Stenographisches Protokoll

128. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 16., und Mittwoch, 17. Juni 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier


Stenographisches Protokoll

128. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode

Dienstag, 16., und Mittwoch, 17. Juni 1998


Dauer der Sitzung

Dienstag, 16. Juni 1998: 17.46 – 24.00 Uhr

Mittwoch, 17. Juni 1998:   0.00 –   1.14 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über die soziale Lage 1996

2. Punkt: Bericht über den Antrag 339/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genos­sen betreffend Arbeitslosenversicherungsrecht

3. Punkt: Bericht über den Antrag 477/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genos­sen betreffend Arbeitslosenversicherung; Wegfall der Einkommensan­rechnung bei Notstandshilfeleistungen

4. Punkt: Bericht über den Antrag 500/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Ge­nossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungs­gesetz und das Karenzgeldgesetz geändert werden

5. Punkt: Bericht über den Antrag 501/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosen­versicherungs­gesetz – AIVG geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Antrag 558/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Bundessozialhilfegesetz

7. Punkt: Bericht über den Antrag 603/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Ge­nossen betreffend Kontrolle der Berufsausbildung

8. Punkt: Bericht über den Antrag 629/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend die Schaffung der Möglichkeit der begünstigten Selbst­versicherung zur Pensionsversicherung für pflegende Angehörige

9. Punkt: Bericht über den Antrag 630/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Einbeziehung der geringfügig Beschäftigten in das So­zial­versicherungssystem

10. Punkt: Bericht über den Antrag 634/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genos­sen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­siche­rungs­gesetz und das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert werden

11. Punkt: Bericht über den Antrag 635/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungs­gesetz geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 636/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Ge­nossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­siche­rungsgesetz und das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert werden

13. Punkt: Bericht über den Antrag 133/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Ge­nossen betreffend geschlechtsneutrale Regelung für Nachtarbeit

14. Punkt: Bericht über den Antrag 521/A (E) der Abgeordneten Anton Blünegger und Genossen betreffend Kostenübernahme für Bildschirmbrille nach § 68 Arbeit­nehmerInnenschutzgesetz 1994

15. Punkt: Bericht über die Bürgerinitiative Nr. 8 betreffend die gesetzliche Aner­kennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund in Österreich

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz betreffend ein Förderungs­programm zur Sicherung ausreichender Berufsausbildungsmöglichkeiten (Jugend­ausbildungs-Sicherungsgesetz) erlassen wird

17. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird (Berufsausbildungsgesetz-Novelle)

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Berufsbil­dungs­gesetz geändert wird

20. Punkt: Bericht über den Antrag 745/A der Abgeordneten Mag. Walter Guggen­berger, Dr. Günther Leiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Ärztegesetz 1984 und das Kran­ken­anstaltengesetz geändert werden

21. Punkt: Bundesgesetz über den kardiotechnischen Dienst (KardiotechnikerG – KTG)

22. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 435/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend die Legalisierung von Cannabis

23. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 445/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Entkriminalisierung von Cannabis

24. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 678/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Pilotprojekte für eine ärztlich kontrollierte Heroinabgabe an süchtige Patient/innen

25. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 666/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend bundeseinheitliche Anerkennung des Berufes von Altenfachbetreuer/innen und Familienhelfer/innen

26. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 536/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend zeitgemäße Regelungen für alle Gesund­heits- und Krankenpflegeberufe

27. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 537/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Verankerung der Ausbildung in der Gesund­heits- und Krankenpflege im tertiären Sektor

28. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 und die 3. StVO-Novelle geändert werden (20. StVO-Novelle)

29. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 527/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend flankierende Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr

30. Punkt: Bericht über den Antrag 618/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenver­kehrs­ordnung 1960 (StVO) geändert wird

31. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 779/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend nationales Verkehrssicher­heits­pro­gramm „Sicherheit 2000“ (Maßnahmenbündel zur Hebung der Verkehrssicherheit)

32. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 556/A (E) der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Maßnahmenpaket zur Vermeidung einer Transitlawine als Folge der verzögerten Installation der elektronischen Öko­punkte­kontrolle

33. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (20. KFG-Novelle) und die 4. Kraftfahrgesetz-No­velle geändert werden

34. Punkt: Bericht über den Antrag 762/A der Abgeordneten Mag. Helmut Ku­kacka, Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (BGBl. I Nr. 120/1997) geändert wird, und über den Antrag 694/A der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Führerscheingesetz, BGBl. I Nr. 120/1997, geändert wird

35. Punkt: Bericht über den Antrag 714/A der Abgeordneten Mag. Thomas Bar­müller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG 1997) geändert wird

36. Punkt: Bundesgesetz über die Öffnung des Zugangs zum Markt der Boden­abfertigungsdienste auf Flughäfen (Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz – FBG)

37. Punkt: Bericht über den Antrag 761/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderung .................................................................................................. 11

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinrich Neisser betreffend Fernbleiben des Abgeordneten Peter Rosenstingl von dieser Sitzung ....................................................................... 121

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung ........................................................................................... 12

Ausschüsse

Zuweisungen .......................................................................................  11, 44, 87

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage 1996 (III-111/1129 d. B.)                  12

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 339/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Ar­beits­losenversicherungsrecht (1132 d. B.) .........          12

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 477/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Arbeits­losenversicherung; Wegfall der Einkommensanrechnung bei Notstands­hilfeleistungen (1133 d. B.) ................................................................ 12

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 500/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz und das Karenzgeld­gesetz geändert werden (1134 d. B.) ................................................. 12

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 501/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz – AIVG geändert wird (1135 d. B.) ................................................................................ 12

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 558/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Bundes­sozialhilfegesetz (1136 d. B.) ............... 12

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 603/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Kontrolle der Berufsausbildung (1137 d. B.) ...... 12

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 629/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend die Schaffung der Möglichkeit der begünstigten Selbstversicherung zur Pen­sions­versicherung für pflegende Angehörige (1138 d. B.)            13

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 630/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Einbeziehung der geringfügig Beschäftigten in das Sozialversicherungs­system (1139 d. B.) ............................................................ 13

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 634/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz geändert werden (1140 d. B.)                   13

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 635/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1141 d. B.) ................................................................................ 13

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 636/A der Abge­ord­neten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bun­des­­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Gewerbliche Sozialver­siche­rungsgesetz geändert werden (1142 d. B.)                   13

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 133/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ge­schlechts­neutrale Regelung für Nachtarbeit (1143 d. B.)                 13

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 521/A (E) der Abgeordneten Anton Blünegger und Genossen betreffend Kosten­über­nahme für Bildschirmbrille nach § 68 ArbeitnehmerInnen­schutz­gesetz 1994 (1260 d. B.) ............................................. 13

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Bürger­initiative Nr. 8 betref­fend die gesetzliche Anerkennung des Blinden­führ­hun­des als Hilfsmittel und Dienst­hund in Österreich (1264 d. B.)   ............................................................................................................. 13

Redner:

Mag. Herbert Haupt ................................................................................... 14

Annemarie Reitsamer ............................................................................... 16

Dr. Volker Kier .......................................................................................... 17

Edeltraud Gatterer .................................................................................... 20

Karl Öllinger ............................................................................................. 22

Franz Hums .............................................................................................. 24

Reinhart Gaugg ........................................................................................ 26

Ridi Steibl ................................................................................................ 27

Klara Motter .............................................................................................. 28

Bundesministerin Eleonora Hostasch .................................................. ..... 30

Mag. Walter Guggenberger ....................................................................... 31

Theresia Haidlmayr ................................................................................... 32

Dr. Elisabeth Pittermann ........................................................................... 35

Edith Haller .............................................................................................. 36

Heidrun Silhavy ........................................................................................ 38

Sophie Bauer ............................................................................................ 39

Sigisbert Dolinschek ................................................................................. 39

Anton Blünegger ...................................................................................... 41

Josef Meisinger ........................................................................................ 42

Kenntnisnahme des Berichtes III-111 d. B. .................................................. ..... 43

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1132, 1133, 1134, 1135, 1136, 1137, 1138, 1139, 1140, 1141, 1142, 1143, 1260 und 1264 d. B. ............................................................................... 43

Zuweisung des Antrages 603/A (E) an den Wirtschaftsausschuß ........................ 44

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1264 d. B. beigedruckten Entschließung in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger, Maria Rauch-Kallat und Genossen betreffend Schaf­fung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Definition und Aner­kennung von Blindenführhunden (E 125) ............................................................................... 45

Entschließungsantrag der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betref­fend gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund – Ablehnung ...............  29, 45

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Ge­nossen betreffend gesetzliche Anerkennung der Blindenführhunde als Hilfs­mittel – Ablehnung .....................  35, 45

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1153 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz betref­fend ein Förderungsprogramm zur Sicherung ausreichender Berufsaus­bil­dungs­möglichkeiten (Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz) erlassen wird (1261 d. B.)             ............................................................................................................. 45

17. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Berufsausbildungsgesetz ge­ändert wird (Berufsausbildungsgesetz-Novelle) (1262 d. B.) .................................................................................................... 45

Redner:

Sigisbert Dolinschek ................................................................................. 46

Rudolf Nürnberger .................................................................................... 47

Maria Schaffenrath ................................................................................... 48

Ingrid Tichy-Schreder ............................................................................... 50

Karl Öllinger ............................................................................................. 51

Bundesministerin Eleonora Hostasch ........................................................ 53

Dr. Dieter Antoni ....................................................................................... 54

Reinhart Gaugg ........................................................................................ 55

Mag. Dr. Josef Trinkl ................................................................................ 56

Anton Blünegger ...................................................................................... 57

Marianne Hagenhofer ............................................................................... 58

Mag. Helmut Peter .................................................................................... 59

Walter Murauer ......................................................................................... 60

Annahme der Gesetzentwürfe in 1261 und 1262 d. B. ......................................... 61

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungs­vorlage (1105 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Landarbeits­gesetz 1984 geändert wird (1130 d. B.)                 61

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungs­vorlage (1049 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirt­schaft­liche Berufsbildungsgesetz geändert wird (1131 d. B.) ...................................................................................................................... 62

Redner:

Mag. Helmut Peter .................................................................................... 62

Arnold Grabner ........................................................................................ 62

Sigisbert Dolinschek ................................................................................. 63

Karl Donabauer ......................................................................................... 64

Annahme der Gesetzentwürfe in 1130 und 1131 d. B. ......................................... 65

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 745/A der Abge­ordneten Mag. Walter Guggenberger, Dr. Günther Leiner und Genos­sen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Kranken­pflege­gesetz, das Ärztegesetz 1984 und das Krankenanstaltengesetz geän­dert werden (1269 d. B.) ................................................................................................................. 65

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungs­vorla­ge (1166 d. B.): Bundesgesetz über den kardiotechnischen Dienst (Kardio­technikerG – KTG) (1272 d. B.) ........... 65

22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungs­antrag 435/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend die Legali­sierung von Cannabis (1148 d. B.)      ............................................................................................................. 66

23. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungs­antrag 445/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Entkriminalisierung von Cannabis (1149 d. B)              66

24. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungs­antrag 678/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Pilotprojekte für eine ärztlich kontrollierte Heroinabgabe an süchtige PatientIn­nen (1150 d. B.) ................................................................ 66

25. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungs­antrag 666/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend bundesein­heit­liche Anerkennung des Berufes von Altenfach­betreuer/innen und Fami­lien­helfer/innen (1151 d. B.) ........................ 66

26. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungs­antrag 536/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend zeit­gemäße Regelungen für alle Gesundheits- und Krankenpflegeberufe (1270 d. B.) ...................................................................... 66

27. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungs­antrag 537/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Verankerung der Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege im tertiären Sektor (1271 d. B) .................................................... 66

Redner:

Dr. Alois Pumberger ................................................................................. 66

Mag. Johann Maier ................................................................................... 69

Klara Motter .............................................................................................. 70

Dr. Günther Leiner .................................................................................... 71

Theresia Haidlmayr ................................................................................... 72

Ing. Erwin Kaipel ...................................................................................... 75

Dr. Brigitte Povysil .................................................................................... 76

Ridi Steibl ................................................................................................ 77

Bundesministerin Eleonora Hostasch ........................................................ 78

Edith Haller .............................................................................................. 79

Hannelore Buder ....................................................................................... 80

Dr. Erwin Rasinger .................................................................................... 81

Dr. Helga Konrad ...................................................................................... 82

Dr. Sonja Moser ........................................................................................ 83

Mag. Walter Guggenberger ....................................................................... 84

Dr. Elisabeth Pittermann ........................................................................... 85

Annahme der Gesetzentwürfe in 1269 und 1272 d. B. ......................................... 86

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1148, 1149, 1150, 1151, 1270 und 1271 d. B.                      87

Zuweisung des Antrages 666/A (E) an den Ausschuß für Arbeit und So­ziales ...... 87

Gemeinsame Beratung über

28. Punkt: Bericht und Antrag des Verkehrsausschusses betreffend den Ent­wurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 und die 3. StVO-Novelle geändert werden (20. StVO-Novelle) (1225 d. B.) ................................................................................................................. 87

29. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungs­antrag 527/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend flankierende Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr (1221 d. B.) ......................................................................... 88

30. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 618/A der Abge­ordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) geändert wird (1222 d. B.) ................................................................................ 88

31. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Ent­schließungs­an­trag 779/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betref­fend nationales Verkehrssicherheitsprogramm „Sicherheit 2000“ (Maßnah­men­bündel zur Hebung der Verkehrssicherheit) (1227 d. B.) ................... 88

32. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungs­an­trag 556/A (E) der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betref­fend Maßnahmenpaket zur Vermeidung einer Transitlawine als Folge der verzögerten Installation der elektronischen Ökopunktekontrolle (1240 d. B.)                   88

33. Punkt: Bericht und Antrag des Verkehrsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (20. KFG-Novelle) und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden (1226 d. B.) ................................................................................................................. 88

34. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 762/A der Abgeord­neten Mag. Helmut Kukacka, Rudolf Parnigoni und Genossen be­tref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (BGBl. I Nr. 120/1997) geändert wird, und über den Antrag 694/A der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz, BGBl. I Nr. 120/1997, geändert wird (1224 d. B) ............................................................................................... 88

35. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 714/A der Ab­ge­ordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerschein­gesetz – FSG 1997) geändert wird (1223 d. B.) .............................. 88

Redner:

Franz Lafer ............................................................................................... 89

Rudolf Parnigoni ...................................................................................... 92

Mag. Thomas Barmüller ........................................................................... 93

Mag. Helmut Kukacka .............................................................................. 97

Dr. Gabriela Moser .................................................................................... 99

Gabriele Binder ....................................................................................... 101

Ing. Walter Meischberger ........................................................................ 102

Johann Kurzbauer .................................................................................. 103

Mag. Reinhard Firlinger .......................................................................... 105

Winfried Seidinger .................................................................................. 106

Franz Koller ............................................................................................ 107

Georg Schwarzenberger ......................................................................... 107

Franz Hums ............................................................................................ 108

Hellmut Dietachmayr ............................................................................... 109

Josef Edler .............................................................................................. 109

Annahme der Gesetzentwürfe in 1225, 1226 und 1224 d. B. .............................. 111

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1221, 1222, 1227, 1240 und 1223 d. B.                   111

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1224 d. B. beigedruckten Ent­schließung betreffend ein Maßnahmenpaket zur weiteren Verbesserung der Verkehrssicherheit (E 126) ..... 112

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Ge­nossen betreffend Schritte der Liberalisierung im Bereich der Fahrschulen – Ablehnung .............................  96, 111

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Ge­­nossen betreffend Einführung eines Gutpunkteführerscheins – Ab­lehnung ...............................................  95, 111

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Ge­nossen betreffend österreichweite systematische Sanierung von Unfall­häu­fungsstellen – Ablehnung ................  94, 111

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genos­sen betreffend generelles Nachtfahrverbot auf allen alpinen Transitrouten – Ablehnung ......................  101, 112

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genos­sen betreffend Maßnahmenbündel gegen den steigenden Transitverkehr durch Österreich – Ablehnung ...........  100, 111

36. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1079 d. B.): Bundesgesetz über die Öffnung des Zugangs zum Markt der Bo­­den­ab­ferti­gungs­dienste auf Flughäfen (Flughafen-Bodenabfertigungs­ge­setz – FBG) (1239 d. B.) .................................................. 112

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger .......................................................................... 113

Josef Edler .............................................................................................. 113

Mag. Thomas Barmüller .......................................................................... 114

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch ................................................................... 115

Dr. Gabriela Moser .................................................................................. 116

Robert Sigl ............................................................................................. 116

Kurt Wallner ........................................................................................... 117

Annahme des Gesetzentwurfes in 1239 d. B. ................................................... 117

37. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 761/A der Abge­ordneten Rudolf Parnigoni, Mag. Helmut Kukacka und Genossen be­tref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz ge­ändert wird (1188 d. B.) .............................................................................. 117

Redner:

Ing. Walter Meischberger ........................................................................ 117

Rudolf Parnigoni ..................................................................................... 119

Mag. Thomas Barmüller .......................................................................... 119

Mag. Helmut Kukacka ............................................................................. 119

Dr. Gabriela Moser .................................................................................. 120

Kurt Wallner ........................................................................................... 121

Annahme des Gesetzentwurfes in 1188 d. B. ................................................... 121

Entschließungsantrag der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Ge­nos­sen betreffend Maßnahmen gegen den Mobiltelefon-Senderwald – Ab­lehnung ................................................ 118, 121

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Post-Betriebsverfassungsgesetz geändert wird (804/A)

Rudolf Parnigoni, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (805/A)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend gesetzliche Anerkennung der Blindenführhunde als Hilfsmittel (806/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Auslegung des § 5 Z 3 Firmenbuchgesetz (4528/J)

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Summerauer Bahn (4529/J)

Mag. Kurt Gaßner und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Weiterbestand des Bezirksgerichtes Unterweißenbach (4530/J)

 

 

Beginn der Sitzung: 17.46 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsi­dent MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich eröffne die 128. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet ist Frau Abgeordnete Apfelbeck.

Zuweisungen


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (1186 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Entgeltfortzahlungsgesetz geändert wird (1192 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 und das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert werden (1233 der Beilagen);

Gesundheitsausschuß:

Antrag 802/A der Abgeordneten Dr. Günther Leiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird;

Verkehrsausschuß:

Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1209 der Beilagen).

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Darüber hinaus weise ich in Ergänzung der schriftlichen Mit­teilung den eingebrachten Antrag 803/A (E) des Abgeordneten Dr. Michael Krüger betreffend Lizenzgebühren für die Übertragung der Fußball-WM dem Wirtschaftsausschuß zu.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Was die Tagesordnung betrifft, ist vorgeschlagen, daß die Punkte 1 bis 15, 16 und 17, 18 und 19, 20 bis 27 sowie 28 bis 35 der heutigen Tagesordnung zusam­mengefaßt werden sollen.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Daher werden wir so vorgehen.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten der heutigen Tagesordnung erzielt, und zwar wie folgt: Es wurde eine Tagesblockredezeit von 7 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten erge­ben: SPÖ 105 Minuten, ÖVP 98 Minuten, Freiheitliche 91 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 63 Minuten.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden.

Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Dies ist nicht der Fall. Damit ist das einver­nehmlich so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht der Bundesmini­sterin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage 1996 (III-111/1129 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 339/A (E) der Abgeord­neten Karl Öllinger und Genossen betreffend Arbeitslosenversicherungsrecht (1132 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 477/A (E) der Abge­ordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Arbeitslosenversicherung; Wegfall der Einkommensanrechnung bei Notstandshilfeleistungen (1133 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 500/A der Abgeord­neten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeits­losenversicherungsgesetz und das Karenzgeldgesetz geändert werden (1134 der Bei­lagen)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 501/A der Abgeordne­ten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosen­versicherungsgesetz – AlVG geändert wird (1135 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 558/A (E) der Abgeord­neten Karl Öllinger und Genossen betreffend Bundessozialhilfegesetz (1136 der Bei­lagen)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 603/A (E) der Abgeord­neten Karl Öllinger und Genossen betreffend Kontrolle der Berufsausbildung (1137 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 629/A (E) der Abgeord­neten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend die Schaffung der Möglichkeit der begünstigten Selbstversicherung zur Pensionsversicherung für pflegende Angehörige (1138 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 630/A (E) der Abgeord­neten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Einbeziehung der geringfügig Be­schäftigten in das Sozialversicherungssystem (1139 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 634/A der Abgeord­neten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz und das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geän­dert werden (1140 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 635/A der Abgeordne­ten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1141 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 636/A der Abgeordne­ten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert werden (1142 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 133/A (E) der Abgeord­neten Edith Haller und Genossen betreffend geschlechtsneutrale Regelung für Nacht­arbeit (1143 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 521/A (E) der Abgeord­neten Anton Blünegger und Genossen betreffend Kostenübernahme für Bildschirmbrille nach § 68 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 1994 (1260 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Bürgerinitiative Nr. 8 betref­fend die gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund in Österreich (1264 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 15 der Tagesordnung.

Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung zu diesen Vorlagen beziehungsweise Ausschuß­berichten liegt mir nicht vor.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Als Redezeit sind 7 Minuten vorgeschlagen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.50


Abgeordneter Mag. Herbert Haupt¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Von den zur Diskussion stehenden 15 Tagesordnungspunkten über Angelegenheiten des Sozialausschusses werden in meiner Rede der Bericht über die sozialen Lage 1996 und die Bürgerinitiative betreffend eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Blindenführhunde einen Schwerpunkt haben. Die ande­ren Themen werden noch von meinen Fraktionskolleginnen und Fraktionskollegen erörtert wer­den.

Der Bericht über die soziale Lage 1996 mit den Themen Arbeitsmarkt, Einkommen, Sozialver­sicherung und Sozialausgaben ist, würde ich sagen, das Standardwerk für die Sozialpolitiker in dieser Republik. Der Datenbestand auf der einen Seite und die Analysen und Ressortaktivitäten auf der anderen Seite sind wie immer gut zusammengefaßt. Aus freiheitlicher Sicht gibt er als unabhängige Quelle leider eine traurige Bestätigung vieler unserer Befürchtungen hinsichtlich der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der österreichischen Bundesregierung.

Wenn man sich den Berichtszeitraum 1996 vor Augen führt und dann die jüngsten Arbeitsmarkt­daten von Mai 1998 betrachtet, so muß man leider feststellen, daß insgesamt in Österreich bei zunehmender Gesamtbeschäftigung die Zahl der Ganztagsarbeitsplätze, die ein entsprechen­des Einkommen zur Abdeckung des Lebensstandards bieten, abgenommen hat und daß eine immer größere Anzahl von österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht mehr in der Lage ist, aus einem Job die Lebenshaltungskosten zu tragen. Weiters hat sich die Situation der Frauen, die Situation der älteren Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und die Armutssituation in Österreich nicht nur im Berichtszeitraum 1995/96, der dem Bericht, der Ende 1997 erschienen ist, zugrunde liegt, verschlechtert, sondern auch in letzter Zeit, wie es die jüngsten Zahlen zeigen, keineswegs gebessert.

In den letzten Tagen hat die Pensionistenkurie für 600 000 Pensionisten in Österreich wieder einen entsprechenden Bericht vorgelegt. Gerade dieser Bericht der Seniorenkurie zeigt auf, was eigentlich ein Armutszeugnis ist, daß die älteren Menschen und damit die Aufbaugeneration nach dem Zweiten Weltkrieg immer mehr von Armut betroffen sind.

Folgende Zahlen sind im Sozialbericht nachzulesen: 1 Million Österreicherinnen und Öster­reicher leben an der Armutsgrenze. Fast die Hälfte davon, und zwar 48 Prozent, lebt schon unter der Armutsgrenze. Die Familien, die in Österreich von Armut betroffen sind, sind vor allem Mehrkinderfamilien mit zwei und mehr Kindern, Familien von Langzeitarbeitslosen und auch Familien von Landwirten, die immer mehr in soziale Schwierigkeiten geraten. All diese Grup­pen – das haben wir immer in den Sozialdebatten gesagt – werden von der Sozialdemokratie nur ungenü­gend durch Maßnahmen in ihren Lebenshaltungskosten, aber auch in ihren Gestal­tungsmög­lichkeiten unterstützt. Die Berichte geben eigentlich laufend unseren Befürchtungen recht.

Das einzig Positive, wie es im Bericht die Zahlen vom Mai 1998 zeigen – Frau Bundesministerin, da werden Sie mir recht geben –, ist eine deutliche Verringerung der Arbeitslosigkeit bei der Gruppe der 15- bis 30jährigen. Wenn man die Jahre 1995, 1996 bis 1998 betrachtet und konkret die letzte Entwicklung von 1997 bis 1998 verfolgt, so fällt auf, daß die ORF-Lehrlings­aktion mit 1 500 neu geschaffenen Arbeitsplätzen in der Substanz gleich effizient war wie die Konzepte der österreichischen Bundesregierung, mit welchen im gleichen Zeitraum 1 468 Ar­beitsplätze geschaffen wurden.

Ich sage das ohne Häme, aber die von seiten der österreichischen Bundesregierung für diese Lehrlingsinitiative aufgewendeten Mitteln und im Vergleich dazu jene der Aktion des Österrei­chischen Rundfunks klaffen schon sehr deutlich auseinander. Ich glaube, daß der Herr Bundes­kanzler gut daran getan hat, sich nunmehr federführend in die Aktion des ORF einzuschalten, denn diese war schließlich mit der Schaffung von 1 500 Arbeitsplätzen in einem kurzen Zeit­raum erfolgreicher als die österreichische Bundesregierung im Jahresabstand, was der Ver­gleich der Zahlen vom Mai 1998 mit jenen vom Mai 1997, was die Arbeitslosigkeit der 15- bis 30jährigen betrifft, zeigt.

Es ist auch erschreckend, mit welch geringen Geldmitteln Menschen in der Republik Österreich noch immer auskommen müssen. Wenn man den vorliegenden Bericht anschaut, so liest man fol­gendes: Die mittlere Höhe der monatlichen Leistung an Arbeitslose betrug 8 660 S, das mitt­lere Arbeitslosengeld für Männer lag bei 9 000 S, jenes für Frauen allerdings nur bei 7 400 S. Die mittlere Notstandshilfe lag bei 7 300 S, für Frauen bei 6 300 S. 30 Prozent der eine Not­standshilfe beziehenden Frauen mußten im Berichtsjahr mit einer monatlichen Leistung von höchstens 4 900 S ihren Lebensunterhalt bestreiten.

