch für Männer möglich und interessant sein.

Es ist auch wichtig, daß jemand, der Betreuungspflichten übernimmt, die Verbindung zu seinem Beruf behält. Wir wissen, wie schwer es für Wiedereinsteigerinnen ist, wieder einen Job zu be­kommen, vor allem auf derselben Ebene. Meistens muß man dann mit Einbußen rechnen. Auch das ist etwas, was wir fordern: die Möglichkeit, Teilzeitarbeit in Anspruch zu nehmen, wenn es die Betreu­ungspflichten erfordern. Das Wichtige dabei ist das Rückkehrrecht in den alten Job.

Wir erheben auch nach wie vor Forderungen im Zusammenhang mit dem Karenzurlaub für Alleinerzieherinnen. Wir werden dazu auch die entsprechenden Initiativanträge einbringen. Ich glaube, daß sie sogar schon beim Präsidium eingebracht worden sind. Wir haben sie jedenfalls unterschrieben, weil diese Forderungen für uns weiter bestehen und nicht vom Tisch sind. Diese Probleme, die die Frauen haben, müssen gelöst werden. Für uns sind die Verhandlungen jetzt nicht damit beendet, daß es einen Endbericht gibt. Für uns wird die Diskussion weitergehen. Ich verspreche, daß wir uns dafür einsetzen werden, daß diese Forderungen für die Frauen erfüllt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

14.31


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Mag. Pram­mer. – Bitte, Frau Bundesministerin.

14.31


Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer¦: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist schon etwas befremdlich, wenn die Frau Abgeordnete Haller am Anfang ihrer Ausführungen sagt, es sei nichts umgesetzt worden, und am Ende ihrer Ausführungen von überzogenen Forderungen spricht. Haben wir über 11 Punkte eines Frauen-Volksbegehrens gesprochen, oder haben wir über andere Dinge gesprochen, frage ich mich heute im nachhinein, nach diesen sieben Mo­naten.

Beim Frauen-Volksbegehren ist es im Gegensatz zum Gentechnik-Volksbegehren tatsächlich so, daß wir heute hier sagen müssen, wir bleiben den Frauen wieder einmal vieles schuldig. Trotzdem stehe ich nicht an, auch aufzuzeigen, daß auch in diesem einen Jahr so manches verwirklicht werden konnte, von dem wir viele Jahre fast nicht einmal zu träumen gewagt hätten. In diesem Zusammenhang ist die Versicherungspflicht und die Versicherungsmöglichkeit für geringfügig Beschäftigte zu nennen. Es ist etwas Neues und Wesentliches – nur als zusätzliches Beispiel –, daß Kinderbetreuungseinrichtungen auch von Bundesseite, obwohl dieser finanziell nicht dafür zuständig ist, kräftig unterstützt werden. Ich erspare mir die Aufzählung der vielen Punkte, die hier auch angeführt werden könnten.

Es gibt aber drei Gründe dafür, daß ich trotzdem noch von positiven Ergebnissen sprechen möchte.

Erstens: Zwischenschritte sind wesentlich und wichtig. Es ist notwendig, daß wir uns auch zu Zwischenschritten entscheiden – im Sinne der Frauen und im Sinne auch der Forderungen des Frauen-Volksbegehrens. Ich denke, diese können heute gemacht werden, und diese sind auch in den vergangenen Monaten gemacht worden.

Zweitens: Die Lebenssituation der Frauen, die Realität, die sie täglich erleben, ihr Umfeld, ihre Wünsche, ihre Erwartungen an die Gesellschaft, das alles steht heute im Zentrum einer Dis­kussion so intensiv wie noch nie, behaupte ich. Es ist heute nicht mehr so einfach, über Frauenwünsche, über Frauenforderungen hinwegzusehen und hinwegzugehen. Frauenpolitik und Frauenforderungen sind Gegenstand der Tagespolitik und des Tagesgeschehens gewor­den. Das ist neu und wesentlich. Wir sind oft genug mit unseren Themen im Eck gestanden. Das, glaube ich, ist etwas ganz Wesentliches, das dieses Frauen-Volksbegehren auch gebracht hat.

Der dritte Punkt, warum ich eine positive Bilanz ziehen möchte: Heute und auch in den letzten Monaten wurde kein Schritt in die falsche Richtung gesetzt. (Abg. Mag. Stoisits: Das wäre ja noch schöner! – Abg. Mag. Kammerlander: Sensationell!) Die Wahrscheinlichkeit, daß Schritte in die falsche Richtung gesetzt werden ... (Weitere Zwischenrufe beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Ich sage es Ihnen gleich. Haben Sie die Frau Abgeordnete Haller mit ihren Forde­rungen gehört? Vergleichen Sie doch diese Forderungen mit jenen des Frauen-Volksbegehrens! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe nichts von einem Kinderbetreuungsscheck in den Punktationen des Frauen-Volks­begehrens gelesen. (Weiterer Zwischenruf der Abg. Mag. Kammerlander.) Ich habe nichts von der steuerlichen Absetzung des Dienstleistungsschecks in den Forderungen des Frauen-Volks­be­gehrens gelesen. (Abg. Dr. Fekter: Das ist aber eine schwache Argumentation, Frau Mi­nister!) Und es ist wichtig und wesentlich, zu erkennen, welche Frauenpolitik hier im Raum steht, wie die politischen Parteien Frauenpolitik auffassen und in welche Richtung es in Zukunft gehen soll. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Kammerlander.)

Frau Abgeordnete Kammerlander! Sie kennen, glaube ich, schon die Mehrheitsverhältnisse in diesem Haus. Es gibt genug Punkte des Frauen-Volksbegehrens, zu denen es nicht einmal in den Oppositionsparteien eine einheitliche Meinung gibt. Tun wir doch nicht so, als würden wir ständig mit einer Zunge sprechen! Machen wir doch den Frauen nichts vor: Es gibt in diesem Bereich ganz unterschiedliche Weltbilder und ganz unterschiedliche Zielrichtungen, mit denen Politik gemacht wird. (Abg. Mag. Kammerlander: Aber wir sind nicht in einer Oppo­sitions­koalition! Wir sind drei verschiedene Parteien, Frau Minister! Nehmen Sie das zur Kenntnis! – Abg. Mag. Stoisits: Wir haben kein Regierungsübereinkommen umzusetzen!)

Frauen wollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Frauen wollen sich selbst verwirklichen. Sie wollen Chancen, sie wollen Aufstiegschancen, und sie brauchen dazu Förderung. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Die Frau Abgeordnete Haller hat bis heute nicht verstanden, wo der Unterschied zwischen Dis­kriminierung und Gleichstellung und Frauenförderung liegt. Das ist nicht verstanden worden. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.) Frauen müssen bis zu dem Zeitpunkt gefördert werden, zu dem sie tatsächlich gleichgestellt sind. Dazu hat sich auch und gerade der Staat zu bekennen. Es wäre sehr schön gewesen, und es wäre uns allen miteinander beziehungsweise Ihnen kein Stein aus der Krone gefallen – das sage ich jetzt als Regierungsmitglied, ich weiß, das steht mir nicht zu –, eine entsprechende Verfassungsbestimmung zu normieren, damit das Bekenntnis und der Auftrag zur Frauenförderung in der Verfassung stehen. (Abg. Mag. Fekter: Sie haben ja die Frauenförderung heraußen haben wollen! Ihre Fraktion hat das heraußen haben wollen!)

Frau Abgeordnete Fekter! Sie waren aber schon dabei. Es ist ganz einfach, wir können das schnell korrigieren. Frau Abgeordnete Fekter, wir können das ganz einfach korrigieren. Wir können diesen einen Schritt weiter gehen, um hier tatsächlich die Aufgabe des Bundes in der Verfassung zu sehen, wenn Sie das wollen. (Beifall bei der SPÖ.) Sie alle können gerne heute und hier noch darüber verhandeln, diesen weiteren Schritt zu setzen. Dann können die Frei­heitlichen Farbe bekennen, dann können alle Farbe bekennen, inklusive der SPÖ, inklusive meiner Partei. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und den Grünen.)

Ich möchte noch etwas sagen: Es wurde steuerliche Begünstigung für Frauen, wenn sie Kinder kriegen, verlangt. Frau als das Risiko in dieser Gesellschaft, wurde gemeint. Es tut weh, am Ende des 20. Jahrhunderts und am Anfang des 21. Jahrhunderts feststellen zu müssen, daß auch aus Frauenmund die Aussage kommt, Frauen sind ein Risiko. Es tut weh, sich das an­hören zu müssen. Egal, für wen – Frauen sind kein Risiko. Es ist auch bedauerlich, daß Frauen­förderung betrieben werden muß und Frauenförderpläne erstellt werden müssen, damit die Betriebe endlich einmal auch auf die Idee kommen, daß es etwas Positives ist, wenn Frauen entsprechenden Platz im Unternehmen und in der Gesellschaft haben.

Ich denke, es ist wichtig, daß wir heute und in Zukunft darangehen, diese Erwartungen der Frauen zu realisieren. Der Kinderbetreuungsscheck ist nicht die Antwort. Ganz sicher nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen ein flächendeckendes Netz an Kinderbetreuungseinrichtungen. Niemand kommt auf die Idee, die Straßen zu privatisieren, damit jeder sich seine Straße selber baut, dort, wo er sie gerade braucht. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß der Staat Infrastrukturen zur Verfü­gung stellt, auf die man zurückgreifen will und muß, und dazu gehören auch die Kinderbetreu­ungseinrichtungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Teilzeitarbeit – ein ganz wichtiges Thema. Teilzeitarbeit kann auch gefährlich sein für Frauen, kann auch eine Sackgasse sein. Aber trotzdem brauchen wir das Recht auf Teilzeit für die Frauen, denn heute haben wir die Situation, zwar die finanzielle Unterstützung in Form von Teilzeitkarenz anbieten zu können, nur kann sie niemand annehmen, weil die Unternehmen, die Betriebe nicht darauf einsteigen. Aus diesem Grund braucht es einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit und auf Rückkehr zur Vollzeitarbeit, wenn die Kinder wieder größer und aus dem Gröbsten heraußen sind. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es gäbe noch sehr, sehr vieles aufzuzählen, was alles zu tun ist im Sinne der Frauen und der Frauenförderung, der Frauenbeteiligung, der Chancen für Frauen in der Gesellschaft. Es ist an uns allen, nicht gegenseitig Schuldzuweisungen zu machen, sondern die Arbeit aufzunehmen und intensiv und schnell zu arbeiten – im Sinne der Frauen und im Sinne ihrer Zukunft.

Wenn ich mir meine 17jährige Tochter anschaue, dann möchte ich, daß sie nicht darum kämpfen muß, die gleichen Chancen wie ihr Bruder zu haben, obwohl sie sich als meine Tochter sicherlich in einer wesentlich besseren Situation befindet als ein Mädchen in einer anderen Bevölkerungsgruppe. Aber trotzdem ist das keine Selbstverständlichkeit – von der Schule über die Berufstätigkeit bis hin zur Pension.

Wir müssen auch darangehen, die eigenständige Altersvorsorge zu diskutieren. Wie mit der eigenständigen Altersvorsorge umgegangen wird, habe ich hier in diesem Haus erlebt. Schnell ist gesagt, wir bekennen uns zur eigenständigen Altersvorsorge. Im Unterausschuß haben wir dann darüber diskutiert und sind zum Ergebnis gekommen, daß alle etwas anderes darunter verstehen. Es gibt fünf verschiedene Modelle. Die Arbeit, die uns jetzt bevorsteht, muß sein, die Modelle zu einem bestmöglichen Kompromiß zusammenzuführen. Denn bekanntlich hat keine einzige Partei hier in diesem Hohen Haus eine 50-Prozent-Mehrheit, um ihr eigenes Modell beschließen zu können. Wir brauchen im Sinne der Frauen tragfähige Kompromisse.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Vieles ist zu tun. Wir sollten es gemeinsam tun, vor allem weil die Frauen nicht mehr lange warten können, weil sie diese Umsetzung heute und nicht morgen brauchen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Brinek.)

14.42


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

14.42


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Mag. Kammerlander: Na wunderbar! Vor der Dringlichen gibt es eine Regierungsdebatte! Das ist ja wirklich toll!)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Entschuldigung, darf ich Sie unterbrechen? Die Wort­meldung der Frau Bundesministerin ist völlig geschäftsordnungskonform. – Bitte, Frau Bundes­ministerin. (Weitere Zwischenrufe.)


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦ (fort­setzend): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, daß die Diskussion zum Frauen-Volksbegehren eine sehr wichtige Diskussion ist: eine Diskussion, in der zukünftige Ziele formuliert werden, derzeitige Maßnahmen beschlossen werden und im Rahmen derer wir gemeinsam wichtige Punkte, Anliegen für Frauen besprechen können.

Ich glaube, daß gerade diese Diskussion zeigen wird, inwieweit Männer bereit sind, sich für Frauen einzusetzen, inwieweit diese Anliegen nicht nur Sache der Frauen sind. Ich halte es für äußerst wichtig, daß Männer sich mit diesen Anliegen auseinandersetzen, daß Männer ihre Beiträge bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das Frauen-Volksbegehren hat wichtige Forderungen gebracht. Es war ein Beitrag zu einer breiten Bewußtseinsbildung, zu einer breiten Diskussion – ja es ist ein Beitrag zu einer breiten Diskussion. Und ich meine, daß heute mit den 12 Beschlüssen sehr viele wichtige Punkte verwirklicht und umgesetzt werden. Aber es ist eben genauso wie bei jedem Anliegen in der Demokratie: Es sollte alles sachlich und vernünftig diskutiert werden, es muß alles argumentiert werden, und es muß eben auch für alles eine Mehrheit gefunden werden.

Heute werden wir über 12 Anträge abstimmen, für die eine Mehrheit in diesem Haus gefunden wurde – das ist ein Schritt nach vorne. Noch viele weitere Schritte werden notwendig sein. Mir ist es ein ganz besonderes Anliegen, aufzuzeigen, daß die Frauen in der Bundesregierung eine sehr starke Achse bilden, daß die Frauen in der Bundesregierung, in dieser Koalition sehr stark und sehr zielstrebig zusammenarbeiten. (Abg. Schaffenrath: Hätten Sie das auch im Ausschuß gesagt!)

Wir haben in jedem Ministerium Maßnahmen gesetzt, um die Anliegen der Frauen, der Mäd­chen besser durchzusetzen, besser umzusetzen. Gerade die gestrige Diskussion in der Regie­rung hat gezeigt, wie stark im Nationalen Aktionsplan die Gleichstellung der Frauen, die Maß­nahmen für die Frauen verankert sind. Im Nationalen Aktionsplan gibt es die Säule 4: Chancen­gleichheit. In der Leitlinie 16 sind neun konkrete Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Frauen verankert, beschlossen, werden umgesetzt. In der Leitlinie 17, Bereitstellung von Versorgungseinrichtungen ... (Abg. Mag. Kammerlander: Das war alles schon da! Das haben Sie alles gekürzt mit Ihrem Sparpaket! – Ruf bei der ÖVP: Ruhe! Zuhören!) In einer Demokratie ist es ein demokratischer Vorgang, daß Vorschläge eine Mehrheit finden müssen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny.)

In der Leitlinie 17, Bereitstellung von Versorgungseinrichtungen, wird ganz klar festgehalten, daß 18 000 Kinderbetreuungsplätze zusätzlich geschaffen werden, daß das Berufsbild Tageseltern geschaffen wird, daß Förderungen für Betriebskindergärten geschaffen werden. Ich meine also, daß diese so wie noch viele weitere Maßnahmen im Nationalen Aktionsplan ganz klar zeigen, daß die Regierung berechtigte Forderungen der Frauen in allen Bereichen berücksichtigt und umsetzt. (Abg. Mag. Kammerlander: Und was haben Sie in den letzten drei Jahren gemacht? Gekürzt und reduziert haben Sie! Abgeschafft haben Sie!) Für alles muß eine Mehrheit gefunden werden in einer Demokratie!

Zwei weitere Beispiele zeigen, daß gerade im Bildungsministerium, das ja in die Zukunft blicken muß, das die Weichen für die Zukunft stellen muß, entsprechende Maßnahmen bereits seit drei Jahren erarbeitet und umgesetzt werden – ich erinnere nur an den Aktionsplan 2000. Ich habe bezüglich dieses Aktionsplanes ein sehr konkretes, ein sehr konstruktives Gespräch mit den Vertre­terinnen des Frauen-Volksbegehrens gehabt. Wir haben 99 Maßnahmen festgelegt. Diese Aktionsmaßnahmen wurden voriges Jahr begonnen umzusetzen. Wir haben eine Wandzeitung dazu gemacht, wir haben ein Info-Blatt zusammengestellt, eine Broschüre. Ein Drittel der Maßnahmen ist bereits umgesetzt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny. – Abg. Schaffenrath: Welche, Frau Ministerin? Welche haben Sie umgesetzt?)

An den anderen Maßnahmen wird gearbeitet. Und ich kann es Ihnen, da so viele Ungläubige hier herinnen sind, leider nicht ersparen, einige dieser Maßnahmen zu nennen. Maßnahmen aus dem Aktionsplan 2000:

das @fem-training-net@, ein COMENIUS-Projekt, eine Schule für Mädchen und Jungen: „Gleichheit teilen“ – eine transnationale Fortbildungsveranstaltung, das Projekt „Chancen­gleichheit COMENIUS“, Mädchentage im BIZ, wo ich selbst hingehe – wir haben bereits sieben derartige Veranstaltungen gemacht –, Aktion Schülerinnen fragen Fachfrauen, Workshop für Schülerinnen für ungewöhnliche Berufe, Seminar Bildungsberater, Schwerpunkte Mädchen­förderung, Förderung von Mädchen- und Frauenprojekten zur Berufsorientierung, Aktion mädchenfreundliche HTL, Schnupperkurse in Werkstätten, Computerveranstaltungen für Schülerinnen, Video: Mädchen in technischen Berufen, Schnupperprogramm für Maturantinnen in Technik, das Projekt „Die Technikerin“- eine dreitägige Veranstaltung –, eine Aktion „Öko­technik und Umweltbildung“ speziell für Mädchen und junge Frauen. (Abg. Mag. Kammer­lander: Das noch aufzuzählen! Sie werden gar nicht rot, Frau Ministerin!)

Wir haben eine Informationsveranstaltung für Mädchen an technischen Fachhochschulen, ein Internet-Seminar für Lehrerinnen, die Aktion „Geschlechterkultur macht Schule“, Modellprojekte zur bewußten Koedukation. Wir haben Fortbildungsveranstaltungen zu geschlechter­diffe­ren­ziertem Arbeiten und Konfliktbewältigung an Schulen, reflektive Koedukation. Wir haben Mäd­chenklassen eingerichtet, haben eine spezielle Evaluierung dieser Mädchenklassen durch­geführt. Es gibt an etlichen Schulen, besonders an technischen Schulen, eine Ombudsfrau für Mädchen, eine Vertrauenslehrerin, Kontaktfrauen für Mädchen. Wir haben einen Fachreferen­tinnenpool für Elternabende zusammengestellt. Wir haben das Projekt „Schulqualität und geschlechtssensible Lernkultur“ ins Leben gerufen. Es wird ein Seminar „Erziehung zur Chancengleichheit“ bereits in der Kindergartenpädagogik veranstaltet.

Wir haben in der Schriftenreihe zahlreiche Broschüren erarbeitet, es gibt die Aktion „Bewußte Koedukation“, wir haben eine Studie zur Erforschung der Bildungsmotivation von Mädchen in Auftrag gegeben, und wir haben im Rahmen der Weiterbildung, der Erwachsenenbildung, den Schwerpunkt Frauen gesetzt und zahlreiche Kursangebote in den Ländern verwirklicht. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist notwendig, aufzuzeigen, daß viele Dinge geschehen, wobei ganz klar ist, daß noch viele weitere Schritte gesetzt werden müssen, daß wir auch weiterhin engagiert miteinander arbeiten müssen.

Ich bin auch bemüht, bei allen Maßnahmen des Ministeriums der Frauenbildung, der Gleich­stellung, der Mädchenförderung besonderes Augenmerk zu schenken. Wir haben vor kurzem eigene Lehrpläne für die Berufsorientierung erarbeitet, die neu eingeführt worden ist für die dritte und vierte Klasse Hauptschule sowie die dritte und vierte Klasse AHS. In diesen Lehrplänen für Berufsorientierung ist ganz klar festgehalten, daß die Problematik Mädchenberufe – Buben­berufe in den Klassen besprochen werden muß, daß die nach den Geschlechtern getrennte Arbeitswelt beleuchtet werden muß, daß Konsequenzen für die Lebens- und Berufslaufbahn beleuchtet werden müssen, daß eine Stärkung des Selbstwertgefühls für Mädchen erfolgen muß, daß die Doppelbelastung für berufstätige Frauen aufgezeigt werden muß, daß Lösungs­ansätze mit den Mädchen diskutiert werden müssen und daß vor allem die partnerschaftliche Aufgabenteilung, das neue Rollenverständnis ein ganz wichtiger Inhalt ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Prammer hat erwähnt, daß wir an der Schwelle eines neuen Jahrtausends stehen. Man muß sich die Frage stellen: War das 20. Jahrhundert ein Jahrhundert der Frauen? – Es ist viel gemacht worden, aber wahrscheinlich zuwenig, wahr­scheinlich muß noch viel mehr gemacht werden. Ich meine aber, daß das 21. Jahrhundert ein Jahrhundert der Frauen werden muß, und vor allem ein Jahrhundert der neuen Partnerschaft. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir müssen uns dessen bewußt sein, daß viele weitere Schritte notwendig sind zu einer echten Gleichstellung, daß auch viele weitere Schritte notwendig sind, um bei den Männern eine entsprechende Bewußtseinsbildung zu erreichen. Wir müssen diese Schritte gemeinsam verfolgen, und wir sollten das Motto haben: Frauen fördern und Männer fordern! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.52


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Frau Abgeordnete Kammerlander hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.52


Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander¦ (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Zur Geschäftsbehandlung: Die Geschäftsordnung sieht nach § 13 vor, daß es in der Debatte zu einem Austausch der Meinungen der Abgeordneten und der Regierungsmitglieder kommen soll. Im Verlauf dieser Debatte ist es, bevor sie zum Aufruf des Dringlichen Antrages unterbrochen werden wird, zu diesem Austausch zwischen den Meinungen der Abgeordneten und der Regie­rungsmitglieder nicht gekommen, weil drei Parteien ihre Meinungen nicht austauschen konnten. Ich möchte eine Debatte zur Geschäftsordnung, damit dieser Meinungsaustausch stattfinden kann. (Beifall bei den Grünen.)

14.53


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Frau Abgeordnete! Ich verweise Sie auf eine andere Bestimmung der Geschäftsordnung, nämlich auf § 19 Abs. 1.

Weiters zur Geschäftsbehandlung gemeldet hat sich Herr Klubobmann Dr. Khol. – Bitte, Herr Klubobmann.

14.53


Abgeordneter Dr. Andreas Khol¦ (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ein Aus­tausch hat stattgefunden – wahrscheinlich zwischen Personen, die zum Teil hören wollen und zum Teil nicht hören wollen. Allerdings hat Frau Kollegin Kammerlander keinen Antrag gestellt, und daher bitte ich, in der Tagesordnung weiter fortzufahren.

14.54


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Kier gemeldet. – Bitte.

14.54


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Klubobmann Khol hat hier eine sehr bemerkenswerte Auffassung von Parlamentarismus vorgeführt, indem er der Meinung Ausdruck verliehen hat, Kollegin Kammerlander hätte unrecht hinsichtlich des Ablaufes. – Das hat sie nicht.

Ich halte vor allem auch fest, daß Frau Bundesministerin Gehrer keinen einzigen Ausschuß­termin in Sachen Frauen-Volksbegehren wahrgenommen hat. (Abg. Dr. Fekter: Sie aber auch nicht!) Daher ist es durchaus sinnvoll, daß sie heute hier dazu gesprochen hat. Es ist sinnvoll, ja, aber sie sich hätte bei eingermaßen diszipliniertem und solidarischem Verhalten an die Usancen dieses Hauses halten können, die normalerweise – ich bin vielleicht nicht ganz so alt und erfahren wie Herr Klubobmann Khol – so ablaufen, daß die Redner der fünf Fraktionen Po­sitionen eintragen, in der Folge die Regierungsmitglieder sich äußern, dann die Debatte fortgesetzt wird und selbstverständlich in der Folge die Regierungsmitglieder sich häufig zu Wort melden. (Rufe bei der ÖVP: Geschäftsordnung!)

Ich meine einfach, es ist die Geschäftsordnung zwar formal – da haben Sie schon recht, Herr Präsident – richtig gehandhabt worden, aber es war notwendig, im Rahmen einer Geschäfts­ordnungsdebatte darauf hinzuweisen, daß es eine sehr eigenwillige Vorgangsweise der Regie­rungsmitglieder gewesen ist, noch dazu, wo es sich um ein Volksbegehren handelt und nicht einmal um eine Regierungsvorlage. – Das war mir wichtig zu sagen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

14.55


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zur Geschäftsbehandlung: nochmals Frau Abgeordnete Kammerlander.

Ich möchte darauf hinweisen, daß die Motive zwar interessant zu diskutieren sind, es aber die Bestimmungen der Geschäftsordnung gibt. – Bitte.

14.55


Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander¦ (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß nach § 60 Abs. 2 ausdrücklich in der Geschäftsordnung die Wechselrede erwähnt wird, die Reihenfolge erwähnt wird, der Für- und Gegenredner erwähnt wird.

Ich nehme darauf Bezug und stelle einen Antrag nach der Geschäftsordnung, eine Debatte darüber durchzuführen, wie das gehandhabt werden soll, daß es zu einer Wechselrede kommt und zu einem Austausch der Meinungen kommen kann. (Beifall bei den Grünen und dem Liberalen Forum.)

14.56


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich will der Abstimmung nicht vorgreifen, Frau Kollegin, aber die Bestimmung bezieht sich auf die Abgeordneten und schließt nicht Mitglieder der Bun­desregierung mit ein. Hier ist die Bestimmung des § 19 zumindest eine Lex specialis.

Weiters zur Geschäftsordnung ... (Abg. Mag. Stoisits: Aber der Geist der Geschäftsordnung!)

Der Geist der Geschäftsordnung kann wie der Geist jedes Gesetzes unterschiedlichst verstan­den werden und ist nicht von normativer Kraft erfaßt, sondern ist eben eine Auslegungs­möglichkeit. Aber Auslegung findet nur dann statt, wenn etwas strittig ist. Und hier ist der Geist unerheblich, weil der Text klar ist. – Bitte, Herr Abgeordneter Khol.

14.56


Abgeordneter Dr. Andreas Khol¦ (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Bei der Behandlung des Gentechnik-Volksbegehrens heute vormittag haben nach Frau Ministerin Prammer zwei weitere Minister gesprochen – Herr Dr. Michalek und Herr Dr. Barten­stein. (Abg. Mag. Stoisits: Aber nach den fünf Abgeordneten!) Ich frage mich, was den Grünen so ein besonderer Dorn im Auge ist – vielleicht ist es die „Rose von Weppersdorf“ –, daß jetzt hier so ein Theater aufgeführt wird.

Es wird kein Antrag gestellt, es wurde kein Antrag gestellt, und daher kann auch über nichts abgestimmt werden. Ich würde bitten, daß man sich endlich wieder dem Frauen-Volksbegehren zuwendet und nicht Formalentscheidungen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Das ist eine Debatte und keine Vorlesung!)

14.57


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Herr Klubobmann Dr. Kostelka. – Bitte.

14.57


Abgeordneter Dr. Peter Kostelka¦ (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Sie haben vorhin davon gesprochen, daß Sie eine Abstimmung durchführen wollen. Ich frage mich aber, worüber Sie diese Abstimmung durchführen wollen. Nach § 19 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung ist ein Regierungsmitglied ohne Unterbrechung eines Redners jederzeit berechtigt, sich zu Wort zu melden. Das haben die beiden Regierungsmitglieder getan – und nichts anderes!

Ich verstehe den Unmut der Kolleginnen und Kollegen. Ich muß aber hinzufügen: Wäre kein Dringlicher Antrag eingebracht worden, hätte es diese Diskussion überhaupt nicht gegeben. Die Problematik ist dadurch entstanden, daß eine wichtige Materie durch einen Dringlichen Antrag überdeckt wird. Das ist aber ein Problem, das geschäftsordnungsmäßig nicht lösbar ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.58


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: In Fortführung der Geschäftsordnungsdebatte, die allerdings in knappen 2 Minuten zu schließen ist, weil ich um 15 Uhr einen Dringlichen Antrag aufrufen werde, Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

14.58


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich schließe an die Ausführungen des Klubobmannes Kostelka an. – Herr Klubobmann! Würde kein Dringlicher Antrag zum Aufruf gelangen, dann hätten sich die beiden Bundesministerinnen auch nicht jetzt zu Wort gemeldet. Ich appelliere hier schon ein wenig an die Frauensolidarität und stelle den Antrag, auch im Sinne der Erwähnungen im Zögernitz-Kommentar, daß über einen geschäftsodnungsrelevanten Vorgang hier eine kurze Debatte stattfinden soll und daß der Nationalrat darüber abstimmen möge. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

14.59


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich lasse nun über den Geschäftsordnungsantrag – ich glaube, es war zuletzt jener der Frau Kollegin Petrovic – abstimmen. (Abg. Dr. Kostelka: Wieso denn?)

Wer für die Durchführung einer mehrfach beantragten Debatte eintreten will, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist die Minderheit. Dieser Antrag ist damit abgelehnt.

Ich unterbreche nun die Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 3 bis 18 zur Durch­führung einer Debatte zu einem Dringlichen Antrag.

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend die Aufnahme von Ver­handlungen mit den Vertragspartnern des Nordatlantikvertrages über einen Beitritt Österreichs zum NATO-Vertrag (748/A) (E)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦ (den Vorsitz übernehmend): Meine Damen und Herren! Wir gelangen zur verlangten dringlichen Behandlung des heute eingebrachten Antrages 748/A (E).

Dieser Antrag ist vervielfältigt und verteilt worden, er liegt allen Mitgliedern des Hohen Hauses in schriftlicher Form vor. Es erübrigt sich daher die Verlesung durch einen Schriftführer.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

 

„Die Ausgangslage am Ende des Ost-West-Konflikts

Der Zerfall der kommunistischen Herrschaft in Ost- und Ostmitteleuropa sowie das Zusam­menbrechen der Sowjetunion haben die sicherheitspolitische Lage in Europa grundlegend verändert. Durch das Ende der früheren Bipolarität der Weltmachtbeziehungen, dem sogenann­ten Ost-West-Konflikt, zeichnete sich der Beginn einer neuen Ära des Friedens und der Prosperität ab. Die Euphorie von 1990 (Charta von Paris) ist aber mittlerweile verflogen. In Europa brachte bislang das Ende des ,Kalten Krieges’ nicht den erwarteten Beginn einer Ära der Stabilität und Sicherheit. An die Stelle der gesamteuropäischen und militärischen Konfrontation der Nuklearmächte sind regionale und lokale militärische Auseinandersetzungen getreten.

Dies führt zu dem Schluß, daß konventionelle Kriege in Europa wieder möglich geworden sind. Am anschaulichsten wurde das am Beispiel des ehemaligen Jugoslawien oder auch einiger Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion deutlich. Dabei offenbarten sich Konflikte und Krisenzonen, die unter den Konditionen der (übergreifenden) Ost-West-Konfrontation zum Teil verdrängt oder unterdrückt wurden. Nunmehr an die Oberfläche gelangt, bilden sie einen potentiellen Zündstoff für den Frieden dieses Kontinents. Der Zerfall der staatlichen Ordnung in Albanien und der damit an Bedeutung gewinnende Konflikt um den Kosovo, sollte jeden europäischen Staat nachdenklich stimmen.

Europas sicherheitspolitische Situation ist somit gekennzeichnet vom Übergang von einem sogenannten ,high risk – high stability‘ zu einem ,low risk – lower stability‘ System. Diese neue sicherheitspolitische Lage bedingt die Notwendigkeit, die bisherige Sicherheitsarchitektur von Grund auf neu zu überdenken. Vor allem im Hinblick darauf, daß nicht nur die wirtschaftlichen, politischen, kulturellen oder auch militärischen Verflechtungen und Abhängigkeiten stetig zu­nehmen, sondern ebenso Bedrohungen, Gefahren und Krisen grenzübergreifend wirken, ist Sicherheit nicht im Alleingang und gegen andere, sondern nach Meinung vieler Experten nur noch kollektiv und gemeinsam erreichbar.

Was für Europa seine Gültigkeit besitzt, ist in erhöhtem Maße auch für Österreich gültig, vor allem wenn man bedenkt, daß der technische Fortschritt der Waffensysteme insbesondere Kleinstaaten sichtlich überfordert. So ist für sie etwa der Aufbau eines eigenen Raketen­abwehrsystems und Maßnahmen zum Einsatz oder der Abwehr von elektronischen Kampf­mitteln (Satellitenaufklärung, elektronische Aufklärungssysteme, Störsender etc. ...) sowie die Bereitstellung von rasch verfügbaren Krisenreaktions- und Verteidigungskräften – vor allem im Bereich des Luftraumschutzes – völlig undenkbar. Die Annahme einiger österreichischer Regie­rungspolitiker, man könne solche Systeme teilweise von anderen Staaten ,leihen‘, ist illusorisch. Sicherheitspolitische ,Trittbrettfahrer‘ werden von keiner Sicherheitsgemeinschaft geduldet werden, wie das Beispiel Deutschlands in der Frage seiner Auslandseinsätze (Somalia und Bosnien-Herzegowina) deutlich zeigt.

Die österreichische (Nicht)Debatte

Österreich hat 1955 – nach zehnjähriger Besatzung – durch den Staatsvertrag seine Sou­veränität wiedergewonnen. Voraussetzung dafür war de facto die Verpflichtung zur dauernden Neutralität. Diese wurde nicht als Staatsideologie, sondern als Mittel zur Erreichung eines sicherheitspolitischen Zieles – Wiedererlangung und Bewahrung der Souveränität, Abzug der Besatzer – beschlossen. Seinen aus der Neutralität resultierenden Verteidigungspflichten ist Österreich in der Vergangenheit nur äußerst unzureichend nachgekommen. Wir verdanken, im Gegensatz zur weitverbreiteten und von politischen Gruppen geförderten Meinung, die ,Frie­densperiode‘ nach dem Zweiten Weltkrieg nicht unserer Neutralität, sondern der Ab­schreckungswirkung des westlichen Bündnisses – der NATO. In dieser Phase der Umwäl­zungen und der Entwicklung eines gemeinsamen europäischen Sicherheitssystems hätte Öster­reich nun erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Chance seine Sicherheitspolitik frei zu gestalten und einen Beitrag zum Aufbau dieser neuen Ordnung zu leisten.

Die Bundesregierung wäre daher in dieser Phase des Umbruchs gefordert, die entscheidenden sicherheitspolitischen Weichenstellungen zum Wohle unserer Heimat zu treffen. Sie ist aber, wie in vielen anderen Fragen, uneinig und nicht handlungsfähig. Nahezu jeden Tag wird von Mitgliedern der Regierungsparteien ein anderer Standpunkt in Fragen der Sicherheitspolitik vertreten. Aus diesem Grund kommt es auch von seiten der Koalitionsfraktionen zu keiner umfassenden und ehrlichen Diskussion der Sicherheitspolitik im Hohen Haus. Den Höhepunkt bildet das Versagen der Bundesregierung, den gemeinsam in der Regierungserklärung in Aussicht genommenen Optionenbericht, wie vereinbart, bis zum 31. März 1998 dem Nationalrat vorzulegen.

Sowohl die Entscheidungsschwäche der Regierung als auch der Versuch der Diskus­sions­verhinderung im Parlament (mehrfache Vertagung der Oppositionsanträge) haben dazu geführt, daß die Geschichte Österreich zu überholen droht. Die Entwicklung der europäischen Sicher­heitsarchitektur schreitet mit schnellem Schritt voran, während die Debatte in Österreich am Stand tritt. Während unsere Nachbarstaaten Ungarn, Tschechien bereits 1999 NATO-Mitglied sein werden und Slowenien an der zweiten Erweiterungsrunde teilnehmen wird, ist es noch unklar, ob Österreich im Gegensatz zu vielen Nachfolgestaaten der Sowjetunion zumindest assoziierter Partner der parlamentarischen Versammlung der NATO (NAA) ist.

Das offizielle Österreich versucht diese Entwicklung aber immer mehr zu negieren und ver­wickelt sich dabei in Widersprüche. Man gaukelt der Bevölkerung ein Konzept der öster­reichischen Sicherheit vor, daß einerseits aus dem Aspekt der Beibehaltung der Neutralität bei gleichbleibend niedrigen Aufwendungen für die Landesverteidigung besteht und andererseits die Vertiefung der GASP im Rahmen der EU-Mitgliedschaft, Teilnahme an sogenannten ,Peters­berg-Missionen‘ und der ,Partnerschaft für den Frieden‘ der NATO vorsieht. Dies bedeutet in der Praxis die Übernahme einer Vielzahl an politischen und militärischen Verpflichtungen, wie etwa die Bereitschaft zu ,Kampfeinsätzen‘ im Ausland und die Übernahme steigender Kosten für diese Maßnahmen, aber keinerlei unmittelbaren Sicherheitsgewinn für Österreich durch den Schutz eines Bündnisses. Mit kurzen Worten: ,viele Pflichten, wenig Rechte‘.

Ein Beitritt zur NATO wird vor allem vom Moskau-Flügel der SPÖ (Fischer, Kostelka u. a.) damit abgetan, daß dieser Schritt keinerlei Sicherheitsgewinn für Österreich bedeuten würde. Die Argumente dafür sind mehr als schwach:

durch UNO, EU und OSZE-Mitgliedschaft wären wir vollständig integriert und wirken am Aufbau eines europäischen Sicherheitssystems mit;

die NATO sei ein Militärbündnis und somit ein Instrument des ,Kalten Krieges, das über keinerlei Konfliktpräventionsmechanismen verfügt;

bei einem NATO-Beitritt würden fremde Soldaten in Österreich stationiert;

die Kosten für die Landesverteidigung würden in der NATO sprunghaft ansteigen;

Österreich müßte als NATO-Mitglied bei bewaffneten Konflikten Soldaten abstellen und

ein Beitritt sei daher mit der Neutralität nicht vereinbar.

Vergessen oder verschwiegen wird dabei, daß:

die Entwicklung eines europäischen Sicherheitssystems durch die EU vorerst noch in weiter Ferne ist;

weder EU und WEU noch UNO oder KSZE ohne militärische Elemente der NATO in der Lage sind, die militärischen Sicherheitsprobleme Europas zu lösen;

die NATO – als einzige funktionierende kollektive Verteidigungsorganisation, die sich immer mehr zu einer umfassenden Sicherheitsarchitektur wandelt – der Garant für Stabilität und Frieden in Europa ist, wie die Beispiele der jüngsten Vergangenheit und die Vertragsinhalte (SFOR-Einsatz für die VN, PfP, Grundlagenvertrag mit Rußland etc. ...) zeigen;

Österreich bereits heute an militärischen Aktivitäten im Rahmen der NATO im Ausland teilnimmt und sich in Zukunft sogar an Kampfeinsätzen beteiligen will (CENCOOP-Brigade);

die Verteidigungsausgaben eines neutralen Kleinstaat doppelt so hoch sein müßten, wie die Beispiele der Schweiz, Schwedens und Finnlands in der Vergangenheit gezeigt haben und

die Notwendigkeit zur Beibehaltung der Neutralität klar verneint werden kann und beginnend mit dem Beitritt zur UNO und seit der EU-Mitgliedschaft (damit verbundene Änderungen der Bun­desverfassung) diese de facto auch nicht mehr existent ist.

Aber auch die ÖVP hat in dieser Frage keine klare Linie. Während Verteidigungsminister Fassl­abend bis zum Juni 1997 noch für eine Entscheidung über die NATO im laufenden Jahr eintrat, kündigte er im Oktober deren Verschiebung auf den Herbst 1999 an (,Kurier‘, 2. Oktober 1997). Auch wenn sich daraus seiner Ansicht nach ,gravierende Nachteile‘ für Österreich ergeben würden. Vizekanzler Schüssel, der für seine ,pointierten‘ außenpolitischen Betrachtungen – vor allem bei Frühstücken – bekannt ist, legte sich im Laufe des Jahres auf insgesamt fünf verschiedene Zeitpunkte für die Entscheidung fest und war sich nicht immer ganz sicher, ob er für oder gegen einen Beitritt sein soll und wenn ja: was dies für die Neutralität bedeuten würde. Vor allem aber die ÖVP-LH im Westen Österreichs sind nicht auf Parteilinie zu bringen und halten im Gegensatz zum Parteiobmann, der Österreichs Stellung in der EU ohne NATO-Beitritt gefährdet sah (,Presse‘, 2. Mai 1997), die NATO für ein Konzept, das auf Feindbildern aufbaut (Weingartner, 19. August 1996). Die Entwicklungen rund um den Optionenbericht haben gezeigt, daß es der ÖVP mit einem NATO-Beitritt eigentlich nicht wirklich ernst ist.

NATO-Mitgliedschaft

Der NATO-Beitritt Österreichs wird und wurde aber nicht nur von verschiedenen österreichi­schen Politikern und Experten befürwortet – auch vom Herrn Bundespräsidenten Klestil, als Oberbefehlshaber des Bundesheeres und Vertreter der Republik Österreich nach außen, und dem Generaltruppeninspektor Majcen –, sondern auch von vielen europäischen Sicherheits­politikern (NATO Generalsekretär Solana) als jederzeit denkbare und sinnvolle Option bezeich­net.

Die NATO selbst entwickelt sich immer mehr zu einem umfassenden Sicherheitssystem. Neben dem reinen militärischen Verteidigungsauftrag hat sie eine immer stärkere Rolle als Akteur der Krisenprävention und des Krisenmanagements, im Rahmen von UNO-Einsätzen, wie zum Beispiel in Ex-Jugoslawien. Nur als Vollmitglied kann sich Österreich an dieser Entwicklung beteiligen und an den Entscheidungsprozessen bei Einsätzen mitwirken.

Entgegen den sich nunmehr abzeichnenden Intentionen der Regierungsparteien im Rahmen der sogenannten ,erweiterten Partnerschaft für den Frieden‘ (PfP-plus), die als Warteraum und Vorbereitungsorgan für beitrittswillige Mittel- und Osteuropastaaten gedacht ist, das sicher­heitspolitische Auslangen für die nächsten Jahre zu finden, wäre daher der Vollbeitritt Österreichs zur NATO anzustreben. Vor allem, weil diese neue Form der Partnerschaft nur Verpflichtungen (Fähigkeit und Bereitschaft zur Führung von Kampfeinsätzen bei Krisen) ohne Schutz des Bündnisses durch die Beistandsgarantie (Artikel 5) bringt.

WEU-Beitritt ist ohne NATO-Mitgliedschaft nicht möglich

Die von der Regierung im Koalitionsübereinkommen vorgesehene Prüfung eines WEU-Beitrittes erscheint sowohl im Hinblick auf die Ziele der EU-Konferenz 1996 als auch auf die öster­reichischen Sicherheitsinteressen als nicht ausreichend und kommt wie immer zu spät. Eine alleinige WEU-Mitgliedschaft Österreichs ohne gleichzeitigen Beitritt zur NATO wird auch, wie zahlreiche Experten in der parlamentarischen Enquete ,Perspektiven der europäischen Sicher­heitsstruktur und die Rolle Österreichs‘ eindeutig dargelegt haben, nicht möglich sein. Österreich ist daher im Interesse seiner Sicherheit und entsprechend den Zielen seiner europäischen Positionierung gefordert rasch zu handeln.

Die Regierung hat hier, wie im Falle der NATO, darauf nur insofern reagiert, als sie die Ver­pflichtungen der ,Petersberger Missionen‘, die auch Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung vorsehen, bereit ist zu übernehmen. Sie hat dies durch die österreichische Grundsatzposition für die Regierungskonferenz (1996) und durch die Zustimmung zum Artikel J.7, der eine Weiter­entwicklung der GASP unter Einbeziehung der WEU vorsieht, im Vertrag von Amsterdam manifestiert. Hiermit wurden wieder Pflichten übernommen, ohne einen unmittelbaren Sicher­heitsgewinn  durch die starke Beistandsgarantie des Artikel 5 der WEU – zu erzielen.

Die Neutralität ist obsolet (und teuer)

Auch wenn viele Anhänger einer sicherheitspolitischen Isolation Österreichs oder einer Orien­tierung an den Interessen Moskaus noch immer am Relikt des ,Kalten Krieges’ – Neutralität – festhalten wollen, so ist dieses dennoch mehr als überholt. Sowohl internationale wie nationale Experten und Politiker bescheinigen ihr zwar eine Rolle während der Zeit des Ost-West-Konfliktes, für die Fragen von morgen hat sie aber keinerlei sicherheitspolitische Relevanz. Selbst in der EU ist ein Sonderstatus für Neutrale weder möglich noch gewünscht (Hänsch, ,Kurier‘ vom 18. März 1996), wie die Verhandlungen im Zusammenhang mit dem öster­reichischen Beitritt und das Ergebnis der Regierungskonferenz von Amsterdam gezeigt haben. Darüber hinaus bedeutet ernstgenommene Neutralität aber nicht nur politische Isolation, sondern auch vermehrte Verteidigungsausgaben, die weit über dem österreichischen Standard beziehungsweise auf oder über dem Durchschnitt vergleichbarer NATO-Mitgliedstaaten liegen, wie die Beispiele Schweiz, Schweden und Finnland einerseits sowie Belgien und Dänemark andererseits klar darstellen.

Ehrliche Information der Bürger wäre notwendig

Die österreichische Bundesregierung ist daher nicht nur gut beraten, sich rasch von Konzepten der Vergangenheit zu trennen, sondern auch an der Entwicklung in Europa vollberechtigt mit­zuwirken. Es wäre ihre Pflicht, den Bürgern mitzuteilen, daß wir zwar als ,Neutraler‘ in die Europäische Union gegangen sind, aber dort höchstens als ,Bündnisfreier‘ angekommen sind. Eine Tatsache, die die Regierungen Schwedens und Finnlands gelassen aussprechen.

Es wäre aber auch dringend an der Zeit, die Bürger über den wahren Status Österreichs in Fragen der Sicherheitspolitik aufzuklären. Vor allem deshalb, da dieser ,schleichend‘ und unter Umgehung des Parlaments eingenommen wurde.

Durch den Abschluß des Rahmenübereinkommens mit der NATO (PfP) ohne Staatsvertrag im Sinne des Art. 50 B-VG und den sich aus der Vollziehung dieses Abkommens ergebenden notwendigen Maßnahmen, wie der Übernahme des Truppenstatuts der NATO (SOFA), wurden und werden Schritte gesetzt, die mit der Neutralität nach ,Schweizer Muster‘, wie sie für Öster­reich zumindest formell noch immer verbindlich ist, nicht vereinbar sind. Die Anfragesteller vertreten zwar keinesfalls den Standpunkt, daß Österreich zum Status der Neutralität zurück­kehren sollte, sie halten aber die objektive Information der Staatsbürger und eine verfassungs­konforme Vorgangsweise für dringend geboten.

Dies bedeutet, daß die Regierung von ihrer Politik der ,Verschleierung und Verschweigung‘ sowie der ,ungesetzlichen‘ Maßnahmen und Schritte ohne Einbindung des Parlaments und der Bevölkerung abzugehen und rasch die nötigen Entscheidungsgrundlagen für die anstehenden Probleme vorzulegen hat. Ansonsten wird neben der Lächerlichkeit (APA 351, 17. Februar 1997), der sich Österreich seit mehreren Jahren in Fragen der Sicherheitspolitik aussetzt, ein verfassungswidriger Weg beschritten. Weiters wird dadurch die Bevölkerung in einem derart hohen Maß verunsichert, daß dies letztlich zu einer völligen Ablehnung der notwendigen Maßnahmen führen könnte.

Diese Verunsicherung und die mangelnde sicherheitspolitische Positionierung tragen aber auch dazu bei, daß Österreich seine eigene Verteidigungsfähigkeit in zweierlei Art massiv vernach­lässigt. So gibt es derzeit keinen Schutz durch das Bündnis, es wurden aber auch die eigenen Streitkräfte nicht auf jenen Standard gebracht, der aufgrund der aktuellen Bedrohungsszenarien beziehungsweise der laufenden und zukünftigen Einsatzspektren notwendig wäre.

Obwohl die Aufgaben des Heeres immer umfangreicher und auch gefährlicher werden, wird das LV-Budget immer geringer. Daraus ergeben sich zwangsweise Probleme für die Truppe in personeller wie materieller Hinsicht.

Der Optionenbericht der österreichischen Sicherheitspolitik

Die Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsabkommen vorerst aber nur auf die aktive Teilnahme an der PfP geeinigt, beim gemeinsame Optionenbericht ist sie gescheitert. Selbst die Erklärung (in letzter Minute) zur Chefsache nutzte nichts, und der Bundespräsident mahnte daher zur Einigkeit. Die Ergebnisse der Experten in der interministeriellen Arbeitsgruppe wurden am Höhepunkt als ÖVP-Sicherheitsbericht von Fasslabend und Schüssel medienwirksam vorgestellt und sollen nunmehr parlamentarisch eingebracht werden. Geht es aber nach der ÖVP, so soll dieser selbständige Antrag aber nicht diskutiert und abgestimmt werden, sondern nur eine koalitionäre Überzeugungshilfe sein.

Österreich ist daher im Interesse seiner Sicherheit und entsprechend den Zielen seiner euro­päischen Positionierung gefordert, rasch zu handeln, will es während seines EU-Vorsitzes im zweiten Halbjahr 1998 nicht zum ,sicherheitspolitischen Geisterfahrer‘ werden. Da aber eine so weit greifende Entscheidung wie der NATO-Beitritt eine Vielzahl von Verhandlungen und inner­staatlichen Vorbereitungen bedarf, sind die ersten Schritte daher sofort zu setzen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher an den Herrn Bun­deskanzler folgenden

Dringlichen Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

,Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend in Verhandlungen mit den Staaten des Nordatlantikvertrages einzutreten, damit ein Beitritt zur NATO gemäß Artikel 10 des Nord­atlantikvertrages zum frühestmöglichen Zeitpunkt und in Folge nach Abschluß der Verhand­lungen über den Beitrittsvertrag eine Volksabstimmung stattfinden kann.‘

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG zum frühest möglichen Zeitpunkt zu behandeln.’“

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zur Begründung des Dringlichen Antrages gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. – Bitte.

15.01


Abgeordneter Herbert Scheibner¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Es wurde ja schon gestern eine sehr hitzige Debatte rund um die öster­reichische Sicherheitspolitik geführt, und mich hat heute in der Früh ein Bürger angerufen und gefragt: Warum diskutiert und streitet ihr so lange, so viele Wochen und Monate über die Sicherheit Österreichs, über NATO oder Neutralität, gibt es nicht wichtigere, aktuellere Themen, die ihr behandeln solltet und über die ihr euch den Kopf zerbrechen solltet, wo ihr Maßnahmen setzen solltet, etwa die Bereiche Arbeitsplätze, Bildungspolitik und Familienpolitik? (Unruhe im Saal.)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Herr Abgeordneter, eine Sekunde!

Meine Damen und Herren! Das vorhergegangene Kapitel ist abgeschlossen, wir behandeln ein anderes Thema. Ich bitte um Aufmerksamkeit für den Redner. (Zwischenruf des Abg. Murauer.)


Abgeordneter Herbert Scheibner¦ (fortsetzend): Kollege Murauer! Dieser Bürger hat recht! – Sie werden bei mir ja wohl nicht den Verdacht hegen, daß mir die Sicherheitspolitik nicht wichtig wäre.

Meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP! In der gesamten demokratischen Welt ist es üblich, daß man in der Sicherheitspolitik möglichst rasch auf geänderte Rahmenbedingungen reagiert, daß man versucht, in einer offenen Diskussion einen nationalen Konsens im Land herbeizuführen und gemeinsam – bei ausreichender Information der Bevölkerung – die notwen­digen Maßnahmen zu setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Nicht so, wie Sie es machen, daß Sie die öffentliche Diskussion, auch in den Medien, jetzt über Wochen und Monate mit der Frage: Kann sich diese Regierung auf eine Linie einigen oder nicht? füllen und versuchen, dadurch zu kaschieren, daß Sie auch in den anderen Bereichen, die die Bevölkerung noch stärker betreffen als etwa die Sicherheitspolitik und die noch aktueller sind, keine Alternativen und Lösungsvorschläge für die Probleme anzubieten haben.

Meine Damen und Herren! Was wurde denn in der Sicherheitspolitik in den letzten acht Jahren gemacht? – Seit acht Jahren versucht diese Regierung, einen Konsens über die Neuordnung der Sicherheitspolitik zustande zu bringen, bringt in Wahrheit jedoch nur ein jämmerliches Schauspiel zutage.

Zuerst verdammte man die Freiheitlichen, die im Jahre 1990 die ersten waren, die eine offensive Linie verlangt und gesagt haben: Nach dem Ende des kalten Krieges, nach dem Zerfall des Kommunismus ist es notwendig, daß sich auch die österreichische Sicherheitspolitik neu orientiert! – Sie haben uns beschimpft, Sie haben uns kritisiert, und Sie haben dann auch Maßnahmen gesetzt, die dem entgegengelaufen sind.

Ich erinnere daran, daß etwa Finnland im Jahre 1990 sofort nach der Wende, sofort nach dem Zerfall des Kommunismus den Friedensvertrag mit der Sowjetunion – dann Rußland – aufgelöst hat. Man hat gesagt: Das ist jetzt eine andere Zeit, wir sind ein souveräner Staat. Zur selben Zeit hat unser Parlament, nämlich im Herbst 1990, den österreichischen Staatsvertrag in weiten Bereichen zementiert. Schon damals hat man gesehen, daß Ihnen der Mut zu einer wirklich offensiven Ausrichtung und Neuausrichtung in der Staats- und Sicherheitspolitik fehlt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben in den letzten acht Jahren die Sicherheitspolitik immer wieder als Themenfüller in den medialen Sommerlöchern verwendet. Ich erinnere mich daran, daß Kollege Cap im Juli einmal Vorreiter war, da es im Juli nicht ganz so hitzig ist mit der Politik. Damals hat man getestet: Wie schaut es denn aus in der Bevölkerung, wenn die SPÖ einmal verlangt, daß Österreich der NATO beitreten sollte? Und dann hat man auch versucht – vor allem die Sozialdemokraten –, diese Frage als Wahlkampfthema zu mißbrauchen und dafür, die parteitaktischen Spielchen innerhalb der Regierung auf den Gipfel zu treiben. – Meine Damen und Herren von der Regie­rung! Sie haben damit in unverantwortlicher Weise die Interessen Österreichs gefährdet und durch Ihre unglaubliche Falschinformation der Bevölkerung und Ihren Wankelmut die Öster­reicher verunsichert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das haben Sie sich vorzuwerfen, und zwar beide Fraktionen! Denn die Österreichische Volkspartei, die jetzt so tut, als sei sie schon immer für die NATO-, für die Bündnismitgliedschaft Österreichs gewesen, sollte einmal ihre eigenen Presseaussendungen lesen: Ihre Meinung hat sich ja fast wöchentlich geändert. Einmal hat es geheißen: Ja, hinein in die NATO, das ist unsere Sicherheit!, dann hat es geheißen: NATO-Beitritt steht nicht zur De­batte! Klubobmann Khol hat die Neutralität einmal in den Tabernakel verbannt. (Abg. Dr. Khol: In die Schatzkammer!) In die Schatzkammer, auch gut; dort ist sie auch gut aufge­hoben, Kollege Khol. (Abg. Schwarzenberger: Tabernakel ist woanders!) Nur, Herr Kollege Khol, warum haben Sie dann ... (Abg. Dr. Khol: Sie wissen nicht den Unterschied zwischen Tabernakel und Schatz­kam­mer? – Das habe ich immer gewußt!) Gut, es ist sehr schön, daß Sie das wissen, Sie wer­den mir dann einen Vortrag darüber halten.

Ich frage Sie – vielleicht beantworten Sie mir dann auch die Frage (Abg. Dr. Khol: Das werde ich tun!) –, warum Sie dann, als die SPÖ angedroht hatte, die Frage der Neutralität zum Wahlkampfthema der EU-Wahl zu machen, hier an diesem Rednerpult plötzlich ein glühendes Bekenntnis zur Neutralität abgegeben haben? – Das ist Wähler-Falschinformation, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber glauben Sie doch nicht, daß Ihnen das noch irgend jemand abnimmt! Das ist Ihre Konsequenz, und daran sieht man auch, wie wenig ernst Sie in Wirklichkeit diese Frage genommen haben und nach wie vor nehmen.

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Sie sagen jetzt – Kollege Maitz hat es gestern ange­sprochen –, daß Sie nun den Koalitionspartner überzeugen und nicht überstimmen wollen – überzeugen! Kollege Maitz! Wie lange brauchen Sie denn noch, um den Koalitionspartner zu überzeugen? (Abg. Mag. Kukacka: Bis sie gescheiter geworden sind!) Wie lange haben Sie denn schon Zeit gehabt!? Es ist doch nicht so, daß Sie mit der Sicherheitspolitik und mit der Verteidigungspolitik nichts zu tun haben! Ihr Außenminister Schüssel ist der Hauptverant­wortliche für diese Bereiche! Ihr Verteidigungsminister Fasslabend ist mitverantwortlich!

Was haben Sie denn in letzter Zeit an Überzeugungsarbeit geleistet? Jetzt wollen Sie den Regierungspartner überzeugen? – Es gelingt Ihnen beim Wähler nicht, ihn zu überzeugen, daher ist es auch kein Wunder, daß Sie den Koalitionspartner SPÖ von Ihrer Politik auch nicht überzeugen können. Aber in diesem Fall wäre es eben an der Zeit, endlich einmal von der Über­zeugungsarbeit abzugehen und Konsequenzen zu ziehen, Kollege Murauer, klare Abstim­mungen herbeizuführen, zu ermöglichen und hier klar in dem Sinn, den Sie immer vorgeben, zu agieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die SPÖ versucht, meine Damen und Herren – das habe ich schon gesagt –, die Neutralität immer wieder ins Spiel zu bringen. Sie haben ja einige Blamagen hinnehmen müssen wie zuletzt jene in Niederösterreich, Herr Kollege Schieder, wo Herr Höger noch inseriert hat: Neutralität statt NATO! Ich möchte wissen, was ein Landeshauptmann-Stellvertreter mit diesen Fragen zu tun hat. (Abg. Schieder: Ich bin ein Wiener!) Das Wahlergebnis hat sich ja entsprechend nie­dergeschlagen. (Abg. Schieder: Ich bin ein Wiener Abgeordneter!) – Ja, Sie sind ein Wiener Abgeordneter, aber außenpolitischer Sprecher und Vorsitzender des Außenpolitischen Aus­schusses und deshalb nicht ganz unverantwortlich für die Linie in Ihrer Partei und in Ihrem Klub.

Ich spreche deshalb Sie, Herr Abgeordneter Schieder, ganz konkret an, weil ich glaube, daß man mit Ihnen reden kann, beim Herrn Klubobmann hat man vielleicht größere Probleme, wobei ich das auch verstehe, denn jemand, der noch vor wenigen Jahren „Ho Chi Minh“ skandiert hat, hat jetzt eben ein Problem, dieses „Feindbild“ NATO nun als Option zu sehen, Kollege Kostelka. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Wann habe ich „Ho Chi Minh“ skandiert?)

Kollege Kostelka, Sie als Vertreter der „Havanna-Fraktion“ haben damit ja auch ein ganz gutes Mittel, um sich innerparteiliche, innerfraktionelle Konkurrenten vom Leibe zu halten (Abg. Dr. Khol: Das war der Pilz, Herr Kollege Scheibner! Das war der Pilz mit Ho Chi Minh!): Cap, der ganz gerne die Nachfolge antreten würde, ist für die NATO, und Sie müssen dann eben den Gegenpart spielen. Wenig überzeugend, Herr Klubobmann Kostelka, aber auch wenig staats­politisch! (Abg. Dr. Khol: Wie kann man Kostelka mit Pilz verwechseln?!) Mit einer Greuel­propaganda die Bevölkerung zu verunsichern – allein aus parteitaktischen Gründen! –, ist das Schändliche, das wir Ihnen vorwerfen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Wo habe ich Greuelpropaganda gemacht?)

Sie kommen jedesmal mit der Argumentation: Nicht in dieses Militärbündnis NATO (Abg. Dr. Kostelka: Ist es eines, oder ist es keines?), wir wollen keine Atomwaffen hier in Österreich, wir wollen keine fremden Truppenstationierungen (Abg. Dr. Kostelka: Gibt es die, oder gibt es sie nicht?), wir wollen die Neutralität, das heißt, Frieden und Freiheit für Österreich aufrecht­erhalten! – Und gleichzeitig, Herr Klubobmann Kostelka, stimmen Sie mit der Österreichischen Volkspartei still und heimlich immer wieder bei Beschlüssen mit (Abg. Dr. Kostelka: Im Nationalrat still und heimlich?) und unterstützen Maßnahmen der Regierung unter Ihrem Bun­deskanzler, die mit der Neutralität, würde man sie ernst nehmen, völlig unvereinbar wären.

Ich nehme jetzt nur die Unterstützungen der letzten acht Jahre her: Unter­stützung durch Öster­reich im Kuwait-Krieg, Beitritt Österreichs zur Europäischen Union mit dem Bekenntnis zur Ge­mein­samen Außen- und Sicherheitspolitik, Diskussion einer Vorlage der Bundesregierung, des SOFA-Abkommens – ein Truppenstatut der „NATO-alt“ aus dem Jahre 1951, Herr Kollege Kostel­ka, soll von Österreich übernommen werden –, Beitritt zur „PfP-plus“, „Partnerschaft für den Frieden – plus“, wo Peace-making-Aktionen, also Kampfeinsätze, vorgesehen sind und zu­letzt – ich habe es gestern auch schon angesprochen – die Zentral­europäische Kooperation, das setzt dem Ganzen ja noch den Deckel auf!

Bei dieser Zentraleuropäischen Kooperation soll jetzt auf Initiative des Verteidigungsministers Fasslabend und nach Beschluß der Bundesregierung, Herr Kollege Kostelka – auch Ihres Bundeskanzlers und Ihrer Regierungsmitglieder –, eine Kampftruppe aufgestellt werden; eine Kampfbrigade gemeinsam mit Ländern wie Rumänien, Slowenien, Ungarn und der Slowakei. Die Slowakei wird aus demokratiepolitischen Gründen in diese „böse“ NATO, wie Sie immer sagen, nicht aufgenommen, aber Österreich will mit dieser Brigade Peace-making-Aktionen, also Kampfeinsätze, unter Umständen auch gegen den Willen der Beteiligten, durchführen. Und da stellen Sie sich als Hüter und Retter der Neutralität her, obwohl Sie wissen, daß die Neutralität nirgends mehr anerkannt wird, gerade nicht von Ihren Genossen in den anderen Staaten. Allein deshalb hat sie schon keine völkerrechtliche Funktion mehr.

Meine Damen und Herren! Beide gemeinsam, ÖVP und SPÖ, haben ein wichtiges Gebot einer ernst genommenen Neutralität nie wirklich ernst genommen und umgesetzt, nämlich die bewaffnete Neutralität, nach der jemand, der für sich selbst die Neutralität statuiert, das heißt, daß er allein gegen alle möglichen Konfliktparteien gerüstet sein will, ein ordentlich gerüstetes und ausgerüstetes Bundesheer braucht. Das haben Sie doch in den letzten 40 Jahren sträflichst vernachlässigt! Sie haben unser Bundesheer an den Rand des Abgrunds getrieben. Allein schon durch das Budget, Herr Kollege Kostelka, mit einem Anteil von 0,8 Prozent am Brutto­inlandsprodukt. Damit sind wir in Europa absolutes Schlußlicht, noch hinter Luxemburg. Also: Sie haben keine einzige Bedingung, die an einen dauernd neutralen Staat gestellt wird, in den letzten Jahren erfüllt! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Im Gegenteil. Sie haben alles gebrochen, was noch zu brechen war.

Im Parlament gab es über all diese wichtigen Dinge der Sicherheitspolitik überhaupt keine Ab­stimmung, keine Diskussionen, zumindest nicht von seiten der Regierungsfraktionen. Meine Damen und Herren! Die Mitgliedschaft in der „Partnerschaft für den Frieden“ – ist niemals hier im Nationalrat gewesen. Die Frage von Heeresumgliederungen – ist niemals hier im Nationalrat gewesen. Man hat uns bei der Behandlung unserer Anträge die Sicherheitspolitik betreffend – auch bei den Anträgen der anderen Oppositionsparteien – vertröstet und gemeint, daß ja der Optionenbericht kommen werde.

Die Regierung ist angetreten, die großen Probleme dieses Landes zu lösen, und hat in ihrer Regierungserklärung nach den letzten Nationalratswahlen ganz genau festgehalten, daß sie es sich zum Ziel setzt, die sicherheitspolitische Neuordnung Österreichs umzusetzen – also Optionenbericht, für das erste Quartal 1998 angekündigt; gefordert auch noch durch einen Entschließungsantrags des Nationalrates, Antrag Schieder/Spindelegger, wonach bis zum Ende des ersten Quartals 1998, also Ende März, dieser Optionenbericht vorliegen soll. Nun: Diese Regierung hat es nicht geschafft! Sie hat es nicht einmal geschafft, die Optionen auch nur aufzulisten, geschweige denn, hier eine Entscheidungsempfehlung abzugeben.

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß es nun an der Zeit ist, daß dieses Parlament endlich handelt, daß dieses Parlament in das Vakuum, das diese Regierung erzeugt hat, einbricht und endlich zeigt, daß es als Volksvertretung Verantwortung für dieses Land übernimmt (Beifall bei den Freiheitlichen), klar die Optionen aufzeigt und dann auch klare Entscheidungen über die Zukunft der österreichischen Sicherheitspolitik trifft. Das ist ja der Auftrag, den wir vom Wähler haben. (Zwischenruf des Abg. Wabl.)

Herr Kollege Wabl! Wir fürchten uns nicht vor dem Wähler. (Abg. Wabl: Wir auch nicht!) Wir wissen ganz genau, daß der Wähler, daß der Bürger die richtigen Entscheidungen trifft, wenn er die richtigen Informationen bekommt. (Abg. Wabl: Wir lieben den Wähler!) Deshalb haben wir auch gesagt, daß sich die Politik nicht vor der Entscheidung drücken darf. Wir müssen hier die Optionen aufzeigen und unsere Anträge beschließen, und dann muß selbstverständlich auch das Volk mit dieser Frage befaßt werden.

Meine Damen und Herren von der Volkspartei! Das „Gustostückerl“ in diesem Schauspiel haben Sie jetzt geliefert – auch von seiten der Regierung –, indem Sie Ihre eigene Option – ganz ernst genommen dürften Sie es ja nicht gehabt haben –, schon bevor die Verhandlungen mit der SPÖ abgeschlossen waren, druckfertig hatten, schön zum Verteilen. Aber das müssen Sie sich selbst ausmachen. Und jetzt bringen Sie diese Option hier im Parlament ein und sagen: Diskutieren darf man darüber, aber ja nicht abstimmen!

Meine Damen und Herren! Wie weit sind wir denn hier in diesem Parlament gekommen, daß Anträge hier eingebracht werden – auf Druck von Regierungspolitikern –, über die wir zwar diskutieren dürfen, über die uns aber die Abstimmung verwehrt wird? Haben Sie denn noch ein Selbstwertgefühl als Mandatare dieser Republik? Wollen Sie nur diskutieren, oder wollen Sie die Geschicke dieses Landes mitgestalten und mitentscheiden? Aber dann müssen Sie Anträge und Abstimmungen hier zulassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir werden Ihnen in diesem Bereich Hilfestellungen geben!

Wenn man sich über die Optionen unterhält und die Optionen auflistet, dann erkennt man ganz klar, wie diese Optionen liegen. Ich weiß nicht, was man da zweieinhalb Jahre lang zu forschen und zu diskutieren hat. Eine Möglichkeit, die es gibt, ist, bündnisfrei zu bleiben, das heißt, allein, auf sich gestellt Sicherheit für sich selbst zu organisieren und dafür auch niemand anderem Rechenschaft darüber ablegen oder Hilfe und Beistand geben zu müssen. Wenn das Ihre Sicht der Dinge ist, Herr Kollege Kostelka und meine Damen und Herren von der SPÖ, müssen Sie aber auch dazusagen, was das kostet.

Sie bringen in diesem Zusammenhang immer Schweden als gutes Beispiel. Dann sagen Sie aber auch dazu, was Schweden, die Schweiz oder Finnland in den letzten Jahrzehnten für ihre eige­ne Landesverteidigung ausgegeben haben: das Doppelte bis Dreifache – aber über 40 Jah­re hinweg! Wenn Sie das aufholen wollen, dann müssen Sie den Leuten aber auch sagen, daß Sie ohne objektive Begründung jetzt 30 Milliarden, 40 Milliarden Schilling in eine ernst genom­mene Landesverteidigung, die auf sich gestellt ist, investieren wollen. Das müssen Sie den Leuten erklären. (Abg. Schieder: Aber Sie vergleichen Länder, die auch Seestreitkräfte haben, mit Österreich! Die haben doch Seestreitkräfte!) Die Seestreitkräfte der Schweiz können Sie mir zeigen! Vielleicht fahren ein paar Schinakel auf dem Genfer See, Herr Kollege Schieder. Ich weiß nicht, ob die Kosten dafür hier miteinzubeziehen sind. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Haider – in Richtung des Abg. Schieder –: Wollen Sie Schiffe? – Abg. Schieder: Nein, aber weil er die Kosten vergleicht, und die haben auch Kosten für die Schiffahrt! 1 : 1 kann man sie nicht vergleichen!)

Aber, Herr Kollege Schieder! Die Option, die Sie vertreten, nämlich keine Bündnismitgliedschaft, auf der anderen Seite aber auch nichts für die eigene Landesverteidigung tun, kann doch wohl nicht Ziel einer Staatspolitik sein! Andererseits wollen Sie aber überall mitmachen, wenn die anderen uns brauchen. Überall mitzahlen bei Auslandseinsätzen – etwa 1,5 Milliarden Schilling im Jahr für Auslandseinsätze! –, aber die Rechte in Anspruch nehmen, das wollen wir nicht, nämlich daß auch die anderen für uns Sicherheitsgarantien übernehmen! – Das ist eine Sicher­heitspolitik, die ich wirklich nicht verstehen kann.

Meine Damen und Herren! Für uns Freiheitlichen ist die Option klar: Die Zukunft der euro­päischen Sicherheitspolitik liegt im Bündnis. Eine Renationalisierung der Sicherheitspolitik in Europa wäre völlig unsinnig, ja gefährlich. Und wenn man sich für diese gemeinsame Organi­sation der Sicherheitspolitik entscheidet, dann muß man auch klar und deutlich zu verstehen geben, daß nur die NATO als einzige funktionierende Organisation Sicherheits­garantien geben kann. Selbstverständlich wird sich – die Beschlüsse sind ja entsprechend – neben der NATO oder außerhalb der NATO nichts Neues bilden.

Herr Kollege Kostelka! Herr Bundeskanzler! Sie fahren doch immer in der Weltgeschichte herum: 11 von 15 Mitgliedsländern der EU, hauptsächlich sozialdemokratisch regiert – das sind doch Ihre Genossen! –, sind Mitglied der NATO. Die haben doch kein Interesse daran, für Sie – und zwar nur deshalb, weil Sie ein Problem haben, innerhalb Ihrer Fraktion in dieser Hinsicht für Ordnung zu sorgen – Milliardeninvestitionen bereitzustellen, um eine neue Struktur aufzubauen. Herr Bundeskanzler! Das glauben Sie doch wohl selbst nicht! Erkundigen Sie sich bei Ihren Genossen in der internationalen Staatengemeinschaft! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Aber vor ein paar Jahren haben Sie es noch selbst verlangt von da!)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schieder! Selbstverständlich wollen wir eine stärkere europäische Komponente. (Abg. Dr. Haider: Er will eh, aber er darf nicht, Kostelka ist zu stark!) Da sind alle europäischen Länder gefragt, denn es ist doch eine Blamage, daß bei jedem sicherheitspolitischen Konflikt der Vergangenheit und der Gegenwart immer die USA als Vermittler einschreiten mußte, etwa in der Nordirland-Krise, im Kosovo, in Bosnien. Aber das liegt doch in der Verantwortung der Europäer! Wie wollen Sie diese Verantwortung übernehmen, wenn Sie sich selbst nicht in die sicherheitspolitischen Strukturen integrieren wollen?

Die Westeuropäische Union – auch an die Kollegen des Liberalen Forums gerichtet – hat für sich selbst doch auch klar festgehalten, daß sie keine eigenständige Struktur aufbauen wird, weil es unsinnig wäre, die erforderlichen Mittel dafür auszugeben (Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser), daß sie nur gemeinsam und innerhalb der NATO funktionieren kann und wird, und es deshalb ausgeschlossen ist, der Westeuropäischen Union beizutreten, ohne gleichzeitig auch NATO-Mitglied zu sein. Auch in diesem Zusammenhang wäre – selbst wenn Präsident­schaftswahlkampf ist, selbst wenn man sich manche Optionen für eine Regierungsbeteiligung offenlassen will – ein bißchen mehr Ehrlichkeit in der öffentlichen Debatte gefragt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht hier nicht darum, einem Militärpakt beizutreten, sondern es geht darum, politische Wer­te von Demokratie und defensiver Verteidigungspolitik umzusetzen. Und all Ihre Greuel­märchen über Atomwaffen stimmen nicht. Das ist alles geregelt. Es gibt keine Atomwaffen mehr landge­stützt im Europa der NATO (Abg. Dr. Kostelka: Nicht?! Nördlich und südlich der österreichi­schen Grenze!) – Herr Kollege Kostelka! Fragen Sie doch nach! –, und ich glaube kaum, daß der Neusiedler See oder die Donau für den Einsatz von U-Booten geeignet sind.

Im Vertrag mit Rußland – lesen Sie es nach – ist eindeutig festgehalten, daß in den neuen Mitgliedsländern keine Atomwaffen stationiert werden (Abg. Dr. Kostelka: Stimmt ja nicht!) und auch keine permanenten Truppenstationierungen stattfinden können. (Abg. Dr. Kostelka: Mit Ausnahme der Artikel 5 und 6!)

Meine Damen und Herren! Die Neutralität – ich habe es schon angesprochen – wird heute von niemandem mehr ernst genommen, und es ist auch klar, daß sie uns keinen sicherheits­politischen Schutz mehr bieten kann. Deshalb sollten wir uns möglichst rasch als Vollmitglied in die Sicherheitsorganisationen der NATO und der Westeuropäischen Union einbinden und Österreich damit die Möglichkeit geben, am Aufbau einer europäischen Sicherheitskomponente mitzuwirken und andererseits auch kostengünstig und effizient die Sicherheit unseres Landes und der Bevölkerung zu gewährleisten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Bundesregierung ist gescheitert. Der Bundeskanzler wird uns heute seine Ausflüchte noch zur Kenntnis bringen. Wir als Parlamentarier sind jetzt gefordert, rasche Entscheidungen zu treffen. Ich kann Sie nur einladen, diesen Dringlichen Antrag heute mitzubeschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.21


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zur Abgabe einer Stellungnahme zum Thema des Dringlichen Antrages im Sinne der Bestimmungen der Geschäftsordnung gelangt der Herr Bundeskanzler zu Wort. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

15.21


Bundeskanzler Mag. Viktor Klima¦: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die Debatte und auch den Rednerbeitrag von vorhin verfolgt hat, konnte man den Eindruck gewinnen, daß Österreich bisher keine Sicherheitspolitik gehabt hat – und wenn es eine hatte, dann war es eine, die zu verdammen ist.