Es ist auch evident, daß sich im Berichtszeitraum 1995 bis 1997 im Zusammenhang mit Arbeits­losigkeit und mit Rückeingliederung in den Arbeitsmarkt für Frauen die Situation der Betreuung von Kindern nicht verbessert hat. Es ist nur zu hoffen, daß die zweite Kindergartenmilliarde, die de facto dann wieder etwa 600 Millionen Schilling ausmachen wird, an dieser Situation etwas ändern wird.

Wir Freiheitlichen haben immer dafür plädiert, einen Familienscheck einzuführen, um die durch­aus positive Einrichtung der Tagesmütter sozial mehr zu fördern, auch unter dem Gesichts­punkt, daß das für Frauen, die mehrere Kinder haben und sich als Tagesmütter in ihrem Lebensumfeld qualifizieren, eine zusätzliche Einnahmequelle für die Zeit bedeutet, in der sie sich der Kinderbetreuung widmen.

Ich glaube daher, daß dieser Sozialbericht zwar von seiner Abfassung und von seiner Zusam­mensetzung her als durchaus positiv zu betrachten ist, nicht jedoch, was die aufgelisteten sozia­len Standards in Österreich betrifft. Es gäbe, so wie ich es bereits ausgeführt habe, aus unserer freiheitlichen Sicht eine Reihe von Maßnahmen für Ältere, für Senioren, im Bereich der Landwirt­schaft, aber vor allem auch im Bereich der Frauen, die schnell gesetzt werden müßten, denn die betroffenen Gruppen haben nichts davon, wenn die Bundesregierung zwar ihre Versprechungen, ihnen zu helfen, immer wieder erneuert, aber de facto in der Praxis bei der Umsetzung nur geringfügige Verbes­serungen zustande bringt.

Ich möchte mich in der verbleibenden restlichen Minute meiner Redezeit noch mit der Bürgerini­tiative betreffend die gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel beschäfti­gen. Ich glaube, daß die Behinderten ein Anrecht auf Förderung ihrer Mobilität haben und dar­auf, ihr wichtigstes Mittel – in diesem Fall den Rehabilitationshund, den Signalhund, den Blin­denführhund, den Partnerhund und den Kombinationshund für Behinderte – in entsprechender Form, so wie es die Bürgerinitiative vorsieht, zuerkannt zu bekommen.

Wenn man sich so wie ich als Tierarzt auf dem Markt auskennt, dann weiß man, daß aufgrund der Versuche, mit untauglichen Hunden den Betroffenen oft Hunderttausende Schillinge aus der Tasche zu ziehen und sie damit nachhaltig zu schädigen, es durchaus gerechtfertigt ist, in diesem Bereich im Einklang mit der Sozialversicherung eine zukunftsträchtige Regelung herbei­zuführen.

Uns Freiheitlichen ist der vorliegende Entschließungsantrag aus dem Ausschuß eigentlich zu dürftig. Nach vier Jahren Diskussion, und zwar von 1994 bis heute, hätten wir Freiheitlichen uns in dieser Problematik erwartet, daß man das Bundesbehindertengesetz, so wie es die Behinder­tenverbände vorgeschlagen haben, in entsprechender Form ändert. Das ist bis zum heutigen Tag leider unterblieben.

Ich hoffe, sehr geehrte Frau Bundesminister, daß die an Sie gerichtete Resolution wenigstens dazu führt, daß die Verhandlungen nicht auf dem Rücken der Betroffenen bis zum Sankt-Nim­merleins-Tag verschoben werden, denn der Handlungs- und Regelungsbedarf in diesem Be­reich ist aus unserer freiheitlichen Sicht dringend. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.00


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.00


Abgeordnete Annemarie Reitsamer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte vorweg dem Vorwurf entgegentreten, daß ich mich aus zeitöko­nomischen Gründen nicht mit allen Kapiteln auseinandersetzen kann, denn letztes Mal wurde mir die Solidarität mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Klub zum Vorwurf gemacht.

Ich möchte nun ein Kapitel aus dem Sozialbericht herausgreifen, nämlich jenes über die Be­schäftigung. Das Thema Beschäftigung hatte schon im Sozialbericht 1996 den höchsten Stellen­wert. In letzter Zeit gab es außerdem einen EU-Beschäftigungsgipfel sowie einen Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung, Österreich hat sich in diesem Bereich ganz massiv eingebracht.

Ich habe mir die Vermittlungstätigkeit des AMS angesehen und konnte dabei feststellen, daß be­reits 46 Prozent der Unternehmen auf die Vermittlungstätigkeit des AMS zurückgreifen. 1995 waren es noch weniger, und zwar 43,5 Prozent. Das bedeutet einen Zuwachs um 2,5 Prozent! Ein weiterer Beweis für die Professionalität des AMS scheint mir zu sein, daß 75 Prozent der offenen Stellen innerhalb eines Monats besetzt werden konnten.

Wir hatten in Österreich im Jahre 1996 657 000 Zugänge zur Arbeitslosigkeit, aber 706 000 Ab­gänge aus der Arbeitslosigkeit. Ich sage das deshalb so deutlich, weil immer wieder behauptet wird, daß Arbeitslose nicht daran interessiert wären, so schnell wie möglich Arbeit zu bekom­men. Ich meine, daß das damit massiv widerlegt wird.

88 Prozent der Arbeitslosen waren über einen Zeitraum von unter 6 Monaten arbeitslos – das ist zu­gegebenermaßen lange genug –, nur 9 Prozent länger als sechs Monate und 3 Prozent länger als zwölf Monate. Das AMS hat gerade für diese Gruppen, nämlich die Langzeitarbeitslosen, Schwerpunkte gesetzt. Es konnten im Jahre 1995 5 000 Langzeitarbeitslose zusätzlich in Be­schäftigung gebracht werden.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei den WiedereinsteigerInnen; das sind natürlich vorwiegend Frauen, da damit die familienbedingte Berufsunterbrechung gemeint ist. Im Jahre 1996 wurden erstmals mehr als 10 000 Kinderbetreuungsbeihilfen gewährt. Menschen mit Betreuungspflich­ten äußern sehr häufig den Wunsch nach Teilzeitarbeit. Im Jahre 1995 waren im Durchschnitt 398 000 Frauen und 86 000 Männer in Teilzeitbeschäftigung.

Ich war vor kurzem in Brüssel, und dort hat eine Vertreterin Belgiens Probleme in bezug auf Teil­zeitarbeit geschildert, wie wir sie aus dem Bereich der geringfügig Beschäftigten kennen und zum Teil schon beseitigen konnten. Unserer Meinung nach ist die arbeitsrechtliche Sicherung von teil­zeitarbeitenden Menschen in Österreich auf jeden Fall positiv, aber Teilzeit bedeutet natürlich auch nur Teilgehalt und hat entsprechende Auswirkungen auf die Alterssicherung.

Zum Thema Geringfügigkeit muß ich leider Gottes sagen, daß es schon wieder Bestrebungen gibt, die diesbezüglichen Regelungen zu unterlaufen. Eine Tageselterninitiative in Salzburg drängt geringfügig beschäftige Frauen nunmehr in die „neue Selbständigkeit“. Das heißt, sie dürfen sich ihre Betreuungsfälle selbst suchen, müssen dann bei ihrem Trägerverein einen An­trag stellen, ob sie das genannte Kind überhaupt betreuen dürfen, und sind nach Erhalt der Ge­nehmigung „neue Selbständige“. – So kann man es auch machen! Wir beschließen Gesetze, um den ärmsten Arbeitnehmern zu helfen, aber man drängt sie wieder aus dem sozialen Netz hinaus.

Meine Damen und Herren! Im Bericht werden auch die verbesserten Ausbildungsmöglichkeiten in den Gesundheits- und Sozialberufen angesprochen. Das ist durchaus positiv zu werten. Aber wie sieht es nach der Ausbildung mit der Beschäftigung aus? – Laut Expertenmeinung finden wir in diesem Bereich die Arbeitsplätze der Zukunft. Ich habe aber schon in der letztjährigen Dis­kussion erwähnt, wie es sich mit den mobilen Hilfsdiensten und den Verrechnungsmodalitäten mit den Ländern verhält. Bisher hat sich nichts geändert. Man verzichtet also auf die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze. Außerdem gibt es in diesem Bereich einen boomenden Schwarz-markt. Ich denke da etwa an die sogenannte böhmische Volkshilfe. Die Länder forcieren zwar die Errichtung von Altenheimen, aber ein flächendeckendes Angebot an mobilen Einrichtungen gibt es nach wie vor nicht.

Ein weiterer Punkt ist die Jugendbeschäftigung. Österreich hat die niedrigste Jugendarbeits­losenrate! Wir haben auch kontinuierlich entsprechende Maßnahmen gesetzt, schon im Jahr 1996. Ich darf in Erinnerung rufen, daß ab 1. Juli 1997 für die ersten beiden Lehrjahre die Krankenversicherungsbeiträge entfallen und im dritten Lehrjahr nur ein Dienstnehmerbeitrag eingehoben wird. Im Jahre 1996 wurde die Zahl der Geförderten bei jugendspezifischen Maß­nahmen immerhin auf 7 000 ausgeweitet. Es kommen aber nun in den Jahren 1998 und 1999 erwiesenermaßen geburtenstarke Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt, und wir werden im Hinblick darauf mit dem Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz heute noch ein ganzes Bündel an Maß­nahmen beschließen. Wir wissen, was es bedeutet, wenn junge Menschen keine Perspektiven haben. Unsere Maßnahmen werden das zu verhindern versuchen.

Meine Damen und Herren! Arbeitslosigkeit ist eine Geißel! Aber immer wieder wird auch die Mißbrauchsdiskussion geführt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die „soziale Hängematte“! Ist nicht manchmal das, was wir Mißbrauch nennen, eigentlich nur Resignation? – Wir haben gegen die vereinzelten Fälle von Arbeitsunwilligkeit oder selbstverschuldeter Arbeits­losigkeit Maßnahmen gesetzt. Die Zahl der Sanktionen ist jedoch niedrig, sie ist auch im Jahres­vergleich 1995/1996 kaum gestiegen. Ich halte das für ein weiteres Beispiel dafür, daß diese immer wieder geführte Mißbrauchsdiskussion fehl am Platz ist und auch die falschen Menschen, nämlich jene, die leider keinen Arbeitsplatz haben, gegen jene, die Arbeitsplätze besitzen, aus­gespielt werden.

Ich habe mir vorgenommen, noch wesentlich mehr zu sagen, ich wollte noch den Abbau von Überstunden ansprechen und etwas mehr zur Arbeitszeitverkürzung sagen. Hoffentlich habe ich ein anderes Mal Gelegenheit dazu. Ich wollte mich auch noch mit verschiedenen Anträgen, ge­rade was die geringfügig Beschäftigten betrifft, auseinandersetzen. Leider gestattet es die Rede­zeit nicht, und aus Solidarität zu meinen Nachrednern lasse ich es dabei bewenden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.07


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Ich erteile ihm das Wort.

18.08


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Erfinder der „sozialen Hängematte“ hat leider ... (Abg. Dr. Khol – vom Präsidium zu seinem Platz gehend –: Ist hier!) Ah, er kehrt zurück! (Abg. Dr. Khol: Ist aber nicht der Erfinder!) Nein, der Erfinder ist er nicht, das ist richtig. Nein! (Abg. Dr. Khol: Das ist der Helmut Kohl!)

Die Ergreiferprämie für die Erfindung möchte ich Herrn Klubobmann Khol nicht zuordnen, aber er ist der Thematisierer der „sozialen Hängematte“! (Abg. Dr. Khol: Der Benützer!) Der Benützer der sozialen Hängematte als Keule! (Abg. Dr. Khol: Nein! Nicht!) Sie wird zusammengerollt und dann als Keule benützt!

Klubobmann Khol ist also anwesend, ich empfehle ihm die Lektüre des Sozialberichtes. (Bun­desministerin Hostasch spricht mit dem an der Regierungsbank stehenden Abg. Dr. Feurstein.) Frau Bundesminister, Kollege Feurstein ist durch Sie abgelenkt. (Abg. Dr. Feurstein kehrt zu seinem Platz zurück.)

Ich empfehle Herrn Klubobmann Khol die Lektüre des Sozialberichtes, er ist lehrreich. Dort kann er die „soziale Hängematte“ suchen, zum Beispiel in jenem Kapitel, das sich mit den Arbeitslo­sen beschäftigt. Darin ist ein dramatisches, nachhaltiges Ansteigen der Langzeitarbeitslosigkeit bei gleichzeitig steigender Tendenz in den Arbeitslosenzahlen überhaupt verzeichnet. Die Zah­len schwanken zwar leicht, sind aber sehr hoch! Ich halte es daher für mehr als zynisch, vor dem Hintergrund eines Rückganges der offenen Stellen die Langzeitarbeitslosen als diejenigen zu bezeichnen, die sich in der „sozialen Hängematte“ aufhalten.

Außerdem ist der Ausdruck „soziale Hängematte“ in mehrfacher Hinsicht „giftig“, denn er er­weckt den Eindruck, daß es in dieser Hängematte sehr komfortabel ist, daß sozusagen Piña Colada serviert wird, und der Freizeitstreß das einzige Problem ist.

Das durchschnittliche Arbeitslosengeld beträgt aber tatsächlich lediglich 9 000 S, die durch­schnittliche Notstandshilfe lediglich 7 300 S. Wenn Sie nach Geschlechtern differenzieren, dann stellen Sie fest, daß bei Frauen das durchschnittliche Arbeitslosengeld bei 7 400 S und die durchschnittliche Notstandshilfe bei 6 300 S liegt.

Ich weiß nicht, ob man solche Beträge mit dem Wort „Hängematte“ in Verbindung bringen kann, denn ich bin der Überzeugung, daß angesichts der Armutslage dieser Menschen und der dar­über hinaus auch psychisch meistens sehr schlechten Verfassung von Langzeitarbeitslosen das Wort „Hängematte“ mehrfach bösartig, aber möglicherweise mit einer christlich-demokratischen oder -sozialen Weltanschauung in Einklang zu bringen ist, weil es etwas „Romantisches“ oder vielleicht „Nostalgisches“ an sich hat.

Wir haben meiner Ansicht nach keinen Grund, diesen Sozialbericht leichtzunehmen, denn er bringt deutlich zum Ausdruck, daß unsere Wohlstandsgesellschaft an die Grenzen ihrer Mög­lichkeiten gekommen ist, sich gerecht zu verhalten. Der Gesamtreichtum steigt durchaus, aber die soziale Lage verschlechtert sich tendenziell.

Das wird auch durch einen Blick auf die Einkommensverteilung deutlich: Das Volkseinkommen ist um 0,6 Prozent gestiegen, die Realeinkommen allerdings sind netto um 2,2 Prozent ge­sunken. Das heißt, es geht darüber hinaus auch noch eine Steuern- und Abgabenschere auf, und daß sich das besonders ungünstig auf die „Bewohner der sozialen Hängematte“ auswirkt, möchte ich nur der Vollständigkeit halber noch einmal erwähnen.

Berücksichtigt man weiters, daß es keine echte Pensionsreform gegeben hat, die Pensionsbe­lastungsquote aber im Laufe der letzten Jahre von 593 über 601 auf inzwischen 616 gestiegen ist – das heißt 616 Pensionisten pro 1 000 Beschäftigte –, dann muß man sagen, daß es auch in diesem Punkt keinen Grund für allzu großen Optimismus und für Euphorie gibt.

So sieht es in Wahrheit aus: Pensionsproblematik – ungelöst!, Arbeitslosensituation – stagnie­rend bis ungelöst!, soziale Transfers – sinkend!, Verweildauer im Sozialsystem – sinkend!, rund­herum sind Kürzungen angesagt.

Kollegin Reitsamer! Ich verstehe Sie, wenn Sie ein besonderes Augenmerk auf die Jugendar­beitslosigkeit richten, die Lehrlingsproblematik anschneiden und die geburtenstarken Jahrgänge ankündigen – das ist Demographie –, aber ich frage Sie: Wo sind die effizienten Antworten? (Abg. Reitsamer: Ich habe ja gesagt, daß noch ein Gesetz kommt!) Sie haben im letzten Jahr fast alle Mittel dafür eingesetzt, um die Jugendarbeitslosigkeit eines Jahres im Bereich der Lehr­linge abzufangen, was zugegebenermaßen verdienstvoll ist, aber Sie haben nun, im Folgejahr, keine Mittel mehr. (Abg. Reitsamer: Wir beschließen ja heute noch etwas!) Es wird zwar in diesen Tagen noch ein Gesetz zur Diskussion stehen, aber – glauben Sie mir das! – auch dieses Gesetz wird das Problem nicht lösen, sondern bestenfalls den Schmerz stillen. Ich sage nicht, daß es schlecht ist, den Schmerz zu stillen – ich will ja nicht, daß der Patient ohne Schmerztabletten auskommen soll –, aber wenn Sie die Symptome nicht in den Griff be­kommen, dann werden Sie das Problem nicht lösen.

Frau Kollegin Reitsamer! Die von Ihnen erwähnte arbeitsrechtliche Absicherung würde ich gerne unterstützen. Aber gerade die arbeitsrechtliche Absicherung haben Sie teilweise dadurch unter­laufen, daß Sie in einer ganz bestimmten Form die freien Dienstverträge letztlich sozialversiche­rungsrechtlich mit den anderen Dienstverhältnissen gleichgestellt haben, statt zu erkennen, daß es nur zwei Möglichkeiten gibt: Entweder der freie Dienstvertrag ist eine Umgehung und in Wirk­lichkeit ein echtes Dienstverhältnis – dann gehört er voll ins Arbeitsrecht –, oder er ist ein Scheindienstvertrag, also in Wirklichkeit eine echte Selbständigkeit – dann ist er kein Dienstver­trag, sondern eben Selbständigkeit.

Wir haben zu diesem Problem in diesem Haus bereits Anträge eingebracht – und wir werden es wieder machen –, durch die die freien Dienstnehmer sozialversicherungsrechtlich als solche ab­geschafft werden und statt dessen folgende Regelung gelten soll: Ist jemand, was sich an den Merkmalen des Beschäftigungsverhältnisses durchaus feststellen läßt, ein echter Dienstnehmer, dann ist er ASVG-pflichtig und steht im übrigen unter dem vollen Regime des Arbeitsrechtes und der damit verbundenen Schutzaspekte. Ist jemand aber ein „neuer Selbständiger“, der nur die Rechtsform eines “freien Dienstvertrages“ gewählt hat, dann ist er GSVG-pflichtig und im übri­gen auch einkommensteuer- und nicht lohnsteuerpflichtig.

Sie sollten den Versuch wagen, in einer interministeriellen Kraftanstrengung gemeinsame Ab­grenzungen zu definieren, und zwar nicht nur dadurch, daß in den einzelnen Gesetzen sozu­sagen wortgleiche Definitionen enthalten sind, sondern indem ausdrücklich zum Ausdruck ge­bracht wird, daß Unselbständigkeit ASVG- und Lohnsteuerpflichtigkeit, Selbständigkeit GSVG- und Einkommensteuerpflichtigkeit bedeutet. Dies sollte in einer durchgängigen, stringenten Form festgelegt werden, sodaß es kein „Entkommen“ – im positiven Sinn des Wortes, nämlich im Sinne der Sozialpflichtigkeit jedes erzielten Einkommens – gibt.

Daß Sie in Ihren Anstrengungen bei den geringfügig Beschäftigten begonnen haben, ist einer­seits – von einer naiven Intention her – nicht unsympathisch, andererseits ist es mir bis heute nicht einsichtig, warum Sie nicht den Schritt gewagt haben, bei gleichzeitig gesenkten Prozent­sätzen die Arbeitgeberbeiträge von den Lohnsummen zu nehmen. Das wäre ein wesentlicher Schritt in jene Richtung gewesen, daß jeder Lohnschilling die gleichen sozialen Lasten trägt, und das wäre besonders deshalb wichtig, weil viele Umgehungs- und Ausweichgeschäfte, die auch heute noch im Bereich der Unselbständigen zu finden sind, damit nicht mehr möglich wären.

Zum Armutsbericht möchte ich noch eine Anmerkung – auch wieder an die Adresse unter ande­rem des Klubobmanns der ÖVP – machen. Studieren Sie die Zahlen über die Kinderarmut im sozialen Bericht. Studieren Sie sie bitte! 152 000 Kinder leben unter der Armutsgrenze, und zwar meistens selbstverständlich im Zusammenhang mit ihren Familien. Dies sind allerdings häufig keine Familien im normtypischen Sinn, sondern AlleinerzieherInnen und AlleinerhalterInnen. Sie leben weit unter der Armutsgrenze. (Abg. Schwarzenberger: Der Großteil der Bauernkinder!) Vielfach auch bäuerliche Familien, ganz richtig.

Gerade mit jener Maßnahme, derer Sie sich so berühmen, nämlich mit der Familienreform, haben Sie da keine nennenswerte Abhilfe geschaffen. Ich habe noch einen Ausspruch eines Ihrer Mitarbeiter im Ohr, der da lautet: Wenn Sie sich um die Kinderarmut Sorgen machen – das ist ein Originalzitat eines ÖVP-Mitarbeiters –, dann wünschen wir Ihnen viel Glück, das ist nicht unser Problem! (Die Abgeordneten Gatterer und Großruck: Wer hat das gesagt?) Das war im Zuge einer Diskussion im Familienministerium! (Abg. Großruck: Namen nennen!)

Ich werde Ihnen diesen Menschen nicht vorführen. Er ist ein verdienstvoller Mitarbeiter des Herrn Bundesministers Bartenstein. Lassen Sie es dabei bewenden. (Rufe bei der ÖVP: Nein! Nein!) Ich werde es Ihnen nachher sagen. Ich werde den Namen von diesem Rednerpult aus nicht ins Protokoll bringen. (Abg. Großruck: Wer hat das gesagt?) Glauben Sie mir das. (Neuer­liche Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Schreien Sie dazwischen, soviel Sie wollen, bezweifeln Sie die Richtig­keit meiner Aussage, nennen Sie mich einen Schuft, wie Sie wollen (Abg. Dr. Schwim­mer: Nein! Schlicht und einfach einen Erfinder von Unwahrheiten!), aber ich sage Ihnen ex­pressis verbis: Das ist nicht unsere Zielgruppe! Sozialpolitik kann meiner Meinung nach über­haupt nur eine Zielgruppe kennen, nämlich die Menschen, die unter der Armutsgrenze leben! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Verstehen Sie mich? Das ist eine Frage des Anliegens. Wenn Sie vielleicht einen Augenblick so ehrlich waren, zu sagen, daß Sie eine andere Zielgruppe haben (Abg. Dr. Schwimmer: Sie erfinden Unwahrheiten!), dann ist das politisch durchaus legitim. Aber es ist eben unangenehm, wenn es öffentlich gesagt wird. Das leuchtet mir ein. (Abg. Gatterer: Dann sagen Sie den Namen!). Ich sage Ihnen daher noch einmal: Lassen Sie solche Beschimpfungen wie „soziale Hängematte“ ... (Abg. Großruck: Wer hat das gesagt? Nennen Sie den Namen! – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich habe Ihnen gesagt, daß ich von diesem Rednerpult aus einen an sich verdienstvollen Mitar­beiter des Bundesministers Bartenstein nicht in die Protokolle bringen werde, aber ich werde es Ihnen nachher sagen. (Abg. Rosemarie Bauer: Warum zitieren Sie ihn dann?) Ich stehe nicht an, Ihnen das nahezulegen, ich werde das nicht von diesem ... (Abg. Koppler – in Richtung der Abg. Rosemarie Bauer –: Er sagt es dir eh nachher! – Zwischenruf des Abg. Dr. Khol.) Nein, Herr Klubobmann Khol. Das ist vielleicht Ihre Art. Mir genügt die authentische Mitteilung.

Ich mußte das in diesem Haus einmal sagen. Machen Sie, was Sie wollen! Sie werden mich nicht dazu zwingen ... (Abg. Dr. Schwimmer: Wenn Sie es verschweigen, dann verschweigen Sie sich überhaupt!) Machen Sie, was Sie wollen, Kollege Schwimmer! Sie werden mich nicht dazu bringen, daß ich diesen Menschen, der nur pflichtgemäß das gemacht hat, was ihm sein Bundesminister aufgetragen hat, in diesem Saal bloßstelle. Verstehen Sie mich! In all diesen Fällen ist nämlich die Ressortspitze verantwortlich und nicht der Mitarbeiter. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rosemarie Bauer und Großruck.) Deswegen sage ich Ihnen das von diesem Rednerpult aus nicht! Da können Sie Rumpelstilzchen spielen, solange Sie wollen, das mache ich nicht.

Ich sage Ihnen nochmals: Lesen Sie das Kapitel über die Kinderarmut, dann wird Ihnen vielleicht die eine oder andere „Grausbirne“ aufgehen! (Abg. Dr. Schwimmer: Sie sind das Rumpel­stilzchen: Ach wie gut, daß niemand weiß ...!) Es war mir wichtig, das zu sagen, denn ich lasse Sie in dieser Frage nicht aus.

Wenn Sie mir das nicht glauben, dann glauben Sie mir das eben nicht. Das ist mir völlig gleich­gültig, denn im Endeffekt haben Sie genau das gemacht, was beim Problem der Kinderarmut eben nicht hilft. Der besagte Kollege war nur ehrlich genug, das zuzugeben. Beschimpfen Sie ihn also jetzt nicht! Wenn Sie so bösartig werden, werde ich mir noch überlegen, wie ich da vor­gehen werde. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.20


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Edeltraud Gatterer. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.20


Abgeordnete Edeltraud Gatterer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich möchte mich zuerst im Namen der ÖVP-Fraktion sehr herzlich für die Erstellung des vorliegen­den Sozialberichtes bedanken. Ich möchte mich bei den Beamten, Mitarbeiterinnen und Mitar­beitern des Ministeriums bedanken und bei all jenen, die diesen Bericht mit erstellt haben. Es ist nicht so, daß dieser Bericht – obwohl er verspätet hier im Hohen Hause diskutiert wird – für uns nur ein Standardwerk ist, sondern er ist ein ganz wesentliches Mittel, ein wertvolles Nach­schlagewerk, eine umfangreiche Zusammenschau und zeigt eigentlich auch Entwicklungen auf. Deswegen ist dieser Bericht für alle sozialpolitisch Engagierten sehr, sehr wichtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Man kann aus diesem Bericht auch ablesen, daß der Sozialpolitik dieser Regierung generell ein gutes Zeugnis ausgestellt wird. Es ist so, daß ein Entschließungsantrag aus diesem Haus erst­mals auch in diesen Bericht – und ich finde das sehr positiv – aufgenommen wurde, daß man sich über Armut und Armutsbekämpfung in Österreich umfassend Gedanken macht, Material sichtet und in diesen Bericht einfließen läßt. Da dieser Bericht sehr umfangreich ist, möchte ich mich heute speziell auf dieses Thema konzentrieren.

Laut diesem Bericht fallen 5 Prozent der Österreicher unter die Armutsquote und 11 Prozent der Österreicher sind armutsgefährdet, wobei als Mittel der Erfassung – anders als in anderen Län­dern, in denen Armut einfach folgendermaßen definiert wird: kein Geld für die notwendigsten Bedürfnisse zu haben – in Österreich Armut so definiert wird, daß das Einkommen die Hälfte des monatlichen Pro-Kopf-Durchschnittseinkommens unterschreiten muß. Das wollte ich ein­gangs sagen.

Aber ich möchte auch unterstreichen, daß wir – auch wir hier im diesem Hohen Haus – unser Augenmerk sehr wohl auf die am meisten betroffenen Gruppen lenken müssen. Es wurde schon gesagt, daß das nun einmal kinderreiche Familien, Alleinerzieherinnen-Haushalte, Arbeitslosen­haushalte – und es ist ganz schlimm, wenn es sich dabei um Langzeitarbeitslose handelt –, Haushalte von Kleinbauern und von kleinen Gewerbetreibenden, Gastarbeiterfamilien und vor allem auch Haushalte, von deren Mitgliedern Hilfsarbeit geleistet wird und die daher ein sehr niedriges Einkommen haben, sind. Verschärft wird die Situation meist noch dann, wenn es zur Scheidung kommt, wenn ein behindertes Kind in der Familie ist, wenn eine schwere Krankheit bei einem Familienmitglied auftritt oder wenn, was auch sehr oft vorkommt, Familien hoch ver­schuldet sind.

Es stimmt auch, daß heutzutage – das ist, glaube ich, positiv zu vermerken – Armut nichts mehr mit dem Alter zu tun hat. Wir konnten alten Menschen ihren Lebensabend wirklich derart ab­sichern, daß sie nicht armutsgefährdet sind. Es sind aber sehr wohl zum Teil Kinder armutsge­fährdet: 60 Prozent der armen Kinder leben in Haushalten mit drei und mehr Kindern oder in Alleinerzieherinnen-Haushalten. Zu den Alleinerzieherinnen-Haushalten möchte ich folgendes sagen: Meiner Meinung nach ist es sehr verwunderlich, daß die Hälfte aller Alleinerzieherinnen angibt, daß sie weder für sich noch für ihre Kinder Unterhalt von den Vätern ihrer Kinder be­kommt. Ich glaube, Frau Ministerin, daß das auch etwas ist, was man eingehend diskutieren sollte.

Bei Mehrkinderfamilien ist es folgendermaßen: Je mehr Kinder da sind, desto schwieriger ist es, ein zweites Einkommen zu haben. Das heißt, die Mütter bleiben meistens zu Hause. Bei einem Kind sind immerhin noch 62 Prozent der Frauen berufstätig, ab drei Kindern nur noch 30 Pro­zent.

Der Armutsbericht zeigt auch, daß die Transfers in Österreich sehr wohl bei den ärmeren Fami­lien ankommen. Das wird ganz deutlich aufgezeigt: Die untere Einkommenshälfte erhält 74 Pro­zent aller monetären Familientransfers, sie erzielt auch 78 Prozent der Arbeitslosenleistungen, Mietbeihilfen und Sozialhilfe gehen natürlich auch zu 88 Prozent in diesen Bereich. Das heißt, daß es eine sehr hohe Treffsicherheit gibt, gerade die unteren Schichten, die nur über ein niedri­ges Einkommen verfügen, wirklich zu fördern und ihnen zu helfen.

Ich würde mir auch wünschen, daß in Zukunft der Armutsbericht in den Sozialbericht aufgenom­men wird. Dabei wünsche ich mir aber auch – wir haben das beim Unterausschuß zum Frauen-Volksbegehrens beschlossen –, daß es mehr geschlechtsspezifische Daten gibt. Es ist auffal­lend, daß man betreffend Familien, die armutsgefährdet sind, aus diesem Bericht nicht heraus­lesen kann, wer in der Familie Mittel zur Verfügung hat, welche Familienmitglieder über welches Einkommen und über welches Geld verfügen können.

Ich möchte jedoch schon darauf verweisen, daß wir seit dem Berichtszeitraum 1996 des vorlie­genden Berichtes, in welchem diese Daten ausgewiesen sind, sehr wohl viele Lösungsansätze gefunden haben, um die Armut in Österreich einzudämmen. Ich glaube, daß das für uns alle oberstes Ziel ist. Die Familiensteuerreform, die künftig 6 000 S mehr pro Kind bringen wird, ist ein ganz wichtiger Schritt für Mehrkinderfamilien. Es wird damit auch eine bessere Unterstüt­zung für Alleinerzieherinnen geben. Auch der Nationale Aktionsplan für Beschäftigung wird natürlich dazu beitragen, daß es in Österreich weniger Arbeitslose geben wird.

Ich wünsche mir allerdings, daß auch im Frauenbereich und im Bildungsbereich einiges pas­siert, denn der Armutsbericht zeigt auch folgendes eindeutig auf: Je schlechter die Ausbildung ist, desto größer ist die Gefahr, in die Armutsfalle zu geraten. Ich wünsche mir auch ausrei­chende Möglichkeiten zur Kinderbetreuung, damit Vereinbarkeit von Berufstätigkeit beziehungs­weise Teilzeitbeschäftigung und Familie – vor allem für Frauen – ermöglicht wird. Ich meine, daß der Kampf gegen die Armut ganz oben auf der Tagesordnung stehen muß.

Ich möchte nun auch noch ganz kurz auf die Bürgerinitiative Nr. 8 eingehen, die Kollege Haupt schon kurz angerissen hat. Es geht darin um die Blindenführhunde. Ich glaube, daß es wichtig ist, daß Blinden dieses Hilfsmittel wirklich zugestanden wird. Es ist aber genauso wichtig, daß es generell eine Definition des Begriffs „Rehabilitationshund“ geben muß. Es gibt ja Signalhunde, Partnerschaftshunde, Servicehunde, Sozialhunde und Therapiehunde. Ich bin der Ansicht, daß man da zunächst zu einer Definition kommen muß. Man muß auch festlegen, was man von den Schulen hinsichtlich Ausbildung dieser Hunde erwartet, was diese Hunde können müssen, wie das bewertet, wie das definiert wird. Wir alle sollten gemeinsam versuchen, da eine Lösung zu finden.

Ich möchte daher folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger, Maria Rauch-Kallat, Annemarie Reitsamer, Edel­traud Gatterer und Genossen zu der dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, 1264 der Beilagen, über die Bürgerinitiative Nr. 8 betreffend die gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund in Österreich beigedruckten Entschließung

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Entschließung wird wie folgt geändert:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, mit den in Betracht kommenden Rehabilitationsträgern (insbesondere Sozialversicherungsträgern und Ländern) zum Zwecke der Vereinheitlichung der Vorgangsweise Gespräche über die Schaffung der recht­lichen Rahmenbedingungen für die Definition und Anerkennung von Blindenführhunden ehebal­digst zu führen.“

*****

Frau Ministerin! Sie wissen, wie dringend die Lösung dieses Problem ist: Wir setzen da volles Vertrauen in Sie und fordern Sie auf, im Sinne der Betroffenen rasch eine Lösung zu finden. (Beifall bei der ÖVP.)

18.29


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß unterfertigt, aber ich muß prüfen, ob es ein Selbständiger oder ein Unselbständiger Antrag ist, weil es ja zu Un­selbständigen Anträgen in der Regel keine Abänderungsanträge geben kann. Ich bitte darum, daß ich mir die Entscheidung darüber noch vorbehalten darf.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

18.29


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ich kann mich durchaus meiner Vorrednerin in bezug auf jene Be­reiche anschließen, in denen sie für diesen Sozialbericht Dank an die Beamtenschaft ausge­sprochen hat: Ja, der Sozialbericht ist nach wie vor eine sehr brauchbare Quelle.

Aber – und damit unterscheide ich mich auch schon von den Ausführungen der Frau Kollegin Gatterer – ich sehe es nicht so rosig, was den positiven Befund für diese Bundesregierung be­ziehungsweise für die Arbeit der Regierungsparteien betrifft, der laut Kollegin Gatterer aus diesem Bericht herauszulesen ist. Ich kann ihn nämlich nicht erkennen.

Ich werde mich jetzt nicht in Details verbeißen, möchte aber zwei Fakten anführen. Erstens: Die Nettorealeinkommen – auch das wurde heute schon gesagt – sind im Jahre 1996 um 2,2 Pro­zent gesunken.

Zweitens – das ist auch immer wieder sehr brauchbar –: die Zahlen betreffend Löhne und Ge­hälter: Früher lagen die Zahlen betreffend Löhne und Gehälter unter 10 000 S brutto. Das waren noch jene Zeiten, als in den Gewerkschaften die Forderung nach 10 000 S brutto als die Forde­rung schlechthin auf der Tagesordnung gestanden war. Inzwischen sind diese 10 000 S nicht mehr auf der Tagesordnung, sondern nur noch jene Löhne und Gehälter, die unter 12 000 S lie­gen. Kollege Koppler! Ich bin überzeugt davon, daß es da auch noch einige gibt, die jetzt unter der 12 000 S-Grenze liegen, die weniger als 10 000 S verdienen. Somit haben wir ein Problem.

Das eigentliche Problem bei dieser Zahl ist aber folgendes: Es gab im Jahre 1996 226 000 Men­schen in Österreich, die für Vollzeitarbeit beziehungsweise für das Vollzeitarbeitäquivalent – also wenn sie nur Teilzeit arbeiten, aber für Vollzeitarbeit bezahlt würden – weniger als 12 000 S ver­dient haben. 226 000 Menschen, also eine Viertelmillion! Was noch erstaunlicher ist, ist die Tat­sache, daß es im Jahre 1995 nicht viel mehr waren, nämlich 240 000 Menschen. Das heißt – auch wenn es eine stufige Entwicklung seit Ende der achtziger Jahre gibt; diese war zu Beginn noch mit Sprüngen von 60 000 oder 70 000 pro Jahr angesetzt, die dann abnahm –, daß es jetzt zu einem Ende kommt.

Meine Damen und Herren! Das ist eigentlich ein gravierender Einschnitt. Das richtet sich vor allem an die Adresse der Kollegin Gatterer: Es gibt keinen Grund zur Freude, wenn nach wie vor eine Viertelmillion Menschen in diesem Land für Vollzeitarbeit nur 12 000 S brutto verdient. Ich muß Ihnen nicht vorrechnen, was das netto bedeutet, was tatsächlich übrigbleibt, was von diesem Betrag von nicht einmal 10 000 S alles bezahlt werden muß. Ich nehme an, daß Sie es wissen. Man kann doch nicht sagen, daß in einem Land wie Österreich, das durchaus über einen bestimmten Reichtum, über ein bestimmtes Wohlstandsgefälle verfügt (Abg. Koppler: An die Adresse von Stummvoll!) – auch an den Herrn Stummvoll, aber nicht nur an ihn (Abg. Dr. Stummvoll: Was denn?) –, ein Einkommen von 10 000 S netto pro Monat für 40 Stunden Arbeit pro Woche – Herr Kollege Stummvoll, auch wenn Sie jetzt die Büßermiene aufsetzen, es ist so – ausreichend ist. In dieser Frage ist man nicht weitergekommen. Eine Vier­telmillion Menschen verdient nach wie vor fast unverändert unter 10 000 S. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.)

Frau Kollegin Bauer! Ich habe Sie nicht verstanden. (Abg. Rosemarie Bauer: In der morgigen „Krone“ steht noch eine Berufsgruppe!) Da steht noch eine Berufsgruppe. Das kann schon sein. Aber ich möchte darauf hinweisen, daß es nichts gibt, was – wenn man diesen Bericht liest, stellt man das fest – die Arbeit der Bundesregierung wirklich auszeichnen würde, Frau Kollegin Gatterer. Da ist wenig vorhanden, was Anlaß zu befriedigendem Selbstlob gäbe. Das waren nur zwei Zahlen.

Ich nenne Ihnen noch eine dritte Zahl; das ist jene, die mich eigentlich beunruhigt, obwohl ich nicht glaube, daß man unter dem Thema Soziales nur über Armut diskutieren soll. Da möchte ich mich auch von Herrn Kollegen Kier etwas unterscheiden. Diese Zahl ist tatsächlich beein­druckend, sie wurde auch schon genannt. Es gibt, wie in diesem Sozialbericht steht, in Öster­reich 410 000 Menschen, die arm sind, wo also aufgrund von bestimmten Faktoren herausge­rechnet wurde, daß sie tatsächlich arm sind. Sie sind nicht nur einkommensarm, sondern man kann sie ruhig als tatsächlich arm bezeichnen. Das sind gut 5 Prozent der Wohnbevölkerung.

Die Frage ist nun – und da kann man lange in diesem Sozialbericht blättern – folgende: Woher erfahren diese 400 000 Menschen durch irgendein soziales Netz, das für sie gespannt wurde, oder eine soziale Hängematte Unterstützung? Wo landen diese 400 000 Menschen? – Da sie arme Menschen sind, die durch die anderen sozialen Systeme irgendwie durchgerasselt sind, müßten sie doch in der Sozialhilfe landen. Da schaut es aber noch finsterer aus. In der Sozial­hilfe können sie nicht gelandet sein, denn im Rahmen der Sozialhilfe werden für diese Perso­nengruppe von 400 000 Menschen – wenn man diese Zahl, die Ziffer 8 bei den Sozialausgaben der Länder für Dauerunterstützte und Mitunterstützte im Rahmen der Sozialhilfe, einigermaßen ernst nimmt – 1,3 Milliarden Schilling pro Jahr ausgegeben. Das ist eine Zahl, die sich auf das Jahr 1995 bezieht, die im Jahre 1994 noch 1,7 Milliarden Schilling betrug. Ich weiß schon, daß diese Zahlen nicht genau sind. Da gibt es nach wie vor das Problem völlig unterschiedlicher Datensätze der Länder.

Frau Bundesministerin! Sollen es vielleicht 2 oder 3 Milliarden Schilling sein? Wir wissen beide, daß auch 2 oder 3 Milliarden Schilling für 400 000 Menschen zuwenig sind. Damit kann man Armut auch nicht bekämpfen. Das ist nicht ausreichend. 2 bis 3 Milliarden Schilling für 400 000 Menschen „leistet“ sich diese Republik!

Ich habe mir den Luxus geleistet, diese Zahl aus Österreich mit der mir einzig verfügbaren aus der Bundesrepublik Deutschland zu vergleichen. Dort ist das Sozialsystem ähnlich konstruiert wie in Österreich; es ist zwar nicht identisch, aber weitgehend gleich. Es läßt sich sehr gut in be­stimmten Positionen vergleichen. Ich weiß, daß in Deutschland die Arbeitslosenrate wesentlich höher ist, aber bei der Sozialhilfe – das heißt, sie werden unterstützt – landen in der Bundesre­publik Deutschland über zweieinhalb Millionen Menschen. Diese erhalten Unterstützungsleistun­gen aus der bundesdeutschen Sozialhilfe, und aufgewandt wird ... (Abg. Gatterer: Es ist klar, daß dort mehr Leute sind ...!) – Auch wenn man die besondere Situation der Notstandshilfebe­zieher – dort heißt es: Arbeitslosenhilfebezieher – und ihren Weg in das Sozialhilfesystem be­rücksichtigt, bleiben noch ganz andere Zahlen übrig. Wirklich, man sollte sich das anschauen!

In der Bundesrepublik Deutschland wird für diese zweieinhalb Millionen Menschen eine Summe von zirka 200 Milliarden Schilling ausgegeben. Umgerechnet auf Österreich hieße das: Öster­reich müßte für diese Personengruppe 20 Milliarden Schilling aufwenden. Das wäre ein Betrag, der ungefähr dazu geeignet wäre, ihnen einen Mindestlevel zu ermöglichen, eine Sozialhilfe, von der man auch leben kann. Diese gibt es jedoch in Österreich nicht. Das ist das eigentliche Pro­blem, das meiner Ansicht nach aus diesem Sozialbericht schlußzufolgern wäre. Wir haben es nach wie vor mit ganz gravierenden Mängeln im Bereich der Armutsbekämpfung zu tun.

Damit komme ich jetzt zum Kollegen Kier. Kollege Kier hat gemeint, im Zentrum der Sozialpolitik solle die Armutsbekämpfung stehen. – Das ist eine ganz schwierige Aussage. Ich meine das nicht! Auch wenn ich glaube, daß gerade jetzt unter den besonderen Bedingungen in Österreich, daß sich die Armut nämlich langsam wieder in den Fugen des sozialen Netzes ausbreitet, Armutsbekämpfung und Armutspolitik notwendig sind, meine ich nach wie vor, daß es die pri­märe Aufgabe der Sozialpolitik wäre, soziale Kohäsion zu schaffen.

Wenn ich mir unter diesem Aspekt die Daten des Sozialberichts anschaue, wenn ich mir an­schaue, wieviel aus den sozialen Sicherungssystemen, die nicht Pensionssicherungssysteme sind, umgeschaufelt wird, wie da der soziale Transfer von Familienleistungen, von Arbeitslosen­geldern, von Krankenkassen und so weiter in Richtung Pensionsversicherung geht – es gibt auch einen umgekehrter Transfer –, muß ich feststellen, daß netto trotzdem die Pensionsver­sicherung als die absolut begünstigte Gruppe übrigbleibt. Es ist nichts dagegen zu sagen, daß Pensionisten eine ausreichende Pension erhalten sollen. Aber wenn sich das soziale System auf Kosten bestimmter Gruppen ernährt und andere Gruppen, denen zuwenig bleibt, nicht mehr mit einbezogen werden können – und da erwähne ich beispielsweise die NotstandshilfebezieherIn­nen, die im Durchschnitt, wenn es Frauen sind, mit weniger als 7 000 S auskommen müssen, die von 4 000, 5 000 oder 6 000 S leben müssen und daneben kein weiteres Einkommen haben –, und wenn ich sehe, daß 100 000 Menschen mit geringeren Leistungen, als sie mit der Sozialhilfe und mit der Ausgleichszulage für Pensionisten möglich sind, übrigbleiben, dann muß ich sagen: Es besteht überhaupt kein Grund, diesem österreichischen Sozialsystem – trotz der unbestrittenen Leistungen in den letzten Jahrzehnten – ein positives Zeugnis für die letzten Jahre auszustellen!

Das ist das eigentliche Problem und für uns auch der Grund, warum wir diesen Sozialbericht nach wie vor ablehnen müssen: nicht wegen der guten Arbeit, sondern wegen der schlechten Politik der Bundesregierung in zentralen Fragen der Sozialpolitik in den letzten Jahren. (Beifall bei den Grünen.)

18.41


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hums. – Bitte.

18.41


Abgeordneter Franz Hums¦ (SPÖ): Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Wir konnten heuer ein Budget mit Euro-Qualität beschließen und haben damit dafür gesorgt, daß Österreich sofort am Euro teilnimmt. Das ist wichtig für die Wirtschaft, wichtig für die Arbeitsplätze und län­gerfristig natürlich auch wichtig für die Sicherung des Sozialsystems.

Der Sozialbericht 1996 erinnert daran, daß es in den Jahren 1995 und 1996 eine wesentliche Aufgabe im Sozialbereich war, in einer wirtschaftlich schlechteren Zeit unser Budget entspre­chend zu konsolidieren und trotzdem die Qualität des österreichischen Sozialsystems aufrecht­zuerhalten. (Abg. Blünegger: Durch Belastungspakete!) Ich glaube, daß uns das im wesentli­chen gelungen ist. In einer Reihe von Erörterungen mit den Sozialpartnern, mit den anderen Interessenvertretungen haben wir es zuwege gebracht, 1995/96 die Budgetkonsolidie­rung vorzubereiten und gleichzeitig das Sozialsystem in seiner Qualität zu erhalten.

Im übrigen war es auch möglich, in einer Zeit des Neoliberalismus, in der in vielen Bereichen diskutiert wird, ob man nicht auch ohne Sozialversicherung auskommen könnte, die ersten Schritte – und zwar entscheidende Schritte – in die Richtung zu setzen, daß jedes Erwerbsein­kommen ab einer bestimmten Höhe und bis zu einer bestimmten Höhe mit sozialer Sicherheit verbunden ist. Bis dieser Weg zu Ende gegangen sein wird, wird aber noch einige Zeit verge­hen.

Kollege Kier! Ich kann Ihrer Argumentation, daß damit Unsicherheit für irgend jemand geschaf­fen worden wäre, nicht folgen. Wir haben vielen Menschen mit dieser Maßnahme erstmalig soziale Sicherheit gebracht, und wir haben zeitgerecht vorgebeugt, daß nicht immer mehr Arbeitsverhältnisse aus dem System der sozialen Sicherheit hinausgedrängt werden. In Zukunft wird es immer schwieriger werden, abzuschätzen, wer unselbständig und wer selbständig ist, die Grenzen werden da immer fließender. Ziel kann daher nur eine allgemeine Sozialversicherung sein. Das ist sicherlich nicht von heute auf morgen erreichbar, aber die ersten Schritte dahin gehend wurden bereits gesetzt, und das in einer kritischen Phase. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wurde hier heute vormittag von seiten der Freiheitlichen die Kritik laut, daß zur Budgetkonso­lidierung mehr von steuerlicher Seite her als mit dem Kürzen von Ausgaben beigetragen wurde. Dazu muß ich sagen: Ich empfinde das als sozial denkender Mensch nicht als Kritik. Im Gegen­teil! Sagen Sie mir doch, wo wir im Sozialbereich noch hätten kürzen sollen! (Abg. Gaugg: Bei den Politikergehältern!) Es sind Maßnahmen getroffen worden – man kann nicht konsolidieren, ohne daß es jemand merkt –, aber noch mehr Einsparungen hätten wir sicher nicht mehr tätigen wollen.

Um den Bogen zur nächsten Steuerreform zu spannen: Ich glaube auch, daß wir – wie Dr. Nowotny ganz richtig in der Früh gesagt hat – bei der nächsten Steuerreform sehr aufpassen müssen, daß wir nicht jetzt, in einer wirtschaftlich guten Zeit, mit einer Steuerreform Sparpakete der Zukunft vorprogrammieren. Die Steuerreform muß daher, wie der Finanzminister immer wieder erklärt, mit Augenmaß erfolgen und darf im wesentlichen nur Steuererleichterungen für die unteren und mittleren Einkommensgruppen bringen. Aber wenn gesagt wird, daß bei der Budgetkosolidierung mehr auf der Steuerseite getan wurde, so müssen wir uns auch daran er­innern, daß in den Jahren davor – in einer Zeit, die wirtschaftlich gesehen besser war –, gerade auf der Steuerseite, sehr viele Begünstigungen für die Wirtschaft und für Bezieher hoher Ein­kommen geschaffen wurden, die in einer wirtschaftlich schwächeren Zeit nicht durchhaltbar sind.

Einige Sätze auch zur Frage der Krankenversicherung in der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung steht. 1996 wurde von der Opposition die Meinung vertreten und von Zeitungen geschrieben, die Krankenversicherung sei nicht mehr sanierbar, das Gesundheitssystem in Österreich sei nicht finanzierbar. Wir haben mit einem ganzen Paket von Maßnahmen, bei dem wirklich alle mitge­tan haben, die Krankenversicherung finanziell saniert (Abg. Meisinger: Das war eine Schröpf­aktion!), aber es gibt keinen Grund dazu, jetzt darob übermütig zu werden. Daher richte ich von dieser Stelle aus den Appell an die Ärzte – die 1996 wirklich gut mitgezogen haben, und zwar mit einer vernünftigen Honorarpolitik –, diese gute Zusammenarbeit auch für die Zukunft auf­rechtzuerhalten.

Ganz entscheidend war, daß wir auch die Krankengeldbezugsdauer aufgrund der günstigen Ent­wicklung bei der Krankenversicherung wieder verlängern konnten. Denn: Zur dramatischen Situation hat damals mit beigetragen, daß die Generalversammlung der Wiener Gebietskran­kenkasse am 28. Mai 1996 aufgrund der finanziellen Situation beschließen mußte, das Kranken­geld auf die Dauer von 26 Wochen zu limitieren. Erst mit einem Gesetz haben wir hier im Hohen Hause – und dafür danke ich allen – beschlossen, daß das Mindestmaß der Krankengeldbezüge auf ein Jahr erweitert wird.

Wir sind froh darüber – und das haben wir uns damals auch gewünscht –, daß die Wiener Ge­bietskrankenkasse bereits wieder auf einen Krankengeld-Bezug von 78 Wochen gehen kann. Ich appelliere an alle übrigen Krankenversicherungen, diesem Beispiel zu folgen. Aber wir dür­fen nicht über­mütig werden und in einer wirtschaftlich guten Zeit auf Konsolidierungs­maßnah­men vergessen.