Ich als Bundeskanzler dieser Republik bin im Gegensatz dazu sehr dankbar dafür, feststellen zu können, daß in mehr als vier Jahrzehnten schon viele Bundeskanzler der beiden staats­tragenden Parteien hier standen, die eine europäische, eine österreichische Sicherheitspolitik begründet und entwickelt haben, die Österreich sicher und zu einem international angesehenen Land gemacht haben. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir auch, als Bundeskanzler der Republik Österreich in diesem Hohen Hause klar zu sagen: Ich weise jede Form einer Belei­digung unseres Landes als Trittbrettfahrer massiv zurück! (Beifall bei der SPÖ und bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich ist aufgrund seiner in über vier Jahrzehnten bewährten Sicherheitspolitik, die aus Neutralität und gelebter Solidarität bestanden hat, eines der aktivsten Länder bei der Teilnahme an friedenserhaltenden und friedensschaffenden Maßnahmen auf dieser Welt. Über 38 000 österreichische Personen – mit einem Aufwand von über 7 Milliarden Schilling, mit mehr als 30 Einsätzen auf dieser Welt; allein derzeit an 11 Orten der Welt –, Zivilpersonen und Soldaten, Männer und Frauen, sind tätig, um den Frieden auf der Welt zu sichern. Österreich ist kein Trittbrettfahrer und wird nie ein Trittbrettfahrer sein! (Beifall bei der SPÖ und bei den Grünen.)

Ich meine, daß es diesem Hohen Haus und mir als Bundeskanzler auch gut ansteht, einmal jenen über tausend Menschen, die in diesem Bereich im Rahmen einer österreichischen aktiven Sicherheitspolitik an vielen Plätzen dieser Welt tätig sind, für ihren Einsatz zu danken. (Beifall bei der SPÖ, bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich hat sich immer zu einer umfassenden Sicherheitspolitik bekannt. (Beifall des Abg. Wabl.) Umfassende Sicherheitspolitik bedeutet, daß wir nicht nur dann bereit sind, viel Geld für Waffen, Munition, Logistik und Transport aus­zugeben, wenn es für Frieden schon zu spät ist, wenn die Krisenherde schon brennen, sondern daß wir auch bereit dazu sind, durch eine aktive engagierte Außenpolitik – wie jene des jetzigen Außenministers –, aber auch durch unsere Bereitschaft in der Entwicklungshilfe, in der Unterstützung von jungen Demokratien Hilfe beim Erreichen eines gewissen Wohlstandes und Lebensstandards zu geben, aber auch gegen die tatsächlichen neuen Bedrohungen dieser Welt als Republik Österreich einzutreten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Warum diskutieren wir denn die Sicherheitspolitik derzeit? – Doch nicht, weil Österreich ein Land wie etwa unsere Nachbarstaaten ist, die bislang ihre Sicherheitspolitik auf den Warschauer Pakt ausgerichtet haben, den es inzwischen Gott sei Dank nicht mehr gibt, und die nun schnell in einen anderen Militärpakt hinein wollen. Ich glaube, wir diskutieren diese Sicherheitspolitik zu Recht, weil wir den gesamten Bereich der Sicherheit, die innere und äußere Sicherheit, als Kampf gegen den Menschenschmuggel, die illegale Migration, gegen ethnische Zerwürfnisse, rassische Verfolgungen und gegen ökonomische Krisen – auch innerhalb Österreichs – verstehen, die alle zu Kriegen führen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Scheibner! Wenn Sie mit den Österreicherinnen und Österreichern reden, dann werden Sie feststellen: Die Österreicher fühlen sich seit dem – Gott sei Dank erfolgten – Zerfall des Warschauer Paktes nicht bedrohter. (Abg. Scheibner: Haben Sie nicht die Verantwortung, Vorsorge zu betreiben?)

Wir haben in der inneren Sicherheit und in der äußeren Sicherheit vor allem dafür zu sorgen, daß wir die tatsächlichen Bedrohungsszenarien bekämpfen. Daher widmen wir dem Kampf gegen die organisierte Kriminalität, gegen Drogenhandel, gegen Menschenschmuggel und so weiter soviel Kraft. Und auch in diesem Punkt kann diese Bundesregierung stolz sein: Öster­reich ist ein Stück sicherer geworden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich bekenne mich aber selbstverständlich dazu, daß wir in der Lage sein müssen, bedrohende regionale Krisen, wie wir sie etwa in Bosnien oder im Kosovo erlebt haben und erleben, wo die Prävention versagt hat, wo menschlicher Haß, wo ethnische Zerwürfnisse viel zu groß sind, zu bereinigen, und daß wir auch in solchen Fällen mit friedenserhaltenden und friedenschaffenden Maßnahmen tätig sein wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verstehe aber eines nicht: Meiner Meinung nach hat sich die entscheidende Diskussion um die österreichische Sicherheitspolitik zu einem anderen Zeitpunkt ergeben, und zwar am 1. Jänner 1995, dem Datum des Beitritts Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft, zur Europäischen Union. Und für all jene, die in dieser Europäischen Union das einzig mögliche Projekt für ein friedliches und gemeinsames Europa sehen, muß es auch ein Bekenntnis zu einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik und einer gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben uns daher dazu entschlossen, im Rahmen der Bundesregierung in aller Gemein­samkeit die Zusammenarbeit mit den bestehenden Sicherheitsorganisationen zu intensivieren. Es gibt keine Feindbilder! Wir wollen die Zusammenarbeit im Rahmen der Vereinten Nationen, im Rahmen der OSZE, im Rahmen der Europäischen Union und auch die Zusammenarbeit im Rahmen der „Partnerschaft für den Frieden“, des europäischen atlantischen Partnerschafts­bündnisses, intensivieren. Dazu bekennt sich diese Bundesregierung.

Sie bekennt sich zu dieser erweiterten „Partnerschaft für den Frieden“. Sie bekennt sich auch da­zu, daß wir ein leistungsfähiges und effizientes Bundesheer brauchen. (Abg. Scheibner: Das haben Sie kaputt gemacht!) Ich bin daher dafür eingetreten, daß wir vor wenigen Tagen, trotz aller Diskussionen, im Ministerrat den Beschluß über die Heeresreform im Sinne eines effizien­ten und leistungsfähigen österreichischen Bundesheeres auch mit entsprechender gerä­te­tech­nischer Ausstattung gefaßt haben. Das ist ein wichtiges Bekenntnis. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte aber eines nicht verschweigen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es gab tatsächlich Diskussionen über einige Punkte, über die keine Einigung erzielt werden konnte. Dies ist der Grund dafür, warum es zu keiner gemeinsamen Empfehlung der Bundesregierung kam. Es ging dabei darum, ob die NATO als Militärpakt und Militärbündnis, wie sie besteht, für uns das Richtige ist, oder ob ein stärker europäisch ausgerichtetes Bündnis, eine europäische Perspektive – und wir haben die Vision, den Traum, daß sich das in der Zukunft erfüllt –, tat­sächlich die geeignete Option ist.

Ich bin nicht gegen Prüfungen. Da können wir ruhig dafür sein. Ich bin nur dagegen, daß wir uns schon jetzt, da wir noch nicht wissen, wie sich dieses Europa ohne Trennlinien entwickelt, und noch nicht wissen können, ob die bereits eingegangene Verpflichtung zu einer Gemeinsamen Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik tatsächlich realisiert werden wird, der Perspektive und dem Ziel einer NATO-Mitgliedschaft verschreiben.

Wenn wir diese Diskussion führen, dann müssen wir sie auch in der Öffentlichkeit und mit der österreichischen Bevölkerung führen. Die NATO hat noch immer die nukleare Erstschlagdoktrin. Die NATO nimmt noch immer für sich in Anspruch, als erster Atomwaffen einsetzen zu wollen und zu können. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Das ist eine klare Tatsache. Und es gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren, darüber hinaus noch vieles, was zu klären wäre. Selbstverständlich! (Abg. Dr. Haider: Völliger Unsinn!) Nein, leider nicht!

Für den Friedensfall kann man vieles vereinbaren. Sie wissen aber, daß man für den Krisenfall nicht vereinbaren kann, daß in Österreich keine Atomwaffen stationiert werden, daß man für den Krisenfall nicht vereinbaren kann, daß hier keine fremden Truppen stationiert werden, und viele dieser Punkte mehr. Dabei geht es um eine sachliche Diskussion. (Abg. Scheibner: Ich habe geglaubt, „es gibt keine Krisen mehr“!)

Mir geht es im Augenblick um etwas anderes, und ich möchte versuchen, Sie ein Stückchen auf diese Gedankenreise mitzunehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ein Stückchen nur. Versuchen Sie es bitte! (Abg. Dr. Haider: Probieren wir es einmal!)

Wir bekennen uns und ich bekenne mich zu dieser europäischen Perspektive, und Europa muß sich über den Binnenmarkt hinweg zu einer gemeinsamen politischen Kraft entwickeln. Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, daß Europa eine gemeinsame Währung haben wird? (Abg. Dr. Haider: Noch haben wir sie nicht!) – Ich weiß schon, Sie waren nicht dafür, aber ich halte sie für wichtig für die Stellung Europas in der Welt als größter Wirtschaftsblock.

Wenn wir nun diese gemeinsame europäische Währung haben werden, dann brauchen wir eine gemeinsam koordinierte europäische Wirtschaftspolitik und eine gemeinsam koordinierte euro­päische Sozialpolitik. Wir brauchen auch eine gemeinsam koordinierte Außen­wirtschafts­politik, und natürlich brauchen wir – Herr Dr. Mock hat das immer zu Recht als Ziel formuliert (Abg. Dr. Haider: Der falsche Zeuge!) – eine gemeinsame europäische Außenpolitik.

Wir müssen heute bekennen, daß wir diesbezüglich in Europa eine Schwäche haben, daß wir noch nicht in der Lage sind – weil der Vertrag von Amsterdam noch nicht ratifiziert und noch nicht erfüllt ist und weil es den „Mister GASP“ noch nicht gibt –, tatsächlich eine gemeinsame Außenpolitik zu formulieren.

Aber wo ist denn das Selbstverständnis der Europäer, wenn sie sich nicht das Ziel setzen, eine Ge­meinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu haben? – Ich würde mich zutiefst unwohl fühlen, wenn wir als Europäer auch in Zukunft aufgrund fehlender technischer und organisatorischer Strukturen nicht in der Lage wären, Krisen wie in Bosnien oder im Kosovo selber in Frieden zu lö­sen. – Heute sind wir dazu noch nicht in der Lage. (Abg. Scheibner: Was werden Sie dazu tun?)

Aber was ist das Ziel? – Das Ziel kann doch bei einem europäischen Selbstbewußtsein nicht sein, das auch in aller Zukunft nicht zu wollen, nur weil man zurzeit dazu nicht in der Lage ist. Das Ziel muß doch sein, eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik zu entwickeln, die es uns ermöglicht, die Probleme in diesen europäischen Krisenherden in Frieden zu lösen, auch wenn einmal – Gott möge es abhüten! – im amerikanischen Kongreß keine Entscheidung dafür fällt. Ich meine, das gehört zu einem europäischen Selbstverständnis.

Daher bin ich davon überzeugt, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß diese schrittweise Weiterentwicklung der bestehenden Sicherheitspolitik, die die Bundesregierung verfolgt – und wir haben uns jetzt zu einer schrittweisen Weiterentwicklung bekannt, und zwar mit der Heeres­reform, der „Partnerschaft für den Frieden – Plus“ und der Umsetzung der Amsterdamer Ver­träge –, die richtige Antwort auf die dringenden Fragen und Probleme, die wir am Ende dieses Jahrtausends haben, ist.

Wir werden sehen, wie sich diese europäische Vision, die wir gemeinsam haben, in den näch­sten Jahren entwickeln wird. Das wird nicht morgen der Fall sein, morgen wird das alles sicher noch nicht funktionieren. Aber ich möchte als selbstbewußter Europäer dieses Ziel einer Ge­mein­samen Außen- und Sicherheitspolitik nicht aufgeben! Und ich bin davon überzeugt, daß das auch die gemeinsame Basis der in Österreich so bewährten Gemeinsamen Außen- und Sicher­heitspolitik der Bundesregierung ist. – Danke schön. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.35


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke, Herr Bundeskanzler.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Redezeit pro Fraktion maximal 25 Minuten, pro Redner maximal 10 Minuten.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jörg Haider. – Bitte.

15.35


Abgeordneter Dr. Jörg Haider¦ (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Würde man jetzt einen Zuseher oder Zuhörer nach dieser Rede des Bundeskanzlers fragen, wie sein Eindruck ist, dann würde er sagen: Schön hat er g’red’t, aber nix hat er g’sagt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Genau das ist der Eindruck, den man haben muß. Der Herr Bundeskanzler erzählt uns: 7 Milli­arden Schilling gibt Österreich aus, mit 38 000 tapferen Österreichern in der ganzen Welt! – Ja, was hindert Sie denn daran, auch die eigene Sicherheit der Österreicher einmal ernstzunehmen und in diesen Bereich etwas zu investieren, nicht nur unsere Leute in der ganzen Welt herum­fla­nie­ren zu lassen, sondern hier in Österreich einmal etwas zu tun?! (Beifall bei den Frei­heit­lichen.)

Und das ist der Grund, Herr Bundeskanzler ... (Zwischenbemerkung des Bundeskanzlers Mag. Klima.) Beruhigen Sie sich, Herr Bundeskanzler! Sie selbst haben sich ja mit einem Antrag gebunden, aber auf diesen sind Sie überhaupt nicht eingegangen. Dieser Antrag ist aber der Grund dafür, warum wir heute hier debattieren. Sie haben im Parlament nämlich einen Antrag eingebracht, in dem Sie erklärt haben: Mit Ende März liegt der Sicherheitsbericht mit den Optionen vor. Aber Sie konnten ihn nicht vorlegen. Dafür erklären Sie uns jetzt wortreich, mit wieviel Milliarden Schilling die Österreicher in der ganzen Welt im Einsatz sind.

Daß Ihnen diese Debatte unangenehm ist, ist klar. Es hat ja sogar Herr Klubobmann Khol heute an höchster Stelle im ORF interveniert und gesagt, die Debatte sei nicht so wichtig, man solle sie nicht übertragen. – Das ist ja das Interessante, meine Damen und Herren. Der Herr Klub­ob­mann übt Zensur im staatlichen Rundfunk! Das ist wirklich interessant. Er hat versucht, Jour­na­listen dafür zu gewinnen, nicht über die Debatte zu berichten. Meine Damen und Herren! Das ist der Grund, warum heute die ÖVP von der Debatte so unangenehm berührt ist. (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! Tatsächliche Berichtigung!)

Herr Kollege Khol, das ist Ihr Stil: Überall erzählen Sie das, was Ihnen vielleicht gerade richtig vorkommt. Aber hier im Parlament werden Sie Farbe bekennen müssen. Dazu werden wir Sie zwingen – auch heute mit der Abstimmung. Da werden wir einmal schauen, ob Ihre Freunde in der ÖVP geistige Freiheit haben, oder ob sie am Nasenring des Klubobmanns durch das Parlament geführt werden. Das werden wir uns anschauen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Was haben wir jetzt? – Derzeit haben wir kein funktionierendes Bundesheer, bestenfalls ein „Bundesheer light“. Dank der SPÖ-Initiative ist das Bundesheer abmontiert worden. Wir haben jetzt zwar mehr Generäle als die amerikanische Armee, aber wir haben dafür kein Fußvolk mehr und keine Truppen. Wir haben keine Neutralität, denn die NATO darf schon lange über unser Land fliegen, die NATO darf unser Bundesheer inspizieren, die NATO darf Kontrollen im österreichischen Bundesheer durchführen und die NATO darf Waffen durchtransportieren. Die Neutralität haben wir also längst aufgegeben.

Wir haben auch keine WEU, denn die gibt es noch nicht, das ist eine Briefkastenfirma. Wir haben keine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, das hat der Bundeskanzler selbst zugegeben. Er hat ja gesagt, wenn ich ihn richtig verstanden habe, er würde sich schämen, wenn die europäische Außenpolitik im Kosovo keine Lösung erzielen könnte. – Zur Stunde, bitte, kann es die Außenpolitik nicht. Aber wie lange sollen denn die Völker dort noch aufeinander losgehen? Bis Sie sich darauf geeinigt haben, ein eigenes Sicherheitssystem zu schaffen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wer war es denn, Herr Bundeskanzler, der im Kosovo jetzt wieder eingegriffen hat? Wer war es denn, der in Bosnien immer wieder eingreift? – Das ist die NATO, die Sie nicht haben wollen. Aber die holt für Sie die Kohlen aus dem Feuer, und zwar dort, wo die europäische Außenpolitik es nicht kann.

Zum Glück ist man nicht Ihrem Ratschlag gefolgt, Herr Bundeskanzler – mit Verlaub und bei aller Wertschätzung Ihrer Person. Aber was Sie gesagt haben, als die Serben auf die Kosovo-Albaner losgegangen sind – Sie haben die Kosovo-Albaner gerügt, anstatt die Serben gegen­über einer Minderheit zur Vernunft zu rufen –, hat nichts zur Lösung des Konfliktes beigetragen. Das war nicht gerade eine Glanzstunde der österreichischen Außenpolitik. Der Kreisky würde sich im Grab umdrehen, wenn er diese Art der Verklärung gehört hätte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie produzieren hier ein Phantomwort nach dem anderen. Sie sprechen von einer „eigenen europäischen Sicherheitsarchitektur“. Vielleicht könnten Sie einmal ein bißchen beschreiben, wie dieses Phantom nach Ihren Vorstellungen ausschauen sollte. Denn Sie haben das gern in Ihrer Politik. Sie verwenden überall Phantomwörter: Exportoffensive – aber dann kommt nichts; Technologieoffensive – aber dann kommt nichts; Lehrplatzoffensive – aber dann kommt nichts, wir haben nur arbeitslose Lehrlinge in unserem Lande; Sicherheitsoffensive. Ja wie wollen Sie denn diese sicherstellen, Herr Bundeskanzler? – Von 15 EU-Mitgliedern sind elf bei der NATO. Werden Sie jetzt diese alle überzeugen und bewirken, daß sie aus der NATO austreten und in Ihre noch nicht vorhandene Sicherheitsarchitektur eintreten? – Das werden Sie den Öster­reichern nicht erzählen können. Das ist genau Ihre Traummännleinrolle, die Sie auch in der österreichischen Sicherheitspolitik spielen. Sie lassen Österreich sicherheitspolitisch mit beiden Beinen in der Luft hängen. Das ist das Problem, das wir hier aufzeigen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sagen, daß Österreich mit seiner Sicherheitspolitik in den vergangenen Jahren gut gefahren ist. Sie kennen doch sicherlich auch die Information über die Aufmarschpläne des Warschauer Paktes, als es noch den Eisernen Vorhang gegeben hat. Das ist ja jetzt alles bekannt. Schon damals war im Generalstab des Warschauer Paktes wie auch im Generalstab der NATO klar, daß im Falle eines Angriffes auf Österreich Österreich maximal einen Tag in der Lage ist, Widerstand zu leisten. Dann marschieren die Warschauer-Pakt-Truppen Richtung Südosten durch die Steiermark ans Meer, und dann fliegen bewaffnete Einheiten Richtung Salzburg und München und nehmen das Bombardement auf. Das sind die Aufmarschpläne!

In all diesen Aufmarschplänen war von der NATO aus vorgesehen, daß Österreich unter dem Schutzschirm der NATO steht. Das wollen Sie nicht wahrhaben. Wir haben niemals unsere Neutralität selbst verteidigen können, sondern wir sind immer darauf angewiesen gewesen, daß es einen westlichen, atlantischen Partner gibt. Ihren primitiven Antiamerikanismus werden Sie einmal an den Nagel hängen müssen, und Sie werden zur Kenntnis nehmen müssen, daß die Geschichte über Sie hinweggeht, wenn Sie nicht bereit sind, endlich die Dinge richtig zu sehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es sind die ideologischen Spiele in der SPÖ: Herr Fischer fährt zur Duma nach Moskau und erzählt, daß die Neutralität verteidigt werden muß. Es ist doch nicht die Aufgabe eines österreichischen Parlamentspräsidenten, die anderen aufzuhussen und Schwierigkeiten in der Sicherheitspolitik zu machen! Das war mißverständlich vom Kollegen Scheibner. Da muß ich Kollegen Kostelka verteidigen, der hat nicht „Ho Chi Minh“ geschrien, das konnte er noch gar nicht, sondern Fischer hat es geschrien. Der war also bei dieser Aktion schon dabei. (Heiterkeit. – Abg. Dr. Kostelka: Um so viel älter ist er nicht!) Der war es also. Das ist ja sattsam bekannt und dokumentiert.

Ich glaube, daß es ja nicht von ungefähr kommt, wenn jetzt innerhalb der SPÖ ein Blattschuß auf Kostelka wegen der nicht eindeutig nachvollziehbaren Klubfinanzierung abgefeuert wurde. (Abg. Dr. Kostelka: Eindeutig nachvollziehbar!) Das kommt ja sicherlich von einer Seite, die sich ärgert, daß Klima mit seiner Pro-NATO-Haltung untergegangen ist und sich in seinem eigenen Klub nicht durchsetzen kann. Das war es ja, das wissen wir. (Abg. Dr. Kostelka: Aber so scheint das Spielchen der FPÖ zu laufen!) Das ärgert ihn ja auch, daß der Macher eigentlich nicht sagen kann, das machen wir, weil seine eigene Fraktion ihm in dieser Frage nicht gefolgt ist. Denn als Bundeskanzler gibt er die Linie vor. So ist er eben leider unterlegen und muß das jetzt mit allen möglichen Wortkaskaden erklären. Herr Cap darf nicht einmal mehr herinnen­sitzen bei einer Debatte über die NATO, meine Damen und Herren, der ist schon weg. Der hat überhaupt keine Chance mehr. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Er dürfte, aber er ist nicht da! Er sollte sogar da sein! Er fehlt nur!) Ja, ja, er fehlt auffallend oft, wenn es um diese entscheidenden Dinge geht. Ich glaube, daß das das Bild abrundet, von dem wir Freiheitlichen zu Recht sagen, es sind hier Entscheidungen in eine klare Richtung zu treffen.

Denn, meine Damen und Herren, vergessen Sie eines nicht: Auch Ihr hochgelobter Bruno Kreisky als historische Persönlichkeit hat im Jahre 1955 bei den Staatsvertragsverhandlungen gegen die Übernahme der Position einer dauernden Neutralität massiven Widerstand geleistet, weil er ganz genau gewußt hat, daß sie in Wirklichkeit eine Schimäre für einen Kleinstaat bleibt, der zwischen zwei Blöcken ist, und daß man immer darauf angewiesen sein wird, dieses kleine Land im größeren Verteidigungsschirm einer partnerschaftlichen Gemeinschaft unterzubringen. (Abg. Schieder: Der Raab hat sich dann durchgesetzt!)

Das ist ein Faktum. Das steht in den historischen Daten. Das ist in den Archiven nachzulesen. Herr Bundeskanzler! Ein bißchen Geschichte täte auch Ihnen ganz gut. Wenn Sie ein bißchen nachlesen würden, dann wäre vielleicht manches leichter auch in Ihrer eigenen Partei.

Dann fragen Sie einmal, Herr Bundeskanzler, warum Sie eigentlich dazu gezwungen werden, ein Militärbündnis mit den osteuropäischen Staaten etwa in Form einer gemeinsamen Brigade mit Ungarn, der Slowakei und Slowenien einzugehen, wenn Sie so für die Neutralität sind. (Abg. Dr. Khol: Lei, lei, Fasching!) Ist das die neue Sicherheitsarchitektur, von der Sie träumen? – Es ist nicht sehr überzeugend, daß man gerade mit der Slowakei eine gemeinsame Verteidi­gungs­strategie entwickelt, eine Armee bildet, eine Brigade aufstellt, mit der man auch Angriffskriege führen kann ... (Abg. Dr. Kostelka: Das darf nicht wahr sein!) Selbstverständlich! Lieber Kostel­ka! Du bist wahrscheinlich ein „weißer“ Jahrgang (Abg. Dr. Kostelka: Ich bin kein „weißer“ Jahr­gang!) und hast keine Ahnung, aber friedensschaffende Maßnahmen heißt auch, entsprechende militärische Interventionen zu riskieren.

Daher werdet ihr euch überlegen müssen, was ihr wirklich macht. Denn, meine Damen und Her­ren, das, was Österreich braucht, ist eine rechtzeitige Entscheidung, weil wir historisch gesehen immer die Landbrücke zwischen Ost und West gewesen sind. Ich sehe die größte Gefahr darin, daß jetzt in der Entscheidungsphase der Neustrukturierung der europäischen Ver­teidigungs­ge­mein­schaft, die auf der Basis NATO angelegt wird, daß in dieser entscheidenden Situation Öster­­reich draußen bleibt und andere Länder wie Slowenien und Kroatien die wirklich strate­gisch bedeu­tenden Positionen einnehmen, die die Landbrücke Österreich historisch ins Nichts versin­ken lassen. Das ist die Gefahr, auf die wir hinweisen.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte um den Schlußsatz!


Abgeordneter Dr. Jörg Haider¦ (fortsetzend): Die Österreicher sollten das Recht haben, auch über diese Dimensionen ihrer Zukunftsentwicklung ehrlich und offen informiert zu werden. Lassen Sie sie abstimmen, dann sind die Dinge klar! (Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.47


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol gemeldet. Die Regeln der Geschäftsordnung sind bekannt. – Bitte.

15.47


Abgeordneter Dr. Andreas Khol¦ (ÖVP): Mein Vorredner hat behauptet (Abg. Dr. Haider: Er hat mit dem ORF telephoniert!), ich hätte beim ORF interveniert, daß es heute keine Fern­sehübertragung dieser Debatte geben sollte.

Richtig ist vielmehr, daß ich in höchstem Maße interessiert daran bin, daß diese Debatte übertragen wird. Wir haben sogar gestern in der Aktuellen Stunde diese Frage thematisiert, weil wir wissen, daß es dann in der Fernsehwelt vorkommt und direkt übertragen wird. Mein Vorredner hat daher wie immer die Unwahrheit gesprochen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.47


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. Außerdem stelle ich klar, daß alle 183 Abgeordneten das Recht haben, im Sitzungssaal zu sein. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Kostelka.

15.48


Abgeordneter Dr. Peter Kostelka¦ (SPÖ): Danke vielmals. Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin dankbar für diese Debatte, was nicht unbedingt bei allen Dringlichen der Fall ist, auch wenn die Diskussion eines wichtigen Themas zur Unzeit unterbrochen wurde.

Ich bin deswegen dankbar, Herr Kollege Haider, weil sich in dieser Debatte herausstellt, wer sich mit Sicherheitspolitik beschäftigt und wer Büttenreden hält. Und in diesem Zusammenhang zu­erst einmal zur Frage, die Sie immer wieder anschneiden, warum Österreich bei der CENCOOP mitmacht, und zu dem Märchen, das Sie mühsam aufzubauen versuchen, daß öster­reichisch-slowakisch-ungarische Kampfverbände zum Angriff gegen den Osten eingerichtet werden. (Abg. Mag. Stadler: Pfadfinder!)

Meine Damen und Herren! Nehmen Sie in diesem Zusammenhang schlicht und einfach zur Kenntnis, daß das, was hier geschieht, im Rahmen des Systems der Standby Forces der Ver­einten Nationen geschieht, und zwar unter voller Wahrung dessen, was die Charta der Vereinten Nationen vorsieht. (Abg. Mag. Stadler: Was heißt denn „forces“?) Herr Bundesminister Fasslabend möchte, wie er mehrfach erklärt hat, der NATO beitreten. Aber selbst er erklärt in einem Papier vom 19. Februar dieses Jahres, daß diese CENCOOP-Beteiligung unter voller Wahrung der Bestimmungen des Bundesverfassungsgesetzes vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs erfolgt, weil diese Zusammenarbeit weder auf einen Beitritt zu einem Militärbündnis noch auf die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf öster­reichischem Boden gerichtet ist.

Hören Sie auf mit diesen Ammenmärchen! Österreich ist, wie der Herr Bundeskanzler gesagt hat, kein Trittbrettfahrer. Aus diesem Grund üben wir internationale Solidarität und bereiten uns auch im Rahmen des SA-Systems der Vereinten Nationen darauf vor. Das ist es und nichts anderes. Und ich sage Ihnen, als Österreicher bin ich stolz darauf. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur zur Information, Kollege Haider: Im Kosovo gibt es keinen NATO-Einsatz. (Abg. Dr. Haider: Hat niemand behauptet!) In Bosnien findet im Augenblick der einzige NATO-Einsatz statt, und Österreich nimmt an elf von 17 Einsätzen der Vereinten Nationen teil. Um gleich auch Nach­fragen zu beantworten: In Albanien fand kein NATO-Einsatz statt, sondern ein Einsatz unter dem Leading-Nation-System der Vereinten Nationen.

Herr Kollege Haider! Die Vereinten Nationen haben eine friedenswahrende und friedens­schaffende Funktion. Österreich ist dort aktiv, und was dort geschieht, ist weitaus mehr, als in der NATO eben derzeit geschieht.

Ein Letztes im Zusammenhang mit dem, was Sie gesagt haben: Die Sicherheitspolitik in der sozialdemokratischen Fraktion und in der Regierung wurde konsensual unter Vorsitz des Bundeskanzlers erarbeitet. Sie werden in diesem Zusammenhang kein Blatt Papier zwischen mich, ihn und irgend jemanden anderen bringen. Wir sind in dieser Frage geschlossen, Herr Kollege Haider, weil wir nicht nur in der Sozialdemokratie über eine Mehrheit in diesem Zusam­menhang verfügen, sondern auch wissen, daß die österreichische Bevölkerung auf dem Boden dieses Gesetzes, das nach wie vor in Geltung steht, nämlich des Neutralitätsgesetzes, steht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Du wirst so unter Druck gesetzt, sonst schießt dich der Rudas ab! – Abg. Mag. Stadler: Deswegen geht der Rudas mit einer Anzeige gegen Sie, Herr Kostelka, vor!)

Wir haben auch deswegen die Überzeugung, für ein gutes bestehendes Sicherheitssystem Österreichs einzustehen, weil es für Österreich weniger Bedrohungen gibt als je zuvor. Daher gibt es kein Window of Opportunity, und es gibt auch keinen Grund, einer NATO beizutreten, die nicht neu ist. Neu ist die NATO nicht, wenn sie statt aus 16 aus 19 Mitgliedern besteht. Sie hat nach wie vor ein altes strategisches Konzept. Wie der Herr Bundeskanzler ausdrücklich gesagt hat, hat sie nach wie vor Anspruch auf den atomaren Erstschlag erhoben. Die Bedro­hungs­szenarien, die Sie in diesem Zusammenhang immer wieder in den Raum stellen, beweisen das ja.

Meine Damen und Herren von der freiheitlichen Fraktion! Sollen wir wirklich wegen Mig­rationsbewegungen, wegen ethnischer und religiöser Konflikte oder wegen der Sicherheit von Atomkraftwerken einem Militärbündnis beitreten? – Das ist doch in vollkommen klarer Weise eine Abstrusität des Gedankens. (Abg. Mag. Stadler: Rudas will Ihnen helfen!)

Herr Kollege Stadler! Wenn Sie jüngste Veröffentlichungen in „NEWS“ ansprechen, dann möchte ich sagen: Ich bin bereit, in meiner Fraktion Kontrollorganen die Buchhaltung zu öffnen. Ob Sie das tun, das ist die große Frage. Wir werden uns darüber morgen in der Präsidiale unterhalten. Mein Angebot liegt schon vor. Kommen Sie heraus und sagen Sie dasselbe! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Vorsicht! Rudas! Er bringt Sie in den Häfen, damit der Bundeskanzler in die NATO darf! – Zwischenruf bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Ich bin nicht der Rudas, ich habe mich rasiert!)

Meine Damen und Herren! Die SPÖ steht für einen umfassenden Sicherheitsbegriff, der sich nicht nur auf militärische Konzepte bezieht. Für uns ist Sicherheit nicht die Anwendung von Militärgewalt, sondern darüber hinaus die Anwendung politischer Mittel. Die Sicherheit bezieht neben der NATO und neben anderen Perspektiven selbstverständlich vor allem die UNO, die OSZE und die Europäische Union ein. Das ist eine wesentliche Forderung, die wir an das Sicherheitssystem stellen: Sie hat vor allem europäisch zu sein. Sie hat europäisch zu sein, um sicherzustellen, daß wir nicht eines Beschlusses des Senates der Vereinigten Staaten von Amerika bedürfen, um in Bosnien Sicherheit und ein Vermeiden von Krieg zu gewährleisten. (Abg. Mag. Stadler: Der Kanzler ist hinausgegangen bei deiner Rede!)

Meine Damen und Herren! Auch noch ein Wort zu den Kosten: Ich bin in diesem Zusam­men­hang wirklich der Überzeugung, was not tut, ist mehr Ehrlichkeit; ist deswegen mehr Ehrlichkeit, weil die Berechnungen, die vorgelegt werden, jeder Grundlage entbehren. Die Berechnung des Verteidigungsministeriums kommt zwar zu dem Ergebnis, daß ein NATO-Beitritt nur 700 bis 800 Millionen Schilling kosten würde, wenn man aber nachblättert, dann kommt man darauf, daß dem Ganzen ein Budget in der Höhe von 1 Prozent des BIP zugrunde gelegt wird, das heißt, es wird von vornherein von einem Militärbudget in Österreich ausge­gangen, das 3,5 Milliarden Schilling über dem liegt, was wir derzeit aufwenden, mit dem Ergebnis, daß man, wenn man alles zusammenrechnet, auf über 4,5 Milliarden Schilling mehr kommt, ein Betrag, meine Damen und Herren, der 20 Prozent über dem derzeitigen Budget liegt. (Abg. Scheibner: Das verlangen Sie doch selbst!)

Ich komme zum Schluß, meine Damen und Herren. Das, was wir brauchen, ist mehr Ehrlichkeit in der Diskussion. Herr Kollege Haider! Wir brauchen auch einen etwas weiteren Horizont, und wir brauchen weniger Denken in militärischen Kategorien. (Beifall bei der SPÖ.)

15.56


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Herbert Scheibner gemeldet. Sie kennen die Geschäftsordnung. – Bitte. (Abg. Schieder: Es ist keine tatsächliche Berichtigung, was er sagen will!)

15.56


Abgeordneter Herbert Scheibner¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Klubobmann Kostelka hat behauptet, daß die Teilnahme Österreichs an der Zentral­euro­päischen Kooperation nicht in Konflikt mit der angeblich noch bestehenden österreichischen Neutralität steht. (Abg. Schieder: Daß es Fasslabend sagt!) – Das ist unrichtig, meine Damen und Herren. (Abg. Schieder: O ja, der hat es gesagt! Das ist keine tatsächliche Berichtigung! Er hat gesagt: Fasslabend sagt!)

Für einen dauernd Neutralen gibt es zwei wichtige, zwei grundsätzliche Verpflichtungen: zum einen, daß dieser dauernd Neutrale kein Mitglied in einem Militärbündnis sein darf, und zum zweiten, daß er in Friedenszeiten alles zu tun hat, um zu verhindern, in einen Krieg oder in kriegerische Handlungen verwickelt zu werden. (Abg. Schieder: Das ist ein Debattenbeitrag! Sie mißbrauchen die Geschäftsordnung!)

Diese Zentraleuropäische Kooperation sieht nun unter ihren Aufgaben Maßnahmen der Frie­dens­durchsetzung, der Friedenskonsolidierung und der Friedensschaffung vor, Herr Kollege Schie­der, und Maßnahmen zur Friedensschaffung sind Kampfeinsätze gegen den Willen der Beteiligten. Das widerspricht den Grundsätzen des Völkerrechts, der Neutralität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.57


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Stadler: Der nicht ins Fernsehen wollte!)

15.57


Abgeordneter Dr. Andreas Khol¦ (ÖVP): Meine Damen und Herren! Die beste Sicherheitspolitik für unser Land herbeizuführen ist unsere Aufgabe. Ich glaube, der Bundeskanzler hat das auch sehr klar und deutlich gesagt. Er hat auch sehr klar und deutlich gesagt, daß dieser europäischen Sicherheitspolitik besonderer Vorrang zu geben ist. – Bis hierher sind wir mit den Aussagen des Bundeskanzlers voll einverstanden.

Interessant wird es aber dann, wenn er sagt, wie man dieses Ziel erreicht. Da möchte ich Sie, Herr Bundeskanzler, an die Erklärung erinnern, die Sie in Madrid abgegeben haben, weil Sie und vor allem auch mein Vorredner Peter Kostelka heute darauf eingegangen sind, daß es insbesondere die europäische Sicherheit sein müsse, die von europäischen Organisationen bestimmt werden sollte, um nicht in der Frage, ob man Frieden in Bosnien stiftet oder nicht, vom amerikanischen Kongreß abhängig zu sein.

Da möchte ich Peter Kostelka die Aussagen des Bundeskanzlers vorlesen, der in Madrid gesagt hat: „Die Entwicklung voll funktionsfähiger europäischer Sicherheitsstrukturen ist für Europas Sicherheit und daher auch für Österreich essentiell. Wir sind für eine Zusammenarbeit im Geiste der Solidarität willens und bereit. Wir sind uns der Tatsache bewußt, daß diese Aufgabe nur im Rahmen der transatlantischen Partnerschaft bewerkstelligt werden kann.“ (Abg. Dr. Haider: Der Bundeskanzler meint, der Atlantik ist Europa!) – Nur im Rahmen der transatlantischen Partner­schaft, ja. – „Die Schaffung einer neuen Friedensordnung in Europa ist ein fortschrei­tender Prozeß. In diesem Sinne sind die gestrigen Entscheidungen mehr als nur ein Tages­ord­nungspunkt einer weiteren internationalen Konferenz. Die gestrigen die Erweiterung betref­fenden Entscheidungen der Allianz“ – Kollege Kostelka kann der Wahrheit nicht entgegensehen, er hat sich verabschiedet – „sind für den Prozeß der Schaffung einer neuen NATO bei­spielhaft.“ – Und so weiter.

Ich glaube, daß wir in der Regierung einer Meinung sind, nur bedarf es eben größerer Kon­kretisierungen, um dieses Ziel zu erreichen.

Die Perspektive, die Peter Schieder gestern aufgezeigt hat, ist durchaus beachtlich. Unser Vize­kanzler hat gestern den NATO-Beitritt vertreten und gemeint, das wäre die erste Sicherheits­adresse. Ich glaube, daß für alle denkenden Menschen unbestritten ist, daß ohne NATO in Europa und in der Welt keine Sicherheitspolitik zu machen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der Regierungsbericht ist nicht zustande gekommen. Das ist ver­schüttete Milch, und bekanntlich steht es nicht dafür, über verschüttete Milch Tränen zu vergießen. Ich glaube allerdings, daß in dieser Angelegenheit die Stunde des Parlaments kom­men wird. (Abg. Mag. Stadler: Die wäre heute, Herr Khol!) Deswegen hat die Volkspartei ihre Option auf den Tisch gelegt und gestern als Antrag eingebracht. Diese Option liegt jetzt im Ausschuß, dort soll sie beraten werden. Es gibt bereits einen Ausschußtermin, und zwar am 8. Mai, und wir können dann diese Option beraten – eine rotweißrote Option. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler – eine Broschüre in die Höhe haltend –: Schauen Sie, Sie können dem heute zustimmen! Das ist das Titelbild der Option!)

Wir können auch die Option der Grünen beraten – ich bin überzeugt davon, daß die Grünen diese Option heute einbringen werden –, bei der allerdings interessant ist, daß dort, wo „Öster­reich“ steht, ein Loch ist. (Der Redner zeigt eine Broschüre.) Dort, wo bei uns rot-weiß-rot ist, ist bei Ihnen ein großes Loch, meine Damen und Herren von den Grünen! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei den Grünen: Sehr witzig!) Aber trotzdem möchte ich sagen, es ist beachtenswert, daß Sie sich der Mühe unterzogen haben, Ihre Vorstellungen, die durchaus diskussionswürdig sind, auf den Tisch zu legen.

Bei der FPÖ gehe ich davon aus, daß sie heute in bewährter Manier das machen wird, was sie immer wieder tut: Anträge von uns abzuschreiben und hier einzubringen, sie zur Abstimmung zu bringen, um auf diese Weise zu zeigen, daß sie schneller ist – wie der Hase und der Igel. (Abg. Mag. Stadler: Was tut die ÖVP denn?!) Wir sind aber froh, daß sich die Freiheitlichen unserer Option anschließen. (Abg. Mag. Stadler: Das werden wir sehen, ob die ÖVP sich ihrer eigenen Option anschließt!) Es ist immer eine gute Haltung, Herr Kollege „Waldi“ Stadler, wenn man Dinge, die klug sind, abschreibt. (Abg. Mag. Stadler: Was wird die ÖVP mit ihrer eigenen Option machen? Werden Sie zustimmen?) Manche schreiben allerdings auch Dinge ab, die nicht klug sind. – Jedenfalls sollte das, was Sie heute als Option vorlegen, auch im Ausschuß beraten werden. (Abg. Scheibner: Herr Kollege Khol! Von welchem Antrag sprechen Sie?)

Die Liberalen haben bereits ihre Option des WEU-Beitritts vorgelegt, die wiederum mit Vor­stellungen, die Peter Schieder gestern anklingen hat lassen, konform geht. Und ich gehe davon aus, daß auch die Sozialdemokraten ihre Vorstellungen auf den Tisch legen werden. All das können wir dann im Ausschuß beraten. Das ist schon ein Grund (Abg. Mag. Stadler: ... warum Sie gegen die eigene Option stimmen werden!), Herr Kollege Stadler, warum wir heute Ihren Winkelzug, unseren Antrag abzuschreiben und, bevor er in den Ausschuß kommt, hier zur Abstimmung zu stellen, um damit Zwist zu säen, nicht unterstützen und diesem Antrag nicht zustimmen werden. Wir brauchen die Ausschußberatungen. Wir wollen Konsens, Sie wollen Zwietracht! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben auch die Einrichtung eines Rates für Sicherheit vor­geschlagen. 1989 wurde der EU-Beitritt im Integrationsrat vorbereitet, dem alle Parteien, die Vertreter der Sozialpartner, die Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden ange­hören; ein Rat, der sich von 1989 bis zum Beitritt 1994 sehr bewährt hat.

Ich denke, daß wir mit unserem Vorgehen gestern und heute klarmachen: Wir wollen einen breiten Konsens, wir wollen eine breite Mehrheit in diesem Haus. Man kann nicht einen so gewichtigen Schritt wie den Beitritt zu einer umfassenden Sicherheitsorganisation mit der knappest möglichen Mehrheit machen. Vor allem bedarf es der Diskussion und dessen, was im Zuge der Beratungen um die europäische Integration so wichtig war: breiter Aussprache, Exper­ten-Hearings, breiter Diskussion. Daher wollen wir diesen Rat für Integrations- und Sicherheits­fragen, und daher wollen wir die Ausschußberatungen, die wir am 8. Mai aufnehmen werden.

Unser Antrag geht auch nicht in die Richtung, daß wir jetzt sofort der NATO beitreten sollen. Wir glauben aber, daß das eine wichtige Perspektive ist, und wollen vor allem die offenen Fragen erkunden. Wir haben schon von unseren Vorrednern gehört, daß es in diesem Bereich sehr viele Mißverständnisse gibt. Wer etwa heute noch davon spricht, daß die NATO eine atomare Erstschlagdoktrin hat, der kennt die letzten Beschlüsse dieser Organisation nicht. Wir sollten auch erkunden, wie das Anforderungsprofil aussieht, das im Falle des Beitritts zu einer solchen Organisation an uns gestellt wird. Wir sollten auch die Kosten erkunden; auch diesbezüglich gibt es ja Schauermärchen. All das sollte in Form eines intensivierten Dialoges erfolgen. Diesen intensivierten Dialog schlagen wir vor, und wir sollten die Beratungen darüber aufnehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Warum glauben wir, daß die NATO eine wichtige und gute Adresse ist? – Die NATO ist heute eine Organisation der Krisenvorbeugung und Krisenverhinderung. Die NATO ist ein Bündnis und hilft Mitgliedern, die angegriffen werden. Die NATO ist ein Bündnis der Solidarität. Darauf hat Wolfgang Schüssel gestern hingewiesen. Wer hält am Balkan den Schädel hin? – Es ist die UNO, und es ist die NATO. Die NATO wäre die Möglichkeit zu kostengünstiger Sicherheit, und die NATO ist die Friedensorganisation der großen Demokratien in Europa.

Wir werden daher dem Dringlichen Antrag der Freiheitlichen nicht zustimmen. Die Freiheitlichen wollen die Ausschußberatungen verhindern, die Freiheitlichen wollen den Konsens nicht her­stellen (Abg. Mag. Stadler: Aber ja, mit Ihnen, mit der ÖVP!), die Freiheitlichen wollen über­stimmen, nicht überzeugen. Im übrigen: Mit Ihrer Mehrheit, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, wäre nichts gewonnen, denn niemand gibt uns die Garantie, daß nicht das gleiche passiert, was beim EU-Beitritt passiert ist: Zuerst waren Sie dafür, und dann haben Sie dagegen gestimmt. Das ist die wildeste Zickzackpolitik, die es gibt! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Mit der Freiheitlichen Partei ist keine Sicherheitspolitik zu machen. Ich vertraue auf die Beratungen im Parlament, und ich vertraue darauf, daß es einen Über­zeugungsprozeß gibt.

Am 28. Jänner 1987 hat der damalige Bundeskanzler Vranitzky folgendes gesagt – ich zitiere aus dem Pressebericht –: „In seinen außenpolitischen Ausführungen nach dem Ministerrat betonte Vranitzky, daß er die Aufgabe habe, die Gemeinsamkeit in der Außenpolitik zu steuern. Gleichzeitig ging er auf sein Bestreben ein, die Abmachungen mit der EG zu intensivieren. Eine Vollmitgliedschaft komme nicht in Frage. Österreich bekenne sich zu den Verpflichtungen des Staatsvertrages. Dies bedeute politische Autonomie und kein Engagieren in politischen Bünd­nissen.“ – Einige Monate später haben wir den Beitrittsantrag gestellt.

Ich vertraue auf die Kraft der Geschichte, ich vertraue auf die Kraft der Überzeugung. Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade! Wir werden dieses Ziel erreichen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.07


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. – Bitte.

16.07


Abgeordneter Hans Helmut Moser¦ (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! (Ruf: Herr Bundeskanzler!) Entschuldigung. Herr Bundeskanzler! Ich freue mich, und es ist schön, daß der Herr Bundeskanzler heute an dieser sicherheits­politischen Debatte teilnimmt. Aber es ist bedauerlich, daß wir in diesem Hohen Haus immer nur dann über sicherheitspolitische und außenpolitische Fragen diskutieren, wenn seitens der Oppositionsparteien Aktivitäten gesetzt werden, so wie etwa der heutige Dringliche Antrag. (Abg. Dr. Khol: Was ist gestern gewesen? Was war gestern?!)

Herr Kollege Khol! Eigentlich hätte ich mir erwartet, daß seitens der Österreichischen Volks­partei oder seitens der beiden Regierungsparteien ein Dringlicher Antrag kommt, denn die Dringlichkeit dieser sicherheitspolitischen Debatte ist tatsächlich gegeben. Diesen Zeitdruck haben sich die Regierungsparteien ja selbst auferlegt, weil man vereinbart hat, bis zum Beginn der Vorsitzführung Österreichs im Rahmen der Europäischen Union dem Parlament einen Optionenbericht vorzulegen, damit wir darüber diskutieren und dann eine Entscheidung treffen können. Das ist bis heute nicht geschehen, und daher besteht eine Dringlichkeit dahin gehend, daß wir uns mit den Perspektiven der österreichischen Sicherheitspolitik entsprechend ausei­nandersetzen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Jetzt ist das Parlament am Zuge. Ich hoffe, Herr Kollege Schieder – ich darf hier noch einmal wiederholen, was ich bereits gestern gesagt habe –, daß wir tatsächlich im Rahmen des Unterausschusses des Außenpolitischen Ausschusses eine ausführliche Diskussion werden führen können, daß es nicht eine einmalige Diskussion sein wird, sondern daß mehrere Sit­zungen stattfinden und daß die Optionen, die es gibt, auch entsprechend analysiert und beraten werden.

Herr Bundeskanzler! Ich muß Ihnen widersprechen, wenn Sie meinen, daß der Eindruck entstehen kann, daß Österreich bisher keine Sicherheitspolitik gehabt hätte. Das stimmt einfach nicht. Niemand bestreitet den Nutzen, den die Neutralität als sicherheitspolitische Konzeption in den vergangenen Jahrzehnten gehabt hat. Aber, Herr Bundeskanzler, die sicherheitspolitischen Voraussetzungen für unser Land haben sich geändert. Es gibt in Osteuropa seit dem Jahr 1989, seit dem Fall der Berliner Mauer, eine Entwicklung in Richtung Demokratie. Es ist eine Tat­sache – auch Sie haben das ganz besonders hervorgehoben –, daß Österreich seit 1995 Mit­glied der Europäischen Union ist. Daher haben sich auch die sicherheitspolitischen und außenpolitischen Voraussetzungen für Österreich geändert. Wir haben das wirklich als Faktum zur Kenntnis zu nehmen und vor allem auch die Konsequenzen daraus zu ziehen.

Ich werde noch darauf zurückkommen, weil ich es wirklich bedauerlich finde, daß wir die Chancen, die sich aus dem Beitritt zur Europäischen Union ergeben haben, bis heute nicht richtig genutzt haben. Wir sind Beobachter bei der Westeuropäischen Union, wir haben bislang nicht die Möglichkeit wahrgenommen, Mitglied in der Westeuropäischen Union zu werden. Wir haben in den anderen parlamentarischen Gremien maximal Beobachterstatus und sind damit in einer schlechteren Position als beispielsweise die früheren Staaten Osteuropas oder Südost­europas.

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß es wirklich notwendig ist, die Fragen der Sicherheitspolitik in diesem Hohen Hause in Hinkunft verstärkt zu behandeln. Es sind wirklich viele entscheidende Fragen an diesem Parlament vorbeigegangen. Herr Bundeskanzler! Ich darf Sie zum Beispiel an die Frage der Teilnahme Österreichs an der „Partnerschaft für den Frieden“ im Rahmen der NATO erinnern. Das ist ein politischer Staatsvertrag, und daher hätte das Parlament damit befaßt werden müssen. Oder die Frage von CENCOOP: Da geht es um eine Kooperation mit anderen Staaten in Fragen, die die Sicherheit des Landes berühren, in Fragen der öffentlichen Sicherheit und der militärischen Landesverteidigung. Daher wäre das Parlament aufgrund des Artikels 50 der Bundesverfassung damit zu befassen. Das hat die Bundesregierung bis heute verabsäumt, und ich erwarte, daß wir zumindest im Zuge der Debatte über die sicherheitspolitischen Optionen auch darüber noch werden reden können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Wenn die Österreichische Volkspartei einen Antrag vorgelegt hat, dann muß ich fragen: Was sollen wir mit diesem Antrag wirklich machen, wenn gleichzeitig die Parole ausgegeben wird, Herr Klubobmann Khol, daß darüber nicht abgestimmt werden darf? (Abg. Dr. Khol: Im Ausschuß!) Das heißt, Sie wollen von vornherein keine ernsthafte Debatte im Ausschuß. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Khol.) Ja, Sie wollen im Ausschuß de­bat­tieren, aber der Sinn einer Debatte im Ausschuß ist ja, daß darüber dann auch im Plenum diskutiert wird und daß dann auch im Plenum eine Abstimmung erfolgt. Wenn Sie sagen, über Ihren Antrag darf nicht abgestimmt werden, dann verhindern Sie von vornherein eine seriöse, sinnvolle Debatte. Sie wollen keine Abstimmung und damit auch keine Diskussion und keine Beratung.

Ich glaube, wir brauchen eine sehr offene Diskussion. Es sollten alle Optionen, die es gibt, ... (Abg. Dr. Khol: Wo wollen Sie denn diskutieren?) Zuerst im Ausschuß und dann im Plenum. (Abg. Dr. Khol: Ja, so wollen wir es auch!) Aber wenn Sie Ihre Option, Herr Kollege Khol, gar nicht ins Plenum bringen wollen, weil das hieße, darüber abzustimmen ... (Abg. Dr. Khol: Haben wir ja! Wir wollten sie nur nicht im Zuge der gestrigen Debatte abgestimmt haben!) Lieber Herr Kollege Khol! Es ist die Parole ausgegeben worden, die Österreichische Volkspartei bringt einen Antrag ein, aber es wird darüber nicht abgestimmt.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Herr Abgeordneter Moser! Damit da kein Irrtum entsteht: Alle Anträge, die in der heutigen Sitzung eingebracht werden und den geschäftsordnungsmäßigen Voraussetzungen entsprechen, werden selbstverständlich abgestimmt. Darüber brauchen wir uns nicht zu streiten.

 


Abgeordneter Hans Helmut Moser¦ (fortsetzend): Herr Präsident! Das stimmt schon. Ich gehe davon aus, daß Sie gemäß der Geschäftsordnung vorgehen. Aber der Herr Klubobmann Khol hat von vornherein erklärt, daß es über den Antrag, den die Österreichische Volkspartei einge­bracht hat und der dem Außenpolitischen Ausschuß zugewiesen werden soll, dann zu keiner Abstimmung im Parlament kommt. Das ist gesagt worden, und daher ist man gar nicht bemüht – das ist meine Schlußfolgerung –, hier eine ernst­hafte Diskussion zu führen.

Ich meine, daß eine derartige Diskussion notwendig ist und daß alle Optionen auf den Tisch gelegt werden müssen. Die Optionen der Grünen kennen wir, wir kennen die Optionen der Freiheitlichen und auch jene der Österreichischen Volkspartei. Und ich denke, daß man im Zuge der Diskussion auch fair informieren und einmal von dieser Greuelpropaganda wegkommen wird müssen.

Ich bedauere wirklich, daß Herr Klubobmann Kostelka heute seine Einschätzung der NATO wieder wie folgt erläutert hat: Die NATO ist nicht neu, sie ist ein altes Konzept; atomarer Erst­schlag. – Herr Klubobmann, das stimmt nicht! (Abg. Dr. Kostelka: O ja!) Die NATO kennt den atomaren Erstschlag nicht mehr. Sie kennt nur die Antwort auf einen atomaren Erstschlag. Das hat die NATO in ihrer Konzeption, aber nicht einen Erstschlag im Falle eines Angriffes, von wem auch immer. (Abg. Schieder: Das ist aber auch nicht exakt! Die Antwort auf einen Erstschlag mit atomaren Waffen!) Mit atomaren Waffen; das steht im Antrag. (Abg. Schieder: Die Antwort ist das!) Richtig, aber Herr Kollege Kostelka hat von einem Erstschlagskonzept der NATO gesprochen. (Abg. Schieder: Ja, die NATO verwendet es als erste!) Das ist falsch. Die NATO verwendet es nicht als Erstschlag. Die NATO verwendet es als Antwort auf einen Erstschlag eines anderen Landes. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Kollege Kostelka! Sie haben offensichtlich die Entwicklung der letzten Jahre verschlafen. (Abg. Dr. Kostelka: Das strategische Konzept ist nach wie vor alt!) Ich darf Sie daran erinnern: Die NATO hat Grundakte mit Rußland abgeschlossen. Die NATO hat sich entwickelt, die NATO hat sich verändert. Es gibt die Grundakte mit Rußland (Abg. Dr. Kostelka: Völkerrechtlich nicht verbindlich!), es gibt das Partnerschaftsabkommen mit der Ukraine, es gibt weitere Mitglieder in der NATO. Es gab die Konferenz von Berlin und die Konferenz von Madrid, wo die NATO neue Strukturen festgelegt hat. Die NATO hat weniger Streitkräfte als vor Jahren. Es gibt den NATO-Kooperationsrat. Es gibt neue Schwerpunkte in der Aufgabenstellung der NATO, sie bewegt sich weg von der klassischen militärischen Verteidigung hin zum Krisenmanagement. Das ist die Entwicklung der NATO, Herr Klubobmann Kostelka. Es hat sich tatsächlich eine neue Ent­wicklung ergeben und sich etwas verändert.

Ich meine, daß die Perspektive Österreichs in der zukünftigen europäischen Dimension unserer Sicherheitspolitik liegen sollte. Ich denke, daß wir alles daransetzen sollten, damit sich aus der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, zu der wir uns im Rahmen der Europäischen Union bekennen, auch eine entsprechende gemeinsame Verteidigungspolitik entwickelt. Die Euro­päische Union sollte endlich zu politischen Entscheidungen über mögliche Aktivitäten sicherheitspolitischer Natur auf dem europäischen Kontinent kommen, weil sie die Verant­wortung für den Frieden und die Sicherheit auf diesem Kontinent hat. Sie hat Verantwortung für 370 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Zu ihren Aufgaben gehört auch die Integration und Weiterführung der Integration in sicherheitspolitischer Hinsicht.

Das wäre eine Perspektive, der wir uns verschreiben sollten. Der Herr Bundeskanzler hat sich in diese Richtung geäußert, und Herr Kollege Schieder hat sich gestern ebenfalls dahin gehend geäußert, und ich gehe davon aus, daß er das auch heute sagen wird. In dieser europäischen Dimension sollte unser zukünftiger Weg liegen. Die Konsequenz und die logische Schluß­folgerung daraus kann nur die Mitgliedschaft in der Westeuropäischen Union sein. Weil diese Westeuropäische Union der sicherheits- und verteidigungspolitische Arm der Europäischen Union ist, weil diese Westeuropäische Union – gerade nach Amsterdam – Aufgaben der Euro­päischen Union in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik übernehmen wird, sollten wir dort mitbestimmen und mit entscheiden. Das wird aber nur möglich sein, wenn wir Mitglied dieser Organisation sind.

Das ist unsere Perspektive. Wir haben unseren Antrag entsprechend eingebracht, und ich glaube, daß im Zuge der Beratungen des Ausschusses auch über diese Option ernsthaft diskutiert werden sollte. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.19


Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, gebe ich bekannt, daß die Abgeordneten Wabl und Genossen gemäß § 33 Abs. 1 GOG die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung folgenden Gegenstandes beantragt haben: Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Ausreise der Täter nach den sogenannten Kurden-Morden.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen An­trag durchzuführen. Nach § 33 Abs. 2 GOG finden Debatte und Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung des Nationalrates statt.

*****

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Kammerlander. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.20


Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Kolle­ginnen und Kollegen! – Herr Kollege Khol! Ich kann Ihnen schon erklären, was das ist (die Rednerin hält eine Broschüre in die Höhe): Das ist kein Loch, das ist eine weiße Zone. (Abg. Hans Helmut Moser: Ein weißer Fleck!) Wenn Sie die Gelegenheit wahrgenommen hätten, einen Blick in unseren Optionenbericht zu werfen, vor allem in das letzte Kapitel (Abg. Dr. Khol: Habe ich!), dann hätten Sie feststellen können, daß einer unserer Vorschläge zu diesen Optionen, eine der Möglichkeiten, die Österreich hat, lautet, sich aktiv an der Schaffung weiterer solcher weißer Zonen zu beteiligen.

Was sind diese weißen Zonen? – Das sind militärisch verdünnte Zonen, atomwaffenfreie Zonen, neutrale oder paktunabhängige Zonen. Und das ist übrigens eine Fortsetzung dessen, Herr Kollege Khol, was wir Grünen hier schon öfters beantragt und auch verschiedentlich in Briefen an den Außenminister und auch an den Bundeskanzler ventiliert haben, daß sich nämlich beide im Rahmen von internationalen Organisationen, internationalen Gremien zur Schaffung von atomwaffenfreien Zonen dafür stark machen sollen.

Diese atomwaffenfreien Zonen sind Voraussetzung für die weißen Zonen. Es macht auch durchaus Sinn, daß diese weißen Zonen von militärisch sehr verdichteten Gebieten umgeben sind – um das einmal so auszudrücken –, in denen sehr viel mehr an militärischem Potential vorhanden ist.

Aber damit komme ich bereits zu einem Punkt, der heute hier vor allem vom Antragsteller Scheibner vertreten und dann noch von Herrn Kollegen Moser verstärkt wurde. Und da frage ich mich manchmal – ich kenne das ja aus diversen Diskussionen –, ob ich mich hier in einer Märchenstunde befinde oder ob das alles vielleicht im Bereich der Legenden und Sagen liegt. Da wird nämlich so getan, als ob wir gar nicht mehr über Atomwaffenstationierungen sprechen müßten, als ob das ad acta gelegt und vorbei wäre, als ob es keine bodengestützten Atom­waffen oder keine atomare Abschreckung mehr gäbe – und so weiter –, als ob das alles nicht stimmen würde. Dabei wissen Sie sehr genau darüber Bescheid, Herr Kollege Scheibner! (Abg. Scheibner: In Rußland gibt es das noch!)

Fangen wir einmal bei der Stationierung von Atomwaffen in Österreich und auch in den anderen Ländern, die jetzt der NATO beitreten möchten, an. Es gibt keine völkerrechtlich verbindliche Erklärung der NATO, daß es zu keiner Stationierung von Atomwaffen kommen wird. Es wird auch keine völkerrechtlich verbindliche Erklärung geben, weil die NATO ausdrücklich sagt, daß es in Krisenfällen nicht ausgeschlossen werden kann, daß es zur Stationierung und Durchfuhr von Atomwaffen und natürlich in der Folge auch zur Anwendung von Atomwaffen kommen kann und kommen wird.

Zum zweiten Punkt. Sowohl die NATO als auch die Westeuropäische Union haben nach wie vor die nukleare Abschreckung in ihrem Programm, in ihren Zielen, enthalten. Die Frage, Herr Kollege Moser, was ein Erstschlag ist oder wer den Erstschlag setzt, ist eher eine semantische als eine tatsächlich politische Frage. Ich kann mir nicht vorstellen – und die NATO kann sich das selbst auch nicht vorstellen –, daß die NATO ein derartiges Potential an Atomwaffen schafft, nur um dann abzuwarten, bis sie zuerst angegriffen wird. Inzwischen erübrigt sich diese Frage ja insoferne, als niemand sagen kann, wer denn die NATO überhaupt angreifen würde, weil sich ja, wie wir wissen, die geopolitische Situation verändert hat – und das nicht nur in Europa. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) – Die Angriffsmöglichkeiten sind nicht mehr im früheren Ausmaß gegeben. Wir wissen zum Beispiel, daß es gegenüber Rußland eine Vorwarnzeit von fünf bis zehn Jahren gibt – das muß man natürlich in Betracht ziehen –, und auch, daß es nicht mehr die Situation wie zu Zeiten des kalten Krieges gibt.

Dritter Punkt, was Atomwaffen betrifft. Wenn all dem so ist, dann frage ich mich: Warum hat die Bundesregierung diese Obsoleterklärung abgegeben, übrigens ohne das Parlament zu befragen, geschweige denn das Volk? – Sie hat im Jahre 1990 gegenüber den Signatarstaaten erklärt, daß jener Passus im Staatsvertrag, der das Verbot von Atomwaffen geregelt hat, obso­let, außer Kraft gesetzt ist. Warum hat denn die Bundesregierung das getan, wenn nicht als Vorbereitung auf einen Beitritt zur NATO oder zur WEU? Warum denn sonst?! Welchen Sinn hätte es gehabt, diese Obsoleterklärung abzugeben? – Das müssen Sie mir einmal erklären, wenn Sie mir hier weismachen wollen, daß die Frage der Atomwaffen nur mehr „Schnee von gestern“ ist. Dann hätten wir uns das ersparen können und wären jetzt ein ganzes Stück weiter.

In einem Punkt gebe ich Ihnen ja recht: daß nämlich schon viele Dinge geschehen sind, die den Staatsvertrag und die Verfassung eigentlich schon längst außer Kraft gesetzt haben. Und im übrigen: Mit der Unterstützung der „Petersberger Erklärung“ von 1992 hat Österreich alle Erklä­rungen seit dem Jahre 1984 zustimmend zur Kenntnis genommen, darunter interessanterweise auch die „Haager Plattform“ von 1987. Diese „Haager Plattform“ regelt nämlich den Einsatz von nuklearen Waffen bei der Verteidigung Europas. Das wurde zustimmend zur Kenntnis genom­men. Sie können nicht hier zum Rednerpult gehen und uns erzählen, daß das alles keine Rolle mehr spielt, denn wenn das so wäre, dann hätten wir uns das alles ja wohl ersparen können, dann hätte in der „Petersberger Erklärung“ 1992 ja nicht mehr stehen müssen, daß alle, die dieser Erklärung zustimmen, alle Erklärungen seit 1984 zustimmend zur Kenntnis nehmen.

Schlußendlich – um auf Österreich zurückzukommen – zur Reform des Atomsperrgesetzes. Erst jetzt, nachdem offensichtlich geworden ist, daß die Koalition zu keinem gemeinsamen Optionenbericht kommt, zeichnet sich zumindest bei der Sozialdemokratie Zustimmung ab, was die Stationierung, aber auch die Durchfuhr von Atomwaffen betrifft. Bis jetzt war es nicht möglich, das in Gesprächen über eine Reform des Atomsperrgesetzes auch nur zu thema­tisieren.

Zu guter Letzt zu Ihrem Argument hinsichtlich der bodengestützten Atomwaffen. Auch das stimmt nicht – und Sie wissen ganz genau, daß das nicht stimmt. (Abg. Scheibner: Woher wissen Sie das schon wieder?) Es gibt in Westeuropa nach wie vor 520 außerhalb der Besitzländer stationierte Atombomben (Abg. Scheibner: Wo?!), und zwar an 14 verschiedenen Orten in Deutschland, Großbritannien, Belgien, Holland, Italien, Griechenland und in der Türkei. (Abg. Scheibner: Das ist völlig falsch!) Selbstverständlich gibt es das noch, zwar reduziert – das ist richtig –, aber nach wie vor. (Abg. Scheibner: Woher haben Sie das?! Sagen Sie, woher Sie das haben!) Sie wissen, daß nach wie vor genug Atombomben in Westeuropa lagern – mit einer Gesamtsprengkraft, die das Potential der Atombombe von Hiroshima um ein Tausendfaches übersteigt.

Und folgendes stammt ebenfalls aus dem Reich der Legenden. Sie haben die NATO-Debatte sozusagen am schwächsten Punkt begonnen, dabei ist dieser gerade am einfachsten zu wider­legen: Es stimmt nämlich nicht, daß die NATO mit Atomwaffen, mit Atomwaffenstationierung nichts mehr zu tun hat. Das ist einfach nicht richtig. (Abg. Scheibner: Es ist aber so!)

Wenn im Zusammenhang mit der NATO-Mitgliedschaft irgend jemand ein Trittbrettfahrer ist, dann ist das die österreichische Rüstungsindustrie und das österreichische Bundesheer. (Abg. Mag. Stadler: Und die ÖVP!) Denn eines ist unbestritten – und das wissen wir –, daß nämlich seit dem Fall des Eisernen Vorhanges, seit dem Ende des Kalten Krieges die Rüstungsindustrie dramatische Einbußen erlitten hat – vor allem die westeuropäische, die osteuropäische und die russische Rüstungsindustrie. Die einzigen, die von einer NATO-Osterweiterung profitieren, sind die amerikanischen Rüstungsbetriebe. Das sind die einzigen, die seit dem Jahre 1987 zugelegt haben und trotz aller gegenläufigen Tendenzen nicht am absteigenden Ast sind. (Abg. Scheibner: Das ist ein Unsinn! Wollen Sie die europäische Rüstungsindustrie stär­ken?) Das können Sie nachlesen. Das ist veröffentlicht. Das können Sie jederzeit überprüfen.

Zuletzt noch folgendes: Zum Begriff „friedenschaffend“ haben Sie beziehungsweise hat Herr Kollege Haider gesagt, er beinhalte auch militärische Angriffe. Das kann schon stimmen (Abg. Scheibner: Das ist auch so!), aber damit kommen wir auf einen Punkt zu sprechen, der vor allem die Koalition betrifft: Sie hat nämlich wieder einmal bei der Vorlage zur Zentral­europäischen Initiative, zur CENCOOP, im Ministerrat nur den deutschen Wortlaut vorliegen gehabt, als das beschlossen wurde. Im deutschen Wortlaut ist die Rede von „friedenschaf­fend“, in der englischen Vorlage steht klarerweise „peace support“.

Wenn Sie sich mit den NATO-Dokumenten einigermaßen befassen, dann wissen Sie, daß „peace support“ etwas ganz anderes bedeutet, nämlich genaue Durchführungsbestimmungen für Interventionen. (Abg. Scheibner: Auch das stimmt nicht!) Es ist das Programm der Interventionen. Es ist aber andererseits klar, daß vor allem die SPÖ, die Sozialdemokratie, auf der Grundlage dieses sehr schwammigen Betriffs des Friedenschaffens ständig versucht, sozu­sagen herüberzuretten, daß das mit der Neutralität vereinbar sei, während wir längst wissen, daß das nicht vereinbar ist. (Abg. Scheibner: Das ist alles falsch!)

Ich bringe daher einen Entschließungsantrag ein, der beinhaltet, daß eine Volksabstimmung durchzuführen ist, bevor weitere Schritte gesetzt werden, wie sie etwa mit der Mitgliedschaft bei der „Partnerschaft für den Frieden“ oder mit der Unterschrift unter der „Petersberger Erklärung“ bereits erfolgt sind.

Dieser Antrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Kammerlander, Dr. Petrovic, Wabl, Freundinnen und Freunde betref­fend sofortige Abhaltung eines Volksentscheides über die „immerwährende Neutralität“ Öster­reichs und die Zukunft der österreichischen Sicherheitspolitik

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die die Vor­aussetzungen dafür schafft, daß vor jedem weiteren Abbau der Neutralität (wie sie die Revision der Maastrichter EU-Verträge darstellt, die zu einer weiteren Einbindung der WEU in die Sicherheitspolitik der EU führt und durch die anstehende Ratifikation des Truppenstatutes der NATO im Hohen Haus demnächst auf der Tagesordnung zu erwarten ist) eine „Volksabstim­mung über die Zukunft der immerwährenden Neutralität Österreichs“ durchzuführen ist.

*****

(Beifall bei den Grünen.)

16.30

...Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der von der Frau Abgeordneten Kammerlander vorgetragene Entschließungsantrag liegt vor, ist ordnungsgemäß unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

16.30


Abgeordneter Mag. Herbert Haupt¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Dringliche Antrag von uns Frei­heitlichen und die Debatte über selbigen haben ja am heutigen Tag – jedenfalls, was mich betrifft – zu einigen überraschenden Ergebnissen geführt.

Auf der ersten Seite des ÖVP-Papiers wird uns Freiheitlichen von Klubobmann Khol unterstellt, daß wir die Diskussion beenden und nunmehr partout einen Beschluß herbeiführen wollten. Ich meine, das Kurzzeitgedächtnis dieses Parlamentes beziehungsweise zumindest jenes des Klubobmannes Khol ist wohl verlorengegangen. Es ist mir daher wichtig, zu rekapitulieren, daß Herr Abgeordneter Spindelegger und Herr Abgeordneter Peter Schieder am 19. Februar 1996 einen Antrag eingebracht haben, in dem für 31. März 1998 die Vorlegung des Optionenberichtes im Parlament mit der Mehrheit dieses Parlaments verlangt wurde.

Ich glaube daher nicht, daß wir, die Opposition, die – wie es etwa Peter Schieder ausgedrückt hat – „Keule“ des Termindruckes schwingen, sondern daß die Abgeordneten Schieder und Spindelegger mit der Mehrheit dieses Parlaments bereits vor mehr als einem Jahr die „Keule“ eines Beschlusses herbeigeführt haben. (Abg. Schieder: Das Wort „verlangt“ ist inkorrekt!)

Herr Kollege Schieder! Es hat geheißen: „spätestens im Laufe des ersten Quartals 1998.“ – Sie werden doch den Text Ihrer eigenen Entschließung nicht bestreiten, Herr Kollege Schieder! Falls Sie ihn schon vergessen haben sollten, lese ich Ihnen diesen gerne vor, damit Sie den korrekten Text Ihrer eigenen Entschließung hier zu Gehör bekommen, damit Sie wissen, wer die „Keule“ mitgebracht hat. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Wo steht das Wort „verlangt“? Wo steht das Wort „verlangt“ in diesem Zusammenhang?)

In Ihrer Entschließung heißt es – ich zitiere –: Die Bundesregierung wird in diesem Antrag weiters aufgefordert, „im Lichte des Verlaufs der Regierungskonferenz und der Entwicklung in der europäischen Sicherheitspolitik alle weiterführenden sicherheitspolitischen Optionen, ein­schließlich der Frage einer Vollmitgliedschaft Österreichs in der WEU, einer umfassenden Über­prüfung zu unterziehen und dem Parlament hierüber noch vor der Übernahme des EU-Vorsitzes durch Österreich, spätestens jedoch im Laufe des ersten Quartals 1998 zu berichten“. (Wiederholte Ja-Rufe des Abg. Schieder. – Abg. Schieder: Wo ist das Wort „verlangt“? – Abg. Scheibner: Aufgefordert!)

Herr Kollege Schieder! Sie können hier semantisch das Wort „verlangt“ in den Raum stellen: Vom Inhalt her war sich das Hohe Haus darüber einig, daß zumindest bis Ende des ersten Quartals, also bis 31. März 1998, dieser Optionenbericht vorzulegen ist, Herr Kollege Schieder. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: „Verlangt“ ist etwas anderes! Zwischen „verlangen“ und „auffordern“ ist ein Unterschied! Verlangt haben wir gar nichts! – Abg. Dr. Khol: Er hat nichts verlangt! – Abg. Mag. Stadler: Er hat es nur beschlossen!)

Herr Kollege Schieder! Es ist für mich wirklich geradezu kurios, daß heute ausgerechnet Sie und Herr Klubobmann Khol den Zeitdruck beklagen und ihn als Grund dafür angeben, warum Sie dem vorliegenden Dringlichen Antrag der Freiheitlichen heute nicht zustimmen können. (Abg. Schieder: Ich habe keinen Zeitdruck!)

Den Zeitdruck, Herr Kollege Schieder, falls überhaupt einer bestanden hat, haben Sie und Herr Kollege Spindelegger sich mit Ihrer Entschließung, die eine Mehrheit in diesem Hause gefunden hat, selbst gesetzt. Und Sie wissen das auch ganz genau, wenn Sie jetzt wieder relativ freundlich aus der ersten Bankreihe hier herüberlächeln. Sie wissen auch ganz genau, daß Sie offensichtlich den Zeithorizont unterschätzt haben, innerhalb dessen Sie auf einen gemein­samen Nenner in den innerkoalitionären Verhandlungen hätten kommen können.

Da Sie sich im außenpolitischen Bereich bewegen, wissen Sie weiters ganz genau, Herr Kollege Schieder, daß Ihre eigenen Parteifreunde aus der Sozialistischen Internationale sowie die Freunde aus den NATO-Staaten das eigentlich nur mehr mit Kopfschütteln betrachten.

Für einen Umstand bin ich allerdings dankbar, daß nämlich in der heutigen Diskussion wenig­stens jener Schwachsinn aufgehört hat, davon zu sprechen, daß nunmehr durch den Antrag der Freiheitlichen die NATO-Grenze näher an Moskau gerückt wird, denn offensichtlich haben Sie seit der gestrigen Debatte wenigstens in einem Atlas nachgesehen. (Abg. Schieder: Das habe ich nicht gesagt!)

Herr Kollege Schieder, Sie haben offensichtlich schon vergessen, was die Damen und Herren aus Ihrer Fraktion in der gestrigen Debatte eingewandt haben. (Abg. Schieder: Ich habe das nicht gesagt!) Ich darf Sie daran erinnern, Herr Kollege Schieder, daß die NATO-Grenze der Türkei mit 1 230 Kilometern näher bei Moskau ist, daß sie von Norwegen näher bei Moskau ist, als das nach einem Beitritt Tschechiens oder Ungarns der Fall sein wird. Aber das wissen Sie ohnehin.

Solche „Argumente“ verwenden Sie auf internationaler Ebene ohnehin nie. Sie glauben aber, daß Sie das hier den Österreicherinnen und Österreichern servieren können, weil sich die Leute Ihrer Ansicht nach in der Geographie nicht auskennen. (Abg. Schieder: Ich habe das nicht gesagt mit der Geographie!)

Ich bin der Ansicht, Herr Kollege Schieder, daß die Bundesregierung besser daran wäre, wenn sie in bezug auf die Sicherheitspolitik endlich einen Optionenbericht vorlegen würde, wenn sie diesen Optionenbericht endlich dem österreichischen Souverän, nämlich den Wählerinnen und Wählern, in einer Volksabstimmung zur Beschlußfassung vorlegen würde. Denn dann würden Sie mit Sicherheit und Klarheit erkennen, Herr Abgeordneter Schieder, daß die Österreicherin­nen und Österreicher in der Sicherheitsfrage schon längst weiter sind als die Hälfte Ihres linken Klubs in den hinteren Reihen Ihrer Fraktion. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Schieder! Obwohl Sie eine abfällige Handbewegung machen, möchte ich Ihnen sagen, daß Sie folgendes nicht verdrängen sollten: Gerade in der Frage eines Erstschlages wäre es doch gar nicht uninteressant, als Gesprächspartner in der NATO zu sitzen und mitzu­entscheiden, ob solch ein Erstschlag als Präventionsschlag erfolgen darf, erfolgen soll oder erfolgen kann – statt sozusagen draußen vor der Türe zu sitzen und im „PfP“-Verfahren darauf zu warten, daß die NATO einem dann mitteilt, daß sie einen entsprechenden Beschluß gefaßt hat. (Abg. Schieder: Das ist sehr interessant! Das ist hochinteressant!)

Ich kann mich noch daran erinnern, Herr Kollege Schieder, daß Sie in anderen Angelegenheiten der Europäischen Union durchaus immer das Argument der Mitsprache angeführt haben. (Abg. Schieder: Sehr interessant! Sehr interessant!) Ich finde es immerhin kurios, Herr Kollege Schie­der, daß Sie jetzt in diesem Zusammenhang das Mitspracheargument zwar sehr inter­essant fin­den, es aber nicht mehr in der Diskussion verwenden. Irgendwie haben Sie sich, was das wich­tige Mitspracherecht betrifft, seit dem EU-Beitritt bis heute oder bis zu einem möglichen NATO-Beitritt von Ihrer damaligen Position entfernt. Sollten die Erfahrungen Ihrer sozialdemo­kratischen Regierungsfreunde daran schuld sein, und zwar jener elf, die in der NATO vertreten sind, dann sagen Sie das den Österreicherinnen und Österreichern! Sagen Sie, daß Sie mit Ihren eigenen Parteifreunden keinen „G’schatz“ haben, wie das so schön volkstümlich heißt. Oder sollten es vielleicht andere Überlegungen sein, die Sie auf einmal in dieser Position zu einer Umkehr ge­führt haben? Was ist der Grund, Herr Kollege Schieder, warum Sie nicht mehr mitreden, son­dern als Befehlsempfänger vor der Türe darauf warten wollen, worüber Ihre elf sozial­demo­kratischen Partner in der NATO abgestimmt haben? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich meine, Herr Kollege Schieder, daß wichtige Positionen, die die Sozialdemokratie in Fragen der Sicherheitspolitik und die der Herr Bundeskanzler heute von der Regierungsbank aus vertreten hat, in sich nicht schlüssig sind und eine Gefährdung der österreichischen Sicherheit, zumindest der militärischen Sicherheit, darstellen. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Noch etwas, Herr Kollege Schieder: Der Herr Bundeskanzler hat angeführt, daß 38 000 österreichische Soldaten bei internationalen Operationen im Einsatz waren und für Österreich eine hervorragende Reputation in diesem Bereich erlangen konnten. – In diesem Zusam­menhang möchte ich von dieser Stelle aus erwähnen, welchen Stellenwert solche Einsätze im Ausland für Sie von der Sozialdemokratie in Wahrheit haben: Mit dem zweiten Strukturände­rungsgesetz haben Sie nämlich den Soldaten in bezug auf diese Auslandseinsätze auch noch die Pensionen verschlechtert! Die Jahre des Einsatzes sind jetzt keine pensionsbegründenden Jahre mehr, sondern ausschließlich Jahre, die als Ersatzzeiten gelten. – Das ist Ihr „Dank“ an jene 38 000 österreichischen Soldaten, die hervorragende Leistungen im Ausland erbracht haben!

Wenn das, was der Herr Bundeskanzler heute hier gesagt hat, ernst gemeint war, dann sollten Sie wenigstens im sozialen Absicherungsbereich diesen 38 000 österreichischen Soldaten endlich auch eine pensionsrechtliche Besserstellung gewähren! Dann würde ich Ihnen zumin­dest das glauben, was Sie heute zu diesem Punkt gesagt haben. So lange Sie das aber nicht machen, Herr Kollege Schieder, sind Sie meiner Ansicht nach auch in diesem Punkt unglaub­würdig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.38


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich „verlange“ jetzt Herrn Kollegen Schieder zum Rednerpult. (Heiterkeit.)

16.38


Abgeordneter Peter Schieder¦ (SPÖ): Herr Präsident, ich folge sofort und hoffe, daß ich auch eine „Gutminute“ dafür bekomme. – Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kollege Haupt hat unter anderem folgendes gesagt: Man sollte sich doch wünschen, dabei zu sein, um mitentscheiden zu können, gegen wen ein atomarer Erstschlag geführt wird. (Abg. Scheibner: Das hat er nicht gesagt!) So war die Formulierung. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Scheib­ner.) – Ob und gegen wen; wir können das ja nachlesen.

Egal, wie er es gesagt hat: Für mich ist jene Vorstellung furchtbar, daß es überhaupt einen atomaren Schlag gibt, daß überhaupt Atomwaffen verwendet werden, und daß Menschen getötet werden! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wir können es im Protokoll nachlesen. Ich glaube, ich hoffe, er hat es nicht so gemeint. Was er gesagt hat, war furchtbar. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Schreien Sie nicht, helfen Sie ihm nicht, da ist ihm nicht zu helfen! (Abg. Scheibner: Das habe ich bei Ihnen gelernt, wie man hineinschreien kann! – Zwischenruf des Abg. Mag. Haupt.) Wir werden das nachlesen können. Gott sei Dank bestimmt nicht er darüber.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zu einem ruhigeren Gesprächsklima zurückkommen. (Abg. Scheibner: Was haben Sie immer dazwischengeschrien! – Abg. Mag. Haupt: Da sehen Sie, wie das ist!) Ich meine, es ist wichtiger, zu überlegen, ob nicht tatsächlich die europäische Option, die Sie so heftig ablehnen und als unrealistisch bezeichnen, es wert wäre, in diesem Haus und von österreichischer Seite überlegt zu werden. (Abg. Scheibner: Da müssen Sie zuerst die elf NATO-Mitglieder in der EU davon überzeugen!) – Ich komme noch darauf zu sprechen.

Auch in dem Vorschlag, einen Optionenbericht zu machen, hat es ja nicht „einschließlich des NATO-Beitrittes“ geheißen, sondern „einschließlich des WEU-Beitrittes“. Man ist also bereits damals davon ausgegangen, daß es eine WEU-Möglichkeit im Zusammenhang mit der EU gibt. Ich denke, das wäre einer Überlegung wert, auch wenn Sie sagen, daß unter den 15 EU-Mitgliedern – wie wir wissen – elf bei der NATO sind, zehn bei der WEU und vier neutral, blockfrei oder non-allied. (Abg. Scheibner: Alle zehn, die bei der WEU sind, sind auch bei der NATO!)

Das stimmt schon, aber wenn eine gemeinsame Linie gefunden wird – es verlangt ja niemand, daß die elf aus der NATO austreten, es ist auch niemand dagegen, daß es die NATO gibt; niemand verlangt, daß die NATO aufgelöst wird, und niemand hat Sorge, wenn mit der NATO in vielen Bereichen zusammengearbeitet wird –, dann geht es um folgendes: Soll dies das einzige Ziel bleiben, der einzige Mechanismus, oder ist es der Anstrengung wert, sich in Europa darüber den Kopf zu zerbrechen, ob es nicht auch eine europäische Lösung geben kann? (Abg. Scheibner: Das wäre viel zu teuer!)

Über die europäische Lösung, die Sie jetzt so lautstark in den Bereich der Utopie verbannen wollen, wird selbst im Entwurf eines Berichtes des Europäischen Parlaments, vorgestellt von Tindemans im Dezember letzten Jahres – das ist kein Sozialdemokrat, wie Sie wissen –, sehr deutlich gesagt: Jede Verteidigungspolitik, sei sie national, europäisch oder transatlantisch, muß dem neuen geostrategischen Umfeld Rechnung tragen. Den Mitgliedstaaten der Union stellt sich die Frage, ob sie weiterhin eine voneinander unabhängige oder eine – was für eine Mehrheit von ihnen zutrifft – in Bündnissen koordinierte Verteidigungspolitik verfolgen wollen, oder ob sie es für wirksamer halten, eine gemeinsame Verteidigungspolitik zu betreiben. (Abg. Scheibner: Wo ist diese? Wo sind dafür Ansätze?!)

Der Kernsatz in diesem Bericht zur außenpolitischen Dimension einer europäischen Ver­teidigungspolitik sagt sehr deutlich: Die Notwendigkeit einer Verteidigungspolitik der Euro­päischen Union wird sich in noch schärferer Form stellen, wenn die Länder Mittel- und Osteuropas und Zypern der Europäischen Union beitreten. Diesen Ländern ist an Sicher­heitsvorkehrungen gelegen, wie die meisten von ihnen durch ihren Willen, NATO-Mitglieder zu werden, gezeigt haben. Gleichzeitig ist es nicht sicher, daß die NATO all diese Länder aufnimmt, insbesondere wegen der Vorbehalte einiger ihrer derzeitigen Mitglieder. Damit stellt sich die Frage nach der künftigen Entwicklung der GASP, der Rolle der WEU und ihrer Territorial­garantie und den Beziehungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten. Dies sind komplexe Fragen, die gestellt werden müssen, auch wenn es noch keine endgültige Antwort darauf gibt. – Soweit dieser Bericht. (Abg. Scheibner: Was wollen Sie damit sagen?)

Ich stimme Ihnen zu: Das ist nicht die wahrscheinlichste Lösung. Es ist nicht die Lösung, die automatisch auf uns zukommt. (Abg. Scheibner: Auf das zu warten ...!) Aber es ist eine der Möglichkeiten in diesem Europa, und es wäre wert, daß sich ein neues Mitglied dieser Union – wie Österreich – auf diese Linie verständigt und dies gemeinsam versucht. Was spricht da­gegen? Wovor haben Sie Angst, wenn es darum geht, gemeinsam zu versuchen, eine europäische Linie zu finden? (Abg. Scheibner: Niemand kann die Sicherheitsgarantie für Österreich übernehmen!)

Die WEU-Lösung ist möglich, wenn nicht die WEU bestimmt, sondern die Union, wenn die Entscheidung in der EU fällt und wenn die WEU-Staaten nicht automatisch auch Mitglieder der NATO sein müssen. (Abg. Scheibner: Das ist schon beschlossen!) Nein, es gibt einen euro­päischen Weg! (Abg. Scheibner: Das ist auch in der NATO schon beschlossen!) Wenn die vielbeschworene österreichische Einheitlichkeit Wirkung zeigen sollte, dann beschwören Sie das nicht (Abg. Scheibner: Das können Sie ins Traumbuch hineinschreiben!), sondern tragen Sie dazu bei, daß wir einen gemeinsamen Vorstoß machen, in dem wir uns gemeinsam finden können, damit wir eine europäische Verteidigungsidentität schaffen. (Abg. Scheibner: Das ist entschieden!) Lassen Sie es uns versuchen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hans Helmut Moser.)

16.46


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. Er hat das Wort.

16.46


Abgeordneter Dr. Karl Maitz¦ (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Debatte über die Sicherheitspolitik macht wieder den Grundsatz deutlich: Was wollen wir erreichen? – Geborgenheit durch aktive Teilnahme an europäischen und inter­nationalen Einrichtungen!

Die Integration Europas schreitet unaufhaltsam fort, und wir sind mitten darin. Wir sind Mitglieder der Europäischen Union, wir nehmen an der Wirtschafts- und Währungsunion teil, wir werden den Euro einführen, wir haben ein Europa ohne Binnengrenzen. Wir wissen also über die Vorteile der Gemeinsamkeit sehr gut Bescheid.

Nur unsere äußere Sicherheit, so glauben viele – auch in der SPÖ –, könnten wir allein mei­stern. Andere meinen, die bestehenden Bündnisse müßten sich nach uns richten und sich nach unseren Vorgaben ändern, damit Österreich zum Nulltarif mehr Sicherheit in einem solchen Bündnis bekommen könnte. – Welch ein Hochmut!

Viele Österreicher hängen an der Neutralität, obwohl diese keine Funktion mehr hat. (Abg. Wabl: Die Diskussion geht am Thema vorbei!) Den Kalten Krieg haben wir überwunden (Abg. Wabl: Davon redet kein Mensch!), aber die Neutralität Österreichs, Kollege Wabl, ist als Relikt des Kalten Krieges geblieben. Die Österreicher warten auf eine klare Antwort.

Zur österreichischen Diskussion über die Neutralität hat der langjährige Delegierte bei der OSZE, Universitätsprofessor Heinrich Schneider, folgendes gesagt: In Österreich will man nicht wahrhaben, daß Neutralität ein Thema des Kriegsrechtes ist und mit einer Politik solidarischen Zusammenhalts gegen Friedensbrecher nicht zusammenpaßt. – Soweit Professor Schneider nach jahrelanger Tätigkeit in der OSZE.

Die Diskussion über die bestmögliche künftige Sicherheitspolitik geht weiter, auch in der Sozial­demokratischen Partei. Es gibt in der Sozialdemokratischen Partei auch Erkenntnisse, daß sich das NATO-Bündnis nicht zu einem reinen Militärpakt entwickelt hat, Herr Klubobmann Kostelka (Abg. Wabl: Ein Tourismusverein!), sondern zu einer Allianz für Stabilität und Krisen­bewälti­gung. Es gibt viele Beispiele – das ist auch ein Teil meiner Antwort an Kollegen Scheibner –, die uns Anlaß dazu geben, daß wir unsere Überzeugungsarbeit weiterführen werden. (Abg. Wabl: Panzergeschäfte! – Abg. Scheibner: Da werden wir ja alt miteinander!)

25. Februar 1998, Präsident Fischer: „Kein NATO-Beitritt unter gegebenen Umständen“. In dem Artikel heißt es weiter – ich zitiere –: „... betonte Fischer, daß sie“ – nämlich die SPÖ – „flexibel bleiben, keiner Versteinerungstheorie angehören und auf alle Veränderungen innovativ reagieren werde.“ – Ich hoffe das! (Abg. Wabl: Das tun sie auch!)

Wenige Tage später der Abgeordnete Cap in „Die Presse“: „NATO-Beitritt muß Ziel bleiben.“ Es gebe keinen Grund, sich in sicherheitspolitischen Fragen an Schweden oder Finnland zu orientieren, wie dies zuletzt Klubobmann Kostelka oder Nationalratspräsident Fischer gefordert hatten.

Einige Tage später, am 27. März, sagte der EU-Abgeordnete Swoboda: „NATO ist eine Möglichkeit.“ Es gebe eine gemeinsame Verantwortung für Frieden in Europa, und der werde unter anderem durch die NATO gesichert.

14. April 1998, Austria Presseagentur: Vizebürgermeister und SPÖ-Grande von Wien, Hans Mayr, ist „für gegenseitige Beistandspflicht.“ Das sagt nicht ein ÖVP-Abgeordneter, sondern Herr Vizebürgermeister Mayr: „Europa steht unter dem Schutzschild der USA, es sei daher auch eine Vereinbarung mit der NATO notwendig.“

Meine Damen und Herren! Auch das ist Wahrheit in dieser Diskussion. Wenn es unter wahltaktischen Überlegungen in der SPÖ derzeit auch andere Positionen gibt, dann werden wir diese auch durch Diskussion verändern können. Die Volkspartei hat eine klare Position: Wir wollen den intensivierten Dialog mit den NATO-Ländern, und wir wollen die Perspektive eines Beitrittes Österreichs zur NATO. (Abg. Scheibner: Das ist aber sehr verschwommen!) Das ist nachzulesen in dem Bericht, der vorliegt. (Abg. Scheibner: „Perspektive“ und „Dialog“ ist nicht „Mitgliedschaft“!)

Was wir nicht wollen, ist, daß Österreich in den nächsten Jahren in die sicherheitspolitische Isolation gerät. Wir wollen nicht, daß Österreich daran gehindert wird, mehr Sicherheit um das gleiche Geld wie bisher zu erreichen. Wir wollen auch nicht, daß Österreich weiterhin auf einen wesentlichen Technologieschub warten muß. Was wir überdies nicht wollen, ist, daß Österreichs politisches und wirtschaftliches Ansehen in Europa und auf dem amerikanischen Kontinent Schaden erleidet.

Deshalb halten wir es auch in der Sicherheitspolitik mit Max Weber: Politik ist das Bohren harter Bretter mit Geduld, Augenmaß und Leidenschaft. Wir werden weiter Überzeugungsarbeit lei­sten – in der Bevölkerung, im Parlament und beim Regierungspartner – für den Beitritt zur europäischen und atlantischen Gemeinschaft der NATO. Denn es wird ja immer so getan, als wäre das eine nichteuropäische Gemeinschaft: 14 europäische Mitgliedsländer und zwei amerikanische Staaten sind gemeinsam die beste Friedensvorsorge.

Dieses Ziel werden wir ohne Vertragsbruch gegenüber dem Regierungspartner erreichen. Die­ses Ziel werden wir auch erreichen, ohne die insgesamt erfolgreiche Arbeit dieser Regierungs­koalition aufs Spiel zu setzen.

Die Kollegen von der freiheitlichen Fraktion haben heute eine epochale Erfindung gemacht. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Sie haben mit diesem Entschließungsantrag – kopiert, unser Bericht – den „Rank-Xerox-Parlamentarismus“ erfunden! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Also wie ist das jetzt?!)

16.52


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Martina Gredler. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Die Kupferstecher-Fraktion!)

16.52


Abgeordnete Dr. Martina Gredler¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte am Anfang meines Debattenbeitrags einen Ent­schließungsantrag einbringen, der – bis auf den letzten Absatz – den akkordierten Text der Bundesregierung zum Inhalt hat. Daher erlaube ich mir, ihn vorzulesen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hans Helmut Moser, Dr. Martina Gredler, Partnerinnen und Partner betref­fend Schlußfolgerungen für weiterführende Optionen Österreichs im Rahmen der europäischen Sicherheitsstrukturen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, folgende Schritte Österreichs im Bereich des euro­päischen Krisenmanagements und einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität zu setzen:

– Im Rahmen der Bemühungen zur weiteren Entwicklung des Krisenmanagements wird im Zuge der Ratifizierung des Vertrages von Amsterdam sichergestellt, daß Österreich an den neuen Entscheidungsstrukturen und Mechanismen auf dem Gebiet der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union in vollem Umfang teilnehmen kann.

– Angesichts der Verflechtungen, die im Bereich des europäischen Krisenmanagements zwi­schen der Europäischen Union, der OSZE, der WEU und der NATO bestehen, soll Österreich seine Teilnahme an der NATO-Partnerschaft für den Frieden auf das volle Spektrum friedens­unterstützender Maßnahmen erstrecken und somit vor allem auch in dieser Hinsicht auf das Angebot der ,vertieften Partnerschaft für den Frieden‘ eingehen.

– Österreich soll in bezug auf eine europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität im Rah­men seiner Europapolitik auch aktiv bei der Verwirklichung der – im Amsterdamer Vertrag festgeschriebenen – Perspektive einer gemeinsamen Verteidigungspolitik und einer gemein­samen Verteidigung mitwirken. Im Sinne des Vertrages von Amsterdam soll Österreich eine Integration der WEU in die EU mittragen und die – sich hieraus entwickelnden – Rechte und Pflichten solidarisch übernehmen.

– Angesichts des Umstands, daß die künftige europäische Sicherheitsarchitektur auf dem Zusammenwirken aller betroffenen globalen und regionalen Organisationen beruhen wird, spielen auch die Vereinten Nationen, die OSZE, die NATO und die WEU im Rahmen der öster­reichischen Sicherheitspolitik eine bedeutende Rolle. Österreich soll sein Verhältnis zu diesen Sicherheitsorganisationen dynamisch fortentwickeln. Deshalb soll die Bundesregierung alle Perspektiven der europäischen Sicherheitsarchitektur weiterverfolgen.

– Deshalb wird die Bundesregierung aufgefordert, bezüglich aller Fragen, die sich in dieser Hinsicht ergeben, mit den betroffenen Organisationen und deren Mitgliedstaaten einen inten­siven Dialog aufzunehmen.“

Jetzt folgt die Passage, die ein bißchen different zum akkordierten Text der Bundesregierung ist:

„Mit der WEU soll dieser Dialog das Ziel verfolgen, Vollmitglied dieses Bündnisses zu werden“ – so, wie auch Herr Kollege Schieder es jetzt wieder bestätigt hat. „Dabei soll erörtert werden, wie das volle Spektrum politischer, militärischer, finanzieller und sicherheitspolitischer Zusammenarbeit im Rahmen der WEU genutzt werden kann.

Über das Ergebnis der erwähnten Sondierungen soll die Bundesregierung dem Parlament ehestmöglich, spätestens jedoch bis zum Ende des ersten Quartals 1999 berichten.“

*****

Wir haben das erste Quartal 1999 ausgewählt, damit wir die Möglichkeit haben, hier in Öster­reich zu versuchen, gemeinsam eine sicherheitspolitische Option für das nächste Jahrtausend zu finden. Es hätte keinen Sinn gehabt, dafür nur zwei Monate Zeit zu geben. Ich hoffe, daß es im Sinne dieses Hauses ist, wenn wir in dieser Frage gemeinsam zu einer Lösung kommen.

Jetzt möchte ich Herrn Wabl von der grünen Fraktion fragen, in welche Richtung die Sicher­heitsbestrebungen der Grünen gehen. (Abg. Wabl: Lesen Sie die Schlußfolgerungen!) Dieses Buch ist sehr informativ. Ich habe die sieben Optionen im Vergleich vor mir. Da gibt es die Optionen 4, 5 und 6. Die Nummer 4 betrifft die aktive Neutralität, darin heißt es zum Schluß: Politisch vereint sind die Sozialdemokraten, die Grünen und Stimmen aus dem konservativen Lager.

Weiter geht es mit Option Nummer 5, dem Modell Friedenszonen, unbewaffnete Neutralität und einseitige Abrüstung: Dieses Modell wird heute vor allen Dingen von Pazifisten und Anti­militaristen, kritischen Friedensforschern und Teilen der Grünen vertreten.

Als nächstes kommt die Option Nummer 6, die Aufwertung der UN und kollektive Neutralität durch ein globales Sicherheitssystem: Die UN-Option unterstützen Vertreter der SPÖ und der Grünen. (Abg. Wabl: Es heißt ja nicht „Diskussionsbericht“, sondern „Optionenbericht“!)

Herr Kollege Wabl! Ich möchte Sie bitten, dem Haus entweder zu sagen, was Sie wollen, oder uns zumindest ein Privatissimum zu geben – was mit Ihnen wahrscheinlich ohnehin sehr lustig wäre. Aber ich fürchte, daß in diesem Bericht die Position der Grünen ein klein wenig verwirrend dargestellt ist. (Abg. Wabl: Liebe Frau Gredler! Daß Sie verwirrt sind, verstehe ich!)

Was das Liberale Forum zum Ziel hat, ist klarer: eine Vollmitgliedschaft in der WEU und eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik in der Europäischen Union, welche überhaupt erst die Vorbedingung für die Westeuropäische Union schafft. Dort möchten wir gerne zusammen­arbeiten. Daß es dort eine Nabelschnur zur NATO gibt, bestreite ich nicht. Nur möchte ich diese Nabelschnur möglichst flexibel und dünn halten und nicht ein Amalgam zwischen den Europäern und den Amerikanern haben, ohne daß Flexibilität zustande kommt. (Abg. Wabl: Wissen Sie, was passiert, wenn die Nabelschnur bricht? – Der Tod des Kindes ist die Folge! Wenn eine Nabelschnur bricht, ist das verheerend!)

Sie wird nicht brechen, weil das eine gallertartige Masse ist, die flexibel ist. Das sollten Sie wissen. Noch dazu hat sie einen sehr nahrhaften Charakter. (Abg. Wabl: Das sind die Entzündungen, die Herr Moser dauernd präsentiert!) Herr Moser ist kein Mediziner. Aber wenn es um Nabelschnüre geht, dann kann ich Ihnen versichern, das habe ich gelernt. Da können Sie mir mehr vertrauen als Herrn Moser! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Khol: Da haben Sie recht! Das haben Sie gelernt!) Das habe ich gelernt, auch wenn ich kein Latein beherrscht habe, um mir diese Materie anzueignen, Herr Khol!

Jetzt komme ich zum Schluß. Im Antrag der Freiheitlichen Partei steht etwas über den „Moskau-Flügel der SPÖ“ (Fischer, Kostelka u. a.). – Jetzt kenne ich mich nicht aus. Es gibt angeblich eine „Kuba-Fraktion“, hat Kollege Scheibner vorhin am Rednerpult gesagt. (Abg. Scheibner: Stimmt, das war ein Fehler! Es ist ein Moskau-Flügel!) Es gibt eine „Toskana-Fraktion“, weiters gibt es einen „Moskau-Flügel“. (Abg. Wabl: International!)

Bei der sozialdemokratischen Fraktion kenne ich mich jetzt nicht mehr aus: Ist das jetzt eine Fraktion, oder sind es mehrere? Ich ersuche den Herrn Präsidenten, in seinem nächsten Debat­tenbeitrag von diesem Rednerpult aus als Abgeordneter klarzustellen, welcher Partei in diesem Hause er angehört. Ich glaube, daß ich ihn noch immer als Sozialdemokrat ansprechen kann, aber ich gebe zu, daß ich ein klein wenig verwirrt bin. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Wabl: Das verstehe ich!)

17.01


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Das einzige, was ich momentan klarstelle, ist, daß der Ent­schließungsantrag ordnungsgemäß unterstützt ist und mit in Verhandlung steht.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. Freiwillige Redezeit: 5 Minuten.

Ich bitte um Entschuldigung, ich habe mich geirrt: Herr Abgeordneter Wabl gelangt zu Wort. (Abg. Dr. Khol: Beides probiert – kein Vergleich!)

17.01


Abgeordneter Andreas Wabl¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Um die Verwirrung ein bißchen zu verringern – vielleicht gelingt es mir, Frau Abge­ordnete Gredler –: Es heißt „Optionenbericht“ und nicht „Optionsbericht“. Es handelt sich also um mehrere Optionen, die in einer Demokratie zur Diskussion gestellt und von verschiedenen Seiten beleuchtet werden. Wir Grünen haben nämlich nicht die Arroganz der ÖVP, die auf dem Deckblatt ihres Optionenberichtes einen rot-weiß-roten Hintergrund wählt und schreibt: „Der Bericht“. (Der Redner zeigt ein Exemplar des Optionenberichtes der ÖVP vor.) Alles andere ist Makulatur und enthält strittige Dinge. Aber die ÖVP nennt ihren Bericht „Der Bericht“, ge­schrieben auf rot-weiß-rotem Hintergrund. Darunter steht: „Österreichs Sicherheit“. Da steht nichts von der ÖVP, weil die ÖVP praktisch Staatspartei schlechthin ist. Das ist ihre Identität. Das ist so ähnlich wie beim Klestil mit seinen Wahlkampfhelfern. Da ist die Identität auch gegeben. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Dr. Maitz: Für euch ist Österreich rosarot!)

Meine Damen und Herren! Ich habe ein paar sehr interessante Ansätze im Dringlichen Antrag der FPÖ gefunden. Wir sollten uns wirklich ernsthaft mit diesem Antrag beschäftigen. Ich glaube nämlich, daß darin ein paar interessante Aspekte enthalten sind, die wir konsequent weiter­führen sollten.

Meine Damen und Herren! Die FPÖ schreibt auf Seite 3 ihres Dringlichen Antrags eine sehr interessante Auflistung, und zwar behauptet sie darin folgendes: „Ein Beitritt zur NATO wird vor allem vom Moskau-Flügel der SPÖ ...“ – das haben wir schon diskutiert – „damit abgetan, daß dieser Schritt keinerlei Sicherheitsgewinn für Österreich bedeuten würde. Die Argumente dafür sind mehr als schwach.“

Herr Abgeordneter Scheibner! Schauen wir uns einmal diese Argumente an. Sie sagen, es seien schwache Argumente, die da stehen. Da heißt es: „Durch UNO, EU und OSZE-Mit­gliedschaft wären wir vollständig integriert und wirken am Aufbau eines europäischen Sicher­heitssystems mit.“

Was ist daran schwach? (Abg. Scheibner: Weil das nicht stimmt! Lesen Sie die nächste Seite, wo diese Dinge entkräftet werden!) Das stimmt also nicht. Sie entkräften das. Gut. (Abg. Scheibner: Weil das nicht ausreicht!)

Ich frage Sie dann später, wie Sie das mit der NATO gemeint haben. Da kommen wir gleich hin. Aber wir können eigentlich gleich darüber diskutieren, weil Sie nämlich weiter hinten über die NATO sprechen, wo es heißt: „Die NATO selbst entwickelt sich immer mehr zu einem umfas­senden Sicherheitssystem. Neben dem reinen militärischen Verteidigungsauftrag hat sie eine immer stärkere Rolle als Akteur der Krisenprävention und des Krisenmanagements“ (Abg. Scheibner: Stimmt!) – stimmt! – „im Rahmen von UNO-Einsätzen.“ (Abg. Dr. Khol: Stimmt auch!)

Jetzt frage ich Sie: Wenn ich in die UNO voll integriert bin, also in den Rahmen, und die NATO eine Teilmaterie darstellt, was ist dann vernünftiger: die volle Integration in die UNO oder die Inte­gration in die NATO? (Abg. Scheibner: Mengenlehre würde Ihnen nicht schaden, damit Sie das verstehen könnten! Das lernt man in der Volksschule! Die UNO gibt keine Sicherheits­garan­tie!)

Herr Abgeordneter Scheibner! Damit wollte ich nur die Begriffsverwirrungen ein wenig aufklären. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Zweitens führen Sie als schwaches Argument an: „Die NATO sei ein Militärbündnis und somit ein Instrument des ,Kalten Krieges‘ ...“ (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Ein Militärbündnis – das ist sie doch wohl? (Abg. Dr. Maitz: Wer?) Die NATO. Oder ist sie das nicht? (Abg. Dr. Maitz: Auch! – Abg. Scheibner: Nicht nur!) Bitte schön, Herr Maitz!

Herr Maitz! Sie werden mir hundertmal erzählen können, daß die Steiermark kein Fürstentum ist, das weiß ich schon. (Abg. Dr. Khol: Ein Herzogtum!) Aber daß die NATO kein Militärbündnis ist, sondern ein Friedensinstitut, das glaube ich nicht. Diese Terminologie kenne ich noch aus Zeiten, als die Menschen marschiert sind und „Ho, ho, Ho Chi-minh!“ gerufen haben. (Abg. Dr. Maitz: Eine Sicherheitsgemeinschaft für Frieden, Freiheit und militärische Verteidigung!) Da wurde auch immer von der größten Friedensorganisation im Osten geredet. (Abg. Dr. Petrovic: ... das NATO-Land Türkei!) Herr Abgeordneter Maitz, das ist ausdiskutiert. Man sollte die Dinge so nennen, wie sie sind. Man kann sie nur in der Wirklichkeit überprüfen. Und ich habe nicht den Eindruck, daß die NATO eine Friedensinstitution ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Maitz: Ich schon! Eindeutig!)

Aber wir können ja wieder einmal eine Besichtigung dort machen und schauen, wie friedlich sich die Menschen dort organisieren. (Abg. Dr. Maitz: 28 europäische Länder wissen das!)

Ich wollte auch dem Herrn Abgeordneten Haider etwas sagen. Eigentlich würde mich inter­essieren, was er getan hat, als der Herr Student Fischer „Ho Chi-minh!“ gerufen hat und gegen den Vietnamkrieg marschiert ist, ob denn damals Herr Haider noch den „Turnvater“ Jahn angebetet hat. (Heiterkeit.) Aber wir könnten vielleicht ein bißchen Geschichtsforschung machen und nachschauen, wie das damals war. (Abg. Mag. Schweitzer: Jahn und Ho Chi-minh?)

Aber, Herr Abgeordneter Scheibner, lesen wir weiter: „Bei einem NATO-Beitritt würden fremde Soldaten in Österreich stationiert.“ (Abg. Mag. Schweitzer: Paßt schon besser! – Abg. Scheib­ner: Stimmt nicht!) Herr Abgeordneter Scheibner, was ist daran nicht richtig? (Abg. Scheibner: Es stimmt nicht!) Ah, das stimmt nicht. Das heißt, jedes NATO-Mitglied hat die Soldaten im eigenen Land. Ist das so? Wird das in der NATO so gehandhabt? (Abg. Scheibner: Bei Übungen ...!) Bei Übungen wird woanders geübt. (Abg. Scheibner: Bei den neuen Mitglieds­ländern gibt es keine Stationierung!) Sie meinen, die Stationierung sei nicht für ewig, sondern erfolge nur zwischendurch, dann, wenn es Übungen gibt, dann werde auch einmal auf unserem wunderschönen Truppenübungsplatz geübt. Herr Scheibner, diese Argumente sollten Sie den­jenigen erzählen, die neben großen Truppenübungsplätzen wohnen. (Beifall bei den Grünen.)

Nächster Punkt: „Die Kosten für die Landesverteidigung würden in der NATO sprunghaft ansteigen.“ Kollege Kostelka hat sie heute vorgerechnet und gemeint, sie würden dreieinhalb bis vier Milliarden Schilling ausmachen. (Abg. Dr. Khol: Das stimmt nicht!) Herr Abgeordneter! Ich weiß schon, daß ihr Koalitionspartner oft unrecht hat, Sie sind sich halt in dieser Frage nicht ganz einig.

Aber was ist denn im Landesverteidigungsrat passiert? – 10 Milliarden Schilling wurden dort beschlossen, damit das Einstiegsgeschäft mit der NATO gemacht wird. 10 Milliarden Schilling, fast 11 Milliarden Schilling, genau 10,8 Milliarden Schilling kostet das Einstiegsgeschäft mit der NATO. (Abg. Dr. Maitz: Das ist eine primitive Unterstellung!) Herr Maitz, Sie wissen ganz genau, wie freundlich und untertänig Sie dem Oberchef von der NATO gesagt haben, Sie würden sofort alles tun, damit auch die weiteren Geschäfte in Ordnung gehen. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Dr. Maitz: Völliger Unsinn!)

Ich kann mich noch daran erinnern, wie Ihr Kollege aus Bayern gekommen ist und gesagt hat: Vielleicht, Herr Maitz, könnte sich Österreich überlegen, den Eurofighter zu kaufen und nicht eine Saab oder nicht eine Mirage oder nicht irgendeine F 14 oder eine F 16 oder sonst etwas. (Abg. Dr. Maitz: Ich lade Sie ein, Ende Juni fahren wir ins Hauptquartier der NATO, fahren Sie mit!) Es waren Ihre NATO-Freunde da und haben gesagt: Mein Gott, Herr Maitz, könnten wir nicht über den Eurofighter diskutieren? (Abg. Dr. Maitz: Fahren Sie mit ins Hauptquartier, dort können Sie sich informieren!) Herr Abgeordneter! Soll ich mir dort die Friedenseinrichtungen anschauen? Geh, Herr Abgeordneter Maitz, bitte schön, seien Sie mir nicht böse, bei der NATO einen Kontrollbesuch von Friedenseinrichtungen! (Abg. Dr. Maitz: Im Hauptquartier können Sie sich darüber informieren! – Abg. Dr. Khol: Wabl will seine Vorurteile behalten!) Herr Abge­ordneter! Wissen Sie, die Friedenseinrichtungen der NATO, die sind so glaubwürdig ... (Abg. Dr. Maitz: Ich lade Sie ein! – Abg. Schieder: Sie laden ... der NATO ein, Herr Kollege Maitz?)

Nächster Punkt: „Österreich müßte als NATO-Mitglied bei bewaffneten Konflikten Soldaten abstellen.“ Was ist daran falsch? Herr Abgeordneter Scheibner, was ist an der Argumentation, Österreich müßte als NATO-Mitglied bei bewaffneten Konflikten Soldaten abstellen, falsch? (Abg. Scheibner: „Müßte“ stimmt nicht!) – Muß. (Abg. Scheibner: Nein! Lesen Sie den Artikel 5, wo steht, daß man keine Soldaten abstellen muß!) Man kann auch zahlen, man kann Geräte schicken, oder wie ist das beim Beistandspakt? (Abg. Scheibner: Man muß unterstützen! Das kann man selbst entscheiden!) Man muß unterstützen. Man kann auch schöne Briefe schicken oder Friedenstauben zum Beispiel, wie es Herr Maitz immer meint. Was tut man denn beim Beistandspakt? Was tun Sie denn? Die FPÖ schickt ihre Fähnleinführer hin oder so etwas ähnliches. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glocken­zeichen.) Geh, Herr Scheibner, bitte schön, machen Sie sich doch nicht lächerlich! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Sie machen sich lächerlich!)

Ich bin dafür, daß Sie reinen Wein einschenken. NATO-Beitritt heißt natürlich Beistands­ver­pflichtung, was denn sonst? (Abg. Scheibner: Aber nicht mit Soldaten! Nicht unbedingt!) Das heißt, alle NATO-Mitglieder werden sagen: Bitte schön, wir sind zwar NATO-Mitglied, aber Soldaten schicken wir keine! (Abg. Mag. Firlinger: Wir schicken den Wabl! – Abg. Scheibner: Das entscheidet man selbst!) Dann schickt Deutschland keine, Frankreich keine, Amerika keine, Italien keine, auch Österreich natürlich keine. (Abg. Mag. Firlinger: Wir schicken den Wabl, das reicht!) Alle stellen sich hin in einer Reihe und sagen: Wir schicken keine! Wir schicken Friedenstauben, die Friedenseinrichtungen des Herrn Kollegen Maitz! (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Herr Kollege Scheibner! Ich schätze es, wenn Sie sagen, daß das Modell der Freiheitlichen der Beitritt zur NATO ist. Aber bitte schön, sagen Sie doch den Menschen in Österreich, was das bedeutet! Sagen Sie den Menschen, daß das auch Stationierung und Übungen von fremden Soldaten auf österreichischem Territorium bedeutet! (Abg. Scheibner: Übungen haben wir jetzt schon! Seien Sie nicht so blind!)

Da haben Sie recht. Bei der Kritik an der SPÖ haben Sie recht, wo der Schieder immer hoch­geht und in Saft geht und sich nur mehr hinter der dünnen Fassade des Herrn Fasslabend versteckt, wo man durch dieses Milchglas schon durchsehen kann. Meine Damen und Herren, da haben Sie recht mit Ihrer Kritik an der SPÖ. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Ich muß jetzt noch – sonst passiert mir dasselbe wie gestern – unseren Entschließungsantrag verlesen. (Abg. Scheibner: Was ist jetzt Ihre Meinung?)

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wabl, Freundinnen und Freunde betreffend Panzerpaket

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Budgetmittel, die der Verteidigungsminister für die Panzerbeschaffung vorgesehen hat, entsprechend der Regierungserklärung Bundeskanzlers Mag. Viktor Klima der Konsolidierung des Staatshaushaltes zuzuführen. Freiwerdende Mittel im Verteidigungsbudget sollen der Finanzierung friedenserhaltender Einsätze und Entwicklungs­hilfeprogrammen der UNO zugeführt werden.“ – Damit der Rahmen für meine lieben Kollegen von der FPÖ stärker wird. –

„Der Bundesminister für Landesverteidigung wird gleichzeitig beauftragt, den Erlös aus Priva­tisierungen im Heeresbereich für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und zur Verbesserung der Leistungen für Bezieherinnen und Bezieher von Notstandshilfe und Arbeitslosengeld sowie für Kinderbetreuungseinrichtungen umzuwidmen.“

*****

Ich bin gespannt, was ...


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Die Redezeit ist zu Ende. Höchstens noch ein halber Schlußsatz.


Abgeordneter Andreas Wabl¦ (fortsetzend): Ich bin gespannt, was die Sozialdemokratische Partei Österreichs ... (Beifall bei den Grünen. – Allgemeine Heiterkeit.)

17.12


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Entschließungsantrag ist gehörig.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte.

17.12


Abgeordneter Anton Gaál¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Im Dringlichen Antrag der Freiheitlichen steht unter anderem der Satz: „Diese neue sicherheitspolitische Lage bedingt die Notwendigkeit, die bisherige Sicherheits­architektur von Grund auf neu zu überdenken.“ – Das ist richtig! Gerade das tun wir, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Wir wissen auch, daß die neuen Herausfor­derungen an unsere Sicherheitpolitik aus Bereichen kommen, die nicht unbedingt im Zusam­menhang mit der militärischen Verteidigung zu sehen sind. Daher bedeutet Sicherheit alle Maßnahmen, die eine bedrohungsfreie und lebenswerte Existenz für die Menschen sicher­stellen. Daher gehen wir Sozialdemokraten zu Recht vom umfassenden Sicherheitsbegriff aus, der weit über den militärischen Bereich hinausgeht, der auch die soziale, wirtschaftliche und ökonomische Dimension mit einschließt. Wer daher eine Mitgliedschaft in der NATO oder in der WEU fordert und als unabdingbare Voraussetzung für unsere Sicherheit bezeichnet, vergißt somit, daß Sicherheit nicht mehr ausschließlich militärisch definiert werden kann. Nur im Falle des Scheiterns aller friedlichen Mittel der Konfliktbewältigung kann es in letzter Konsequenz erforderlich werden, militärische Mittel zur Friedenssicherung beziehungsweise zur Wieder­herstellung des Friedens einzusetzen.

In der europäischen Sicherheitspolitik ist der militärische Stellenwert – das wissen all jene, die sich mit diesem Thema ernsthaft auseinandersetzen – ein anderer geworden. Sowohl die NATO als auch die WEU sind als militärische Bündnisse – das sind sie, und das ist ja an sich nichts Schlechtes – in ihrer jetzigen Form nicht in der Lage, die präventiven Maßnahmen für die umfassende Sicherheit zu leisten.

Die NATO ist eine gut funktionierende militärische Einrichtung, aber allein kann und wird sie nicht die neue europäische Sicherheitsarchitektur sein. Es gibt daher für uns keine zwingende sicherheitspolitische Notwendigkeit, der NATO beizutreten, denn – das wissen wir – ein Beitritt zur NATO führt nicht zu einem Mehr an Sicherheit, sondern verringert nur unseren sicher­heitspolitischen Spielraum.

So wie die WEU und die NATO heute noch strukturiert sind, kann dort nichts ohne den Willen der größeren Mitgliedsländer entstehen, und eine solche Fremdbestimmung durch die größeren NATO-Mitgliedsländer kann gerade in der Frage der Verteidigung nicht in unserem Interesse liegen.

Es wurde heute hier auch die Neutralität angesprochen beziehungsweise behauptet, die Neutralität sei sicherheitspolitisch nutzlos.

Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten, daß sich die Neutralität in den letzten Jahren gewandelt hat. Aber gerade eine gewandelte Neutralität, die selbstverständlich mit Einsätzen unter dem Mandat der Vereinten Nationen vereinbar ist und Sanktionen zuläßt, ist sehr wohl zukunftsträchtig, hat sehr wohl noch Zukunft.

Meine Damen und Herren! Wir Österreicher befinden uns in der Neutralitätspolitik in guter Gesellschaft, denn von den 15 Mitgliedstaaten in der Europäischen Union sind immerhin vier Staaten, nämlich Schweden, Finnland, Irland und Österreich, dem Neutralitätsgedanken verhaftet.

Zum neutralen Verhalten gehört, sich nicht an kriegerischen Auseinandersetzungen zu betei­ligen und keine Beistandsverpflichtungen im Rahmen eines Militärbündnisses einzugehen und auch – das ist richtig – keine fremden Truppen auf eigenem Territorium zu stationieren.

Meine Damen und Herren! Wir sehen daher unter den gegebenen Umständen derzeit keine Notwendigkeit, wie Sie es in Ihrem Antrag verlangen, in Verhandlungen einzutreten, damit ein Beitritt zur NATO zum frühestmöglichen Zeitpunkt stattfinden kann. Ich bin überzeugt davon, daß wir in dieser zweifellos wichtigen Frage mit unserem Koalitionspartner eine gemeinsame Position finden werden, auch wenn es beim ersten Versuch und Bemühen nicht ganz geklappt hat.

Ich darf auch darauf hinweisen, daß die Bundesregierung gestern durch den Beschluß des Nationalen Aktionsplanes zur Beschäftigung bewiesen hat, daß es möglich ist, in wichtigen zentralen Fragen, die die Menschen bewegen – und Beschäftigung ist eine solche –, zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Ähnliches wird uns auch in der Sicherheitspolitik gelingen, nämlich eine gemeinsame Lösung im Interesse und zum Wohle der Sicherheit Österreichs. (Beifall bei der SPÖ.)

17.17


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mock. Er hat das Wort.

17.17


Abgeordneter Dr. Alois Mock¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute einmal mehr die Frage der Sicherheit Österreichs diskutieren, so muß ich sagen, daß das von der Wichtigkeit her eines der ganz wichtigen politischen Themen ist, und ich wundere mich, wenn es gelegentlich heißt, es gebe doch aktuellere Fragen, wichtigere Fragen, Fragen der Vollbeschäftigung, Fragen der Investitionen, des sozialen Fortschritts. Wir wissen doch, meine Damen und Herren, was passiert, wenn Unsicherheit und Konflikte gegeben sind, Kriege ausbrechen. Dann haben Arbeitsplätze und andere Sorgen kaum mehr einen Platz, weder in den Köpfen der Menschen noch in der Realität der Politik.

Außerdem: Wenn man sich in der Sicherheitspolitik einmal irrt, kann es existentiell werden, dann kann man oft nicht mehr reformieren. Wenn man sich in der Wirtschaftspolitik irrt, kann man wieder zurückgewinnen, was verloren wurde, zumindest gelegentlich. Sicherheitsfragen sind Existenzfragen, dessen müssen wir uns bewußt sein. Ich verbeuge mich zwar nicht vor der Opposition und bin wie der Bundeskanzler dankbar dafür, daß sie den Dringlichen Antrag eingebracht hat, aber ich bin froh, daß darüber diskutiert wird, denn je mehr darüber diskutiert wird, je mehr informiert wird, desto eher werden die Menschen entdecken, wie wichtig diese Frage ist, was alles daran hängt. Wir werden einen ähnlichen Weg gehen, wie wir ihn beim Beitritt zur Europäischen Union gegangen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Lernen wir doch aus der Geschichte, meine Damen und Herren! 60. Jahrestag des 12. März 1938. Niemand hat Österreich geholfen, niemand! Es gab nur das berühmte Telegramm der Mexikaner, in welchem gegen die Annexion und Okkupation Österreichs protestiert wurde. Niemand war bereit, uns zu helfen!

Kurz darauf: Münchner Abkommen. Nicht nur, daß man damals die !SSR kaputtgemacht hat, hat man auch in zwei Parlamenten mit großer Mehrheit dieses Abkommen noch gebilligt. Das darf man ja heute nicht mehr sagen.

Der Opportunismus ist zu groß, um Wunschdenken im internationalen Raum noch nachlaufen zu können, sondern wir müssen lernen aus der Vergangenheit, daß wir Realist sein müssen. Nichts ist so gefährlich im internationalen Raum, als wenn man Illusionist ist, wenn man nur Wunschdenken mit sich herumträgt.

Das hat Jugoslawien gezeigt. Da hieß es zunächst: Keine militärische Lösung. Monatelang wurde Stimmung gegen militärische Lösungen gemacht. Erst nach Srebrenica – 15 000 Menschen, vor allem alte Menschen, Zivilisten wurden umgebracht – hat die NATO eingegriffen und das Morden zu einem Stillstand gebracht. Wenn man noch sechs Monate keine militärische Lösung gesucht hätte, wäre man wahrscheinlich bei Biha% zum selben mörderischen Ergebnis gekommen (Abg. Dr. Petrovic: Genau!), dann hätte man ein Großserbien gehabt. Und solche Lösungen, die mit „Groß“ begonnen haben, haben immer schon eine fatale Perspektive gehabt. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

Kollege Kostelka! Sie haben ungefähr gesagt – wenn ich richtig zitiere –, Sie möchten nicht haben, daß im amerikanischen Senat in Washington eine Peace-keeping-Aktion oder ähnliches für Europa beschlossen wird. Ich war froh darüber, daß sich der Senat schon im Zweiten Welt­krieg eingemischt hat, in Europa geholfen hat, eine andere Option zu vermeiden, die furchtbar gewesen wäre. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.) Ich war froh darüber, daß der Marshallplan aufgebaut wurde, im Senat gebilligt wurde, um uns die Substanz zu geben, auch den Druck des damaligen Ostens zu überleben, durchzustehen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.) Ich war froh darüber, daß der Doppelraketenbeschluß – durch den Bundeskanzler Dr. Schmidt praktisch gefällt wurde von den eigenen Leuten – durchgezogen wurde. Ich war froh bis herauf zu Bosnien, wo Amerika – Gott sei Dank! – gesagt hat, wir gehen trotzdem – ursprünglich wollten sie ja nicht –, weil wir in Europa nicht in der Lage waren, die Probleme so zu lösen.

Was haben denn die Frauen gemacht in Srebrenica, die vor kurzem demonstriert haben, weil ihre Toten – die liegen noch irgendwo in den Wäldern herum – noch nicht begraben wurden? Sie haben Tafeln getragen mit der Aufschrift: „Help NATO!“ (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte nicht jemanden, der in seinem Schmerz oft sehr emotionalen Reaktionen zugänglich ist, mißbrauchen bei der Argumentation, aber sie sind die wichtigen Zeugen für mich, was wirkt, was hilft. Die Tat merken die Menschen dann, wenn das Nichthandeln zu Toten, zu Hundert­tausenden Flüchtlingen und anderen Verwaisten, die ihre Heimat verlassen müssen, führt. Das sollten wir endlich aus der Geschichte lernen!

Ich habe vorhin den 12. März 1938 erwähnt. Wie war es mit den baltischen Ländern, meine Damen und Herren? Wer hat den baltischen Ländern geholfen? Niemand hat ihnen geholfen! Ich bin sogar entfernt von dem Standpunkt, alle anderen zu verurteilen, weil sie sich damals nicht mit der mörderischen Verbindung zwischen Moskau und Berlin, zwischen Molotow und Ribbentrop, zwischen Hitler und Stalin angelegt haben. Was hätte das bedeutet, wenn man für die baltischen Länder eingetreten wäre?

Aber wir müssen wissen, daß diese Gefahren immer wieder lauern, immer wieder da sind, und sollten daraus das Maximum an Sicherheit für unser Land herausholen, nämlich unserem Land und unseren Bürgern maximale Sicherheit geben. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

Ich verstehe das nicht, meine Damen und Herren. Bei allen unterschiedlichen Meinungen, die es gibt, hat mir noch niemand gesagt: Wenn wir uns in einem Verbund verteidigen müssen, in dem Amerikaner, Engländer und andere mit dabei sind, sind wir sicherer, als wenn wir uns allein verteidigen müssen. Und die Frage ist uns gestellt worden in diesem Zusammenhang: Glauben wir, daß wir allein sicherer sind, mit den Mitteln, die wir aufwenden, oder im Verbund mit anderen? Wir müssen doch auch die Antwort politisch geben können, wenn wir uns unter vier Augen immer wieder sagen: Natürlich ist das so! Ich bin nicht für diese Zurückhaltung. Wenn es wirklich um das Land, um sein Wohl und seine Sicherheit geht, meine Damen und Herren, dann bin ich dafür, daß wir sehr uns wohl – bei allen legitimen Rechten der Opposition natürlich, die es immer freut, Anträge zu stellen – um einen breiten Konsens in dieser Frage bemühen, breit abgestuft, daß wir bei aller Klarheit der Position versuchen, die Zustimmung vieler zu gewinnen. Umso fester hält dann diese Lösung.

Nur, ob wir Mitläufer sind, sozusagen auf den Zug aufspringen, nichts dazu leisten, das können nicht wir bestimmen – den Ruf bestimmen die anderen, meine Damen und Herren. Wenn wir für Solidarität bei der Bekämpfung der Großkriminalität sind, für Solidarität bei der Bekämpfung anderer Zivilisationsprobleme, dann sollten wir doch auch für Solidarität sein, wenn es um Aggression geht und darum, sie abzulehnen. (Abg. Wabl: Die NATO müßte der UNO unterstellt werden und nicht dem amerikanischen Senat! – Abg. Dr. Gredler: Das wird schwerlich gehen!) Die UNO hat neben vielen Schwächen doch auch so viele Vorteile, daß ich sie nicht in diesem Zusammenhang hier polemisch qualifizieren möchte. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin optimistisch, meine Damen und Herren. Wir werden auch das schaffen. Die Frage ist nur, ob wir es nicht zu spät schaffen. Das ist das Problem. Man zögert immer mehr bei der EU und auch bei der NATO, neue Bewerber aufzunehmen. Derzeit würden wir noch willkommen sein. Die erste Runde haben wir versäumt – man muß gelegentlich auch einen Preis dafür bezahlen. Schauen wir, daß diesmal auch wieder das Fenster von uns rechtzeitig geöffnet und zugemacht wird. Versäumen wir es nicht! Wir haben es einige Male zustande gebracht, die „Fenstersituation“ zu nützen: Ein Jahr später wäre kein Staatsvertrag, sechs Monate später wäre kein Südtirol-Paket mehr möglich gewesen. (Abg. Dr. Khol: Richtig!) Es kann auch bei der NATO sein, daß die Amerikaner einmal sagen: So, jetzt ist Schluß! Wir sind nicht die ständigen Kindergärtner der Europäer, wenn sie es selbst nicht schaffen.

Ich bin für europäische Lösungen, aber in voller Partnerschaft mit denen, die bisher bewiesen haben, daß ihnen Menschenrechte und Frieden ein Anliegen sind! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Gaál.)

17.27


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Die rest­liche Redezeit der Grünen beträgt 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Maitz: Jetzt kommt wieder die Antithese!)

17.27


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Um den Präsidenten und mich selbst nicht nachher in Zeitverlegenheit zu bringen, bringe ich zunächst einen Antrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMag. Dr. Petrovic, Dr. Kammerlander, Dr. Van der Bellen, Freundinnen und Freunde betreffend Optionenbericht der Grünen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Wir ersuchen die Bundesregierung, die weitere sicherheitspolitische Entwicklung der Republik entlang der Schlußfolgerungen des beiliegenden Optionenberichtes der Grünen zu behandeln.“

*****

Dieser Optionenbericht ist an Sie alle verteilt worden. Er fußt auf dem bewährten Sicher­heitskonzept, dem modernen Sicherheitskonzept der österreichischen Neutralität und einer ständig weiterzuentwickelnden aktiven Neutralitätspolitik.

Sehr bemerkenswert war jetzt das Beifallsverhalten, insbesondere bei der Österreichischen Volkspartei. Sehr bemerkenswert war auch, daß hier doch einige – und gar nicht verhalten – dem Bundeskanzler applaudiert haben (Abg. Dr. Maitz: Die Frau Oberlehrer beurteilt das!), der meiner Meinung nach heute ein sehr klares und sehr deutliches Statement abgegeben hat. Dem müssen jetzt auch Taten folgen. Die haben wir oftmals vermißt. Aber dieses Statement gibt Anlaß zur Hoffnung, daß diese Taten jetzt auch folgen werden.

Jetzt haben Sie aber auch, ebenso deutlich, auf der ganzen rechten „Reichshälfte“ einem ganz anderen Statement applaudiert. Also offenbar sind Sie sich nicht im klaren, wie die öster­reichische Sicherheit gewährleistet sein soll.

Eines hat Herr Abgeordneter Mock sehr deutlich und in meinen Augen sehr richtig gesagt: Die NATO hat in Bosnien eingegriffen – nach Srebrenica. Und das Wort „nach“ ist das, was einer ganz typischen Militärlogik entspricht, Herr Abgeordneter. Und das wird nie anders sein, wenn die Logik der Sicherheit ausschließlich dem militärischen Kalkül folgt. (Abg. Großruck: Belehren Sie nicht den Dr. Mock!)

Wir haben uns einmal auf einem Bundeskongreß der Grünen die Mühe gemacht und sehr ausführlich mit einem ehemaligen NATO-General diskutiert. Und er hat genau das bestätigt, genau diesen gravierenden Unterschied zu einem polizeilichen Schutzauftrag, der gelegentlich Ultima ratio sein kann, der aber immer und auch, wenn die Situation nahezu aussichtslos ist, grundsätzlich und kategorisch der Durchsetzung der Menschenrechte gilt. Das Gegenteil davon ist eine Militärlogik, die dann eingreift, wenn die militärischen Chancen günstig stehen, wenn der Gegner bereits geschwächt ist, wenn ein Land ausgeblutet ist.

Herr Abgeordneter Maitz! Ich spreche hier auch als Angehörige von Vertriebenen und Getöteten, und ich kann Ihnen eines sagen: Dieses Bild, dieses Jubelbild der NATO wird von den Bosnierinnen und Bosniern nicht geteilt. Viele haben sich gefragt: Wie lange hat man gewartet? Warum hat man gewartet? Was waren die militärstrategischen Interessen? (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Hätte es nicht, meine Damen und Herren von der ÖVP, ein ökonomisches, ein politisches, ein soziales Eingreifen 1989 gebraucht, als der Kosovo de facto erobert wurde? (Beifall bei den Grünen.) Sie kommen immer dann, wenn es zu spät ist. Das ist die Logik der Militärs! (Abg. Dr. Maitz: Was haben denn die Frauen im Kosovo in die Höhe gehalten? – „NATO help!“ „Wo ist die NATO?“ – Abg. Schwarzenberger: Wollten Sie weiteres Morden im Kosovo? – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Herr Abgeordneter Maitz! Sagen Sie doch einmal den Österreicherinnen und Österreichern: Wir sind auch für die Bekämpfung der Kriminalität! – Mit Ihren 500 Panzern um 11,3 Milliarden Schilling? Wie bekämpfen Sie das Wohlstandsgefälle? Mit Abfangjägern, Herr Abgeordneter Maitz? (Abg. Dr. Maitz: „Wo ist die NATO?“ haben die Frauen im Kosovo gefragt und nicht: Wo ist die Frau Petrovic? Sie hat niemand gebraucht!) Halten Sie es so wie der amtierende Außen­minister, daß Sie sagen: Die Bloßfüßigen, was scheren uns die? Wir riegeln einen militärischen Kordon ab mit 500 neuen Panzern! Panzer, meine Damen und Herren, um 11 Milliarden Schilling, die uns fehlen in der Sozialpolitik. Sozialpolitik, Umweltpolitik und präventives Krisen­management – das ist Sicherheitspolitik heute, nicht aufrüsten und schießen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Sie wollten weiter morden lassen!)

17.33


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ord­nungs­gemäß eingebracht, entsprechend unterstützt, steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. 6 Minuten Restredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.33


Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte hat gezeigt, daß die anfängliche Aufgeregt­heit des Kollegen Scheibner nicht notwendig war. Sie bringt im übrigen auch der öster­reichischen Bevölkerung kein Mehr an Sicherheit, sondern versucht nur, ein Spiel mit gezinkten Karten, das nun seit mehreren Monaten betrieben wird, ungehindert fortzusetzen.

Wenn ich rekapituliere, was seine Argumentation war, dann muß ich sagen, ich war einiger­maßen amüsiert, wenn sein Blick etwas verklärt auf die NATO gefallen ist als eine Institution der völlig selbstlosen Pazifisten, in der es überhaupt nicht um Interessen geht, in der es überhaupt nicht um Einflußzonen geht und in der man sich gefragt hat, wann jetzt endlich der erste NATO-General seine Uniform mit grobgestrickten Schafwollsocken austauschen wird. So hat er das Friedensapostelimage der NATO dargestellt. (Abg. Dr. Schwimmer: Das ist sogar schon passiert! Das ist schon passiert in Deutschland!) Ah, ist schon passiert. Der Bastian, ich weiß.

Wenn demgegenüber aber eingeworfen wird, daß es natürlich bei der NATO nach wie vor unveränderte Doktrinen gibt – auch was den Ersteinsatz von Atomwaffen betrifft, was die Stationierung fremder Truppen betrifft –, daß es erhöhte Kosten gibt, dann sagt der Kollege Scheibner: Alles erlogen, alles nicht wahr! Er sagt sogar etwas, was noch viel, viel ärger ist: Die bisherige Teilnahme Österreichs an Kooperationen mit der NATO – das ist in Wirklichkeit das viel Gefährlichere, denn da gibt es Kampfeinsätze, da gibt es wirklich Einsatz, Kampf und so weiter. Er will also suggerieren: Wenn man in der NATO ist, dann ist man sozusagen in der „Schafwollsockenidylle“, während man sich auf der anderen Seite, wenn man mit der NATO kooperiert, in einem permanenten Kampfeinsatz befindet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit hat Kollege Scheibner wirklich neue Standards gesetzt, allerdings Standards in dem Versuch, die öffentliche Meinung zu manipulieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Richtig ist vielmehr, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß die alte NATO-Doktrin nach wie vor auf der Annahme einer sowjetischen Invasion in Europa fußt. Das ist die alte NATO-Doktrin. Damit ist die NATO bestens auf eine Bedrohung vorbereitet, die nicht mehr existiert. (Zwischenrufe der Abgeordneten Großruck und Dr. Maitz.) Nein, ich gestehe zu, daß die NATO davon weg will, aber noch nicht weg ist. Wir wissen nicht, wann sie vielleicht davon weg sein wird, aber wir wissen, daß es höchst unterschiedliche Vorstellungen über die weitere Entwick­lung der NATO gibt.

Man braucht sich nur die Mühe zu machen – des öfteren fahren ja auch Leute von Ihnen über den großen Teich –, sich in den USA umzuhören, was denn die neue Funktion der NATO sein soll. Und da höre ich nicht das, was ich hier im Parlament höre, sondern da höre ich etwas ganz anderes. Da höre ich, daß die Verteidigung Europas aufgrund des Niederbrechens des Eisernen Vorhangs in Wirklichkeit obsolet geworden ist und daß es darum geht, die sogenannten gemein­samen Interessen im globalen Maßstab, sprich außerhalb Europas, zu betreiben.

Was heißt denn das? – Das heißt, daß Out-of-area-Einsätze vorherrschend sein werden, der Einsatz von Truppen außerhalb des europäischen Territoriums. Das heißt, daß es darum geht, möglichst rasch Truppen aus Europa hinauszuverlagern. Und das heißt natürlich auch, daß man umrüstet von landgestützten auf see- und luftgestützte Atomwaffen.

Das sind die klaren Vorstellungen, die in vielen Kreisen der USA heute vorhanden sind, wie ja im übrigen – das muß man in der Debatte auch dazusagen – nicht immer, wenn irgendwo Men­schenrechte verletzt werden, sofort die internationale Friedenseinheit der NATO kommt und dort für Recht und Ordnung sorgt, sondern nur in sehr ausgewählten Fällen, bei denen es auch eine Interessenidentität mit den einzelnen nationalstaatlichen und vor allem den amerikanischen Interessen gibt. (Abg. Ing. Reichhold: Vor allem in Bosnien! Es gibt kein Erdöl in Bosnien!)

Es muß auch legitim sein, ohne daß man primitiv beschimpft wird, die Frage zu stellen, ob für alle Zukunft europäische und amerikanische Interessen in allen Teilen der Welt so identisch sein werden, daß immer ein gemeinsames Vorgehen gegeben ist. (Abg. Ing. Reichhold: Sie hätten noch monatelang zugeschaut, wie die Frauen vergewaltigt werden!)

Ich bin der Meinung, die Kooperation mit den USA soll es geben, aber man muß sehen, wo es auch unterschiedliche Interessen gibt. Diese erfordern eine stärkere europäische Organisierung, diese erfordern, daß die ausgetrampelten Pfade des kalten Krieges von NATO bis Warschauer Pakt verlassen werden. Der Amsterdamer Vertrag bietet eine günstige Grundlage hiefür. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Reichhold: Keine Fakten!)

Die österreichische Bevölkerung will eine Weiterentwicklung unseres Konzepts von Neutralität und Solidarität. (Abg. Ing. Reichhold: Das ist von vorgestern!) Dieser Wunsch und Wille der österreichischen Bevölkerung ist der politische Auftrag der Sozialdemokratie. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Restredezeit Ihres Klubs: 7 Minuten – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.38


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich stehe noch unter dem Eindruck der sehr bewegenden Rede des Grandseigneurs, des letzten verbliebenen Grandseigneurs im Klub der Österreichischen Volkspartei, Dr. Alois Mock.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bedauere, Herr Dr. Mock, daß Sie derzeit nicht Außenminister dieser Republik sind, ich bedauere, daß Sie nicht Klubobmann der Österreichi­schen Volkspartei sind (Beifall bei den Freiheitlichen), weil ich überzeugt davon bin, daß Sie sowohl in der einen wie in der anderen Funktion der Österreichischen Volkspartei, dem Parla­ment und dieser Republik die Peinlichkeiten erspart hätten, die Ihnen der Herr Mock (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Khol), pardon, die Ihnen Herr Schüssel und Herr Khol eingebrockt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist das Problem der Österreichischen Volkspartei, das Problem Schüssel und Khol, die nicht in der Lage sind, die Lehren, die Sie eindrücklich referiert haben, zu ziehen und mutig im Inter­esse des Landes – und zwar auch dann, wenn die SPÖ glaubt, mauern zu können; eine Mauer, die ohnehin einstürzen wird – durch Beschlüsse Vorgaben zu leisten. Das wäre notwendig, meine Damen und Herren. Das würde dieses Land brauchen.

Meine Damen und Herren! Ich stehe aber auch unter dem Eindruck der Redebeiträge von Petrovic und Gusenbauer. – Das ist blanker Zynismus. Wenn das jemand gehört hat, Frau Kollegin Petrovic, der dort unten von Serben – und zwar gleich sonder Zahl – vergewaltigt wurde, wenn das jemand zu hören bekommen hat, was Sie hier gesagt haben, der dort unten Angehörige, Kinder verloren hat, wenn das jemand zu hören bekommen hat, der noch selbst auf den Knien Europa um Hilfe gebeten und sie nicht bekommen hat, weil UNO-Soldaten zuge­schaut haben, wie Frauen vergewaltigt und umgebracht wurden, wenn das jemand gehört hat, der die Europäische Union um Hilfe angefleht hat und dann erst bei der NATO Hilfe bekommen hat, dann glaube ich, daß er null Verständnis für Ihren Zynismus hat, meine Damen und Herren! Glauben Sie mir das! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die europäischen UNO-Soldaten haben zugeschaut, wie eine Frau abgeschlachtet wurde wie ein Tier. Unter den Augen dieser Soldaten! Erst diese Bilder haben dazu geführt, daß man in der NATO gesagt hat: So, jetzt ist es genug! Das war Srebrenica, Frau Kollegin Petrovic! Das war Srebrenica! Diese Frau hat den Preis bezahlt. (Abg. Schieder: War doch kein NATO-Beschluß!)

Herr Kollege Schieder! Aber das ist doch nicht wahr! Die Europäische Union hat das nicht zustande gebracht, von dem Ihr Bundeskanzler ständig faselt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die dortigen Menschen haben den Preis dafür bezahlt, und wenn es so weitergeht, dann werden die Menschen im Kosovo den nächsten Preis dafür bezahlen, weil sie immer noch nicht jene europäische Sicherheitsarchitektur haben, von der Ihr Bundeskanzler immer noch faselt, weil er sich nicht durchgesetzt hat. In Madrid hat er schon begriffen – damals stand er noch unter dem Eindruck von Srebrenica –, wohin die Reise geht. (Abg. Wabl: Das ist schon Schwachsinn!) Es hat auch Herr Swoboda begriffen, wohin die Reise geht beziehungsweise wo sie hingehen muß. Auch Herr Cap hat es begriffen, auch wenn er jetzt nicht mehr anwesend sein darf. Er hat es begriffen.

Kollege Gaál hat vor wenigen Minuten unter dem Applaus Ihrer Fraktion, Herr Kollege Schieder, gesagt – ich zitiere wörtlich –: Wir müssen rasch Verhandlungen aufnehmen, damit wir zum frühestmöglichen Zeitpunkt den NATO-Beitritt stattfinden lassen können. Das hat Kollege Gaál hier heraußen gesagt. (Beifall des Abg. Scheibner.) Sie haben begriffen, wohin die Reise geht, Sie haben begriffen, was notwendig ist. Aber ein paar Altstalinisten in Ihrer Fraktion wollen es aus ideologischer Verblendung nicht begreifen, meine Damen und Herren! Das ist das Problem! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Das ist heute nicht Jux und Tollerei. Ich appelliere an Sie, heute mit diesem Entschließungsantrag, den ich jetzt vortragen werde, der SPÖ einiges klarzumachen. – Da geht es nicht um Überzeugungsarbeit. Wie lange brauchen Sie denn noch, Herr Kollege Khol? – Sie haben im Februar des Vorjahres im Außen­politischen Ausschuß begonnen, und jetzt sind Sie immer noch dort, wo Sie vor einem Jahr gewesen sind. Sie werden noch fünf Jahre warten müssen, wenn Sie auf Ihre Über­zeugungs­leistungen vertrauen. Machen Sie mit einem Beschluß der SPÖ klar, was die sicherheits­politischen Prioritäten dieses Landes sind. Machen Sie heute mit einem Votum, das nicht schmerzt – die SPÖ weiß, daß dieses Votum zustande kommen kann und muß; sie bringt es nur nicht fertig, es in den eigenen Reihen umzusetzen –, wenigstens zum Teil, Herr Kollege Mock und einige wenige in Ihrer Fraktion, die Courage haben, der SPÖ klar, indem Sie heute bei der Abstimmung für Österreich aufstehen – für Österreich und nicht für die FPÖ! –, indem Sie diesem Entschließungsantrag zustimmen (Beifall bei den Freiheitlichen), daß sie mit ihrem Verhalten Österreich schadet! Vielleicht begreift sie es dann.

Daher bringe ich namens meiner Fraktion folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler und Kollegen betreffend Österreichs Sicherheit

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten wird ersucht:

1. bezüglich aller Fragen, die sich in Hinsicht auf die Sicherheitspolitik ergeben, mit den betrof­fenen Organisationen und deren Mitgliedstaaten, in Abstimmung mit dem Bundeskanzler und dem Bundesminister für Landesverteidigung, einen intensiven Dialog aufzunehmen. Mit der NATO soll dieser zweckmäßigerweise in Form eines ,intensivierten Dialogs’ geführt werden. Dieser soll Österreich die Möglichkeit bieten, mit der NATO ,das volle Spektrum politischer, militärischer, finanzieller und sicherheitspolitischer Fragen, die sich in bezug auf eine mögliche NATO-Mitgliedschaft stellen’, zu erörtern. Diese Sondierungen sollen die endgültige Ent­scheidung nicht vorwegnehmen;

2. auf diesem Wege zusätzliche Informationen über die Zusammenhänge zwischen der Per­spektive einer gemeinsamen Verteidigungspolitik und Verteidigung der Europäischen Union und den bestehenden transatlantischen Verteidigungsstrukturen zu sammeln;

3. dem Parlament über das Ergebnis der erwähnten Sondierungen zu berichten.“

*****

Meine Damen und Herren! Das ist nicht allzuviel. Aber es wäre heute ein Signal an Ihren Koalitionspartner, ein Signal, das er verstehen wird, ein Signal, das Österreich verstehen wird, und es ist ein Signal, das von zutiefst überzeugten Patrioten kommt, meine Damen und Herren!

Daher fordere ich Sie heute auf – das hat jetzt nichts mit Koalitionsgeplänkel zu tun –: Machen Sie klar, daß in Österreich die Uhren so laufen, daß die österreichischen Interessen vor irgend­welche parteiideologische Interessen gehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.45


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gaál gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.45


Abgeordneter Anton Gaál¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Frau Bundesministerin! Kollege Stadler hat hier gesagt: Ich darf Kollegen Gaál zitieren, er hat gesagt, man soll in Verhandlungen eintreten, damit ein Beitritt zur NATO zum frühestmöglichen Zeitpunkt statt­finden kann.

Ich darf Sie berichtigen, Herr Kollege Stadler. Ich habe gesagt: Wir Sozialdemokraten sehen daher unter den gegebenen Umständen derzeit keine Notwendigkeit, wie Sie es in Ihrem Antrag verlangen, in Verhandlungen einzutreten, damit ein Beitritt zur NATO zum frühestmöglichen Zeitpunkt stattfinden kann. – Das liegt schriftlich vor. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Nein! Ich habe genau zugehört!)

17.46


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. Restredezeit Ihres Klubs: 1 Minute. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.46


Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Stadler! Respekt vor Ihrem Respekt vor unse­rem ehemaligen Bundesparteiobmann und Außenminister. Aber die Haltung der ÖVP in Sicherheitsfragen, so wie sie von Wolfgang Schüssel und Klubobmann Andreas Khol eingenommen wird, ist ganz klar und deckt sich mit dem (Abg. Scheibner: Sehr wankelmütig!), was der ehemalige Außenminister Mock hier vorgetragen hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wollen einen breiten Konsens in Sicherheitsfragen, auch und vor allem mit der Bevölkerung. Wir wollen aber nicht Österreich zum weißen Fleck auf der europäischen Landkarte dege­nerieren lassen. (Abg. Mag. Stadler: Dann stimmt zu!) Wir wollen im Außenpolitischen Aus­schuß eine Diskussion zu diesen Sicherheitsfragen, die uns vorwärts bringt. (Abg. Scheibner: Man hat Jahre Zeit gehabt!) Wir wollen unseren Koalitionspartner und natürlich auch seine Wähler (Abg. Aumayr: Nicht verlieren!) überzeugen, aber nicht überstimmen. Und ich bin voll überzeugt davon, daß es keine europäische Sicherheitspolitik ohne NATO gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

17.47


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 748/A (E) der Abge­ordneten Scheibner und Genossen betreffend die Aufnahme von Verhandlungen mit den Vertragspartnern des Nordatlantikvertrages über einen Beitritt Österreichs zum NATO-Vertrag.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen betreffend sofortige Abhaltung eines Volksentscheides über die immerwährende Neutralität Österreichs und die Zukunft der österreichischen Sicher­heitspolitik.

So Sie diesem Antrag beitreten wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen betreffend Schlußfolgerung für weiterführende Optionen Österreichs im Rahmen der europäischen Sicherheitsstrukturen.