Zum Schuß möchte ich als ehemaliger Ressortverantwortlicher nochmals meinen herzlichen Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sozialministerium aussprechen. Für sie waren die beiden Jahre 1995 und 1996 – Kollege Feurstein wird das bestätigen – wirklich Jahre, die an die Grenzen der Belastbarkeit geführt haben: endlose Überstunden, sehr viele Gespräche. Die Bud­getkonsolidierung und die Sicherung unseres sozialen Systems bewei­sen: Es war nicht um­sonst. Mein herzlicher Dank an die Mitarbeiter im Sozialministerium! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.46


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Guggenberger, Maria Rauch-Kallat, Annemarie Reitsamer, Edeltraud Gatterer und Genossen ist ordnungsge­mäß eingebracht, ist zulässig und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.47


Abgeordneter Reinhart Gaugg¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Geschätzte Damen und Herren! Sagen Sie, Frau Bundesminister, packt Sie nicht das schlechte Gewissen, wenn Sie jetzt Zeitungsmeldungen lesen, in welchen verlautet wird, daß das Arbeitsmarktservice Budgetalarm schlägt? Da heißt es: Es fehlt an Geld! Jedesmal, wenn ich Sie darauf angesprochen habe, ob im Sozialausschuß oder hier im Plenum, haben Sie be­stritten, daß es an Geld fehlt. Diesbezüglich hätte ich gerne einmal eine konkrete Antwort von Ihnen.

Kollege Hums scheint in einer Scheinwelt zu leben: Alles ist so rosig, alles ist so schön! (Abg. Koppler: Das hat er nicht gesagt!) Der Herr Oberschlau, Kollege Nowotny, ist ja wieder einmal nicht da, sonst hätte ich ihn gefragt, warum es in Holland ohne weiteres möglich ist, daß die Abgabenquote innerhalb von zehn Jahren um 5 Prozent sinkt. Dort geht es – seiner Meinung nach und laut seinen Recherchen geht das anscheinend nicht. Daher ist die gesamte Steuerre­form in Frage zu stellen.

Ich lese Ihnen jetzt folgendes vor: „Die oberösterreichische Landesbildungskonferenz ,Kapitalis­mus pur – uns reicht’s‘ fand ganz klare Worte: Österreich ist das drittreichste Land in der EU. Trotzdem sind 800 000 bis 1 500 000 Menschen in Österreich arm.“ – ÖGB-Rednerdienst, Folge Oktober 1997. – Das ist Ihre Art der Sozialpolitik! Das ist die Sozialpolitik der Sozialdemokrati­schen Partei!

Es gab einen Beschäftigungsgipfel in Luxemburg, im Rahmen dessen gesagt wurde, daß der aktive Anteil an Beschäftigungsmaßnahmen 20 Prozent betragen soll. In Österreich beträgt er 8 Prozent. Wo sind die entsprechenden Maßnahmen? – Sie fehlen zur Gänze. 216 000 Früh­pensionisten, 219 000 Arbeitslose – das entspricht einer Steigerung von 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Steigerung bei den Schwervermittelbaren beträgt sogar 11,6 Prozent gegen­über dem Vorjahr. Im Februar 1998 lag die Arbeitslosenrate bei 10,2 Prozent.

Sie erwähnen immer, daß es einen Zuwachs bei den Beschäftigungszahlen gibt. Das ist schon richtig, nur ist der überwiegende Teil der zusätzlichen Arbeitsplätze Teilzeitjobs und Billigjobs. Es gibt nach wie vor 2 779 vorgemerkte Lehrstellensuchende, und das, obwohl die Bundesregie­rung für die Lehrlingsbeschäftigung in einem Jahr 2 Milliarden Schilling investiert hat. Nicht so­fort verfügbare vorgemerkte Lehrstellensuchende gibt es sogar 11 086. Das heißt, Sie haben in den mittleren Schulen und in den weiterbildenden Stätten 11 000 Jugendliche „geparkt“, die noch auf einen Arbeitsplatz warten.

Das Schlimmste und Dramatischste an der Entwicklung der Arbeitslosenstatistik ist der Anstieg der Arbeitslosenrate bei den über 50jährigen und über 55jährigen. Es hat vor nicht allzu langer Zeit einen sehr dubiosen Regierungsbeschluß gegeben, wonach jede 55jährige und jeder 60jährige eine Weiterbeschäftigungsgarantie von mindestens einem Jahr haben sollte. Wo ist das Ergebnis, Frau Bundesminister, wo ist es denn geblieben? – Es gibt eine Steigerung der Arbeitslosenrate der über 55jährigen von 24,3 Prozent. In Anbetracht dessen können Sie doch nicht so tun, als ob alles in Ordnung wäre.

Ich darf Ihnen folgendes sagen: Wir können ruhig über den Bericht der sozialen Lage über das Jahr 1996 diskutieren, wesentlicher erscheint mir aber, daß wir in die Zukunft blicken und uns die Fragen stellen: Wo sind die Signale für die Erwerbstätigen? Wo sind die steuerlichen Entla­stungen? Was ist mit dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung, den ich „Pakt der falschen Hoffnung“ nennen möchte? Wo sind all die Privatisierungserlöse, die Sie mit dem Verkauf der Bank Austria erzielt haben, den Sie mit dem Verkauf des Dorotheums, mit dem Postsparkas­senverkauf und ähnlichem erzielen werden? Wo sind diese Gelder, wo sind diese Mittel?

Der von Ihnen so gelobte Nationale Aktionsplan für Beschäftigung wird im „EURO ECHO – Das Magazin für österreichische Europäer“, das von europafreundlichen Menschen herausgegeben wird, kritisiert. Es heißt darin diesbezüglich, es handle sich um vage Angaben ohne konkrete Ziele. Wörtlich steht da: „Die meisten Länder“ – und darunter Österreich – „verzichten darauf, quantifizierbare beschäftigungspolitische Ziele festzulegen, an denen der Erfolg oder Mißerfolg der Maßnahmen gemessen werden könnte.“

Das ist die Kritik, die auch ich anbringe. Ich erwarte mir von einer Bundesministerin für Arbeit und Soziales, daß sie Beschäftigungsmaßnahmen vorschlägt und auch eine entsprechende Ent­lastung der Arbeitskosten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.51


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ridi Steibl. – Bitte.

18.51


Abgeordnete Ridi Steibl¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Über den Sozialbericht wurde heute schon einige Male positiv berichtet und auch dafür gedankt. Ich persönlich möchte auf einen ganz kleinen Teil des Berichtes eingehen, er zeigt zwar nur eine Seite, die aber, wie ich meine, umso wichtiger ist, nämlich der Bereich Be­schäftigungspolitik – Europäischer Sozialfonds.

Österreich hat aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds von 1995 bis 1997 zirka 7,6 Milliar­den Schilling erhalten. Im Ziel-3-Gebiet wurden im Berichtszeitraum über 29 000 Förderungen gewährt, im Ziel-4-Gebiet über 7 000 und in den regionalen Gebieten 618 Förderungen.

Es ist interessant, wie ESF-Mittel fließen. Diese Gelder kommen vom EU-Topf direkt über das Sozialministerium in die Bundesgeschäftsstelle des AMS, und von dort aus geht es weiter an die Landesgeschäftsstellen, die dann verpflichtet sind, auch regionale Mittel zur Verfügung zu stellen und transnationale Partner für Projekte zu finden. Es ist jedoch schwierig, diese Mittel so zu handhaben, daß sie tatsächlich wieder zum Steuerzahler zurückkommen.

In diesem Topf sind mittlerweile an die 90 Millionen Schilling übriggeblieben, die nicht zur Ver­wen­dung kommen. In einigen Bundesländern wurden Informationen verteilt – leider ist es bis zur Stei­ermark nicht vorgedrungen, kann sein, daß der Semmering-Tunnel da ein wenig mitspielt –, daß Mittel in der Höhe von 90 Millionen Schilling zur Verfügung stehen. Einreichfrist: 15. Juni 1998. Interessant ist aber, daß aus diesem Schreiben hervorgeht, daß schon seit Ende Mai unter der Hand – entschuldigen Sie, wenn ich das so salopp formuliere – 25 Millionen Schilling vom AMS angenommen wurden, 11 Millionen von den Bundessozialämtern und 18,6 Millionen vom Bun­desministerium für Unterricht und Kunst.

Ich möchte gerne wissen, was damit geschieht und warum – ich weiß, daß es schwierig ist – es keinen besseren Fluß dieser Mittel gibt. Ich weiß, Frau Ministerin, daß Sie diesbezüglich wirklich sehr viel tun, aber binnen 14 Tagen ist es sehr schwierig, speziell für Frauenprojekte – „NOW“ und „EMPLOYMENT“ sind Frauenprogramme –, die das notwendig hätten und gerne zu diesen Geldern gekommen wären, transnationale Partner zu finden und Eigenmittel – das heißt, 50 Prozent aus dem Land – aufzubringen. Ich habe dieses Beispiel angeführt, damit es da in Zu­kunft zu Verbesserungen kommt.

Der nächste Punkt, den ich anschneiden möchte, ist der Bereich Sonderformen der Arbeitszeit. Im Sozialbericht steht, daß in den letzten Jahren einige Erhebungen betreffend verschiedene neue Formen der Arbeitszeitflexibilisierung gemacht wurden. Es kann durchaus Überschneidun­gen geben, aber die Modelle werden nicht aufgezeigt. Ich bitte darum, da wir immer wieder auch von Betrieben gefragt werden, welche Modelle es jetzt gibt, eine diesbezügliche Ergänzung an­zubringen.

Ich denke mit Schaudern an die Diskussion über die Novellierung der Arbeitszeitrege­lung zu­rück, als es geheißen hat, wie schlimm und wie fürchterlich alles in bezug auf Flexibilisierung ist, und lese in der Broschüre „it works – Frühzeitige Arbeitsmarktpolitik“, daß auch Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales an alle appellieren und ein Mitarbeiter sagt: „Meiner Meinung nach nutzen die Unternehmer die derzeit geltenden gesetzlichen Mög­lichkeiten noch nicht vollkommen aus! Ich wünsche mir von allen Beteiligten mehr Mut und Inno­vation bei der Gestaltung von Arbeitszeit.“

Ich bin der Meinung, daß das einer der schönsten Aufrufe in dieser Richtung ist. Auch das Arbeitsmarktservice geht nun in Richtung Jahresarbeitszeit, wo auf einer Stundenbasis von 300 Arbeitsstunden entweder weniger oder mehr gearbeitet werden kann.

Zum Schluß, Frau Minister, noch eine Bitte. Ich habe vor einiger Zeit im Zuge des Frauen-Volks­begehrens eine Anfrage betreffend die geschlechtsspezifischen Statistiken an Sie gestellt. Die Antwort war auf das Arbeitsmarktservice zugeschnitten, aber nicht auf den Sozialbericht. Meine Kollegin Edeltraud Gatterer hat das auch schon erwähnt. Ich meine, daß eine geschlechtsspe­zifische Statistik sehr notwendig wäre und das sehr gute Werk des Sozialberichtes noch vervoll­kommnen würde. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.56


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Klara Motter. – Wollen Sie eine Redezeit eingestellt haben? – Nein.

18.56


Abgeordnete Klara Motter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! In aller Kürze möchte ich zum Sozialbericht 1996 Stellung beziehen, und zwar zur Einkommenssituation von Mann und Frau. Laut Sozialbericht 1996 lagen die mittle­ren Löhne männlicher Arbeiter um 34 Prozent über jenen der Arbeiterinnen, die Gehälter der männlichen Angestellten um 41 Prozent über jenen der weiblichen Angestellten. Sogar bei glei­cher Qualifikation liegen die Verdienste der Frauen deutlich unter jenen der Männer. Weiters sind die mittleren arbeitszeitstandardisierten Verdienste der Männer bei 18 Prozent der Hoch­schul- und Universitätsabsolventen und bei 31 Prozent der Absolventen von berufsbildenden höheren Schulen über jenen der Frauen.

Meine Damen und Herren! Wir alle kennen die großen Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern seit Jahren. Wir wissen um die geschlechtsspezifische Segmentation am Arbeitsplatz. Durch die breit geführte Diskussion steht seit langem die berechtigte Forderung nach gleicher Bezahlung für vergleichbare oder gleichwertige Arbeit im Raum.

Der Begriff der gleichwertigen Arbeit ist für die Entlohnung von Frauen deshalb so bedeutsam, weil Frauen typischerweise andere Arbeiten verrichten als Männer und das Prinzip der gleichen Entlohnung von gleicher Arbeit daher nicht greifen kann. (Beifall beim Liberalen Forum.)

So haben Tätigkeiten keinen bestimmten Wert, sondern ihre Wertschätzung ist in der täglichen Sicht sehr oft mit dem Umstand verknüpft, von welchen Gruppen sie ausgeführt werden. Es ist leider auch eine Tatsache, daß vielfach Tätigkeiten, die von Frauen ausgeführt werden, als un­kompliziert beziehungsweise leicht gelten und daher auch als gering eingestuft werden. Sobald aber Männer dieselbe Tätigkeit übernehmen, wird sie plötzlich in ihren Anforderungen viel kom­plizierter und daher auch höher eingeschätzt.

Ein weiteres kommt dazu. Sozialwissenschaftliche Untersuchung der Arbeitsplatzsegmentation beweisen es: Je höher der Frauenanteil in einer Berufsgruppe ist, desto niedriger ist das durch­schnittliche Lohnniveau. Was wir daher brauchen, ist endlich eine Neubewertung der Arbeit, denn nur durch diese seit langem – nicht zuletzt durch das Frauen-Volksbegehren – geforderte Maßnahme können wir der Ungerechtigkeit in der Bezahlung zwischen Mann und Frau begeg­nen. Ich rufe besonders die Damen der ÖVP auf, endlich dies nicht nur hier in Sonntagsreden zu verkünden, sondern sich dafür stark zu machen, daß es geschehen kann. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich mich noch dem Tagesordnungspunkt 15 betreffend die Bürgerinitiative Nummer 8 zuwenden. Wie ich schon im Ausschuß bemerkte, halte ich die Entschließung, um es vornehm auszudrücken, für eine Zumutung. Seit einem Jahr liegt die Initiative betreffend die gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund in Österreich hier im Hohen Haus. Nichts ist geschehen! Und jetzt sollen Ge­spräche über eine Vereinheitlichung der Vorgangsweise und über Möglichkeiten der Verbesse­rung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Anerkennung von Blindenführhunden geführt werden.

Es gibt hier keine gemeinsame Vorgangsweise, und es wird kein Zeitlimit angegeben – auch nicht in dem jetzt wieder neu eingebrachten Entschließungsantrag, in dem es heißt: ehebaldigst. Ich möchte Sie fragen, meine Damen und Herren: Ist das eine weitere Verzögerung? Glauben Sie wirklich, daß wir unseren Mitbürgern, die mit ihrer Behinderung leben müssen, dadurch einen Dienst erweisen?

Um eine weitere Verzögerung hintanzuhalten, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Klara Motter, Dr. Volker Kier betreffend die gesetzliche Anerkennung des Blin­denführhundes als Hilfsmittel und Diensthund

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, mit den in Betracht kommenden Rehabilitationsträgern (insbesondere Sozialversicherungsträger und Länder) zum Zwecke der Vereinheitlichung der Vorgangsweise Gespräche über die Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Definition der Rehabilitationshunde (Hunde, die im Eigentum eines einzelnen Behinderten stehen und für ihn qualifizierte Arbeit verrichten, wie Blindenhunde, Servicehunde oder Signalhunde) bis 31. Dezember 1998 zu führen und in einem darauffolgen­den Bericht dem Nationalrat über die weitere Vorgangsweise zu berichten.“

*****

Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.02


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Der Entschließungsantrag, der soeben vorgetragen wurde, ist ausreichend unterstützt, geschäftsordnungsgemäß überreicht und wird in die Verhandlung mit­einbezogen.

Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

19.02


Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch¦: Sehr geschät­zter Herr Präsident! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Erlauben Sie mir, zur laufen­den Debatte auch noch einige Bemerkungen aus meiner Sicht zu machen. Ich danke für die an­erkennenden Worte, die Sie meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Erstellung des So­zialberichtes 1996 haben zuteil werden lassen. Ich hoffe, daß dieser Bericht, aber nicht nur dieser, sondern auch andere Publikationen meines Ressorts wichtige Orientierungshilfen und Entscheidungshilfen für Ihre politische Arbeit sind. Wir haben uns alle sehr bemüht – Kollege Hums war ja der Initiator nicht zuletzt auch dieses Berichtes –, für Sie eine sehr umfangreiche Information zur Verfügung stellen zu können.

Ich nehme selbstverständlich gerne die Anregung von den Abgeordneten Edeltraud Gatterer und Ridi Steibl auf, noch mehr geschlechtsspezifische Darstellungen vorzunehmen. Wenn man sich den Bericht ansieht, dann ist, glaube ich, nachvollziehbar, daß man sich dabei schon sehr bemüht hat, diesem gemeinsamen Anliegen Rechnung zu tragen, aber wir werden uns bemü­hen, dies, wo es nur möglich ist, weiter auszubauen.

Ich möchte auch darauf verweisen, daß es das erste Mal ist, daß wir in einem Sozialbericht das Thema Armut, Armutsgefährdung aufgenommen haben, im Wissen, daß man natürlich politisch gefordert wird, wenn ein derartiges Thema in einem Sozialbericht erwähnt wird. Ich möchte mich auch für die Diskussion, die zu diesem Thema geführt wird, sehr herzlich bedanken. Ich glaube, besonders wichtig ist es, darauf hinzuweisen, daß eine Definition von Armutsgefährdung und Armut als Entscheidungsgrundlage für zukünftige politische Entscheidungen zu finden versucht wurde. Sie können es im Bericht nachlesen, daß wir versucht haben, hiefür eine geeignete Defi­nition zu finden, die auch internationalen Standards entspricht.

Unsere Zielgruppen bei der Bekämpfung der Armut wurden schon in der Debatte erwähnt: Das sind Arbeitslosenhaushalte, Gastarbeiterfamilien, Familien, in denen es nur einen Alleinerzieher oder eine Alleinerzieherin gibt, und kinderreiche Familien mit nur einem Verdiener oder einer Verdienerin. Hier geht es im speziellen darum, besonders auf die Einkommensentwicklung und die Transferleistungen, die bedarfsorientiert und eben sozialorientiert erfolgen müssen, in der zukünftigen Politik Bedacht zu nehmen.

Herr Abgeordneter Öllinger hat doch sehr massiv die Arbeitsmarktpolitik, die Beschäftigungspoli­tik in unserem Land kritisiert. Ich möchte nichts beschönigen, und wir haben in diesem Hohen Haus schon sehr oft über die Notwendigkeit noch stärkerer Initiativen zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit gesprochen, aber so schlecht kann die österreichische Politik auch nicht sein, wenn uns von anerkannten Wirtschaftsinstituten in einem Arbeitsmarkt- und Arbeitslosigkeits­ranking ein sehr positives Ergebnis attestiert wird. In diesem Ranking wurden alle Faktoren, Be­schäftigungsstand, Erwerbsquote, Jugendarbeitslosigkeit, Altersarbeitslosigkeit und Gesamtar­beitslosigkeit, berücksichtigt und mit den anderen europäischen Staaten verglichen, und wir liegen in der Gesamtwertung sogar vor Luxemburg auf dem ersten Platz. Also, so schlecht kann die österreichische Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik wirklich nicht sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist Herr Abgeordneter Kier im Moment nicht im Saal, aber ich möchte doch seinen Gedanken aufgreifen. Er hat zu Recht darauf verwiesen, daß wir uns überlegen sollten, die Bemessung für die Sozialversicherungsabgaben auf eine andere Basis zu stellen und zum Beispiel die Lohn­summe als Grundlage heranzuziehen. Wir haben im Rahmen der letzten Änderungen in unserem Sozialversicherungsrecht, der großen Änderungen im Rahmen der Pensionsdiskus­sion, einen ersten Schritt in diese Richtung gemacht, und ich bedanke mich bei der Mehrheit des Hohen Hauses, daß dieser Vorschlag der Bundesregierung aufgegriffen und beschlossen wurde. Bei den geringfügig Beschäftigten wird nun der Sozialversicherungsbeitrag von der Lohn­summe bemessen. Wir sind damit von der traditionellen, von der bisher herkömmlichen Form der Bemessungsgrundlage für Sozialversicherungsbeiträge abgegangen.

Ich glaube also, es ist wert, auf diese Entwicklung und dieses neue Element in unserem Sozial­versicherungssystem zu verweisen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte noch etwas in bezug auf den eben eingebrach­ten Entschließungsantrag betreffend die Blindenführhunde sagen. Ich werde mich selbstver­ständlich sehr bemühen, im Sinne dieses Antrages initiativ zu werden. (Abg. Haidlmayr: Steht nichts drinnen!) Ich möchte mich aber auch bemühen, Sie zu gewinnen, mich dabei zu unter­stützen, Druck auf die Länder zu machen, die in diesem Zusammenhang zumindest in gleichem Ausmaß, wenn nicht sogar mehr gefordert sind als der Bund. Ich darf schon darauf verweisen, daß wir immer wieder sicherstellen konnten, daß Entscheidungen von der Blindenführhundkom­mission getroffen werden konnten, wonach Zuschüsse in berücksichtigungswürdigen Fällen ge­währt wurden, und im Behindertenpaß eine Eintragung auf den Blindenführhund vorgenommen wurde. Damit wurde für die Betroffenen eine Erleichterung geschaffen. Es ist mir bisher auch kein Fall bekannt – ich kann nur von dem sprechen, was mir bekannt ist –, bei dem wir einem bedürf­tigen Blinden keine dementsprechende Unterstützung geben und auch keinen Blinden­führhund zur Verfügung stellen konnten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Abschließend möchte ich mich noch dafür bedanken, daß auf die Chancen und Möglichkeiten von kreativen Arbeitszeitmodellen verwiesen wurde. Ich möchte mich auch beim Österreichischen Gewerkschaftsbund und bei den Arbeiterkammern bedanken, weil auch von diesen Informationen in breiter Form an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, an die Betriebsräte, aber letztlich immer an die Adresse der Unternehmerschaft gerichtet werden, daß wir in der Arbeitszeitpolitik kreativer, arbeitnehmerorientierter sein könnten und sollten, als das derzeit der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Hohe Haus hat die gesetzlichen Möglichkeiten für eine attraktive, kreative und arbeitneh­merorientierte Arbeitszeitgestaltung geschaffen, und es liegt nun nahe, diese auch zu nützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.10


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Guggenberger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.10


Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch für mich wäre es lohnend, dem Bericht über die soziale Lage jene Aufmerksamkeit zuzuwenden, die er sich wahrlich verdient. Die Kürze der Zeit erlaubt es mir aber nur, mich mit zwei Kapiteln kurz auseinanderzusetzen, nämlich mit der Be­schäftigung von Menschen mit Behinderung und mit der Lage der sozialen Krankenversiche­rung.

Ein Blick in diesen Bericht zeigt uns, daß die österreichischen Betriebe ihrer Verpflichtung, Be­hinderte zu beschäftigen, im Berichtsjahr mit 59 Prozent nachgekommen sind. Das ist ein Wert, der seit Jahren in etwa gleich ist. Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang eine Bemerkung: Es ist mir vor wenigen Tagen ein Brief des Wiener Kriegsopfer- und Behindertenverbandes zu­gegangen, in dem folgendes berichtet wird: Einer niederösterreichischen Installationsfirma wurde von der niederösterreichischen Wirtschaftskammer der dringende Rat gegeben – ich zitiere wörtlich –, von der Einstellung Behinderter jedenfalls abzusehen, da dies nur Schwierig­keiten nach sich ziehe. – Soweit das Schreiben des Kriegsopfer- und Behindertenverbandes von Wien, Niederösterreich und Burgenland.

Ich bin wahrlich kein Freund starker Worte, aber wenn man etwas als skandalös bezeichnen kann, dann muß man dieses Verhalten der niederösterreichischen Wirtschaftskammer als skan­dalös bezeichnen. Ich hoffe, daß das nur ein Einzelfall ist und daß das nicht die generelle Linie der Wirtschaftskammer Niederösterreich oder auch anderer Wirtschaftskammern ist, ihren Mit­gliedsbetrieben dringend von der Einstellung behinderter Menschen abzuraten.

Ich darf daran erinnern, daß wir erst vor wenigen Wochen den Nationalen Aktionsplan für Be­schäftigung hier im Haus diskutiert haben, daß sich ein wesentliches Kapitel in diesem Aktions­plan mit der Arbeitslosigkeit behinderter Menschen beschäftigt und daß wir uns einig waren in dem Bemühen, auf diesem Gebiet ganz besondere Anstrengungen zu unternehmen.

Dieser Nationale Aktionsplan, meine sehr geehrten Damen und Herren, muß Makulatur bleiben, wenn zumindest Teile der Arbeitgeberschaft, der Wirtschaftskammer dieses Landes derart skandalöse Ratschläge geben.

Zum zweiten Bereich: Die soziale Krankenversicherung befindet sich 1996 erstmals auf dem Weg der Konsolidierung. Franz Hums hat zu Recht darauf hingewiesen: Damals gab es ein Minus von 400 Millionen Schilling. In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, daß wir ab dem 1. Juli eine sozialpolitisch bemerkenswerte Neuerung vorfinden: Die Krankenversiche­rung der Bauern wird angedockt an die Gebietskrankenkasse. Das bedeutet für bäuerlich Ver­sicherte die Übernahme des Sachleistungsprinzipes. Das bedeutet, daß eine Bevölkerungs­gruppe, die – siehe das Armutskapitel im Sozialbericht – wahrlich nicht zu den materiell begün­stigten im Land gehört, endlich wie Angestellte, wie Arbeiter, wie andere Gruppen im Land auch die Möglichkeit hat, zum Arzt zu gehen, ohne vorher das Geld hinlegen zu müssen. Das ist eine ganz große, sozialpolitisch wichtige Errungenschaft, und darüber sind wir alle sehr, sehr froh. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Zusammenhang stört es mich, daß das, was wir als Errungenschaft empfinden, von der Ärztekammer als etwas dargestellt wird, was kritikwürdig ist. Ich habe großes Verständnis dafür, daß Standesvertreter auf Probleme hinweisen, und ich habe auch Verständnis dafür, daß das im Vorfeld von Kammerwahlen etwas drastischer und etwas polemischer geschieht, aber ich möchte von dieser Stelle aus auch den Appell von Franz Hums unterstützen und darum bitten, daß hier bald wieder Ruhe einkehren möge und man bald wieder zu einem konstruktiven Gesprächs­klima zurückfinden möge – mit dem Sozialministerium, mit dem Hauptverband der Sozialver­sicherungsträger, mit der Apothekerkammer und mit all jenen, mit denen die Ärztekammer tag­aus, tagein zu tun hat. Die Patienten jedenfalls werden dankbar dafür sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.15


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nun gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.15


Abgeordnete Theresia Haidlmayr¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Der Sozialbericht aus 1996 zeigt im Behindertenbereich genau das auf, was wir immer angekündigt haben, das passieren wird. Das Problem ist, daß nicht nur 1996 die Lage behinderter Menschen miserabel war, sondern daß sie auch 1997 miserabel war und 1998 noch immer miserabel ist.