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wabl und Genossen betreffend Panzerpaket.

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen betreffend Optionenbericht der Grünen.

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen betreffend Österreichs Sicherheit.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung auch durchzuführen. Ich gehe daher so vor, und zwar benützen wir die Stimmzettel, die durch deutliche Aufdrucke mit „Ja“ und „Nein“ und den Namen gekennzeichnet sind.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Antrag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen sind, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr Frau Schriftführerin Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu begin­nen; Frau Abgeordnete Apfelbeck wird sie nachher ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Apfelbeck werfen die Abge­ordneten die Stimmzettel in die Urne.)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schrift­führerinnen die Stimmenzählung vornehmen.

Zu diesem Zweck unterbreche ich die Sitzung für kurze Zeit.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.58 Uhr unterbrochen und um 18.15 Uhr wiederaufgenommen.)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ und ÖVP), nachdem nicht nur ausgezählt, sondern auch sehr gründlich kontrolliert wurde, und ich danke für den Applaus, der natürlich den Kontrollierenden und Auszählenden gilt.

Ich gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt: Es wurden 162 Stimmen abgegeben, davon 36 „Ja“-Stimmen und 126 „Nein“-Stimmen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wabl: Bravo!)

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen ist damit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Apfelbeck, Aumayr;

Blünegger, Böhacker, Brauneder;

Dolinschek;

Firlinger;

Gaugg, Grollitsch;

Haider, Haller, Haupt, Hofmann;

Koller, Krüger, Kurzmann;

Lafer;

Madl, Meisinger;

Nußbaumer;

Ofner;

Partik-Pablé, Povysil, Preisinger, Prinzhorn, Pumberger;

Reichhold, Rosenstingl;

Salzl, Scheibner, Schöggl, Schreiner, Schweitzer, Stadler;

Trattner;

Wenitsch.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Antoni, Auer;

Barmüller, Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Brinek, Brix, Buder, Bures;

Donabauer;

Eder, Edler, Ellmauer;

Fekter, Feurstein, Fink, Fischer, Freund, Frieser, Fuchs, Fuhrmann;

Gaál, Gaßner, Gatterer, Grabner, Gradwohl, Gredler, Großruck, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinzl, Hlavac, Höchtl, Horngacher, Huber, Hums;

Jäger;

Kaipel, Kammerlander, Kampichler, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Khol, Kiermaier, Kiss, König, Konrad, Kopf, Koppler, Kostelka, Krammer, Kräuter, Kukacka, Kummerer, Kurzbauer;

Lackner, Langthaler, Leikam, Leiner, Löschnak, Lukesch;

Maier, Maitz, Marizzi, Mertel, Mock, Morak, Moser Hans Helmut, Moser Sonja, Motter, Mühl­bachler, Müller, Murauer;

Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parfuss, Parnigoni, Peter, Petrovic, Pittermann, Platter, Posch, Puttinger;

Rada, Reitsamer, Riepl;

Sauer, Schaffenrath, Schieder, Schrefel, Schuster, Schwarzenberger, Schwemlein, Schwimmer, Seidinger, Sigl, Spindelegger, Stampler, Steibl, Steindl, Stippel, Stoisits, Stummvoll;

Tegischer, Tichy-Schreder, Trinkl, Tychtl;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wabl, Wallner, Wimmer, Wurm, Wurmitzer;

Zweytick.

*****

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 3595/AB


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Wir gelangen nun zu einer Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Justiz mit der Ordnungszahl 3595/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodaß sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache auf folgende Redezeitbeschränkungen gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung aufmerksam: Erstredner zur Begründung maximal 10 Minuten, jeder Folgeredner maximal 5 Minuten, Stellungnahmen der Mitglieder der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeter Staatssekretäre sollen 10 Minuten nicht überschreiten.

Ich ersuche nun Herrn Abgeordneten Morak als Unterzeichner des Verlangens, die Debatte zu eröffnen. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.18


Abgeordneter Franz Morak¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Ich bin überzeugt: Nichts braucht die kulturpolitische Debatte weniger als eine Belebung oder eine Perpetuierung der Mühl-Debatte. Strafrechtspolitisch ist die Sache aber meiner Meinung nach virulent und sollte von uns noch nicht gegessen worden sein. In ihrer Art war das nämlich doch ein Parallelfall zur Affäre Lucona, gekrönt durch ein Happening in den Staatstheatern.

Eine Persönlichkeit, die sich die Sozialdemokratie seinerzeit aufs Brot geschmiert hat, zum Frühstück, zum Mittagessen und zum Abendessen, von Kreisky angefangen bis hin zum kleinsten burgenländischen Sozialpotentaten, hat M. es verstanden, sich mit List, Gewalt, Bestechung der Strafverfolgung und der gerichtlichen Abrechnung dieser Delikte zu einem guten Teil oder zu einem guten schlechten Teil – wie Sie wollen – zu entziehen, denn beim Prozeß wurde nur die Spitze des Eisberges verhandelt, einfach dadurch, daß ungeheure Zahlungen geleistet wurden.

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf das Buch von Andreas Schlothauer, das 1992 bekannt war, weil es 1992 erschienen ist – mitten in der heißen Debatte.

Diese Chinesische Mauer oder dieses chinesische Machwerk rund um den „Friedrichshof“, dieser Schutzwall aus roten Ziegelsteinen ist ein burgenländisches Trauerspiel der Sonder­klasse. Heute wissen wir, daß die burgenländischen Strafverfolgungsbehörden kein Kuß der Welt aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt hätte. Man hat schon fester ein paar Mal hintreten müssen, daß sie aufgewacht sind. – Warum wohl? Wenn in einem Strafverfahren, wie das noch immer im Raum steht und noch immer nicht widerlegt ist, Zeugen und Opfer massiv mit Geldzuwendungen von ihrer Aussage abgehalten werden, dann heißt das, daß hier mit elemen­tarer Schlampigkeit ermittelt wurde.

Denn hier geht es nicht um diskrete Zahlungen im Hinterzimmer, um diskrete Absprachen in einem Hinterzimmer, hier geht es um 17,4 Millionen Schilling. Die sind nämlich geflossen, damit ehemalige Bewohner und ehemalige Opfer den Mund halten. Und das werfe ich der straf­verfolgenden Behörde vor: Es wäre 1992 (Abg. Dr. Khol: Das ist der Punkt!) – 1992! – bei einiger Mühe der verfolgenden Behörden, bei einigem Lesen der Literatur möglich gewesen, daß sie diesen Tatbestand aufgedeckt hätten.

Jetzt lesen wir aber in Ihrer Beantwortung, die Sache hat sich auf gut österreichisch erledigt, sie ist an Altersschwäche gestorben – sie ist nämlich verjährt. Und irgendwann wird irgendwer irgendwo und irgendwie eine Antwort geben und einen Bericht schreiben, den wahrscheinlich keiner lesen wird. Darauf freuen wir uns natürlich, aber vielleicht sollten wir jetzt noch einmal die Akteure vor den Vorhang rufen. Wenn wir schon die strafrechtliche Verantwortung in diesem Fall nicht klären, so sollten wir doch noch einmal die politische abhandeln.

Es waren natürlich rote Politiker, die die schützende Hand über Herrn Mühl gehalten haben. Es waren Herr Kreisky, Herr Sinowatz, Herr Blecha, Frau Hawlicek und Herr Kery. Und dir, lieber Josef Cap, wäre es sehr wohl angestanden, nicht nur zu fragen: Auf wen und worauf schießt du denn im Keller, lieber Kery?, sondern du hättest durchaus etwas später fragen können: Was hast du denn am „Friedrichshof“ gemacht, Genosse Kery? (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ich muß dir sagen, daß gerade deine Leute das lange Zeit für ein sozialutopistisches Expe­riment gehalten haben, was nur eine schäbige Sozialdiktatur war. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.22


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Wir gehen nun in die Debatte ein. Die Redezeit pro Redner beträgt jetzt maximal 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Bei der NATO war er nicht da, da hat er nicht dürfen! Beim „Friedrichshof“ darf er!)

18.22


Abgeordneter Dr. Josef Cap¦ (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich wirklich mit Vehemenz dagegen aussprechen, daß mein Vorredner – wahrscheinlich in Verkennung seiner Rolle –, sich hier mehr als Inquisitor und nicht als Kultursprecher präsentierend, die Justiz als eine Art Mühl-Kumpanin darstellt.

Hinzufügen möchte ich noch: Mir liegt nichts ferner, als hier eine Verteidigungsrede für Mühl als Künstler, als Mensch oder sonstwas zu halten. Ich habe hier schon einmal zum Ausdruck gebracht, daß ich vehemente Kritik anzubringen habe, und da gibt es nichts zu verteidigen. Aber das, was hier getan wird (Abg. Dr. Khol: Jetzt beginnt die Verteidigungsrede!) – und inter­essanterweise vom Kultursprecher –, ist der Versuch, in ein laufendes Strafverfahren einzu­greifen, indem öffentlich Druck auf den Minister gemacht wird, damit er Einfluß nimmt, in welcher Weise auch immer. Und diese Vorgangsweise hat auch irgendwie, und sollte das eben verjährt sein, die Komponente einer Vorverurteilung. Und das Wichtige dabei ist aber die politische Stoßrichtung: die vielen „Kumpane“, die es geben soll, wie er es vorhin gesagt hat, die vielen Menschen, die aus welchen Gründen auch immer „Kumpane“ des rechtskräftig verur­teilten Otto Mühl waren.

Da muß ich mir die Frage stellen: Wer ist dieser Antragsteller eigentlich, warum macht das gerade er, und ist er berufen dazu? Er hat vorhin gesagt, ich hätte die Frage stellen sollen: Was machst du auf dem „Friedrichshof“? Ich aber frage Franz Morak: Lieber Franz Morak, was machst du auf dieser Polydor-Platte, die du einmal herausgegeben hast? (Der Redner zeigt ein Plattencover.) – Und weil du jetzt so herzlich gelacht hast, wird dir das „Himbeereis“ gleich etwas im Hals steckenbleiben. So heißt nämlich das vierte Lied auf der Seite B, und dieses soll man einem interessierten, vor allem kulturell interessierten Auditorium doch zugänglich machen.

Also wer ist dieser Antragsteller? – Ich zitiere:

„sie stieg einfach in den wagen

in jeder hand ein himbeereis

sie war noch keine 14 jahre

und das delikt war mir zu heiß

doch sie war gänzlich ohne gnade

ich fuhr das nützte sie glatt aus

dann putzte sie mir eis vom kragen

und an der ampel war sie raus“

Für wen singt er das? Das geht aus der letzten Strophe hervor. Ich zitiere weiter:

„ich sing das nur für die philister

die müd an ihrem schlitten drehn

voll money business midlifecrisis

nur nach den kleinen mädchen sehn“

Also ich sehe darin nicht die große künstlerische, moralische Berechtigung, sich in dieser Anfrage als Kultursprecher zu präsentieren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber ich habe die Lösung wahrscheinlich im zweiten Lied der Seite B dieser Platte, wo er wahrscheinlich schon vorausschauend auf die heutige Anfragebeantwortung folgendes gesungen hat – denn es steht hier: „Franz Morak: Gesang“, also er ist hier vor allem der Singende; ich zitiere –:

„heut rauch ich meinen letzten joint

ich geb mir den letzten schuß

ich trinke noch den rest vom sekt

und mach dann einfach schluß

ich schlafe mit jedem der mich nimmt

und sei’s ein schäferhund

mir ist so froh wie lang schon nicht

und das hat seinen grund

denn ...

heut steig ich aus

heut will ich raus

mir ist der betrieb hier zu müd

ich warte so lang schon

und weiß nicht worauf

und überhaupt ist mir suicid

ich nehm ein vollbad in kerosin

ich pack mich in dynamit

ich spreng mich aus sämtlichen meldekarteien

und sie sie fliegen mit“

Ich glaube, das erklärt doch alles, oder? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Höchtl: Was hat das mit dem Mühl zu tun?)

18.27


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.27


Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! – Lieber Herr Kollege Cap, Sie können es nicht verwinden, daß unser Franz Morak einfach besser ist als Sie. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Denn das, was Sie zum besten gegeben haben, war nicht einmal ein Abgesang und, ich muß sagen, angesichts des Ernsts des Themas unpassend. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schaffenrath: Doppelmoral!)

Sie haben nämlich die Anfragebeantwortung nicht gelesen, denn sonst müßten Sie wissen, daß es, wenn etwas verjährt ist, kein laufendes Verfahren bezüglich einer Wiederaufnahme oder sonstiges geben kann. Sie haben aber hier von einem laufenden Verfahren gesprochen. – Sie wissen vielleicht mehr als ich.

Es ist klar, daß die Sensibilität im Jahre 1988 eine andere war, als sie es heute in den Fragen Kinderschändung, Kindesmißbrauch ist. Kinderschändung ist heute kein Kavaliersdelikt mehr. Bedauerlicherweise aber ... (Abg. Schaffenrath: Das sagen Sie, Frau Fekter? – Weitere Zwi­schenrufe beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Es war Kinderschändung nie ein Kavaliersdelikt, Frau Kollegin Schaffenrath (Beifall bei der ÖVP), aber die Art und Weise, wie damals damit umgegangen worden ist, läßt doch eine gewisse Sensibilität vermissen. Denn sonst könnte es nicht sein, daß hier das Umfeld so wenig und so ungenau untersucht worden ist und man sich eigentlich mit der Bestrafung der Spitze des Eisbergs begnügt hat.

Es ist, wie Herr Kollege Morak ja erwähnt hat, schon sehr früh bekannt gewesen, daß hier Zahlungen fließen, um Zeugen zu beeinflussen. Zumindest stand dieser Verdacht im Raum – ob es hätte bewiesen werden können, ist nie wirklich geklärt worden. Und daher stellt sich schon die Frage, warum man diese Verdachtsmomente damals nicht untersucht hat und geprüft hat. (Abg. Wabl: Warum haben Sie das Buch nicht gelesen und eine Anzeige gemacht?)

Ich stehe nämlich auf dem Standpunkt, daß gerade bei Kindesmißbrauch und gerade bei Kinderschändung diese Schlampigkeiten nicht vorkommen dürften, und das kritisieren wir. (Beifall bei der ÖVP.)

Gott sei Dank hat sich in der letzten Zeit mehr Sensibilität bezüglich sexuellem Mißbrauch, Opferschutz und vor allem Rechte der Opfer breitgemacht. Wir sehen das an den gestiegenen Anzeigezahlen, daran, daß immer weniger wegschauen – denn Wegschauen war zum Zeitpunkt der Mühl-Verurteilung oder des Mühl-Gerichtsverfahrens noch unheimlich „in“ und unheimlich modern – in gewissen Kreisen. Nicht jedoch bei uns!

Wir haben dieses Thema mit Sicherheit nicht ad acta gelegt, denn wir wollen, daß gerade in diesem Bereich die Sensibilität noch verstärkt wird. Ich bin sehr froh, Herr Minister, daß sich in der aktuellen Justizpolitik diesbezüglich eine gravierende Änderung abzeichnet und daß auch in Ihrem Ressort derzeit dem Opferschutz eine sehr große Bedeutung beigemessen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Amen!)

18.31


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

18.31


Abgeordneter Dr. Michael Krüger¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich meine, eingangs meines Debattenbeitrages zu dieser Anfrage­besprechung doch einiges klarstellen zu müssen. Ich möchte mich kurz mit der Argumentation meiner Vorredner befassen. Kollege Cap sprach davon, daß diese Anfragebesprechung bezie­hungsweise diese Anfrage rechtsstaatlich bedenklich sei, weil sie doch in ein laufendes Verfahren eingreife.

Nun, ich glaube, daß es der Autonomie des Parlaments und jedes Abgeordneten entspricht, eine Anfrage zu jedem Zeitpunkt und zu welchem Verfahren auch immer einzubringen. Ich glaube, diese Selbstbeschränkung sollten wir uns wirklich nicht auferlegen, denn da würden wir uns selber in unseren Rechten beschneiden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Cap! Da muß ich als Kenner der Justiz – das werden Sie mir zugestehen – ganz ehrlich sagen: Diesen hohen Respekt vor der Justiz habe ich, daß ich mir sicher bin, daß sich die Justiz von einer Anfrage bezüglich eines Strafverfahrens im Fortgang und in der Rechts­sprechung absolut nicht beeinflussen lassen wird.

Kollegin Fekter hat wortreich davon gesprochen, daß die Argumentation des Kollegen Cap völlig unsinnig sei, daß nicht in ein laufendes Strafverfahren eingegriffen werde, weil die Delikte ja schon verjährt seien. – Kollegin Fekter! Wenn du die Anfragebeantwortung des Ministers gele­sen hättest, dann hättest du erkannt, daß es derzeit ein laufendes Verfahren wegen § 153, also Untreue, gibt. Und wie du als Justizsprecherin deiner Partei sicherlich weißt, unterliegt Untreue, wenn sie mit einem Schaden von über 1 Million Schilling oder 500 000 S – das weiß ich jetzt nicht genau – verbunden ist, einer zehnjährigen Verjährung, und es gibt hier keine Verjährung. Also bitte, das solltest du als Justizsprecherin deiner Partei schon wissen! Es gibt ein laufendes Verfahren gegen Herrn Mühl und allfällige Mittäter wegen des Verdachtes der Untreue im Zusammenhang mit Zahlungen von 17 oder 18 Millionen Schilling.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt – und diese Aussage richte ich jetzt an Rot und Schwarz – ist die gesamte Debatte über die Anfragebeantwortung nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver. Es hat sich Kollege Cap mit irgendeinem Lied des Kollegen Morak auseinandergesetzt. Das war für meine Begriffe nicht einmal humoristisch, es war nur tief. (Abg. Dr. Cap – in Richtung des Abg. Morak weisend –: Das ist von ihm!) Es war tief, aber es entspricht leider deinem Stilmittel. Ich frage mich, ob wir uns so wenig ernst nehmen dürfen in diesem Hohen Haus. Als nächstes zitiert jemand irgendwelche Schulaufsätze aus der Volks­schule, nur um jemandem etwas am Zeug zu flicken. (Abg. Dr. Fekter: Das ist aber auch sehr tief gewesen!) Ich hätte mir erwartet, Kollege Cap, daß du deutliche Worte findest in der Verurteilung des Herrn Mühl und in der politischen Verantwortung.

Und damit bin ich beim Kollegen Morak. Er mahnt völlig zu Recht – Originalzitat – die politische Verantwortung ein. Nur frage ich mich: Wo liegt denn die politische Verantwortung, Kollege Morak? In wessen Ressort fällt das Museum für angewandte Kunst, ein Museum, das unmittel­bar nach der Haftentlassung des Otto Mühl dem Otto Mühl breiteste Gelegenheit gegeben hat, seine Bilder auszustellen? Wer macht das? Wer billigt das? In wessen Einflußbereich liegt das? (Abg. Dr. Khol: Das war der Noever! Gehrer hat es mißbilligt!) Frau Ministerin Gehrer ist dafür zuständig. Und wenn man die politische Verantwortung einfordert, dann muß man sich dazu bekennen, zu sagen: Ich mißbillige das. (Abg. Dr. Khol: Das hat sie getan!)

Das ist zuwenig. Sie hat im Ausschuß gesagt, man habe dem Otto Mühl eigentlich gar keinen guten Dienst erwiesen. Das ist zuwenig! Man muß politische Konsequenzen ziehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und diese politischen Konsequenzen zieht sie nicht. Der Herr Noever wird wahrscheinlich noch bis zu seinem 65. Lebensjahr im Museum sitzen. Und da ist es völlig egal, daß er im Zusammenhang mit der Ausgliederungsdebatte sagt, man schickt das MAK und die öffentlichen Museen auf den Strich und er ist gegen die Ausgliederung. Später spricht er schön devot im Ausschuß davon, daß er die Ausgliederung als so geglückt empfindet.

Und die zweite politische Verantwortung, und das ist die gravierendere, besteht darin, daß das Œuvre des Otto Mühl – wenn es überhaupt eines gibt, das soll jeder für sich entscheiden – ein Œuvre der bildenden Kunst ist, aber nicht der darstellenden Kunst. (Abg. Schieder: Richtig!) Das ist der Skandal im Zusammenhang mit dem Auftritt im Burgtheater.

Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Ich habe Beiträge des Herrn Peymann im holländischen Fernsehen gesehen, als er etwa sagte, Bundeskanzler Klima habe nur deshalb die Kunstkompetenz an sich gezogen, um ihn zu entlassen. – Das sind Ihre Leute! Das ist nach dem Motto: ...


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter!


Abgeordneter Dr. Michael Krüger¦ (fortsetzend): ... „Die Geister, die ich rief, die werd ich nicht mehr los.“ Das ist ein letzter Bosheitsakt des Peymann der Sozialdemokratie gegenüber gewe­sen. – Das haben Sie von Ihrer Solidarität einem Peymann und auch teilweise einem Mühl gegen­über! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.36


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Bar­müller. – Bitte.

18.36


Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Zur Erklärung für jene, die heute dieser Debatte hier noch folgen: Was hier stattfindet, ist eine Besprechung einer Anfragebeantwortung. (Abg. Dr. Mertel: Ach so! Ich hab schon gar nicht mehr gewußt, warum ich hier sitze!) Frau Abgeordnete Mertel! Wenn Sie sich die einzelnen Redebeiträge anhören, dann werden Sie erkennen, daß jemand, der nicht mit den Abläufen dieses Hauses vertraut ist – und hier sitzen noch einige, die zuhören –, nicht wissen wird, worum es hier eigentlich gegangen ist.

Die Besprechung einer Anfragebeantwortung verlangt man dann, wenn der Herr Bundesminister eine Anfrage nicht ordentlich beantwortet hat. Das, was hier als Antwort vorliegt, ist aber nicht nur ausreichend, sondern es ist auch inhaltlich richtig. Es gibt dagegen nichts zu sagen, das war bisher immer so. Und das als Anlaß herzunehmen, um die Debatte zum Frauen-Volksbegehren so zu verzögern, daß sie ja nicht mehr in die „ZiB 1“ kommt, dürfte wohl nur ein Anliegen gewesen sein, meine Damen und Herren.

Aber wenn dann gerade die Justizsprecherin der ÖVP hier vom Rednerpult aus sagt, es muß das Umfeld untersucht werden, was bei Mühl und Konsorten der Fall gewesen ist, dann sage ich Ihnen: Wenn Ihnen das im Zusammenhang mit Kindesmißbrauch ein Anliegen ist, dann untersuchen Sie einmal die Umfelder, die um Groër und Konsorten – nein, um Groër und Freunde – existieren. Das wäre angemessen. Denn da wissen Sie auch, daß sich das, was in diesem Fall passiert ist, immer wieder wiederholt.

Wenn Sie also hier nicht einer Doppelmoral das Wort reden wollen, dann begeben Sie sich in diesen Bereich. Führen wir diese Diskussion offensiv, dann würde mehr herauskommen, als wenn Sie den Herrn Bundesminister herzitieren zu einer Stunde, zu der es nicht notwendig ist, wegen einer Anfragebeantwortung, die völlig korrekt ist. Da haben Sie die Geschäftsordnung mißbraucht! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Der Barmüller ist letztklassig! – Abg. Dr. Khol: Er hat das Aschenkreuz schon auf seiner Stirn!)

18.38


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

18.38


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits¦ (Grüne): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Drei Bemerkungen zu einer an sich heute absolut nicht angebrachten Diskussion. Ich möchte nicht wiederholen, was Kollege Barmüller gesagt hat. (Abg. Mag. Bar­müller: Stimmt es nicht?) Ich möchte nur nicht wiederholen, was du gesagt hast!

Als erstes zum Inhaltlichen. – Wenn hier kritisiert wird, daß der Herr Bundesminister diese An­frage nicht sachgerecht und ordentlich beantwortet hat, dann tun das Menschen, die offen­sichtlich keine Ahnung davon haben, daß es nicht Gegenstand der Vollziehung ist, was Gegen­stand von Anfragen ist, die Abgeordnete geschäftsordnungsmäßig stellen können und auf die der Herr Bundesminister die Gelegenheit hat zu antworten. Es ist nicht Gegenstand der Vollziehung, wie Richter entscheiden. – Gott sei Dank, meine Damen und Herren! Ich bin froh darüber, daß wir Gewaltenteilung haben, und das sollten auch die Damen und Herren der ÖVP sein, die diesen Grundsatz sofort über Bord werfen in ihrer Argumentation, wenn es nur um einen Tag geht, an dem wesentliche Dinge im Parlament zu diskutieren sind, nämlich Gen­technik-Volksbegehren am Vormittag und Frauen-Volksbegehren zu Mittag.

Meine Damen und Herren! So war es ausgemacht: Zu Mittag sollte über 600 000 Österreicherin­nen und Österreichern hier in einer öffentlichen Diskussion Rede und Antwort gestanden werden, was mit ihren Anliegen im Parlament passiert ist – aber nicht am Abend! (Abg. Mag. Kukacka: Die FPÖ hat den Dringlichen Antrag eingebracht und nicht wir! Da müssen Sie die FPÖ kritisieren!) Und all das, was heute stattgefunden hat, sogar die nicht uninteressante und durchaus notwendige Debatte zur Sicherheitspolitik, wäre an diesem Nachmittag nicht an­ge­­bracht gewesen.

Meine Damen und Herren! Aber weil gerade die Kollegen der ÖVP die Großmeister darin sind, der Opposition immer wieder eine sehr intensive Auslegung der Geschäftsordnung zu unter­stellen, bis hin zum Mißbrauch – solche Worte werden verwendet –, möchte ich ganz besonders betonen, was heute geschehen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß es nicht nur darum geht, zu verzögern, sondern daß es auch darum geht, anderen – sprich der Opposition – Debatten, die heute eine gewisse Aktualität hätten, nicht zu ermöglichen. – Das ist das eine. (Abg. Koppler: Hören Sie auf, dann geht es schneller!)

Meine Damen und Herren! Als zweites zum Kollegen Cap: Es gibt viele, die Kunst und Wirklichkeit verwechseln. Er scheint einer davon zu sein. Wie ich die Rede des Kollegen Morak bewerte, das ist eine Sache. Aber das, was Josef Cap gemacht hat, ist etwas, was eines Kultursprechers einer Partei nicht würdig ist. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Und drittens: Auch Kollege Morak hat gewisse Schwierigkeiten, sich als Kultursprecher in einer justizpolitischen Debatte entsprechend zu positionieren. Denn wenn gerade er zum Thema Mühl – und das ist mir ein sehr ernstes, und alles, was Otto Mühl im strafrechtlichen Sinn je vorgeworfen wurde oder vielleicht auch noch in der Zukunft vorgeworfen wird, was bisher bekannt wurde, ist etwas, was extrem ernstzunehmen ist; ich rede hier nicht als Kultursprecherin meiner Fraktion, sondern als Justizsprecherin; da sollte sorgsam vorgegangen werden, in jeder Beziehung – als Kultursprecher zu einer justizpolitischen Anfragebeantwortung hier sagt, bei einigem Lesen der Literatur hätten seinerzeit – 1992 – die Strafverfolgungsbehörden auf gewisse Dinge stoßen müssen, dann frage ich mich: Was tun denn die Kultursprecher der ÖVP?

Was haben die Kultursprecher der ÖVP, Ihre Vorgänger oder auch Sie, oder der Herr Klubobmann oder jene Damen und Herren, die auch schon 1992 Mitglieder des Hohen Hauses waren, getan? – Aber es geht nicht allein um 1992. Was haben Sie denn von 1992 bis 1998 getan? Denn das, worauf Sie sich beziehen, ist nicht gestern aufgetaucht, sondern schon seinerzeit.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Morak, Kultursprecher der ÖVP! Literatur lügt – auch im positiven Sinn. Das sei Ihnen gesagt, wenn Sie als Kultursprecher in justizpolitischen Dingen das Wort ergreifen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

18.42


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Michalek. – Bitte.

18.42


Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek¦: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte auf den eigentlichen Anlaß zurückkommen, nämlich auf meine Anfragebeantwortung. Allerdings muß ich Behauptungen, wonach im seinerzeitigen Strafver­fahren schlampig ermittelt worden sei, zurückweisen. Allen erhobenen Vorwürfen wurde seiner­zeit nachgegangen, und es haben auch mit Urteil vom 14. November 1991 Verurteilungen sowohl wegen des Vergehens der Bestimmung zur Unterdrückung eines Beweismittels als auch des Vergehens der Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor Gericht stattgefunden.

Das nachträglich erschienene, heute hier zitierte Buch ist weder mir noch meinen zuständigen Mitarbeitern bislang bekannt gewesen. Hätte es uns jemand bekannt gemacht oder die darin erhobenen Vorwürfe seinerzeit an die Justiz herangetragen, wären diese Vorwürfe sicher Gegenstand von Ermittlungen gewesen. (Abg. Dr. Khol: Geht der Staatsanwalt amtswegig vor, Herr Minister?)

Wer liest schon ein Buch, das offenbar niemand von Ihnen hier bis jetzt gelesen hat? – Ich kann nicht etwas ermitteln, von dem ich nichts weiß! (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Wer von den Abgeordneten hat bis vor kurzem dieses Buch gekannt? – Niemand. (Abg. Dr. Khol: Das sind ja keine Staatsanwälte, Herr Minister!) Der Staatsanwalt muß aber auch nicht sämtliche Neuerscheinungen lesen. Das ist doch wirklich unverständlich!

Ich halte mich an die Mitteilungen der Staatsanwaltschaft Eisenstadt, wonach ihr jedenfalls Hin­weise auf Zahlungen zunächst durch die schon in der seinerzeitigen Anfragebegründung erwähnten Pressemitteilungen und im weiteren erst durch die Sachverhaltsmitteilungen des Landesgendarmeriekommandos Burgenland zugekommen sind. Überhaupt hat sich die Staats­anwaltschaft mit allen in den letzten Monaten nach der Entlassung von Otto Mühl herausge­ge­benen Pressemitteilungen und Sachverhaltsmitteilungen auseinandergesetzt. Gründe für eine Wiederaufnahme des seinerzeitigen Verfahrens liegen nicht vor. Neue Vorwürfe oder offen­kun­dig neue Vorwürfe wurden teils wegen Verjährung, teils nach § 34 Abs. 2 StPO eingestellt.

Die Vorwürfe allerdings, Otto Mühl habe in den Jahren 1988/89 17,8 Millionen Schilling zum Zweck der Bestechung und Beeinflussung von Zeugen aus Geldbeständen der Kommune aufgewendet und somit als deren Leiter Gelder, über die er verfügen konnte, gegen die pekuniären Interessen der Gemeinschaft für seine eigenen kriminellen Aktivitäten verwendet, wurden aufgegriffen, da selbst bei Berücksichtigung der bereits verhängten siebenjährigen Freiheitsstrafe die Maßstäbe der aus § 34 Abs. 2 StPO abzuleitenden Opportunitätserwägungen gesprengt wären.

Der Vorwurf der Untreue wurde seinerzeit im Verfahren nicht erhoben oder untersucht. Nunmehr ist er Gegenstand eines Verfahrens, in dem inzwischen der Staatsanwalt beim Untersuchungs­richter Vorerhebungen beantragt hat, insbesondere die Einvernahme von Otto Mühl und Ermittlungen durch das Landesgendarmeriekommando Eisenstadt.

Mehr kann ich zu der Sache im Augenblick nicht sagen. Die Ergebnisse der Ermittlungen werden sicherlich noch einige Zeit auf sich warten lassen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

18.47


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Wir kehren zurück zur Verhandlung über die Tages­ordnungspunkte 3 bis 18.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte.

18.47


Abgeordnete Maria Schaffenrath¦ (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin Prammer! Ich muß jetzt schon noch einmal auf den ersten Teil der Debatte zurückkommen. Es ist mir klar, daß Minister und Ministerinnen grundsätzlich das Recht haben, hier zu jedem beliebigen Zeitpunkt das Wort zu ergreifen. Aber nicht nur, daß die Vorgangsweise gegen die Usancen in diesem Haus war, ist es für mich auch wirklich – und das muß ich Ihnen sagen – eine Frage der Höflichkeit und eine Frage der Fairneß, wie mit diesem Recht hier in diesem Hause tatsächlich umgegangen wird. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Und wenn Sie und die Frau Unterrichtsministerin, die bezeichnenderweise jetzt nicht mehr da ist, als Vertreterinnen, als namhafte Vertreterinnen Ihrer Parteien in der Regierung die Frauenanliegen mit genausoviel Engagement vorangetrieben hätten, mit dem Sie sich heute hier an das Mikrophon gedrängt haben, dann wären wir in der Frauenpolitik sicherlich ein gutes Stück weiter. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich kritisiere insbesondere die Frau Unterrichtsministerin. Wir haben 35 Stunden in Unter­ausschüssen verhandelt. Sie war nicht eine einzige Minute anwesend. Sie war nicht einmal beim Ausschuß zu Bildung und Frauen anwesend, obwohl sie im Hause war. Und dann kommt sie hierher, gibt eine Wortspende ab und nennt verschiedene Punkte aus ihrem Programm zur Mädchen- und Frauenförderung. Ich sage es von dieser Stelle aus noch einmal: Nicht ein einziger Punkt ist umgesetzt. Einzelne Veranstaltungen in einzelnen Orten in Österreich bedeu­ten für mich keine Umsetzung. Umsetzung heißt, daß wir eine geschlechterbewußte Ko­edukation an den Schulen haben, daß wir Maßnahmen im Bereich der Lehrerinnenausbildung haben, daß wir Maßnahmen im Bereich der Qualifizierung von Frauen haben und nicht irgendwelche Alibiaktionen, die der Selbstdarstellung dienen.

Noch etwas: Wenn ich die heutige Aktion hier positiv beurteilen möchte, dann beurteile ich sie als Versuch der Selbstdarstellung, um noch zeitgerecht in den Medien unterzukommen – aber das ist Ihnen nicht gelungen, die „Zeit im Bild 1“ berichtet nicht darüber. Wenn ich es negativ beurteilen möchte, Frau Ministerin, dann muß ich sagen: Sie haben heute den Anliegen des Frauen-Volksbegehrens geschadet, Sie haben parteipolitisches Kalkül vor eine sachliche Diskussion gestellt, sehr geehrte Frau Ministerin! Sie haben verhindert, daß die Anliegen der Frauen in den Printmedien erscheinen, und das Frauen-Volksbegehren in die mediale Situation gebracht, daß es tot ist, und das tut mir leid. Das tut mir leid für die Frauen, die sehr engagiert dahintergestanden sind. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich freue mich darüber, daß jetzt wieder Kollegen der FPÖ hier sind, denn auch ihnen kann ich einen Vorwurf nicht ersparen. Die Art Ihres Dringlichen Antrages hat heute Ihre Einstellung deutlich gemacht. Sie hätten vieles gestern in der Aktuellen Stunde unterbringen können. Sie haben gestern versucht, hier medienwirksam zu agieren, aber das ist Ihnen nicht gelungen.

Frau Kollegin Haller – ich glaube, es war Frau Kollegin Haller – hat von dieser Stelle aus gesagt, sie möchte sich bei den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern des Gentechnik-Volksbe­gehrens entschuldigen. (Rufe bei der ÖVP: Aumayr!) Es war Frau Kollegin Aumayr. Ent­schuldigung. Dann bitte ich Frau Kollegin Aumayr, das auch bei den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern des Frauen-Volksbegehrens zu tun, denn sie haben sich im gleichen Maße engagiert.

Jetzt möchte ich auf die Sache selbst zu sprechen kommen. Immerhin haben 650 000 Männer und Frauen – über alle Parteigrenzen hinweg – dieses Volksbegehren unterschrieben. Ich jedenfalls habe dieses Volksbegehren als deutliches und starkes Signal empfunden, für die Gleichstellung der Frauen, für die Umsetzung der Gleichstellung der Frauen in die gesell­schaftliche Realität auch endlich einmal etwas zu tun. Ich glaube, diese 650 000 Unterzeichner und Unterzeichnerinnen wollten die Wichtigkeit dieses Signals unterstreichen. Sie wollten einen Motivationsschub, einen Diskussionsschub bewirken, und natürlich wollten sie auch Druck auf die Medien und auf die Politik – wie notwendig das ist, sehen wir – ausüben beziehungsweise den Druck verstärken. Ich denke, dieser Effekt des Frauen-Volksbegehrens war insbesondere da spürbar, weil er zu einer Aufbruchstimmung innerhalb der Frauenpolitik geführt hat.

Wir Liberalen haben von Beginn an – im Wissen um die Wichtigkeit – dieses Frauen-Volks­begehren unterstützt, und wir haben auch zum Unterschreiben aufgefordert, weil auch die Zahl der Unterschriften die Stärke dieses Signals bestimmt. Wir haben dieses Frauen-Volksbegehren unterstützt, obwohl wir einen differenzierten Zugang zu einzelnen im Frauen-Volksbegehren formulierten Punkten hatten und immer noch haben. Manche der Punkte sind uns zuwenig weitgehend, und andere erscheinen uns eigentlich als kontraproduktiv für die Frauen. Aber uns war auch bewußt, daß diese im Frauen-Volksbegehren formulierten Forderungen auch eine Form des Kompromisses zwischen den Initiatorinnen sind, und ich glaube nicht, daß es im Sinne der Unterzeichner und Unterzeichnerinnen, aber auch aller Initiatorinnen ist, daß diese Forderungen 1 : 1 wortgetreu umgesetzt werden. Ich glaube auch nicht, daß es im Sinne der Unterzeichner und Unterzeichnerinnen ist, daß es zu einer Vereinnahmung dieses Frauen-Volksbegehrens in irgendeiner besonderen Art kommt.

Wir diskutieren dieses Frauen-Volksbegehren etwas mehr als ein Jahr, nachdem es gestartet wurde, und ich kann nur eines sagen: Das Ergebnis ist insgesamt enttäuschend! Es ist enttäuschend, daß wir es nicht geschafft haben, in den Unterausschüssen – ich habe es schon gesagt: bei mehr als 35 Stunden an Beratungen – auch neue, moderne Ansätze in der Frauenpolitik und für die Frauen zu entwickeln. Ich bin natürlich enttäuscht von dem Ergebnis, das die Koalitionsparteien heute hier präsentieren, ich halte es für mehr als bescheiden.

Dieses Angebot, möchte ich sagen, zur Verfassungsänderung – und das ist von seiten der ÖVP noch bestritten – ist ein Rückschritt, und die beiden konkreten Anträge sollen Verbesserungen simulieren, denn Beratungen von Frauenförderplänen durch den Betriebsrat waren schon immer möglich, und bei den Einfügungen ins Mutterschutzgesetz ging es eigentlich lediglich darum, den Text zu präzisieren. Ich möchte sagen, es ging darum, vielleicht eine redaktionelle Fehlleistung bei bestehenden Gesetzen zu beseitigen.

Die Entschließungsanträge, die eingebracht wurden und an eigene Minister und Ministerinnen gerichtet sind, sind aus meiner Sicht vielleicht ein Schritt vorwärts als Alibi, aber insgesamt eigentlich zwei Schritte zurück, wenn es um die Auswirkungen geht, und auch ein Eingeständnis der Handlungsunfähigkeit und der Reformunfähigkeit im Frauenbereich.

Ich meine, Papier und schöne Worte haben wir schon genug, jetzt müssen wir die Versprechen, die wir den Frauen gegeben haben, einlösen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

Ich bin aber wirklich enttäuscht über die Einengung des ursprünglichen Anliegens dieses Volks­begehrens. Ich bin darüber enttäuscht, daß die Diskussion nur auf die 1:1-Umsetzung, die wortgetreue Umsetzung dieser elf Forderungen reduziert wurde. Ich sehe hier wirklich einerseits die Gefahr der Zuordnung einzelner Punkte zu unterschiedlichen parteiideologischen Konzepten und andererseits auch die Gefahr, daß diese Anliegen des Frauen-Volksbegehrens, der wirklich berechtigte Wunsch nach Veränderungen und die aufgekommene Bereitschaft, für Frauen etwas zu tun, in diesen Konzepten verstauben, möchte ich fast sagen.

Ich erkenne auch die Gefahr, daß sich viele Frauen, viele Unterzeichner und Unter­zeich­nerinnen – damit meine ich Arbeitnehmerinnen, ich meine Künstlerinnen, ich meine Selb­ständige, ich meine aber auch nicht erwerbstätige Frauen – in ihrem emanzipatorischen An­spruch eingeengt sehen und sich durch die Reduzierung der Diskussion auf ausschließlich elf Punkte eigentlich auch nicht mehr wirklich vertreten fühlen. Ich sage das nicht als Kritik, sondern aus der Sorge heraus, daß wir dadurch die Aufbruchstimmung, in der wir uns befunden haben, eigentlich wieder beseitigen. Ich befürchte auch, daß wir dadurch viele engagierte und motivierte Frauen unter Umständen demotivieren, Frauen, die dann diese Welle, diese Aufbruchstimmung nicht mehr mittragen können oder wollen, und daß diese Welle leider – „leider“ für alle Frauen – nicht mehr weitergetragen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe schon gesagt, daß die Liberalen sicher einen differenzierten Zugang zu einzelnen Punkten haben, aber einen differenzierten Zugang zu formulierten Punkten zu haben heißt nicht, die Notwendigkeit der Herbeiführung einer Änderung nicht auch zu erkennen und umsetzen zu wollen. Wir haben auch in unserer bisherigen Politik in vielen Initiativen, im Bildungsbereich, im Wirtschaftsbereich, auch im sozialpolitischen Bereich, immer wieder Anträge eingebracht, um diesem auch von uns selbst gesetzten Ziel näher­zukommen. Sich zu Chancengleichheit und Gleichberechtigung zu bekennen, ist jedenfalls zuwenig. Vermutlich bekennen sich viele hier in diesem Hohen Haus dazu, aber Tatsache ist, daß uns die Realität Lügen straft, denn die unbestritten vorhandene Benachteiligung von Frauen ist das Ergebnis von diskriminierenden gesetzlichen Bestimmungen und auch das Ergebnis von fehlenden Rahmenbedingungen.

Weil Sie, Frau Ministerin, heute gesagt haben, es wäre ein bemerkenswerter Erfolg, keinen Schritt in die falsche Richtung getan zu haben, muß ich Sie fragen: Wie weit wollen wir noch in die falsche Richtung gehen – ich denke an die Sparpakete 1 und 2, die eindeutig Frauen einseitig diskriminiert haben?! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber auch diese Sparpakete sind nur ein Beispiel dafür, daß reine Reparaturversuche bei Gesetzen, insbesondere im sozialrechtlichen Bereich, die den unterschiedlichen, ganz indivi­duellen Lebensverläufen von Frauen nicht gerecht werden, nicht funktionieren können. Eines ist klar: Immer dann, wenn Ungleiches gleich behandelt wird, muß das ganz einfach Dis­krimi­nierung zur Folge haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt zur Änderung des Artikels 7 der Bundesverfassung. Frau Kollegin Haller, Sie haben mich heute schon überrascht mit Ihrer Kritik an dieser Position. Ich sage aber gleich in positiver Weise dazu: Ich bin froh über Ihren Sinneswandel, denn im schriftlichen Positionspapier, das Sie noch im Ausschuß eingebracht haben, hat sich die FPÖ ganz eindeutig gegen eine verfassungsrechtliche Verankerung aus­gesprochen; das ist nachzulesen. (Abg. Haller: Weil sie nicht notwendig ist!)

Jedenfalls ist es zuwenig, sich nur zur Gleichstellung zu bekennen – das haben wir schon, darin sind wir uns schon einig. Daher werden wir diesem Antrag der Koalitionsparteien nicht zustimmen, da das nicht mehr ist als ein rechtlich wirkungsloses Lippenbekenntnis. Ich glaube, jede engagierte Frau auf seiten der SPÖ wird dieser Auffassung zustimmen. Die Grünen und die Liberalen werden hier einen gemeinsamen Abänderungsantrag einbringen, und dann werden Sie herausgefordert sein. Wir wollen nur ein Wort ändern: Wir wollen „bekennen“ durch „ver­pflichten“ ersetzt sehen, denn eine Verfassung ist kein Glaubensbekenntnis. Eine Verfassung hat klare rechtliche Regelungen vorzugeben, die dann verpflichtend einfach-gesetzlich umzu­setzen sind. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Grüne und Liberale haben solche Anträge, aus denen diese Verpflichtung klar hervorgeht, aus­gearbeitet, leider wurden sie jedoch abgelehnt. Ich halte diese Verpflichtung deshalb für so notwendig, weil nur aus dieser Verpflichtung heraus besondere Maßnahmen für Frauen ein­forderbar sind. Ich denke dabei insbesondere an den Qualifizierungsbereich.

Die Initiatorinnen des Frauen-Volksbegehrens haben unser klares Ja zu bildungspolitischen Maßnahmen, und aufgrund der Verpflichtung hätten wir die Chance, die dafür notwendigen Mittel einzufordern. Wir wissen, daß das AMS hinsichtlich der finanziellen Mittel ausgebeutet ist, wir wissen, daß das AMS Frauenprojekte aushungert, wir wissen, daß zuwenig Geld vorhanden ist, um Wiedereinsteigerinnen zu fördern, wir wissen, daß zuwenig Geld vorhanden ist, um Koordinierungsstellen für Frauenprojekte und Vorfinanzierungen zu gewährleisten. Wir wissen, daß wir im Bildungsbereich – es wäre schön, wenn die Unterrichtsministerin hier wäre – endlich Änderungen brauchen, um dieser Segmentierung des Arbeitsmarktes, diesem Einteilen in gut bezahlte Männerarbeit und schlecht bezahlte Frauenarbeit entgegenwirken zu können. Aber hiezu kam auch von der Unterrichtsministerin nicht mehr als ein Lippenbekenntnis und eine gut inszenierte Selbstdarstellung am heutigen Tage. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.)

Im Zusammenhang mit dem Frauen-Volksbegehren gibt es unser klares Ja zu einer Ver­fassungsänderung im Sinne der Initiatorinnen, ein Nein zum Antrag der Regierungsparteien. Die Vertreter des Volksbegehrens haben ein klares Ja zu zwei Jahren Karenzgeld für Allein­erzie­herinnen. Sie haben ein klares Ja dafür, daß das PartnerInneneinkommen für Notstandshilfe und für AusgleichszulagenempfängerInnen nicht anzurechnen ist. Sie haben unser klares Ja für eine arbeits- und sozialrechtliche Absicherung von Tagesmüttern und natürlich auch für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen.

Frau Ministerin! Wenn Sie heute sagen – ich habe das fast als polemisch erachtet –: Auch Straßen werden von der öffentlichen Hand gebaut, die öffentliche Hand hat Infrastrukturen bereitzustellen!, muß ich Sie fragen: Glauben Sie wirklich, die Frauen haben noch 20 Jahre Zeit, bis eine flächendeckende Versorgung durch Kinderbetreuungseinrichtungen möglich ist? So lange wird es nämlich dauern, wenn Sie – und ich bedanke mich dafür – Jahr für Jahr 600 Millionen Schilling lockermachen; ich habe mir das ganz genau ausgerechnet.

Wir müssen doch auch Bedingungen schaffen, um eigene Initiativen zu fördern. Wir müssen Anreize geben, daß Betriebe, daß Privatpersonen in diesem Bereich tätig werden, denn nur so werden wir rascher eine entsprechende Versorgung mit Kinderbetreuungseinrichtungen errei­chen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

Wir haben – das ist nicht geheim – unsere Probleme hinsichtlich der Förderung und der öffent­lichen Auftragsvergabe. Wir glauben, daß das überreglementiert, überbürokratisch ist. Die Libe­ralen setzen in diesem Zusammenhang auf ein steuerliches Anreizsystem für jene Betriebe, die evaluierbare Frauenförderpläne vorlegen.

Wir haben ein Problem hinsichtlich des gesetzlich garantierten Anspruches auf Teilzeit. Dieser mag vordergründig familienfreundlich sein, aber das, was familienfreundlich ist, ist nicht unbe­dingt auch frauenfreundlich. Der Vorteil der besseren Vereinbarkeit von Kindern und Beruf wiegt nicht immer den Nachteil auf, keine Karrierechancen zu haben, im betrieblichen Fortkommen gehindert zu sein. Ich denke, auch dieser Punkt muß ein Anliegen einer emanzipatorischen Frauenpolitik sein. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

Wir werden uns auf jeden Fall einen Antrag überlegen, der sich am schwedischen Modell orientiert, der einen rechtlichen Anspruch auf Reduktion der Arbeitszeit von in etwa 15 Prozent garantiert, wobei jedoch Unternehmer bei begründeten Einwendungen diesen Anspruch bestrei­ten können.

Wir haben ein Problem hinsichtlich der Behaltefrist von 26 Wochen. Ich fürchte um Frauen­arbeitsplätze. Diesbezüglich gehen wir weiter als die Frauen in ihrem Begehren. Wir wollen, daß die erworbene Anwartschaft in Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit durch die Karenzzeit nicht erledigt wird, daß Frauen das auch konsumieren können.

Jetzt komme ich zu einem klaren Ja zur Grundpension, zu einem klaren Ja zu einem Min­desteinkommen, zu einem klaren Ja zu einer eigenständigen sozialrechtlichen Absicherung auch der geringfügig Beschäftigten. Aber das wird nach den alten Strukturen nicht gehen, dafür braucht man ein neues Modell, und dieses haben wir mit unserer Grundsicherung eingebracht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Unsere Grundsicherung ist nicht etwas Fix und Fertiges, es ist a work in progress, und ich glaube, reflexartiges Ablehnen ist nicht die Art, wie man damit umgehen sollte. Ich meine, es ist wichtig, kleine Bausteine, Mosaiksteinchen in die Diskussion einzubringen, weil das zum Ziel führt.

Wir sagen ein klares Ja dazu, daß das Pensionsalter nicht angehoben wird, bevor die Gleich­stellung erreicht ist. Aber ich sehe diesen Ansatz eher als resignativ. Wir sollten alles tun, um eine Anhebung des Pensionsalters durch verschiedene Maßnahmen möglichst früh zu errei­chen, weil dann die Gleichstellung auch früher hergestellt ist und wir alle doch nicht bis zum Jahr 2018 warten wollen.

Zum Schluß kommend: Schöne Worte machen Frauen nicht satt! – Das hat auch eine Initiatorin des Frauen-Volksbegehrens gesagt. Ich glaube nicht an die Allmacht der Worte, ich glaube auch nicht an die Versprechungen, auch nicht an jene, die der amtierende Bundespräsident in seinem ersten Wahlkampf den Frauen gegenüber abgegeben und nicht eingelöst hat. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Jetzt ist es ja klarer, jetzt richtet er einen Brief an alle Österreicher, jetzt meint er die Frauen auch gar nicht mehr. Das ist zumindest ehrlicher. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich glaube nicht mehr an Versprechungen im Rahmen von Wahlkämpfen, nämlich in der Form: „Ich werde nicht zulassen, daß ...!“ Wir Liberale setzen auf die ganz konkrete politische Um­setzung, aber auch auf neue, innovative, weitergehende Modelle.

Ich kann für mich und für meine Liberale Fraktion sagen, daß wir uns jedenfalls auch dafür einsetzen werden, daß die Aufbruchsstimmung, die Diskussion und die Motivation, die dieses Volksbegehren innerhalb der Frauen und innerhalb der Gesellschaft bewirkt hat, nicht sterben, sondern lebendig bleiben! (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.08


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 12 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.08


Abgeordnete Rosemarie Bauer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich heute über die Einbringung des Dringlichen Antra­ges durch die Freiheitlichen sehr geärgert, denn ich hatte nicht gedacht, daß es eine Fraktion wagen würde, die Diskussion über das Frauen-Volksbegehren zu unterbrechen. (Abg. Mag. Stadler: Also, das ist ja unerhört!)

In der Zwischenzeit mußte ich feststellen, daß das Ganze auch etwas Gutes an sich hat. Ein Spruch lautet ja: Es hat jedes Ding zwei Seiten, immer auch etwas Gutes! (Abg. Mag. Stadler: Ihre Ministerin mißbraucht die Geschäftsordnung, und Sie machen uns Vorwürfe! Das ist ein starkes Stück!) Und das Gute daran ist, daß sich die Köpfe etwas abgekühlt haben, was vielleicht eine Chance ist, von nun an das Frauen-Volksbegehren und Frauenthemen in weniger schrillen Tonlagen zu diskutieren, als dies schon am Anfang zu befürchten war. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon im Rahmen der ersten Lesung haben wir von der Österreichischen Volkspartei gemeint, daß dieses Frauen-Volksbegehren in den Zielen und in der Analyse sicher richtig ist, daß es aber Punkte gibt, mit denen wir nicht einverstanden sein können, weil wir aufgrund der Absichten und Lösungsansätze eher negative Auswirkungen auf die Frauen befürchten müssen.

Daher haben wir von vornherein nicht versprochen, alles nach Punkt und Beistrich umzusetzen. Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie und der Herr Bundeskanzler haben gesagt und auch versprochen, daß dieses Frauen-Volksbegehren mit Punkt und Beistrich erfüllt werden wird. Etwas so Großartiges haben wir nicht versprochen, weil wir wußten, daß dabei manches zu überdenken ist.

Die Diskussion im Unterausschuß und im Hearing hat gezeigt, daß uns manche Experten sehr wohl unterstützt und recht gegeben haben, und daß selbst Experten, die von verschiedenen Fraktionen nominiert wurden, ebenfalls unterschiedlicher Meinungen waren und unterschiedliche Auswirkungen gesehen haben.

Was mich etwas irritiert hat, war folgendes. Frau Bundesministerin! Sie haben vor wenigen Tagen in einer Zeitung davon gesprochen, daß Sie sich, was das Frauen-Volksbegehren betrifft, „unrund“ fühlen. Ich spüre dieses „Unrunde“ ebenfalls, aber ich bringe es nicht mit meiner Fraktion in Verbindung, sondern ich habe das Gefühl, daß vom ersten Tag an, als dieses Frauen-Volksbegehren vorgelegt wurde, alles Strategie war. In einem Punkt gebe ich der Frau Kollegin Haller in ihrer Analyse vollkommen recht: Es war von Anfang an der Versuch da, den Frauen zu sagen: Wir versprechen euch alles, und wenn wir es nicht schaffen, dann werden zwei Fraktionen dieses Hauses – wir als ÖVP, als Koalitionspartner, auf jeden Fall – schuld daran sein.

Wir konnten Ihnen diesen Gefallen nicht tun, weil das nicht unser Denkansatz war. (Beifall bei der ÖVP.) Wir meinen nämlich, daß wir den Frauen sehr wohl vieles schuldig sind! Wir glauben auch, daß dieses Volksbegehren ein Instrument ist, das zur richtigen Zeit kommt, in der wir mehr durchsetzen können, und daß wir diesen Aufbruch und dieses Signal sehr gut als Rücken­stärkung brauchen können.

Ich denke aber, daß durch diese Strategieüberlegungen der Schuldzuweisungen viel Kraft, viel positive Kraft für die Umsetzung verbraucht wurde. Wir haben uns jedenfalls um ein gutes Gesprächsklima bemüht (Abg. Dr. Mertel: Das ist eine selektive Wahrnehmung!), und mein Eindruck war, daß die Hearings und Verhandlungen im Unterausschuß und all das, was uns im Zusammenhang mit dem Frauen-Volksbegehren beschäftigt hat, eigentlich in einem guten, konstruktiven Klima stattgefunden haben und für mich und die Frauen meiner Fraktion, die in diesem Ausschuß waren, auch sehr positiv waren. Man konnte dadurch vieles in den ver­schiedensten Facetten sehen.

Es sei auch noch einmal den Experten dafür gedankt, daß sie sich bemüht haben, verschiedene Lösungsansätze, Strömungen und Auswirkungen hier aufzuzeigen. Das hat offensichtlich zu einer Verwirrung der Damen des Unabhängigen Frauenforums geführt, weil die Frau Pölzlbauer in einer sehr schwierigen Phase, die aber sehr interessant war, das „Handtuch geworfen“ hat.

Demokratie ist nun einmal mühsam. Wir haben zu diesem Zeitpunkt gerade das Vergaberecht diskutiert, das in seiner Komplexibilität wirklich sehr schwierig ist, sodaß es eigentlich noch mehr Zeit beansprucht hätte, als wir zur Verfügung hatten. Sie vom Unabhängigen Frauenforum haben das „Handtuch geworfen“, und das hat mich sehr enttäuscht. Denn Sie haben sich damit von einem demokratischen Prozeß verabschiedet, der für uns sehr informativ war, und der, wie ich meine, auch für die Damen des Unabhängigen Frauenforums sehr interessant gewesen wäre, denn auch ihnen hätte dieses vertiefte Wissen zur Verfügung gestellt werden sollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es hat uns im Ausschuß nicht nur die Frau Pölzlbauer, sondern es haben uns auch die Ex­pertinnen, die wir sozusagen für die gesamte Dauer der Verhandlungen gewählt haben, verlassen. Das heißt, es war dann eigentlich gar nicht mehr interessant, was dort passiert ist. Das habe ich als unrund empfunden, und da habe ich mir gedacht: Aha, da läuft in Wahrheit etwas ganz anderes! Die Politik der Straße ist manchen offensichtlich lieber als die Politik hier im Parlament.

Und wenn es noch eines weiteren Beweises dafür bedurft hat, dann haben wir diesen erhalten, als zu unserem größten Erstaunen bereits ausverhandelte Punkte eine Stunde vor den nächsten Ausschußberatungen vom Koalitionspartner plötzlich nicht mehr zu halten waren. Plötzlich ist der Partner abgesprungen! Darüber waren wir wirklich irritiert. Das war unrund, aber es hat sich dann wieder eingespielt.

Einen dritten Beweis möchte ich noch anführen, und zwar das Spiel mit der Verfassungs­bestim­mung. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es von Anfang an gespürt, wir haben gemerkt – obwohl wir längst gewußt haben, daß wir einer solchen Formulierung zustim­men werden –, daß der Druck und das Scheitern speziell auf diesen Punkt angelegt war und daß die Schuld für ein Scheitern letztendlich auch an diesem Punkt gehangen ist.

Kaum haben wir dem zugestimmt, war es den anderen schon wieder zuwenig, obwohl vorher sogar die Expertin Hornig gemeint hat: An sich kommen wir mit dem geltenden Recht aus, aber ein deutliches Signal wäre es, irgendeine Formulierung zu finden. – Bitte lesen Sie das nach.

Kaum haben wir das gemacht, sind wir dann im Ausschuß sogar noch einen Schritt weiter gegangen und haben gesagt: Okay, das sehen wir schon ein. Nehmen wir dieses Wort „Chan­cengleichheit“ weg, obwohl es sich in allen Expertinnen-Gutachten findet. Reden wir von der „faktischen Gleichstellung“. Wir haben dem UFF versprochen, die Amsterdamer Formulierung zu wählen. – Kaum haben wir sie, ist sie dem UFF schon wieder zuwenig weitgehend. Es heißt schon wieder, sie sei schwammig oder unrund oder sonst irgend etwas. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit uns nicht! Man merkt die Absicht und ist verstimmt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Unglaublich, was Sie zusammenreden!)

Liebe Frau Bundesministerin! Ich habe für Ihre Situation sehr viel Verständnis. Es ist nicht lustig, daß Ihre Vorvorgängerin Ihnen öffentlich Vorwürfe für Versäumnisse macht, für die Sie sicher­lich nicht verantwortlich sind und für die Sie sicherlich nichts können. Denn die Frauensituation und all das, was hier als Mangel aufgezeigt wird, ist ja nicht wie irgendeine Infektion über uns gekommen, sondern das sind natürlich Entwicklungen, die weiter zurückliegen als zwei Jahre. Daher gibt es in diesem Bereich vieles aufzuarbeiten, was natürlich noch in die Verantwortung der Johanna Dohnal fällt, die sich plötzlich – ich möchte mich hier nicht wiederholen; ich habe es in der ersten Lesung schon gesagt – in einem unabhängigen Forum wiederfindet und ihrer Nachfolgerin praktisch einen Forderungskatalog auf den Tisch legt und sagt: So, und das hast du jetzt in einem Jahr zu erfüllen! (Abg. Dr. Khol: Das ist die wahre Solidarität!)

Das habe ich nicht fein gefunden. Daher verbindet mich eine große Solidarität mit der Frau Bun­desministerin, weil ich weiß, daß sie es nicht einfach hat, und ich verstehe auch ihr Bemühen. Frau Bundesministerin! Ich verstehe Ihr Bemühen, und Sie werden auch unsere Unterstützung haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf nur in aller Kürze sagen, daß wir uns auch zu Punkten bekennen, denen wir nicht zugestimmt haben – das haben wir von vornherein zugesagt –, etwa dazu: keine Anrechnung des Partnereinkommens bei Gewährung der Notstandshilfe und der Ausgleichszulage. Die Auswirkungen wären nämlich fatal, würden Mißständen Tür und Tor öffnen. Dafür sind wir nicht.

Oder: Die 26-Wochen-Behaltefrist. „Nicht das Gelbe vom Ei“, hat eine Expertin gesagt, weil sie diesbezüglich Bedenken hat. Nur die Expertin der Grünen hat ganz deutlich gesagt: Da geht es ja eigentlich nur darum, daß die Frauen aus dem Bereich des Karenzurlaubes sozusagen hinübergleiten in die Notstandshilfe. – Das ist nur eine Verschiebung des Problems. Es wird nur zeitlich verlagert! Es wird immer mehr verschoben, aber gelöst wird nichts. Wir sind da eher für eine Lösung.

Oder: Auch für zwei Jahre Karenzurlaub für Alleinerzieherinnen sind wir nicht. (Die Abge­ordneten Dr. Gredler und Motter: Warum nicht?!) Wenn schon, dann müßte natürlich der alte Zustand wiederhergestellt werden. Warum wollen Sie differenzieren zwischen Kindern, die von den Eltern betreut werden können, und Kindern, die nicht von den Eltern betreut werden können? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Gredler, demonstrativ den Saal verlassend: Reden Sie allein weiter!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Etwas, was wir uns schon wünschen, sind flexiblere Arbeitszeitformen für Eltern, deren Kind in der Zeit der Kleinkindphase ist. Ich hoffe, daß wir eine Gesetzesregelung so zusammenbringen, wie es hier steht. Das ist auch ein Wunsch von uns, und in diese Richtung müssen wir wirklich gehen, denn das ist wirklich ein großer Wunsch der Frauen.

Wir haben einige Anträge eingebracht, die zum Teil noch weiter gehen. Manches von dem, was im Frauen-Volksbegehren gefordert wurde, ist sogar schon erfüllt worden.

Auch wir würden eine pensionsbegründende Anrechnung der Pflegezeiten und Kinder­erzie­hungszeiten wünschen. Letzteres ist ja jetzt eher schon wieder in den Bereich des Möglichen gerutscht, weil wir bei den Pflegezeiten dies bereits ermöglicht haben. Der Wunsch bezüglich der Kinderbetreuungszeiten ist natürlich noch offen. Wir würden uns insgesamt zum Thema Alterssicherung ganz aggressiv, muß ich sagen, eine Lösung, und zwar und eine baldige Lösung wünschen! (Beifall bei der ÖVP.)

Der von uns vorgeschlagene Versorgungsausgleich ist nur ein Teil einer solchen Lösung. Aber er wäre eine rasche Hilfe gerade für jene Frauen, die in schäbigster Weise aus der Ehe „entsorgt“ und zu Sozialfällen werden.

Das ist wieder ein Punkt, bei dem ich meine, daß es eben ein falscher Weg ist, die Frauen zuerst sozusagen unter dem Aspekt der Befreiung aus den Händen des Mannes zu befreien, sie aber dann in das soziale Netz und zum Sozialamt abzuschieben. Das ist keine Lösung und nicht unsere Vorstellung von einer guten Frauenpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich schlage daher von dieser Stelle aus vor, es heuer anders zu machen. Liebe Kolleginnen hier im Haus! Wir sollten anläßlich des Internationalen Frauentages am 8. März 1999 die Initiative ergreifen und zu einer Veranstaltung hier in dieses Haus einladen. Wir sollten – vielleicht in diesem Saal – eine Frauenveranstaltung zum Thema Alterssicherung machen. Wir sollten dar­über debattieren, vielleicht in Form einer Enquete. Wie immer wir es auch machen, wir sollten uns dieses Thema hier in diesem Haus vornehmen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kiss: Mit den Männern! Wir wollen auch dabeisein! – Abg. Puttinger: Immer alles ohne Männer!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man hat von der Frau Bundesministerin auch den Kinderbetreuungsscheck urgiert. Frau Kollegin Haller hat ihn heute ins Gespräch gebracht. Dieser Scheck steht nicht zur Diskussion. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Auch die Frauen­förderpläne sind nicht zur Diskussion gestanden, obwohl diese eine ausgesprochen gute Sache sind. Ich will dem Kinderbetreuungsscheck nicht das Wort reden, allein aus dem Grund, weil uns noch nicht einmal eine Machbarkeitsstudie darüber vorliegt.

Eines muß ich Ihnen schon sagen, Frau Kollegin Mertel, und zwar Ihnen speziell. Sie haben in Niederösterreich versucht, den Wahlkampf vorzubereiten, und die SPÖ-Frauen Niederöster­reichs haben durch die Verteufelung des Kinderbetreuungsschecks ganz aggressiv politisch geworben. – Das Ergebnis ist bekannt, ich habe dem nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit haben Sie den Kern massivst nicht getroffen. Damit gehen Sie an den wahren Bedürfnissen der Bevölkerung vorbei. So starke Bedürfnisse darf man aber à la longue nicht ignorieren!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht eine Partei sollte hier der Gewinner dieses Frauen-Volksbegehrens sein, die Gewinner sollten die Frauen sein! Wenn wir uns gemeinsam dafür einsetzen, dann könnten wir das mit den Arbeitsaufträgen, die die Entschließungsanträge bedeuten, und mit dem, was wir bisher zusammengebracht haben, auch erreichen.

Ich kann nicht sagen, ich bin zufrieden. Aber ich glaube, wir haben uns hier wirklich bemüht, trotz aller gegensätzlichen Ansichten. Diese soll man schon zugeben. Aber ich glaube auch, wir haben eine gute Basis geschaffen, auf der wir in diesem Bereich weiterarbeiten können.

Es wird heute zwar dieser Bericht enderledigt, aber das Thema wird damit nicht abgeschlossen, denn die eigentliche Arbeit wird erst beginnen, wenn die nötigen Unterlagen, die erst aufgrund der Entschließungsanträge kommen werden, vorliegen. Dann können wir weiterarbeiten.

Somit gibt es keinen Schlußstrich, sondern es wird lediglich im parlamentarischen Protokoll dem Bericht einmal ein Ende gesetzt. – Danke. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Bravo! Tolle Rede! – Abg. Dr. Mertel: Nichtssagend! Aber sie nimmt Ovationen entgegen!)

19.21


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Kammer­lander. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.21


Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! – Frau Kollegin Bauer! Wir haben zwar vielleicht nicht so eine aufgeregte Stim­mung, wie Sie das bezeichnet haben, aber wir sind wieder dort gelandet, wo wir bei Frauen­themen immer sind (Abg. Rosemarie Bauer ist umringt von Kolleginnen und Kollegen, die ihr zu ihrer Rede gratulieren) – Sie sind jetzt beschäftigt, aber ich sage es Ihnen trotzdem –: nämlich spät am Abend.

Meine Fraktion hat nicht nur alle Punkte unterstützt – das ist an Sie gerichtet, Frau Kollegin Mertel –, sondern wir wissen auch, was wir wollen und was wir hier sagen. Das ist vielleicht ein Unterschied zu Ihrer Fraktion, Frau Kollegin, denn wir haben in dem letzten halben Jahr gemerkt, daß Sie das nicht immer gewußt haben. Das soll einmal ein Seitenschlenker zu Ihnen sein. (Abg. Dr. Mertel: Danke!)

Gehen wir noch einmal vom Ausgangspunkt des Frauen-Volksbegehrens aus. Der Ausgangs­punkt waren die beiden Sparpakete, die insbesondere für Frauen drastische, ja dramatische Einschnitte im Sozialbereich gebracht haben, insbesondere im Bereich der Karenz, bei allen Regelungen, die die Karenz betreffen, und vor allem auch im Bildungsbereich – Einschnitte, die somit insgesamt die soziale und ökonomische Situation der Frauen verschlechtert haben.

Wenn wir uns die Ausgangssituation heute noch einmal anschauen – und das auch als Antwort auf Ihre Ausführungen zu Mittag, Frau Ministerin, als Sie versucht haben, doch ein sehr optimistisches Bild zu zeichnen –, dann kann ich Ihnen bei Ihrer Beurteilung nicht ganz folgen, denn die Ausgangssituation für die Frauen ist eigentlich seit Jahren unverändert. Es mag schon stimmen, daß das eine oder andere hier im Parlament beschlossen worden ist, aber wenn wir uns das hinter dem Spiegel anschauen, wenn wir uns das bezogen auf die konkrete Situation der Frauen anschauen, dann sehen wir, daß das doch sehr kleine Schritte und sehr kleine Erfolge waren. Dieses Resümee muß man ziehen.

Ich kann Ihnen eine ganze Latte von Beweisen dafür vorlegen. Wir haben es aber auch im Ausschuß gehört. Wir haben ausgezeichnete Referate von Expertinnen gehört, die sich im übrigen in manchen Bereichen gar nicht so sehr voneinander unterschieden haben. Im Arbeits­bereich, im Sozialbereich waren diese Meinungen der Expertinnen durchaus deckungsgleich. Nur der Nachvollzug fehlt, wenn wir uns diesen durchaus deckungsgleichen Meinungen der Expertinnen anschließen dürfen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rosemarie Bauer und Dr. Brinek.)

Das durchschnittliche Einkommen der Männer liegt nach wie vor 44 Prozent über dem der Frauen. Bei den Angestellten allein ist das noch drastischer. Nach wie vor ist es so, daß 58 Prozent der Frauen weniger als 14 000 S netto verdienen. Nach wie vor ist es so, daß 90 Prozent der Teilzeitarbeit von Frauen geleistet werden. Nach wie vor ist es so, daß der Anteil an geringfügig Beschäftigten bei den Frauen besonders stark zunimmt, was Besorgnis erregen muß. Und nach wie vor ist es so, daß 50 Prozent der Frauen, die geringfügig beschäftigt sind, kein anderes, weiteres Einkommen haben. (Abg. Gaugg: 30 Jahre sozialistische Politik!)

Oder: Karenzgeld. Halten Sie sich nur diese eine Zahl vor Augen: Die Steigerung des Karenz­geldes von 1990 auf 1997 betrug 19,45 Prozent. Die Verbraucherpreise sind im selben Zeitraum aber um 25 Prozent gestiegen. – Das sagt alles aus. Und dabei komme ich noch gar nicht auf die Maßnahmen zu sprechen, die das Sparpaket gesetzt hat. Allein diese Zahl würde aus­reichen, um aufzuzeigen, daß Frauen, die in Karenz gehen, nur durch diese Steigerungsrate allein Einbußen auf sich nehmen mußten.

Aber es geht weiter. Nach wie vor ist es so, daß 50 Prozent der Frauen keinen eigenen Pensionsanspruch haben, wenn es auch geringfügige Verbesserungen gibt, zugegeben. Aber es ist nach wie vor so: 50 Prozent der Frauen haben keinen eigenen Pensionsanspruch, und jede zweite Frau über 60 lebt an oder unter der Armutsgrenze.

Diese Liste wäre jetzt beliebig fortzusetzen. Aber ich denke, Sie kennen Sie. Wir kennen sie alle, bis hin zu dem Umstand, daß Kinderbetreuungsplätze fehlen und daß 46 000 Frauen keine Arbeit annehmen können, weil sie keinen Kinderbetreuungsplatz haben.

Das alles zeigt meiner und unserer Meinung nach ein Bild von Ungleichheit auf, das einen dringenden Handlungsbedarf hervorruft, aber keinen – ich komme darauf noch zu sprechen –, der sich einfach mit Entschließungsanträgen und Appellen an die Bundesregierung begnügt.

Frau Ministerin! Sie haben zu Mittag gesagt, es sei wenigstens kein Schritt in die falsche Richtung gesetzt worden. Wenn man sich die Situation aber genau betrachtet, ergibt sich ein anderes Bild. Dabei habe ich hier noch gar nicht die Frage der Bildung erwähnt, etwa daß 50 Prozent der Frauen nur Pflichtschulabschluß haben, und ich habe noch gar nicht andere Bereiche dieses Bildes erwähnt, wie es den Frauen wirklich geht.

Bei der Ausgleichszulage hat es übrigens ein völlig übereinstimmendes Bild der Expertinnen gegeben: Von viel zu niedrigen Pensionen, von Frühpensionen sind in erster Linie Frauen betroffen. Und dazu kommt noch eine ganz besondere Zahl. Ich weiß nicht mehr, von welcher Fraktion die Expertin Frau Mag. Moritz war, aber sie hat uns erklärt, daß 1997 11 800 Anträge auf Ausgleichszulage abgelehnt worden sind. Davon waren 10 300 Frauen betroffen! Es sind vor allem Frauen, die keine Ausgleichszulage bekommen! Es sind Frauen, die keine eigenständige Absicherung im Alter haben!

Dieses Bild ist uns gezeichnet worden. Und Sie, Frau Ministerin, sagen heute hier stolz als Ergebnis: Wenigstens ist kein Schritt in eine falsche Richtung gesetzt worden! – Das ist ein Armutszeugnis, das Sie abgegeben haben. (Beifall bei den Grünen.) Das ist ein Einbekenntnis, daß Sie gar nicht in eine andere Richtung gehen können und daß Sie offensichtlich nur damit beschäftigt sind, abzublocken, damit wenigstens kein Schritt in eine weitere falsche Richtung gesetzt wird.

Meine Vorrednerin, Frau Kollegin Schaffenrath, hat ganz richtig gesagt: Schauen wir uns doch die Sparpakete an! Was waren denn das für Schritte, und in welche Richtung wurden sie gesetzt? Waren das Schritte in die richtige Richtung?! – Ich bezweifle das vehement, weil wir wissen, daß die Initiative zum Frauen-Volksbegehren bei den Sparpaketen ihren Ausgang genommen hat. Der Auslöser waren die Sparpakete, weil die Frauen dramatisch darunter gelitten haben! (Abg. Dr. Mertel: Und war die Frau Prammer als Ministerin an diesen Spar­pa­keten beteiligt?!)

Aber Sie, Frau Minister, stehen hier und sagen: Es hat keinen Schritt in die falsche Richtung gegeben. – Sie, die Sie vor einem Jahr, als Sie angetreten sind, gesagt haben: Ich unter­schreibe das Volksbegehren und werde alle elf Punkte erfüllen!, sagen heute nach einem Jahr als Ergebnis: Es hat wenigstens keinen Schritt in die falsche Richtung gegeben.

Aber auch Frau Ministerin Gehrer hat mich heute verblüfft, denn sie hat alle Maßnahmen aus dem Nationalen Beschäftigungsprogramm aufgezählt. Ich habe Ihnen gestern schon gesagt: Wenn Sie sich das anschauen, dann sehen Sie, das sind lauter Maßnahmen, die es bereits gibt oder gegeben hat: richtige, gute Maßnahmen, Wiedereinstiegshilfen, Qualifizierungsmaß­nah­men, Sonderschulungen – eine ganze Latte. All das haben Sie mit den Sparpaketen in den letzten zwei Jahren gekürzt. Das AMS hat alles reduziert. Das AMS hat diese Maßnahmen abgedreht, das AMS hat wirklich Druck ausgeübt.