Ihr Sozialbericht zeigt ganz deutlich auf, daß sich im Bereich der Pflegevorsorge die Situation nicht verbessert hat, sondern ganz im Gegenteil, sie hat sich gravierend verschlechtert, denn immer mehr Menschen sind in der Pflegestufe 1 eingereiht und erhalten nur mehr 2 000 S. Be­reits 1996 waren in Summe nur mehr knapp 2 300 Menschen in der Stufe 7. Frau Ministerin! Wenn es wirklich so wäre, daß es nur 2 300 Menschen gibt, die schwerstbehindert sind und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung brauchen, dann ginge es uns gut und dann hätten wir nicht so massive Probleme, wie wir sie haben, wenn es um behinderte Menschen geht.

Und noch eines, Frau Ministerin: Sie haben in Ihrem Sozialbericht aus 1996 auch ein Kapitel zum Thema der Verpflichtung von Unternehmen, behinderte ArbeitnehmerInnen zu beschäfti­gen. Also bei diesem Kapitel, Frau Ministerin, bleibt einem wirklich die Sprache weg. Sie schrei­ben, man müsse alles daransetzen, damit die Behinderteneinstellungspflicht erfüllt werde. Ja, Frau Ministerin, haben Sie vergessen, daß nicht einmal Bund, Länder und Gemeinden ihre Einstellungspflicht erfüllt haben, daß alleine das Unterrichtsministerium in den letzten drei Jahren 83 Millionen Schilling dafür bezahlt hat, um sich von behinderten Menschen freizukau­fen? (Abg. Mag. Guggenberger: Reden Sie bitte auch vom Sozialministerium!)

Frau Ministerin! Wenn Sie glauben, daß Sie mit 2 000 S Strafe im Monat irgend jemanden dazu bewegen können, behinderte Menschen einzustellen, dann leben Sie in der falschen Realität. Daß dem nicht so ist, sehen Sie ja daran, daß sich die Behindertenarbeitslosigkeit in den letzten Jahren nicht verringert hat, sondern jährlich massiv steigt und bereits die 40-Prozent-Grenze überschritten wurde. 40 Prozent der begünstigten behinderten Menschen sind in Österreich arbeitslos. Frau Ministerin! Das muß Ihnen doch zu denken geben, und da sind Sie gefordert, etwas zu tun. Aber die „Freikaufsprämie“ in der Höhe von 2 000 S zu belassen, ist sicher der falsche Weg, denn damit können Sie niemanden dazu bewegen, einen behinderten Menschen einzustellen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber Sie haben sich ja jetzt etwas Neues einfallen lassen, Sie nennen es „integrative Betriebe“. In Wirklichkeit sind es geschützte Werkstätten, in denen die Menschen um 200, 300 S arbeiten müssen. Wenn das Integration ist, dann weiß ich nicht, wovon Sie reden. (Bundesministerin Hostasch: Das stimmt doch nicht, Frau Kollegin!) Wenn Sie GesmbHs meinen, dann schreiben Sie es dazu, aber in geschützten Werkstätten arbeiten Menschen zum Nulltarif, ohne sozialver­sicherungsrechtliche Absicherung und ohne eine Möglichkeit, Arbeitslosengeld oder irgend­welche anderen Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen. (Abg. Reitsamer: Das stimmt über­haupt nicht! Woher nehmen Sie denn das?) Die paar Menschen, die im Rahmen einer GesmbH arbeiten können, können Sie wirklich ganz schnell zählen, alle anderen arbeiten im Rahmen von Beschäftigungstherapie und bekommen im Monat nicht einmal einen Lohn, der die Geringfügig­keits­grenze erreicht.

Das ist die Realität, und Sie sind nicht dazu bereit, diese Realität anzuerkennen, sondern Sie betrei­ben seit Jahren massive Realitätsverweigerung (Abg. Mag. Guggenberger: Sie sind das!) und haben auch jetzt noch den Mut, das weiterhin durchzuziehen. (Abg. Reitsamer: Sie erkennen die Realität nicht an!) Das ist ja wirklich ein Zustand, der schön langsam nicht mehr tragbar ist, Frau Ministerin. (Beifall bei den Grünen.)

Mit dem Sozialfonds ist das auch so eine Sache: Sie fördern über den Sozialfonds Betriebe, die die Voraussetzungen dafür überhaupt nicht erfüllen. Frau Ministerin! Sie wissen, daß der Euro­päische Sozialfonds ausschließlich dazu bestimmt ist, integrative Maßnahmen für behinderte Menschen zu setzen, und nicht dazu, geschützte Werkstätten mit dem Einkommen, das ich vor­hin erwähnt habe, zu erhalten und auszubauen. Das ist eine mißbräuchliche Verwendung der Mittel, und das werden wir uns nicht länger gefallen lassen, Frau Ministerin!

Ich könnte noch seitenweise Bereiche aufzählen, in welchen Sie nicht nur in den letzten Jahren gewaltig versagt haben, sondern immer noch versagen und überhaupt nicht dazu bereit sind, nur an­nähernd etwas zu ändern.

Zum Beispiel: Sie haben voriges Jahr beschlossen, daß geringfügig Beschäftigte auch einen Sozialversicherungsbeitrag zu bezahlen haben. (Abg. Reitsamer: Gott sei Dank!) Das ist gut und wichtig. Das war auch eine Forderung der Grünen. Diese haben Sie nun endlich umgesetzt. Doch jetzt kommt das große Aber: Behinderte Menschen müssen Sozialversicherungsbeiträge bezahlen, obwohl es seit Jahren keine Anpassung des Pflegegeldes gibt. Sie haben damit de facto das Pflegegeld weiterhin reduziert. Aber das ist Ihnen anscheinend völlig egal, denn Ihr Blick richtet sich nur darauf, daß man geschützte Werkstätten und Heime ausbaut, und nicht darauf, daß Menschen selbstbestimmt in ihrer eigenen Wohnung leben können. Das kümmert Sie aber nicht, sondern Sie wollen altbewährte Strukturen, die seit 50 Jahren überholt sind, mit aller Kraft aufrechterhalten und haben nicht den Mut, neue Wege in der Behinderten­politik zu gehen. (Beifall bei den Grünen)

Frau Ministerin! Jetzt komme ich zum letzten Punkt, den ich noch anschneiden möchte. Letzte Woche haben wir im Sozialausschuß das Thema der Blindenführhunde, Assistenzhunde und Begleithunde erörtert. Sie wissen, daß dieses Thema seit Jahren zur Behandlung ansteht. Aber Sie haben seit Jahren in dieser Causa nichts getan, absolut nichts. Hätte ich mich für die Lösung dieser Pro­bleme nicht so massiv eingesetzt, dann wäre bis heute nicht einmal die Diskussion darüber ge­führt worden.

Voriges Jahr – es war ungefähr im Juni – gab es im Rahmen des Petitionsausschusses eine Be­gehung mit Blindenführhunden und anschließend eine Stellungnahme der Abgeordneten des Ausschusses, in der auch die Frage inkludiert war, was Sie denn jetzt zu tun gedenken, um die wirklich nicht mehr haltbare Situation in diesem Bereich zu verändern. Da haben sowohl Frau Gatterer als auch die Vertreter der SPÖ mit grinsendem Gesicht in die Kamera schauend ge­sagt: Wir werden alles tun, das kann doch nicht die Wahrheit sein, wie die Situation jetzt ist, da muß sich rasch etwas ändern!

Wissen Sie, was sich geändert hat, Frau Ministerin? – Sie haben einen Antrag gemacht, in welchem steht, daß Sie dieses Thema ehebaldigst behandeln werden, damit blinde Menschen ein Recht auf ihren Blindenführhund bekommen. Das wurde uns versprochen. Sym­bolisch möchte ich Ihnen diesen Blindenführhund geben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haidl­mayr überreicht Frau Bundesministerin Hostasch einen Plüschhund mit einer Blindenschleife auf der Pfote.)

Aber, Frau Ministerin – und jetzt wird es interessant! –, Sie haben zuvor gesagt und sich damit gerühmt, daß es in Fällen, in welchen eine Bedürftigkeit vorliegt, bereits Zuschüsse gibt, wenn blinde Menschen einen Blindenführhund brauchen. Frau Ministerin! Der Entschließungsan­trag der Grünen, den ich jetzt einbringen werde, geht dahin, daß es keine Almosenleistung für blinde Men­schen sein soll, wenn sie einen Blindenführhund bekommen, sondern daß sie einen klaren Anspruch darauf im Rahmen der Zurverfügungstellung von Hilfsmitteln haben sollen.

Wir haben diesbezüglich einen Antrag eingebracht, in welchem die Bundesregierung aufgefor­dert wird, bis zum 31. Dezember Gespräche darüber aufzunehmen, um festzulegen, daß Blin­denführhunde, Assistenzhunde und Begleithunde als Hilfsmittel in den Hilfsmittelkatalog aufge­nommen werden und es eine klare Qualitätssicherung für die Ausbildung und für die Prüfung der Blindenführhunde geben soll. (Abg. Mag. Guggenberger: Das sollen wir alles in ein Gesetz hineingeben?)

Diese Forderung haben jetzt SPÖ und ÖVP mehr oder weniger auch erhoben, aber völlig anders formuliert. Es ist keine Rede mehr vom Blindenführhund als Hilfsmittel und davon, wie die Qualitätskriterien für die Ausbildung und für die Prüfung der Blindenführhunde auszusehen haben, und vor allem steht noch nicht fest, bis wann es endlich zu einer klaren Regelung kommen soll.

Frau Ministerin! Wir fordern, daß es bis zum 31. Dezember 1998 zu einer Regelung kommt, und nicht, wie der Antrag von Herrn Guggenberger, Frau Kallat und Frau Reitsamer lautet, „ehe­baldigst“. (Abg. Wurmitzer: Das ist noch schneller!) Wenn „ehebaldigst“ für Sie bedeutet, daß Sie die Lösung der Probleme behinderter Menschen so ehebaldigst in Angriff nehmen, wie Sie es die letzten Jahre getan haben, dann weiß ich, daß Sie mit „ehebaldigst“ meinen, daß es in den nächsten zehn, 15 Jahren geschehen soll. Das darf doch bitte nicht möglich sein! (Abg. Mag. Guggenberger: Das ist mit den Betroffenen so vereinbart worden!)

Das stimmt nicht, sondern das möchten Sie gerne so haben. Benützen Sie bitte nicht die Betrof­fenen für diese Farce, denn die Betroffenen wollen in Wirklichkeit etwas anderes. Ich habe erst vor Stunden mit den Betroffenen gesprochen – im Gegensatz zu Ihnen. Sie waren heute hier im Haus und haben wieder ihre Forderungen sehr klar und deutlich formuliert. (Beifall bei den Grünen.)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Frau Abgeordnete! Entschuldigen Sie, Sie müssen den Text des Entschließungsantrages verlesen; es sind nur ein paar Zeilen. Sie haben ihn vorgetragen und haben außerdem gesagt, daß er an die Bundesregierung gerichtet ist, obwohl er an die Ministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales gerichtet ist. Ich bitte Sie, diese sechs Zeilen zu verlesen.


Abgeordnete Theresia Haidlmayr¦ (fortsetzend):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend gesetzliche Anerkennung der Blindenführhunde als Hilfsmittel

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat bis zum 31. Dezember 1998 einen Ministerialentwurf für die gesetzliche Anerkennung von Blindenführ­hunden, Service- und Signalhunden nach dem ASVG zuzuleiten und gleichzeitig die Vorarbeiten für die Festlegung verbindlicher Qualitätskriterien für Ausbildung und Prüfung von Blindenführ-, Service- und Signalhunden zu leisten.

*****

Frau Ministerin! Solange Sie das nicht gemacht haben und solange es keinen klaren Anspruch auf einen Blindenführhund als Hilfsmittel gibt, so lange werden wir von den Grünen diese For­derung stellen.

Frau Ministerin! Weil mir gerade eingefallen ist, daß Sie kein bedürftiger Fall sind und deshalb auch keine Zuschüsse lukrieren können, werde ich Ihnen den Hund wieder wegnehmen (Bun­desministerin Hostasch legt den Plüschhund an das Ende der Regierungsbank), und zwar des­halb, damit ich Ihnen diesen dann wieder geben kann, wenn Sie endlich ein Gesetz gemacht haben, das die Forderungen blinder Menschen erfüllt. Dann werden Sie diesen Hund als Danke­schön für Ihre Leistung wieder bekommen. (Beifall bei den Grünen. – Bundesministerin Hostasch gibt den Plüschhund in eine Tragtasche und überreicht diese der Rednerin.)

19.28


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Frau Angeordnete Haidlmayr hat jetzt einen Entschließungs­antrag vorgelesen, der geschäftsordnungsgemäß eingebracht wurde und in die Verhandlung miteinbezogen wird.

Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Mi­nuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.28


Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zuerst möchte ich meinen Dank an Sie, Frau Bundesministerin Hostasch, und an Ihre Be­amtInnen für diesen aufschlußreichen Bericht aussprechen. Aus Zeitgründen werde ich schnell nur wenige Aspekte dazu anführen.

Die Lebenserwartung als Gesundheitsindikator: 35jährige Männer mit Pflichtschulabschluß leben durchschnittlich fünf, Frauen vier Jahre kürzer als solche mit Hochschulabschluß. Selbst bei 65jährigen beträgt der Unterschied drei Jahre. Schuld sind schlechtere Zugangschancen zu Gesundheitseinrichtungen und die Lebensbedingungen. Der Ärmere stirbt früher. Ein möglichst hoher Ausbildungsgrad aller Menschen ist daher vorrangiges Ziel einer zukunftsorientierten Politik. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Thema „soziale Hängematte“: Die Armutsquote in Arbeitslosenhaushalten ist fünfmal so hoch wie bei der Gesamtbevölkerung, bei Langzeitarbeitslosenhaushalten über 40 Prozent. Arbeitslose sind nicht nur arm, sie leiden auch sehr. 90 Prozent würden wahrscheinlich mit uns tauschen: ihre Freizeit gegen unsere Arbeitsbelastung mit entsprechendem Sozialprestige und Einkommen. Sie zu zwingen, jede Arbeit anzunehmen, bedeutet Lohndumping. Diesem moder­nen Sklaventum stimmen wir niemals zu!

Trotz hoher Treffsicherheit der Sozialleistungen muß unser Ziel höhere Bildung, ausreichende Arbeit zu entsprechenden Bedingungen sowie Verbesserung der Lebensbedingungen für Frauen sein.

Soziale Unterschiede zeigt die Pensionsverteilung: 71 Prozent der BezieherInnen, und zwar die Un­selbständigen, erhalten 59 Prozent des Pensionsvolumens. 14 Prozent der BezieherInnen, und zwar Beamte, lukrieren 29 Prozent. Die höchstmögliche ASVG-Eigenpension betrug 27 573 S. Der durchschnittliche Ruhebezug der BeamtInnen machte 32 100 S aus. Der Anteil der Sozialver­sicherungsinvaliditätspensionen betrug 15,5 Milliarden Schilling, jener von Beamten 13,5 Milliar­den Schilling. Abgesehen von höherer Leistung muß der prozentuelle Anteil invalider Beamter höher sein.

An der Gefährlichkeit der Tätigkeit sowie am Arbeitsleid der Beamten liegt es nicht, sondern an leichterer Pensionszuerkennung. Diese durch Steuern finanzierte soziale Hängematte betrifft nicht Parias, sondern Privilegierte, daher regt sie nicht auf. Während die ASVG-Hinterbliebe­nenpensionen von 1980 bis 1995 um 120 Prozent stiegen, nahmen sie bei Beamten um 159 zu. Ursachen dafür wären wegen des höheres Einkommens die junge Zweitfrau und später Kinder­segen.

Hinterbliebenenpensionen sollten bei großen Altersunterschieden limitiert werden. Die im Haus­halt tätige Gattin fördert Karriere und Bequemlichkeit der Männer. Bei hohem Pro-Kopf-Einkom­men sollte sie der liebende Gatte sozialversichern, statt beitragsfrei mitzuversichern.

Die Witwenpensionen nach gut verdienenden Männern liegen häufig über den von Frauen erar­beiteten Pensionsansprüchen. 5 Millionen Beitragsleistenden stehen 2,7 Millionen Mitversicherte gegenüber.

Abschließend zu den Krankenversicherungen: Ein Versicherungsgrad von 99 Prozent zeigt hohe Effizienz. Brachten die Krankenversicherungen 1978 einen Anteil von 31,5 Prozent der KRAZAF-Mittel auf, verdoppelte er sich fast im Jahre 1996 auf 59 Prozent. Die Ausgaben der Krankenversicherung orientieren sich an den Einnahmen. Bei mehr Leistungen müssen auch die Einnahmen steigen.

Die Armutsgefährdungsgrenze liegt unter dem EU-Durchschnitt. Besonders armutsgefährdet sind Arbeitslosenhaushalte, Alleinerzieherinnen, Verdiener in Niedriglohnbranchen.

Unsere Sozialleistungen wirken überdurchschnittlich bei Einkommensschwächeren und sind sehr treffsicher. Wir sind stolz auf dieses System, wachsam gegenüber Tendenzen zum Sozial­abbau und wollen unser Sozialsystem zum Vorteil unserer Bürger weiter verbessern. (Beifall bei der SPÖ.)

19.33


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haller. Gleichfalls frei­willige Redezeitbeschränkung 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.33


Abgeordnete Edith Haller¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich sehe sie nicht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie ist mit dem Hund äußerln gegangen!) Sie wird hoffentlich wiederkommen.

Diese Sozialdebatte befaßt sich mit insgesamt 15 Tagesordnungspunkten. Außer dem natürlich äußerst wichtigen Bericht zur sozialen Lage hätten es die restlichen 14 Punkte, die alle Anträge von Oppositionsparteien darstellen, verdient, daß man sich von diesem Rednerpult aus mit ihnen ausführlich auseinandersetzt. Ich werde mich aus zeitökonomischen Gründen nur mit fünf dieser 15 Tagesordnungspunkte befassen, und zwar mit jenen fünf Punkten, die die Zustim­mung der Freiheitlichen bekommen werden, weil wir selbst in diesen betreffenden Bereichen parlamentarische Aktivitäten gesetzt haben.

Erstens, zum Tagesordnungspunkt 5, dem Antrag 501/A der Grünen: Dabei geht es um eine Klarstellung bei der Vermittlung von Arbeitsplätzen für Personen mit Betreuungspflichten, und zwar um eine Bindung der Öffnungszeiten bei den Betreuungseinrichtungen. Das war uns Frei­heitlichen noch zuwenig. Daher haben wir noch einen Zusatzantrag eingebracht mit der Forde­rung, daß das auf private Betreuungsmöglichkeiten erweitert werden soll.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an einen Fall, den ich vor zwei Jahren hier zur Sprache gebracht habe. Dabei ging es um eine Mutter von drei Kindern, die als gelernte Bürokauffrau das Arbeitslosengeld gestrichen bekam, weil sie einen Arbeitsplatz als Küchenhilfe von 18 bis 23 Uhr nicht annehmen konnte. Sie, Frau Bundesministerin, betrachten diese Angelegenheit als gelöst, weil nach vielen Vorstößen der Opposition – wohlgemeint – ein Erlaß an die Arbeits­marktservicestellen ergeht. Aber dieser Erlaß steht – Frau Bundesministerin, das wissen Sie genau –, wenn er das gleiche erreichen will, was in unseren Anträgen gefordert wird, im Gegen­satz zum Gesetzestext und würde keinen Schutz beim Gang zu höheren Instanzen bieten. Sie und Ihre Regierung, Frau Bundesministerin, drücken sich wieder einmal vor einer klaren gesetz­lichen Regelung. Das ist ein Faktum, und das geht wieder einmal zu Lasten der Betroffenen.

Nun zu den Punkten 8 und 9 und zu Punkt 11 der Tagesordnung, bei welchen es um die Ver­besserung der Situation von pflegenden Personen geht. Ich weiß schon, daß es seit 1. Jänner 1998 eine begünstigte Weiterversicherung für die Pensionsversicherung gibt, aber sie ist auf nahe Angehörige begrenzt und betrifft nur Pflegende der Pflegestufen 5, 6 und 7.

Die Grünen fordern die Möglichkeit der Ausdehnung der Selbstversicherung auf alle Bereiche. Das waren schon immer Intentionen der Freiheitlichen. Wir haben diese Forderungen bereits im Jahre 1992 bei der Beschlußfassung zur Pflegevorsorge erhoben und in Abänderungsanträgen formuliert, und – wohlgemerkt –, Bundesminister Hesoun hat deren Umsetzung auch verspro­chen.

Dasselbe betrifft den Bereich der geringfügig Beschäftigten, die nun verpflichtend versichert werden müssen. Die derzeitige Regelung ist jedoch nicht zufriedenstellend. Der Antrag 635/A des Herrn Kollegen Kier bietet eine Möglichkeit, bei der nun gegebenen Versicherungspflicht für Pflegepersonen zu einer besseren Lösung zu gelangen. Deshalb werden wir auch diesem Punkt unsere Zustimmung geben.

Nun noch schnell zu meinem Antrag 133/A betreffend geschlechtsneutrale Regelung der Nacht­arbeit. Seit dem Jahre 1992 fordern wir Freiheitliche das in diesem Haus. Es ist dies der dritte Antrag, und dieser wurde bereits zweimal vertagt, wie Sie es am Datum von 1996 ersehen können. Wir werden uns nicht abhalten lassen, das neuerlich zu fordern, und werden diesen An­trag wieder einbringen, denn das, was Sie in der Regierung zustande gebracht haben, ist ledig­lich eine Notlösung. Es gibt nur minimale Lockerungen, und zwar im Bereich von zu erstellenden Kollektivverträgen.

Frau Bundesministerin! Sie sind mir im Ausschuß die Antwort auf meine Frage, wie diese Lockerungen bei den Kollektivverträgen für den Bereich „Metall und Bergbau“ aussehen werden, schuldig geblieben. Sie wissen genau, daß es in anderen Bereichen große Schwierigkeiten bei den Betriebsräten gibt, daß sich diese dagegen wehren und daß das den Frauen nach wie vor oft ihren Arbeitsplatz kostet. Da kann ich als Frauensprecherin der Freiheitlichen natürlich nicht mithalten.

Frau Bundesministerin! Abschließend: Durch all diese Punkte zieht sich ein roter Faden, und zwar ist diese Bundesregierung anscheinend immer noch der Meinung, daß ein sozialpartner­schaftlicher Interessensausgleich – im Hinterstübchen erwirkt – mit den immer weniger zufrie­den­stellenden Kompromissen, wie Sie sich darbieten, die Ultima ratio ist. Sie drücken sich vor klaren Entscheidungen – zu Lasten der Betroffenen. Sie bieten in diesen Teilbereichen wirklich einen verheerenden Eindruck. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.39


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Silhavy. Gleichfalls freiwil­lige Redezeitbeschränkung 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.39


Abgeordnete Heidrun Silhavy¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Jetzt, Frau Kollegin Haller, verstehe ich, warum Sie neulich von einer „eloquenten“ Sozialpolitik gesprochen haben. Ich nehme aber an, daß Sie eine effiziente gemeint haben. Offensichtlich ist Ihnen aber dieser Ausdruck fremd. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sind weder effizient noch eloquent!)

Kollege Öllinger hat heute die Zahl der Vollzeitbeschäftigten, die unter 12 000 S Einkommen er­zielen, angesprochen und hat diesen Umstand kritisiert. Kollege Kier hat das Thema Armut – wenn auch sehr vereinfacht, möchte ich sagen, so doch immerhin – dargestellt.

Selbstverständlich ist das Einkommen (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath) – Sie müssen zuhören, Frau Kollegin, dann werden Sie es schon hören –, das man aus der selbständigen Er­werbsarbeit erzielt, ein wesentlicher Punkt zur Frage, inwieweit Armut in einem Staat bekämpft werden kann oder nicht.

Aus dem Sozialbericht ist aber auch die Lohndiskriminierung von Frauen deutlich erkennbar – Frau Kollegin Motter hat das heute bereits mit Fakten vom Rednerpult aus angesprochen –, ein Problem, das europaweit vorhanden ist und das noch kein Staat in den Griff bekommen konnte, wie ich mich kürzlich bei einer EGB-Frauenkonferenz überzeugen konnte. Auf jeden Fall steht fest, daß in dieser Frage vor allem die Wirtschaft gefordert ist. Ich denke beispielsweise – da ja die Ärzteeinkommen auch gerade ein Thema sind, Frau Bundesministerin – an den Kollektivver­trag, den die Ärzte den Ordinationshilfen oder den Zahnarzthelferinnen anbieten. Da kann man ja wirklich nicht davon reden, daß das in einer Relation zu ihrem eigenen Einkommen steht.

Deutlich wird das alles vor allem auch bei der Neuregelung der Nachtarbeit, die vorhin bereits angesprochen wurde. Viele Betriebe, die bis dato gefordert haben, Frauennachtarbeit müsse möglich sein, Frauennachtarbeit sei existenzbestimmend für die österreichische Wirtschaft, zei­gen nun, da sie aus dieser Lohndiskriminierung keinen so großen Vorteil mehr erwarten und er­zielen können, kein Interesse mehr an dieser Frauennachtarbeit.