Schauen Sie sich die Situation der Frauenberatungsstellen einmal an! Ich habe Ihnen hier schon einmal referiert, wie dramatisch die Situation ist, wie die Frauenberatungsstellen ihrer Arbeit gar nicht nachkommen können, weil die Mittel dazu fehlen. Und dann steht die Frau Ministerin Gehrer, die bezeichnenderweise – das wurde schon gesagt – nie in den Beratungen im Aus­schuß war, hier und rühmt sich dieses Nationalen Beschäftigungsprogrammes, ohne zu erwähnen, wie das ausschauen und wie das finanziert werden wird. (Abg. Dr. Petrovic bringt der Rednerin eine Unterlage zum Rednerpult. – Abg. Dr. Mertel: Schummelzettel!)

Das sind genau die Dinge, die im Ausschuß behandelt wurden. Wir kommen jetzt dazu. Und wie schaut das Ergebnis nach einem Dreivierteljahr aus? – Ihre Maßnahmen haben sich in einem Bündel von Entschließungsanträgen erschöpft, in denen Sie Ihre eigenen Regierungsmitglieder auffordern, Berichte vorzulegen, Statistiken zu erstellen und Einkommensverteilungen zu erhe­ben. Und das Allerbeste ist: Sie sollen dann noch Informationen herausgeben – zum Beispiel über die Karenz –, Informationen, die eigentlich selbstverständlich sind. Es ist selbst­verständlich, daß Informationen über die Karenz und über das Karenzgeld an Karenz­geldbezieherInnen herausgegeben werden.

Sie haben Entschließungsanträge eingebracht, mit denen Sie Ihre Ministerin Hostasch auffor­dern, das zu tun, was sie vor einem halben oder dreiviertel Jahr angekündigt hat, nämlich die Pensionsreform fortzusetzen. Sie machen sie damit ja lächerlich. Das schaut so aus, als hätte sie bis dahin nichts gearbeitet und als bedürfte es Ihres Entschließungsantrages, damit sie an dem weiterarbeitet, was sie vor einem dreiviertel Jahr angekündigt hat. Das sind die Ergebnisse Ihrer Tätigkeit eines dreiviertel Jahres, das sind Ihre Antworten auf die Situation, der Frauen ausgesetzt sind.

Aber kommen wir ruhig auch auf die Haltung der ÖVP zu sprechen. Ich finde sehr interessant, Frau Kollegin Bauer, was Sie in Ihrem Minderheitsbericht über die alleinstehenden Karenz­geldbezieherinnen gesagt haben. Sie schreiben: Es kann keine Bevorzugung der Allein­erzieherinnen geben. Als ob da von einer Bevorzugung die Rede sein könnte! Sie scheinen völlig zu mißachten, daß die Karenzgeldbezieherinnen unter vielfachem Druck stehen, unter vielfacher Diskriminierung leiden und daß es daher um ein Gleichziehen der Situation geht. Alleiner­zieherinnen haben gar nicht die Möglichkeit, nach eineinhalb Jahren arbeiten zu gehen, weil die Kinderbetreuungseinrichtungen fehlen. Aber das ignorieren Sie! Und Sie schreiben dann noch so „tolle“ Sätze, wie etwa: Die sollen nicht belohnt werden. Sie scheinen zu vergessen – obwohl Sie eine Familiensprecherin haben, die geschieden ist –, daß jede dritte Ehe geschieden wird. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Mertel: Sie spricht aber von der intakten Familie!) Wie können Sie bitte die Stirn haben und hier herausgehen und sagen: Alleinerzieherinnen sollen nicht bevorzugt werden!? – Das finde ich wirklich absurd!

Kommen wir zur Verfassungsbestimmung. Kernstück des Frauen-Volksbegehrens war das Ziel, eine tatsächliche Gleichberechtigung herbeizuführen. Das ist schon gesagt worden. Diese Verfassungsbestimmung sollte Vorbildcharakter haben. Mit dieser Verfassungsbestimmung sollte es möglich sein, sich auch in untergeordneten Gesetzen in bestimmten Situationen darauf zu berufen und Recht durchzusetzen.

Ich bin verblüfft, wie heute die Expertin, Frau Dr. Hornig, vielfach völlig falsch zitiert wurde. Ich habe die Stellungnahme des Vereins der österreichischen Juristinnen bekommen. Die Stellung­nahme von Frau Dr. Hornig lautete folgendermaßen: Bevor Sie so etwas beschließen, sollten Sie es besser lassen, denn in dem Fall ist die derzeit geltende Verfassung besser als das, was Sie beschließen wollen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Hlavac.) Das Bekenntnis zur Chancen­gleichheit ist ein Rückschritt gegenüber dem, was heute in der Verfassung steht. Es erfüllt nicht die völkerrechtlichen Verpflichtungen.

Sie griffen auf eine Formulierung zurück, die 22 Jahre alt ist, auf eine 22 Jahre alte EU-Richtlinie. Und Sie haben sie zudem noch falsch übersetzt, in einem holprigen Deutsch. Ihre ursprüngliche Formulierung ergab hinten und vorne keinen Sinn. Sie haben das dann etwas korrigiert. Sie scheinen eingesehen zu haben, vor allem die Kolleginnen von der ÖVP, daß das doch zu offensichtlich ein Rückschritt ist. Sie haben dann in Ihrem Antrag aus der „Chancen­gleichheit“ wenigstens noch die „faktische Gleichstellung“ gemacht. Trotzdem ist das hinten und vorne holprig und stimmt eigentlich nicht mit dem Sinn überein.

Aber Sie haben das Bekenntnis gelassen. Und es ist schon gesagt worden: Ein Bekenntnis hat in der Verfassung überhaupt nichts zu suchen. Es kann nur um eine Verpflichtung gehen. Es kann nur darum gehen, daß sich Bund, Länder und Gemeinden zur Herstellung der tatsäch­lichen Gleichberechtigung verpflichten. Das Wort „Herstellung“ haben Sie offensichtlich verges­sen. Aber sei’s drum, wenigstens verpflichten sollten Sie sich zur tatsächlichen Gleichstellung.

Wir bringen daher folgenden Abänderungsantrag ein, der schon angekündigt worden ist:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Doris Pollet-Kammerlander, Maria Schaffenrath, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle beschließen:

In Z. 1 wird der Artikel 7 Abs. 2 B-VG Satz 1 wie folgt geändert:

„(2) Bund, Länder und Gemeinden verpflichten sich zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau.“

Satz 2 des Art. 7 Abs. 2 sowie Artikel 7 Abs. 3 B-VG sowie die Z. 2 des Antrages bleiben unverändert.

*****

Ein anderes Herzstück des Frauen-Volksbegehrens waren die 26 Wochen Behaltefrist, und das aus gutem Grund. Es geht hier nicht darum, eine Maßnahme zu setzen, die Frauen aus dem Arbeitsprozeß drängen soll, sondern es geht darum, Möglichkeiten zu schaffen, daß sich Frauen nach der Karenz wieder bewähren können. Eines möchte ich vor allem Kollegin Schaffenrath sagen: Das ist so die Crux bei den frauenfördernden Maßnahmen. Das haben wir auch im Bereich der Bildung diskutiert. Setzt man eine frauenfördernde Maßnahme, so kann es pas­sieren, daß genau diese Maßnahme Frauen auch behindert. Gab es zum Beispiel besondere Quotierungen – das ist im Bereich der Frauenforschung aufgezeigt worden –, so sind Frauen in anderen Bereichen außer in diesem quotierten Bereich nicht mehr zum Zug gekommen. Mit diesem Risiko müssen wir aber leben, wollen wir zur faktischen und tatsächlichen Gleichstellung kommen. Ich kann mit diesem Risiko ganz gut leben, denn ich meine, wenn wir gar nichts machen würden, dann wäre das nicht nur ein Rückschritt, sondern hätte verheerendere Auswirkungen als der Versuch, mit solchen Bevorzugungen etwas zu erreichen.

Weil das eines der Kernstücke war – und das war eigentlich der Grund, warum Frau Dr. Pölzlbauer den Ausschuß verlassen hat: weil Sie nicht einmal bereit waren, darüber zu diskutieren, ob es denkbar ist, daß wir das umsetzen –, bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pollet-Kammerlander, Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend Aus­dehnung der Behaltefrist nach der Karenzzeit auf 26 Wochen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat binnen dreier Monate einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, in dem die Behaltefrist nach der Karenzzeit auf 26 Wochen ausgedehnt wird.“

*****

Das ist übrigens auch eine der Maßnahmen, die dem Sparpaket zum Opfer gefallen ist – wie so manches andere auch. Denn es gab früher eine längere Behaltefrist. (Abg. Dr. Mertel: Wann war eine längere Behaltefrist?) Ich bin schon am Ende meiner Rede und werde nicht mehr auf Ihre Zwischenrufe eingehen. (Abg. Dr. Mertel: Sie können nicht Sachen sagen, die nicht stimmen!)

Zuletzt noch einmal zu Ihnen, Frau Kollegin Bauer. Wenn Sie sagen, daß die Frauen nicht aus den Händen der Männer befreit werden sollen, um in die Hände des Staates zu kommen, dann scheinen Sie dabei eines zu übersehen: daß die Situation der Frauen in den Händen der Männer, wie Sie das formuliert haben – und damit meinen Sie offensichtlich die Ehe, die, wie wir ja wissen, die Frauen in der Pension absichert –, immer dazu geführt hat, daß die Frauen stark armutsgefährdet sind. Schauen Sie sich die Situation der Frauen im Alter, in der Pension an, dann wissen Sie, daß Frauen extrem armutsgefährdet sind.

Lesen Sie nur, was neulich in der Zeitung stand (die Rednerin hält einen Zeitungsausschnitt in die Höhe): Da ist die Rede davon, daß 240 000 Frauen ohne Beschäftigung sind und daß viele Frauen auf den Arbeitsmarkt zurückkehren wollen, um sich selbständig, eigenständig, durch Arbeit ihre sozialen Ansprüche zu erwerben, aber ihnen dies nicht möglich ist, weil es keine Arbeitsplätze gibt, weil es keine Kinderbetreuungseinrichtungen gibt, weil es sozusagen hinten und vorne mangelt. Ich bin daher überzeugt, daß das Rezept, die Frauen in den, wie Sie es genannt haben, „Händen der Männer“ zu behalten, grundlegend falsch ist. Dieses Rezept hat uns dorthin geführt, wo wir heute stehen, und ist der Grund, daß wir uns mit einem Frauen-Volksbegehren befassen müssen und mit all dem, was in diesem Frauen-Volksbegehren vollkommen zu Recht gefordert worden ist. (Ruf bei den Freiheitlichen: Sie betrifft das sicher nicht!)

Es sind dies übrigens Minimalforderungen, beschämende Minimalforderungen sind diese elf Punkte. In keiner Weise sind es extreme Forderungen. Schauen Sie sich das an: Es handelt sich in vielen Bereichen nur um Korrekturmaßnahmen der Sparpakete der vergangenen Jahre. Es sind Minimalforderungen, auf die Sie nicht eingehen, die Sie in keiner Weise berücksichtigen. Sie begnügen sich, wie gesagt, mit Entschließungsanträgen und mit Appellen an die eigenen Regierungsmitglieder. Das finde ich beschämend. Das halte ich wirklich für ein parlamen­tarisches Begräbnis der Sonderklasse. Das hat sich die Frauenpolitik nicht verdient, daß Sie nach zehn Jahren eines eigenen Frauenressorts und nach einem solchen Frauen-Volks­begehren mit Entschließungsanträgen versuchen, politisch etwas zu verändern. In diesem Tempo werden wir nie zu einer tatsächlichen Gleichstellung kommen! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Motter.)

19.40


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Die beiden soeben verlesenen Anträge sind ordnungs­gemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Kostelka. – Bitte.

19.40


Abgeordneter Dr. Peter Kostelka¦ (SPÖ): Frau Bundesminister! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die gesellschaftliche Realität hinsichtlich der Stellung von Mann und Frau hat sich in den letzten Jahrzehnten Gott sei Dank tiefgreifend geändert. Die Sozial­demokratie – ich erinnere nur an die Familienrechtsreform von Christian Broda – war feder­führend. Sie war es, die eine Gleichstellung von Mann und Frau von Anbeginn an, von ihren politischen Anfängen an als Ziel formuliert und auch tatkräftig betrieben hat. Nur, dies sagend füge ich gleich hinzu, daß wir nach wie vor noch immer mit viel zuviel Ungleichheit, ja mit Benachteiligung von Frauen leben.

Meine Damen und Herren! Es hat eine Aufholjagd im Bereich der Bildung stattgefunden, insbesondere auf universitärem Boden, aber noch immer werden nur 4,6 Prozent – ich wiederhole: 4,6 Prozent! – der höchstqualifizierten Berufspositionen von Frauen eingenommen.

Wir haben das Gleichbehandlungsgesetz vor 19 Jahren als einer der ersten Staaten in Europa geschaffen, aber nach wie vor haben wir in Österreich 160 000 Männer und 360 000 Frauen, die unter 15 000 S verdienen, also doppelt so viele Frauen, obwohl der Männeranteil an den Berufs­tätigen wesentlich höher ist. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist Sozialismus!)

Und noch immer – ich finde das in höchstem Maße betrüblich – werden Diskussionen über die Teilung von Hausarbeit mit einem Lächeln quittiert und wird darüber hinweggegangen, daß Gewalt in der Familie in erster Linie Frauen trifft. (Abg. Dr. Mertel: Frauen und Kinder!)

Meine Damen und Herren! Das, was wir schaffen müssen, ist mehr Gleichheit in der Gesell­schaft. Das ist keine Gleichmacherei, sondern es fängt an mit Chancengleichheit. Aber es wäre zu kurz gegriffen, würden wir davon ausgehen, daß es nur darum geht, den Eintritt ins Berufsleben, den Eintritt in die Bildung sicherzustellen. Es geht auch um das permanente Bieten der Chance, sich auch tatsächlich zu verwirklichen. Was ich damit meine, ist, daß es nicht nur darum geht, das erste Drittel des Lebens zu beobachten, sondern der Prüfstein für die Gleich­heit, die wir zu schaffen imstande sind, ist die gesamte Lebensbahn. Frau sein darf nicht bedeuten Verzicht auf Karriere, Verzicht auf Lebensstandard und Verzicht auf gesellschaftliche Anerkennung. Aber genau das ist betrüblicherweise nach wie vor in vielen Zusammenhängen Illusion.

Frauenpensionen betragen in der Regel zwei Drittel der Pension von Männern. (Abg. Mag. Stad­ler: Es wird alles anders, wenn die Sozialisten an die Regierung kommen!) Und am eindring­lichsten wird das für mich klar, wenn wir die Entwicklung auf dem universitären Boden betrachten. 53 Prozent der Erstinskribierenden sind Mädchen (Abg. Parnigoni: Sozialistische Bildungspolitik!), jedoch Absolventen 44 Prozent, Assistenten 20 Prozent, Dozentinnen 8,4 Pro­zent und Professorinnen 3,61 Prozent. Das ist jene Lebenslaufbahn, wo man nicht nur von Chancengleichheit reden kann, sondern diese auch schaffen muß.

Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang fürs erste: Wir müssen gesellschaftliche Realitäten schaffen, und dazu sind nicht ausschließlich Gesetz und Verordnung angetan, sondern die Revolution findet im Kopf statt. Man hat dagegen einzuschreiten, partnerschaftlich geteilte Hausarbeit mit einem Lächeln zu quittieren. Die Witze, die über die Aktion „Halbe-halbe“ gemacht wurden, finde ich auch als Mann beschämend.

In diesem Sinne war das Frauen-Volksbegehren ein wichtiges Signal, und es ist in diesem Zusammenhang manches gelungen. Ich stehe aber nicht an, zu sagen: Wir haben bei weitem nicht erreicht, was wir uns vor sechs Monaten gewünscht haben.

Dieses Frauen-Volksbegehren hätte an den Ausschuß zurückverwiesen werden sollen. Wir sind mit diesem Vorschlag gescheitert. Aber wir werden die Voraussetzungen schaffen, damit die Diskussion anhand unserer Vorschläge weitergeht. Und wir werden in diesem Zusammenhang zu diskutieren haben, was unser Koalitionspartner uns aus der Hand geschlagen hat. (Ironische Rufe des Erstaunens bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir nehmen nicht zur Kenntnis von der ÖVP, daß es im Bereiche des Karenzurlaubes für Alleinerzieherinnen keinen Handlungsbedarf gibt! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden immer wieder von neuem beantragen und diskutieren und unseren Koalitionspartner zu überzeugen versuchen, daß es einen Gesetzesanspruch auf Teilzeitarbeit geben soll. Und wir werden auch diskutieren, beantragen und zu überzeugen versuchen, daß die Ausdehnung der Behaltefrist von 4 auf 26 Wochen erfolgen soll.

Frau Kollegin Bauer! Im Jahre 1996 waren 30,3 Prozent der Karenzgeldbezieherinnen arbeitslos. Wenn angesichts dieser Zahl kein Handlungsbedarf besteht, dann habe ich von den Notwendigkeiten zum Handeln einen anderen Begriff als Sie. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich eine abschließende Bemerkung machen. Der Bund ist nicht zuständig für Kinderbetreuungseinrichtungen, aber deswegen, weil er sie für so wichtig hält, wendet er zweimal 600 Millionen Schilling, also über 1 Milliarde Schilling, für diesen Zweck auf. Aber der quantitative und der qualitative Bedarf, der unleugbar besteht, ist von den Gemeinden zu decken.

Ich verwahre mich als Mann schlicht und einfach dagegen, daß die Kindergartenproblematik als Frauenproblematik verstanden wird. Denn in Kindergärten, wie ich von meiner eigenen Tochter weiß, gehen nicht nur Buben, sondern auch Mädchen. Und die Kinder, die dorthin gehen, haben nicht nur Mütter, sondern auch Väter. Daher ist dies ein gesellschaftliches Problem, ein gesellschaftliches Bedürfnis, dem zu entsprechen ist.

In diesem Sinne bitte ich meine Wortmeldung auch als Aufruf zu mehr Sensibilität zu verstehen. Die Frauengleichheit ist zu schaffen – aber nicht erst im Jahre 2018! (Beifall bei der SPÖ.)

19.48


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.48


Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl¦ (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Minister! Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, Klubobmann Kostelka als Mitstreiter für den Gleichbehandlungsausschuß gewonnen zu haben, und ich freue mich auf die zukünftige Zusammenarbeit, denn bisher hatte ich als einziger Mann in diesem Ausschuß eine eher harte und schwierige Position. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Sie haben es genossen!) Herzlich willkommen als Mitstreiter für die Angelegenheiten der Frauen! (Ruf bei der SPÖ: Auch der Herr Brauneder spricht zu diesem Thema!)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Leider ist die Frau Präsidentschaftskandidatin schon gegangen. Sie war zwar in der falschen Loge, sie ist mit ihrer Wahlkampfleiterin wieder entschwunden, obwohl es ihr als Kandidatin nicht geschadet hätte, auch eine sicherheits­politische Debatte zu verfolgen. Aber sie wollte vielleicht hier eher einen medialen Auftritt genießen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sage Ihnen aber gleich, was wir nicht wollen: Wir wollen nicht, daß durch die Forderungen des Frauen-Volksbegehrens und überhaupt in der Arbeit des Gleichbehandlungsausschusses zwischen Männern und Frauen polarisiert wird. Das wollen wir sicher nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wenn es Fortschritte in Richtung Gleichbehandlung geben kann, dann nur gemeinsam.

Und was ich noch eindeutig hier feststellen möchte: Gleichbehandlung findet, wie Herr Klubobmann Kostelka gesagt hat, in den Köpfen statt. Ich möchte das sogar ergänzen: in den Herzen und in den Köpfen. Aber Gleichbehandlung darf nicht zu einer einseitigen Diskrimi­nierung von Männern führen. Dagegen werden wir uns sicherlich wehren. Das ist ganz klar. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Minister Gehrer hat heute zu Beginn der Debatte viele Maßnahmen zur Förderung von Mädchen und Frauen aufgezählt. Da könnte man fast eifersüchtig werden und fragen: Was wird eigentlich für die Buben getan? – Das Ergreifen von Berufen in Männerdomänen ist nicht die Lösung. Ich habe vor zwei, drei Tagen mit einer Tischlerin gesprochen, die als Tischlerin keine Arbeit bekommen hat und jetzt in einer Firma am Fließband arbeitet. Ich meine, daß das nicht die einzige Lösung ist. Es wird sich auch ein Mädchen, das Friseurin werden möchte, weil es ihrer Interessenslage entspricht, wahrscheinlich nicht zur Schlosserin umfunktionieren lassen, auch wenn es manche noch so gerne hätten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist geschehen? – Über 645 000 Frauen und Männer haben dieses Volksbegehren unterschrieben; die meisten allerdings sicherlich nicht in dem Bewußtsein, welche komplexen Rechtsmaterien in diesen Forderungen, die so salopp – ich möchte fast sagen: populistisch – formuliert und einfach umsetzbar klingen, stecken. Dann begann die parlamentarische Mühle zu mahlen: Ein Unterausschuß wurde eingesetzt, Hearings fanden statt, Hunderte von Stellungnahmen wurden gesichtet, es wurden ständig neue Fragen aufgeworfen – nur die Antworten sind bis heute ausgeblieben. Daran kann die salbungsvolle Rede von Herrn Klubobmann Kostelka überhaupt nichts ändern.

Es drängt sich wirklich das Bild vom kreißenden Berg auf, der dann ein Mäuslein gebiert – und in diesem Fall ist es ein ganz winziges Spitzmäuslein, das nach diesem Ausschuß geboren wurde. Eine Flut von Anträgen mit dem Ziel der Verbesserung der Situation der Frauen wurde eingebracht, die Parteien überschlugen sich förmlich in Bekenntnissen, natürlich unter dem medialen Trommelwirbel zur Umsetzung der Forderungen des Frauen-Volksbegehrens. Sogar Bundeskanzler Klima – wir erinnern uns an die Stimmung beim Frauentag, die ihm dort entgegenschlug – hat zähneknirschend zugesichert, die vollinhaltliche Umsetzung des Frauen-Volksbegehrens zu unterstützen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Rolle der ÖVP, die Anträge eingebracht hat, die sogar sehr vernünftig sind, wie etwa der Antrag betreffend Arbeitsplatz, Unternehmen, Haushalte, neue Arbeitsplätze schaffen. Diese wurden zurückgezogen, und jetzt lese ich im Protokoll, daß der gleiche Antrag wieder dem Gleichbehandlungsausschuß zugewiesen wurde – ein sehr vernünftiger Antrag. Warum haben Sie diesen überhaupt zurückgezogen? – Es wäre wichtig, Frauen, die derzeit im Graubereich arbeiten, legal im Haushalt beschäftigen zu können. Das wäre eine ganz wichtige Sache, ein Anliegen, von dem Sie aber im Ausschuß Abstand genommen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was ist weiters geschehen? – Experten wurden befragt, zwischendurch durften wir uns die Verbalinjurien der Wahlkampfmanagerin der Frau Knoll gegenüber den Männern anhören. Es wurde verhandelt und verhandelt. Es sind letztlich zahnlose Entschließungen herausgekommen, wirklich zahnlose Entschließungen, die zur Papiervermehrung, aber nicht zur Verbesserung der Situation der Frauen beitragen werden.

Als „Gustostückerl“ vielleicht noch die Forderung, eine bessere Information für Karenz­urlauberinnen betreffend Wiedereinstiegsmöglichkeiten zu beschließen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist doch nichts anderes als das Eingeständnis, daß die Frauen­ministerin bisher ihre Arbeit schlecht gemacht hat, denn sonst wäre sie dieser Informations­pflicht schon lange nachgekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gäbe dazu noch vieles zu sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren, das rote Licht hier blinkt aber bereits. Besonders peinlich sind ja die Versuche unter den beiden Regie­rungsparteien bezüglich der Minderheitsberichte, sich gegenseitig die Schuld am Scheitern für das Frauen-Volksbegehren in die Schuhe zu schieben.

Abschließend möchte ich die ehemalige Frauenministerin Dohnal zitieren, die in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ folgendes gesagt hat:

„’SN’: Wie und wo können Frauen Widerstand leisten – außer bei Wahlen? – Dohnal: Bei den Wahlen, das ist ja schon viel. Und es wird sich für die Regierungsparteien bei den Wahlen auswirken. Die nichthandelnden Personen in der Regierungsmehrheit der SPÖ haben keine Ahnung, was sie tun. Entweder sie wissen es wirklich nicht. Das wäre noch die angenehmere Variante, woran ich nicht glaube.“

Wir laden die Frauen ein, in Zukunft verstärkt freiheitlich zu wählen. Ihre Anliegen sind bei uns in guten Händen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.55


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

19.55


Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Lassen Sie mich nach den Ausführungen meiner Kollegin Bauer und meiner Vor­rednerInnen mit ein paar Blitzlichtern der Jetztzeit fortsetzen. 80 Prozent der Berufswahl­ent­scheidungen von Kindern werden durch die Eltern getroffen beziehungsweise mitgetroffen. Ich sehe daher einen massiven Ansatzpunkt für eine aufgeklärte Entschei­dungshilfe im Beleben der Schulpartnerschaft.

Ein konkretes Beispiel: Ein Elternpaar redet darüber, welchen Beruf ihre Kinder denn ergreifen sollten. In dieser Familie sind zwei Buben und ein Mädchen: Die Buben haben Schul­schwie­rigkeiten, Probleme beim logischen Denken, brauchen ständig Nachhilfe; das Mädchen ist hochbegabt, Vorzugsschülerin, in Mathematik super. Die Eltern sagen, die Buben sollen einmal Anwälte werden, denn da gibt es eine Kanzlei zu erben. Sie sollen viel Geld machen. Das Mädchen soll das Weibliche hüten und Kindergärtnerin werden.

Ein weiterer Fall: Eine HTL-Absolventin, in ihrer Klasse das einzige Mädchen, Vorzugsschülerin, bekommt keinen Job, weil der Personalchef beim Vorstellungsgespräch aufblickt und sieht, es ist eine Michaela und kein Michael.

Drittes Beispiel: Ein HAK-Lehrer ist entsetzt, weil ihm nachgewiesen wird, daß er im koedu­kativen Unterricht die Mädchen nicht bevorzugt – wie er meint –, sondern schwer benachteiligt, weil sich die Buben Aufmerksamkeit nehmen und nicht – wie er meint – die Mädchen.

Meine Damen und Herren! Das alles sind Probleme, auf die Antworten gegeben werden sollen, und ich meine, die Zeit, in der es so leicht war, auf „natürliche Unterschiede“ und „natürliche Lösungen“ abzustellen, ist vorbei. Wir sehen, daß die Geschichte und die Sozialisation min­destens so prägend sind wie sozialpolitische Maßnahmen und Strategien und wir uns daher um dieses Bedingungsgefüge – nämlich: Problem, Sonderfall, Gesellschaftsanalyse und Antworten darauf – kümmern müssen. Welche Antworten sind vorfindbar, welche werden grundsätzlich gegeben?

Zum einen existiert das, was die radikalen Feministinnen machen, und zwar auf das konsequent „andere“ zu setzen, das Weibliche, dem das Männliche gegenübersteht beziehungsweise dieses als das Eigentliche „verkaufte“ durch das Weibliche zu ersetzen. Gemeint sind andere Begeh­rensformen, anderes Denken, mehr Gefühl, andere Formen von Lösungsansätzen. Sie vergessen aber dabei, daß das Andere immer das Abgeleitete vom Eigentlichen und damit vom Wertvollen ist, also eine Sackgasse.

Ein zweiter Weg ist, auf Gleichberechtigung, das heißt, auf formale und materielle Gleich­berechtigung zu setzen, das heißt, formal und faktisch den Mädchen Zutritt zu allen Ebenen von Gesellschaft, Beruf, Öffentlichkeit, Politik, Machtentscheidungen zu gewähren. Eine Analyse der Verfassung hat ergeben, daß die in die konstitutionelle Monarchie zurückreichende Verfassung auch bloß auf die Gleichheit vor dem Gesetz und nicht durch das Gesetz abgestellt hat. Insoferne bin ich froh darüber, daß ich Rückmeldungen auch etwa von Frau Professor Kucsko-Stadlmayer habe, nämlich daß wir mit unserem Vorschlag bezüglich Verfassungsregelung richtig liegen; richtig im Sinne der Weiterentwicklung der Verfassung und richtig im Sinne der Frauenrechte. Das einmal zur Aufklärung. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Volkspartei liegt, meine ich, richtig, wenn sie bei der Lösung von Frauenproblemen eher den zweiten Weg geht, nämlich der Herstellung von nicht nur formalen, sondern faktisch gleichen Zugangsmöglichkeiten, und dies mit sehr viel Vernunft und Verstand betreibt. Vernünftiges, rationales Vorgehen, strategisches Bewußtsein schaffen – das alles hat doch auch ein acht­bares Ergebnis in den Beratungen zum Frauen-Volksbegehren gebracht.

Was ist das? – Etwa: Sicherung der Frauenförderung und Gleichstellungsmaßnahmen durch die ausgehandelte und Ihnen vorgestellte Verfassungsbestimmung, Ausbau der Kinderbetreuungs­einrichtungen. Es ist auch keine Schande, wenn sich der Bund dieser Angelegenheit annimmt und sie zu seiner Sache macht. Bis zum Jahre 1962 lagen die Kinderbetreuungs- und Kinder­gartenangelegenheiten beim Unterrichtsressort, das heißt, sie waren schon einmal Bundes­angelegenheit. Und bundeseinheitliche Kriterien zu entwickeln, halte ich für keinen Schaden. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Der Aufbau einer langfristigen Alterssicherung und die gleichzeitige Lösung jener Probleme, die Frauen, die durch zumeist unverschuldete Lebensentwicklung, Familienarbeitsleistung und Trennungserfahrungen unter die Armutsgrenze fallen, jetzt haben, sind keine widersprüchliche Angelegenheiten. Wir verschließen uns dem nicht, wir sehen in diesem Entschließungsantrag genau den richtigen Weg dorthin.

Im Zentrum steht für die Volkspartei aber die Weiterentwicklung der Arbeitszeitflexibilisierung. Sie entspricht der allseits gewünschten Zeitsouveränität von Arbeitnehmern und Arbeit­neh­merin­nen, ebenso wie von Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen.

Ob das mit dem Recht auf Teilzeit erreicht wird, darüber waren sich nicht einmal die Experten im Ausschuß einig. Die Frage jetzt auf eine Meinung hinbiegen zu wollen und zu sagen, daß all jene, die sich diesem Vorschlag nicht anschließen, nichts für eine weitere Flexibilisierung täten, halte ich – gelinde gesagt – für nicht solide. Da gab es keine einhellige Auffassung bei den ExpertInnen.

Es gab ebenso keine einhellige Auffassung bezüglich der Verlängerung der Behaltefrist auf 26 Wochen. Es war die Expertin Frau Mag. Schiffbänker, die nicht von der ÖVP vorgeschlagen wurde, die gesagt hat, wir können auch auf andere Weise zu mehr Frauenschutz kommen, denn von der Kinderbetreuung, der Absenz vom Arbeitsplatz in die Arbeitslosigkeit und wiederum in eine Absenz vom Arbeitsmarkt zu kommen und dann eines Tages aufzuwachen und nicht mehr in den Arbeitsprozeß zurückzufinden, dieses Aufwachen – dieses erschreckende Aufwachen! – sollten wir den Frauen ersparen.

Die Konsequenz müssen also andere Sicherungsmaßnahmen und Methoden zur raschen Wiedereingliederung sein. Erinnern Sie sich an die Studie von Gerda Neyer, die nachgewiesen hat, daß zu lange Absenz vom Arbeitsmarkt durch Karenz eigentlich am Wiedereinstieg hindert.

Frauen sollten sich, meine ich, stärker als bisher darum kümmern, ihre Ansprüche in Fragen der Privatisierung von Politik selbst zu formulieren. In Zeiten der Ausgliederung von Betrieben aus der Kameralistik und aus der staatlichen Regulierung geht es mehr als bisher um rationale, strategisch eindeutige, professionelle Entscheidungen. Dazu gibt es gelungene Beispiele, wie und auf welche Weise Frauen das schaffen.

Es gibt aber gegenwärtig gerade ein Beispiel, das mich sehr besorgt macht. Eine Bewerberin um das höchste Amt im Staate ist sich offenbar mehr und mehr nicht gewahr, daß sie Produkt einiger reifer Männer wird und sich in mädchenhafter Koketterie auf die „Macht des Bauches“ verläßt – weniger auf die Kraft und Macht des Verstandes. Sie verzichtet auf Professionalität, sie läßt sich selbst zum Verzicht auf Argumentation verführen. Ich meine aber, daß Demokratie die Kompetenz des Differenzierens und der Gedanken braucht. Wer das Auftreten des Haupt­bewerbers um das Amt des Bundespräsidenten als „royal“ und „unpassend“ bezeichnet, sich selbst aber mit einer tragisch-schillernden Prinzessin vergleicht, wer sich von der anerkannten Kirchenfrau zur „Rose aus Weppersdorf“ machen läßt, muß scheitern. (Abg. Dr. Mertel: Das ist Ihrer nicht würdig! Das ist Ihrer nicht würdig, Frau Kollegin!)

Wenn wir heute, am 16. April 1998, über die Zukunft der Frauenpolitik reden, dann stimme ich zu, daß es nicht weiter darum geht, bei Feuerbach, Hegel, Schopenhauer oder dort anzusetzen, wo gesagt wird: „Sein ist das Weib, Denken der Mann.“ – Wenn wir uns weiter an Feuerbach, Hegel und Schopenhauer halten wollen – Sein ist das Weib, Gefühl ist das Weib, Denken ist der Mann –, dann gehen wir in die falsche Richtung, denn Frauenkompetenz ist nicht automatisch mit Reduktion auf Gefühl gleichzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Mehr Denken, meine Damen! Mehr Denken und mehr Kraft! Gemeinsam schaffen wir es! (Beifall bei der ÖVP.)

20.03


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Motter. – Bitte.

20.03


Abgeordnete Klara Motter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Brinek! Gemeinsam schaffen wir es! – Ich bin schon sehr lange hier im Hause und habe immer an die Gemeinsamkeit geglaubt, aber ich glaube langsam nicht mehr daran, wenn ich das magere Ergebnis von heute vor Augen geführt bekomme. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Denn nach wie vor, meine Damen und Herren, gibt es eine bestehende Benachteiligung von Frauen. Das ist unbestritten und nicht zuletzt Ergebnis diskriminierender gesetzlicher Regelun­gen, aber auch Ergebnis fehlender Rahmenbedingungen – wobei die Politik für beide Ursachen­bereiche wesentliche Verantwortung trägt.

Ebenso trägt auch die gesellschaftliche Machtverteilung viel zu dieser Ungleichbehandlung von Mann und Frau bei, die ihre Wurzeln in althergebrachten Aufgaben und Rollenzuteilungen für die Geschlechter hat. Die tradierte Rollenverteilung hieß und heißt leider heute noch oft: Der Mann hat durch die bezahlte Arbeit für den Unterhalt der Familie zu sorgen, die Frau sorgt mit unbezahlter Arbeit dafür, daß der Mann seiner Erwerbsarbeit überhaupt nachgehen kann. Sind Kinder vorhanden, ist das Strickmuster fortzuführen: Der Mann sorgt durch Berufsausübung für die finanzielle Grundlage der Familie, die Frau gibt ihren Beruf auf, soweit sie überhaupt die Möglichkeit hatte, einen zu erlernen, um durch unbezahlte Arbeit die soziale Grundlage zu schaffen. Und da der Grad der Selbständigkeit, meine Damen und Herren, in unserer Gesell­schaft weitgehend vom Geld abhängt, sind damit die Machtverhältnisse klar verteilt. Jedenfalls ist das das Bild – leider noch immer! – in unserer Gesellschaft.

Die gesellschaftliche Struktur, die Arbeitswelt und auch die Sprache haben sich daran orientiert, und die Gewöhnung daran verleitet leider zu dem Kurzschluß, das müsse alles so sein und so bleiben. Eine tiefergreifende Diskussion über diesen Zustand findet selten statt, man begnügt sich mit Grundsatzerklärungen, ohne Begriffdefinitionen vorzunehmen. Ich gebe schon zu: Das ist durchaus praktisch, denn dadurch läßt sich vieles begründen, und gerade in Zeiten, in denen Wahlen anstehen, wird gerne der Respekt für die Mehrfachbelastung der Frau überstrapaziert.

Was die Frau allerdings darf – das wissen wir auch –, ist, wenn Not am Manne ist, in die Bresche zu springen und dafür herzuhalten, vor allem schlechter bezahlte Tätigkeiten oder mühsame soziale Dienste, mitunter aber sogar Spitzenfunktionen auszuüben, wenn eben gerade kein Mann da ist. Daß dies zu ändern sein sollte, leuchtet uns allen ein, und darüber wird auch hier immer wieder von diesem Rednerpult aus gesprochen. Was wird aber wirklich ernst­haft unternommen?

Die heutige Rede von Herrn Klubobmann Kostelka war wunderschön. Er hat die Ungleichheit der Frauen erkannt, aber ich frage ihn jetzt – er ist nicht da –: Was unternimmt er wirklich, damit das geändert wird? – Ich sage es ihm: Nichts! Es geht aber immer darum, was bis jetzt tatsächlich getan wurde. (Abg. Dr. Gredler: Genau! – Abg. Dr. Mertel: Aber der Herr Khol ist da!) Er hat noch nicht gesprochen. Ich nehme an, Sie werden noch zum Thema „Frauen“ sprechen. (Abg. Dr. Khol: Nein!) Nicht? – Schade! (Abg. Dr. Khol: Ich sage Ihnen das lateinische Sprichwort vor: Si tacuisses, philosophus mansisses!) Das ist auch ein Grundsatz, ja. – Daß nicht einmal ein Volksbegehren, wie wir es heute behandeln, ernst genommen wird, ist ein Faktum!

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich aber jetzt ganz konkret jenen Punkten zuwenden, die wir Liberalen im Zuge des Frauen-Volksbegehrens gefordert haben; ich möchte mich damit auseinandersetzen. Wir stehen auch heute noch dazu – und das ist eine alte Forderung meinerseits –, daß jeder Mensch das Recht darauf hat, Beruf und Kinder miteinander verein­baren zu können. Daher ist es eine grundsätzliche Forderung, daß der Gesetzgeber für die Bereitstellung ganztägiger qualifizierter Betreuungseinrichtungen für Kinder aller Altersstufen zu sorgen hat.

Es ist für uns auch selbstverständlich, daß Tagesmütter auszubilden und arbeits- und sozial­rechtlich abzusichern sind. Wir unterstützen daher heute voll die Forderung der Vorarlberger Pflegeeltern nach arbeits- und sozialrechtlicher Absicherung, die sie gestern an die Vorarlberger Landesregierung gestellt haben, und ich hoffe, daß das auch andere Bundesländer in Zukunft auf ihre Fahnen heften werden. Ich bin zuversichtlich – Vorarlberg setzt ja oft Prioritäten –, daß vielleicht doch bald auch unserer alten Forderung entsprochen und das eingerichtet wird. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Weil eine flächendeckende Versorgung mit öffentlichen Kinder­betreuungseinrichtungen, deren Ausbau wir selbstverständlich verlangen, in naher Zukunft nicht rasch genug für die betroffenen Frauen und Männer umzusetzen ist, haben sich die Liberalen auch für eine Unterstützung von Privatinitiativen und betrieblichen Initiativen, die den Anfor­derungen flexibler Betreuungszeiten eher entsprechen, eingesetzt. Und ich möchte das jetzt gleich – anschließend an die Ausführungen meiner Kollegin Schaffenrath – in aller Kürze doch noch einmal erklären.

Frau Ministerin! Es ist mir bekannt, daß Sie nichts von privaten Einrichtungen halten. Ich weiß aber von vielen Eltern, daß sie viel lieber private Einrichtungen in Anspruch nehmen würden als staatliche – aber es sind leider zu wenig vorhanden. Ich meine, mit diesem Faktum müssen Sie sich – ob Sie wollen oder nicht – einmal auseinandersetzen.

Aus diesem Grund haben wir auch einen Entschließungsantrag im Ausschuß eingebracht. In diesem Entschließungsantrag betreffend die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs­kosten wird die Bundesregierung ersucht, ein Konzept zu erstellen, in dem die steuerliche Absetzbarkeit vorgesehen wird. Dabei sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

Erstens: Die Kinderbetreuungskosten sollen als Werbungskosten bis maximal 60 000 S jährlich steuerlich absetzbar sein.

Zweitens: Um sicherzustellen, daß die Treffsicherheit dieser Absetzbarkeit gleichmäßig auf alle Einkommensstufen gewährleistet ist, ist eine Negativsteuer-Regelung, die eine Einschleifrege­lung und eine Deckelung enthält, vorzusehen.

Drittens: Voraussetzung für die Absetzbarkeit ist der Einsatz von pädagogisch geschultem Personal.

Viertens: Die arbeits- und sozialrechtliche Absicherung des qualifizierten Betreuungspersonals muß gewährleistet sein.

Die Begründung dieses Antrages liegt in der Tatsache, daß in Österreich nur 54 Prozent der Kindergärten ganztags durchgehend geöffnet haben. Außerdem bestehen in den Öffnungszeiten der Kindergärten regional beträchtliche Unterschiede: Während in Wien 93 Prozent aller Kinder­gärten durchgehend geöffnet haben, werden in Tirol nur 4,9 Prozent ganztägig, ohne Mittags­pause, geführt. Nur 1,5 Prozent aller österreichischen Kindergärten, ein einziger Hort und vier Kinderkrippen bieten auch eine Samstags- beziehungsweise Sonntagsbetreuung an. – Meine Damen und Herren! Das zeigt, daß bei den Öffnungszeiten bisher keine Rücksicht auf even­tuelle Betreuungspflichten von Beschäftigten im Handel, im Hotel- und Gastgewerbe, im Gesundheitswesen und in anderen Dienstleistungsberufen genommen wurde.

Auch zwischen dem Mindesturlaub einerseits und den Schul- beziehungsweise Kindergarten­ferien andererseits besteht eine erhebliche Diskrepanz. Vor allem bei den zwei- bis vierjährigen Kindern ist die Situation prekär und wurde durch die De-facto-Kürzung der Karenzzeit auf eineinhalb Jahre noch verschärft. Sogar in Wien, das ein vergleichsweise großes Angebot hat, gibt es nur für 9 Prozent aller Kinder unter drei Jahren eine institutionelle Betreuungsmöglichkeit. Bei den unter zwei Jahre alten Kindern liegt die österreichweite Quote sogar bei unter 2 Prozent, und auch das Angebot für die Betreuung der Sechs- bis Zehnjährigen liegt weit unter dem Bedarf.

Um dieses Manko zu überwinden, wird es für den Fall, daß beide Partner beziehungsweise der Alleinerzieher oder die Alleinerzieherin erwerbstätig sind, notwendig sein, in Zukunft private Initiativen zur Betreuung von Kindern zu erleichtern. Es sollen, wie schon erwähnt, Kinder­betreu­ungskosten bis maximal 60 000 S jährlich im Rahmen der Werbungskosten steuerlich absetzbar sein, denn Kinderbetreuung steht in einem engen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit beziehungsweise ist deren Grundvoraussetzung. Durch die Möglichkeit einer steuerlichen Absetzbarkeit könnten sich mehrere Eltern oder Elternteile zu einem Verein oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließen. Sie könnten gemeinsam eine oder mehrere qualifizierte Betreuungspersonen einstellen und einen Teil jener Mittel, den sich die öffentliche Hand durch die Nichtinanspruchnahme öffentlicher Mittel erspart, über den Steuer­vorteil lukrieren. Für Erwerbstätige mit einem niedrigen Einkommen, bei dem der Steuervorteil nicht zum Tragen kommt, wäre das System der Negativsteuer anzuwenden.

Wir setzen allerdings voraus, daß die Betreuungsperson in einem Angestelltenverhältnis steht, also sozialrechtlich abgesichert ist, und damit die Kosten der Betreuung auch nachweisbar sind. Außerdem muß die Kinderbetreuung durch eine pädagogisch geschulte Kraft erfolgen. Bei Inanspruchnahme von öffentlichen Einrichtungen beziehungsweise von geförderten Privat­kindergärten ist eine Absetzbarkeit nicht vorgesehen, weil Mittel der öffentlichen Hand bereits in diese Systeme fließen.

Gegenüber der Organisation einer privaten Kinderbetreuungseinrichtung, der durch die Gemein­de oder das Land in irgendeiner Form eine Förderung gewährt wird, hat die steuerliche Absetz­barkeit von Kinderbetreuungskosten den großen Vorteil, daß nicht eine Fülle von Vorschriften einzuhalten ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie wirklich, sich dieses Antrags noch einmal anzunehmen und ihn ernsthafter als bisher zu diskutieren.

Diese Regelung hat auch beschäftigungswirksame Effekte, weil damit die Frauenerwerbsquote steigen würde: Wenn eine individuell gestaltbare Kinderbetreuung möglich ist, die auch leistbar ist, werden mehr Frauen in den Erwerbsprozeß einsteigen und somit ihrerseits als Beschäftigte am Arbeitsmarkt auftreten.

In einem weiteren Entschließungsantrag betreffend die erhöhte steuerliche Absetzbarkeit von Betriebskindergärten, der ebenfalls im Zuge der Beratungen über das Frauen-Volksbegehren eingebracht wurde, wird die Bundesregierung ersucht, analog zur erhöhten betrieblichen Absetzbarkeit von Aufwendungen für Forschung und Entwicklung gemäß § 4 Abs. 4 Z 4 Ein­kommensteuergesetz die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes dahin gehend zu novellieren, daß Aufwendungen zur Schaffung und Erhaltung von Betriebskindergärten in der Höhe von 130 Prozent steuerlich absetzbar sind.

Meine Damen und Herren! Es ist leider auch eine Tatsache, daß Kinder, Küche und Karenz sich immer mehr zum Jobkiller für Frauen in der Arbeitswelt entwickeln. Denn nur noch 20 Prozent aller Frauen, die für die Erziehung der Sprößlinge karenziert waren, schaffen den Wieder­einstieg ins Berufsleben. (Abg. Dr. Mertel: Sie brauchen sich nicht zu beeilen!) Vor vier Jahren waren es immerhin noch rund 33 Prozent, die ohne größere Schwierigkeiten in ihren Beruf zurückfanden.

Einer der Hauptgründe für die Probleme bei der Rückkehr in den Beruf sind noch immer die fehlenden Kinderbetreuungsplätze. (Abg. Dr. Gredler: Genau!) Wenn also auch Betriebe vermehrt Kinderbetreuungsplätze bereitstellten, wäre dies für Frauen eine große Entlastung. Es wäre für erwerbstätige Mütter und Väter sehr motivierend und beruhigend, wenn sie ihr Kind gleich in der Nähe gut versorgt wüßten. Darüber hinaus würden zeitaufwendige Bring- und Abholwege entfallen, wodurch Teilzeitarbeit auch für Väter attraktiver werden könnte. (Beifall beim Liberalen Forum.) Außerdem würde ein erhöhter Freibetrag für den Unternehmer oder die Unternehmerin einen zusätzlichen Anreiz zur Errichtung eines Betriebskindergartens bedeuten.

Meine Damen und Herren! Auch ich meine, daß die tatsächlichen Verhandlungsergebnisse betreffend die Kinderbetreuungseinrichtungen und die diesbezüglichen Forderungen im Frauen-Volksbegehren mehr als mager ausfallen. Es wurde keine einzige Forderung erfüllt! Es gibt nur einen Entschließungsantrag betreffend den weiteren Ausbau von Kinderbetreu­ungsein­richtun­gen bis zum Jahr 2000 über Initiative des Bundes, in dem davon die Rede ist, daß in den Jahren 1999 und 2000 600 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt werden sollen. Ob die Länder sich daran beteiligen werden, ist noch offen. Wenn man die Verhandlungen mit den Ländern kennt – Frau Ministerin, ich glaube, Sie können ein Lied davon singen –, dann weiß man, daß es noch nicht sicher ist, ob diese Kinderbetreuungseinrichtungen in den Ländern auch tatsächlich eingeführt werden.

Ebenso dürftig sind die Ergebnisse hinsichtlich der Karenzzeitregelung. Die Forderung, daß die Bezugszeit des Karenzgeldes für alle Alleinerzieher und Alleinerzieherinnen auf zwei Jahre erhöht wird, ist für uns eine Selbstverständlichkeit, da die De-facto-Kürzung der Karenzzeit auf eineinhalb Jahre eine einseitige Benachteiligung von Alleinerziehenden bedeutet, die insbesondere Frauen trifft. Ich verstehe die Haltung der Frau Kollegin Bauer nicht, die eine Haltung gegen AlleinerzieherInnen einnimmt und von einer „Ungerechtigkeit“ spricht. – Frau Kollegin Bauer! Ich halte es für absurd, daß Sie in diesem Zusammenhang von einer Unge­rechtigkeit sprechen!

Für uns Liberale hat die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine klare Priorität. In dieser Hinsicht sind auch gezielte Maßnahmen für AlleinerzieherInnen zu ergreifen. Außerdem sollten Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die Inanspruchnahme der Karenzzeit durch Väter trotz der durch die unterschiedliche Einkommenssituation der Geschlechter bestehenden Problematik zumindest organisatorisch erleichtert wird. Um eine Flexibilisierung zu erreichen, haben wir einen Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird, eingebracht, wonach die Meldefrist für die Inanspruchnahme einer Karenzzeit auf spätestens acht Wochen vor dem letztmöglichen Antritt erweitert wird. Eine solche Verlängerung soll es vor allem den Vätern erleichtern, Karenzzeit in Anspruch zu nehmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Wir dürfen nicht immer nur davon sprechen, daß Mutter und Vater zum Kind stehen sollen, sondern wir müssen ihnen auch die Möglichkeit geben, daß sie es tatsächlich tun können. Deshalb halte ich es für wichtig, Erleichterungen für den Mann zu schaffen.

Um das Karenzgeld bis zum zweiten Geburtstag des Kindes auszuschöpfen, muß der zweite Elternteil mindestens sechs Monate Karenzzeit in Anspruch nehmen. Anspruchsvoraussetzung ist in diesem Fall, daß ein Teil der Karenzzeit auf jeden Fall mindestens drei Monate betragen muß, außerdem kann nur einmal ein Wechsel zwischen den Eltern erfolgen.

Recht auf Karenzzeit hat der Vater dann, wenn er mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt, die Pflege des Kindes überwiegend selbst übernimmt und die Mutter des Kindes entweder auf ihren gesamten oder auf einen Teil ihres Karenzanspruchs verzichtet beziehungsweise wegen ihrer Erwerbstätigkeit daran gehindert ist, das Kind selbst zu betreuen.

Wir Liberalen haben diesen Antrag zur Änderung des Mutterschutzgesetzes auch deshalb eingebracht, um, wie ich schon sagte, damit zu erreichen, daß mehr Väter in Karenz gehen. In diesem Antrag fordern wir, daß die Meldung beziehungsweise der Antrag auf Inanspruchnahme der Karenzzeit nicht mehr innerhalb von nur vier Wochen nach der Geburt bei der Dienstgeberin oder dem Dienstgeber erfolgen muß, da Väter sich insbesondere in der ersten Zeit nach der Entbindung durch die neue Situation oft überfordert fühlen und deshalb nicht in der Lage sehen, so schnell einen Karenzzeitanspruch geltend zu machen.

Um es den Männern zu ermöglichen, ihr Rollenverhalten zu reflektieren und sich der neuen Situation zu stellen, sollten sie mehr als vier Wochen nach der Entbindung zur Verfügung haben, um sich für eine Karenzzeit zu entscheiden. Die Ausweitung der Frist von derzeit vier Wochen nach der Geburt soll auch als eine Zeit zur Bewußtseinsbildung dienen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber auch auf diese Forderungen ging die Regierung nicht ein, obwohl sich die SPÖ – Frau Kollegin Mertel, ich schaue Sie bewußt an – ursprünglich für die Verlängerung der Karenzzeit für AlleinerzieherInnen eingesetzt hat. Ein Jahr nach dem Volksbegehren muß ich leider zur Kennt­nis nehmen, daß keine einzige Forderung umgesetzt wurde, sondern nur Studien in Auftrag gegeben wurden, die über mögliche Maßnahmen berichten sollen. (Abg. Silhavy: Frau Kollegin Motter hat den Bericht nicht gelesen!) Schade, daß wir in der Frauenpolitik keinen Schritt vorwärts kommen, nur weil ideologische Standpunkte sich zeitgemäßen Verbesserungen ver­schließen.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, meine Ausführungen waren etwas lang, aber es war uns ein echtes Bedürfnis, unsere Forderungen noch einmal klar zu definieren. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.22


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Frau Abgeordnete Motter! Ich möchte der Klarheit halber fest­halten, daß Sie in Ihrem Debattenbeitrag Entschließungsanträge im Wortlaut vorgelesen haben, die dem Präsidium nicht überreicht worden sind und nicht zur Verhandlung stehen. (Abg. Dr. Gredler: Die Entschließungsanträge sind schon im Ausschuß eingebracht worden!) Gut. Das dient nur zur Klarheit.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.22


Abgeordnete Doris Bures¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Motter, ich halte Ihre Frage nach dem, was in der Vergangenheit getan wurde, für eine rhetorische und möchte mir eine Antwort ersparen. Denn Sie wissen natürlich genau, daß sich in Österreich zum Beispiel die Lebenssituation der Frauen meiner Muttergeneration entscheidend von jener junger Frauen heute unterschieden hat. Maßnahmen wie das Gleichbehandlungspaket, die Individualbesteuerung und die Fristen­regelung sind nicht wegzuleugnen und haben sehr viel und für die Frauen sehr Essentielles verändert.

Wir könnten uns aber darauf einigen, zu sagen, daß viel geschehen ist, jedoch mehr möglich wäre. Daher möchte ich eher davon sprechen, wie die Zukunft aussehen soll. Was war die politische Zielsetzung jener Frauen und Männer, die dieses Frauen-Volksbegehren unterstützt haben? – Es sind Frauen und Männer aus der Bevölkerung, aber auch Frauen und Männer, die in diesem Haus sitzen und das Frauen-Volksbegehren nicht nur als ErstunterzeichnerInnen, sondern auch im Zuge der Eintragung unterstützt haben.

Die politische Zielsetzung dieser AktivistInnen war, daß die Voraussetzungen und Rahmen­bedingungen geschaffen werden sollen, daß Frauen in Zukunft unabhängig und selbstbestimmt ihr Leben gestalten können. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Gredler.)

Ich erwähne das deshalb, weil in der heutigen Debatte immer wieder die Meinung geäußert wurde, daß sich alle Fraktionen dieses Hauses in der Zielsetzung einig seien. Es gebe nur Unterschiede hinsichtlich der Art und Weise, um dieses Ziel zu erreichen, man unterscheide sich nur bezüglich der Geschwindigkeit und des Weges. – Ich möchte anhand einiger Beispiele darlegen, daß ich diese Auffassung nicht teile, sondern glaube, daß es politische Gruppierungen gibt, die aus ideologischen Gründen und nicht deshalb, weil es im Interesse der Frauen insge­samt liegt, eine eigenständige und unabhängige Lebenssituation der Frauen gar nicht haben möchten. Denn andernfalls dürften gewisse Forderungen, die, würde man sie umsetzen, das Gegenteil bewirkten, nicht erhoben werden.

Zwei kleine Beispiele seien erwähnt, da die Debatte meiner Ansicht nach gezeigt hat, daß die Auseinandersetzung mit den Rednerinnen der Freiheitlichen Partei ohnedies müßig ist. (Zwi­schenruf der Abg. Madl.) Jeder weiß, die Forderung nach Kindergeld oder -scheck, der nicht einzulösen ist, sowie die Forderung nach Putzgeld sind Mittel, die Frauen in die Steinzeit zurückzudrängen, und haben überhaupt nichts mit den Wünschen und der Lebensrealität der Frauen zu tun. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.)

Kollege Schöggl! Sie müssen verstehen, daß sich mein Mitleid wegen Ihrer „Einsamkeit“ im Unterausschuß in Grenzen hält. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ich fühle mich sehr wohl!) Ich persönlich hätte Ihre Teilnahme auch für entbehrlich gehalten, und ich glaube, es steht der Öffentlichkeit zu, daß ich nun ein Zitat von Ihnen aus dem Ausschuß bringe. (Abg. Böhacker: Reine Überheblichkeit! – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Da muß ich leider eine tatsächliche Berichti­gung machen!)

Kollege Schöggl hat in der Diskussion über die Frage des Ausbaus von Kinderbetreuungs­einrichtungen auf unsere Aussage, daß es für Kinder unter drei Jahren am meisten an Betreuungseinrichtungen fehle und dort anzusetzen sei, gemeint, wenn Frauen mit einem so kleinen Kind schon arbeiten gingen, dann setze er das mit Kindesweglegung gleich. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist eine richtige Aussage!) Das halte ich für einen Skandal! Daher sind Sie für mich entbehrlich gewesen in diesem Ausschuß, und mein Mitleid hält sich in Grenzen.

Auch auf die Position der ÖVP und auf die Ausführungen der Kollegin Bauer möchte ich eingehen. Unsere Zielsetzungen stimmen nicht überein, wenn es um Ihr Modell der Pensions­absicherung, der eigenständigen Altersabsicherung von Frauen geht. Sich eine Pension durch Heirat, sozusagen durch „Durchdienen“ der Ehe zu erwerben, hat nichts mit eigenständiger Altersabsicherung zu tun. Kollegin Fekter hat gesagt, wir sollten eben ein bißchen bei den Pensionen der Männer mitnaschen. – Das ist nicht Eigenständigkeit, das ist nicht Unabhängig­keit, und daher würde damit das falsche Ziel erreicht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Ich komme noch kurz zum Minderheitenbericht der ÖVP. – Frau Kollegin Bauer! Sie haben von diesem Rednerpult aus gesagt, der Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit sei nicht das Gelbe vom Ei. In Ihrem Bericht jedoch schreiben Sie im ersten Satz, daß der Rechtsanspruch auf Teilzeit­arbeit eine familienpolitisch wünschenswerte Maßnahme sei. (Abg. Rosemarie Bauer: Nach­zulesen beim Hearing!) Es folgt auf über zehn Zeilen, daß er leider nicht eingeführt wird. Das heißt, die Frauen halten es für familienpolitisch wünschenswert – Dr. Khol und die Mehrheit der ÖVP sind dagegen. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.)

Frau Kollegin Brinek! Daher würde ich meinen, richten Sie Ihren Appell, mehr zu denken, nicht an die Frauen, sondern an Ihren Kollegen Khol. (Abg. Dr. Khol: Lesen Sie das Hearing-Proto­koll!) Herr Kollege Khol! Denken Sie in Zukunft in frauenpolitischen Fragen mehr nach; es wäre angebracht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Ich teile daher die Auffassung, daß das Ergebnis, das nun real auf dem Tisch liegt, unbefrie­digend ist und den Mehrheitsverhältnissen in diesem Haus entspricht. – Frau Kollegin Kammer­lander! Sie haben vom einem Begräbnis erster Ordnung, vom Begräbnis dieser Forderungen gesprochen. Ich weiß, daß Sie das wahrscheinlich nicht so gemeint haben. (Abg. Dr. Mertel: Die meint das so!) Aber ich möchte das abschließend zum Anlaß nehmen, zu betonen, daß ich, wenn es ein Begräbnis ist, dieses Frauen-Volksbegehren sozusagen wieder ausgraben werde. Für uns liegt nämlich jede einzelne Forderung noch auf dem Tisch. Sie werden auch nicht vom Tisch zu wischen sein. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Gredler. – Abg. Dr. Khol: Ihr habt halt nicht die Mehrheit! So einfach ist die Welt! Sie sollten vorher nicht so viel versprechen!)

20.29


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

20.30


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren! Ich gratuliere Ihnen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Sie sind auch nicht im Ausschuß gewe­sen!) Es ist Ihnen gelungen, das, was die Frauen mit einem Frauen-Volksbegehren zu erreichen versucht haben, erfolgreich abzuwehren. Es ist Ihnen wirklich sehr gut gelungen.

Nachdem Sie, meine Herren, im Zuge der Sparpakete durchgesetzt haben, daß die Frauen in ihren Möglichkeiten und Rechten eindeutig beschnitten worden sind – ich erwähne nur die Karenzgeldregelung, Herr Abgeordneter Hums, und die Karenzzeitregelung –, und nachdem es Ihnen gelungen ist, die Verfügbarkeit von Frauen als ein Kriterium einzuführen, mit dem sie aus dem Arbeitsmarkt hinausgedrängt werden können, können Sie sich nun wundern. Ich zitiere den „Standard“ von voriger Woche – oder war es diese Woche? –, in dem es ungefähr hieß: Ja hoppla, die Frauen ... (Das Mikrophon beim Rednerpult funktioniert für kurze Zeit nicht. – Abg. Dr. Fuhrmann: So schlecht ist die Rede nicht! Man gebe ihm Strom!)

Sie waren überrascht, die Zeitungen waren überrascht und die Politik war es offensichtlich auch, daß die Frauen nach dem vorzeitigen Ende der Karenzzeit auf den Arbeitsmarkt zurück wollen. Das hätten Sie wohl nicht gedacht! Immerhin haben Sie eine Lücke von mindestens einem Jahr eingebaut – denn die Sondernotstandshilfe ist auch weitgehend eingeschränkt worden, sie läuft im Minimum ein halbes Jahr, maximal eineinhalb Jahre –, die bewirken soll, daß die Frauen nicht wieder auf den Arbeitsmarkt zurückkehren.

Wenn sie dann noch immer nicht verstanden haben, sondern zurückkehren wollen, kann man ihnen – siehe Urteil des Verwaltungsgerichtshofes, siehe entsprechende gesetzliche Verfüg­barkeitsbestimmungen – sagen: Moment, liebe Frau! Du hast Kinderbetreuungspflichten, die dich daran hindern, dich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen. Das heißt, wir müssen dich, liebe Frau, aus dem Arbeitsprozeß leider ausgliedern.

Auch wenn Herr Abgeordneter Kostelka von diesem Rednerpult aus bewegt davon spricht, daß ja auch Männer bei der Erziehung der Kinder eine Rolle spielen (Abg. Silhavy: Sollten!) – ja, sollten –, so kann ich nicht den Eindruck gewinnen, daß die Politik, die Gesetzgebung in den letzten Jahren Maßnahmen gesetzt hat, die den Männern diese Möglichkeit erleichtern. (Abg. Gatterer: Die geteilte Karenz!) Kollegin Gatterer, die Frauen kommen dann eh noch dran. – Es gibt keinen eigenständigen Karenzanspruch, ob bezahlt oder unbezahlt, für die Männer. Das muß viele Männer daran hindern, ihre Möglichkeiten in bezug auf die Kindererziehung, die Betreuung und Begleitung von Kindern auszuüben. (Abg. Dr. Fekter: Das ist aber scheinheilig!)

Frau Kollegin Fekter! (Abg. Dr. Fekter: Wieviel Prozent machen es denn?) Es geht um einen Rechtsanspruch! (Abg. Dr. Fekter: Sie tun es trotzdem nicht!) Ich komme deswegen darauf, weil Abgeordneter Kostelka gerade vorhin sehr bewegt eingefordert hat, daß auch den Männern dieser Anspruch sichergestellt werden sollte.

Kollegin Fekter! Es geht dabei nicht um die Bezahlung – das sei ausdrücklich festgehalten –, sondern um etwas, was auch die EU in der Richtlinie zum Erziehungsurlaub von uns schon längst fordert. Sie haben vielleicht geschlafen, aber das müssen wir machen. Entweder haben Sie das nicht richtig verstanden oder die entsprechenden EU-Richtlinien nicht richtig studiert, aber wir müssen das machen.

Wir müssen diesen Anspruch auch den Männern einräumen, auch wenn die Richtlinie nichts darüber aussagt, ob das bezahlt oder unbezahlt sein soll. Ich halte es aber für richtig, einen eigenständigen Anspruch als eine Voraussetzung dafür zu gewährleisten, daß Beruf und Familie vereinbar sein soll.

Meine Herren! Wenn Ihnen tatsächlich so sehr daran gelegen ist, daß Beruf und Familie nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer vereinbar sein sollen, hätten Sie in dieser Richtung tätig werden müssen. Denn es hätte nicht einen Groschen gekostet, diesen Anspruch zu schaffen, der zumindest von den Voraussetzungen her auch den Männern die Möglichkeit böte, ein anderes Verhältnis zu den Kindern zu entwickeln.

Das war Ihnen aber nicht wichtig, sondern es ist Ihnen – ich komme rekapitulierend darauf zurück – mit den Maßnahmen in den Sparpaketen darum gegangen, die Frauen aus dem Arbeitsmarkt tendenziell hinauszudrängen. (Abg. Dr. Fekter: So ein Blödsinn!) Meine Herren! Das ist das Problem, und deswegen muß man Ihnen gratulieren.

Das Frauen-Volksbegehren war die Antwort auf diese Sparpakete. Natürlich ist es nur darum gegangen, jene Rechte der Frauen, die ihnen teilweise genommen worden waren, a) wieder­herzustellen und b) auch zu solchen Rechten zu erweitern, die die Frauen in der Wirtschaft, in der Gesellschaft und natürlich auch in der Sozialversicherung – denn eine eigenständige Alters­versorgung für Frauen wäre doch etwas! – als eigenständige Subjekte wahrnehmen. (Abg. Dr. Fekter: Die wollen wir ja gerade! Ja! Die wollen wir haben!) Oder sind sie mindere Menschen, Menschen zweiter Klasse? (Abg. Dr. Fekter: Versorgungsausgleich!)

Meine sehr geehrten Frauen! Jetzt bin ich bei Ihnen, Frau Frauenministerin! Sie haben gestern gesagt, über das Frauen-Volksbegehren gebe es nicht sehr viel Positives zu berichten außer – wenn ich das recht in Erinnerung habe –, daß immerhin eine Sozialversicherung für die gering­fügig Beschäftigten eingeführt wurde.

Ich möchte dazu korrigierend anführen, daß die Sozialversicherung für die geringfügig Beschäf­tigten den geringfügig beschäftigten Frauen keinen Groschen Anspruch auf eine Sozialversiche­rung bringt. Die Arbeitgeber zahlen für sie, aber die Frauen erwerben diesen Anspruch nur dann, wenn sie selbst zahlen, und zwar 500 S! 500 S von einem Entgelt, das 3 600, 3 700 oder maximal 3 800 S ausmacht. Nur wenn die Frauen selbst ihren eigenen Versicherungsbeitrag zahlen, erwerben sie also einen Anspruch. Sie haben aber nicht dazugesagt, daß es dabei um ein Entgelt von 3 500, 3 600 oder 2 000 S geht. Nur wenn man bei 2 000 S Entgelt 500 S zahlt, erwirbt man einen Versicherungsanspruch!

Wir haben Ihnen schon in der damaligen Debatte gesagt, daß das gerade für jene Frauen, denen es helfen sollte, der falsche Weg ist. Für jene aber, an die Sie nicht gedacht haben und denen nicht unbedingt geholfen werden sollte, ist es eine gute Möglichkeit, in das Sozialver­sicherungssystem einzusteigen. Das war leider keine gute Maßnahme im Interesse jener Frauen, denen Sie helfen wollen. Sie bedeutet in der Art und Weise, wie Sie sie ausführen – obwohl wir uns sicher im Ziel, Einbeziehung aller in die Sozialversicherung, einig sind –, einen Schritt in die falsche Richtung. – Herr Kollege Hums! Es gibt andere Wege, als genau bei jenen Frauen, die kein Geld haben, abzukassieren. Und es muß noch andere Möglichkeiten geben außer jener, Personen, die nur 2 000 oder 3 000 S Einkommen haben, auch noch 500 S wegzunehmen.

Wenn es die Politik nicht schafft, diesen Gruppen bessere Voraussetzungen und einen sozialen Schutz zu gewährleisten, dann versagt sie. Genau das ist unser Problem. Wenn Sie schon diese „hoppertatschige“ Lösung bei den geringfügig Beschäftigten als einen Erfolg anpreisen müssen und das das Resümee und die Bilanz des Frauen-Volksbegehrens sein soll, dann gute Nacht.

Ich komme nun zu einer Bestimmung, die ich nicht nur deshalb erwähne, weil Abgeordneter Khol nun wieder hier im Saal ist, sondern weil sie in einem besonderen Maß zeigt, daß es bei vielen Bestimmungen im Rahmen der Sparpakete nicht nur darum gegangen ist, etwas wegzu­nehmen, weil zu sparen ist, sondern daß es bei ganz spezifischen Bestimmungen darum gegangen ist, Frauen für ihr Frausein zu bestrafen. Sie, Herr Abgeordneter Feurstein und Herr Abgeordneter Khol, wissen ganz genau, um welche Bestimmung es geht: Es geht darum, daß das erhöhte Karenzgeld für jene Alleinerziehenden, die den Namen des Kindesvaters nicht angeben, nicht mehr möglich ist.

Wir haben im Sozialausschuß einen Antrag eingebracht, der heute mit einem negativen Aus­schußbericht versehen zur Abstimmung gelangt, wonach jene Frauen, die den Namen des Kindesvaters aus guten und verfassungsrechtlich geschützten Gründen nicht angeben können oder wollen, die Möglichkeit erhalten sollen, das erhöhte Karenzgeld zu beziehen, wenn sie sich verpflichten, es zurückzuzahlen. Diese Maßnahme würde den Staat, die Sozialversicherung, die Arbeitslosenversicherung keinen Groschen kosten.

Wir haben im Ausschuß darüber debattiert. Und was hat sich herausgestellt, Frau Abgeordnete Bures – im Unterschied zu dem, was Sie behauptet haben? Es gäbe dafür die Mehrheit im Haus! Mit Ihrer Fraktion gäbe es die Mehrheit dafür, daß diese strafende Bestimmung für die Frauen aufgehoben wird. Die sozialdemokratische Fraktion ist jedoch zu feig, mit dem Liberalen Forum, den Freiheitlichen und den Grünen gemeinsam zu stimmen. Und Sie können mir nicht weismachen, daß das eine Bestimmung ist, die den Koalitionsfrieden stören würde. Sie waren einfach zu feig, im Ausschuß dafür zu stimmen, daß diese Strafbestimmung gegen die Frauen aufgehoben wird.

Und nicht nur in dieser Frage, sondern auch in bezug auf die verfassungsrechtlichen Bestim­mungen, die heute diskutiert werden, wären Mehrheiten hier in diesem Haus zu finden. Es besteht natürlich ein Unterschied zwischen einer verfassungsrechtlichen Bestimmung für die Frauen und einer Strafbestimmung für die Frauen, so wie es bei dieser Karenzgeldbestimmung für die Alleinerziehenden der Fall ist. Das kostet niemanden etwas: Das kostet den Steuerzahler nichts, das kostet die Sozialversicherung nichts, das kostet nicht einmal die Koalitionsparteien etwas. Denn ich würde mir gerne anhören, mit welcher Begründung die ÖVP es Frauen, die Alleinerzieherinnen sind und aus guten Gründen den Namen des Kindesvaters nicht nennen können oder wollen, verweigert, daß ihnen ein Karenzgeld bevorschußt wird, bei dem sie sich verpflichten, es nachher zurückzuzahlen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Feurstein: Das ist eine große Ungerechtigkeit!)

Wenn Sie nur einen Grund finden, daß diese Frauen in Zukunft bestraft werden sollen, dann sagen Sie es, Herr Kollege Feurstein! (Beifall bei den Grünen.) Aber seien Sie einmal etwas ehrlicher!

Herr Abgeordneter Khol, sagen Sie doch, daß Sie die Alleinerziehenden nicht wollen! Sie wollen diesen Stand von Frauen nicht. Sie wollen Frauen, die aus guten Gründen in dieser Situation sind, unbedingt in die Familie zurückdrängen, auch wenn es keine Familie gibt. Denn es gibt keinen anderen Grund, genau diese Frauen mit dem Ausschluß vom erhöhten Karenzgeld zu bestrafen!

Wenn Sie – und ich nehme an, Sie haben das getan, Herr Abgeordneten Khol – mit den Beratungsstellen der Caritas oder den Beratungsstellen der „Aktion Leben“ über diese Frage sprechen, dann werden diese Ihnen entsprechende Geschichten erzählt haben. Die wissen nämlich, worum es dabei geht, nämlich um die Entscheidung der dann alleinerziehenden Frauen noch in der Schwangerschaft, ob sie das Kind tatsächlich austragen wollen und können, wenn nicht einmal das erste und zweite Lebensjahr des Kindes finanziell abgesichert sind.

Herr Abgeordneter Khol! Ich weiß ganz sicher, daß auch mit Ihnen von dieser Seite gesprochen wurde. Denn es pfeifen die Spatzen von allen Dächern der Frauenberatungsstellen, daß das eines der massivsten Probleme aufgrund des Sparpaketes war. Und Sie haben kein Ohrwaschel gerührt, um insbesondere diesen Frauen zu helfen, weil es Ihnen offensichtlich aus irgendeinem ideologischen Kalkül – ich unterstelle Ihnen das einmal so – wichtiger war, diese Strafbestim­mung gegen alleinerziehende Frauen einzuführen.

Das ist wahrlich keine gute Bilanz für das Frauen-Volksbegehren, wenn festgehalten werden muß, daß es offensichtlich nicht darum geht, einen Konsens zu suchen in Fragen, wo ein solcher zu finden wäre, mit oder ohne ÖVP – ich hoffe ja noch immer darauf –, sondern darum, sich zu verweigern, die Forderungen des Frauen-Volksbegehrens irgendwo im Raum stehen zu lassen und sich nach wie vor dazu zu bekennen, daß Frauen bestraft werden sollen, weil sie alleinstehend sind.

Wenn Sie zu dieser Bilanz stehen können, meine Herren von der ÖVP, dann bin ich einver­standen. Der Rest dieses Plenums sollte sich aber deutlich davon distanzieren. Dazu hätte es im Ausschuß eine Möglichkeit gegeben. Statt dessen gibt es einen negativen Ausschußbericht zu dieser Frage. In der nächsten Sitzung des Sozialausschusses im Juni wird es noch eine Möglichkeit geben, das zu ändern, und ich hoffe, daß Sie diese bescheidene Gelegenheit wahr­nehmen werden, um sich wenigstens in dieser Frage ein Stück zu bewegen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

20.44


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte.

20.44


Abgeordnete Edeltraud Gatterer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Frauenministerin! Den Initiatoren des Frauen-Volksbegehrens muß man zugestehen, daß das Thema „Frauen“ wieder ins Ge­spräch gebracht wurde. Ich würde wirklich gern wissen, was sich vor allem die vier jungen Damen auf der Galerie vom Frauen-Volksbegehren erwarten! (Abg. Dr. Mertel: Reden Sie mit uns – oder mit der Galerie?) Frau Kollegin Mertel! Ihre Zwischenrufe sind bekanntlich charmant! (Abg. Dr. Mertel: Sie erwarten Erziehungsgeld!)

Ich glaube, wir haben in den unzähligen Sitzungen des Unterausschusses – 34 oder 38 Stun­den – erkannt – vor allem die Frauen, denn es haben sehr wenige Männer an diesen Unteraus­schußsitzungen teilgenommen –, wo die Probleme liegen. Wir alle wissen, nicht zuletzt von den Internationalen Frauentagen, wie groß die Unterschiede zwischen den Einkommen von Männern und Frauen sind und daß es eine gläserne Decke gibt, daß also fast keine Frauen in Füh­rungspositionen zu finden sind. Diese Problem haben wir gemeinsam erkannt.

Die Gespräche mit den Expertinnen und Experten haben gezeigt, daß die Wege in Richtung Lösung dieser Probleme sehr unterschiedlich sein können. Auch die Experten waren sich nicht einig, wie man diese Probleme lösen kann, um gemeinsam für die Frauen zu einer guten Lösung zu kommen.