Auch das Einsetzen von Teilzeit zur Arbeitszeitflexibilisierung – auf Kosten der Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer – vergrößert diese Einkommensschere. So sind 398 000 Frauen teilzeit­beschäftigt, hingegen nur 86 000 Männer.

Existenzsichernde Arbeit muß ein Ziel sein, und zwar von allen gesellschaftlichen Schichten in Österreich, um den Wohlstand in unserem Staat halten zu können. Es muß also auch im Inter­esse der Wirtschaft liegen. Dazu gehört auch das Angebot von Arbeitsplätzen statt von Arbeits­plätzchen.

Statt einem Heer von Working poor, wie es uns andere Länder vorzeigen, muß bei uns der Ab­bau von regelmäßigen Überstunden und Arbeitszeitverkürzung endlich ein Thema sein, bei dem uns auch die Wirtschaft ernsthaft entgegenkommt und Gesprächsbereitschaft zeigt. Die soziale „Hängematte“ ist wohl nur aus der Sicht von der obersten Etage des Zuhauses einiger Unter­nehmer, vielleicht von deren Gartenterrasse aus, sichtbar, den Arbeitnehmern und Arbeit­neh­merinnen in Österreich hingegen wird von der Wirtschaft ein so enges Korsett angelegt, daß ihnen kaum Luft zum Atmen bleibt.

Auf legistischer Ebene ist viel geschehen, um den ArbeitnehmerInnen, um den arbeitenden Menschen in Österreich zu helfen. Frau Bundesministerin, Sie haben ja selbst das Beispiel der arbeitnehmergerechten Flexibilisierungsmöglichkeit angesprochen. Bei der Umsetzung dieser legistischen Maßnahmen ist aber nun die Wirtschaft in Österreich gefordert. (Beifall bei der SPÖ.)

19.43


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Ich habe nun eine Wortmeldung des Abgeordneten Wabl. – Da Herr Abgeordneter Wabl nicht im Saal ist, kann diese Wortmeldung keine Berücksichtigung finden.

Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.43


Abgeordnete Sophie Bauer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Ich möchte in meinen Ausführungen zum Antrag der Abgeordneten Haller und Genossen betreffend eine geschlechtsneutrale Regelung der Nachtarbeit folgendes festhalten: 1879 wurde in Österreich ein Gesetzentwurf diskutiert, der erstmals Schutzbestim­mungen für Frauen im Alter von 16 bis 21 Jahren vorsah, nämlich ein Verbot der Nachtarbeit und eine Be­schränkung der täglichen Arbeitszeit. 1919, also vor 79 Jahren, wurde in Österreich auf Druck der Arbeiterbewegung ein Gesetz über das Nachtarbeitsverbot für Frau beschlossen. Es gab aber auch damals schon zahlreiche Ausnahmeregelungen für Arbeitnehmerinnen, zum Beispiel im Verkehrswesen, beim Rundfunk, bei Nachrichtenagenturen sowie in Kranken­häu­sern, in denen auch aus humanitären Gründen nicht auf die Nachtarbeit verzichtet werden kann.

Meine Damen und Herren! Nachtarbeit ist eine Arbeitszeitform, die auch bei optimaler Organisa­tion und sozialer Gestaltung dem natürlichen Lebensrhythmus widerspricht. Regelmäßig gelei­stete Nachtarbeit gefährdet die Gesundheit und verkürzt die Lebenserwartung eines jeden Men­schen. – Vielleicht ist das aber das Ziel der Antragsteller.

Meine Damen und Herren! In unserem Betrieb wird von Männern Nachtarbeit geleistet, und sie klagen über Schlafstörungen, Konflikte mit der Familie und weitere Probleme. Wenn schon Nachtarbeit geleistet werden muß, dann müssen zum Schutz der Gesundheit für Nachtarbeite­rinnen entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, wie – um nur einige zu nen­nen – regelmäßige ärztliche Kontrollen des Gesundheitszustandes, Fahrmöglichkeiten vom und zum Arbeitsplatz, Kinderbetreuungseinrichtungen auch während der Nacht. Denn immerhin, Frau Abgeordnete Haller, gibt es in Österreich 115 000 Alleinerzieherinnen mit Kindern unter 15 Jahren.

Meine Damen und Herren! Nachtarbeit macht krankt, stört das Zusammenleben in Familie und Gesellschaft und ist auch gegen die innere Uhr. Nachtarbeit bringt zwar mehr Geld, aber der Geldbeutel gewöhnt sich schnell, der Verstand nur teilweise, der Körper hingegen gewöhnt sich nie an die Nachtarbeit, Frau Abgeordnete Haller. (Abg. Haller: Wer macht denn die Gesetze? Das sind Argumente für die Wäsch’!)

Wir als Gesetzgeber haben die Verpflichtung, Rahmenbedingungen zu schaffen, die für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und deren Familien zumutbar sind. Deshalb werden wir Sozialdemokraten diesem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.46


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.46


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir über den Bericht der sozialen Lage von 1996 diskutieren, so gibt es, glaube ich, keinen in diesem Haus, der nicht sagt, daß dieses wichtige Nachschlage­werk gut aufbereitet ist und in zwei Bänden über die Aktivitäten einzelner Ressorts, über Pensio­nen und über Einkommen recht ausführlich berichtet und Datenmaterial über die Arbeitsmarkt­lage enthält.

Zum Arbeitsmarkt möchte ich folgendes bemerken: Die Zahl der unselbständig Erwerbstätigen hat im Zeitraum von 1995 auf 1996 um 21 000 abgenommen, und es sind etwa 2,7 Millionen In­länder und rund 300 000 Ausländer beschäftigt. Dieser Trend, daß es weniger unselbständig Er­werbstätige in Österreich gibt, setzt sich aber auch im Jahr darauf, im Jahr 1997, und auch heuer fort. Die Zahl der offenen Stellen wird ebenfalls geringer. Es gibt im Berichtszeitraum zwi­schen 1995 und 1996 um 5 600 offene Stellen weniger. Das sollte uns doch darüber nachden­ken lassen, wie wir diesen Trend stoppen können.

Es gibt aber auch Sonderformen der Arbeitszeit, die die Zeit mit sich bringt. Es ist ja heute so, daß es nicht mehr nur einen Alleinverdiener in der Familie gibt, sondern der Trend geht in die Richtung, daß beide Partner einer Beschäftigung nachgehen. Wie diesem Bericht zu entnehmen ist, haben wir aber immer mehr geringfügig Beschäftigte, wovon hauptsächlich Frauen be­troffen sind, die weniger als 3 600 S verdienen. Zwei Drittel der Frauen, die im Erwerbsleben stehen, sind geringfügig beschäftigt und davon wiederum die Hälfte als Arbeiterinnen.

Auch die Zahl der Teilzeitbeschäftigten ist wesentlich größer geworden, vor allem wiederum bei den Frauen. 27 Prozent der Frauen sind teilzeitbeschäftigt; im Handel sind es sogar 33 Prozent gegenüber 4 Prozent Männer.

Wir haben vor kurzem erst den nationalen Beschäftigungsplan erhalten. Darin ist nachzulesen, daß die Bundesregierung über den nationalen Beschäftigungsplan in den nächsten fünf Jahren bis 2002 100 000 neue Jobs schaffen und die Arbeitslosenquote, die derzeit bei 7 Prozent liegt – nach EU-Kriterien bei 4,4 Prozent –, auf 3,5 Prozent reduzieren will.

Für mich ist diese Aufstellung etwas unwahrscheinlich, denn wenn man bedenkt, daß in der Grundstoffindustrie in den nächsten Jahren – das ist ebenfalls diesem nationalen Beschäfti­gungsplan zu entnehmen – um 15 000 Arbeitsplätze weniger sein werden, im Baubereich um 15 000 weniger, im Textilbereich um 23 000 weniger und im Genußmittelbereich um 5 000 weni­ger, dann ergibt das 58 000 Arbeitsplätze weniger. Da müssen jetzt schon über 150 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um auf denselben Stand zu kommen, den wir heute haben, ansonsten steigt die Arbeitslosigkeit, und die Quote von 3,5 Prozent wird wahrscheinlich nicht erreicht werden können.

Demgegenüber steht wieder, daß im Dienstleistungsbereich, im Sozial-, Pflege- und Umweltbe­reich und in den Gesundheitsberufen um 28 000 Arbeitsplätze mehr geschaffen werden. Da fehlen noch immer 30 000 Arbeitsplätze, Frau Bundesministerin – ich habe Ihnen das schon ein­mal gesagt –, was jetzt durch aktive Arbeitsmarktpolitik, durch Umschulungen und so weiter kompensiert werden soll. Aber wie Sie ja selbst wissen, ist es ein Problem, einen über 50jähri­gen umzuschulen, wenn Betriebe nicht mehr daran interessiert sind, über 50jährige einzustellen.

Arbeitsplätze sollen auch durch die Verbesserung der Konjunktur geschaffen werden. Ein Wirt­schaftswachstum von 2,5 Prozent soll angepeilt und dadurch eben für die Ausweitung der Be­schäftigung gesorgt werden. Aber wie soll die Wirtschaft wachsen, wenn es viel weniger offene Stellen gibt, wenn eine Gründerwelle zwar oft angekündigt, aber nicht umgesetzt wurde? Im ersten Quartal dieses Jahres – das gilt für die Gegenwart, gilt aber auch, wenn wir in die Zukunft blicken – hat die Zahl der Betriebe um 12 Prozent abgenommen, 1 333 Firmen wurden aus dem Firmenbuch gelöscht. Das ist ganz einfach nicht besonders erfreulich für die österreichische Situation. Wir haben eine hohe Steuer- und Abgabenquote, wir liegen heute bei 44,8 Prozent. Das ist ganz einfach zu hoch! Das Realeinkommen ist ebenfalls im Sinken begriffen, die Kauf­kraft in Österreich wird schwächer.

Wir haben außerdem das Phänomen, daß die Steuern und die Sozialabgaben aus dem Lohn­einkommen in den letzten 15 Jahren viel stärker zugenommen haben als jene im Bereich Besitz und Unternehmungen, und der Anteil der Lohneinkommen am Nettovolkseinkommen ging enorm zurück. Lag es im Jahre 1976 noch bei 57,4 Prozent, so ist es im Jahr 1996 auf 47,8 Prozent ge­sunken. Das Nettorealeinkommen der Arbeitnehmer ist in diesem Zeitraum um 2,2 Prozent ge­sunken.

Wir haben zudem eine kalte Progression in Österreich zu verzeichnen, wie die Entwicklung der Lohnsteuer zeigt. Im Jahr 1989, als die letzte große Lohnsteuerreform noch gegriffen hat, lagen wir bei 88 Milliarden Schilling Lohnsteuereinkommen pro Jahr, 1996 waren es 160 Milliarden Schilling, 1997 183 Milliarden Schilling. Heuer werden wir wahrscheinlich die Marke von 200 Mil­liarden Schilling erreichen. Daher, Frau Bundesministerin, wird es einfach notwendig sein, eine Lohnsteuerreform etwas vorzuziehen und nicht bis zum Jahr 2000 zu warten und dann eine Lohnsteuerreform in irgendeiner Form zu machen, denn bis dahin werden die Österreicherinnen und Österreicher ausgeblutet sein.

Ich möchte nur darauf verweisen, daß wir zwei Sparpakete zu verkraften gehabt haben, die Tarife der Verkehrsbetriebe sind in die Höhe gegangen, die Postgebühren sind erhöht worden, die Telefongebühren sind erhöht worden, die Gemeindeabgaben sind erhöht worden. Das alles trifft die Leute in ihrem Einkommen. Der Benzinpreis ist enorm hoch, die Krankenscheingebühr wurde eingeführt, die Sonderausgaben sind nicht mehr im selben Maß abschreibbar wie früher einmal.

Das monatliche Medianeinkommen aller unselbständig Erwerbstätigen in Österreich beträgt heute 20 400 S im Schnitt. Ein Arbeiter verdient, wie diesem Bericht zu entnehmen ist, im Schnitt 18 400 S, ein Angestellter 22 500 S, ein Beamter 24 700 S, und nur 11 Prozent der un­selbständig Erwerbstätigen in Österreich verdienen über der Höchstbemessungsgrundlage.

Eine Lohnsteuerreform ist unbedingt vorzuziehen, ist notwendig. Sie ist im Prinzip keine Steuer­senkung mehr, sondern ganz einfach eine Wiedergutmachung der Verluste der Österreicherin­nen und Österreicher. Und wenn man bedenkt, daß in Österreich schon 5 Prozent an der Armutsgrenze leben, so ist bereits Feuer am Dach. Verehrte Frau Bundesministerin! Wirken Sie auch auf den Finanzminister ein, daß das vorgezogen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.54


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Blünegger zu Wort. 5 Mi­nuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.54


Abgeordneter Anton Blünegger¦ (Freiheitliche): Hohes Haus! Geschätzter Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Bericht über die soziale Lage 1996 hat meiner Ansicht nach auch ein erfreuliches Ergebnis gebracht. Ich habe mir die Statistik über den Rückgang der Arbeitsunfälle gegenüber 1995 angeschaut, und muß sagen, das ist sicherlich erfreulich. Andere Punkte – davon möchte ich nur zwei anreißen – waren meiner Auffassung nach aber auffallend negativ.

Der erste Punkt: die Entwicklung der österreichischen Sozialversicherung. Die Pensionen wuchsen stärker als die Beschäftigung; an 32 800 Personen mehr wurden Pensionen ausbe­zahlt. Es gibt jetzt zirka 1,8 Millionen Pensionisten. Wenn man einen Vergleich aufstellt, so ka­men 1995 auf 1 000 Versicherte 601 Pensionisten, 1996 kamen auf 1 000 Versicherte 616 Pen­sionisten. Meine Kritik liegt darin, daß diese Bundesregierung die Eindämmung der Zahl der Frühpensionisten nicht geschafft hat, oder vielleicht will sie sogar die Arbeitslosenstatistik ver­fälschen. Einwandfrei ein Versagen der Bundesregierung in diesem Punkt! (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Geschätzte Frau Bundesministerin! Mein zweiter Kritikpunkt zu diesem Bericht bezieht sich auf die Seite 14 und auf die Seiten 177 und 205 des Berichtes über das Kapitel Armut. Dazu muß ich eines feststellen: Was mich sehr stört, ist, daß nach offiziellen Angaben 5 Prozent der Bevöl­kerung arm sind und 14 Prozent armutsgefährdet, aber wenn man die inoffizielle Situation in Österreich betrachtet, so ist dieser Anteil zumindest auf 25 Prozent zu schätzen. Und das ist, glaube ich, eine Gefahr, die wir abwenden müssen.

Die Maßnahmen in diesem Kampf gegen die Armut sind Ihnen in diesem Bericht nur 18 Zeilen wert, und diese 18 Zeilen sind nach meinem Dafürhalten wirklich zuwenig. Armutsbekämpfung braucht sicherlich Milliarden, aber Sie, Frau Bundesministerin – oder Ihre Regierung –, wollen die Milliarden in die zukünftige Osterweiterung stecken, die vielleicht im Jahr 2005 kommt. Das ist sicherlich nicht der richtige Weg!

Jetzt möchte ich noch kurz auf meinen Antrag eingehen, der heute auch auf der Tagesordnung ist, nämlich der Antrag betreffend Kostenübernahme für die Bildschirmbrille.

Hohes Haus! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Im Interesse der Arbeitnehmer, die an Bildschirmgeräten arbeiten, habe ich mit der freiheitlichen Fraktion diesen Antrag eingebracht, denn nach § 68 Abs. 4 des Arbeitnehmerschutzgesetzes dürfen Sehhilfen in Form von Bildschirmbrillen zu keiner finanziellen Belastung führen. Die Arbeitgeber und die Sozialversicherung vertraten eine widersprechende Rechtsauffassung.

Der Antrag verlangt die Beseitigung dieser Rechtsunsicherheit, denn wer die Kosten für die Bild­schirmbrille tragen soll, ist jetzt noch immer nicht klar ersichtlich. Ich mache Sie darauf aufmerk­sam, daß diese Verordnung nicht ausreicht, die Kostenfrage eindeutig zu klären. Darüber sind sich die Experten einig. Ihre Verordnung ist nicht „wasserdicht“, Frau Bundesministerin. Die Unklarheiten liegen in der Formulierung dieses Gesetzestextes.

Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Stimmen Sie meinem Antrag zu – und nicht dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.59


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nunmehr hat sich noch Herr Abgeordneter Meisinger zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung gleichfalls 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.59


Abgeordneter Josef Meisinger¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Im Bericht über die soziale Lage 1996 steht schon in der Einleitung, daß gleichwertige arbeits- und sozialrechtliche Standards für alle unselbständig Erwerbstätigen zu erwirken wären. Wer sich mit diesem Thema befaßt, weiß, daß das schon seit Jahren gefordert wird, daß aber die Arbei­terkammer genauso wie der ÖGB intern mit diesem Thema nichts anfangen können und diese Gleichstellung zu verhindern wissen.

Wenn es in der Einleitung weiters heißt, daß sich der Sozialstaat auf die Erkenntnis gründet, daß soziale Solidarität den inneren Frieden sichert, so möchte ich sagen: Soziale Solidarität hieß vor kurzem noch, daß der Bundeskanzler 1 Million Schilling mehr pro Jahr verdient, daß den Familien mit dem ersten Sparpaket 100 S an Kinderbeihilfe weggenommen wurde, daß bei der Pflegevorsorge die Stufe 1 gekürzt wurde, daß Erhöhungen nicht vorgenommen wurden und das Taschengeld bei der schwächsten der schwachen Gruppen in unserem Land um 50 Prozent reduziert wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weiters heißt es, es wären verläßliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu sichern. – Poli­tische Rahmenbedingungen wie rückwirkende Steuergesetzgebung, überhöhte Strompreise und Telefonkosten, hohe Brutto- und niedrige Nettoeinkommen – das sind die „verläßlichen wirt­schaftlichen Rahmenbedingungen“, die wir in Österreich vorfinden!

Es heißt dann weiter: Politische Stabilität und die Zukunft der Demokratie sind zu gewährlei­sten. – Meine Damen und Herren! Wer sich die Vorschläge des Arbeiterkammer- und des Wirt­schaftskammergesetzes angeschaut hat, wird festgestellt haben, daß das ein Rückschritt in das vorige Jahrhundert ist. Da kann man von Demokratiefreundlichkeit wirklich nicht sprechen. Wenn es also heißt, daß sich der Sozialstaat auf diese Erkenntnisse gründet, dann muß ich sagen, es ist um den Sozialstaat in Österreich wirklich schlecht bestellt. Frau Bundesministerin, Sie wären gefordert, da substantielle Verbesserungen für die Bevölkerung einzuführen.

Zu den Arbeitslosen: Von den im Jahr 1996 709 000 insgesamt von Arbeitslosigkeit Betroffenen waren 180 000 länger als sechs Monate arbeitslos, 40 Prozent davon länger als ein Jahr. Das ist immerhin eine Steigerung von 2 Prozent. Dabei heißt es immer, daß in Österreich die Arbeits­losenrate sozusagen so gering ist, daß sie kaum erwähnenswert ist.

Im Jahresdurchschnitt sind in den Bundesländern Kärnten, Burgenland und Wien die Arbeitslo­senzahlen besonders gestiegen. Bemerkenswert ist, daß dort seit Jahrzehnten SPÖ-Landes­hauptleute gewirtschaftet haben und daß genau in diesen Bundesländern die höchsten Landes­beamtengehälter vorzufinden sind. Daran sieht man wieder, wie ernst es die Bundesregierung mit der Gleichstellung von Arbeitern, Angestellten und Beamten nimmt.

Es wird auch immer wieder gesagt, daß höhere Ausbildung Arbeitsplätze sichert. Dieser Bericht besagt, daß zum Beispiel im Jahr 1996 bei den Akademikern die Arbeitslosigkeit um 10 Prozent zugenommen hat, während sie im Bereich der geringen Ausbildung nur 1,7 Prozent ausmacht. (Abg. Koppler: Der Stadler hört dir nicht zu!) Koppler, melde dich zu Wort, und dann reden wir weiter! Aber du kannst da nicht mitreden, denn das ist kein Bonzenthema – daher kennst du dich nicht aus. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie „erfolgreich“ diese Regierung in der Arbeitslosenpolitik ist, zeigt die große Koalition, die seinerzeit angetreten ist, große Probleme zu lösen. Zum Beispiel ist die Arbeitslosenunterstüt­zung von 2,2 Milliarden auf 13,7 Milliarden – von 1980 bis 1995 – angestiegen – das sind 515 Prozent! –, die Notstandshilfe ist gar um 1 300 Prozent angestiegen, die Alterspension wegen langer Arbeitslosigkeit um 550 Prozent, die Sonderunterstützung um 600 Prozent und der Insolvenzausfallgeldfonds um 1 014 Prozent, von 360 Millionen auf 4 Milliarden Schilling. Meine Damen und Herren! Das zeigt, daß diese Bundesregierung auch keine Wirtschaftskompetenz aufzuweisen hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zur Entwicklung des Insolvenzausfallgeldfonds möchte ich noch sagen, daß im Jahr 1996 eine 14prozentige Erhöhung zu verzeichnen war. „Konsum“, Maculan, Optyl, Carrera und Emco – alles den Sozialisten sehr nahestehende Firmen – sind in Konkurs gegangen und haben die Österreicher sehr viel Geld gekostet.

Zum Schluß kommend möchte ich noch zum Behinderteneinstellungsgesetz Stellung nehmen. Im Privatbereich muß jeder 25. Dienstnehmer ein Behinderter sein, für jeden nicht eingestellten Behinderten muß eine Ausgleichstaxe von 1 960 S bezahlt werden. Im öffentlichen Bereich ist diese Zahl vor Jahren von jedem 40. auf jeden 30. gesenkt worden. Wenn also im Sozialbericht der öffentliche Bereich diesbezüglich als vorbildlicher Bereich hingestellt wird, dann stimmt das schlicht und einfach nicht, weil die Quote wesentlich niedriger ist als im privaten Bereich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesministerin! Schaffen Sie gleiche Quoten, dann können wir auch von gleicher Be­handlung der Wirtschaft sprechen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.06


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor.

Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstatter wird nicht gewünscht.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir haben jetzt einige Abstimmungen durchzuführen, die jeweils über die einzelnen Ausschußanträge erfolgen.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, den vorliegenden Bericht III-111/1129 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1132 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Bericht wird mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1133 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1134 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch dieser Bericht wird mehrheitlich zur Kennt­nis genommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1135 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Dieser Bericht ist mehrheitlich an­genommen.

Wir stimmen jetzt über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales ab, seinen Be­richt 1136 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1137 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Frau Abgeordnete Haidlmayr, Sie sind dafür? (Abg. Haidlmayr: Ja natürlich!) Entschuldigen Sie, ich sehe Ihr Handzeichen nicht. – Die Kenntnisnahme erfolgt einstimmig. Dieser Bericht ist einstimmig angenommen.

Ich weise den Antrag 603/A (E) dem Wirtschaftsausschuß zu.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozia­les, seinen Bericht 1138 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1139 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1140 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Be­richt ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1141 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Die Annahme erfolgt mehrheitlich.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1142 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustim­mung. – Dieser Bericht wird mehrheitlich angenommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1143 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1260 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1264 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. – Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen worden. (Unruhe.) Meine Damen und Herren! Vielleicht könnte man wenigstens während der Abstimmung die Gespräche ein­stellen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1264 der Beilagen beige­druckte Entschließung.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Guggenberger, Maria Rauch-Kallat und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Abänderungsantrag vorliegt, lasse ich sogleich über die dem Ausschußbe­richt beigedruckte Entschließung in der Fassung des erwähnten Abänderungsantrages abstim­men.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Die Beschlußfassung erfolgte mehrheitlich. (E 125.)

Jetzt stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Motter und Genossen betreffend gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Jetzt stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr und Ge­nossen betreffend gesetzliche Anerkennung der Blindenführhunde als Hilfsmittel.

Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1153 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz betreffend ein Förderungspro­gramm zur Sicherung ausreichender Berufsausbildungsmöglichkeiten (Jugendausbil­dungs-Sicherungsgesetz) erlassen wird (1261 der Beilagen)

17. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird (Berufsausbil­dungsgesetz-Novelle) (1262 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir kommen jetzt zu den Punkten 16 und 17 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dolinschek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.13


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das uns jetzt vorliegt, war sicherlich dringend notwendig. Das duale Berufsausbildungssystem, das Kernstück der Be­rufsausbildung in Österreich überhaupt, hat in letzter Zeit zu einem großen Mißverhältnis zwi­schen Angebot und Nachfrage bei Lehrstellen geführt.

Bezüglich der arbeitsmarktpolitischen Begleitmaßnahmen für am Arbeitsmarkt benachteiligte Ju­gendliche und für Jugendliche, die bisher keine Lehrstelle gefunden haben, war es nicht gerade erbauend, was die österreichische Bundesregierung da bisher aufgeführt hat. Man hat versucht, Berufsfachschulen als Ersatz für fehlende Lehrstellen einzurichten. Man hat vor Jahren schon eine Kampagne gestartet: „Karriere mit Lehre“. – Gefruchtet hat es nichts, diese Kampagne hat eigentlich nichts gebracht.

Man hat eine Lehrlings-Hotline eingerichtet, was zu einem Wildwuchs an Förderungen geführt hat, denn die Gewinner dieser Förderungen waren jene Betriebe, die vorher keine Lehrlinge ein­gestellt haben oder solange gewartet haben, bis eine Förderung ausgeschüttet wurde, und die Lehrlinge dann im November und im Dezember eingestellt haben. Jene Betriebe, die eigentlich schon immer Lehrlinge ausgebildet haben, haben nichts davon gehabt.

Das hat in Kärnten zu folgendem geführt: Ich bin selbst in einem Betrieb beschäftigt, in dem an vier verschiedenen Standorten über 100 Lehrlinge ausgebildet werden. Es werden jedes Jahr rund 35 Lehrlinge aufgenommen, und plötzlich hat es so ausgesehen, als würde es eine Trend­wende geben: Es haben sich heuer nur halb so viele Jugendliche um einen Lehrplatz beworben als die Jahre davor. Die öffentliche Diskussion hat offenbar bewirkt, daß Jugendliche bezie­hungsweise die Erziehungsberechtigten, die Eltern dieser Jugendlichen gar nicht mehr den Ver­such gestartet haben, sich um einen Lehrplatz zu bewerben, weil sie gedacht haben: Er be­kommt sowieso eine Ausbildung, wenn er weiter in eine Berufsfachschule geht, vielleicht sogar eine bessere Ausbildung als auf einem Lehrplatz. Sie haben sich also gar nicht darum bemüht.