Einige Punkte des Frauen-Volksbegehrens wurden inzwischen umgesetzt. Und wenn Kollege Öllinger zum Beispiel die Möglichkeit, daß sich geringfügig Beschäftigte selbst versichern können, als schlechte Lösung ansieht, dann muß ich sagen: Diese sogenannte schlechte Lösung, Kollege Öllinger, ist für viele Frauen wichtig, denen einige Jahre zur Pension fehlen, eben weil die ÖVP-Forderung, daß Kindererziehung auch pensionsbegründend sein soll und daß es einen Versorgungsausgleich geben soll, nicht richtig eingeschätzt wurde. Daher ist es für viele Frauen immer noch notwendig, sich über diese Möglichkeit der Versicherung bei gering­fügiger Beschäftigung wenigstens einige Jahre zu erwerben. Ich glaube, das sollte man nicht außer acht lassen, und deswegen ist das wirklich als frauenfreundliche Maßnahme zu bezeich­nen. Ich hoffe, daß sie uns Frauen lange erhalten bleibt.

Auch der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen ist positiv. Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bekennen sich alle Frauen. Wir könnten uns auch vorstellen, daß mehr als 600 Mil­lionen Schilling dafür aufgewendet werden. In diesem Zusammenhang muß auch betont wer­den – Kollegin Bauer hat das andiskutiert, denn Niederösterreich ist ein sehr gutes Beispiel dafür –, daß man nicht immer nur an die staatliche Kinderbetreuung denken darf. Vielmehr müssen wir versuchen, auch neue Formen von Kinderbetreuung zu finden. Das Berufsbild der Tagesmutter, das wir einfordern, ist ein ganz wichtiger Schritt dazu. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte ganz kurz einige Ziele der ÖVP noch einmal unterstreichen und bewußt machen. Das wichtigste Ziel ist die Schaffung des Bewußtseins, daß Frauen – wie Ministerin Gehrer gesagt hat – gefördert und Männer gefordert werden müssen.

Ein zweites wichtiges Ziel für die ÖVP ist, daß Frauen das Recht haben müssen, auszuwählen, für welches Lebensmodell sie sich entscheiden. Es kann und darf kein aufgesetztes Lebens­modell für Frauen geben. – Das ist ein zweites wichtiges Prinzip der ÖVP, von dem ich meine, daß es ein Grundrecht ist, das wir den Frauen erhalten sollten. (Beifall bei der ÖVP.)

Das dritte Prinzip der ÖVP besagt, daß wir bei allen Forderungen für Frauen die Balance zwischen Schutz der Frauen und Hürde für Frauen halten müssen. Ich glaube, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten dürfen wir im Sinne der Frauen nicht den Fehler machen, die Hürde in Richtung Beruf für sie noch höher zu machen, als sie ohnehin schon ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Feurstein: Jawohl!)

Es ist heute schon einige Male von Frauensolidarität gesprochen worden. Da muß man die Frage stellen: Was ist Frauensolidarität? Bedeutet Frauensolidarität, daß ÖVP-Frauen absolut einer Meinung mit den SPÖ-Frauen sein müssen, oder könnte es auch umgekehrt sein? Wäre es nicht auch notwendige Frauensolidarität, daß die SPÖ mit den ÖVP-Forderungen einver­standen ist? (Abg. Silhavy: Wenn die Forderungen vernünftig werden, dann wären wir einver­standen!)

Ihr Klubobmann hat heute behauptet, daß ihm die ÖVP etwas aus der Hand geschlagen habe. Ich weiß nicht, was er in der Hand gehabt hat, ich habe nichts gesehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich habe eher das Gefühl, daß es ihm die SPÖ-Frauen, nachdem er es ausverhandelt hatte, aus der Hand geschlagen haben – was auch immer es war! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.) Sie müssen zwar hinter seinem Rücken gewesen sein, weil er nicht gesehen hat, daß es die SPÖ-Frauen waren, aber sie sind nicht hinter ihm gestanden. Das muß man in diesem Zusammenhang wirklich sagen!

Ich möchte für die ÖVP noch einmal betonen: Wir haben für die Frauen wichtige Anträge eingebracht. Ich bedauere es sehr, daß es nicht möglich war, mit der Sozialministerin und mit der Frauenministerin ein vernünftiges Modell der Neubewertung der Arbeit zu finden. Ich bedauere es sehr, daß der Versorgungsausgleich, welcher vielen unversorgten älteren Frauen sehr schnell Hilfe bringen würde, abgelehnt wurde, weil die Pensionen nicht andiskutiert werden. Selbst wenn wir ein Modell der Eigenversorgung schaffen, nützt das diesen Frauen nichts. Es gibt eine Studie im Auftrag der Frauenministerin, in welcher es heißt, daß es diesen vielen Frauen nichts nützt, wenn es in 30 oder 40 Jahren ein Modell der Eigenversorgung gibt. Wir meinen: Mit dem Versorgungsausgleich wäre diesen Frauen sofort geholfen! (Beifall bei der ÖVP.)

Vor allem Klubobmann Kostelka, aber auch die anderen RednerInnen haben gesagt, daß die ÖVP eine endlose Wunschliste habe. Einige Wünsche stehen schon sehr lange auf unserer Liste (Abg. Dr. Khol: Homeservice!): Homeservice, Neubewertung der Arbeit mit Pensions­begründung der Kindererziehung. Wir könnten uns auch vorstellen, daß Frauen die Kinder­erziehung angerechnet bekommen, die vor 1956 geboren haben. Warum sind gerade diese Frauen, die eine sehr schwere Zeit mitgemacht haben, die sogenannten Trümmerfrauen, davon ausgeschlossen? – Wir haben viele Wünsche. Wir könnten uns da vieles vorstellen. Daher meine ich, daß es nicht zielführend ist, daß wir einander alles aufrechnen.

Und wenn Kollegin Bures über die Freiheitlichen gesagt hat, daß sie im Unterausschuß einsam waren, dann muß ich von den Abgeordneten der SPÖ sagen, daß sie im Unterausschuß schweigsam waren. Denn ich kann nicht sagen, was sich die SPÖ-Frauen wirklich gewünscht haben. Ich war bei allen Unterausschußsitzungen anwesend und mußte feststellen, daß sie sich sehr vornehm zurückgehalten und eigentlich nicht gesagt haben, was sie wollen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.) Auch Sie nicht, Frau Kollegin Mertel! Sie waren zwar zweimal oder zumin­dest einmal dabei, das weiß ich, aber Ihre Wünsche haben Sie nicht zum Ausdruck gebracht. Deswegen glaube ich, daß Schweigsamkeit ... (Ruf bei der SPÖ: Wir haben keine Wunschzettel ausgegeben!) Ihr habt keine Wunschzettel ausgeben, aber ihr wart zu unserer großen Verwunderung schweigsam.

Wir haben versucht, unsere Wünsche einzubringen. Darunter befindet sich auch – und ich bin froh, daß alle Kollegen mitstimmen werden – der Wunsch nach Verankerung der Frau in der Verfassung. Das haben wir als Ziel angesehen.

Ich glaube, die Frauen müssen weiterkämpfen. Diese heutige Besprechung des Frauen-Volksbegehrens und der eingebrachten Entschließungsanträge ist für mich kein Schlußstrich. Denn Frauenpolitik besteht aus Kampf und Bewegung. Wir haben noch viele Ziele vor uns. Aber ich möchte sagen: Aufgrund der heutigen Debatte und der eingebrachten Entschließungs­anträge kann ich für mich und für die ÖVP eine gute Zwischenbilanz ziehen! (Beifall bei der ÖVP.)

20.53


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Madl. Freiwillige Redezeit­be­schränkung: 6 Minuten. – Bitte.

20.53


Abgeordnete Elfriede Madl¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Die Frau Bundesministerin hat den Saal verlassen. Ich verstehe sie, denn wenn ich vier Stunden lang das Versagen vor die Nase gehalten bekäme, würde es auch mir irgendwann einmal zuviel! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Gatterer! Es freut mich ungemein, daß die ÖVP in einigen Punkten endlich auf die Linie der Freiheitlichen eingeschwenkt ist. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Das ist nichts Neues!) Wahrscheinlich sind Sie endlich draufgekommen, daß die Ideen der Freiheitlichen wirklich gut sind und daß sie sich auch durchsetzen lassen.

Frau Kollegin Gatterer, wenn die ÖVP-Frauen fordern – lassen Sie sich nicht durch Herrn Feurstein ablenken! –, daß Kindererziehungszeiten pensionsbegründend sein sollen, dann muß ich Ihnen sagen: Lesen Sie im Stenographischen Protokoll die Rede meiner Kollegin Haller von heute mittag nach. Das hat nämlich sie gesagt, und Sie haben das nur nachgesagt! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich freue mich ungemein, wenn sich hier Ideen kumulieren, denn dann könnte für die Frauen wirklich einmal etwas herausschauen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) So ist es!

Und auch zwei, drei Forderungen, die Sie, Frau Kollegin Silhavy, gestellt haben, predigen wir Freiheitlichen schon seit Jahren ununterbrochen. Jetzt haben Sie das endlich auch ausgesprochen. Das freut mich! Das ist ein Erfolg! Es ist wahrscheinlich ein Erfolg für die Frauen. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

In der heutigen Ausgabe einer österreichischen Tageszeitung, und zwar im „Kurier“, lautet eine Headline: „Gen-Pflanz und Frauen-Frust“. – Das beschreibt treffend das Gefühl und die Situation, in der sich jene befinden, die sowohl das Gentechnik-Volksbegehren als auch das Frauen-Volksbegehren unterschrieben haben, denn sie können absolut nicht begreifen, warum diese Volksbegehren so wenig Wirkung hatten.

Die Frau Bundesministerin hat behauptet, daß uns die heute zur Abstimmung gelangenden zwölf Punkte schon ein Stück weiterbringen. – Das wird die Frauen nicht einmal ein kleines Stück weiterbringen! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Sie können nachher reden, Sie haben ohnedies genug Redezeit. Ihr Dreinschreien nützt nämlich gar nichts. Obwohl Sie eine so hohe Stimme haben, macht mir das gar nichts aus!

Die Bundesministerin hat gesagt, daß heute zwölf Punkte abgestimmt werden und daß dadurch etwas weitergebracht wird. – Null wird das weiterbringen, nichts! Aber was kann man von einer Frauenministerin verlangen, die in der oberösterreichischen Landesregierung Lan­desrätin war und die, als es um die Verteilung der Ressorts ging, das Frauenressort abgelehnt hat. Das Frauenressort, das sie jetzt unbedingt übernehmen mußte, ist halt ein unliebsames Ressort. In Oberösterreich mußte ein Mann das Frauenressort übernehmen – lesen Sie die Protokolle der Landtagssitzungen nach! (Abg. Dr. Mertel: Schauen Sie sich die Protokelle erst einmal selbst an!) Das hört die Bundesministerin natürlich nicht gern. Aber wir haben die Protokolle zu Hause, und jedes Mal, wenn sie versagt, wird sie das wieder hören. Nicht wahr, so war es doch, Frau Bundesministerin? – Es ist ein ungeliebtes Ressort, das Frauenressort! Sie haben es als Landesrätin von Oberösterreich abgelehnt, als man es Ihnen angeboten hat, nicht wahr? Darauf können Sie nichts erwidern! In Anbetracht dessen wundert es mich nicht, daß bei den frauenpolitischen Themen absolut nichts weitergeht.

Herr Kollege Maier hat heute gesagt, daß die gewählten Mandatare schließlich die Volks­vertreter sind und die Forderungen der Unterzeichner des Volksbegehrens nicht berücksichtigen müssen. Wenn die Sozialdemokratische Partei einen Abgeordneten hat, der so etwas im Zusammenhang mit dem Gentechnik-Volksbegehren behauptet, dann zeigt das, daß sie die Bürger wirklich nur als „Stimmvieh“ benützt. Die Bürger tun ihre Pflicht und Schuldigkeit bei den Wahlen, da werden sie vorher drei Monate lang betoniert, damit sie das Kreuzerl an der richtigen Stelle machen, und dann sollen sie wieder vier Jahre lang schweigen. – Das ist Ihr Verständnis von Demokratie und Ihr Verständnis eines Volksbegehrens! Da muß ich sagen: Die sozial­demokratische Fraktion hat sich heute im Zusammenhang mit dem Gentechnik-Volksbegehren entlarvt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich komme noch einmal auf etwas zurück, was heute schon ein paarmal angesprochen worden ist, nämlich auf Art. 7 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz. Frau Schaffenrath ist leider nicht mehr da. (Abg. Silhavy: Sie ist da!) Sie waren ganz erstaunt, weil wir heute gesagt haben, daß wir eine Verpflichtung zur tatsächlichen Gleichstellung haben wollen. – Wir haben unsere Meinung damals deswegen schriftlich deponiert, weil nur die Rede von einem Bekenntnis war. Und bevor man mit dem geplanten Bekenntnis in Abs. 2 den Abs. 1 des Art. 7 Bundes-Verfassungsgesetz derartig verwässert und fast aufhebt, ist es doch wirklich besser, wir belassen es so, wie es ist – es sei denn, es handelt sich um eine Verpflichtung. Darum, Frau Kollegin, haben wir in unserer schriftlichen Stellungnahme festgehalten, daß Art. 7 so bleiben soll, wie er ist. Denn er ist restriktiv genug, er muß nur exekutiert werden. So war es! (Abg. Schaffenrath: Zu dem Zeitpunkt, als Sie es abgelehnt haben, lag der Vorschlag der Koalitionsparteien noch gar nicht vor!) Es gab aber in den Medien schon diverse Signale, Frau Kollegin! Sie wissen, wie das läuft. Vor dem Ausschuß konnten wir all das schon den Zeitungen, der APA und der OTS entnehmen.

Die einzigen Änderungen, die den Frauen ein bißchen weiterhelfen, aber wirklich nur ein ganz ein kleines Stückerl, sind die Änderung des Mutterschutzgesetzes und die Änderung des Eltern-Karenzurlaubsgesetzes. An und für sich ist das aber nur ein ganz kleiner Schritt.

Allerdings kann ich es schon gar nicht mehr hören, wenn von „ganz kleinen Schritten“ die Rede ist. Warum unternimmt man nicht gleich einen großen Schritt, der jenen Frauen, die nach der Karenzzeit wieder ins Berufsleben zurückkehren wollen, wirklich eine große Chance gibt? Die heutige Änderung bedingt ja nur, daß sie kurzfristig – 16 Tage lang – innerhalb des Mutter­schutzes die Geringfügigkeitsgrenze monetär überschreiten dürfen. – Warum nur kurzfristig? Warum nimmt man nicht die gesamte Karenzzeit von eineinhalb Jahren her und teilt die Zeiten, in der eine Frau mehr gearbeitet hat, auf die eineinhalb Jahre auf? Das wäre vernünftig! Das würde den Frauen zum Beispiel die Chance geben, eine dreiwöchige Urlaubsvertretung zu machen. Das würde den Frauen die Chance geben, in ihrem Betrieb, in den sie wieder zurück­kehren werden, einmal eine Krankenvertretung zu übernehmen. Das geht jedoch nicht, weil eine Überschreitung nur bis zu 16 Tagen möglich ist. Und darum bringen wir Freiheitlichen einen Antrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Madl, Aumayr, Haller, Dr. Povysil, Dipl.-Ing. Schöggl betreffend praxis­gerechte Begrenzung von Nebeneinkommen bei Karenzgeldbezug, eingebracht am 16. April im Zuge der Debatte des Berichtes und Antrages des Gleichbehandlungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 und das Eltern-Karenzurlaubsgesetz geändert werden (1116 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat binnen drei Monaten einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der im Karenzgeldgesetz eine Durchrechnung der Einkommensgrenzen über den gesamten Zeitraum des Karenzgeldbezuges vorsieht.“

*****

Das würde den Frauen ein bißchen weiterhelfen. (Beifall bei den Freiheitlichen)

21.01


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Der soeben von Frau Abgeordneter Madl vorgetragene Ent­schließungsantrag wurde geschäftsordnungsgemäß überreicht, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Konrad. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minu­ten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.01


Abgeordnete Dr. Helga Konrad¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Madl! Ihr Vorsitzender, der jetzt zwar nicht da ist, hat einmal ein frauenpolitisches Bekenntnis abgegeben, indem er gesagt hat, es gibt in jeder Beziehung einen führenden Teil und einen dienenden Teil. – Und mit dem dienenden Teil sind natürlich die Frauen gemeint! (Abg. Aumayr: So ein Blödsinn!) Ich halte das auch für einen Blödsinn! Da haben Sie recht! Ich halte das für einen ausgesprochenen Blödsinn! (Beifall bei der SPÖ.) Das sollten Sie zu gegebener Zeit, vielleicht auch öfters, Ihrem Vorsitzenden sagen! (Abg. Aumayr: Belegen Sie das!)

Das heißt, Sie und leider Gottes auch die anderen Frauen von der FPÖ versuchen, die Frauen für dumm zu verkaufen. (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Die Frauen merken das aber längst! Dennoch möchte ich hier noch einmal deutlich sagen, daß Sie zu fast allen Punkten des Frauen-Volksbegehrens nein gesagt haben und das dann als frauenpolitische Maßnahme verkaufen wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Aumayr: Was haben denn die Männer von Ihrer Partei mit Ihnen gemacht? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich weiß schon, daß Sie das nicht gerne hören. Sie sind gegen Frauenförderung, wenn es konkret wird. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl.) Sie sind gegen konkrete Maßnahmen, wenn es darum geht, daß auch für Frauen Beruf und Familie vereinbar sein sollen. Sie sind gegen die Eigenständigkeit von Frauen. Darum geht es heute aber nicht, sondern es geht heute um Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern. Das wollen wir heute hier diskutieren! (Abg. Aumayr: Um welche Maßnahmen geht es? Nennen Sie mir eine einzige! – Zwischenruf des Abg. Ing. Nußbaumer.  Weitere Zwi­schenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich glaube Ihnen, daß Sie nicht wissen, um welche Maß­nahmen es geht. Es geht um die Maßnahmen, die im Frauen-Volksbegehren aufgelistet sind. Um diese Maßnahmen geht es!

Meine Damen und Herren! Ich muß sagen, wenn es das Frauen-Volksbegehren vor einem Jahr nicht gegeben hätte (Abg. Aumayr: Warum sind Sie nicht mehr Frauenministerin?) – das ist ohnedies schade (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen) –, dann würde sich das Parlament nicht so intensiv mit Gleichstellungsmaßnahmen beschäftigen, wie es jetzt geschehen ist. Für viele war das sicher eine Nachhilfe in Fragen der Gleichstellung von Frauen und Männern. Wenn auch Sie das so genützt haben – umso besser!

Die geforderten Maßnahmen, mit denen wir uns beschäftigen, sind allerdings nicht erst ein Jahr alt, und diese Maßnahmen wurden auch nicht überraschend gefordert. Sie kommen nicht aus dem Nichts. Ich darf daran erinnern, daß vor sieben Jahren das erste Gleichbehandlungspaket geschnürt worden ist. Das ist bereits sieben Jahre her! Damals haben sich Frauen aus etlichen Fraktionen zusammengefunden und haben dieses Paket gemeinsam geschnürt, nämlich die Sozialdemokratinnen, ÖVP-Frauen und Grüne.

Da Sie das erwähnt haben: Auch in meiner kurzen Zeit als Frauenministerin wurde ein Paket auf den Tisch gelegt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir waren sehr froh darüber, daß Ihre Amtszeit kurz war!) Ja, sie war etwas kurz, aber ich freue mich trotzdem, wenn Sie froh sind! – Dieses Paket beinhaltete genau die Forderungen, die wir heute wieder diskutieren. Es ging auch damals und in all den Folgejahren um die Forderung, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Män­nern als Staatsziel in der Verfassung festzuschreiben. Es ging um konkrete Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern für Frauen erleichtern oder überhaupt möglich machen sollen. Es ging um Modelle zur eigenständigen Existenzsicherung für Frauen, und es ging um konkrete Vorschläge zur Novellierung der einschlägigen Gleichbehandlungsgesetze.

Im Frauen-Volksbegehren wurden diese wichtigen Forderungen erneut gebündelt, und das Ergebnis des Frauen-Volksbegehrens zeigt, daß sehr viele Frauen und auch Männer einen merkbaren Fortschritt in Sachen Gleichstellungspolitik gutheißen und fordern, ja mehr noch: für dringend notwendig halten und von uns erwarten.

Heute, nach intensiven Verhandlungen im Unterausschuß und im Gleichbehandlungsausschuß, stehe ich nicht an zu sagen, daß einige von uns bedauern, daß das Ergebnis dieser Verhand­lungen so ausschaut, wie es eben ausschaut. Wir Sozialdemokraten und vor allem wir Sozial­demokratinnen hätten uns ein anderes Ergebnis gewünscht. Wir hätten uns einen großen frauenpolitischen Wurf gewünscht, mit welchem den Frauen tatsächlich mehr Rechte gegeben und mehr Möglichkeiten eröffnet werden. Wir hätten uns einen großen Wurf gewünscht, der uns einer tatsächlichen Geschlechterdemokratie nähergebracht hätte.

Ich bedauere und viele von uns bedauern es, daß das Ergebnis nur der mögliche Kompromiß mit unserem Koalitionspartner war. Daher möchte ich abschließend zu den Frauen von der ÖVP sagen, daß ich mir eigentlich nicht vorstellen kann, daß sie mit dem, was herausgekommen ist, wirklich zufrieden sind und daß sie meinen, daß das schon alles gewesen sein kann.

Wir Sozialdemokratinnen werden die Forderungen des Frauen-Volksbegehrens jedenfalls nicht ad acta legen. Wir haben Anträge eingebracht, und wir werden intensiv in Richtung Gleich­stellung der Geschlechter weiterarbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

21.07


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier zu Wort. Herr Abgeordneter, die Redezeit, die Ihrem Klub zur Verfügung steht, beträgt 16 Minuten. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten ein. – Bitte.

21.07


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Konrad hat ihre Rede mit einem bemerkenswerten Satz geschlossen. Sie hat, wenn auch aus ihrer Sicht verständlich, eingeräumt, daß das Frauen-Volksbegehren an dieser Bundesregierung gescheitert ist. Sie hat zwar erklärt warum und aufgrund welcher Mechanik, aber an dieser Bundesregierung ist es gescheitert, denn wenn in dieser Bundesregierung kein Kompromiß möglich war, der näher an die Forderungen des Frauen-Volksbegehrens herankommt als das, was hier vorgelegt wird – daß diese §-27-Anträge erbärmlich sind, wissen Sie genau –, dann ist diese Bundesregierung gescheitert, und Sie, Frau Kollegin Konrad, stehen mit in der Gesamthaftung für das Ergebnis. Auch wenn ich Ihnen persönlich glaube, daß Sie dies oder jenes persönlich anders gemacht hätten, hilft Ihnen das nichts. Wenn Sie mit einem solchen Partner regieren, dann haben Sie die Gesamthaftung zu tragen. So ist das!

Wir als oppositionelle Liberale sagen Ihnen, daß wir die Fragen des Frauen-Volksbegehrens selbstverständlich auch nicht von der Agenda nehmen. Wir werden vielmehr die Gangart verschärfen, insbesondere nachdem uns heute am Beginn der Debatte zwei Bundesministerin­nen vorgeführt haben, was sie von parlamentarischen Usancen halten. Besonders bemerkens­wert war das bei Frau Bundesministerin Gehrer, die bei den gesamten 35 Beratungsstunden in den Ausschüssen keine einzige Minute anwesend war, hier eine vergleichsweise überflüssige Wortmeldung abgegeben und sich dann gleich wieder entfernt hat. In der Debatte hat sie ihre Wortmeldung im übrigen damit begründet, daß sie in die Diskussion eingreifen will. Dazu kann ich sagen: Wenn jemand in die Diskussion eingreift, indem er ein Statement abgibt und sich dann verdrückt, dann sagt das alles über seine politische Gesinnung aus! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das war ein schwerer politischer Fehler, auf den wir bei jeder passenden Gelegenheit wieder zu sprechen kommen werden, denn so lassen wir mit uns nicht umgehen! Das ist nicht notwendig, noch dazu, da die Fragen, um die es geht, brennend sind. Gleichstellung und Gleichbehandlung sind Fragen von eminenter Bedeutung für eine emanzipatorische, für eine demokratische Gesellschaft, für eine Gesellschaft, die wirklich ernst macht mit der Menschenwürde.

Daher bedarf es einer Totalreform. Denn solange wir eine männerzentrierte Arbeitswelt und ein aus dieser männerzentrierten Arbeitswelt abgeleitetes Sozialsystem haben, können wir kosme­tisch einiges tun, aber keine Trendwende schaffen. Daher brauchen wir einen Paradigmen­wechsel in diesem Zusammenhang. Die eigenständige Altersabsicherung der Frau zum Beispiel müßte eine Selbstverständlichkeit sein, ohne daß die vorherige Karriere angerechnet wird – ich meine im negativen Sinn, denn wenn sie positiv ist, wird sie ohnehin angerechnet. Wenn sie in dieser männerzentrierten Arbeitswelt nicht positiv ist, wird sie nicht angerechnet. Das Ergebnis ist bekannt.

Deswegen treten wir für den Ansatz der Grundsicherung ein und nicht deshalb, weil wir der Meinung sind, daß das das einzige und ausschließliche Mittel ist, die emanzipatorische Frage zu lösen. Aber es wäre ein Hebel, die anderen notwendigen Fragen im Bereich einer wirklichen Gleichstellung und Gleichbehandlung zu bewegen.

Daß wir auch in der Frage der Pensionsreform wieder nichts für die eigenständige Absicherung der Frau geleistet haben, sondern ganz im Gegenteil mit einer Bestimmung im Verfassungsrang die Angleichung des Pensionsantrittsalters auf das Jahr 2018 verschoben haben, weil offenbar die Bundesregierung selber weiß, daß frühestens im Jahr 2018 Erfolge zu erwarten sind, was die Gleichstellung in der Arbeitswelt anlangt, spricht Bände.

Es ist meiner Ansicht nach richtig, daß am Beginn der siebziger Jahre, in der frühen Ära Kreisky, manches gelungen ist – die Familienreform etwa wurde genannt –, aber wenn sich heute Bundesministerin Prammer auf Erfolge der ersten Hälfte der siebziger Jahre beruft, dann ist das einfach zuwenig. Die Erfolge sind schön, aber wir schreiben 20 Jahre und mehr später.

Daher erlauben Sie mir zum Abschluß noch zwei Bemerkungen zu den von mir schon vorher erwähnten §-27-Anträgen. Wenn Sie zum Beispiel das Mutterschutzgesetz und das immer noch „Eltern-Karenzurlaubsgesetz“ genannte Gesetz nur deswegen novellieren, weil Sie im Dezem­ber 1997 vergessen haben, daß diese beiden Paragraphen an das, was im Dezember 1997 beschlossen wurde, angepaßt werden müssen, und das dann als „Reform“ bezeichnen, so ist das erbärmlich, wirklich erbärmlich. Und wenn im Arbeitsverfassungsgesetz ein neuer § 92b eingefügt wird, in dem etwas drinnen steht, was Betriebsräte auch bisher schon immer hätten machen dürfen, dann ist das auch nicht wirklich sehr erfreulich, sondern bestenfalls etwas demonstrativ-plakativ Lustiges.

Aber auch mit dem § 92b werden Sie die männerzentrierte Arbeitswelt nicht ändern, denn wenn die Betriebsräte Vorschläge machen, noch bevor die Neubewertung der Arbeit als Vorleistung erbracht wurde, werden diese Vorschläge in den Betrieben versickern. Wenn hingegen die Neu­bewertung der Arbeit geleistet würde – einer unserer Anträge übrigens –, dann hätten solche betrieblichen Vereinbarungen eine Chance.

Immer das erste zuerst, das zweite danach! Ich bitte Sie, denken Sie darüber nach! Das Thema bleibt auf der Agenda. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

21.13


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Steibl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

21.13


Abgeordnete Ridi Steibl¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem Fax beginnen, das von einem Frauenverein aus Vorarlberg abgeschickt wurde. (Die Rednerin hält ein Blatt Papier in die Höhe, auf dem eine alte, Grimassen schneidende Frau abgebildet ist.) Ich glaube, dieses Bild allein zeigt, wie diskri­minierend Frauen miteinander umgehen. Dieser Frauenverein wird noch von der öffentlichen Hand, sprich aus Mitteln des Frauenministeriums, gefördert. Das Bild dieser alten Frau allein zeigt meiner Meinung nach, daß von der vielzitierten Frauensolidarität nicht sehr viel vorhanden ist. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Mertel und Schaffenrath.) Guten Morgen! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Schaffenrath.) Ich glaube, daß das nicht notwendig ist. Man soll sich das einmal genau anschauen und einmal darüber nachden­ken, welche Frauengruppen welche Absicherung brauchen, meine Kolleginnen aus dem LIF. (Beifall bei der ÖVP.) Man sollte dem nicht soviel Beachtung schenken, es aber trotzdem erwähnen. (Abg. Dr. Mertel: Aber Sie haben unsere Beachtung darauf gezogen! Ich mache Sie darauf aufmerksam!)

Ich möchte nun auf den Punkt 1, Frauenförderung in den Betrieben, eingehen. In dieser Frage hätte von seiten der SPÖ schon lange etwas geschehen können, denn Johanna Dohnal, seit 1979 Staatssekretärin für Frauen – die erste überhaupt –, hat im Jahr 1991 mit der Initiative „Frauen 2000“ begonnen. Damals hat sie mich persönlich darum gebeten, mit meiner Initiative zur Frauenförderung und Chancenverbesserung in Betriebe zu gehen. Es gibt einen Tätig­keitsbericht aus dem Jahr 1994, mit dem diese Initiative abgeschlossen wurde, wobei Frau Johanna Dohnal als Begründung dezidiert gesagt hat, es sei politisch damit nicht viel zu holen.

Der Tätigkeitsbericht umfaßt Öffentlichkeitsarbeit, Referenzunternehmen und Weiterentwicklung der Organisationsstruktur in der Initiative. Ich glaube, das war zuwenig. Denn die ÖVP bekennt sich klar und deutlich zu dem Ziel, daß Frauen in allen hierarchischen Ebenen im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft vertreten sind und vertreten sein müssen. Wir wissen, daß zwar die formale Gleichstellung der Frauen vor dem Gesetz gegeben ist, aber auch, daß Grundvoraussetzungen für jede Veränderung im Sinne dieses Gesetzes notwendig sind. Eine davon ist die Problemwahrnehmung.

Eine passende Patentlösung gibt es nicht. Das weiß auch die Frau Ministerin. Ich durfte einmal bei einer Verhandlung in kleiner Runde dabei sein, und dort war die Tendenz und der Umgang miteinander ganz anders, als wir das danach in den Medien gehört haben. Auf einmal waren wir diejenigen, die alles verhindern. Wer verhindert etwas, wenn klare, wichtige Vorgaben existieren, die dann auch umgesetzt werden können? – Wir von der ÖVP sicher nicht!

Deshalb ist jene Initiative, wonach die Betriebsinhaber verstärkt verpflichtet werden, mit dem Betriebsrat Frauenförderpläne abzusprechen, und umgekehrt die Betriebsräte die Verpflichtung haben, Frauenförderpläne einzufordern, für uns ein wichtiger Punkt. Es ist ein weiterer Schritt und auch eine Herausforderung für die Betriebsräte. Ich denke mir, die Gewerkschaft könnte sich verstärkt dafür einsetzen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Das mußt du dem Mühlbachler auch bestellen!)

Liebe Frau Kollegin Heidrun Silhavy! Für eine Frauenvorsitzende oder eine Gewerkschafts­sekretärin ist das ein breites Feld der Betätigung. Ich freue mich auf all jene Betriebsräte, die sich nun für Frauenförderpläne in den Betrieben einsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte noch folgendes erwähnen: Die Grünen haben einen Antrag eingebracht, daß das Bundesvergabegesetz geändert werden soll, und zwar in der Weise, daß Unternehmen, die Frauenförderprogramme anwenden, bei der Vergabe berücksichtigt werden. Dieses Kriterium, schreiben sie, könnten sowohl inländische als auch ausländische Unternehmen erfüllen. Daher wäre es europarechtskonform.

Das stimmt nicht ganz. Ich habe hier ein Gutachten vom Verfassungsdienst der Steiermark, in dem das dezidiert widerlegt wird. Darin heißt es auch ganz konkret, daß es um die Wett­bewerbsfähigkeit und auch um die sozialen Komponenten geht. Genau das müssen wir beachten und den praktischen Weg einschlagen. Diesen praktischen Weg gibt es schon seit langem. Wir werden ihn mit dieser Gesetzesänderung noch verbessern und hoffen, daß er viele, viele Betriebe in Richtung Frauenförderprogramme führt.

Interessant ist auch, daß die Frauensekretärin der GPA, Sandra Frauenberger, in einem Artikel schreibt, Chancengleichheitsprogramme setzten auf eine gezielte, unternehmensspezifische Personalplanung und -politik mit dem Ziel, breitere Personalressourcen zu nutzen. Für Chancen­gleichheitsmaßnahmen gebe es jedoch kein Patentrezept. Sie sagt damit aus, daß es nicht unbedingt ein verfestigtes Gesetz sein muß, denn ein Gesetz bedeutet, daß auch die Arbeit­nehmerin keine Möglichkeit hat, diese Frauenförderpläne flexibel zu handhaben.

Es ist weiters interessant, daß die Frauenministerin ab 1999 in allen SPÖ-Ressorts die Vergabe an eben diese Vorgabe koppeln will. (Abg. Dr. Mertel: Was ist daran schlecht?) Ich bin schon sehr gespannt darauf, wie das dann im Frauenministerium durchgeführt wird, denn dann müßten alle Frauenprojekte einmal klar deklarieren, welche Frauenförderprogramme oder Chancengleichheitsprogramme sie haben. Und es kommt noch etwas Besseres hinzu: daß es uns damit endlich einmal gelingt, zu erfahren, welche Projekte wirklich gefördert werden. Denn bei der letzten Anfrage zum Budget – dafür danke ich meiner Kollegin Apfelbeck aus der Steier­mark – ist das nicht möglich gewesen.

Da ich die Frau Ministerin als eine sehr vernünftige Frauenministerin schätze, bin ich sehr verwundert darüber, daß sie – das hat meine Kollegin Bauer schon erwähnt – so „unrund“ schreibt, sie werde Firmen, die Frauen unterstützen und entsprechende Programme einbringen, zusätzlich finanzieren.

Liebe Frau Ministerin! Ich habe hier über 400 Adressen von Betrieben aus der Steiermark, aus Niederösterreich und aus Wien – Vorarlberg folgt in der nächsten Zeit –, die speziell diese Programme bereits haben. (Abg. Dr. Mertel: Aus Kärnten haben Sie nichts?) Ich wünsche mir, daß Sie aus diesen vier Bundesländern jeweils einen Betrieb herauspicken und diesen dann auch mit Ihren Fördermitteln unterstützen. Wir haben in dieser Richtung schon sehr viel getan, und ich bin sehr stolz darauf, daß wir speziell mit unserer Initiative „Taten statt Worte“, von der ich anfangs schon gesprochen habe, Vorfeldarbeit in bezug auf Frauenförderprogramme und Chancengleichheit in den Betrieben geleistet haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin auch sehr stolz darauf, daß Herr Bundesminister Bartenstein dieses österreichische Audit für familienfreundliche Arbeitswelt einberuft, daß österreichweit zehn Betriebe eine Paten­tierung dazu anstreben und daß es in der nächsten Zeit österreichweit einen Bundeswettbewerb für frauen- und familienfreundliche Betriebe geben wird.

Man muß sich das alles sehr genau anschauen, und ich kann Ihnen auch noch ein Handbuch mitgeben – es gibt auch eines seitens der Gewerkschaft –, das Ihnen sicher gute Dienste für die von Ihnen angestrebten Frauenförderpläne leisten wird. Ich denke, daß wir mit dem Ergebnis des Frauen-Volksbegehrens auf einem guten Weg sind. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit – und das nach 21 Uhr. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Steibl überreicht Bundesministerin Mag. Prammer das in der Rede erwähnte Handbuch.)

21.21


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Khol: 10 Minu­ten ist sehr lieb!)

21.21


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits¦ (Grüne): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich mit meinen eigentlichen Aus­führun­gen beginne, muß ich eine mir durchaus sympathische, willkommene, aber doch Pflicht­übung erfüllen. Kollege Öllinger hat zwar 15 Minuten lang einen Abänderungsantrag begründet, und es haben ihm auch alle aufmerksam gelauscht, aber er hat ihn formal nicht verlesen. Das muß ich jetzt nachholen. (Abg. Tichy-Schreder: Das ist typisch! Was die Männer vernach­lässigen, müssen die Frauen nachholen!)

Meine Damen und Herren! Diesen Abänderungsantrag kann ich Ihnen wirklich nur wärmstens ans Herz legen. Es geht darin um die eigenständige Väterkarenz, ein Anliegen, das – dabei schaue ich nun nicht die Frauen an – in erster Linie die männlichen Mitglieder des Hohen Hauses stark vertreten sollten. Ich freue mich, daß ich einer Fraktion angehöre, die einen solch intensiven Fürsprecher hat. Bei den anderen vermisse ich das.

Der Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander, Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde zum Antrag des Gleichbehandlungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 und das Eltern-Karenzurlaubsgesetz geändert werden (1116 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Dem § 2 Abs. 3 im Artikel II des Entwurfs (Änderung des Eltern-Karenzurlaubsgesetzes) – es heißt immer noch „Urlaub“; was da Urlaub sein soll, frage ich mich – wird folgender neuer § 2 Abs. 1 vorangestellt:

„Dem männlichen Arbeitnehmer ist auf sein Verlangen ein Urlaub gegen Entfall des Arbeitsentgeltes (Karenzurlaub) bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres seines Kindes zu gewähren, wenn er mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt und das Kind überwiegend betreut.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß Ihnen sagen, es grenzt geradezu an Absurdität, wenn man aus der Realität des Lebens heraus diese gesetzlichen Bestimmungen fordern muß – wobei ich nichts kritisiere, was es bisher in Österreich an Sozialleistungen bezüglich Kindern oder Karenzzeit für Mütter und auch für Väter gibt; ich möchte es erst recht nicht in Frage stellen, aber ich halte alles für ausbauwürdig beziehungsweise sehr ausbau­trächtig –, weil wir immer noch in einem Land leben, wo beispielsweise ein berufstätiger Vater keine Karenzzeit mit seinem im gemeinsamen Haushalt lebenden Kind verbringen kann, wenn nicht – und das ist halt versicherungsmathematisch, ‑technisch und gesetzlich so – die Mutter dieses Kindes einen eigenständigen Anspruch hat. Das ist – da kann man mir lang und breit erklären, daß das versicherungstechnisch nicht anders möglich ist – genau ein Beispiel dafür, wie die faktische Gleichstellung von Frauen absolut wissentlich und willentlich vom Gesetzgeber hintertrieben wird.

Meine Damen und Herren! Anhand der Punkte des Frauen-Volksbegehrens – ich möchte sie jetzt nicht noch einmal aufzählen, sie sind ja heute mehrfach aufgezählt worden – möchte ich die vielen von Ihnen noch gut bekannte, leider aus dem Nationalrat ausgeschiedene Kollegin Christine Heindl, die vier Jahre unsere Frauensprecherin war, zitieren.

Es gab im Nationalrat, als ich ebenfalls schon Abgeordnete war, einen meiner Ansicht nach denkwürdigen Tag, und ich glaube, daß sich gerade die Damen des Hauses, die damals auch schon hier waren, sehr positiv daran erinnern werden. Es war der 1. Dezember 1992, als das sogenannte Gleichbehandlungspaket in diesem Haus zur Diskussion stand und dann auch beschlossen wurde. Damals hat Christine Heindl in durchaus ernsthafter Absicht ihre, wie sie es genannt hat, zehn Gebote für Politikerinnen formuliert und Ihnen kundgetan.

Diese zehn Gebote für Politikerinnen möchte ich jetzt noch einmal anführen, um sie auch den Initiatorinnen des Frauen-Volksbegehrens zur Kenntnis zu bringen. Es ist zwar nur mehr, wenn ich das richtig sehe, eine von ihnen anwesend, aber es wird ja alles sozusagen für die Ewigkeit im Stenographischen Protokoll festgehalten, und man kann es dann verbreiten.

Christine Heindl hat damals an uns Politikerinnen gerichtet folgende Gebote aufgestellt:

„Erstens: Du sollst Frauenkoalitionen bilden.“

Das haben die Initiatorinnen getan. Über Parteigrenzen, über ideologisch festgefahrene Grenzen hinweg haben sie sich zusammengeschlossen und das Heft in die Hand genommen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Geh!) Ich habe, da ich an vielen ihrer Veranstaltungen teilgenommen und viele kennengelernt habe, bemerkt, daß die Frauen, die sich engagiert haben, sehr wohl aus sehr unterschiedlichen weltanschaulichen Lagern gekommen sind. – Dieses Gebot haben sie also erfüllt. Sozusagen ein Pluspunkt.

„Zweitens: Du sollst deine Frauenkoalitionen nicht vergessen.“

Das ist etwas, was nicht zutrifft. Ganz schnell wurden die Frauenkoalitionen vergessen, aber nicht von den Initiatorinnen, sondern von den VolksvertreterInnen. Denn – heute ist schon so oft gesagt worden, man solle doch frauensolidarisch sein; auch ich habe es als nicht sehr frauen­solidarisch bezeichnet, als sich Frau Ministerin Prammer und Frau Ministerin Gehrer zu Wort gemeldet haben – das Ergebnis, meine Damen und Herren, das herausgekommen ist, obwohl es eine so breite Frauenkoalition gegeben hat, das Ergebnis, das nun zur Umsetzung gelangt, ist ja wirklich ein Klacks. So schnell war eine Koalition vergessen. (Abg. Dr. Mertel: Klax.max!)

Das dritte Gebot, das Christine Heindl damals aufgestellt hat, lautete:

„Drittens: Du sollst Gleichbehandlungsvorhaben langfristig planen, damit das Versteckspiel der Kompetenzunzuständigkeiten nicht deine Forderungen vernichtet.“

Bei den Kompetenzen hat es seit 1992 einen für mich sichtbaren Entwicklungsschritt gegeben. Aber er war so klein, daß er sich nun in einer positiven Frauenkoalition im Ergebnis in keinem Punkt so ausgewirkt hat, wie es den Intentionen entsprochen hätte.

Der vierte Punkt, ein sehr wesentlicher für die künftigen Generationen der Frauen, lautet:

„Viertens: Du sollst die Umsetzung aller Frauenforderungen kurzfristig durchführen, damit nicht jede neue Frauengeneration neu eingeschult werden muß.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn das Hohe Haus die Forderungen des Frauen-Volksbegehrens mit jener Geschwindigkeit, die wir nun beim Frauen-Volksbegehren erlebt haben, umsetzt, dann, bitte schön, wird noch die siebente und achte und zwölfte Frauen­generation nach uns, die wir in diesem Haus sitzen, mit der Umsetzung dieser auf breiter Frauenkoalition aufgestellten Forderungen beschäftigt sein. Also: Null erfüllt.

Nächstes Gebot:

„Sechstens: Du sollst die Männer nicht von Kindern und Geschirr fernhalten, damit sie das Glück der Windeln und Teller erleben können.“

Genau das geschieht aber in der Realität. Ständig werden Männer von Windeln und Geschirr ferngehalten und können so nicht das Glück der Windeln, der Teller und des Geschirrs erleben. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Der Bruno soll auch etwas machen!) Aber das machen nicht die so­genannten integren, netten und adretten Frauen und Damen, die sich eben nicht mit den mittler­weile schon pejorativ gewordenen Bezeichnungen Feministin, Emanze und so weiter abkanzeln lassen, sondern wer macht es? – Wir machen es! Wir Frauen im Hohen Haus leisten dem Vorschub, daß Männer von Tellern, Geschirr, Windeln und Kindern ferngehalten werden, weil wir genau jene positiven Maßnahmen, die zur Frauenförderung notwendig wären, nicht setzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Nächstes Gebot, das Christine Heindl damals aufgestellt hat:

„Siebentens: Du sollst Frauen besonders fördern, damit sie durch positive Aktionen die gleichen Startbedingungen wie Männer erhalten.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe zu, daß mit der Änderung der Bundes­verfassung, mit der Novelle zum Artikel 7, ein Versuch in diese Richtung gestartet wurde (Abg. Scheibner: Wer hat denn die Heindl abgesagelt?), aber ein meiner Ansicht nach völlig untauglicher. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wollten nicht Sie die Nachfolgerin der Frau Heindl wer­den?) Es ist ein völlig untauglicher Versuch, meine Damen und Herren, denn wenn man sich nicht einmal, obwohl es eine ganz glatte Mehrheit hier im Haus dazu gibt, zum Wort „ver­pflichten“ entschließen kann, sondern bei „Bekenntnissen“ bleibt – was ist von solchen Geboten dann tatsächlich zu halten? (Abg. Scheibner: Die Frau Heindl war nicht sehr begeistert!)

Das nächste und letzte Gebot, das Ihnen Christine Heindl damals auf den Weg mitgegeben hat, lautet:

„Zehntens: Du sollst nun endlich nach 10 Jahren die positive Diskriminierung in der Verfassung absichern, damit dir diese Maßnahmen nicht wieder durch neue ,Männererkenntnisse‘ entzogen werden.“

Ich habe noch bis vor sehr, sehr kurzer Zeit gehofft, daß sich dieses Gebot von Christine Heindl als einziges nun – immerhin schon sechs Jahre später – in die Wirklichkeit wird umsetzen lassen, aber es ist das passiert, was ich, die ich immer noch den Glauben an Grundsätze, vor allem auch an Grundsätze der Sozialdemokratie habe, nicht erwartet hätte: Die Damen und Herren Abgeordneten der SPÖ haben genau das gemacht, was sie ohnehin schon in zig anderen Fällen getan haben: Sie haben sich von ihrem kleinen Koalitionspartner schlicht und einfach unterbuttern lassen. Nichts ist herausgekommen! Überall wurde nachgegeben! Es gibt kein konkretes Ergebnis, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Daher – das zum Schluß, da die Zeit eilt – wird es weiterhin so sein, daß, entgegen den Vor­schlä­gen meiner Kollegin Doris Pollet-Kammerlander, die einen Entschließungsantrag einge­bracht hat, sprachliche Diskriminierungen nicht abgeschafft werden (Abg. Schieder – da das Licht beim Rednerpult leuchtet –: Was ist denn das für ein Licht?) und personenbezogene Bezeichnungen geschlechtsneutral oder männlich oder weiblich – je nachdem, wie es paßt, wie es sprachlich und auch gesetzes- und verwaltungstechnisch möglich wäre – nicht verpflichtend vorgeschrieben werden. (Abg. Schieder: Ist das freiwillige Redezeit?)

Nichts davon ist passiert! Die Passage ist immer noch schwammig, nichtssagend und so, daß man gerade noch ein bißchen den Schein wahrt. Außerdem steht drinnen, es können diese Formen verwendet werden. Darum werde ich, wenn ich mich an die Frau Landeshauptfrau Klasnic in der Steiermark wenden möchte, immer noch das Problem haben, wie ich sie brieflich anspreche. Schreibe ich „Sehr geehrter Herr Landeshauptmann“ oder „Sehr geehrte Frau Landeshauptmann“ oder etwa „Sehr geehrte Herr Landeshauptmann“? (Abg. Dr. Krüger: Das sind die wahren Probleme! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Wischiwaschi, das immerhin die Bun­desverfassung ändert, werden Sie mir keine Lösung für mein Dilemma bieten. Und auch wenn es die Frau Landeshauptfrau der Steiermark möglicherweise nicht stört, daß sie nach dem Gesetz ein Mann ist (Abg. Scheibner: Fragen Sie einmal die Leute, ob sie das interessiert?), so gibt es hoffentlich bald andere Landeshauptfrauen, die das sehr wohl stört. Vielleicht gehören diese dann einer Fraktion an, die einen gewissen Druck in diese Richtung macht. (Abg. Dr. Puttinger: Fragen Sie die Österreicher, ob sie das interessiert?) Das macht mir noch etwas Hoffnung!

Den Initiatorinnen des Frauen-Volksbegehrens möchte ich sagen: Bitte, geben Sie schlicht und einfach nicht auf! Der lange Atem und der Glaube an das aufklärerische Moment der Politik soll Ihnen nicht verlorengehen, auch nicht angesichts eines so mageren Ergebnisses! (Beifall bei den Grünen.)

21.34


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Der Abänderungsantrag, den Frau Abgeordnete Mag. Stoisits am Beginn ihrer Ausführungen vorgetragen hat, ist geschäftsordnungsgemäß unterstützt über­reicht worden und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. 5 Minuten freiwillige Redezeit­beschrän­kung. – Bitte.

21.35


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter¦ (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Präsi­dent! Meine Damen und Herren! Ich werde, ähnlich wie meine Vorrednerin, in meinem Beitrag auch einige Punkte aufzählen, die mir im Zusammenhang mit dem Volksbegehren und der Frauenpolitik wichtig sind. Mit dem Problem „Landeshauptmann oder Landeshauptfrau“ werde ich mich allerdings nicht beschäftigen. Diesen Punkt halte ich für nicht so wichtig. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Stoisits: Du bist ja auch einer davon! Das ist eindeutig!)

Mein erster Punkt, meine Damen und Herren: Es gibt winzige Fortschritte – in Spurenelementen erkennbar, mehr ist das nicht –, so etwa die Änderung beim Mutterschutzgesetz und beim Eltern-Karenzurlaubsgesetz sowie bei der betrieblichen Förderung von Frauen. Man muß zur Kenntnis nehmen, daß es Gesetzesänderungen sind, die Verbesserungen bringen, aber mehr ist das, wie gesagt, nicht.

Was die Verfassungsbestimmung betrifft, muß ich sagen, daß der Antrag 497/A der SPÖ wirkliche Qualität hätte. Es tut mir sehr leid, daß es zu dieser Verfassungsbestimmung kommt. Sogar die Materie setzt sich zur Wehr und leistet Widerstand. Es hat sich ein Formfehler eingeschlichen, sozusagen als stummer Protest. Ich bringe daher folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Hlavac, Mag. Dr. Fekter und Genossen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Gesetzesantrag in 1114 der Beilagen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, wird wie folgt geändert:

1. Im Eingangssatz lautet das Zitat statt „BGBl. I Nr. 87/1997“ „BGBl. I Nr. 30/1998“.

2. In Z 1 ist im ersten Satz des Art. 7 Abs. 3 das Wort „bringen“ durch „bringt“ zu ersetzen.

3. Z 2 lautet:

„2. Der bisherige Abs. 2 erhält die Bezeichnung „4“.

*****

Erstens: Das sind also Minimalfortschritte; das muß man zur Kenntnis nehmen.

Zweitens: Die SPÖ ist nicht zufrieden – nicht mit den Minimalergebnissen und schon gar nicht mit den sich verschärfenden Belastungen für Frauen in der Arbeitswelt und generell.

Drittens: Die SPÖ will eine moderne und fortschrittliche Frauen- und Gleichberechtigungspolitik und dokumentiert das auch in den SPÖ-Anträgen. Die SPÖ wird die ÖVP drängen und nicht nachlassen.

Viertens: Die SPÖ wird in ersten Lesungen zu diesen Anträgen ganz klar Partei ergreifen für die Frauen und ganz klar die politischen Ziele der SPÖ verdeutlichen.

Fünftens: Angesichts der Unzufriedenheit der SPÖ, der Anträge der SPÖ und der ersten Lesungen zu diesen Anträgen ist das für mich de facto kein Endbericht zum Frauen-Volksbegehren. Eine De-jure-Rückverweisung scheitert am Koalitionspartner, eine Rückver­weisung scheitert an der Mehrheit.

Was sind eigentlich die politischen Ursachen für das heutige Debakel für Frauenanliegen? – Es ist zum einen konservative Ideologie, zum anderen ein verklärtes Bild einer heilen Familienidylle, die in der Realität einfach nicht existiert – Menschen leben eben oft alleine, es gibt Alleinerzieher und Alleinerzieherinnen aus verschiedensten Gründen –, und der Kernpunkt ist meiner Ansicht nach das Übergewicht von Wirtschaftsinteressen. Das ist der beschämende Kernpunkt, meine Damen und Herren, denn trotz bester Konjunkturprognosen gibt es, wie auch das Österrei­chische Institut für Wirtschaftsforschung im März 1998 festgestellt hat, keine Bereitschaft der Wirtschaft, den Frauen, die wichtige Trägerinnen dieser Entwicklung sind, einen auch nur einigermaßen gerechten Ausgleich für die Zusatzbelastungen zuzugestehen; zum Beispiel dann, wenn es um die Ausdehnung der Behaltefrist nach dem Karenzurlaub geht – Punkt 9 des Volks­begehrens und SPÖ-Antrag (Abg. Dr. Fekter: Haben Sie das dem Finanzminister auch gesagt?) –, zum Beispiel, wenn es um die Verbesserung des Karenzgeldes für Alleinstehende geht – Punkt 7 des Volksbegehrens und SPÖ-Antrag (Abg. Dr. Fekter: Da haben wir nichts dagegen! Das ist scheinheilig! Er hätte zuzugeben, daß der Finanzminister nicht genug Geld hat?) –, oder dann – jetzt kommen die Unternehmer dran, Frau Kollegin Fekter –, wenn es um Erleichterungen bei den Teilzeitbeschäftigungen für Frauen geht, also zur Abwechslung einmal um Flexibilisierung für Frauen und nicht nur für Unternehmer.

Ich erzähle Ihnen eine Geschichte aus der Realität. Das kennen Sie nicht. Ich war bei der Eröffnung eines Supermarktes in der Steiermark. Der Geschäftsführer hat von der großen Zufriedenheit, ja fast von der Begeisterung der Frauen mit ihren 30-Stunden-Verträgen und der flexiblen Arbeitszeit gesprochen. Eine Gruppe von Mitarbeiterinnen ist in der Ecke gestanden und hat tapfer genickt. – Soweit der offizielle Teil.

Später und inoffiziell sind die Damen zu mir gekommen und haben gesagt: Herr Kräuter! Wir sagen Ihnen, wie es wirklich ist: Es wird uns immer erst in der Vorwoche mitgeteilt, wie die Dienstzeit in der nächsten Woche ausschaut. Oft sind das drei Stunden am Vormittag, dann zwei Stunden am Nachmittag, das nächste Mal zwei Stunden Vormittag, fünf Stunden am Abend, dann wieder am Samstag. Natürlich bringt das allergrößte, nahezu unlösbare Probleme für die Familien und die Kinderbetreuung. Betriebsrat? (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.) – Wehe, wenn jemand im Betrieb dieses Wort auch nur in den Mund nimmt! Und der Geschäfts­führer meint, wenn das jemandem nicht paßt – das ist natürlich inoffiziell –, dann kann er gleich seinen Mantel abgeben. Es warten genug andere. (Abg. Dietachmayr: Das ist die Realität!)

Meine Damen und Herren! So etwas gibt es in einem Bundesland, in dem der Familienminister der ÖVP nie um schöne Worte verlegen ist, und in einem Bezirk, wo eine ÖVP-Abgeordnete, die auch diesem Hause angehört und sich hier vor zehn Minuten mit Selbstlob überschüttet hat, in einem Referat des Landes vorgibt, für Frauen und Mütter einzutreten. Es sind wirklich traurige Zustände! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Abschließend, Frau Kollegin Fekter: Für Fortschritte ist leider heute hier im Parlament der Weg versperrt! Aber es gibt auch gute Tage für die Frauen hier im Parlament. Ich erinnere an die Pensionsreform, bei welcher wirklich relevante Verbesserungen für die Frauen erzielt worden sind. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Daher, Frau Fekter, wird die SPÖ entschlossen, kämp­ferisch und glaubwürdig für die gerechte Sache der Frauen eintreten. (Beifall bei der SPÖ.)

21.41


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Der von Herrn Abgeordneten Dr. Kräuter verlesene Abände­rungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Povysil. 6 Minuten freiwillige Redezeit­beschrän­kung. – Bitte.

21.41


Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Wir Frauen, meine Herren, halten über 51 Prozent der Bevölkerung, und das ist eindeutig die absolute Mehrheit!

Frau Abgeordnete Konrad! Über eine Ihrer Äußerungen war ich sehr erstaunt: Sie haben quasi zwangsweise postuliert, daß in einer Partnerschaft der schwächere Teil die Frau ist. Jetzt weiß ich nicht: Ist das Ihr Gesellschaftsbild? Ist das das Gesellschaftsbild Ihrer Fraktion? (Abg. Schieder: Das ist die traurige Wirklichkeit!) Für uns gibt es durchaus Wechselwirkungen zwischen schwach und stark bei Frau und Mann. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber lassen wir das beiseite. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Frauen-Volksbegehren, um das es jetzt geht, wurde von über einer halben Million Österreichern unterschrieben! Über eine halbe Million Österreicher, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wurde von Ihnen ganz einfach ignoriert! Wir haben neun Unterausschüsse und zwei Vollausschüsse absolviert und mußten dabei feststellen, daß die ideologischen Gegensätze zwischen SPÖ und ÖVP leider unüberbrückbar sind. Der Kampf zwischen Arbeiterin und Bürgerin war spürbar und unlösbar.

Hören Sie sich einmal an, was Ulli Simma, die Sprecherin von Global 2000, sagt. (Zwischenruf der Abg. Fuchs.) Sie sagt – Sie müssen mir jetzt zuhören! –: „Zudem hatten wir oft das Gefühl, daß die Regierung nach außen zwar sagte: Wir sind auf der Seite der Unterzeichner. Im Gesetz steht aber dann das, was die Industrielobby diktiert.“ – Beides stimmt: Ideologie und Lobbyismus verhindern seit Jahrzehnten eine wirklich effiziente Frauenpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es hätte einen einzigen – einen einzigen! – Fünfparteienantrag gegeben, nämlich zur Verfas­sungsfrage. Sie alle wissen, worum es geht: Die ÖVP hat ihn verhindert, die ÖVP ist im wahrsten Sinne des Wortes umgefallen und hat ihn zu Fall gebracht! Damit erhielt kein einziger Punkt des Frauen-Volksbegehrens die Zustimmung aller Parteien und sämtliche vorher argu­mentierten und getrennt eingebrachten Anträge von der SPÖ und von der ÖVP wurden zurückgezogen.

Man hat sich schon geeinigt, aber ausschließlich auf vage, substanzlose gemeinsame Anträge in Form von Wünschen an die Frau Ministerin geeinigt. Zum Beispiel wird sie wird gebeten, das Pensionsversicherungssystem zu überprüfen. – Ich weiß nicht, welche Neuerungen im Pensionsversicherungssystem beschlossen worden sind, wie Sie, Herr Abgeordneter, gesagt haben. Sie sind mir auch im Ausschuß nie aufgefallen. Sie waren gar nicht dort, soviel ich weiß!

Oder: Laut einem Antrag soll die Ministerin eine Studie zur Einkommensentwicklung vorlegen. – Ich stelle fest: Das ist insgesamt eine typisch österreichische Nichtlösung von Problemen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Über die wirklich wichtigen Fragen – Karenzgeldregelung, Teilzeitarbeit, Pensionen – ist über­haupt keine Einigung erzielt worden!

Unser Grundsatz zu dieser ganzen Gleichbehandlungsthematik war immer, gleiche Entschei­dungs‑ und Gestaltungsfreiheit für Männer und Frauen in vergleichbaren Situationen zu schaffen. (Abg. Dr. Fekter: Das ist auch nur ein Schlagwort!) Wir können nicht allen Punkten des Frauen-Volksbegehrens zustimmen, aber wir haben versucht, uns zu den wichtigen Punkten zu positionieren und effektive und rasch umsetzbare Lösungen aufzuzeigen.

Ich nenne zum Beispiel den Punkt „Auftragsvergabe an Unternehmer“. Ein Lösungsansatz kann nur in einer Minimierung des Karenzrisikos für den Unternehmer bestehen, dann sonst stellt er ja keine Frauen an.

Oder die Forderung „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Das ist eine ganz klare, praktisch schon jahrhundertealte Forderung, die wir natürlich unterstützen. Wenn man dieser Forderung ent­sprechen will, kann eine Veränderung der Lohnpolitik in Österreich nur durch steuerliche Entlastung von Betrieben und Einkommen erfolgen. (Lebhafte Zwischenrufe.)

Eine weitere, für uns ganz wichtige Forderung ist die Entscheidungsfreiheit der Frau für Beruf und/oder Familie. Dies wird von uns schon seit Jahren durch den Kinderbetreuungsschecks eingefordert. Dieser Antrag betreffend Kinderbetreuungsscheck liegt aber noch immer im Mini­sterium von Minister Bartenstein zur Prüfung und wird nicht geprüft! (Abg. Schaffenrath: Was glauben Sie, wer zu Hause bleibt?) Ich habe gesagt: Entscheidung für Beruf und/oder Familie. Sie müssen mir schon zuhören, Frau Abgeordnete Schaffenrath! Das haben Sie auch im Ausschuß oft nicht getan. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen von der Sozialdemokratie! Seit der Kreisky-Ära gibt es ein Staatssekretariat für Frauen, seit einigen Jahren gibt es ein Frauenministerium, und nach so vielen Jahren sozial­demokratischer Frauenpolitik treten wir noch immer auf derselben Stelle! Aber ich bin sehr froh, daß Frau Ministerin Prammer heute zu dem Schluß gekommen ist, daß tatsächlich noch viel zu tun ist. Eine überraschend gute Äußerung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Noch immer aber stehen – wie Ihre Ministerin gesagt hat – die Frauen im Vorzimmer der Macht, noch immer gibt es viel zuwenig Frauen in leitenden Positionen, noch immer werden bei gleicher Qualifikation Männer den Frauen vorgezogen. – Herr Abgeordneter Kostelka schläft übrigens schon ein bei dieser Rede über die Qualifikation von Frauen! (Abg. Schieder: Das liegt aber an Ihrer Rede und nicht an den Frauenfragen!) Und was geschieht, wenn sich diese Frauen dann an die Gleichbehandlungskommission wenden, die Sie ja für so gut empfinden? – Dann werden sie finanziell abgefunden, aber das ändert an den Personalentscheidungen und an der Personalbesetzung überhaupt und absolut nichts!

Meine Damen und Herren! So wie diese Gleichbehandlungskommission keine kausale Ände­rung der Frauenproblematik oder Frauenpolitik zustande bringt, so wurden auch durch die Behandlung des Frauen-Volksbegehrens die Probleme überhaupt nicht gelöst. Das Begehren des Volkes als Stimme des Volkes ist den Regierenden und den Mächtigen einfach nicht mehr wichtig. Das wurde uns bei drei Volksbegehren ganz deutlich vor Augen geführt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt keine gelebte direkte Demokratie. Denn eine sinnvolle Umsetzung eines Volksbegehrens kann nur dann stattfinden, wenn es nach dem Volksbegehren zwingend zu einer Volksabstim­mung kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Sie sind zu lange an der Macht! Sie haben vergessen, durch wen und für wen Sie regieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.47


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Horngacher. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

21.47


Abgeordnete Katharina Horngacher¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es gab nun eine Reihe von Unterausschüssen zum Thema Frauen-Volksbegehren. Mir war dabei sehr vieles zu einseitig. Es ging nur um Politik für die unselbständig erwerbstätige Frau. Es gibt aber auch Selbständige, Bäuerinnen und Hausfrauen. Daher muß Frauenpolitik umfassender sein!

Außerdem gefällt mir das Bild nicht, das heute gezeichnet wird. Wenn man hier einige Stunden lang zuhört, dann hat man das Gefühl, daß die Frauen eine schützenswerte Minderheit seien. Meine Damen! Wir sind keine schützenswerte Minderheit. Die Frauen machen mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben auch schon vieles erreicht. Ich nenne ein kleines Beispiel: Vor 20 Jahren hatten wir in Tirol vier Gemeinderätinnen; jetzt haben wir 263 Gemeinderätinnen. Es hat sich also doch etwas getan! Wir kommen und wollen partnerschaftlich mitbestimmen, und wir kommen unaufhaltsam!

Gestern allerdings sind aus diesem Hohen Haus zwei Kolleginnen ausgeschieden, dafür sind zwei Männer gekommen: Das war ein Rückschritt in dieser Sache.

Grundlage jeder erfolgreichen Entwicklung ist natürlich die Ausbildung. Hier sind wir auf gutem Wege. (Zwischenruf des Abg. Mag. Haupt.) Ja, sehr schön! Im universitären Bereich erhöhte sich die Anzahl der Absolventinnen auf 45 Prozent, der Anteil der Frauen bei den Erstin­skribienten liegt schon bei 55 Prozent. Diese jungen Frauen werden ihre Plätze erobern, davon bin ich heute überzeugt!

In der Frauenpolitik ist es für mich sehr wichtig, eklatante Benachteiligungen der Frauen zu bekämpfen. Im Sozialrecht wurden zum Beispiel bei der letzten Änderung allen Frauen, die nach dem 1. September 1941 geboren sind, die Anspruchsvoraussetzungen für die Pension um fünf Jahre erhöht. Sie haben nicht damit gerechnet. Dies ist umso dramatischer, als diese Frauen – es trifft auch viele Frauen im landwirtschaftlichen Bereich, aber nicht nur dort – kaum die Möglichkeit haben, diese Voraussetzungen zu erfüllen, sondern gezwungen sein werden, um fünf Jahre länger im Berufsleben zu bleiben. Ich glaube, daß diese Maßnahme neben den daraus entstehenden familienpolitischen Nachteilen auch das Vertrauen der Frauen in die Sozialpolitik und Sozialgesetzgebung empfindlich gestört hat. Eine stufenweise Übergangs­lösung, gerade für diese vier Jahre, um die es sich hier handelt, wäre dringend notwendig, und ich fordere Sie auf, Frau Minister, sich dafür einzusetzen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Vorrednerinnen sind auf unsere Initiativanträge schon näher eingegangen. Wichtig scheint mir besonders der Entschließungsantrag betreffend Weiterentwicklung der gesetzlichen Pensionsversicherung in Richtung eigenständiger Alterssicherung für jede Frau zu sein. Es geht dabei sicherlich auch darum, Kindererziehungszeiten pensionsbegründend zu machen. Für mich wäre auch der Weg – er ist heute schon mehrmals angesprochen worden – des Kinder­betreuungsschecks, verknüpft mit der Verpflichtung, Pensionsbeiträge zu bezahlen, eine mögliche Lösung. Dann bestünde nämlich tatsächlich Wahlfreiheit für die Frauen. (Beifall bei der ÖVP.)

Dabei sage ich ganz klar, daß es mein Wunsch wäre – und bei der ganzen langen Frauen­debatte wurden die Kinder noch kaum erwähnt –, wenn möglichst viele Mütter in den ersten und wichtigsten vier Lebensjahren im Leben eines Kindes bei ihren Kindern bleiben könnten und würden. Die Wiedereinstiegshilfen – dafür ist auch ein Antrag vorhanden – müßten allerdings wesentlich verbessert werden. Jene Jahre, in denen die Mütter ganz für ihre Kinder da sind und ihnen Geborgenheit und Wärme für ein ganzes Leben mitgeben, sind wohl auch im Leben der Frauen sehr kostbare Jahre und sehr wesentlich für die Zukunft ihrer Kinder.

Manche werden sich jetzt denken: Jetzt redet die Letzte von gestern. Aber wenn Sie mit jungen Müttern reden und wenn Sie die Studie lesen, in der es heißt, daß über 80 Prozent der jungen Mütter es vorziehen würden, die ersten vier Jahre beim Kind zu bleiben, dann sind wir mit unseren Forderungen vielleicht die Ersten von morgen. Vielleicht gibt es ein Umdenken über die Wertigkeit, auch bei den Vätern. Denn auch die Väter gehören viel mehr zu den Kindern, als es bisher der Fall ist! (Beifall bei der ÖVP.)

Heute haben wir hinsichtlich der Kinderbetreuung eine sehr ungerechte Situation. Denken Sie einmal darüber nach! Wenn ein Mann und eine Frau jeweils einen guten Beruf haben, sehr viel Geld verdienen und die Frau dieses Kind mit eineinhalb Jahren in die Kinderkrippe gibt, so zahlen sie dafür im Schnitt etwa 3 000 S monatlich, und die öffentliche Hand zahlt noch 12 000 S dazu. Hat eine Frau jedoch vier Kinder und bleibt bei diesen vier Kindern zu Hause, dann gibt es nur einen Verdiener und für die Kinderbetreuung gibt es nichts. Die Frau hat keine Möglichkeit, sich einen Pensionsanspruch zu erkaufen, und sie kann die Kindererziehungszeiten nirgends aufrechnen, weil kein Pensionsanspruch besteht. Ihre Kinder werden die Pensionen für Frauen zahlen, die keine Kinder aufgezogen haben, die eigene Mutter hat jedoch keinen Anspruch. Gerecht finde ich das nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Grünen verstehe ich in dieser Sache eigentlich nicht. Sie müßten in diesem Punkt eigentlich voll mit uns gehen. Ihr Grünen setzt euch für alles Schützenswerte ein – das gestehe ich euch auch ehrlich zu –: Ihr schützt die Kröte, ihr schützt den Haselnußstrauch, ihr wollt keine Natur aus zweiter Hand, aber die Kinder, das Wertvollste, das wir haben, sollen mit der zweitbesten Lösung vorliebnehmen, nämlich mit der staatlichen Kinderbetreuung. Das Beste und Natür­lichste für jedes Kind ist in den ersten Jahren die Betreuung durch die eigene Mutter und den eigenen Vater. Dafür gibt es keinen Ersatz! (Beifall bei der ÖVP.) Ab dem vierten Lebensjahr ist es dann aber sinnvoll, daß die Kinder in den Kindergarten kommen.

Frauen haben Männern einiges voraus, so etwa die Mütterlichkeit, das heißt Behutsamkeit im Umgang mit menschlichem Leben. Wenn Sie mit Frauen reden, so gilt ihre Sorge fast immer den Kindern, der eigenen Familie und dem Wohlbefinden ihrer Familie. Frauenleben besteht eben nicht nur aus Berufstätigkeit und Karriere.

Frau Minister! Ich ersuche Sie daher, Frauenpolitik umfassend zu sehen und sich für alle Berufsgruppen und alle Frauen einzusetzen! (Beifall bei der ÖVP.)

21.55


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

21.55


Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder¦ (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte kurz – 5 Minuten, wie ich hoffe – zur vorgeschla­genen Verfassungsbestimmung Stellung nehmen.

In aller Kürze: Diese Verfassungsbestimmung ist überflüssig, sie ist möglicherweise schädlich, und sie entspricht nicht den Intentionen des Volksbegehrens, zumindest zum überwiegenden Teil nicht.

Sie ist aus folgendem Grund überflüssig: Jede Rechtsnorm stellt auf ein tatsächliches Verhalten ab. Es gibt keine Rechtsnorm, die nicht auf soziales Verhalten abstellt beziehungsweise dieses verbietet. Wenn man daher schreibt: Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zur tat­sächlichen Gleichstellung, so eröffnet das eine gewisse Perspektive für die neue Strafrechts­reform, gemäß welcher es dann möglicherweise heißen wird: Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zur tatsächlichen Verhinderung von Mord, Totschlag, Betrug und so weiter und so weiter.

Und der Umkehrschluß, daß nur deswegen, weil das Wort „tatsächlich“ verwendet und nicht nur von Gleichstellung gesprochen wird, ein tatsächlicher Zustand sozusagen in greifbare Nähe rückt, ist, wie gesagt, ein Trugschluß.

Diese Bestimmung ist daher überflüssig, weil jede Rechtsnorm eine solche Intention hat.

Überflüssig ist im Detail auch der zweite Satz, daß Maßnahmen – und so weiter – zulässig sind. – Natürlich sind Maßnahmen in dem Sinne, wie sie hier festgeschrieben sind, zulässig! Hier schlägt die Überflüssigkeit sogar in Schädlichkeit um, und zwar ganz gravierend, denn bisher jedenfalls waren derartige Maßnahmen klarerweise geboten. In jedem Grundrecht, auch wenn es ein subjektives öffentliches Recht geworden ist, steckt eine Staatszielbestimmung und damit ein Gebot. Das ist anhand verschiedener Beispiele nachweisbar. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) 5 Minuten, Frau Kollegin Fekter! Ich unterhalte mich gerne nachher mit Ihnen, unter anderem auch darüber!

Da wir jetzt eine andere Verfassungsbestimmung als den bisherigen Gleichheitssatz haben und die Lex posterior das vorhergehende Gesetz derogiert, könnte man auf die Idee verfallen, zu sagen: Der bisherige Gleichheitssatz wird verändert, denn das, was bisher geboten ist, ist plötzlich nur mehr zulässig. – Möglicherweise ist das schädlich.

Zweitens: Zulässigkeit. Der Satz „Bund, Länder und Gemeinden können Maßnahmen treffen“ klingt fast wie eine Kompetenzbestimmung. Soll das heißen, daß es für Länder zulässig ist – aufgrund des Wörtchens „zulässig“ könnte man das schließen –, Maßnahmen zur tatsächlichen Gleichstellung zu treffen, und zwar auch dort, wo bisher die Bundeskompetenz gilt?

Wieder geht es um gleichrangiges Verfassungsrecht, und man kann nicht sagen, daß die eine Bestimmung höherrangiger ist als die andere, aber nach dem juristischen Kriterium hebt das jüngere Gesetz das ältere auf.

Ich will nicht auf das Wort „Maßnahmen“ eingehen, aber Kenner der Verfassungsgeschichte werden sich erinnern, daß in Artikel 48 der Weimarer Reichsverfassung das Wort „Maßnahmen“ im Zusammenhang mit dem Reichspräsidenten verwendet wird. Lesen Sie nach, wie dieses Wörtchen „Maßnahmen“ interpretiert wurde! – Das Wort „Maßnahmen“ in diesem Sinne ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff und aufladbar mit allen möglichen Dingen!