Ich habe schon Sorge gehabt, daß sich dieser Trend, wenn jetzt nichts Gescheites zusammen­gebracht wird bezüglich der Berufsausbildung, noch immens verstärken wird, weil die Wirtschaft dann nur mehr Ausbildungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen wird, wenn diese entsprechend hoch gefördert werden. Der ursprüngliche Text der Regierungsvorlage, wie er uns vorgelegen ist, hat im Prinzip nicht mehr ausgesagt, als daß es eine Förderung von 500 Millionen Schilling geben wird. Es hat keine Begutachtung gegeben. Die Gründe, warum das Lehrstellenangebot so niedrig ist, sind auch unerwähnt geblieben. Ich habe mir gedacht: Was soll daraus werden? Das kann man ja nur ablehnen.

Aber siehe da, man hat im letzten Moment im Ausschuß noch eine Gesamtänderung vorgelegt, was zwar sicherlich auch früher möglich gewesen wäre, aber das war nun wirklich komplexer. Meine Kollegen im Sozialausschuß und ich haben dem auch zugestimmt, weil für die Jahre 1998 und 1999 insgesamt 1,8 Millionen Schilling für die Ausbildung ... (Abg. Dr. Feurstein: Milliarden! – Abg. Tichy-Schreder: Milliarden! Sie haben „Millionen“ gesagt!) Milliarden, ja. Ge­nau sind es 800 Millionen für Lehrgänge und 1 Milliarde für Lehrlingsstiftungen.

Was mich dabei etwas irritiert, ist, daß Jugendliche mit einem positiven Schulabschluß, wenn sie einen Lehrgang besuchen, nur 2 000 S pro Monat erhalten, und jene, die einen negativen Schul­abschluß haben und in die Lehrlingsstiftungen gehen, 2 985 S bekommen und wesentlich höher gefördert werden. Das paßt mir eigentlich nicht so ganz, aber mir ist es doch lieber, Frau Sozial-minister, werte Kolleginnen und Kollegen, daß Jugendliche beschäftigt, einer Ausbildung zuge­führt werden, als daß sie auf der Straße stehen. Das ist auch der Grund dafür, daß wir dieser Regierungsvorlage unsere Zustimmung geben.

Daß in den Berufsschulen, die immer weniger frequentiert werden, die entsprechenden Räume zur Verfügung gestellt werden, finde ich ebenfalls sehr positiv.

Ich habe es schon gesagt: Wir werden dieser Regierungsvorlage unsere Zustimmung geben, weil es aus unserer Sicht besser ist, wenn Jugendliche, damit sie nicht auf der Straße stehen, eine Ausbildung erhalten. Wir werden aber genau beobachten, ob es Mißstände gibt.

Es ist auch positiv zu vermerken, daß jeder Betrieb, der Lehrlinge aufnimmt, egal, wie viele Lehrlinge er vorher schon beschäftigt gehabt oder ausgebildet hat, im Prinzip eine Abschreib- oder Absetzmöglichkeit für Lehrlinge von 20 000 S pro Arbeitsplatz hat. Das finde ich positiv. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.19


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Nürnberger. 5 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.19


Abgeordneter Rudolf Nürnberger¦ (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf einleitend feststellen, daß die Bundesregierung in der Vergangenheit bemüht war und auch in Zukunft bemüht sein wird, den jungen Menschen in unserem Lande einen Lehrplatz, einen Ausbildungsplatz anzubieten.

Normalerweise bin ich mit den Ausführungen meines Vorredners, des Abgeordneten Dolinschek, nicht einverstanden, aber in einem Punkt seiner Rede stimme ich voll überein, ja ich glaube, daß alle Damen und Herren in diesem Hohen Hause diesbezüglich übereinstimmen: Es ist, so meine ich, für die jungen Menschen, wenn sie kein normales Lehrverhältnis haben, immer noch besser, in irgendeiner Art und Weise eine Ausbildung zu bekommen – ob Arbeitsstiftungen oder Lehrgänge –, als auf der Straße zu stehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es ist auch jeder privaten Aktion, zum Beispiel jener, die von Ö 3 gestartet worden ist, große An­erkennung zu zollen, weil auch das viele Lehrstellen bringt.

Ich erlaube mir, noch eine grundsätzliche Feststellung zu machen, bevor ich auf einige Details der vorliegenden Gesetzentwürfe eingehe: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Kern­stück unserer Berufsausbildung muß auch in Zukunft das duale Ausbildungssystem – auf der einen Seite Betrieb, auf der anderen Seite Berufsschule – bleiben, auch wenn wir jetzt für die nächsten Jahre auch andere Ausbildungsformen beschließen.

Das vorliegende Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz hat einige Schwerpunkte. Ich greife ein paar heraus.

Erstens: Es werden zehnmonatige Lehrgänge zum Erwerb von Fähigkeiten und Fertigkeiten für einen Lehrberuf eingeführt. Natürlich unterliegen diese Lehrgänge der Berufsschulpflicht, und es wird für die Lehrlinge auch eine Beihilfe zur Auszahlung gebracht. Ich hoffe nur – und appelliere heute schon an die Wirtschaft –, daß die Absolventen dieser Lehrgänge dann im Rahmen nor­maler Lehrverhältnisse in Betriebe integriert werden können.

Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Lehrlingsstiftungen. Das Vorbild dafür sind die sehr gut funktionierenden Arbeitsstiftungen, die wir in einigen Krisenregionen und Krisenbranchen bei Schließung von größeren Betrieben eingerichtet haben; diese haben sehr gute Arbeit geleistet und sehr gut funktioniert. Auch diese Einrichtung ist zu begrüßen. Auch für die jungen Menschen in den Stiftungen wird es eine Beihilfe geben, und die Vermittlung wird durch das Arbeitsmarkt­service übernommen werden.

Die Organisation der Lehrgänge und Lehrlingsstiftungen soll durch eigene Landesprojektgrup­pen erfolgen. Wir wissen, daß es im Vorjahr da und dort Verzögerungen gegeben hat, daß man sich auf Landesebene nicht einigen konnte und daß es Diskussionen gegeben hat. Ich bin daher sehr froh darüber, daß der Sozialausschuß die Ausschußfeststellung getroffen hat, daß, wenn es Verzö­gerungen im Bereich der einzelnen Bundesländer gibt, die drei zuständigen Minister rasch und unbürokratisch eine Entscheidung herbeiführen werden. Geschätzte Frau Sozialmini­sterin! Ich bin überzeugt davon, daß Sie alles daransetzen werden, um mit Ihren Ressortkol­leginnen und -kollegen zu einer raschen Entscheidung zu kommen.

Eine weitere Ausschußfeststellung ist begrüßenswert, weil im vorliegenden Gesetzentwurf zwar festgehalten ist, daß die notwendigen Schulräume unentgeltlich zur Verfügung zu stellen sind, im Schulorganisationsgesetz jedoch etwas anderes steht. – Ich gehe davon aus, daß man nicht versucht, aus der Lehrlingssituation Kapital zu schlagen und Mieten zu kassieren, sondern daß die räumlichen Kapazitäten für die Ausbildung tatsächlich unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Ich möchte noch ein paar Bemerkungen zur vorliegenden Novelle zum Berufsausbildungsgesetz machen. Erstmalig wird eine sogenannte Vorlehre für Jugendliche eingeführt, die benachteiligt sind oder bei denen es persönliche Vermittlungshindernisse gibt. Wie Sie wissen, gab es in diesem Zusammenhang sehr heftige Diskussionen. Nunmehr kann ich allerdings sagen, daß vor allem die Arbeitnehmervertreter mit der Zustimmung zur Vorlehre über ihren Schatten ge­sprungen sind. Ich appelliere daher anläßlich der Beschlußfassung an die Vertreter der Arbeit­geber: Mißbrauchen Sie dieses Instrument nicht, bestätigen Sie uns nicht die Vorbehalte, die es da und dort gibt, daß man auf diese Weise zu billigen Arbeitskräften kommen könnte, sondern machen wir das Instrumentarium der Vorlehre zu dem, was eigentlich beide Seiten vorhaben! Geben wir jener Personengruppe eine Chance, sich ins Berufsleben zu integrieren.

Ich darf Ihnen, geschätzte Frau Bundesministerin, für den Einsatz für unsere jungen Menschen, den Sie schon gezeigt haben und in Zukunft noch zeigen werden, recht herzlich danken! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.24


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte.

20.24


Abgeordnete Maria Schaffenrath¦ (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Mini­sterin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Nürnberger! Wenn Sie angesichts des vorliegenden Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes glauben, daß die duale Ausbildung, Be­rufsschule und Betrieb, weiterhin das Kernstück der Ausbildung bleiben wird, dann glaube ich, daß Sie irren. (Abg. Nürnberger: Sicherlich nicht!) Ich werde dazu noch Stellung nehmen.

Daß die Kollegen von den Freiheitlichen bei dieser Debatte kontra gemeldet sind, überraschen­derweise aber zustimmen werden und offenbar vergessen haben, welche Vorschläge für Refor­men im Bereich der dualen Ausbildung sie schon im Vorfeld von dieser Stelle aus und auch im Unterausschuß gemacht haben, überrascht mich wirklich.

Aber nun zum Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz im besonderen. Ich halte es wirklich für ein reines Provisorium, ich möchte fast sagen, für einen bürokratischen Schildbürgerstreich. Wir investieren jetzt wieder mehr als 2 Milliarden Schilling insgesamt, um Lehrlinge unterzubringen, und diskutieren einmal mehr nicht über Qualität, sondern schieben die Probleme auf die lange Bank. Das wird sich auf jeden Fall zum Nachteil der jungen Menschen auswirken. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Kollege Nürnberger! Um noch einmal darauf zurückzukommen: Anstatt daß Sie strukturelle Formen im Bereich des dualen Ausbildungssystems einleiten, die diese gute Ausbildungsform für Unternehmen und Lehrlinge attraktiver macht, loben Sie jetzt dieses Provisorium und gehen ganz bewußt das Risiko ein, daß das eine Dauereinrichtung wird. Herr Kollege Nürnberger, das muß ja eine Dauereinrichtung werden! Davor warnt die Uni Linz bereits jetzt ganz deutlich, und zwar haben sich dort Wissenschafter, die Ihrer Gruppe nahestehen, mit diesem Problem be­schäftigt.

Ich verstehe, was Sie damit beabsichtigen, denn nur so kann über die Hintertüre das eingeführt werden, was von Ihrer Seite ganz beharrlich verneint wird, nämlich eine nachhaltige Kostenent­lastung für die Unternehmen. Die Unternehmen werden sich jetzt einmal kurzfristig zurückzie­hen, die jungen Menschen besuchen diese Lehrgänge und werden ein Jahr lang – vielleicht auch noch ein zweites Jahr – für den Unternehmer völlig kostenlos ausgebildet, und dann kann der Lehrherr einen vorgebildeten Lehrling für eine nur mehr kurze Restzeit relativ kostengünstig übernehmen. Und das ist meine Sorge: Die Ausbildungszeit für den Unternehmer wird reduziert, und Unternehmungen, die wirtschaftlich handeln müssen, werden vermutlich in großem Ausmaß darauf zurückgreifen.

Ich halte diese Unterbringungsaktion, die Milliarden kostet, für den Versuch – und noch dazu für einen sehr untauglichen Versuch –, sich an den Strukturreformen vorbeizuschwindeln, die auch von Ihrer Seite schon sehr lange eingefordert werden. Das ist meiner Meinung nach doch etwas kurios. Wir haben in den Ausschüssen der befaßten Ministerien viele, viele Anträge liegen. Aber ungeachtet dieser Anträge wird jetzt in einer echten Nacht- und Nebelaktion – wenn ich auch Verständnis dafür habe, daß wir junge Leute beschäftigen müssen – dieses Gesetz beschlossen und über die Hintertüre etwas eingeführt, wofür der Mut und der Reformwille für eine wirkliche Regelung leider fehlt.

Ich sage noch einmal: Dieses Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz hat für mich viele Mängel, und zwar nicht nur Qualitätsmängel. Herr Kollege Nürnberger! Sie haben mit Freude auf die drei Ausschußfeststellungen hingewiesen. – Ich meine: Wenn man für ein Gesetz drei Ausschuß­feststellungen braucht, dann ist das für mich ein Zeichen dafür, daß trotz anscheinend intensiver Verhandlungen schlampig gearbeitet wurde. Klarheit und Rechtssicherheit werden meines Er­achtens dadurch in Frage gestellt. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Einerseits organisieren Sie diese sozialpartnerschaftlich zusammengesetzten Landesprojekt­gruppen, gleichzeitig haben Sie aber selber Sorge, daß das System zu bürokratisch sein könnte, sodaß Sie eine Ausschußfeststellung formulieren, wonach beim Nichtzustandekommen einer Entscheidung die zuständigen Bundesminister rasch und unbürokratisch eine entsprechende Entscheidung herbeiführen werden. Frau Ministerin, ich sage nur der Ordnung halber: Auch Sie sind damit gemeint!

In einer weiteren Ausschußfeststellung wurde klargemacht, daß als Träger dieser Lehrgänge und Stiftungen – einmal mehr – eigentlich nur Wifi und BFI eingesetzt werden können.

Herr Kollege Peter wird noch auf viele Ungereimtheiten in diesem Gesetz und offene Fragen in diesem Zusammenhang zu sprechen kommen.

Auch ich bin dafür, daß die Schulen Räume unentgeltlich zur Verfügung stellen. Aber denken wir an Landesschulen, denken wir an Betriebskosten und denken wir daran, daß wir Teilrechtsfähig­keit und finanzielle Autonomie haben, wodurch Schulen auf diese Mittel angewiesen sind, wie es im Budget grundsätzlich vorprogrammiert wurde. Man hat das vorher so eingeführt, und jetzt müssen diese Pflichtschulen das unter Umständen ausbaden.

In einem Punkt kann ich Kollegen Dolinschek nur recht geben: Der Unterschied zwischen den Entschädigungen für junge Leute ist schon kurios genug, es ist jedoch nicht erklärbar, daß es in diesem Fall überhaupt eine finanzielle Entschädigung gibt. Erklären Sie mir, warum eine Han­delsschülerin in der ersten Klasse keine Entschädigung bekommt! Es wird ihr, falls sie übertritt, im Rahmen einer Lehrlingsausbildung ein Jahr Handelsschule zur Gänze angerech­net. – Das können Sie nicht erklären, und ich meine, Sie sollten das so nicht einführen.

Ich sehe, daß meine Redezeit leider schon vorbei ist. Abschließend sage ich noch einmal: Ich halte das vorliegende Ergebnis für beschämend. Ich kann nicht verstehen, daß die SPÖ so blind ist gegenüber der Vorlehre, wie sie im Berufsausbildungsgesetz festgehalten ist: Ein Jahr lang innerhalb von zwei Jahren werden Bildungsinhalte vermittelt, und angerechnet wird dem Lehr­ling, falls er übertritt, ein Viertel dieser Zeit. Allein schon deshalb ist für mich die Durchlässigkeit eine Fiktion. Ich hätte mir für diese Vorlehre einen zumindest zweijährigen Aufbau gewünscht, denn innerhalb von zwei Jahren soll sozusagen ein Jahr vermittelt werden. Aber die Bildungsin­halte des ersten Jahres der Berufsschulen – ich habe lange genug in diesen unterrichtet – gehen über Hilfsarbeiterniveau wirklich nicht hinaus, und das tut mir für diese jungen Menschen leid. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

20.32


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.32


Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder¦ (ÖVP): Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Ich habe mir gedacht: Was werde ich heute zu diesem Thema sagen? Über die Lehrlinge sprechen wir sehr oft, und in Wahrheit ... (Abg. Mag. Peter: Was machen Sie in Ihrem Unterausschuß?)

Herr Abgeordneter Peter, bitte lassen Sie mich aussprechen! Sie haben nachher noch Gelegen­heit zu reden.

Wir kennen die Problematik: Wir kommen bei verschiedenen Verhandlungen nicht wirklich wei­ter. Ich bin Ihnen, Herr Abgeordneter Nürnberger, dankbar, daß Sie zu Beginn Ihrer Ausführun­gen gesagt haben, daß Sie sich zum dualen Ausbildungssystem bekennen. Ich weiß, daß Sie persönlich sich dazu bekennen, und ich weiß, daß sich auch Präsident Verzetnitsch dazu be­kennt. Teilweise bekennt man sich innerhalb Ihrer Fraktion aber nicht zu diesem System. In diesem Punkt gibt es eine Spaltung in Ihrer Fraktion. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

Sie wissen, wie wichtig es für die jungen Menschen ist, daß wir dieses Ausbildungssystem haben. Und ich bin dankbar dafür, daß Abgeordneter Eder in unserem Unterausschuß darauf aufmerksam gemacht hat, daß wir oft vergessen, daß die jungen Menschen, die in die Betriebe kommen, in unterschiedlichen Entwicklungsphasen stecken. Es gibt Abgeordnete in Ihrer Frak­tion, Herr Abgeordneter Nürnberger, die offen zugeben, daß es ihnen wesentlich lieber wäre, das ganze System der Lehrlingsausbildung zu verschulen.

Das macht mich persönlich betroffen, und zwar deshalb, weil man offenbar an die jungen Men­schen überhaupt nicht denkt und sie eigentlich nicht kennt. Denn bekanntlich gibt es junge Men­schen, die unter keinen Umständen in die Schule gehen wollen. Es gibt Lehrlinge, die nicht in die Berufsschule gehen wollen. Gott sei Dank sind die Lehrkräfte in der Berufsschule heute soweit, daß sie den Lehrherrn oder die Lehrfrau, also den Ausbildner verständigen, wenn die jungen Menschen nicht kommen.

Was wollen wir? – Wir wollen, daß für die jungen Leute verschiedene Möglichkeiten zur Ausbil­dung geschaffen werden und daß man auf die Fähigkeiten der jungen Menschen eingeht. Herr Dr. Antoni! Es gibt verschiedene Fähigkeiten. Viele junge Menschen haben eher praktische Anlagen, und diese Fähigkeiten soll man nutzen. Diese kann man nur in einem Betrieb erlernen – zusätz­lich natürlich in der Berufsschule. – Das ist das eine.

Ein zweiter Aspekt ist mir ebenfalls enorm wichtig, denn in diesem Zusammenhang geht es um soziales Verständnis. In Großbetrieben sucht man sich Lehrlinge aus, viele der jungen Leute bleiben aber sozusagen auf der Straße. Diese jungen Leute werden dann von Klein- und Mittel­betrieben aufgenommen. Daher kämpfe ich darum, daß man dort Erleichterungen schafft. Denn viele Klein- und Mittelbetriebe – nicht alle, es gibt überall solche und solche – bemühen sich um die jungen Leute und versuchen, sie zu integrieren. Manchmal gibt es Schwierigkeiten, und dann haben wir miteinander Schwierigkeiten, wenn es um die Auflösung eines Lehrvertrages geht. Daher haben wir mit der Einführung einer Schiedsstelle einen ersten Schritt gemacht.

Worum geht es mir? – Ich will nicht, daß den jungen Leuten Jahre gestohlen werden. Wenn sich in einem Betrieb herausstellt, daß sich ein Lehrmädchen oder ein Lehrbursche für einen Beruf nicht eignet, dann sollten diese die Möglichkeit haben, umzusteigen und anderswo etwas ande­res zu lernen. Wenn Menschen nicht miteinander harmonieren und es Schwierigkeiten gibt, dann tut man den jungen Menschen nichts Gutes, wenn man ihnen nicht die Möglichkeit gibt, das Lehrverhältnis zu lösen, um es in einem anderen Betrieb zu versuchen. Es geht in diesem Zusammenhang um menschliche Probleme, und ich bin froh darüber, daß man nun endlich eine Schiedsstelle schafft. Denn jetzt haben wir die Möglichkeit, im Sinne der Menschlichkeit der Sozialpartner vorzugehen.

Frau Kollegin Schaffenrath! Auch die Schaffung der Vorlehre ist so zu verstehen, daß man zu berücksichtigen versucht, daß Menschen unterschiedliche Begabungen haben und unterschied­liche Reifeprozesse durchlaufen. Ich sage ganz offen, daß ich nicht ganz glücklich bin, daß dieses Modell mit dem Jahre 2000 begrenzt ist, denn da wird man noch zuwenig sehen. Aber es wird eine Evaluierung möglich sein.

Die jungen Menschen sollen nicht mit 15 Jahren einfach in Hilfsarbeiterpositionen geschoben werden, sondern die Möglichkeit haben, einen Abschluß zu schaffen. Auch geistig behinderte Menschen sollen nicht in Ausbildungseinrichtungen abgeschoben werden, bei denen die Eltern die Sorge haben müssen, daß ihre Kinder nur in künstlichen Feldern leben, sondern sie sollen in das normale Leben integriert werden. – Daran müssen wir lernen.

Für mich sind die Maßnahmen des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes und vor allem die des Berufsausbildungsgesetzes ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es ist aber nur ein kleiner Schritt, und wir haben noch sehr viele Schritte vor uns. Ich appelliere an die sozialdemo­kratische Fraktion, daß sich einmal Menschen zusammensetzen, die nicht an ihre Ideologie den­ken, sondern an die Jugend.

Ich appelliere an die Frau Bundesministerin, die Verordnung über die Zugemessenheit von Ar­beitstätigkeiten für Jugendliche, die in ihrem Bereich liegt, so zu gestalten daß die jungen Leute wirklich ausgebildet werden können und nicht Dinge verboten werden, die sie in ihrer Freizeit machen, aber im Betrieb nicht tun dürfen, oder in der Berufsschule tun, aber im Betrieb, wo direkt jemand hinter ihnen steht und sie anleitet, nicht machen dürfen.

Ich glaube, wir haben noch große Schritte vor uns, damit wir wirklich ein System aufbauen und weiterentwickeln, das vorbildhaft in Europa ist. Chancen dazu hätten wir. Daher bitte ich Sie zu ermöglichen, daß wir ernst und vernünftig darüber reden, damit wir gute Lösungen für die Zu­kunft zustande bringen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.38


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.38


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Herr Präsident! Ich möchte eine Anmerkung auch an Sie richten: Ich wollte das nicht im Rahmen einer Geschäftsordnungsdebatte zur Sprache bringen, aber ich finde, es ist wirklich nicht passend, daß die Freiheitlichen jetzt schon zum wiederholten Male, obwohl sie sich kontra gemeldet haben, eindeutig erklären, daß sie beiden Anträgen zu­stimmen werden. So war ihr Stimmverhalten auch schon im Ausschuß, trotzdem gab es heute Kontrameldungen.

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Ich glaube, wir müssen endlich einmal auch darüber sprechen, ob Sie Ihr eigenes Abstimmungsverhalten ernst nehmen, denn sonst gelan­gen wir an den Punkt, daß Sie sich selbst nicht mehr ernst nehmen! (Abg. Gaugg: Geh setz dich nieder!) Dieses Verhalten ist meiner Meinung nach unmöglich. Das sind keine ... (Abg. Gaugg: Wir brauchen keinen Oberlehrer!) Das hat nichts mit Oberlehrer zu tun, Herr Kollege Gaugg! Ich möchte nur gerne wissen, ob ein freiheitliches Ja tatsächlich ein Ja ist oder sowohl ja als auch nein bedeuten kann. Denn diese Frage ist für die Zusammenarbeit hier im Haus nicht irrelevant. (Zwischenruf des Abg. Blünegger. – Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Ich komme zum Thema. Hauptsache, die Jugendlichen stehen nicht auf der Straße! – Das war die Meldung, die Abgeordneter Nürnberger von den Sozialdemokraten zu diesem Thema abge­geben hat, und das ist auch das Beste, was man dazu sagen kann. Es ist eigentlich ein Armuts­zeugnis für die Politik in diesem Bereich, wenn man erklären muß: Wir wissen zwar nicht, was wir mit den Jugendlichen machen sollen, aber wir „verräumen“ sie wenigstens, weg von der Straße, irgendwohin in ein Zimmerl, und dort sollen sie sich still beschäftigen.

Diese Art von Politik kennen wir! Das ist zuwenig, denn auch Jugendliche, die vielleicht nicht alle Möglichkeiten haben, haben das Recht auf Chancen. Bei dieser Art von Ausbildung erhalten sie jedoch keine Chancen! Denn eine Vorlehre, die zu einem Ausbildungsverhältnis führen kann, dauert im schlechtesten Fall für den Lehrling viereinhalb Jahre und bedeutet, daß er nach der Vorlehre von zwei Jahren im ersten Lehrjahr wieder mit dem Gehalt des ersten Lehrjahrs ein­steigt. Wenn man diese Qualifikation, die der Jugendliche fast fünf Jahre mitnimmt, als Chance bezeichnet, dann ist das wahrlich eine Zumutung!

Zweitens: Natürlich ist es gut, wenn Jugendliche in Ausbildungslehrgängen oder in Stiftungen untergebracht und unterrichtet werden. Es ist besser, als wenn man keinerlei Vorkehrungen für sie trifft. Sie müssen mir aber erklären, meine Damen und Herren, warum Jugendliche in Ausbil­dungslehrgängen im Unterschied zu den Jugendlichen in den Stiftungen bestimmte Vorausset­zungen erfüllen müssen: Für den Lehrgang ist der positive Abschluß der achten oder neunten Schulstufe Voraussetzung, während für die Stiftung die Absolvierung der Schulpflicht 1998 und 1999 Voraussetzung ist. Das heißt: Sie wollen gar nicht die Jugendlichen, die jetzt schon auf der Straße stehen, unterbringen, insbesondere die Jugendlichen, die jetzt die achte oder neunte Schulstufe ohne positiven Erfolg absolviert haben oder vielleicht schon ein oder zwei Jahre warten. Die interessieren Sie überhaupt nicht!