Schließlich – und das ist schädlich –: Wenn man aus dem Wort „Maßnahmen“ herausliest, daß eine Quotenregelung geboten ist, dann widerspricht dieser – ich will ihn einmal so bezeichnen – kollektive Gleichheitsgrundsatz dem bisher individuellen Gleichheitsgrundsatz. Denn es könnte der Fall eintreten, daß man unter Bewerbern beider Geschlechter, verteilt auf mehrere Per­sonen, einen bevorzugt, um eine Quote aufzufüllen, und den Besserqualifizierten, weil er nicht in die Quote fällt, nicht in Betracht zieht, was in diesem speziellen Fall gleichheitswidrig ist. Und wer sich zu unserem Grund- und Freiheitsrechten als individuelle Rechte und nicht als kollektive Rechte bekennt, der müßte dafür ein besonders geschärftes Auge haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Drittens: Im Volksbegehren wurde unter anderem begehrt, daß die tatsächliche Gleichstellung durch gesetzliche Maßnahmen herzustellen ist. Dafür gibt es einen ganzen Katalog, und dieser Katalog ist in dieser Form nicht umgesetzt worden. – Ich habe heute schon einmal gesagt: Volksbegehren müssen von uns als Auch-Souverän nicht eins zu eins umgesetzt werden. Aber wenn man die Einführung dieser Verfassungsbestimmung sozusagen als Trost für jene wertet, die das Volksbegehren unterschrieben haben, dann muß ich das, auch wenn ich jetzt das Wort „Mißbrauch der Verfassung“ nicht benützen will, doch als ein starkes Stück bezeichnen. Es ist ein starkes Stück, etwas in die Verfassung hineinzuschreiben, was legistisch dort überhaupt keinen Platz hat! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.00


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

22.00


Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich hatte einen Traum. Ich hatte einen Traum, daß Frauen und Männer in diesem Staat tatsächlich gleichberechtigt leben werden, und zwar nicht erst 2020 oder gar erst 2050, wenn all das vielleicht endlich historisch gewachsen ist, sondern bereits in dieser Legislaturperiode. Ich hoffte, daß wir jetzt schon die Weichen stellen können. Ich hatte die Hoffnung, daß dieses vor zirka einem Jahr eingebrachte Volksbegehren, dieses 12 Punkte umfassende Frauenmanifest, die nötige Schubkraft bringen würde, damit Maßnahmengesetze beschlossen werden, mit welchen diese Forderungen umgesetzt werden, damit die konkrete Lebenssituation der Frauen in diesem Staat grundlegend zum Besseren verändert wird, die Benachteiligungen abgebaut und in weiterer Folge beseitigt werden. Für die Schaffung einer Geschlechterdemokratie – Kollege Kier hat das heute schon einmal angesprochen –, was etwas mit Gleichbehandlungs‑ und Gleichstellungspolitik und Gerechtigkeit zu tun hat, seine Kraft einzusetzen und darauf hinzuarbeiten, das lohnt sich allemal! (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hatte einen Traum, nämlich daß sich die Frauen über die Parteigrenzen hinweg solidarisieren, daß sie sich bei den Männern ihrer Klubs durchsetzen und daß wir so die wesentlichen Punkte der Forderungen umsetzen werden können. Bei den Dis­kussionen im Unterausschuß sah es anfangs so aus und Frau konnte Hoffnung schöpfen, daß es funktionieren könnte, daß wir Parlamentarierinnen in einigen Punkten gemeinsam agieren, gemeinsam marschieren, kämpfen und auch einiges umsetzen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir wollen einiges umsetzen für eine gemeinsame und gerechte Sache. (Heiterkeit der Abgeordneten Dr. Krüger und Meischberger. – Abg. Dr. Karlsson, in Richtung der Freiheitlichen: Sie haben wohl schon zu tief ins Glas geguckt!) Jawohl, ich hatte diesen Traum, auch wenn Sie lachen! Doch dann kam die Ernüchterung: Frauenpolitik trennt die Parteien offenbar mehr als anderes. Die Trennlinien werden dabei klar und sichtbar. Es wurde klar, daß die konservative Mehrheit und die Sozialdemokratinnen Welten trennen. Es wurde klar, daß fortschrittliche Politikpositionen der ÖVP-Frauen, die es gab, im ÖVP-Klub nicht die Mehr­heit finden konnten, sondern daß sich die diejenigen – das ist meine Beurteilung – durchgesetzt haben, die mit ihrem verzopften Frauenbild und ihren Uraltideologien schon Generationen von Frauen gepiesackt haben (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum) und die einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen, daß die gesellschaftliche Realität sie schon längst eingeholt hat und schon längst eine andere ist.

Wo sind denn heute die Khols und Stummvolls auf der RednerInnenliste der ÖVP? Kein einziger von jenen ist auf der Rednerliste! Dennoch, sehr geehrte Damen und Herren, führen sie hier Regie. Ich spreche auch die rechtere Seite an: Wo sind die Haiders und Stadlers bei dieser ganzen Debatte gewesen? Sie sind nicht anwesend, die Haiders und Stadlers, die von einer Partnerschaft träumen, in der es einen führenden und einen dienenden Teil gibt! (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.)

All jene, die die Frauen noch immer gern hinter dem Herd sehen würden, sind bei dieser De­batte nicht anwesend, sie führen jedoch – wie gesagt – Regie. Ich behaupte, daß unsere Bemühungen von all denen einfach negiert werden. Die Raffinierteren und Geschickteren sagen zwar offiziell, daß sie nicht dagegen sind, weil sie schon etwas fortschrittlicher sind, aber sie tun nicht viel dafür, daß zum Beispiel Frauen Beruf und Familie vereinbaren können oder daß Part­nerschaftlichkeit in den Lebensgemeinschaften und Ehen als anzustrebendes Gut angesehen wird.

Einige heiße Tips in Form von Zurufen hat es allerdings schon gegeben: Zum Beispiel kam der Vorschlag, daß die Großmütter nach der Betreuung ihrer eigenen Kinder nahtlos auf die Enkerln aufpassen sollten. Haben Sie das nicht gesagt? Ich wollte gerade Herrn Klubobmann Khol danach fragen, denn aus dieser Richtung kam die Idee. Wer kümmert sich jedoch, wenn es eine Großmutter gibt, in der Zwischenzeit um den Großvater? Diese Frage bleibt bei diesem Vorschlag offen.

Offen blieb bei diesem entlarvenden Vorschlag auch, was jene Frauen tun sollen, die eine noch arbeitende Mutter haben oder deren Mutter, die die Funktion der Oma einnehmen sollte, gerade Arbeit sucht, um wenigstens noch ein paar Jährchen zusammenzukratzen, um eine eigene Rente zu erhalten, damit sie im Alter nicht vor dem Nichts steht, weil sich der rüstige Großvater nach einer jüngeren, flotteren Frau umgesehen hat.

Wenn man Gleichstellungspolitik und Frauenpolitik ernst meint, dann muß man ernsthafte Vorschläge machen und diese auch umsetzen. Dabei helfen vorgeschlagene Abstrusitäten und Sonntagsreden nichts, in denen alles, was gut und teuer ist, befürwortet wird, denn die Vor­schläge müssen auch in die Tat umgesetzt werden können! (Zwischenrufe des Abg. Scheib­ner.) Der Versorgungsausgleich ist deshalb keine gute Lösung, weil es, wie wir Ihnen bei den Ausschußsitzungen schon gesagt haben, auch unverheiratete Frauen gibt, die auch ein Recht auf eine würdige Altersversorgung haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Warum haben Sie sich mit unserem Konzept nicht auseinandergesetzt?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme zum Schluß, denn die Zeit ist knapp bemessen: Was wir hier und heute beschließen ... (Abg. Mag. Stadler: Welcher Opa war das, von dem Sie vorhin gesprochen haben?) Welcher Opa war das? – Sie sind noch nicht Opa, aber auch nicht mehr rüstig!

Was hier und heute beschlossen wird, kann nur als ein erster Schritt bezeichnet werden. Es ist schon viel geschehen, und zwar von seiten der Sozialdemokraten und -demokratinnen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Ich habe es schon bei der ersten Debatte zum Frauen-Volksbegehren gesagt: Im Frauen-Volksbegehren wären noch andere Forderungen gestanden, wenn sie am Ruder gewesen wären! (Abg. Mag. Stadler: Ich bin noch nicht Opa!) Ja, seien Sie froh!

Die weitergehenden Forderungen scheiterten an den Mehrheiten hier im Haus. Sie sind aber nicht vom Tisch, und ich habe nach wie vor einen Traum, für dessen Verwirklichung es sich zu kämpfen lohnt! (Beifall bei der SPÖ.)

Verabschieden möchte ich mich jetzt mit dem tirolerischen Gruß beziehungsweise fast Kampf­ruf: Frauen, ’s ischt Zeit! (Heiterkeit  und Beifall bei der SPÖ.)

22.09


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Aumayr. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

22.09


Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! – Frau Ministerin, so redselig wie heute hätte ich Sie eigentlich gerne im Ausschuß erlebt. Ich muß Kollegin Gatterer recht geben: Auch die SPÖ-Damen waren in den Unterausschüssen der­maßen schweigsam und zurückhaltend, daß man bis zum Schluß wirklich nicht gewußt hat, was sie eigentlich wollen! (Abg. Mag. Stadler: Auch vom Opa hat man nichts gehört!) Wenn Sie jetzt hergehen und uns die Schuld geben, daß nichts weitergegangen ist, dann ist das äußerst billig! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich erinnere nur an die erste Unterausschußsitzung, Frau Ministerin: Sie waren nur ganz kurz anwesend, erinnern Sie sich? Sie hatten einen dringenden Termin in Graz. Sie hätten Ihrer Vorgängerin, Frau Kollegin Konrad, damals aus der Patsche helfen sollen. – Frau Ministerin! Sie waren nicht erfolgreich in Graz, Sie waren aber auch beim Frauen-Volksbegehren nicht erfolg­reich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Ministerin! Sie haben dieses Frauen-Volksbegehren für sich vereinnahmt. Genau des­wegen waren Sie nicht erfolgreich, Sie haben sich vielmehr dabei total übernommen. Denn Sie betreiben keine Frauenpolitik, sondern ganz schlicht und einfach sozialistische Ideologie. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Anders ist es einfach nicht erklärbar, daß Sie derartig heftig reagieren, wenn wir den Kinder­betreuungsscheck thematisieren. Den werde es nicht geben, haben Sie heute von der Regie­rungsbank aus gesagt. (Abg. Fuchs: Hoffentlich!)

Ich möchte wirklich wissen, welche Argumente es gegen diesen Kinderbetreuungsscheck gibt. Frau Ministerin! Das würde Wahlfreiheit bedeuten. Es stört Sie aber, daß es dann wahr­scheinlich keine staatliche Kindererziehung mehr gibt. Denn es könnten einige Frauen auf die Idee kommen, daß sie eigentlich bei ihren Kindern bleiben und die Erziehung nicht in Ihre Hände legen wollen. (Abg. Fuchs: Und was ist mit den anderen?) Das ist der einzige Grund! Sie wollen eine staatliche, eine ideologische Erziehung, und deshalb paßt Ihnen die Familie nicht. (Abg. Fuchs: Sie haben keine Ahnung! Nicht ein bißchen!)

Es ist nicht in Ordnung, eine Politik zu machen, durch die die Leistungen jener Frauen, die sich dafür entscheiden – und das ist ihr ureigenstes Recht und ihre Pflicht –, für ihre Kinder dazusein und für sie zu sorgen, nicht mit einem einzigen Schilling abgegolten werden. Ich sage Ihnen, das ist wirklich ein Skandal! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie fördern Emanzipation auf Kosten der Kinder! Dafür wird es niemals eine Unterstützung der Freiheitlichen geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie notwendig die Erziehung der Kinder im Familienverband ist, ist bereits an allen Ecken und Enden zu erkennen. Lesen Sie überhaupt keine Zeitungen mehr? In der letzten Ausgabe von „Die Zeit“ steht: „Es sind unsere Kinder, die Gewalt nimmt unter Jugendlichen dramatisch zu.“ Heute in der „Kronen-Zeitung“: „Die Monster schlagen zurück. Immer mehr Jugendliche werden straf­fällig, drogenabhängig, schwerst straffällig.“ Oder in einer anderen Zeitung: „Kollektiv­er­ziehung macht krank!“ (Abg. Fuchs: Sagen Sie das bitte schön einer Erzieherin!) Nein! Wenn man durch die Politik den Kindern keine Möglichkeit gibt, in ihren ersten Jahren ihr Recht auf Geborgenheit, auf Liebe und auf Schutz zu bekommen, dann dürfen wir uns nicht wundern (Abg. Fuchs: Dazu gibt es so viele wissenschaftliche Studien!) – nein, Frau Kollegin! –, wenn es derartige Probleme mit unseren Jugendlichen gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir wollen, daß jene Frauen, die sich für ihre Kinder Zeit nehmen, Zeit, Liebe und Geduld ... (Abg. Fuchs: Das ist sinnlos!) Nein, das ist nicht sinnlos! Sinnlos ist Ihre Politik. Wir wollen, daß die Leistungen dieser Frauen genauso abgegolten werden wie die einer berufstätigen Frau. (Abg. Fuchs: Die machen nichts mit ihren Kindern, die berufstätigen Frauen?!) Genau das wollen wir! Das paßt nicht in Ihre Ideologie, und darum scheitert jede Politik in diese Richtung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.13


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.14


Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Es entsetzt mich schon ein bißchen, mit welcher Aggressivität die Debatte um Frauenanliegen in diesem Haus geführt wird.

Es wird am Rednerpult ein Thema angeschnitten und massiv vertreten, worauf von dort hinten (die Rednerin deutet auf Abg. Fuchs) Äußerungen wie „Da spring’ ich Ihnen ins Gesicht“ kom­men. (Abg. Mag. Peter: Das habe ich nicht gehört!) Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen, das entsetzt mich. (Abg. Mag. Peter: Das hat sie nicht gesagt! Da bin ich Zeuge!) Dann tut es mir leid, wenn ich das falsch verstanden habe. Es war für mich aber schon eine Aggressivität in der Tonlage erkennbar.

Es begann bereits damit, daß, als Worte wie zum Beispiel „Betreuungsscheck“ oder „Home­service“ gefallen sind, sofort ein unheimlich aggressives Abwehrverhalten von der linken Seite kam, sowohl von der Frau Ministerin als auch von der Kollegin Bures, die etwa von „Putzgeld“ gesprochen hat. Ich glaube, sie meinte damit eine dem Dienstleistungsscheck ähnliche Va­riante.

Ich persönlich habe den Eindruck gewonnen, daß die linke Seite dieses Hauses Kinder­betreuung für etwas geradezu Verabscheuungswürdiges hält. Frau Schaffenrath hat einmal zwischengerufen: Das Frauenfeindlichste, was es gibt und was es möglichst zu vermeiden gilt! (Abg. Fuchs: Sie hat es nicht verstanden!)

Meine Damen und Herren! Diese Meinung kann die ÖVP nicht teilen. Es tut mir leid, aber wir haben ein anderes Verständnis vom Dasein einer Frau und von Kinderbetreuung. Verstehen Sie mich nicht falsch! Gerade ich bin ein typisches Beispiel jener Frauen, die nicht zu Hause am Herd sein möchten. Aber ich bin stolz darauf, daß ich die Wahlfreiheit hatte. Diese Wahlfreiheit, nämlich sich entweder für ein Berufsleben oder für die Kinderbetreuung zu Hause zu entscheiden, müssen wir den Frauen ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Wahlfreiheit ist aber auch in den Debatten um das Frauen-Volksbegehren nie wirklich diskutiert worden, statt dessen gab es immer nur sehr einseitige Schlagworte. Als ziemlich scheuklappenartig und eher klassenkämpferisch verblendet empfinde ich die polemische Auf­fassung von Bures, einen „Dienstleistungsscheck“, den es in Frankreich, einem mir als eher links bekannten Land, schon längst gibt, als „Putzgeld“ zu bezeichnen und auch das „Homeservice“ abzulehnen. Mit diesen Lösungsmodellen wollen wir den Frauen für ihre jahrelange Arbeit eine eigene Sozialversicherung ermöglichen und ihre Pensionen sichern.

Meine sehr verehrten Damen! Das haben Sie abgelehnt! Dafür konnte keine Mehrheit gefunden werden. Legen Sie doch Ihre Scheuklappen ab! Dann werden Sie erkennen, daß das etwas ist, was in Ihrer Ideologie als „Umverteilung“ bezeichnet wird, und zwar von Menschen mit gutem Einkommen zu jenen, die bisher gar kein geregeltes Einkommen hatten. Stellen Sie sich doch diesem guten Ansatz, der vielen Frauen Arbeitsplätze bringen würde, nicht länger entgegen.

Nun zur Verfassungsbestimmung und zu der, wie mir scheint, nicht ganz fairen Argumentation der Freiheitlichen. Die Freiheitlichen haben zuerst Zustimmung signalisiert, und als wir dann auf ihre Forderung im Ausschuß hin in unserem Antrag den Ausdruck „Förderung der Chancen­gleichheit“ in „faktische Gleichstellung“ geändert haben, haben sie trotzdem nicht zugestimmt. Und heute kritisiert Kollege Brauneder von diesem Rednerpult aus eben dieses Wort „Gleich­stellung“, das vorher sowohl von der freiheitlichen als auch von der linken Seite massiv gefordert worden war. Ich weiß nicht, wie wir uns hätten verhalten sollen, um Ihre Zustimmung zu bekom­men. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich verhehle aber auch nicht meine Unzufriedenheit über die Art und Weise, wie wir im Hohen Haus die Verfassung ändern. Ich bin unglücklich darüber, daß wir Verfassungsbestimmungen im Rahmen einer Anlaßgesetzgebung beschließen. Bereits beim Thema „Behinderte“ war ich unglücklich darüber, und ich bin auch jetzt wieder unglücklich darüber, daß der Beschluß nicht im Gesamtkontext einer Verfassungsänderung, sondern wieder nur anlaßbezogen erfolgt.

Die Formulierung als solche, glaube ich, ist zu rechtfertigen, auch durch ein klares EU-Recht. Sie lehnt sich an die Gleichbehandlungsrichtlinie an. Unser Vorschlag war, diese Gleich­behandlungsrichtlinie in die Verfassung mit aufzunehmen. Von sozialdemokratischer Seite wurde dann der Wunsch geäußert, die Formulierung aufzunehmen, daß sich Bund, Länder und Gemeinden zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau bekennen.

Ich betrachte das eher als Einschränkung, denn mit dem dezidierten Voranstellen von Gebiets­körperschaften kommt es zu einer Beschränkung auf den öffentlichen Dienst. Wir von der ÖVP hätten das nicht unbedingt gebraucht, aber es war leider notwendig, mit den Sozialdemokraten eine so einschränkende Lösung zu treffen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.20


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Jäger zu Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.20


Abgeordnete Inge Jäger¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Auch ich habe das Frauen-Volksbegehren von Anfang an als sehr positiv empfunden und es unterstützt. Ich habe die öffentliche Debatte darüber für sehr erfreulich gehalten. Dadurch wurde das Thema „Frauen“ in Österreich sehr intensiv behandelt. Ich verhehle jedoch nicht, daß ich mit dem nun vorliegenden Ergebnis nicht zufrieden bin, ich finde es enttäuschend! Gerade die heutige Debatte zeigt, daß auch die Frauen sehr unterschiedliche Vorstellungen haben und sehr unterschiedliche Interessen vertreten.

Besonders bedauerlich finde ich, daß es uns nicht gelungen ist, jene Punkte des Frauen-Volksbegehrens zu erfüllen, in denen es um die existentiellen Probleme der Frauen geht. Es waren dies durchaus berechtigte Wünsche und Forderungen, und ich möchte diese Punkte anführen.

Alle Experten und Expertinnen waren sich darin einig, daß die Pflichten innerhalb der Familien der Grund dafür sind, daß Frauen gegenüber den Männern im Berufsleben bis zur Pension benachteiligt sind. – In dieser Frage haben wir, denke ich, keine Differenzen. Die Frauen­erwerbsquote liegt in Österreich derzeit bei ungefähr 60,7 Prozent, ein Wert, der im euro­päischen Vergleich nicht besonders hoch ist. In der gegenwärtigen Situation nimmt die Frauen­arbeitslosigkeit sogar noch zu, deshalb halte ich es für notwendig, die Frauen bei ihrer Rückkehr in die Berufstätigkeit nach der Karenz zu unterstützen. Die Verwirklichung der Forderung nach der Behaltefrist wäre dazu sehr notwendig gewesen. Auch die Umsetzung der Forderung nach der gesetzlich verpflichtenden Möglichkeit zur Teilzeitarbeit für Väter und Mütter wäre eine wichti­ge Sache gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin enttäuscht, daß, wenn es um diese Fragen geht, sich die Familienpartei ÖVP sehr rasch in die Wirtschaftspartei ÖVP verwandelt. Da Herr Dr. Stummvoll in der gestrigen Budgetdebatte klargestellt hat, daß sich die österreichische Wirtschaft derzeit in einer sehr guten Lage befindet, müßte meiner Ansicht nach auch der österreichischen Wirtschaft daran gelegen sein, diesen kleinen Wunsch nach Teilzeitarbeit für Mütter und Väter, die gleichzeitig Betreuungspflichten haben, zu erfüllen. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist kein Problem, Frau Kollegin!)

Wann können wir solche Forderungen stellen, wenn nicht in einer Zeit, in der die Wirtschaft halbwegs gut funktioniert? Ich finde es sehr enttäuschend, daß es nicht möglich war, das zu ver­wirk­lichen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden nicht zulassen, daß die Interessen der Wirtschaft über die Interessen der Familie und des Privatlebens gestellt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird in diesem Haus von den Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP ständig mehr Flexibilität gefordert. – Wenn aber einmal Flexibilität im Interesse der Familien gefordert wird, dann sind Sie nicht bereit, zuzustimmen.

Alle Länder, die diese Flexibilität ermöglichen und Teilzeitarbeit gewähren, haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. In den nordischen Ländern etwa gibt es ein Recht auf Teilzeitarbeit. Dort gibt es eine hohe Frauenbeschäftigungsquote, geringe Lohndifferenzen und eine hohe Geburtenrate. Österreich liegt, was die Geburtenrate betrifft, gleich hinter Italien, das die nied­rigste Geburtenrate hat. Auch dieses Problem könnte durch eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie gelöst werden.

Frau Kollegin Bauer hat die sehr konstruktive Arbeit im Ausschuß angesprochen. Ich möchte das bestätigen. Auch die Diskussionen waren interessant. Es war eine gute Arbeit. Ich bedauere aber sehr und muß noch einmal wiederholen, was einige Kolleginnen bereits angesprochen haben: Offensichtlich war es in den Verhandlungen, auch mit Klubobmann Dr. Khol, trotzdem nicht möglich, wesentliche Punkte des Frauen-Volksbegehrens in die Tat umzusetzen. Insofern bleibt uns Sozialdemokratinnen nichts anderes übrig, als die vorliegenden Anträge, die wir zu den Themen „Teilzeitarbeit“ und „Behaltefrist“ eingebracht haben, auch weiterhin zu diskutieren und weiter zu behandeln. (Beifall bei der SPÖ.)

22.26


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Frau Abgeordnete, Sie haben noch eine Redezeit von 9 Minuten zur Verfügung. (Abg. Silhavy geht zum Rednerpult.) Ich habe zwar manchmal Sehbeschwerden, aber so weit kann ich schon noch unterscheiden.

Frau Abgeordnete Petrovic, kommen Sie! Ihre Redezeit beträgt 9 Minuten.

22.26


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte zunächst ein paar kurze, konkrete Bemerkungen zu einigen Debattenbeiträgen machen und dann zu meinem Hauptanliegen kommen.

Zum ersten Punkt: Es könnte so viel im Kleinen gemacht werden, auch von Ihnen, Frau Bundesministerin. – Ich weiß, daß die Frauen einer Kinderbetreuungsinitiative in Gralla, in der bereits 17 Kinder betreut werden, bei Ihnen waren. Die Betreuerinnen haben gewaltige Eigen­leistungen erbracht. Man hat ihnen Förderungen versprochen und schriftlich zugesagt. Nun gibt es aber nichts für sie. Frau Parfuss! Ich weiß, daß die Frauen auch bei Ihnen waren. Sie arbeiten im Moment schwarz und beuten sich selbst aus. Von sozialdemokratischer Seite wurde ihnen mitgeteilt, man könne halt nichts machen, man könne halt nichts machen. Es sei eben so.

Zweiter Punkt: Frauen mit besonderen Bedürfnissen sind zum einen Alleinerzieherinnen. Wenn Sie von Flexibilität von der Arbeitnehmerinnenseite her gedacht sprechen, dann müssen wir diesen Begriff aber auch weiter sehen und wahrnehmen, daß es neben den Alleinerzieherinnen auch andere Frauen mit einem besonderen Förderungsbedarf und auch behinderte Frauen gibt. All diese sind nicht einmal erwähnt.

Zum dritten Punkt, der vor allem an die ÖVP, besonders an Frau Abgeordnete Horngacher gerichtet ist: Da Sie die Einstellung der Grünen beklagt haben, muß ich schon darauf hinweisen, daß wir einen Antrag für ein Pensionssystem eingebracht haben, das ab einem bestimmten Alter eine echte Mindestpension für jede Person, Mann und Frau, vorsieht, also auch für jene Personen, insbesondere Frauen, die – ich sage das unter Anführungszeichen – „nur“ Kinder betreut haben. Ich wünsche mir, daß die ÖVP diesem Antrag zustimmt. Der Pferdefuß aus Sicht der ÖVP ist dabei die Finanzierbarkeit. Das heißt, Spitzenpensionen aus dem öffentlichen System gehen sich dann nicht mehr aus, sondern die Pensionen lägen dann in einer Bandbreite zwischen etwa 8 000 S und 30 000 S. Ich lade Sie ein, diskutieren Sie das mit uns, und stimmen Sie dem zu! Es wäre ein erster Schritt zu einer echten Mindestabsicherung, vor allem für Frauen.

Ein kurze vierte Bemerkung zu Frau Steibl, die gemeint hat, eine Änderung des Vergabe­gesetzes in Richtung verpflichtender Berücksichtigung von Frauen sei verfassungswidrig, EU-rechtswidrig. (Abg. Steibl: Ich habe nicht „Rechtswidrigkeit“ gesagt!) – Das ist eine sehr defensive Argumentation. Hätten die GenkritikerInnen so agiert, das Verbot von Genmais wäre nie erreicht worden. Hätte die Sozialdemokratie am Anfang so argumentiert, würden wir heute noch 16 Stunden arbeiten. Dieses Argument zählt überhaupt nicht. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

In einem fünften und letzten konkreten Punkt zur Nomenklatur: Ich frage jene, die es für egal halten, ob eine Bezeichnung männlich oder weiblich ist: Wenn es so egal ist, warum wird dann nicht einmal durchgängig die männliche Bezeichnung verwendet? – Bei bestimmten unter­geordneten Funktionen von Frauen wurde das „in“ immer schon verwendet: die Bedienerin, die Wäscherin, die Büglerin, die Krankenschwester, das Stubenmädchen. Bei diesen Bezeich­nungen gab es immer schon die weiblichen Formen. Nur bei der Frau Präsident oder der Frau Minister hat man das „in“ gerne verschwiegen. Sprache kann verräterisch sein! Ich schlage dringend vor, auch zu diesem Punkt gesetzliche Verpflichtungen einzuführen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das sind aber wirklich nicht die Probleme der Frauen, Frau Abgeordnete!)

Ich komme nun zu dem, was vielleicht auch Sie, Frau Partik-Pablé, als das wirkliche Problem ansehen, nämlich zur Verfassungsebene. In puncto legistischer Qualität des nun eingebrachten Regierungsantrages teile ich voll die Auffassung von Präsident Brauneder: Das ist ein juristischer Pfusch, wie es ärger nicht mehr geht! Frau Bundesministerin! Ich fürchte auch, daß durch den männlich dominierten Verfassungsgerichtshof für die Frauen realiter eine Verschlech­terung ihrer Verfassungsposition herauskommen kann.

Ich weiß nicht, worüber Sie sich empören, Herr Kollege Nürnberger und andere. (Abg. Nürnberger: Was ist denn schon wieder?) Vielleicht ist Ihnen das nicht so wichtig. Es sollte aber gerade Sozialdemokraten interessieren. Abgeordneter Kräuter hat gesagt, es sei ein beschämendes Ergebnis, Frau Abgeordnete Wurm hatte einen Traum, und es wurde von Ihnen durchwegs behauptet, schuld seien vor allem die ÖVP und die FPÖ.

Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Ich sehe das anders. Sie wissen, daß es mittlerweile vier Parteien gibt, die eine etwas härtere und auch legistisch bessere Verfassungsbestimmung mittragen. (Abg. Silhavy: Kollege Brauneder hat aber etwas anderes gesagt!) Es wurde gesagt, auch die Kolleginnen und Kollegen der freiheitlichen Partei würden den von Grünen und Liberalen, von Frau Pollet-Kammerlander und von Frau Schaffenrath eingebrachten Antrag mittragen. Das wären vier Parteien mit einer satten Zweidrittelmehrheit.

Das heißt, es liegt an den Sozialdemokraten, wenn dieser Antrag nicht beschlossen wird. Denn Abgeordneter Khol wird meiner Meinung nach wegen zwei Worten in einem Antrag nicht die Koalitionsfrage stellen und zu Neuwahlen schreiten. Es liegt nur an Ihnen.

Aber Sie brauchen einen Funken von politischem Mut. Sie behaupten immer wieder, es herr­sche eine konservative Ideologie vor. Ich sage Ihnen, bei Ihnen gibt es nur mehr eine Machtideologie und sonst gar nichts mehr. Sie könnten es hier und heute erreichen, daß dieser Antrag mit der etwas besseren Verfassungsbestimmung Realität wird. Frau Abgeordnete Wurm! Sie würden in diesem Punkt nicht mehr zu träumen brauchen. Wenn Sie aber jetzt nicht zustimmen, dann werden Sie aufwachen und bemerken, daß Sie das Ganze auf der Ebene eines Traumes belassen haben.

Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Man fragt sich, wer denn eigentlich das Koalitionsabkommen ausverhandelt hat. War es denn die Sache der Frauen nicht wert, einen koalitionsfreien Raum zu vereinbaren? War wirklich nur die Promillegrenze und ein bißchen was sonst diesbezüglich durchsetzbar? (Abg. Dr. Mertel: Das ist verhindert worden!) Hätten Sie darum nicht auch so streiten können wie um die Anteilsrechte der Bank Austria? Oder sind die Frauen nicht so viel wert?

Es liegt hier und heute nur an der Sozialdemokratie! (Abg. Mag. Stadler: Das stimmt! – Abg. Bures: Das stimmt nicht!) Vier Parteien wären dafür, und es gibt keinen Grund und keine Entschuldigung, denn die ÖVP läßt wegen dieser zwei Worte nicht die Koalition platzen. Die Freiheitlichen werden sich bei der Abstimmung so verhalten. (Abg. Mag. Stadler: Ich kann Ihnen das bestätigen!) Sie bestätigen es. Alle werden so abstimmen. Wir werden namentlich abstimmen. Alle Abgeordneten dieser Partei werden namentlich abstimmen, so wie auch Sie, Frau Bures.

Es ist immer wieder die mangelnde Bereitschaft der Sozialdemokratie zu erkennen, für irgend­einen inhaltlichen Punkt, für den sie einmal gestanden ist, auch wirklich zu kämpfen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Bures: Unser Antrag liegt im Haus!)

22.35


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Meine Damen und Herren! Es ist außerordentlich erfreulich, daß die Präsenz so perfekt ist, aber das erhöht natürlich wiederum die Schwierigkeit zu reden. (Abg. Dr. Khol: Ja, untereinander können wir gut!)

22.35


Abgeordnete Heidrun Silhavy¦ (SPÖ): Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Frau Kollegin Petrovic! Sie haben uns gerade sozusagen dramaturgisch sehr wirkungsvoll dargestellt, wie Sie glauben, die Koalition in einen gewissen Zwang zu bringen.

Frau Kollegin Petrovic! Sie kennen unseren Antrag – ich gehe jedenfalls davon aus, daß Sie ihn gelesen haben – und wissen ganz genau, daß in Wahrheit der SPÖ-Antrag das Wort „beken­nen“ und Ihrer das Wort „verpflichten“ beinhaltet hat. Daher kennen Sie auch die inhaltlichen Begründungen. Es wirkt sehr lustig, wenn die FPÖ sagt, sie geht mit Ihrem Antrag mit. Wenn man den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Brauneder gelauscht hat, dann ist man nicht zu dieser Auffassung gelangt. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Also ich weiß nicht! Aber das ist die typische Art der FPÖ: Man weiß nicht, was sie eigentlich will und wohin sie geht. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl.)

Die Frau Bundesministerin hat heute früh gesagt, es sei schon ein Erfolg, daß wir keinen Schritt in die falsche Richtung gegangen sind.

Meine Damen und Herren! Wenn man den heutigen Debattenbeiträgen gelauscht hat, versteht man diese Aussage tatsächlich. Die Ausführungen der Abgeordneten der FPÖ wundern einen nicht besonders, da der Parteiführer noch das Sitten- und Rollenbild vom herrschenden Mann und der dienenden Frau hat. Angesichts dessen kann man sich frauenpolitisch natürlich nichts erwarten. Das ist klar.

Es ist aber bedauerlich, daß auch die Rednerinnen der ÖVP durch ihre Debattenbeiträge diese Aussage der Ministerin bestätigen.

Abgeordneter Khol hat auf die Frage, ich glaube, der Abgeordneten Motter, ob er heute nicht auch zu diesem Thema reden will, mit dem üblichen Si-tacuisses-Sprichwort geantwortet. Man müßte das auch Ihren Kolleginnen ans Herz legen. Vielleicht wäre es heute besser gewesen zu schweigen, dann hätte man der ÖVP eventuell auch frauenpolitische Ambitionen abgenommen.

Die Ausführungen der Frau Kollegin Gatterer zum Beispiel waren hochinteressant. Sie bedauert, daß zwei Ministerinnen nicht in der Lage sind, ein Modell einer Arbeitsbewertung zu finden. Frau Kollegin Steibl meinte, daß es in Zukunft die Aufgabe der Betriebsräte ist, Frauen­förderungs­programme umzusetzen. – Frau Kollegin Steibl! Was ist denn mit den Unternehmen? Wo waren Aussagen von Ihnen, Frau Steibl, oder irgend jemand anderem aus der ÖVP zu hören, als zum Zeitpunkt des Frauen-Volksbegehrens der Wirtschaftskammerpräsident der Steiermark eine sehr interessante Aussage getätigt hat? (Abg. Steibl: Das allein ist noch kein Frauenförde­rungsprogramm!)

Herr Kollege Stummvoll! Vielleicht hören Sie nun genau zu, was Präsident Mühlbacher zum Frauen-Volksbegehren gesagt hat: Er unterschreibe nicht! Eine Frau müsse sich entscheiden, ob sie Karriere machen oder eine Frau sein wolle. – Also: Karriere oder Frau! Beides gibt es für die ÖVP offensichtlich nicht. (Abg. Dr. Fekter: O ja! Ich bin ein typisches Beispiel dafür!)

Frau Kollegin Fekter! Hören Sie zu! Mühlbacher von der Wirtschaftskammer Steiermark sagte weiters, viele Männer seien auch deswegen leistungsfähiger, weil sie ein geborgenes Zuhause hätten. – Das heißt, die Frau ist für die Hausarbeit zuständig. Dienet/herrschet, wie es auch die FPÖ vertritt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Kukacka: Wir sind für die Wahlfreiheit der Frauen!)

Es ist von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern heute bereits gesagt worden, daß wir an vielen Punkten des Frauen-Volksbegehrens weiterarbeiten müssen. Aber es wird nicht nur an den Punkten des Frauen-Volksbegehrens weiterzuarbeiten sein, solange die Frauen glauben, Männerprobleme lösen zu müssen. Selbst das Problem „Groër“ soll, wie man in der Zeitung nachlesen kann, durch ein Frauenkloster gelöst werden. – Das heißt, wir werden nicht nur legistische Akte zu setzen haben.

Den Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ und der ÖVP, vor allem den Kolleginnen, möchte ich einen Gedankengang mitgeben: Selbstbewußte und im Leben stehende Männer haben mit Gleichbehandlung und Chancengleichheit kein Problem. Fördern Sie das Selbstbewußtsein Ihrer Abgeordnetenkollegen, dann werden wir in Zukunft die von uns hier im Haus einge­brachten Anträge bald umgesetzt haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.40


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

22.40


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Speziell meine Damen von der SPÖ! Es mag nicht in Ihr Weltbild passen, aber Frau Kollegin Petrovic hat völlig richtig berichtet. Präsident Brauneder hat Ihnen dargetan, warum mit dieser Verfassungsbestimmung und einem sich zur tatsächlichen Gleichberechtigung Bekennen für die Frauen nicht nur nichts gewonnen ist, sondern unter Umständen, Frau Ministerin, sogar noch etwas verloren wird. Das ist unsere, von Professor Brauneder sehr gut und fundiert begründete Meinung. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Gestatten Sie mir, Frau Kollegin Fekter, daß wir eine Meinung dazu haben! – Danke sehr.

Ich sage nur, daß die Freiheitlichen in Anbetracht dessen, daß Kollegin Fekter den Frauen keinen guten Dienst erweist und wie die Kolleginnen von der SPÖ Probleme hat, all das mit ihrem Weltbild zu vereinen – das hat man von Kollegin Silhavy gerade gehört –, das für ver­nünfti­ger erachten, was im Antrag der Liberalen und der Grünen zum Ausdruck gebracht wird, als das, was die Koalition zum Ausdruck bringt.

Daher sage ich Ihnen: Wir werden heute bei der namentlichen Abstimmung – deswegen wollen wir unter anderem namentlich abstimmen – für diesen Antrag eintreten. Er ist nämlich, wenn man eine derartige Staatszielbestimmung mit der Verpflichtung oder sozusagen mit dem Auftrag an die Gebietskörperschaften ausstattet, für eine Gleichstellung von Mann und Frau einzutreten, um Klassen besser! (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Frau Kollegin Fekter! Es ist ein Unterschied, ob ich ein Bekenntnis in eine Verfas­sungs­bestimmung aufnehme oder einen Auftrag an die Gebietskörperschaften. Wenn Sie die Ver­fassung nur einmal durchgeblättert haben – vielleicht haben Sie einmal Muße dazu, es würde Ihnen als Vorsitzende des Justizausschusses nicht schaden! –, dann werden Sie kein einziges Glaubensbekenntnis darin gefunden haben beziehungsweise finden. Da verwechseln Sie etwas. Wenn irgendwo eine Staatszielbestimmung vorhanden ist, dann handelt es sich nur um einen Auftrag an die Gebietskörperschaften. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Sind Sie nicht meiner Meinung? Dann nennen Sie mir ein Bekenntnis in der Bundesverfassung! (Abg. Schieder: Da hat Stadler schon recht!) Natürlich! Es gibt darin ein derartiges Bekenntnis nicht, sondern es gibt Aufträge, es gibt Grundrechte und es gibt subjektiv öffentliche Rechte, die der einzelne durchsetzen kann. Das, was die Regierung heute vorhat, ist ein juristisches Novum, das aber zu Lasten der Frauen gehen wird! Da hat Kollege Brauneder völlig recht. Wenn man das ganz genau untersucht, dann sieht man, daß man den Frauen damit nicht nur keinen guten Dienst erweist, sondern unter Umständen sogar schadet. (Abg. Tichy-Schreder: Wenn Männer sagen, daß etwas zu Lasten der Frauen geht, dann stimmt etwas nicht!) Frau Kollegin! Sie haben doch die Möglichkeit, es juristisch besser zu argumentieren, als Frau, wenn Sie glauben, daß Sie gute Argumente für Ihr Bekenntnis in der Bundesverfassung haben.

Wir sagen: Es muß einen Auftrag an die Gebietskörperschaften geben. Diesen Auftrag bringt nun der Antrag der Grünen und der Liberalen zum Ausdruck. Das haben Sie verpaßt! Das ist das Problem dabei, und daher werden wir heute bei der namentlichen Abstimmung diesem Antrag der Liberalen und der Grünen zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen, beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

22.43


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

22.43


Abgeordnete Marianne Hagenhofer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Stadler! Der Antrag auf Beschluß einer diesbezüglichen Verfassungsbestimmung, den Sie jetzt gerade angesprochen und referiert haben, liegt im Haus. Das will ich nur richtigstellen.

Frau Kollegin Horngacher hat in ihrem Debattenbeitrag gemeint, daß sich sehr wohl etwas geändert habe. Frau Kollegin! Ich gebe Ihnen recht. Ich glaube, ich habe Sie richtig verstanden, wenn Sie meinten, daß sich die gesellschaftspolitische Einstellung zur Frau und auch die gesellschaftspolitische Einstellung der Frau grundsätzlich geändert hat. Ich glaube, da sind wir sicherlich auf dem gleichen Weg.

Wenn wir die Forderungen des Volksbegehrens bündeln, dann würde ich diese so deuten, daß sich sehr wohl etwas geändert hat: Denn die Frauen von heute können und wollen – das ist ein Ausdruck des Begehrens – individuelle Personen sein, individuelle Personen werden und eine eigene Identität annehmen, das heißt, sie wollen nicht nach bestimmten Vorbildern oder Leitbildern leben müssen. Wir leben heute vielfach noch – so sehe ich das auch bei uns draußen – nach Bildern, die durchwegs noch aus dem 19. Jahrhundert stammen. Ich meine das jetzt nicht abwertend, aber das Idealbild in vielen Köpfen ist noch immer: Mutter und Kind zu Hause, Vater in der Arbeit. Und eine Frau, die arbeiten gehen will oder arbeiten gehen muß – auch das soll es geben –, muß Schuldgefühle haben.

Ich meine das jetzt nicht negativ, denn es soll wirklich jeder die Möglichkeit haben, so zu leben, wie er leben will. Auf jeden Fall ist es aber wichtig, daß wir unseren jungen Frauen die best­mögliche Ausbildung mitgeben. Daran sind wir alle interessiert. Und wenn man sie fragt – ich befrage sehr viele Mädchen im Rahmen der Berufsberatung darüber –, dann bekommt man häufig die Antwort: Ich möchte einen guten Beruf haben und Familie und Beruf vereinbaren können.

Wenn es Wirtschaftsdynamik und Wirtschaftswachstum gibt, dann haben auch alle eine Chance zu arbeiten. Es geht darum, die Arbeit gerecht zu verteilen, und ich meine, Arbeits­markt­probleme sollen und dürfen nicht auf dem Rücken der Frauen ausgetragen werden.

Ein Schlagwort, das sehr häufig gebraucht wird, ist „Flexibilität“. Die Flexibilität ist heute schon einige Male angesprochen worden. Flexibilität wird von den Arbeitnehmern in allen Lebenslagen verlangt. Und wenn wir wollen, daß alle Mitglieder der Gesellschaft am Wirtschaftsleben teilneh­men können, dann darf man es meiner Ansicht nach nicht als Hürde sehen, wenn bestimmte gesetzliche Rahmenbedingungen, auf die ich noch eingehen werde, kommen. Ich betrachte das vielmehr auch als Möglichkeit der Wirtschaft. Ich sehe das Recht auf Teilzeitarbeit nicht als Hürde und als besondere Erschwernis für die Wirtschaft. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sagen Sie, wovon reden Sie eigentlich?) Es ist dies eine Gewöhnungssache: Wenn sich jeder Arbeitnehmer an die Flexibilisierung zu gewöhnen hat, sich umzustellen und auf neue Situationen einzustellen hat, dann muß auch die Wirtschaft Flexibilität zeigen. – Die entsprechenden Anträge werden von uns eingebracht werden, und ich meine, daß wir diesen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit mit Rückkehrrecht in einen Vollzeitjob wirklich durchbringen sollten. Ich bitte hier um Gemein­samkeit.

Ein besonderes Anliegen ist mir auch, daß die Behaltepflicht auf 26 Wochen nach Rückkehr aus der Karenzzeit ausgedehnt wird. Denn es ist vielen nicht geholfen, wenn sie nach der Schutzfrist von vier Wochen nicht mehr im Arbeitsverhältnis bleiben können. (Beifall bei der SPÖ.) Daran sollten wir arbeiten, und daran haben wir alle gemeinsam zu arbeiten, wenn wir wollen, daß alle am Wirtschaftsaufschwung teilnehmen. Zufrieden werden wir erst sein, wenn alle Frauen von dieser Forderung profitiert haben beziehungsweise profitieren können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.49


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Reichhold. – Bitte.

22.49


Abgeordneter Ing. Mathias Reichhold¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr verehrter Herr und verehrte Frau Minister! Der Grund, warum ich mich noch zu Wort melde, ist ein Zwischenruf, der aus den Reihen der ÖVP kam.

Auf meine Frage, warum die ÖVP dem Passus nicht zustimmt, die Gleichberechtigung der Frau verpflichtend in der Staatszielbestimmung festzuschreiben, bekam ich die Antwort: Weil die SPÖ das bei den Bauern nicht tut!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte es für unzulässig, diese Diskussion so zu führen. Bitte spielen Sie jetzt nicht die Bauern gegen die Frauen aus, sondern geben Sie den Frauen im Gesetz das, was sie verdienen! Geben Sie ihnen jenen Stellenwert, den sie brau­chen, und geben Sie auch den Bauern jenen Stellenwert in den Gesetzen, den sie verdienen und brauchen, um überleben zu können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.50


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Als nächste gelangt die Frau Bundesministerin zu Wort. – Bitte.

22.50


Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer¦: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zunächst eine kurze Feststellung: Der jetzt so spontan eingebrachte Abänderungsantrag liegt bereits im Verfas­sungsausschuß. Er ist meines Erachtens nicht neu einzubringen, sondern wäre im Verfassungs­ausschuß ordnungsgemäß zu behandeln. – Das zum ersten.

Zum zweiten: Frau Abgeordnete Madl! Ich möchte nur der Wahrheit zum Durchbruch verhelfen: Nachdem ich auf die wortgetreue Wiedergabe meiner persönlichen Geschichte Wert lege, stelle ich klar: Als ich damals Landesrätin in Oberösterreich wurde, wurde mir zwar einerseits das Frauenressort durch einen Antrag des Herrn Landesrates Achatz angeboten, gleichzeitig wurde aber eine restlose Umverteilung der Kompetenzen innerhalb der Landesregierung vorgenom­men, und mir wären als erster und einziger Frau so wesentliche Ressorts wie der Wohnbau abhanden gekommen und dorthin gewandert, von wo die Antragstellung ausging. Das verstehe ich nicht unter Frauenpolitik! (Beifall bei der SPÖ.) Denn Frauenpolitik bedeutet auch, daß man in allen Bereichen tätig und aktiv ist. Und ich konnte gerade als Wohnbaulandesrätin in diesen zwei Jahren sehr viel Frauenpolitik machen. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte noch einige Bemerkungen zur Kinder­betreuung in Richtung des Liberalen Forums machen, weil diese so oft angesprochen wurde: Ich bin keine Gegnerin privater Einrichtungen, aber ich würde mir von Ihnen wünschen, daß Sie auch nicht Gegnerinnen und Gegner von öffentlichen Einrichtungen sind, denn diese Botschaft kommt immer herüber. (Beifall bei der SPÖ.) Das fällt mir immer wieder auf.

Dazu sage ich Ihnen: Wir können nur zu einem flächendeckenden Angebot kommen, wenn wir wirklich alle möglichen Ressourcen, die wir anzubieten haben, kombinieren. (Beifall bei der SPÖ.) Es läuft gerade jetzt ein Projekt, das sehr spannend ist: Neutrale außenstehende Personen versuchen in einer bestimmten Region, verschiedene Einrichtungen verschiedener Kommunen, von den Tagesmüttern bis zu den Horten, so zu vernetzen, daß wir in diesem einen Gebiet im Rahmen dieses Projektes tatsächlich zu einem flächendeckenden Angebot kommen, und zwar für Kinder von eineinhalb Jahren bis zu dem Alter, in dem die Kinder das nicht mehr brauchen. Ich meine, daß es in der nächsten Zeit darum gehen wird, daß alle miteinander auch über diese Hürde springen, um die entsprechenden Angebote garantieren zu können.

Ich komme noch einmal – ich habe das heute schon bei meiner ersten Wortmeldung gesagt – zum Kinderbetreuungsscheck: Dieser ist keine Alternative, wenn entsprechende Einrichtungen nicht bestehen. Ein Scheck, der nicht eingelöst werden kann, weil es die Einrichtungen nicht gibt beziehungsweise diese nicht weiterentwickelt werden, ist nicht die Perspektive, die Frauen brauchen – auch die Männer nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich habe vor mittlerweile schon geraumer Zeit, wenn auch noch nicht allzu lang zurückliegend, fünf Jahre lang mit arbeitslosen Frauen gearbeitet. Ich habe in diesen fünf Jahren versucht, Frauen den Wiedereinstieg zu erleichtern. Viele von diesen Frauen waren so um die 40 – schon sehr „alt“, aber sie waren damals jünger, als ich heute bin –, und für viele dieser Frauen war vor kurzem eine Welt zusammengestürzt. Es handelte sich meist um Frauen, die immer zu Hause waren und geglaubt haben, daß ihnen nie etwas passieren und nie etwas über sie hereinbrechen kann. Es waren dies Frauen, die gemerkt haben, wie ihnen plötzlich der Mann abhanden kommt, Frauen, die ursprünglich gute Qualifikationen hatten und plötzlich feststellen mußten, daß diese Qualifikationen nichts mehr wert sind.

Seit diesem Zeitpunkt weiß ich, daß das, was Frau Abgeordnete Brinek gesagt hat, das Wichtige und Wesentliche ist: Berufsunterbrechung so kurz wie möglich. – Dafür müssen aber entsprechende Rahmenbedingungen vorhanden sein: Kinderbetreuungseinrichtungen, das Recht auf Teilzeit und Rückkehr zur Vollzeit und vieles andere mehr. Frauen sollen nicht in die Berufstätigkeit gezwungen werden, wenn sie das nicht wollen. Aber es muß ihnen auch die Tragweite einer Entscheidung für das Zuhausebleiben bewußt sein.

Junge Frauen wissen das, und junge Frauen entscheiden sich aus diesem Grund nicht mehr für das eine oder das andere, sondern wollen beides. Das ist dramatisch, und die diesbezüglichen Herausforderungen sind groß, gerade auch, was unseren Nationalen Aktionsplan betrifft, doch wir müssen bedenken: Die nach wie vor steigende Arbeitslosigkeit ist darauf zurückzuführen, daß Frauen jetzt intensiv auf den Arbeitsmarkt drängen. In Anbetracht dessen dürfen wir aber nicht sagen, daß die Frauen jetzt wieder zu Hause bleiben sollen. Ganz das Gegenteil: Wir müs­sen Frauen genauso wie Männern die Arbeitsplätze garantieren, und zwar unter akzeptablen und den Menschen zumutbaren Bedingungen.

Meine Damen und Herren! Die Frauenförderung ist ein weiterer sehr wesentlicher Punkt und ein weiteres sehr wesentliches Standbein. Frauenförderung und Frauenförderpläne dürfen nicht mit Familienförderungsplänen verglichen werden. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, daß sich Betriebe unter dem Titel Frauenförderung der Familienförderung verschreiben und Rollen nur einzementiert und nicht aufgelöst werden. Genau das muß immer wieder hinterfragt und beobachtet werden! (Beifall bei der SPÖ.)

In Anbetracht dessen wundere ich mich natürlich, wenn es immer wieder heißt, daß Betriebe frauenfördernde und – wie ohnedies gleich darunter steht – familienfördernde Maßnahmen set­zen, warum es dann keine entsprechenden Betriebsvereinbarungen gibt und nicht gleich Nägel mit Köpfen gemacht werden.

Ich möchte gerne aus dem projekthaften Stadium, in dem ich mich jetzt befinde, Kontinuität ableiten können. Denn es ist wirklich wichtig und notwendig – übrigens auch hinsichtlich des Inhalts des Nationalen Aktionsplanes –, daß jenen Betrieben, die es ernst meinen und die tatsächlich Frauenförderung im Sinne des Rollenauflösens machen wollen, die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird, damit wir zu Strukturen kommen, mit welchen eine adäquate Förderung gewährleistet ist. Das wird wichtiger sein als jede finanzielle und steuerliche Unterstützung. Und ich habe genug Kontakte mit Unternehmen, die mir sagen, daß dazu entsprechende Sachleistungen, Know-how und Infrastruktur vonnöten sind, jedoch nicht die Abschreibung von der Steuer.

In diesem Zusammenhang sind wesentliche, wichtige und sehr erfreuliche Ansätze im Nationa­len Aktionsplan enthalten. Es wird natürlich eine große Herausforderung sein, all das mit Leben zu erfüllen und diese vielen Punkte in den nächsten fünf Jahren auch zügig umzusetzen. Ich finde es ganz wichtig, daß alle Punkte mit Frauenquoten versehen sind, denn die große Heraus­forderung der nächsten Jahre wird sein, wie wir Frauen die Möglichkeit ... (Abg. Dr. Gredler: Auch in der Regierung!) Auch in der Regierung, Frau Abgeordnete! (Demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Gredler.) Auch da muß sich etwas ändern, da gebe ich Ihnen hundertprozentig recht.

Diese Perspektive gibt Hoffnung, daß wir nun – wie ich es heute schon bei der Gentechnik gesagt habe, ich wiederhole mich bereits – nicht an einem Endpunkt angelangt sind, sondern einen neuen Anfang setzen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.00


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Seitens der Berichterstattung wird kein Schlußwort gewünscht.

Wir gelangen zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen werden.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1113 der Beilagen als Anlage 1 beigedruckte Entschließung betreffend Sicherstellung eines kontinuierlichen Zugan­ges zu aktuellen geschlechtsspezifischen Daten unter besonderer Berücksichtigung von Ein­kommensdaten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem, dem Ausschußbericht beigedruckten Ent­schließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen. (E 109.)

Weiters stimmen wir ab über die dem Ausschußbericht 1113 der Beilagen als Anlage 2 bei­gedruckte Entschließung betreffend Verteilung der Einkommen.

Auch diesfalls darf ich bitten, daß jene Damen und Herren, die dieser Entschließung zustimmen, ein Zeichen der Zustimmung geben. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit beschlossen. (E 110.)

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1113 der Beilagen als Anlage 3 beigedruckte Entschließung betreffend Legung eines Erfahrungsberichtes über die Auswir­kungen der neuen gesetzlichen Bestimmungen betreffend zu geringfügig Beschäftigte.

Im Falle der Zustimmung darf ich um ein Zeichen ersuchen. – Auch dieser Antrag ist mehr­heitlich angenommen. (E 111.)

Wir stimmen weiters ab über die dem Ausschußbericht 1113 der Beilagen als Anlage 4 beigedruckte Entschließung betreffend umfassende Gleichstellung von Frauen und Männern im Bildungsbereich sowie Förderung einer geschlechtsspezifischen Berufsorientierung.

Auch diesbezüglich darf ich im Falle der Zustimmung um ein Zeichen bitten. – Dies ist mit Mehrheit beschlossen. (E 112.)

Wir stimmen ferner ab über die dem Ausschußbericht 1113 der Beilagen als Anlage 5 beigedruckte Entschließung betreffend weiteren Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen über Initiative des Bundes bis zum Jahr 2000.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein Zeichen. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit ange­nommen. (E 113.)

In gleicher Weise stimmen wir ab über die dem Ausschußbericht 1113 der Beilagen als Anlage 6 beigedruckte Entschließung betreffend Anrechnung von Partnereinkommen auf die Notstandshilfe.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit beschlos­sen. (E 114.)

Wir stimmen ab über die dem Ausschußbericht 1113 der Beilagen als Anlage 7 beigedruckte Entschließung betreffend Entwicklung eines Berufsbildes für Tageseltern.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein Zeichen. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit ange­nommen. (E 115.)

Wir stimmen weiters ab über die dem Ausschußbericht 1113 der Beilagen als Anlage 8 bei­gedruckte Entschließung betreffend Erstellung einer umfassenden Information von in Karenz befindlichen Personen über Unterstützungsmaßnahmen zum Wiedereinstieg ins Erwerbsleben.

Im Falle der Zustimmung darf ich um ein Zeichen bitten. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit ange­nommen. (E 116.)

Ebenso stimmen wir ab über die dem Ausschußbericht 1113 der Beilagen als Anlage 9 beigedruckte Entschließung betreffend Weiterentwicklung der gesetzlichen Pensionsver­siche­rung in Richtung eigenständiger Alterssicherung für Frauen.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein Zeichen. – Der Nationalrat hat dies mit Mehrheit be­schlossen. (E 117.)

Wir stimmen nunmehr ab über den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Haller betreffend Verbesserung des Rechtsschutzes im Ausschreibungsverfahren.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag Haller eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Entschließungsantrag der Frau Kollegin Mag. Kammerlander und Genossen betreffend Ausdehnung der Behaltefrist nach der Karenzzeit auf 26 Wochen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dieser Antrag bleibt in der Minderheit und ist daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Madl betreffend praxisgerechte Begrenzung von Nebeneinkommen bei Karenzgeldbezug.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Dieser Antrag bleibt in der Minderheit und ist daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1114 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Hlavac und Dr. Fekter einen Abänderungsantrag einge­bracht.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Kammerlander und Schaffenrath einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Vorlage abstimmen lassen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf außerdem um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne § 82 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung das entsprechende für Verfassungsbeschlüsse notwendige Quorum fest. – Dieses ist eindeutig gegeben.

Die Abgeordneten Dr. Hlavac und Dr. Fekter haben also, wie erwähnt, einen Abände­rungs­antrag eingebracht, der sich auf den Einleitungssatz sowie die Ziffer 1 Art. 7 Abs. 3 und die Ziffer 2 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Antrag Hlavac/Fekter zustimmen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dieser Antrag ist mit der erforderlichen verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit beschlossen. Angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Kam­merlander, Schaffenrath und Genossen betreffend Ziffer 1 Art. 7 Abs. 2 erster Satz.

Für diesen Antrag ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden, und zwar von 20 Ab­geordneten, sodaß diesem Verlangen zu entsprechen ist.

Ich werde diese namentliche Abstimmung so durchführen, daß ich die Damen und Herren Abgeordneten in alphabetischer Reihenfolge aufrufe und sie bitte, von ihrem Sitzplatz deutlich die Fragestellung der Abstimmung mündlich zu beantworten.

Jene Abgeordneten, die für den Abänderungsantrag Kammerlander/Schaffenrath stimmen, er­suche ich, mit „Ja“ zu antworten, jene, die dagegen stimmen, ersuche ich – logischerweise –, mit „Nein“ zu antworten.

Durch Wiederholung des Namens der aufgerufenen Abgeordneten und Wiederholung des Stimmverhaltens wird Klarheit über das Abstimmungsverhalten zu schaffen sein.

Ich beginne daher mit dem Namensaufruf und bitte in unser aller Interesse, weil wir das Verfahren ohne Verzögerung durchführen wollen, um Konzentration.

(Präsident Dr. Fischer ruft die Namen der Abgeordneten auf und wiederholt diese zusammen mit dem jeweiligen Stimmverhalten der einzelnen Abgeordneten.)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Die Stimmabgabe ist beendet. Wir werden rasch auszählen und das Abstimmungsergebnis gleich bekanntgeben.

Ich unterbreche die Sitzung für kurze Zeit.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 23.15 Uhr unterbrochen und um 23.17 Uhr wiederaufgenommen.)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe folgendes Abstimmungsergebnis bekannt: Es wurden 173 Stimmen abgegeben, davon waren 121 „Nein“-Stimmen, 52 „Ja“-Stimmen.

Der Antrag ist daher abgelehnt.

Die Namen der Abgeordneten werden unter Angabe ihres Stimmverhaltens im Stenogra­phi­schen Protokoll festgehalten werden, wie das bei der namentlichen Abstimmung vorgesehen ist.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Apfelbeck, Aumayr;

Barmüller, Blünegger, Böhacker, Brauneder;

Dolinschek;

Firlinger;

Gaugg, Gredler, Grollitsch;

Haidlmayr, Haller, Haselsteiner, Haupt, Hofmann;

Kammerlander, Kier, Koller, Krüger, Kurzmann;

Lafer, Langthaler;

Madl, Meischberger, Meisinger, Mentil, Motter;

Nußbaumer;

Ofner, Öllinger;

Partik-Pablé, Peter, Petrovic, Povysil, Prinzhorn, Pumberger;

Reichhold, Rosenstingl;

Salzl, Schaffenrath, Scheibner, Schmidt, Schöggl, Schreiner, Schweitzer, Stadler, Stoisits;

Trattner;

Van der Bellen;

Wabl, Wenitsch.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Antoni, Auer;

Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Brinek, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Donabauer;

Eder Kurt, Edler, Ellmauer;

Fekter, Feurstein, Fink, Freund, Frieser, Fuchs, Fuhrmann;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Gatterer, Grabner, Gradwohl, Großruck, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Heindl, Heinzl, Hlavac, Höchtl, Horngacher, Huber, Hums;

Jäger, Jarolim;

Kaipel, Kampichler, Kaufmann, Keppelmüller, Khol, Kiermaier, Kiss, König, Konrad, Kopf, Koppler, Kostelka, Krammer, Kräuter, Kröll, Kukacka, Kummerer, Kurzbauer;

Lackner, Leikam, Leiner, Löschnak, Lukesch;

Maderthaner, Maier Johann, Maitz, Marizzi, Mertel, Mock, Morak, Moser Sonja, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neisser, Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger;

Parfuss, Parnigoni, Pittermann, Platter, Posch, Puttinger;

Rada, Rasinger, Rauch-Kallat, Reitsamer, Riepl;

Sauer, Schieder, Schrefel, Schuster, Schwarzenberger, Schwemlein, Schwimmer, Seidinger, Sigl, Silhavy, Spindelegger, Stampler, Steibl, Steindl, Stippel, Stummvoll;

Tegischer, Tichy-Schreder, Trinkl, Tychtl;

Verzetnitsch;

Wallner, Wimmer, Wurm, Wurmitzer;

Zweytick.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir stimmen nun über die entsprechende Textstelle in der Fassung des Ausschußberichtes ab.

Es ist Auszählung der Stimmen beantragt worden, deshalb werde ich die Schriftführerinnen zu meiner Unter­stützung herausbitten. Frau Reitsamer zählt die „Nein“-Stimmen – das sind die Sitzen­bleiben­den –, und Frau Apfelbeck die „Ja“-Stimmen.

(Die Schriftführerinnen Apfelbeck und Reitsamer nehmen die Stimmenzählung vor.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Mir wird von den Schriftführerinnen, die ausgezählt haben, folgendes Abstimmungsergebnis genannt:

Frau Reitsamer hat 50 „Nein“-Stimmen gezählt, Frau Abgeordnete Apfelbeck hat 127 „Ja“-Stimmen gezählt. – Das ist eine sehr eindeutige Zweidrittelmehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir setzen nun die Abstimmungen fort. – Ich bitte Sie, wieder die Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Geset­zentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Dies ist mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Damit kommen wir sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustim­mung erteilen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Ich stelle fest, daß die Vorlage auch in dritter Lesung mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen ist.

Wir gelangen als nächstes zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1115 der Beilagen unter Berücksichtigung der von der Berichterstatterin vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Hiezu liegt ein Verlangen der Frau Abgeordneten Mag. Kammerlander auf getrennte Abstim­mung hinsichtlich der Ziffer 1 vor.

Ich werde zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil des Gesetzes, und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile entscheiden lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Ziffer 1 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung der Druckfehlerberichtigung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Teil zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Daher kommen wir nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile dieser Vorlage samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich darf auch hier im Falle der Zustimmung um ein Zeichen bitten. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen, nachdem die zweite Lesung beendet ist, sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen nun über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutter­schutzgesetz und das Elternkarenzurlaubsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1116 der Beilagen ab.

Frau Kollegin Kammerlander hat einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über diesen Zusatzantrag und dann über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen lassen.

Wir stimmen ab über den Zusatzantrag der Frau Kollegin Kammerlander, der die Einfügung eines neuen § 2 Abs. 1 in den Artikel II vorsieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Antrag aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse daher über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Vorlage in der Fassung des Ausschußberichtes ist in zweiter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Danke. Ich stelle fest, die Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen nun ab über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1117 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme des Berichtes des Gleich­behand­lungsausschusses stimmen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Nationalrat be­schließt darüber mit Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1118 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein Zeichen ersuchen. – Dieser Antrag ist gleichfalls mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1119 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein Zeichen. – Die Zustimmung erfolgt mit Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1120 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein Zeichen. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit ange­nommen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1121 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung darf ich um ein Zeichen bitten. – Diese Beschlußfassung erfolgt mit Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1122 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hier bitte ich im Falle der Zustimmung um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle die Beschlußfassung mit Mehrheit fest. Angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1123 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Diese Beschlußfassung erfolgt gleichfalls mit Mehrheit. Angenommen.

Ebenso stimmen wir ab über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1124 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein Zeichen. – Die Zustimmung erfolgt mit sehr großer Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1125 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein Zeichen. – Der Nationalrat beschließt darüber mit Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1126 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Die Zustimmung zu diesem Antrag erfolgt mit Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1127 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Nunmehr stimmen wir ab über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1128 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Die Beschlußfassung ist mit Mehrheit erfolgt. Angenommen.

Damit sind diese Punkte der Tagesordnung erledigt.

19. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 695/A der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird (1145 der Beilagen)

20. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 731/A der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studien­gänge (FHStG) geändert wird (1146 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 und 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. – Unter einem, Herr Minister! (Der auf der Regierungsbank sitzende Bundesminister Dr. Einem schmunzelt.)

Es sind dies die Berichte des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Anträge 695/A und 731/A. (Abg. Dr. Khol überreicht Abg. Rosemarie Bauer einen Strauß roter Rosen. – Die Abgeordneten der ÖVP applaudieren.)

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet, hingegen ist zu Punkt 19 der Abge­ordnete Dr. Stippel in meinem Croquis als Berichterstatter vorgesehen. Ist das ein Irrtum? (Abg. Dr. Stippel: Ja!) – Eine Berichterstattung wird also nicht gewünscht.

Damit können wir sogleich in die Debatte eingehen.

Es hat sich Herr Abgeordneter Dr. Krüger zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeit: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.28


Abgeordneter Dr. Michael Krüger¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich kenne zwar nicht den Grund, der Herrn Klubobmann Khol veranlaßt hat, Frau Kollegin Bauer mit einem so schönen roten Blumenstrauß die Aufwartung zu machen. (Abg. Schwar­zenberger: Sie können trotzdem gratulieren!) Welcher Grund es auch immer sein mag: Ich möchte mich dieser Gratulation sehr herzlich anschließen. (Heiterkeit und allgemeiner Beifall.) Ich weiß nicht, ob es ein Geburtstag ist oder eher ein Trost. (Abg. Dr. Khol: Nein! Eine Anerkennung! Die Anerkennung des Frauen-Volksbegehrens!) Ein Blumenstrauß, übergeben zum Zeichen des Trostes, weil Sie Ihre Frauenforderungen in diesem Haus nicht durchgebracht haben. – Sei es, wie es sei. Jedenfalls herzliche Gratulation!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der soeben absolvierte Abstimmungs­marathon hat fast schon den Charakter isometrischer Übungen angenommen. Ich hoffe daher, daß Sie noch die nötige Frische haben, die folgenden Tagesordnungspunkte und Debatten­beiträge über sich ergehen zu lassen.

Zur Debatte stehen nun Änderungen, Novellierungen des Studienförderungsgesetzes und des Fachhochschul-Studiengesetzes. Im Detail und inhaltlich werden die nachfolgenden Redner meiner Fraktion noch dazu Stellung nehmen.

Generell ist zu sagen, daß die Intention beider Gesetzesnovellen richtig ist, wenngleich sie unseres Erachtens unzureichend sind. Die Förderungspraxis für ältere Studierende mit einer Steigerung des Höchstalters von 30 auf 35 Jahre zu regeln, ist zwar eine Verbesserung gegenüber der derzeitigen Gesetzessituation und sicher sinnvoll. Eine Beschränkung ist aber generell abzulehnen.

Wir wissen aus Untersuchungen, daß gerade bei älteren Studierenden, die die Studienförderung in Anspruch nehmen, die Kausalität der Studienförderung mit dem Studienerfolg gegeben ist. Man sollte Studierende ab 35 nicht schematisch von dieser Förderung ausschließen, da es nach allen Tendenzen und Untersuchungen offenkundig so ist, daß der Studienerfolg eines Studie­renden, der eine Studienförderung in Anspruch nimmt, umso mehr auf die Studienförderung zurückzuführen ist, je älter er ist. Es ist daher nicht einzusehen, daß es in der Altersfrage zu einer Beschränkung kommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich diese Gelegenheit dazu benützen, etwas über die Praktiken der Regierungsparteien im Wissenschaftsausschuß coram publico im Plenum zu diskutieren. Ich erbitte mir auch die höfliche Aufmerksamkeit des Herrn Präsidenten Fischer, denn ich glaube, daß die dort geübte Praxis durchaus auch sein Interesse erwecken und ihn dazu veranlassen müßte, in der Präsidiale oder in der Debatte über eine Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrates oder auch über Änderungen von Usancen, die sich hier eingebürgert haben, nachzudenken.

Herr Präsident Fischer! Ich darf zunächst kurz jene Ereignisse resümieren, die mich zu diesem Debattenbeitrag in dieser Sache veranlassen, ein Debattenbeitrag, den ich nun bis zum Ende meines Redebeitrags in meiner Funktion als Ausschußvorsitzender mache.

Anfang Februar 1998 haben durchaus umstrittene Äußerungen des Wissenschaftsministers Widerhall in der Medienwelt gefunden. Es handelte sich um ein Interview in der Tageszeitung „Der Standard“. Diese Wortmeldungen wurden gemeinhin unter dem Terminus „Spitzelaffäre“ zusammengefaßt, und es gab fürwahr entsprechende Wortmeldungen in der öffentlichen Diskussion. Es war von Stasi-Mentalität und dergleichen die Rede. (Abg. Parnigoni: Wir haben nichts anderes vermutet!)

Dem Herrn Bundesminister ist es aber nicht darum gegangen, sich davon zu distanzieren. Zwar gab es eine halbherzige Distanzierung des Sektionschefs Höllinger, das war eine Art geordneter Rückzug, aber eine Distanzierung von den geplanten untragbaren Bespitzelungstendenzen ist bis zum heutigen Tag nicht erfolgt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Es geht mir dabei gar nicht so sehr um die Affäre selbst, Herr Minister. Dafür haben Sie, Gott sei Dank, öffentlich die Ihnen in dieser Sache gebührenden medialen Prügel beziehen müssen. Mir geht es dabei um das Formale.

Herr Präsident Fischer! Es ist für mich wirklich untragbar, wenn die Opposition einen Aus­schußtermin dringend urgiert, der notwendig ist, weil alle, die Universitäten, Abgeordnete und Studierende, irritiert sind, aber kein Termin vereinbart werden kann. (Abg. Mag. Stadler spricht mit Präsident Dr. Fischer. – Abg. Parnigoni: Der Präsident kann nicht zuhören, weil ihn der Stadler stört!) Selbstverständlich ist in dieser Situation ein Ausschuß einzuberufen. (Abg. Parnigoni: Beschweren Sie sich doch endlich bei ihm!)

Herr Kollege Parnigoni! Ich weiß nicht, was Sie von Wissenschaft und vom Wissen­schafts­ausschuß verstehen, aber ich glaube, es hält sich in sehr engen Grenzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht darum, daß es einen dringenden Bedarf gegeben hat. (Abg. Parnigoni: Sie haben moniert, Präsident Fischer höre Ihnen nicht zu! Das kann er gar nicht!)

Herr Kollege Parnigoni! Auch wenn Sie noch so laut sprechen, Ihre Argumente werden nicht besser. Halten Sie sich eher zurück. Ich glaube, Sie verstehen nichts von dieser Materie. Lehnen Sie sich wieder ein bißchen zurück. (Abg. Parnigoni: Diese Präpotenz können Sie irgendwo abgeben, aber nicht im Hohen Haus!)

Ja, ja! Gut! Herr Kollege Parnigoni! Von Ihnen nehme ich diese Zensur nicht entgegen. Wenn Sie aber schon davon sprechen, dann muß ich sagen, das ehrt mich, denn das aus Ihrem Mund zu erfahren, kann ich nur als Ehrung empfinden, Herr Kollege. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

So weit, so gut. Es geht mir um die formalen Erfordernisse einer Einberufung des Ausschusses. Es ist offensichtlich Usance im Hohen Haus – das wurde uns auch von der Klubführung mitgeteilt –, daß derartige Ausschüsse nur im Einvernehmen stattfinden können. Das wurde von der SPÖ trotz vieler Versuche, auch von seiten der Liberalen – die liberale Wissen­schafts­sprecherin begehrte auch einen Sonderausschuß –, durchgesetzt. Alle Versuche der Oppo­sition, zu einem raschen Ausschußtermin, also noch Anfang Februar, zu kommen, wurden schlicht boykottiert. Das scheint mir untragbar zu sein.

Herr Präsident Fischer! Ich frage mich: Welche Mindestrechte hat ein Ausschußvorsitzender, wenn nicht die, einen Ausschußtermin festsetzen zu können? – Nun können Sie mich sicherlich auf die Geschäftsordnung verweisen, in der das steht. Wir kennen die Usance, und sie sollte eingehalten werden. Aber wo bleibt dabei die Fairneß? – Aus rein parteitaktischen Gründen wurde versucht, eine Affäre durchzutauchen. Es mag politisch durchaus geschickt gewesen sein, denn es ist bis zum heutigen Tage von dieser Affäre nicht viel übrig geblieben. Es ist also durchgetaucht worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien, insbesondere von der SPÖ! Sie mögen zwar politisch geschickt agiert haben, aber der Demokratie haben Sie einen denkbar schlechten Dienst erwiesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte von dieser Stelle aus gleich ankündigen, daß ich mich, sollte es in Hinkunft einen dringenden Bedarf nach einer Ausschußsitzung geben, über diese angeblich bewährte Tradition der einvernehmlichen Terminfestsetzung hinwegsetzen werde, wenn ich den Eindruck habe, daß der Ausschußtermin schlicht aus politischen Gründen boykottiert wird. Das darf es ganz einfach nicht geben, daß eine notwendige Ausschußsitzung zwei Monate lang mangels Konsenses über einen Termin nicht einberufen werden kann.

Herr Präsident Fischer! Sie wissen genau, daß, wenn es pressiert, die Opposition, und selbst­verständlich auch die freiheitliche Opposition, jederzeit bereit ist, notwendigenfalls sehr kurz­fristig Ausschußtermine anzusetzen, zu beschicken und dort Beschlüsse zu fassen, etwa wenn der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber einen Auftrag zur Gesetzesreparatur bis zu einem bestimmten Termin gegeben hat. Das ist überhaupt keine Frage!

Aber für den Fall, daß das eine Einbahnstraße ist, wenn einerseits die Willfährigkeit der Oppo­sition vorausgesetzt wird, auf der anderen Seite aber aus rein politischen Gründen Aus­schußtermine boykottiert werden, nur um etwa den Wissenschaftsminister nicht zusätzlich dem medialen Sperrfeuer oder auch dem der Opposition auszusetzen – obwohl die Sitzung auch für ihn durchaus notwendig gewesen wäre, denn man hätte ihm im Wissen­schafts­ausschuß die Gelegenheit gegeben, sich entsprechend zu distanzieren –, kündige ich an, daß ich mich nicht mehr an diese Usance halten werde, wenn sie mißbräuchlich geübt wird.

Sie können dann natürlich sagen, daß die Festsetzung des Vorsitzes noch immer eine Mehr­heitsentscheidung des Parlamentes ist. Ich lasse mich mit dieser Begründung auch gerne abberufen, denn ich hoffe und glaube, daß die Bevölkerung verstehen wird, daß man sich als Ausschußvorsitzender nicht zum Hampelmann der Koalition degradieren lassen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.38


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

23.38


Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte zwei Bemerkungen zu den Ausführungen meines Vorredners, des Kollegen Krüger, machen.

Zum einen haben Sie Kollegen Parnigoni zu Unrecht zurechtgewiesen. Er hat nämlich nur auf etwas aufmerksam gemacht. (Abg. Dr. Krüger: Haben Sie gehört, was er gesagt hat?) Ja, ja. (Abg. Scheibner: Er spricht so undeutlich!) Er hat darauf aufmerksam gemacht, daß, während Sie den Präsidenten gebeten haben, ihm zuzuhören, Ihr geschäftsführender Klubobmann den Präsidenten die längste Zeit mit seinen Anliegen beschäftigt hat. (Abg. Mag. Stadler: Potz Blitz! Darf er denn das?!) So wichtig sind Ihrem Klubobmann offensichtlich die Abgeordneten der eigenen Fraktion!

Kollege Stadler! Ich halte das für eine Desavouierung jedes Abgeordneten, der um die Aufmerksamkeit des Präsidenten bittet, während Sie gleichzeitig zu ihm hinaufgehen. – Sie verlangen alles immer nur für sich. Sie verlangen für sich alles und sind selbst überhaupt nicht bereit, demokratische Spielregeln zu respektieren. Das ist Ihre Einstellung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Krüger: Lesen Sie das Protokoll! – Abg. Mag. Stadler: Ich bin ganz zer­knirscht!) Es ist mir Wurscht, was Sie sind. (Abg. Mag. Stadler: Na sehen Sie! Was reden Sie denn dann davon?!) Na wirklich! So wichtig sind Sie auch wieder nicht. Sie sind ja nicht das Zentrum dieses Hauses. (Abg. Mag. Stadler: So ist es! Kommen Sie endlich zur Sache!)

Zweitens (Abg. Mag. Stadler: Ja, jetzt kommt er zur Sache!): Kollege Krüger hat eingemahnt, daß wir, was die Festlegung eines Termines anlangt, ... (Abg. Mag. Stadler: Aber er hat keine Ahnung davon!) Vielleicht haben Sie, wenn Sie schon irgendwelche Angriffe starten, die Güte, einmal auch die Antwort anzuhören. Oder wissen Sie sie schon? (Abg. Mag. Stadler: Kommen Sie endlich zur Sache!) Wissen Sie sie schon? (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zum Zweiten hat Kollege Krüger gesagt, daß wir nicht bereit gewesen seien, einen Aus­schußtermin zu fixieren, und er hat angedroht, seinen Ausschußvorsitz zur Verfügung zu stellen. (Abg. Mag. Stadler: Das ist nicht zur Sache!)

Kollege Krüger! Wenn es wirklich dringende Probleme gibt, dann rufen Sie das nächste Mal vielleicht mich oder den Kollegen Lukesch direkt an.

Sie haben bei dieser Ausschußsitzung das erste Mal tatsächlich eingemahnt, wie oft Sie das schon versucht hätten. Das kann also nicht der Grund sein! Wir scheuen keine dieser Auseinandersetzungen, und wir hätten diese Auseinandersetzung selbstverständlich auch im Ausschuß nicht gescheut.

Zu den beiden Gesetzen, die hier anstehen: Die Entwicklung des Fachhochschul-Studien­ge­setzes verläuft überaus positiv. Mit der heutigen Änderung wird einer für diesen Bereich sehr großen Gruppe – man spricht von rund 60 000 HTL-Ingenieuren – die Möglichkeit geboten, eine Nach­qua­lifizierung vorzunehmen. Es sind hier aber auch darüber hinausgehende Gruppen mit einge­schlossen. Das Neue an dieser Lösung ist, daß wir versuchen, das im wesentlichen in Form eines Fernstudiums anzubieten. Das heißt, es ist ausdrücklich im Gesetz festgeschrieben, daß diese Ausbildung im Bereich der Fernstudien absolviert werden muß. – Kollege Stadler! Bleiben Sie doch einmal auf Ihrem Platz sitzen! Oder fällt Ihnen das so schwer? (Abg. Mag. Stadler: Ich muß aber einmal hinausgehen! Darf ich das? – Abg. Dr. Nowotny: Das ist kindisch!) Na ja, wenn Sie müssen! (Abg. Dr. Gredler: Aber nur kurz! – Abg. Mag. Stadler: Ja oder nein? – Abg. Parnigoni: Gescheiter wäre es, wenn Sie gleich draußen blieben!)

Diese Lehrgänge für die HTL-Ingenieure werden im Fernstudium angeboten. Das stößt manchmal auf Kritik. Ich meine aber dennoch, daß wir eine zukunftsträchtige Lösung gefunden haben.

Über die Fachhochschul-Studienrichtungen als solche und weitere Verbesserungen können wir im Rahmen des Fachhochschulberichtes noch diskutieren. Wichtig wird sicherlich sein, daß wir diese sehr gute, dezentrale Entwicklung jetzt nicht durch eine andere Entwicklung, die auf einen Länderzentralismus hinausläuft, möglicherweise wieder zunichte machen.

Zum Studienförderungsgesetz angesichts der späten Stunde nur zwei Sätze: Diese Novellierung bietet gegenüber der bisherigen Lösung den wesentlichen Vorteil, daß wir bei der Altersgrenze von 35 Jahren nicht nur die Berufstätigkeit einrechnen, sondern auch die Jahre der Kinder­erziehung im Verhältnis zwei zu eins. Das kommt unserer Meinung nach einer wichtigen Gruppe zugute. Das Ministerium hat das auf unsere Bitte hin sehr genau analysiert. Herzlichen Dank dafür! Die diesbezüglichen Daten wird Frau Kollegin Wurm noch darlegen.

Auch zu später Stunde und nach einem anstrengenden Tag kann ich sagen: Hiemit sind uns zwei gute Gesetze gelungen, die die Universitäten wieder weiterbringen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.42


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

23.42


Abgeordnete Dr. Martina Gredler¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zu den Studienförderungen: Es ist interessant, daß bis zum Jahr 1996 die Möglichkeit bestand, bis zum Alter von 40 Jahren eine Studienhilfe zu beziehen. Dann wurde der radikale Schnitt vollzogen: Man hat beschlossen, die Grenze auf 30 Jahre herab­zusetzen. Allerdings ist man im Sommer 1996 bereits draufgekommen, daß dieser Schnitt vielleicht doch zu radikal war. Daher hat man sich erlaubt, für das Studienjahr 1997/98, also nur für einen ganz kurzen Zeitraum, die Altersgrenze probeweise wieder auf 35 Jahre zu erhöhen.

Jetzt ist man wieder bei maximal 35 Jahren, aber die Regelung ist verworren, kompliziert und schwierig zu administrieren, anstatt daß man ganz klar sagt: Alle haben die Möglichkeit, diese Studienförderung bis 35 zu beziehen. Das wäre viel einfacher! Denn nun muß man nachweisen, daß man pro Kind irgendwie irgendetwas angerechnet bekommt, und so weiter und so fort.

Möglicherweise sind davon aber auch Personen betroffen, die nicht ein Kind, sondern Personen einer anderen Altersklasse zu betreuen haben. Was ist mit denen? – Die fallen natürlich aus dieser Regelung heraus! Ich finde, daß es viel ehrlicher wäre, wenn man sagt: Es wird ein gewisses Alter als Grenze festgelegt, und das wollen wir akzeptieren. Sie sind für 35 unter ganz, ganz besonderen, schwierigen Bedingungen. Ich halte das für den falschen Zugang, weil ich glaube, daß lebenslanges Lernen sehr wichtig ist in einer Zeit, in der die Lebensdauer des Wissens sehr kurz ist.

In einer Zeit, in der man sich ununterbrochen neu adaptieren muß, sollte man Personen, die zu einem späteren Zeitpunkt in ein Studium einsteigen wollen, wirklich fördern. Das tun Sie aber nicht, und deshalb erlaube ich mir, einen Abänderungsantrag einzubringen.

Dieser Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Martina Gredler, Partnerinnen und Partner betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Punkt 1 wird ersetzt und lautet:

1 § 6 Ziffer 4 lautet:

„4. Das Studium, für das Studienbeihilfe beantragt wird, vor Vollendung des 40. Lebensjahres begonnen hat.“

*****

Wir haben das 40. Lebensjahr deshalb gewählt, weil Sie selbst in der Studie, die erstellt worden ist, gesagt haben: „Die Untersuchung ergibt eindeutig, daß die Studienbeihilfe in höheren Altersgruppen einen besonders starken Förderungseffekt im Hinblick auf ein erfolgreiches Studium, höhere Erfolgsquoten und raschere Studienabschlüsse erzielt.“ – Das ist eine Grundlage.

Weiters sind wir der Meinung, daß durch diese Altersgrenze mehr Frauen erfaßt und nicht aus­gegrenzt würden. Außerdem wäre es leichter zu administrieren, weil man nicht ununter­brochen irgendwelche Nachweise über Zeiten erbringen müßte, in denen man Kinder betreut oder auch nicht betreut hat. Denn sonst könnte der Fall eintreten, daß eine Unterbrechung eintritt, weil ein Kind mit Blinddarmdurchbruch ins Krankenhaus muß und vielleicht zwei Wochen dort ist. Dann würde das vielleicht als Minus veranschlagt werden.

All das ist viel zu kompliziert. Einfacher ist es, gemeinsam mit jenen Leuten, die wollen, daß es eine Altersgrenze gibt, konsensual 40 Jahre als Altersgrenze festzulegen. Darauf würden wir eingehen, weil wir im Ausschuß festgestellt haben, daß wir mit dem ursprünglichen Vorhaben, die Altersgrenzen überhaupt abzuschaffen, in diesem Hause nicht durchkommen. Wir hoffen, daß die Kolleginnen und Kollegen von den anderen Fraktionen unsere Argumente einsehen, und ich würde mich freuen, wenn wir zu einer vernünftigen und wirklich einfachen Lösung kämen, denn es ist sinnlos, administrative Hürden einzubauen.

Ich möchte trotzdem ein Lob aussprechen, und zwar dafür, daß die Grundlagen der Studien­förderung jetzt über das Internet abrufbar sind. Dafür möchte ich mich bedanken, Herr Bundesminister. (Abg. Dr. Lukesch: Das Liberale Forum ist aber nicht im Internet!) Nein? – Das tut mir leid. Ich lade Sie in mein Büro ein, da können wir dann nach Lust und Laune herumsurfen und werden alles mögliche finden. Wenn Sie jedoch meinen, daß ich Herrn Bundesminister Einem dieses Kompliment nicht aussprechen sollte, dann ist das Ihr Problem, Herr Kollege Lukesch.

Zum Schluß möchte ich noch sagen: Wenn wir über die Qualität und die Qualitätssicherung von Studien diskutieren und dann Ideen vom Bundesminister kommen, die so mißverständlich formuliert sind, daß sie einen Aufschrei innerhalb der Hochschulen provozieren, und wenn man dann zwei Monate warten muß, bis die Probleme erörtert werden, dann halte ich das für eine undemokratische Vorgangsweise. Da wir keine regelmäßigen Termine haben, müßte meiner Meinung nach bei einem solchen Aufschrei innerhalb der Hochschulen viel früher ein Termin zustande kommen. Es müßte bei den Partnern von den Regierungsfraktionen die Sensibilität vorhanden sein, daß man sagt: Okay, wir werden das so schnell wie möglich im Hohen Haus einmal durchbesprechen.

Was ist jedoch geschehen? – Zwei Monate lang mußten wir warten, bis ein Termin zustande kam! Und es kann mir keiner einreden, daß der Herr Bundesminister keine Zeit hatte oder daß die zwei Herren von den Regierungsparteien keinen Termin gefunden haben. Ich habe es selbst erlebt, daß man mehr als einmal über meine Terminnöte hinweg gefahren ist. Ich habe mich daran gewöhnt, mich zu fügen. Allerdings müssen Sie sich daran gewöhnen, daß man, wenn die Opposition einmal verlangt, Dinge zu besprechen, die wirklich brisant sind, diesen Wunsch ebenfalls zu respektieren hat. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.49


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Antrag, den Frau Abgeordnete Dr. Gredler verlesen hat, ist ordnungsgemäß unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. Es wird gewünscht, die Uhr auf 4 Minuten zu stellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.50


Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Gredler! Natürlich kann man immer mehr fordern – was auch immer mehr Geld kostet –, das ist schon klar! Insbesondere dann, wenn man keine budgetäre Verantwortung zu tragen hat, liegt das natürlich nahe.

Wir haben beim Studienförderungsgesetz versucht, auf die Lebensumstände Spätberufener einzugehen. Und ich freue mich, daß es insbesondere gelungen ist – auch im Zusammenhang mit der heutigen Diskussion über die Gleichstellung, Gleichbehandlung und Förderung der Frauen –, die Kindererziehungszeiten anzurechnen, wodurch die Altersgrenze für Spätberufene, für Mütter ebenso wie für Erwerbstätige, erhöht wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Gredler: Die Grenze war einmal bei 40 Jahren! – Zwischenruf der Abg. Schaffenrath.)

Zweitens: Die kleine Novelle des Fachhochschul-Studiengesetzes wurde inhaltlich schon mit einem Höherqualifizierungsmotiv für unsere Ingenieure dargestellt. Es ist mir dabei ein beson­deres Anliegen gewesen, endlich einmal Fernstudien verpflichtend einzuführen. Das entspricht einerseits den modernen Methoden des „distant learning“, und andererseits verhilft es auch der regionalen Chancengerechtigkeit, für die die ÖVP immer eingetreten ist, besser zum Durch­bruch als die Konzentration an einzelnen Siedlungsschwerpunkten und in Hauptstädten. (Beifall bei der ÖVP.)

Drittens zu dem Punkt, den Kollege Krüger und auch Kollegin Gredler angesprochen haben: Mir wäre ein früherer Termin nach der Bekanntgabe gewisser Absichten oder mißverstandener Absichten des Herrn Ministers im Zusammenhang mit der Beobachtung der Universitäten und ihrer Leistungen durchaus recht gewesen. Aber ich habe in keiner Weise irgendwie blockiert. Ich habe allerdings ein gewisses Verständnis für den Herrn Bundesminister, daß er in Anbetracht seiner Doppelfunktion als Verkehrs- und Wissenschaftsminister nicht gerade über sehr viele freie Termine disponieren kann.

Kollege Krüger! Über etwas wundere ich mich – wir haben es im Ausschuß schon ange­sprochen –, nämlich über die sogenannte Spitzelaffäre. Ich habe Ihnen damals gesagt, daß die Freiheitlichen gegen Lehrveranstaltungen und Prüfungen von mir opponiert und 1994 Anfragen an den Minister gerichtet haben, ob ich denn tatsächlich objektiv unterrichte oder meine Studie­renden unter Umständen parteipolitisch indoktriniere. (Abg. Dr. Krüger: Ist das Spitzelwesen?) Genau das ist ein Spitzelwesen!

Eine zweite Anfrage der Freiheitlichen hat uns erst vor wenigen Wochen erreicht. Es ging wieder um einen Innsbrucker Professor, der statt angekündigter 28 Wochenstunden dann nur 16 gehalten hat. – Das ist immer noch das Doppelte der Stundenzahl, die ein Professor norma­lerweise unterrichtet oder zumindest als Lehrverpflichtung hat. – Und jüngst haben Sie eine Anfrage an den Herrn Bundesminister gegen Professor Ewald Breunlich, den Vorsitzenden der Hochschulgewerkschaft, eingebracht, in welcher Sie ihm durch Ihre Fragestellungen indirekt vorwerfen, daß er seine Pflichten verletzt, daß er seine Vorlesungen nicht hält, zu Prüfungen nicht erscheint und so weiter.

Wer sind Ihre Konfidenten? Wer sind Ihre Spitzel? – Das frage ich Sie! Und ich wäre wirklich erfreut, wenn Sie mir darauf eine Antwort geben könnten! (Beifall bei der ÖVP.)

23.54


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Sie hat verzichtet.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Wurm. – Bitte.

23.54


Abgeordnete Mag. Gisela Wurm¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Daß wir heute die Studienförderung in Form eines Abänderungsantrages noch­mals behandeln, freut mich. Ich habe mich immer für die berufstätigen Studierenden eingesetzt, und für die Altersgruppe der 30- bis 35jährigen Studierenden ganz besonders.

Anläßlich der diesbezüglichen heftigen Diskussion, die vor allem im Wissenschaftsausschuß geführt wurde, wurde sozusagen als Nebenprodukt eine Studie erstellt, in welcher die verschie­denen Umstände der 30- bis 35jährigen StudienbeihilfebezieherInnen untersucht werden. Ich möchte darauf kurz eingehen, wie Kollege Niederwieser schon angekündigt hat.

Ein wichtiges Ergebnis dieser Studie ist für mich, daß aufgezeigt wird, daß die Zahl der über 30jährigen Studienanfänger mit etwa 2 Prozent aller Anfänger immer noch sehr gering ist.

Zweitens: Die Anzahl der 30- bis 35jährigen Studienbeihilfeempfänger und ‑empfängerinnen liegt zwischen 12 und 23 Prozent, also somit signifikant unter den 25 bis 26 Prozent der unter 30jährigen, die Studienbeihilfe erhalten. In absoluten Zahlen sind das stets weniger als 100 Studienanfänger und ‑anfängerinnen. Im letzten Wintersemester waren es zum Beispiel nur 31.

Auch wenn von den 30- bis 35jährigen nur ein Fünftel über den zweiten Bildungsweg zur Hoch­schulreife gelangte, so sind das immer noch zehnmal soviel wie bei den unter 30jährigen. Von denjenigen, die den zweiten Bildungsweg beschritten haben – und das erscheint mir wirklich erwähnenswert –, beziehen aber regelmäßig mehr als 70 Prozent eine Studienbeihilfe, also dreimal so viel wie der Durchschnitt der Studierenden. Das heißt, daß die Studienbeihilfe für die über 30jährigen, über die wir jetzt reden, fast zur Gänze StudentInnen mit Berufs­reifeprüfung zugute kommt.

Die vierte und wichtigste Erkenntnis ist meines Erachtens, daß die 30- bis 35jährigen, die Studienbeihilfe empfangen, in puncto Studiendauer mit den Jüngeren voll mithalten können und noch dazu eine geringere Drop-out-Rate aufweisen. Dagegen ist die Studiendauer bei jenen, die kein Stipendium erhalten, mit 15 statt 12 Semestern viel höher, und auch deren Drop-out-Rate ist mit Abstand am höchsten. Das ist allerdings sehr wohl verständlich und klar, wenn man bedenkt, daß in dieser Gruppe über 60 Prozent Selbsterhalter sind, während bei den unter 30jährigen Studierenden nur 10 Prozent zur Gänze für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen.

Wichtig erscheint mir auch, zu analysieren, aus welchen gesellschaftlichen Schichten die Stu­dentInnen in diesem Alter kommen. – Der Anteil der Arbeiterkinder ist überdurchschnittlich hoch, und das wollten Bruno Kreisky, Hertha Firnberg und die SPÖ schon Ende der sechziger Jahre. Um nicht allzu klassenkämpferisch zu wirken und zu werden, und um den Koalitions­partner nicht noch einmal ungünstig zu stimmen, möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß auch der Anteil der Kinder, deren Eltern Kleingewerbetreibende oder Landwirte sind – also Berufs­gruppen, die der ÖVP nicht unbedingt ablehnend gegenüberstehen –, bei den 30- bis 35jährigen überdurch­schnittlich hoch ist.

Daher glaube ich, daß es ein guter Kompromiß ist, daß die Studienbeihilfe bis zum 35. Le­bensjahr beantragt werden kann, was bedeutet, daß man bis zum 39. Lebensjahr oder zum Teil auch bis zum 40. Lebensjahr studieren kann. Daß man dafür eine bestimmte Zeit an Berufs­tätigkeit nachweisen muß, ist bestimmt nicht das Komplizierteste für einen werktätigen Studenten oder eine werktätige Studentin. – Das kann ich Ihnen sagen, denn ich war selbst davon betroffen! (Beifall bei der SPÖ.)

23.58


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

23.58


Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes an Wissenschaftsfragen interessiertes Publikum! Hohes Haus! Ich möchte mich mit 1146 der Beilagen, Änderung des Fachhochschul-Studiengesetzes, beschäftigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wurzeln dieses Reparaturgesetzes gehen auf die Zeit vor dem EU-Beitritt zurück. Denn bereits damals haben die HTL-Ingenieure moniert, daß ihre Ausbildung EU-weit nicht im vollen Umfang anerkannt wird. Eine Reform dieses Aus­bildungsweges wurde bereits damals gefordert.

Damals ist nichts geschehen. Die Höheren Technischen Lehranstalten sind nicht reformiert worden. Die Chance auf eine generelle Reform mit einer weitgehenden Angliederung von Fach­hochschulen an die bestehenden Ausbildungsstätten wurde nicht umgesetzt. Schon damals vorliegende und gut durchdachte Vorschläge wurden nicht aufgegriffen. – Nun muß man halt wieder einmal ein Gesetz reparieren, um den berechtigten Wünschen einer sehr großen Gruppe zu entsprechen.

Auch ich bin dafür, daß den HTL-Ingenieuren die Chance auf Höherqualifizierung möglichst rasch gegeben wird. Denn ich sehe ein, daß es den HTL-Ingenieuren, die meistens im Beruf, also in der Praxis stehen, nicht allzu schwer gemacht werden soll, dieses Ziel zu erreichen. Aber muß dieses Ziel unbedingt durch einen Fernstudienlehrgang erreichbar sein? (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Eines wollen wir, wie ich meine, alle gemeinsam nicht: eine Senkung beziehungsweise Ver­wässerung des derzeit sehr hohen Niveaus der Fachhochschul-Studienlehrgänge. Und darum bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Schöggl, Dr. Krüger, MMag. Dr. Brauneder, Dr. Grollitsch und Kollegen, eingebracht im Zuge der Debatte über den Antrag 731/A der Abgeordneten DDr. Nie­derwieser, Dipl.-Vw. Dr. Lukesch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge (FHStG) geändert wird, in der Fassung des Ausschußberichtes (1146 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Antrag in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

Z. 2 wird wie folgt geändert:

„2. § 3 Abs 2 Z. 2 lautet:

„2. Ein Fachhochschulstudium erfordert, einschließlich der für die Diplomarbeit vorgesehenen Zeit, mindestens drei Jahre; in den Fällen, in denen ein Berufspraktikum im Rahmen des Studiums vorgesehen ist, verlängert sich die Studienzeit um die Zeit des Berufspraktikums. Wird der Zugang zu einem Fachhochschul-Studiengang gemäß § 4 Abs. 2 zweiter Satz beschränkt, so beträgt die Studiendauer sechs Semester; diese Fachhochschul-Studiengänge können als Fernstudien eingerichtet werden.“

2. Nach Z. 6 wird folgende Z. 6a eingefügt:

„6a. § 13 Abs 2 erster Satz lautet wie folgt:

„(2) Jede Verlängerung der Anerkennung setzt einen neuerlichen Antrag gemäß § 12 Abs 4 und die Vorlage eines durch den Fachhochschulrat begutachteten und positiv bewerteten Eva­lutionsberichtes voraus.“

*****

Damit wird ein Studium auch in Form eines Studiums mit teilweiser Anwesenheit oder jeder anderen Kombination, wie sie gegebenenfalls von der Klientel gewünscht wird, möglich sein. Wir halten es für völlig falsch, diese Lehrgänge ausschließlich als Fernstudienlehrgänge durchführen zu wollen.

Ein zweiter wesentlicher Punkt, der unserer Meinung nach geändert werden muß: Die Verlän­gerung der Anerkennung dieser Lehrgänge sollte nicht nur einen neuerlichen Antrag und die Vorlage eines Evaluierungsberichtes voraussetzen, sondern wir möchten, daß explizit im Gesetz enthalten ist, daß dieser Evaluationsbericht positiv vom Fachhochschulrat begutachtet werden soll. Derzeit, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nämlich nur die Vorlage gefordert.

Ich lade Sie alle herzlich dazu ein, diesem Antrag zuzustimmen! Denn damit ersparen wir uns möglicherweise eine weitere Reparatur. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.03


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der eben eingebrachte Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, auch entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner gemeldet. – Bitte.

0.03


Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Über die Vorteile der Novelle zum Fachhochschul-Studiengesetz beziehungsweise – wie mein Vorredner gemeint hat – über dessen Reparatur wurde schon genügend bemerkt. Lassen Sie mich zu dieser vorgerückten Stunde nur drei Punkte dazu anmerken.

Ich meine, daß es bei diesem Fernstudium notwendig sein wird, ganz rasch die Entwicklung für Lehrmaterialien unter Einbeziehung moderner Kommunikationstechnologien zu forcieren, um einen frühestmöglichen Beginn für diese Fachhochschullehrgänge zu ermöglichen.

Zweitens: Es ist ganz eindeutig die Frage zu klären, wer die Entwicklungskosten trägt. Diese Kosten dürfen auf gar keinen Fall auf die Studierenden abgewälzt werden. Das käme nämlich der Einführung einer indirekten Studiengebühr gleich, und gerade diese Fernstudiengänge für Berufstätige an Fachhochschulen sollten nicht zur Einführung von Studiengebühren verwendet werden.

Drittens: Die Novelle hat meiner Meinung nach quasi eine Türöffnerfunktion in Richtung mehr Fernstudienmöglichkeiten, weil dadurch für Berufstätige die Zugangsmöglichkeit für höhere berufliche Qualifikationen geschaffen wird. In diesem Zusammenhang liegt die Überlegung nahe, in dem in der Regierungsvorlage vorliegenden Bundesgesetz über Wirtschafts­treu­handberufe im Rahmen der Wirtschaftsfachhochschulen Fernstudien einzurichten, die es bei­spielsweise den Absolventen einer HAK oder einer HBLA ermöglichen, die Prüfung zum selb­ständigen Buchhalter ablegen zu können. Diese Möglichkeit würde im Sinn der Durchlässigkeit des Fachhochschul-Studiengesetzes auch jenem Personenkreis offenstehen, der über lang­jährige einschlägige berufliche Praxis verfügt.

Insgesamt betrachtet, meine Damen und Herren, eröffnet diese Novelle durch das Fernstudium an den Fachhochschulen einer großen Gruppe von Berufstätigen die Möglichkeit, die Schiene des lebensbegleitenden Lernens zu betreten und diese Möglichkeit wahrzunehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.05


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.05


Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch¦ (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kurz zur Novelle des Studienbeihilfengesetzes:

Herr Bundesminister! Das Studienbeihilfengesetz 1992 ist aus Sicht der Freiheitlichen nicht der Weisheit letzter Schluß. Denn es wird damit nur verhindert, daß Phantasie für Kredit- oder Vorfinanzierungsmodelle und Sponsormodelle, etwa auch für ein Bildungsschecksystem, wie es die Freiheitlichen vorschlagen, entwickelt wird. Jedenfalls hat das Studienbeihilfengesetz 1992 wenigstens eine Basisfinanzierung für Bedürftige gebracht, und das bis zum Einstiegsalter von 40 Jahren.

Im Zuge der sogenannten Strukturanpassung bei den Einsparungsmaßnahmen 1996 wurde diese Altersgrenze auf 30 Jahre zurückgenommen. Wenige Wochen später erkannte man aber, daß die Novelle nicht nur nicht administrierbar ist, sondern daß sie auch einige Härtefälle mit sich bringt. Ein Jahr später wurde die Novelle der Novelle novelliert, und man ist auf eine 35-Jahre-Regelung ausgewichen. Nunmehr soll auch diese Novelle wieder novelliert werden, indem wieder die 30-Jahr-Regelung eingeführt und die Erweiterung auf 35 Jahre unter bestimmten Voraussetzungen möglich wird.

Im Juli 1997 wurde durch eine Entschließung die Erstellung einer Studie durchgesetzt, die eigentlich erst die Basis für all jene Gesetze und Novellen schuf, die es in den Jahren 1996 und 1997 gab. Diese Studie untersucht und beschreibt exakt die Situation der 30- bis 35jährigen. Die Studie wurde im Ausschuß gegen unseren Wunsch enderledigt, denn wir hätten über die durchaus interessanten Daten noch gerne hier diskutiert. Kollege Niederwieser hat recht, wenn er meint, daß der Antrag nun Anlaß dazu gibt, das zu tun. – Ich nenne ein paar Eckdaten aus dieser durchaus informativen und gelungenen Studie:

1,7 Prozent der Studienanfänger fallen in diese Altersstufe, 31 Personen unter den Anfängern des Studienjahres 1996/97 aus diesem Personenkreis waren anspruchsberechtigt für eine Studienbeihilfe. Man erfährt aus dieser Studie, daß dieser Personenkreis der 30- bis 35- jährigen Einsteiger in erster Linie über den zweiten Bildungsweg an die Universität kommt, was nicht überraschend ist. Man erfährt weiters – und das ist vielleicht schon etwas überraschen­der –, daß die Späteinsteiger überwiegend aus Elternhäusern kommen, die dem Arbeiter-, Landwirte- und Kleingewerbebereich zuzurechnen sind, und man erfährt außerdem, daß bei diesem Personenkreis die Studienbeihilfe besonders wirksam ist, da sie zu einer Verkürzung der Studienzeit von drei Semestern beiträgt, während bei den jüngeren Studierenden nur ein Semester über die Studienbeihilfe hereingeholt werden kann.

Der Ausschußbericht zu diesem Antrag referiert diese Ergebnisse in den Eckdaten sehr richtig. Allerdings meine ich, Herr Bundesminister, sehr geehrte Mitglieder des Wissenschafts­aus­schusses, daß Sie die Auswertung dieser Daten in Ihrem Antrag nicht konsequent genug verfolgt haben. Wie könnte es sonst sein, daß bei 35 Jahren eine willkürliche Schranke eingeführt wird, die verhindert, daß eine Geste in Richtung zweiter Bildungsweg, Fortbildung und Umschulen gesetzt wird, wie es ja immer wieder gefordert wird? Das veranlaßt uns, einen Antrag zu stellen, der in erster Linie auf diese Altersbegrenzung mit 35 Jahren abzielt.

Dieser Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Grollitsch, Dr. Krüger, MMag. Dr. Brauneder, Dipl.-Ing. Schöggl und Kollegen zum Antrag 695/A

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Antrag in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

1. Z 1 lautet wie folgt:

„In § 6 wird am Ende der Z 3 der Beistrich durch einen Punkt ersetzt und Z 4 entfällt.“

2. Z 2 entfällt.

*****

De facto ist in etwa das gemeint, was Kollegin Gredler beantragt hat, nur etwas weiter reichend. Wir meinen, daß das eine Geste in Richtung lebensbegleitendes Lernen ist, zumal eine nur sehr marginale Menge an Personen, die das ausnützen könnten, zu erwarten ist.

Ich bitte Sie, entweder diesem Antrag zuzustimmen oder allenfalls die Überlegungen noch einmal zurück an den Ausschuß zu verweisen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.11


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

0.11


Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lassen Sie mich nur einige Punkte richtigstellen: Für Dr. Grollitsch, seine Vorrednerin Dr. Gred­ler und andere ist jede Altersbeschränkung, jede Begrenzung, ob mit 30, 35 oder 40 Jahren, eine politische Setzung. Ja, so ist es. Sie ist aber, wie ich meine, wohlbegründet, denn es ließen sich auch Ideen entwickeln, wie zum Beispiel, es dürfe gar keine Altersbegrenzung für Stipen­dienbezieher geben. (Beifall der Abgeordneten Dr. Gredler und Schaffenrath.)

Ich würde in diesem Zusammenhang gerne ÖH-Vertreter – mit dem Kollegen Amon habe ich mich schon unterhalten – fragen, mit wieviel Freude er/sie bei den jüngeren zugunsten der älteren Studenten, der Seniorenstudenten, auf einen Teil des Stipendiums verzichten würde, falls es nun zu einer Umverteilung käme. (Abg. Dr. Gredler: Billige Polemik!)

Es gibt ein meiner Meinung nach herausragendes Beispiel eines über 40 Jahre alten, schon ein­mal graduierten Seniorenstudenten am Publizistikinstitut in Wien, der etwa 150 000 S an das Institut zurückgezahlt hat. Er ist sehr geehrt und mit viel Anerkennung überschüttet worden, weil er sagte, er habe schon einmal durch die öffentliche Hand die Möglichkeit gehabt, eine Aus­bildung zu genießen, zu studieren, und nun sei ihm das ein zweites Mal ermöglicht worden. Er bedanke sich dafür. – Das ist eine überzeugende Geste!

Wenn man im Sinne von mehr Gerechtigkeit agieren will, muß man bei der Begrenzung von 35 Jahren bleiben. Alles, was in Richtung Phantasie geht, ist, denke ich, für das nächste Jahrtausend. (Abg. Schaffenrath: Das ist auch nicht mehr lang! Nur mehr zwei Jahre!)

Ich möchte noch eine kleine Anmerkung zum Fachhochschul-Studiengesetz machen, da sich einige in diesem Haus – ich sage einmal – zu fürchten beginnen und Dinge an die Wand malen, die eine nicht gerade positive Stimmung herbeirufen.

Zwei Dinge wurden erreicht:

Erstens: Ein zielgruppenspezifisches Angebot wird gemacht, das wir schuldig waren.

Zweitens: Erstmals werden wir wieder einen Reformimpuls in der Didaktikentwicklung setzen können. – Der letzte wurde nach dem „Sputnik-Schock“ bei den Lernprogrammen, die in schrift­licher Form entwickelt wurden, gesetzt. Die Frage des Long-distance- oder Distance-Lernens, also des virtuellen Hörsaals beziehungsweise Klassenzimmers, ist lang aufgeschoben worden. Das war einfach nicht notwendig, man konnte sich kaum etwas anderes vorstellen, als wirklich an dem Ort, an dem gelehrt wurde, zu sein und tatsächliche Seminarerfahrung zu machen.

Der ausgewählten Berufsgruppe der HTL-Ingenieure kann man meiner Meinung nach zumuten, diese neuen Erfahrungen zu machen, ebenso wie den dort Lehrenden. Es ist ihnen zuzumuten, aufgrund bestehender Erfahrungen wie etwa der Fernuniversität Hagen und des Fernstudien­zentrums Linz die vorhandenen Materialien bis zum Herbst Schritt für Schritt auf Fernstudien­tauglichkeit hin zu prüfen beziehungsweise zu entwickeln, um so auch einen regionalen Aus­gleich zu schaffen und allen, ob sie nun aus einem entlegenen Gebirgstal oder aus der Groß­stadt kommen, einen gleichberechtigten Zugang zum Wissen zu schaffen.

Diese Chance zur Weiterentwicklung der Didaktik und des lebenslangen Lernens sollten wir nützen und uns nicht fürchten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.15


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der zuvor vom Abgeordneten Dr. Grollitsch verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und auch entsprechend unterstützt.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. – Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, zu diesem Zweck den jeweiligen Platz einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1145 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen einen Abänderungsantrag einge­bracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Grollitsch und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Grollitsch und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Z 1 eingebracht, der die Streichung von § 6 Z 4 zum Inhalt hat.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen haben gleichfalls einen Abänderungsantrag zur  Z 1 § 6 Z 4 eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Min­derheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes nun in der Fassung des Aus­schußberichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Grollitsch und Genossen haben die Streichung der Z 2 beantragt.

Im Falle Ihrer Zustimmung zu diesem Antrag des Abgeordneten Dr. Grollitsch ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Z 2 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist nun die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Gesetzentwurf in dritter Lesung die Zustimmung geben möchte, den ersuche ich gleichfalls um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch dies ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge geändert wird, samt Titel und Eingang in 1146 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Dipl.-Ing. Schöggl und Genossen einen Zusatz- beziehungs­weise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von dem erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile, schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Schöggl und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Z 2 § 3 Abs. 2 Z 2 eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes nun in der Fassung des Ausschuß­berichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Schöggl und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Z 6a vorsieht.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

So Sie in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmen möchten, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

21. Punkt

Erste Lesung des Antrages 698/A der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 und die Exekutions­ordnung zur Verbesserung der Rechtsstellung von Opfern geändert werden


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Freiwillige Redezeit­beschrän­kung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.19


Abgeordneter Dr. Harald Ofner¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst einen ganz persönlichen Wunsch äußern: Jahrzehnte hindurch war es selbstverständliche, faire Übung im Nationalrat, daß sich Mitglieder der Bundesregierung immer gezielt so zu Wort gemeldet haben, daß nach ihnen noch mindestens ein Abgeordneter der Opposition zu Wort gekommen ist. Heute bekam man den Eindruck, daß ganz gezielt gegenteilig vorgegangen wird: Manche Minister und Staatssekretäre scheinen es geradezu darauf anzulegen, als allerletzte zu reden und weder einen Oppositionsabgeordneten noch einen Abgeordneten der Regierungsparteien nach sich reden zu lassen.

Wir sollten meiner Ansicht nach überlegt die alte, gute und faire Tradition wieder aufgreifen, daß nämlich ein Regierungsmitglied im Hohen Haus nicht das letzte Wort haben soll. Nach der Rede eines Regierungsmitgliedes sollen noch Wortmeldungen von Abgeordneten, vor allem zumindest eines Oppositionsabgeordneten, folgen. Das ist eine Bitte eines Abgeordneten, der schon fast zwei Jahrzehnte lang in diesem Haus seinen Dienst versieht und die Dinge beobachtet. (Beifall bei den Freiheitlichen, beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Den Beschuldigten oder Angeklagten geht es in aller Regel vor Gericht nicht besonders gut. Man kann sagen, das soll ja auch nicht so sein. Aber auch die Opfer haben in den meisten Fällen nichts zu lachen. Sie haben kaum Rechte im Bereich der Strafrechtspflege. Dieser Antrag zielt darauf ab, ihnen Rechte einzuräumen.

Ich darf im Telegrammstil zwei Geschehnisse aus meiner Anwaltspraxis berichten, aus denen man ableiten kann, woran es mangelt und was geschehen sollte.

Fall Nummer eins: Eine Ehefrau, über 60 Jahre alt, wird von ihrem noch älteren Mann, einem schweren Alkoholiker, regelmäßig mißhandelt. Eines Tages wird sie so grün und blau geschla­gen, daß sie ins Krankenhaus muß, allerdings nur zur ambulanten Behandlung. Das Kranken­haus erstattet Verletzungsanzeige bei der Behörde. Das Strafverfahren wird aber von der Staats­anwaltschaft mit der Begründung, daß keine Strafwürdigkeit der Tat vorliege, ein­gestellt. Mangelnde Strafwürdigkeit der Tat!

Das heißt, das Opfer, eine ältere Dame, wie gesagt, wird grün und blau geprügelt, das Ver­fahren wird mangels Strafwürdigkeit der Tat eingestellt! Die Frau hat mir erzählt, sie habe ge­weint, als sie diese Nachricht bekommen habe. So wenig ist die körperliche Integrität einer Dame, einer Frau, einer Ehefrau wert! Sie wird geprügelt, das Verfahren wird eingestellt! Sie ist ein Opfer, sie hätte die Möglichkeit – und das auch noch nicht lange –, mit einem Subsidiar­antrag zu erklären, daß sie die Strafverfolgung aufrechterhalte. Sie hat es nicht gewollt und gesagt, es sei ein Unterschied, ob das die Anklagebehörde tut oder ob sie sich exponieren und außerdem noch, falls es nicht zu einer Verurteilung des Betreffenden kommt, für allfällige Kosten haften muß.

Problemkreis Nummer zwei, der mir in diesem Zusammenhang aufgefallen ist: Ein Mann wird aus einem nichtigen Anlaß – einem Streit um einen Schneehaufen auf der Straße – von einem anderen Mann mit der Pistole bedroht. Dieser setzt ihm die Pistole an. Die Situation ist zwar bedrohlich, aber der Bedrohte hat ein Handy in der Tasche und ruft die Gendarmerie an. Die Gendarmerie kommt. Es stellt sich heraus, daß derjenige, der in Zivil gedroht hat, auch ein Gendarm war.

Nun ist dem Betroffenen nichts passiert. Der Gendarm in Zivil hat nicht geschossen. Die Situation war zwar bedrohlich, aber es hat keine Verletzten oder gar Toten gegeben. Der Mann hat es aber, da auf beiden Seiten Gendarmeriebeamte waren, für besser gehalten, einen Anwalt mit der Sache zu betrauen. Der Anwalt hat danach getrachtet, ihn als Privatbeteiligten auftreten lassen zu können. Der Richter war sogar so tolerant, das vielleicht contra legem zuzulassen. Denn eigentlich hat der Mann keinen Schaden erlitten. Er wäre gar nicht dazu berechtigt gewe­sen, sich anzuschließen. Aber seine Kosten kann er nicht ersetzt bekommen.

Damit sind wir beim nächsten Problemkreis: Es hat nur derjenige die Möglichkeit, sich als Privatbeteiligter einem Strafverfahren anzuschließen, der einen in Schilling zu messenden, noch nicht gutgemachten Schaden erlitten hat; also nur derjenige – grosso modo zum Ausdruck ge­bracht –, dem wirklich ein materieller, ein finanzieller Schaden entstanden ist. Denn als Be­schuldigter oder auch als Anwalt des Beschuldigten kann man noch in der Verhandlung selber fragen: Wie hoch, haben Sie gesagt, war Ihr Schaden? – Der Geschädigte sagt: 6 000 S. Der Beschuldigte greift in die Tasche, gibt ihm 6 000 S, danach muß sich der Geschädigte schon verabschieden. Er kann sich allenfalls noch als Zuhörer hinten hinsetzen, aber seine Rolle im Strafverfahren ist beendet.

Problemkreis Nummer zwei: Wenn er als Privatbeteiligter im Strafverfahren akzeptiert wird, hat er keine Möglichkeit, Anträge zu stellen. Falls er möchte, daß irgendein Beweismittel ergriffen wird, kann er nur dem Staatsanwalt zuflüstern, was er will, und ihn bitten, daß er diese Dinge aufgreift. Das aber geschieht relativ selten! Er hat keine Möglichkeit, sein Anliegen, außer das in Richtung Zuspruch der Geldbeträge, die er glaubt, bekommen zu müssen, im Schlußvortrag unterbringen zu können. Die Möglichkeit eines Plädoyers, das auf mehr abzielt als auf seine Ansprüche, etwa auf den Schuldkomplex als Ganzes, eventuell auch auf das Strafmaß, hat er also nicht.

Falls es nicht so ausgeht, wie es nach dem Dafürhalten des Geschädigten ausgehen soll, hat er keine Möglichkeit, ein Rechtsmittel zu ergreifen, sich zu bemühen, in zweiter Instanz eine andere Entscheidung oder eine Aufhebung der Entscheidung erster Instanz zu erlangen.

Und es gibt keine Verfahrenshilfe. Das heißt, der mit einem Verfahrenshelfer ausgestattete Beschul­digte steht einem nicht mit einem Verfahrenshelfer ausgestatteten Privatbeteiligten gegenüber. Den Verteidiger des Beschuldigten zahlt also Vater Staat aus Steuermitteln. Aber in einer noch so komplizierten Rechtssache hat das Opfer in der Verkleidung des Privatbeteiligten keine Möglichkeit, eine teure Prozeßführung allenfalls bevorschußt oder bezahlt zu bekommen.

Der Antrag der Freiheitlichen zielt darauf ab, daß sich jedes Opfer, nicht nur ein Opfer, das einen materiellen, in Schilling zu messenden Anspruch hat, dem Verfahren anschließen können soll, daß dem Privatbeteiligten ein Antragsrecht im Verfahren zukommen soll, daß es eine Rechtsmittelmöglichkeit geben soll und noch etwas ganz Wichtiges: daß der Strafrichter dazu angehalten werden soll, eine zumindest globale Zuspruchsmöglichkeit zu finden, daß auch dann, wenn es zu einem Freispruch kommt, trotzdem der Schadenersatzanspruch zum Tragen zu kommen hat.

Es soll also nicht mehr so sein, daß ein Strafprozeß jahrelang läuft und nach dessen Ende, mit oder ohne Verurteilung, der Richter zu dem Schluß kommt, daß der Privatbeteiligte mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen wird. Dann kann dieser noch einmal beginnen zu klagen, zu einer Zeit, wenn alles schon sehr schwierig durchzusetzen ist.

Das heißt, die Opfer sind in gewissem Sinne die Stiefkinder der österreichischen Straf­rechts­pflege. Das soll nicht länger so sein. Dieser gar nicht parteipolitische Antrag zielt darauf ab, auf diesem Sektor einiges zu verbessern.

Ich höre schon einige Redner sagen, daß sie das alles nicht wollen. Es solle dort, wo es darauf ankommt, nämlich im Strafverfahren selbst, keine Besserstellung der Opfer geben. Man wolle nur alle über ihre Rechte aufklären. – Aber mit dem Aufklären allein sind wir bald fertig. Man braucht nur zu sagen: Sie haben keine Rechte! Damit hat man der Wahrheit entsprechend alle voll aufgeklärt. Das ist uns aber zuwenig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.28


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.28


Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim¦ (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte in gebotener Kürze zum vorliegenden Antrag Stellung nehmen. Einleitend möchte ich betonen, daß ich Aufklärung an sich für nichts Negatives halte und sie mit eine der Maßnahmen ist, die im Rahmen des Opferschutzes notwendig sind. Das ist, glaube ich, unbestritten.

Es ist keine Frage, daß auch wir für den Opferschutz eintreten. Dazu gibt es auch mehrere Anträge, zuletzt im Sexualstrafrecht, Kindschaft. Es ist ganz offensichtlich, daß es viele Maßnahmen gibt, die man zur Verbesserung der Lage des Opfers umsetzen kann. Ich möchte bei dieser Gelegenheit erwähnen, daß es nunmehr einen ersten Entwurf des Justizministeriums zum Vorverfahren gibt, der sich ebenfalls intensiv mit der Frage des Opferschutzes und der Verbesserung ihrer Stellung auseinandersetzt. Innerhalb des nächsten halben Jahres werden wir meiner Ansicht nach sicherlich intensiv darüber sprechen können.

Kollege Ofner! In Ihrem Antrag fehlt mir, wie man mit Situationen, die man zwar in der Öffent­lichkeit kennt, mit denen wir uns allerdings noch nicht auseinandergesetzt haben, pro­zessual umgeht. Wir wissen alle, daß es eine Reihe von Vernehmungsmöglichkeiten im Strafverfahren gibt, die für das Opfer außerordentlich unangenehm sind und eher einen Spießrutenlauf bedeuten. Sie lassen das Opfer im Strafverfahren eigentlich zum zweiten Mal zum Opfer werden. Ich halte es für notwendig, daß wir uns damit auseinandersetzen, wie man diese Situation verbessern kann. Ich denke zum Beispiel an die Möglichkeit einer kontra­diktorischen, schonenden Einvernahme. (Abg. Dr. Ofner: Das eine schließt das andere nicht aus!)

Ich bringe das auch nicht als Gegenargument, sondern ich sage nur, daß das mit einer der Gründe wäre, das Gebiet umfassender zu regeln. Denn Ihre Vorschläge bergen meiner Ansicht nach viel Diskussionswürdiges in sich, aber auch vieles, was abzulehnen ist. Darüber hinaus gibt es ein Großteil von Dingen auf diesem Gebiet, die schlicht und einfach noch zu diskutieren sind. Ich gebe zu, daß sich auch im Rahmen der laufenden Diskussion die Bedürfnisse ständig ändern.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch davor warnen – Sie haben es heute nicht erwähnt, aber es ist in der Diskussion als etwas populistischer Aufputz nach außen immer wieder heran­gezogen worden –, auf der einen Seite die Unschuldsvermutung, was den Täter betrifft, und auf der anderen Seite die absolute Notwendigkeit, die Opfer besser zu stellen, zu vermischen. Das gebietet meiner Ansicht nach einfach die Sachlichkeit. Bis vor kurzem war es noch üblich, diese beiden Positionen nebeneinander oder gegeneinander zu stellen. Das ist an sich nicht legitim, da es völlig unterschiedliche Regelungskreise sind.

Kurz zusammengefaßt möchte ich sagen, daß es sicher einige Punkte gibt, denen wir uns anschließen können. Wir sehen durchaus Möglichkeiten, darüber zu sprechen. Es gibt einzelne Punkte, die diskussionswürdig sind, bei denen man meiner Meinung nach allerdings in der Ihnen vorliegenden Form zu keinem Ergebnis kommen wird.

Ich denke hier etwa an das Anbieten grundsätzlicher Verfahrenshilfe, und zwar unabhängig von der Einkommenssituation. – Das ist etwas, dem ich nichts abgewinnen kann. Wenn die Mög­lichkeit besteht, daß das Opfer bei einer Verurteilung des Beschuldigten, wenn dieser tatsächlich der Täter war, die ihm entstandenen Verfahrenskosten erstattet bekommt, so sind diese Kosten inkludiert. Sie sind verlangbar, und daher geht es in dieser Phase eigentlich darum, einen Vorschuß zu leisten oder nicht zu leisten. Man sollte das, denke ich, von der Einkom­menssituation abhängig machen. (Abg. Dr. Ofner: Das habe ich gesagt!) Es steht aber nicht so im Antrag, Herr Kollege. (Abg. Mag. Stadler: So war es gemeint!) Wenn Sie es so meinen, dann habe ich kein Problem damit. (Abg. Mag. Stadler: Es ist aber so referiert worden!) Verehrter Kollege! Sie haben einen Antrag eingebracht. Dieser Antrag liegt so vor, Sie haben ihn nicht abgeändert. Ich kann dazu nur das sagen.

Herr Kollege! Zusammenfassend: Es ist eine Diskussionsgrundlage. Aufgrund dieses Vorver­fahrenspapiers gibt es breite Diskussionsmöglichkeiten. Wir werden alle gemeinsam danach trachten, eine signifikante Verbesserung der Rechte der Opfer zustande zu bringen. Unsere Hilfe haben Sie jedenfalls. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.32


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeit: 2 Minuten. (Abg. Wabl: Zwei Minuten ist aber zuwenig!) – Bitte, Frau Abgeordnete.

0.32


Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter¦ (ÖVP): Meine sehr verehrten Damen und Her­ren! Aufgrund der bereits relativ späten Stunde möchte ich nur ausführen, daß ich die Bemühungen um die Verbesserung der Rechtsstellung der Opfer begrüße. Es ist bekannt, daß dieses Thema ein Schwerpunkt unserer Justizpolitik ist.

Herr Kollege Ofner! Zu Ihren konkreten Vorschlägen: Insbesondere eine verbesserte Stellung der Privatbeteiligten bei der Subsidiaranklage und auch die Normierung der Verfahrenshilfe für Opfer, in welcher Ausformung auch immer, kann ich nur begrüßen.

Es ist erfreulich, daß bereits ein Diskussionsentwurf zur Reform der strafprozessuellen Vorver­fahren vorliegt. (Abg. Dr. Ofner: Frau Kollegin, nur ein Wort! Die ist immer da!) Darin ist in einem Kapitel speziell darauf eingegangen worden, Privatkläger, Privatbeteiligte und Subsidiarkläger einer besseren Rechtsstellung zuzuführen. Ich glaube, daß wir ... (Abg. Dr. Ofner: Was haben Sie da in der Hand?)

Der neue Diskussionsentwurf des Justizressorts wird heute der Presse vorgestellt werden und genau das, Herr Kollege Ofner, will ich Ihnen mitteilen. (Abg. Dr. Ofner: Kann ich das auch haben? Dann können wir vielleicht besser reden! Das ist der neue Stil der Regierung!) Er ist auch den Oppositionsparteien vom Justizressort zugegangen. (Abg. Dr. Ofner: Der Presse vielleicht!) Er wird ja erst heute vormittag der Presse vorgestellt. Dann werden wir ihn intensiv diskutieren können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: Mit der Presse wahrscheinlich!)

0.34


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Die nächste Wortmeldung stammt von Herrn Abge­ordneten Mag. Barmüller. Restredezeit Ihres Klubs: 5 Minuten. – Bitte.

0.34


Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese fünf Minuten Restredezeit müssen nicht ausgenützt werden.

Meine Damen und Herren! Was diesen Antrag betrifft, ist klarzulegen, daß, wie schon so oft, die Diskussionen insbesondere zwischen ÖVP und FPÖ gelaufen sind. Uns geht es nicht darum, Opferschutz auf Kosten der Unschuldsvermutung zu betreiben. Das wird von seiten der Liberalen nicht befürwortet werden. Der vorliegende Antrag verlangt dies auch nicht unmittelbar. Es ist nur ein Spannungsverhältnis, das ohnehin gegeben ist, denn mit jener Stelle im Antrag, daß sich jedes Opfer einer strafbaren Handlung dem Strafverfahren anschließen kann und dadurch Privatbeteiligter wird, ist nicht gesagt, daß jene Person, die im konkreten Verfahren angeklagt ist, auch Täter oder Täterin ist. Das wird daher zu berücksichtigen sein.

Es geht aber nicht nur darum, Opfer jener Delikte besserzustellen, bei denen die Täter fest­stehen, sondern auch darum, jenen Opfern zu helfen, die Schaden erlitten haben, ohne daß der Täter oder die Täterin jemals gefunden oder gar bestraft wird. Auch in diesem Punkt liegt noch einiges im argen und wird, insbesondere was nachträgliche Betreuung, etwa durch Psycho­logen, wenn es sich um Opfer von Gewaltverbrechen handelt, angeht, zu verbessern sein.

Von unserer Seite wird auch in Rechnung gestellt, daß man mit Strafverfahren und angehängten zivilrechtlichen Ansprüchen durchaus auch Mißbrauchspotentiale zu beachten haben wird, da die Möglichkeit besteht, daß man quasi im Windschatten eines Strafverfahrens zivilrechtliche Ansprüche durchsetzen will, weil das günstiger ist als im zivilrechtlichen Verfahren.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag, der nun diskutiert wird, wird zusammen mit dem, was nun im Rahmen der Strafprozeßordnung in Vorbereitung ist, auch für die Liberalen eine seriöse Beratungsgrundlage sein. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

0.36


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Eine weitere Wortmeldung liegt von Herrn Abge­ordneten Dr. Krüger vor. Restredezeit Ihres Klubs: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Die wird er nicht brauchen, der Krüger, er ist ja ein Humanist! – Abg. Mag. Stadler: Wir haben immer zuwenig Redezeit!)

0.36


Abgeordneter Dr. Michael Krüger¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist wirklich bemerkenswert, daß alle Kolleginnen und Kollegen von einer interessanten Diskussions­grund­lage sprechen und daß sie sich inhaltlich ohnedies mit der Intention dieses Antrages identifizieren können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diesen Antrag gibt es seit März 1996. Er hat das zweijährige Jubiläum gefeiert, ehe er im Ausschuß vorberaten und jetzt zur Abstimmung vorgelegt wurde. Ich verstehe eines nicht ... (Abg. Dr. Fekter: Das ist eine Abstimmung in erster Lesung! – Abg. Dr. Khol: Er kennt den Akt nicht!)

Herr Kollege Khol! Das ist noch viel schlimmer! Wenn ein Antrag zwei Jahre braucht, um auf die Tagesordnung des Hohen Hauses zu kommen, ist die parlamentarische Schande eigentlich noch viel größer, als wenn er schon zwei Jahre lang im Ausschuß vorbehandelt worden oder überhaupt abgestimmt worden wäre. Das ist noch viel ärger. Sie brauchen sich also nicht zu rühmen, Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Das nennt man „die Kurve kratzen“! – Abg. Mag. Stadler: Rhetorische Fähigkeiten!)

Es gab einmal in der Sozialdemokratie den Begriff „Vision“. Er wurde aber je nach Führung der Sozialdemokratie unterschiedlich gehandhabt. Sie wissen, es gab die Diskussion um die Vision der gefängnislosen Gesellschaft von Broda. Ich verhehle nicht, daß Justizminister Broda eine Reformpolitik eingeleitet hat, die teilweise durchaus ihre Berechtigung hatte. (Abg. Mag. Stad­ler: Nur ein kleiner Teil!) Im Bereich des Strafrechtes mit der Vision der gefängnislosen Gesellschaft jedenfalls nicht! Das ist überhaupt keine Frage! (Abg. Dr. Khol: Gott sei Dank!)

Die umgekehrte Interpretation allerdings, die man seinerzeit dem damaligen Bundeskanzler Vranitzky unterstellt hat oder auch wahrheitsgemäß wiedergegeben wurde, nämlich daß jemand, der Visionen hat, einen Arzt braucht, hieße, das Kind mit dem Bade auszuschütten. – Denn ich bin der Meinung, Politik kann nicht ganz ohne Visionen auskommen, da jemand, der keine Visionen hat, mittel- und langfristig auch keine Änderungen herbeiführen kann. (Abg. Mag. Stadler: Der braucht auch einen Arzt!) Vor allen Dingen aber müssen die Visionen von der Realität getragen werden, und es muß auch der Realität zum Durchbruch verholfen werden. (Abg. Dr. Khol: Schlußsatz!)

Wenn immer von Visionen die Rede ist, dann sollte endlich auch über jene – es ist tragisch, daß es noch immer eine Vision ist – eines verbesserten Opferschutzes die Rede sein. Ich höre immer nur, daß der Schwerpunkt in der Justizpolitik der Opferschutz sei. Aber in Wirklichkeit geschieht nichts! Es tut sich nichts! (Abg. Dr. Fekter – ein Schriftstück hochhaltend –: Doch, doch!) Ein Antrag liegt zwei Jahre vor. Endlich kommt er auf die Tagesordnung des Hohen Hauses, und dann wachelt Frau Kollegin Fekter stolz mit einem Papier in einem blauen Einband (Abg. Dr. Fekter: Das muß einem gefallen!) und sagt: Das ist die Diskussionsgrundlage! Wir stellen diese morgen vormittag vor.

Ihr habt durch das Ministerium die notwendige Legistik, aber es geschieht trotzdem nichts. (Abg. Dr. Fekter: Ich nicht! Der Herr Justizminister!) Das ist doch das Faktum! Es geschieht nichts! Im Zentrum des Interesses der Strafrechtspflege und der Justiz steht und stand der Täter, daran hat sich bis zum heutigen Datum noch nichts geändert. In der Volkspartei hat sich zwischen­zeitlich herumgesprochen, daß das auch nicht das Gelbe vom Ei ist. Man soll jetzt etwas für die Opfer tun. In Wirklichkeit geschieht aber nichts.

Dieses Papier beinhaltet einen seriösen Vorschlag. Das wurde, wie ich glaube, dem Kollegen Ofner, von dem dieser Antrag in erster Linie stammt, allseits beschieden. Aber es ist zuwenig, Herr Kollege Jarolim, wenn Sie sagen, daß das eine Diskussionsgrundlage ist. Sie haben doch alle Möglichkeiten, diese Diskussionsgrundlage auch in entsprechende Anträge zu gießen mit Ihrer Legistik, die Ihnen zur Verfügung steht. Es kann nicht immer nur bei leeren Worten bleiben, die Worte müssen fraglos auch umgesetzt werden. (Abg. Dr. Fekter: Wieviel Redezeit hast du noch?) Frau Kollegin Fekter! Was war das für ein Zwischenruf? (Abg. Dr. Fekter: Wieviel Redezeit du noch hast!) – Liebe Kollegin Fekter! Ich habe deine Reden auch erdulden und ertragen müssen! Ich glaube, du solltest die Fairneß haben, auch die Letztausführungen meiner Rede zur Kenntnis zu nehmen.

Ich sage noch einmal: Dieser strapazierte Begriff „Opferschutz“ ist eine Seifenblase – sonst gar nichts! Ohne Umsetzung nützt das überhaupt nichts! Das hat keinen Sinn und hilft keinem einzigen Opfer! Denn es hat sich bis zu den Opfern noch nicht durchgesprochen, daß es diese Vision gibt. Wenn hier nur mit einem blauen Papier gewachelt wird – wenngleich die Farbe sicherlich nicht schlecht gewählt ist –, dann nützt es nichts, wenn es dann an der Umsetzung mangelt. Es genügt nicht, wenn lediglich irgendwelche Absichtserklärungen in der Presse bekanntgegeben werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.41


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Restredezeit ihres Klubs: 1 Minute. – Bitte.

0.41


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits¦ (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Um mit den Worten des Kollegen Krüger zu sprechen: Weil der Realität zum Durchbruch verholfen werden muß, muß ich Ihnen mitteilen: Dieser Antrag ist vom 26. Feber 1998 und nicht zwei Jahre alt, wie er gesagt hat! (Abg. Dr. Khol: Krüger kennt den Akt offenbar nicht!)

Nichtsdestotrotz enthält der Vorschlag des Kollegen Ofner vernünftige Ansätze bezüglich Privatbeteiligung, Subsidiaranklage, aber auch Verfahrenshilfe für Opfer. Ich halte ihn – wie auch Kollege Jarolim – für eine wertvolle Grundlage für eine Auseinandersetzung, die jetzt beginnen wird, ähnlich wie auch das mir – im Gegensatz zu ihm – bereits zugeleitete Papier über die Vorverfahrensreform.

Ich möchte nur noch mit einem Satz sagen, daß auch im Zuge der Diskussion um das Gesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie sehr viel von Opferschutz die Rede war und es auch diesbezüglich noch unerledigte Versprechen gibt. Ich hoffe, daß im Zusammenhang mit dem Antrag von Harald Ofner, aber auch mit der Diskussion um die Diversion, die ja kommen wird, den Versprechungen Rechnung getragen wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

0.42


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Den Antrag 698/A weise ich dem Justizausschuß zu.

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Wabl und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsaus­schus­ses betreffend Verantwortung von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Ausreise der sogenannten Kurden-Mörder.

Da dieser Antrag inzwischen an alle Abgeordneten verteilt wurde, braucht eine Verlesung durch den Schriftführer nicht zu erfolgen.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Wabl und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 3 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgenden Gegenstandes wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Aus­reise der Täter betreffend den Mord an dem damaligen Vorsitzenden der DPK-I Dr. Abdul Rah­man Ghassemlou und seiner zwei Vertrauten; insbesondere ob und welche Weisungen angesichts der Drohungen von seiten des Iran, „die Unterlagen über die illegalen österreichi­schen Waffenlieferungen im ersten Golfkrieg“ preiszugeben – wie vom ehemaligen Präsidenten des Iran Bani-Sadr behauptet –, erteilt wurden.

Mit folgender Zusammensetzung:

4 SPÖ: 3 ÖVP: 2 FPÖ: 1 Liberales Forum: 1 Grüne.“

*****


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Wir gehen in die Kurzdebatte ein.

Ich erinnere an die Redezeitbeschränkung gemäß Geschäftsordnung in diesem Fall, nämlich: Antragsteller 10 Minuten, sonstige Redner 5 Minuten; Stellungnahmen von Mitgliedern der Bun­desregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen 10 Minuten nicht übersteigen.

Zu Wort gelangt nun der Antragsteller, Herr Abgeordneter Wabl, mit einer Maximal­redezeitbeschränkung von 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Jetzt kommt der „Höhe­punkt“ des Tages! – Abg. Wabl – auf dem Weg zum Rednerpult in Richtung des Abg. Mag. Stadler –: Bitte keine Provokationen!)

0.44


Abgeordneter Andreas Wabl¦ (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich habe ich mir für heute erwartet, daß der Bundespräsident in seiner Loge sitzen wird, denn ich finde, daß sich ein echter Bürgerkandidat einmal um die Volksvertretung kümmern sollte! Hier werden nämlich Dinge verhandelt, von denen er sich einiges abschneiden und abschauen könnte. Bei den kritischen Reden von den ÖVP-Frauen, bei diesen absolut radikalfeministischen Ansätzen von Frau Rauch-Kallat und von Frau Bauer, wäre für Herrn Klestil was drinnen gewesen. Das sage ich Ihnen. (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum sowie der Abg. Dr. Mertel.)

Herr Wurmitzer! Peinlich wäre es für Herrn Klestil natürlich gewesen, wenn die Frauen und Mannen von Haider die Sozialdemokraten auf einmal links überholen. Das wäre insbesondere für Herrn Klestil ganz peinlich gewesen. (Zwischenruf des Abg. Wurmitzer.)

Ich habe mir nämlich gedacht: Was bedeutet diese vielsagende Meldung einer Zeitung vom Freitag, 17. April? – Übrigens bin ich froh, daß ich immer voll informiert bin, denn ich habe schon die Ausgabe vom 17. April vor mir. (Abg. Rosemarie Bauer: Immer live dabei!) Klestil sagt: „Künftig könnte ich kritischer sein.“ – Da habe ich mir gedacht: Wie schafft das ein Präsident, der möglicherweise gar nicht weiß, was kritisch ist? (Heiterkeit bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich habe mir diesen Artikel dann näher angeschaut und festgestellt, daß er wirklich sehr interessant ist (Abg. Dr. Schwimmer: Herr Präsident! Welches Thema wird jetzt eigentlich behandelt?), selbstverständlich im Zusammenhang mit der Kurden-Problematik. Ich habe mir gedacht: Wie kann ich eine so staatstragende Partei und den Herrn Khol, den Katholiken und Christen (Abg. Mag. Stadler: Das ist eine Tautologie! – Abg. Dr. Mertel: Das heißt Pleonasmus!), irgendwie noch animieren? – Denn provozieren wollte ich ihn eigentlich nicht mehr, denn das tut ihm heute sicherlich nicht mehr gut! Ich habe mir gedacht: Wie könnte ich ihn dazu bringen, daß er noch irgend etwas dazu sagt, daß ein Präsident wie Klestil offensichtlich kein Problem damit hat, daß von einem Großteil der Opposition und auch von der Mehrheit der Medien der Verdacht der Kooperation der Staatsspitze mit Mördern in den Raum gestellt wird? (Abg. Rosemarie Bauer: Haben Sie die Osterhasenparade gesehen?) Was kann da noch gesagt werden? Aber das regt ihn nicht auf! (Abg. Dr. Schwimmer: Das ist lauter Blödsinn!)

Herr Abgeordneter Schwimmer! Ich weiß, daß es in diesem Haus oft schwierig ist, die Rela­tionen noch richtig hinzubringen. Am Anfang stand heute das schwierige Thema Gentechnik, bei welchem Sie immer nur die Genkartoffeln vor sich haben. Dann kam das schwierige Problem Frauen-Volksbegehren, in dessen Zusammenhang Sie wahrscheinlich inzwischen von der Pike auf gelernt haben, was eigentlich das Problem des Feminismus ist. Und dann kommt auch noch das schwierige Problem, das Kollege Ofner dargelegt hat, im Zusammenhang mit der Exe­kutionsordnung ... (Abg. Dr. Fekter: Das hatte nichts mit der Exekutionsordnung zu tun, sondern mit der Strafprozeßordnung! – Heiterkeit.) Okay, mit der Strafprozeßordnung. Ich war nicht im Saal, das tut mir furchtbar leid!

Der ununterbrochene Themenwechsel macht natürlich Schwierigkeiten, Herr Schwimmer. Ich sage Ihnen eines: Ich habe auch schon Schwierigkeiten damit. Ich habe wirklich Schwierigkeiten damit! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und SPÖ.) Wenn ich Ihr Gesicht sehe, dann denke ich mir: Was haben die „Salzburger Nachrichten“ mit der Formulierung „Fratze des Unrechts­staates“ gemeint? (Heiterkeit bei den Grünen.) Und auch wenn ich das Gesicht von Khol sehe, denke ich mir: Was war wirklich damit gemeint? War damit gemeint, daß der Klestil sich endlich vornehmen soll, kritischer zu sein? (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger.) War damit vielleicht gemeint, daß Sie, Herr Schwimmer, endlich anfangen zu begreifen, daß in diesem Hause Volksvertreter sitzen sollten und nicht nur Ämtermultis? – Ich weiß nicht genau, was gemeint war! Ich werde aber noch darüber nachdenken, vielleicht komme ich bis zum Wahlsonntag darauf, was Klestil gemeint hat.

Herr Walter Ostovic hat gemeint, daß Herr Klestil unter Umständen im Zusammenhang mit der Wehrmachtsausstellung irgendein mutiges Wort finden hätte sollen, denn er hat schließlich ...


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Herr Kollege Wabl! Sie entfernen sich jetzt doch sehr weit von den sogenannten Kurden-Morden! (Heiterkeit. – Abg. Dr. Schwarzenberger: Er weiß nicht mehr, wozu er spricht!)


Abgeordneter Andreas Wabl¦ (fortsetzend): Herr Präsident! Ich danke für den Hinweis! Herr Präsident! (Abg. Schieder: Sagen Sie doch wenigstens einmal „Untersuchungsausschuß“!) Es geht darum, daß wir einen Untersuchungsausschuß einrichten wollen! (Beifall und lebhafte Heiterkeit bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Es ist die Frage zu stellen, warum ... (Allgemeine Heiterkeit.)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Bitte, setzen Sie fort, Herr Abgeordneter! (Neuerliche Heiterkeit.)


Abgeordneter Andreas Wabl¦ (fortsetzend): Herr Präsident! Sie müssen dafür sorgen, daß dieses Haus bei diesem Thema etwas ernster wird! (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Dr. Schwim­mer: Man sollte den Alkomaten einsetzen!) Das mit dem Alkomaten wäre eine sehr gute Provokation, da haben Sie recht, Herr Schwimmer! Nur weiß ich nicht, wem man diesen Alkomaten hinstellen sollte! (Neuerliche Heiterkeit.)

Wir werden diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses noch öfter ein­bringen. (Heiterkeit.) Ich weiß schon, daß Sie das sehr witzig finden! Ich finde es auch manch­mal sehr lustig, weil ich die Relationen nicht mehr herstellen kann, daß Sie Volksvertreter sind ...


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Herr Abgeordneter Wabl! Ich möchte Sie jetzt wirklich bitten, zur Sache zu sprechen, nämlich zur Einsetzung des konkreten Untersuchungs­aus­schus­ses! Denn es steht in einem auffallenden Mißverhältnis, daß Sie bis jetzt nur zweimal das Wort „Untersuchungsausschuß“ verwendet haben, hingegen wesentlich öfter den Namen des amtie­renden Bundespräsidenten genannt haben!


Abgeordneter Andreas Wabl¦ (fortsetzend): Herr Präsident! Der Untersuchungsausschuß sollte eingerichtet werden, um die Rolle des Präsidenten Klestil als Generalsekretär des Außenamtes zu überprüfen, und deshalb ist es wichtig zu wissen, welche Stimmung unser kritischer Bundespräsident im Hohen Haus verbreitet, da offensichtlich zu diesem Thema keine Mehrheit mehr zu finden ist. (Heiterkeit bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Herr Präsident! Ich weiß schon, daß es um diese Zeit sehr schwierig ist, dafür noch ernste Worte zu finden. (Neuerliche Heiterkeit.)  Das gebe ich schon zu! Ich gebe schon zu, daß das – wie ich schon ange­deutet habe – bei diesem ständigen Themenwechsel sehr schwierig ist. Aber vielleicht können Sie doch noch einen Augenblick ernst sein. Ich bemühe mich jetzt auch.

Sie können sich vielleicht noch an meine Geste hier in diesem Haus erinnern. – Es gibt manchmal Situationen, in denen Worte nicht mehr ausreichen. (Der Redner hebt die Hand und deutet eine bestimmte Geste an. – Lebhafte Heiterkeit.)

 


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: War das der Schlußsatz, Herr Abgeordneter?


Abgeordneter Andreas Wabl¦ (fortsetzend): Herr Präsident! Ich erwarte mir zumindest von Ihnen, nachdem Sie der einzige sind, der noch wirklich ernst ist, daß Sie diesem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen, denn die Freiheitliche Partei war ja immer dafür, daß Mißstände aufgedeckt werden! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

0.53


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. Redezeit ab jetzt: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

0.53


Abgeordnete Dr. Martina Gredler¦ (Liberales Forum): Ich möchte den Faden dort aufgreifen, wo ihn mein Vorredner liegengelassen hat. (Allgemeine Heiterkeit.) Leider kann ich nicht so lustig sein wie er! Aber ich möchte Sie mit ein paar Äußerungen konfrontieren, die den Medien zu entnehmen waren.

Ich zitiere eine APA-Meldung: „Die vom Iran zu verantwortenden Morde an drei Kurden-Politi­kern in Wien seien von ihm nicht vorgetragen worden, räumte Rohan ein. Sie seien Geschichte.“ Drei Morde in Wien, meine Damen und Herren, seien Geschichte! Lachen Sie entspannt weiter! Ich finde das nicht mehr lustig! Und das sagte Herr Rohan, der immerhin General­sekretär im Außenamt ist!

Weiters hieß es am 30. März, daß er, nachdem er im Iran gewesen war, von einer „Atmosphäre größerer Liberalität“ gesprochen habe. – Offenbar ist die Situation im Iran aber doch nicht so liberal, denn Außenminister Kinkel schränkte ein, daß die Entwicklung der deutsch-iranischen Beziehungen auch vom Fall des im Iran zum Tode verurteilten Deutschen Helmut Hofer abhängen werde. Die iranische Menschenrechtskommission urteilt allerdings, daß das Todes­urteil gegen den Deutschen korrekt sei. Hofer strengt jetzt ein Berufungsverfahren an. Der 54 Jahre alte Hofer war wegen des Vorwurfs der verbotenen sexuellen Beziehungen zu einer Moslime zum Tod verurteilt worden. (Ruf bei der ÖVP: Der Hofer war’s!) Und der Iran hatte unmißverständlich klargestellt, daß er im Falle des zum Tode verurteilten Deutschen keine ausländische Einmischung zu dulden bereit ist.

Weiters – jetzt komme ich bereits zu einer Meldung vom 30. März 1998 –: „Iran kritisiert Norwegens Regierungschef nach Treffen mit Rushdie; Drohung mit verschärften Sanktionen gegen Oslo.“ (Abg. Dr. Schwimmer: Was hat das zu tun mit dem Antrag?) – Das ist die „Atmosphäre größerer Liberalität“! Und ich sage Ihnen jetzt, was das mit dem Antrag zu tun hat: Es wäre meiner Meinung nach die Pflicht jedes Vertreters der österreichischen Regierung, der Kontakt aufnimmt, nachdem die Botschafter zurückgekehrt sind, gewesen, der Behandlung des Auslieferungsantrags, der noch immer nicht berücksichtigt wurde, im Iran nachzugehen. Es wäre seine Verpflichtung gewesen, die Kurden-Morde dort anzusprechen. Das hat er jedoch nicht getan!

Da ist der Zusammenhang zu sehen, wenn jemand sagt, daß man sich im Iran nun in einer „Atmosphäre größerer Liberalität“ befinde. – Denn offensichtlich ist dem nicht so, wenn man Oslo sogar mit Wirtschaftssanktionen droht, falls es möglicherweise zu einer Entwicklung kommt, die der Iran nicht sehen möchte! Und Herr Karabastchi, der Bürgermeister der ira­nischen Hauptstadt, einer, der liberal wäre, befindet sich im Gefängnis. (Abg. Dr. Schwimmer: Was hat das mit dem Antrag zu tun?)

Meine Damen und Herren! Wir wollen die Kurden-Morde in Österreich aufklären. Wir wollen wissen, wie es sich damals verhalten hat. Wir wollen wissen, ob es politische Verantwortungen für die Tatsache gibt, daß der dritte Tatverdächtige verschwunden ist, nachdem es einen Befehl des Herrn Klestil, damals Generalsekretär, gegeben hat, die Bewachung zu lockern. Wir möchten, daß das – neben anderen Dingen – aufgeklärt wird! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Mag. Barmüller: „Macht braucht Kontrolle!“)

Natürlich können Sie sagen, daß das, was ich gestern gesagt habe, nicht korrekt ist. Ich sehe ein, daß die Causa prima vielleicht in diesem Zusammenhang nicht zu erwähnen wäre. Aber, Herr Kollege Stadler, Sie haben auch gleichzeitig ein Problem mit der Pension des Herrn Bun­des­präsidenten erwähnt. Da habe ich den Zusammenhang mit dem Untersuchungs­ausschuß auch nicht verstanden! (Abg. Mag. Stadler: Das liegt aber nicht an mir!) Ich wüßte nicht, was ihm im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuß vorzuwerfen wäre. Wenn Sie meinen, daß ein Antrag, den er gestellt hat, wo er dann sehr überrascht war, daß ihm die Pension überwiesen wurde, und er sich dann plötzlich in seiner Hilflosigkeit dem Parlament zugewandt hat, um diese Vorgangsweise ...


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Den Schlußsatz bitte, Frau Abgeordnete!


Abgeordnete Dr. Martina Gredler¦ (fortsetzend): Er hat sich an das Parlament gewandt, um die Vorgangsweise des Finanzministeriums zu korrigieren. Das steht wirklich nicht im Zusam­menhang mit dem Untersuchungsausschuß. Ich möchte jedoch, daß die Vorgangsweise von damals aufgeklärt wird. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

0.57


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Wabl und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag beitreten wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Einlauf

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 748/A bis 764/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4286/J bis 4329/J eingelangt.

*****

Ich mache darauf aufmerksam, daß nach Ende dieser Sitzung noch eine Sitzung stattfinden wird. Ich bitte Sie, noch ganz kurz im Saal zu bleiben!

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Zuweisungen und Mitteilungen betreffen wird, berufe ich für 0.59 Uhr ein; das ist gleich im Anschluß an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 0.58 Uhr

 

                                         Österreichische Staatsdruckerei: 85 0364