Diese Jugendlichen können weder in einem Ausbildungslehrgang noch in einer Stiftung unterge­bracht werden. – Haben Sie das bedacht, als Sie diese „wunderbare“ Novelle zusammengezim­mert haben und diese eigenartigen Unterschiede zwischen Ausbildungslehrgängen und Stiftun­gen konstruiert haben? Haben Sie irgendwann während der Entstehung dieses „wunderbaren“ Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes diese Zusammenschau der Ministerien betrieben, von der Sie jetzt so groß reden und die die Grundlage dieses Gesetzes bilden soll? Haben Sie das wirklich ernsthaft betrieben? Das können Sie doch nicht ernst meinen!

Meine Damen und Herren! Nächster Punkt: das Procedere. Wir haben das schon im Ausschuß diskutiert, und Kollegin Schaffenrath hat bereits sehr deutlich darauf hingewiesen: Das Bundes­ministerium für Arbeit und Soziales, das diesbezüglich federführend ist, entscheidet nicht allein, sondern in Zusammenarbeit mit zwei weiteren Ministerien. Da sich aber – wie wir aus der Praxis wissen – drei Ministerien miteinander in der Regel nur schwer zu Entscheidungen durchringen, geht die Entscheidungsfindung auf die nächstniedrigere Instanz, die Landesprojektgruppen, über. Da aber auch die Landesprojektgruppen Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung haben, dürfen sie sich zur Beratung über ihre Entscheidungen bestimmter Beratungsinstitutio­nen, die in der Regel – wie ich jetzt einmal blauäugig annehme – sozialpartnerschaftlich be­stimmt sind, bedienen, die ihnen dann bei der Entscheidungsfindung helfen. Falls diese Landes­projekt­gruppen dennoch nicht zu einer Entscheidung kommen, geht das Ganze wieder retour an die drei Ministerien. Falls diese zu einer Entscheidung kommen, die von einer bestimmten Re­levanz ist, dann mischt sich auch noch das Finanzministerium ein und entscheidet mit. Das ist der Ent­scheidungsweg, wie diesen 4 000 Jugendlichen eine Ausbildung vermittelt werden soll!

Meine Damen und Herren! Irgendwo muß es auch Grenzen geben. Das ist ein Muster an büro­kratischen Auswüchsen, die Sie den Jugendlichen in Ihrer eigenen Entscheidungsunfähigkeit als Bundesregierung aufgebrummt haben, offensichtlich weil Sie sich nicht mehr anders zu helfen wissen. Das ist noch das Beste, was man darüber sagen kann. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Ich möchte noch eine Anmerkung machen, obwohl das jetzt nicht unmittelbar zur Debatte steht, aber im Zusammenhang mit den Maßnahmen, die im NAP getroffen worden sind, eine große Rolle spielt: Es wird immer wieder von den großen Chancen für die Jugendlichen gesprochen, die jetzt aufgrund der neuen Berufsbilder, die Sie ausgearbeitet haben, offenstehen. Und in allen Versprechungen in diesem Zusammenhang kommt immer wieder auch das Wort „Flächenbe­rufe“ vor. – Meinen Sie wirklich, daß etwa der Beruf des Systemgastronoms und der Systemga­stronomin, des Sonnenschutzanlagenmonteurs und der Sonnenschutzanlagenmonteurin oder des Gartencenterkaufmanns ein Flächenberuf ist, also ein Beruf, mit dem der oder die Jugend­liche tatsächlich Chancen hat, auch in andere Berufsfelder überzuwechseln? Oder meinen Sie damit vielleicht eher, daß es eine sehr flache Jugendlichen- und Berufspolitik ist, die Sie in diesem Gesetz und auch im NAP in den letzten Monaten entwickelt haben?

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr dafür, daß Sie Maßnahmen, auch gemeinsam mit der Opposition, setzen. Ich habe aber sehr viel dagegen, daß Sie es sich so einfach machen und glauben, daß Sie adäquate Lösungen finden, indem Sie irgendwelche bürokratischen Entschei­dungsinstanzen zurechtzimmern und über diese Entscheidungsinstanzen 4 000 Jugendliche von insgesamt 10 000 Jugendlichen, die wahrscheinlich in diesem Jahr eine Lehrstelle suchen werden, unterbringen. Und dabei wissen Sie nicht einmal, was Sie mit den Jugendlichen nach diesem Jahr machen sollen und reden schon jetzt davon, daß dann möglicherweise um ein Jahr verlängert werden soll. Sie wissen jetzt schon, daß die Jugendlichen, die jetzt keine Chance ge­habt haben, auch in Zukunft wahrscheinlich keine Chance haben werden und vor allem über diese Maßnahmen keine Chance haben können! Glauben Sie wirklich, daß das Maßnahmen sind, mit denen Sie den Jugendlichen ein Recht auf Leben, auf Bildung und auf eine Ausbildung in Berufen, die sie sich zumindest annähernd wünschen, sichern können?(Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

20.46


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Jetzt hat sich Frau Bundesministerin Hostasch zu Wort gemel­det. – Bitte.

20.46


Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch¦: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zu etwas vorgerückter Stunde eingangs einige Bemerkungen zu dem einen oder anderen Debattenbeitrag.

Ich habe den Eindruck, daß nicht allen hier im Hohen Hause die Zukunft der Jugend und deren Ausbildung ebenso wichtig und bedeutend ist wie der Mehrheit dieses Hauses und auf jeden Fall der Bundesregierung. Die Bundesregierung und, wie ich meine, auch die Mehrheit dieses Hauses können nicht zu allem nein sagen. Wir dürfen nicht nur sagen, was alles nicht geht, son­dern wir müssen auch den Mut haben, die eine oder andere neue Entscheidung zu treffen, einen neuen Weg zu gehen, neue Versuche zu machen und aus diesen Versuchen auch zu lernen. Daher bekenne ich mich dazu, daß wir zur Erreichung des Ziels, für die Jugend die bestmög­lichen Chancen für die Zukunft zu eröffnen, auch neue Wege ausprobieren, und zwar in einer verantwortungsvollen Form. Ich meine, in diesem Sinn sind wir auch bei diesem Gesetz vorge­gangen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich bei allen bedanken, die dafür Sorge ge­tragen haben, daß es möglich ist, dieses Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz bereits heute im Hohen Haus zu beraten und zu beschließen. Denn wir haben es in Rekordzeit geschafft, nach der Verabschiedung des Nationalen Aktionsplans für Beschäftigung diesen ersten großen und wichtigen legistischen Schritt zu setzen. Damit wird das, was wir als Auffangnetz für die Schul­abgänger 1998 und 1999 bezeichnen, auf eine gesunde rechtliche und finanzielle Basis gestellt. Daher richte ich noch einmal meinen herzlichen Dank an die Damen und Herren Abgeordneten, aber auch an die Sozialpartner und die betroffenen Ressorts. Es haben, wie schon mehrmals angesprochen wurde, mehrere Ressorts zusammengearbeitet, um die entsprechenden Voraus­setzungen zu schaffen.

Sehr geschätzte Frau Abgeordnete Schaffenrath! Ich möchte ihr, auch wenn sie im Moment nicht im Raum ist, mitteilen, daß ich die Einschätzung des Herrn Abgeordneten Nürnberger teile, daß das duale Berufsausbildungssystem nicht nur in der Vergangenheit und in der Gegenwart ein Kernstück des Berufsausbildungssystems, ein Kernstück für die Facharbeit der Zukunft war und ist, sondern dies auch in Zukunft sein wird. Diese Art der Ausbildung ist ausschlaggebend dafür, daß Österreich vor allem auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit beibehält.

Es ist kein Zufall, daß unser duales Berufsausbildungssystem in der Bewertung der Methoden im Rahmen der Europäischen Union zu den Best-Practice-Methoden gerechnet wird. Es ist auch mit ein Grund, daß Österreich europaweit die niedrigste Arbeitslosenrate hat. – Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich denke, wir sollten zu etwas, was sich bewährt hat, ein klares Bekenntnis ablegen und es nicht krankreden, sondern weiterentwickeln, um die Qualität zu erhalten, die dieses System hat. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich muß auch sagen, es ist meiner Ansicht nach ein Unterschied, ob sich ein Jugendlicher, eine Jugendliche in einem Modell eines dualen Berufsausbildungsweges befindet oder ob er oder sie eine Schule – wie zum Beispiel eine Handelsschule – besucht. Ich bekenne mich dazu, daß diesbezüglich unterschiedliche finanzielle Betrachtungen angestellt werden, und dementspre­chend soll auch die Regelung realisiert werden, wie sie im Jugendausbildungs-Sicherungsge­setz vorgesehen ist.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Es ist die Frage der Vorlehre angesprochen worden. Zu diesem Thema hat es lange Diskussionen gegeben. Wir werden sicherlich unsere Erfahrungen mit der Vorlehre sammeln müssen. Dieses Modell wird jetzt bewußt als ergänzendes Modell in einem Probelauf mit einer Befristung eingeführt. Es stehen auch Befristungen für andere Auf­fangmodelle hier zur Beschlußfassung an. Ich denke, gerade daran sieht man, daß wir uns mit Vehemenz zum dualen System als Kernstück bekennen und aus Alternativmodellen Erfahrun­gen sammeln wollen, um Schlüsse daraus zu ziehen, inwieweit das eine oder andere in das all­gemeine System des dualen Berufsausbildungswesens integriert werden soll.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Im Ausschuß und selbstverständlich auch in der Öffentlich­keit wurde die Frage der Finanzierung thematisiert. Ich darf Ihnen berichten – das möchte ich festhalten und sehr klar zum Ausdruck bringen –, daß dieses Modell, das dazu dient, für etwa 4 000 Schulabgänger des Jahres 1998 und etwa 4 000 des Jahres 1999 durch Stiftungen, Lehr­gänge, Vorlehre und anderes ein Auffangnetz darzustellen, finanziell beziehungsweise budgetär absolut abgesichert ist. Es ist dadurch abgesichert, daß im Budgetansatz für 1998 500 Millionen Schilling für Stiftungen und 100 Millionen für Lehrgänge vorgesehen sind. Es sind deshalb nur 100 Millionen Schilling für Lehrgänge vorgesehen, weil deren Beginn erst im Herbst erfolgen kann, sodaß Mittel in höherem Ausmaß gar nicht eingesetzt werden könnten. Außerdem sind diese Beträge rücklagefähig, damit ein Vortrag auf das nächste Jahr erfolgen kann.

Für das Budgetjahr 1999 ist wieder ein Ansatz von 500 Millionen Schilling für Stiftungen sowie von 400 Millionen Schilling für Lehrgänge vorgesehen. Ein Vortrag von 300 Millionen Schilling auf das Budget 2000 ist gleichermaßen fixiert, aber selbstverständlich kann das Budget des Jahres 2000 jetzt noch nicht beschlossen werden. Aber es wäre nicht das erste Mal, daß eine Vorgabe für ein Budget, das in der Zukunft liegt, bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Daher stehen für dieses Auffangnetz 1,8 Milliarden Schil­ling zur Verfügung. Damit besteht auch die Sicherheit, daß – sollte die Wirtschaft die Erwartun­gen nicht erfüllen können – mit den Incentives, die gegeben wurden – 20 000 S Steuerfreibetrag pro Lehrling für das erste Lehrjahr, Wegfall des Unfallversicherungsbeitrages sowie die Rege­lung in bezug auf den Krankenversicherungsbeitrag –, die Erwartungen und Hoffnungen, die wir alle haben, nämlich daß die Jugendlichen im traditionellen dualen Berufsausbildungssystem ihre Berufschance sehen und ihre Ausbildungschance finden werden, erfüllt werden und dieses Auf­fangnetz hundertprozentig greifen kann. Diese Konzeption sieht vor, daß ab Mitte November die entsprechenden Netze gespannt sind, um der Jugend genau die Chance zu bieten, die der Jugend für die Zukunft zu geben wir verpflichtet sind.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Selbstverständlich sollen diese Vorkehrungen von neuen Lehrberufen begleitet werden, von Berufen mit Perspektiven, mit denen wir neue Chancen durch neue Berufsbilder eröffnen wollen. Diese werden prioritär durch das Wirtschaftsressort, aber darüber hinaus selbstverständlich auch durch mein Ressort entwickelt werden. Ich hoffe, daß es uns gelingen wird – wenn wir uns alle dazu bekennen, gleichermaßen aber auch Druck auf die österreichische Wirtschaft auszuüben, sich entsprechend einzusetzen –, daß unsere Jugend keine Arbeitslosigkeit erleben wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.55


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Antoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.55


Abgeordneter Dr. Dieter Antoni¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die heute zu beschließende Gesetzesmaterie des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes stellt meines Erachtens nach nicht nur eine bedeutende gesellschaftspolitische, sondern auch eine wichtige bildungspolitische Maßnahme dar, die seitens der Arbeitnehmerorganisationen und selbstver­ständlich auch seitens der SPÖ sehr begrüßt wird. Meiner Ansicht nach wird damit der Jugend nicht nur eine Chance auf Ausbildung eingeräumt, sondern dies ist auch ein Schritt in Richtung Recht der Jugend auf Ausbildung.

Zur Erinnerung – die Frau Bundesminister hat schon darauf hingewiesen –: Im Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung ist ein Auffangnetz für jene Jugendlichen vorgesehen, die im Herbst 1998 keinen Lehrstellenplatz vorfinden werden. (Abg. Gaugg: Was soll man denn sonst machen? Sie auf die Straße schicken?) Nunmehr können durch entsprechende Ausbildungspro­jekte – wie Lehrgänge und Lehrlingsstiftungen – jeweils 2 500 beziehungsweise 1 500 junge Menschen geeignete Ausbildungsplätze erhalten. Da es sich in der Regel um einkommens­schwache Gruppen von Jugendlichen handelt, ist auch eine finanzielle Abgeltung für diese Jugendlichen gewährleistet und sichergestellt. Ich halte es auch für besonders wichtig, daß die Lehrgangsteilnehmerinnen und -teilnehmer arbeits- und sozialrechtlich den Lehrlingen gleichge­stellt sind. Selbstverständlich bleibt es das oberste Ziel all dieser Maßnahmen, den jungen Men­schen, wann immer es möglich ist, den Übertritt in ein reguläres Lehrverhältnis zu ermöglichen.

Betonen möchte ich auch, daß in einer Ausschußfeststellung festgehalten ist, daß die räumlichen Kapazitäten aller Schulen für die Ausbildungszwecke dieser Lehrgänge selbstver­ständlich un­entgeltlich genützt werden können. Ebenso halte ich es für wichtig, daß in Lehr­gänge, aber auch in Lehrlingsstiftungen Berufsschullehrer eingebunden werden und daß auch entsprechende Fachlehrpläne zu adaptieren beziehungsweise neu zu erstellen sind.

Kollege Öllinger! Ich meine, man sollte die Vorlehre auch als Alternative zur weiterbildungslosen Hilfsarbeit verstehen (Abg. Öllinger: Er verteidigt sie auch noch!), um besonders benach­teiligten Jugendlichen einen gewissen Standard an beruflicher Qualifizierung zu ermöglichen. (Abg. Öllinger: Da gibt es keinen Unterschied, außer daß er weniger bezahlt bekommt!)

Meine Damen und Herren! Ich habe eine sehr beschränkte Redezeit und komme schon zum Schluß. Alle genannten Maßnahmen – Lehrgänge, Lehrlingsstiftungen, Vorlehre – sind zusam­men mit den im Schulunterrichtsgesetz vorgesehenen Maßnahmen – der Sistierung des Repe­tierverbots in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, aber auch der Möglichkeit des Nachholens des Hauptschulabschlusses – eine Chance, der Jugend ihr Recht auf Ausbildung zu sichern. (Beifall bei der SPÖ.)

20.58


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. 4 Minuten frei­willige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.59


Abgeordneter Reinhart Gaugg¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmini­ster! Geschätzte Damen und Herren! Grund zum Jubel besteht überhaupt nicht. Was hier gelobt wird, ist nichts anderes als ein Notprogramm zur Lehrlingsbeschäftigung. Das Versagen der Bundesregierung, die verfehlte Wirtschaftspolitik, die unattraktiven Lehren, der Verlust des Sozialprestiges für Lehrlinge, eine Einkommenssituation für Facharbeiter gerade auch im öffent­lichen Dienst, die jeder Beschreibung spottet – das sind die Ursachen! (Abg. Kiermaier: Das ist ein Schmarr’n! – Zwischenruf des Abg. Donabauer.)

In Wirklichkeit ist es so, daß es im Augenblick keine Alternativen gibt – außer jener, die Jugend­lichen tatsächlich auf der Straße stehenzulassen. Das ist bei Gott keine besondere Leistung, weil ja außerdem noch immer die Frage der Finanzierbarkeit im Raum steht. Wenn wir in Be­tracht ziehen, daß für 4 000 Jugendliche 1,8 Milliarden Schilling in zwei Jahren benötigt werden (Bundesministerin Hostasch: Jeweils!), jeweils 1,8 Milliarden, und wenn wir dazu beachten, daß für 1 850 Jugendliche im Jahre 1997 schon 1,1 Milliarden Schilling verwendet werden mußten, dann zeigt sich, daß da sicherlich noch eine Lücke zu schließen sein wird. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Darüber hinaus ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund Lehrgangsteilnehmer mit positi­vem Schulabschluß 2 000 S monatlich bekommen – und im Gegensatz dazu jemand mit negati­vem Schulabschluß, der in eine Lehrlingsstiftung kommt, 2 985 S verdient. Da versteht wirklich überhaupt niemand mehr, wie da herumgerechnet wird!

Weil heute die „Seriosität der Bundesregierung“ vom Abgeordneten Nowotny mehrfach hervor­gehoben worden ist, möchte ich folgendes klarstellen: Vor der Ausschußsitzung gab es einen Antrag betreffend Lehrlingsbeschäftigung mit einer Förderungssumme von 500 Millionen Schil­ling. Während der Ausschußsitzung ist man draufgekommen, daß es eigentlich gescheiter wäre, es für 4 000 Lehrlinge zu machen und 1,8 Milliarden Schilling vorzusehen. – Frau Bundesmini­ster, das war so! Wir von der Opposition haben diese Unterlagen erst während der Ausschußsit­zung bekommen. Das ist Ihre Form „seriöser“ Politik und „wirtschaftlicher“ Maßnahmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch die Vorlehre muß hinterfragt werden. Damit öffnet man ein Tor, das man besser nicht ge­öffnet hätte, und zwar aus folgendem Grund: Sie haben heute die größten Probleme, Lehr­linge mit seriösen und soliden Abschlußzeugnissen unterzubringen. Jetzt wollen Sie auch noch die anderen zusätzlich auf den Arbeitsmarkt bringen! Dazu kann ich Ihnen nur „viel Vergnügen!“ wünschen, denn das wird Ihnen mit Sicherheit nicht gelingen. Es wird zu nichts anderem kommen, als daß auf diese Weise billige Aushilfskräfte herangezogen werden.

Zum dualen Ausbildungssystem bekennen wir uns mit einem deutlichen Ja! Aber man sollte sich einmal überlegen, ob nicht Blockschulzeiten forciert werden sollten. Die unsinnigen wöchent­lichen – jeweils eintägigen oder eineinhalbtägigen – Schulzeiten, die ständig dem Lehrling ... (Abg. Kiermaier: Das wird ja geändert!) Ja, in einzelnen Teilbereichen, aber warum erweitert man das nicht, Frau Bundesminister?

Es ist immer wieder so: Aus der Not geboren, werden bei uns Gesetze beschlossen! Wenn wir jetzt keine Lehrstellen zur Verfügung haben, dann werden die Schulabgänger in irgendwelchen dubiosen Kursen weiterbeschäftigt. Es ist geradezu absurd, wenn Lehrlingsförderungen ins Leben gerufen werden, die jene Betriebe, die ständig Lehrlinge ausbilden, ausschließen, und wenn andere Firmen aufgrund der finanziell lukrativen Angebote frische Lehrlinge nur deshalb nehmen, weil sie eine finanzielle Zubuße erhalten.

Das ist eine Ungerechtigkeit, die – Gott sei Dank! – abgeschafft wurde. Aber es gibt viele Be­reiche, von denen ich überzeugt bin, daß die Wirtschaft heute bereit wäre, mehr Lehrlinge aus­zubilden, wenn – ich sage es noch einmal – ein entsprechendes Einkommen gesichert ist und wenn es auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zulassen. Wenn ich allein daran denke, daß ein Unternehmen in der Tischlereibranche mit 80 Mitarbeitern für die Evaluierung jährlich 150 000 S aufzuwenden hat, muß ich sagen: Das ist skandalös! Denn, liebe Frau Minister, das Geld könnte viel vernünftiger für Lehrlinge verwendet werden, und das wäre ein sinnvoller Bei­trag zur Jugendbeschäftigung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.03


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.03


Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Manchmal fühle ich mich nutzlos“, ist heute ein Artikel in der „Presse“ betitelt. Ich zitiere weiter: „Zornig und ratlos – das sind die Jugendlichen, die auf ihre Lehrstelle warten müssen.“

Die Volkspartei hat das herankommende Problem frühzeitig erkannt, und wir arbeiten seit Jahren hartnäckig an der Verbesserung der Rahmenbedingungen für die duale Ausbildung. Tat­sächlich ist uns vieles gelungen. Die Schulabgänger der Jahre 1998 und 1999 stellen uns aber neuerlich vor große Heraus­forderungen, und wir sind gefordert, das brennende Problem der Ju­gend­­beschäftigung zu lösen. Dabei muß die duale Ausbildung nach wie vor im Zentrum unseres Interesses stehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die im Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz vorgesehenen Lehrgänge und Lehrlingsstiftungen für Jugendliche, die trotz aller Bemühungen keinen Ausbildungsplatz finden können, können lediglich als das gesehen werden, was sie auch sind: als ein Auffangnetz, quasi als Ultima ratio für alle Fälle. Bei der Errichtung von Auffangnetzen hofft man aber, daß sie nie zum Einsatz kommen – man denke nur an ein Netz unter dem Hochseil. Ich warne daher vor jeder Euphorie. Man kann Lehrplätze auf Dauer nicht kaufen.

Sollten tatsächlich 6 000 der potentiell betroffenen Jugendlichen in zwei Jahren das Auffangnetz nutzen, so berechnen sich die Kosten pro Lehrling und Monat auf 12 000 S bis 18 000 S. Ich meine, daß man mit diesem Geld auch sehr viele echte Lehrplätze in Ausbildungsbetrieben schaffen könnte. Aufgrund der hohen Kosten müssen wir daher alles unternehmen, um doch noch zusätzliche Betriebe zur Ausbildung zu motivieren.

Es scheint mir ein guter Vorschlag der Bundeswirtschaftskammer zu sein, den Einsatz von sogenannten Lehrplatzentwicklern vorzusehen. (Beifall bei der ÖVP.) Diese sollen in die Be­triebe gehen und versuchen, neue Lehrplätze zu entwickeln. Solche „lebende Lehrstellenbörsen“ sollten der Wirtschaft beratend zur Seite stehen und den Betrieben die Vorteile einer Lehrlings­ausbildung entsprechend erläutern.

Ein zweiter positiver Ansatz scheinen mir die Bemühungen des Wirtschaftsministers, neue Lehrberufe zu schaffen. Allein im letzten Jahr ist es gelungen, 31 neue Lehrberufe einzu­führen. Berechnungen haben ergeben, daß diese 31 neuen Lehrberufe ungefähr 1 000 neue Lehrstellen schaffen können. Ich meine, das ist der richtige Weg. Er ist gescheit, und im übrigen kostet er nichts.

Die Einführung der Vorlehre bietet vor allem jenen Jugendlichen die Chance einer Ausbildung, die bisher keine Beschäftigung finden konnten. Vor allem lernschwächeren Jugendlichen soll die Chance geboten werden, im Rahmen der Vorlehre einen Abschluß zu erreichen.

Insgesamt ist die Bundesregierung sehr wohl gefordert, durch eine umfassende Informations- und Imagekampagne für die Schaffung von Lehrstellen in der Wirtschaft zu werben. Probleme auf dem Lehrstellenmarkt können auf Dauer – das hat eine Vorrednerin, Frau Kollegin Tichy-Schreder, schon gesagt – nur gemeinsam mit den Unternehmen gelöst werden. Wenn uns dies gelingt, so bleibt der heutige Beschluß das, was er sein soll: ein Fangnetz, das hoffentlich nie zum Tragen kommen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

21.07


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Blünegger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.07


Abgeordneter Anton Blünegger¦ (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Wir Freiheitlichen bekennen uns zum dualen Ausbildungssystem. Das kann ich Frau Kollegin Schaffenrath gegen­über nur immer wieder bestätigen. Auch im Ausschuß haben wir immer wieder gesagt, daß das unsere Linie ist.

Aber wenn wir heute über das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz diskutieren, so glauben wir, daß sich dieser Gesetzestext auf jene Regelungen beschränkt, die unbedingt notwendig sind, damit die zusätzlichen 500 Millionen Schilling zwischen 1998 und dem Jahre 2002 an Bei­hilfen für die Schaffung von Jugendausbildungsplätzen ausgeschüttet werden können.

Wir erwarten aber wieder rund 36 000 Lehrstellensuchende – und das bei einer Arbeitslosenrate im Ausmaß von 218 891 Arbeitslosen Ende Mai 1998. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg um 3,7 Prozent, und das sind um 7 898 Arbeitnehmer mehr, die arbeitslos ge­worden sind. Dazu kommen noch die Absolventen der berufs- und allgemeinbildenden Schulen sowie Schüler, die wegen des angespannten Arbeitsmarktes freiwillig eine weiterführende Schule besucht haben.

Die SPÖ/ÖVP-Koalition hat die Entwicklung der Lehrberufe im Nationalen Aktionsplan festgelegt und ihr große Bedeutung zugeordnet. Aus dem Sozialministerium wurde sogar verkündet, daß die Arbeitsgruppen nach Pfingsten umgehend Maßnahmen präsentieren werden, um das Pro­blem der Lehrberufe endlich einmal auszuräumen. Das einzige jedoch, was bisher präsentiert worden ist, sind Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Koalitionspartnern, meine sehr geschätz­ten Damen und Herren! (Abg. Dr. Feurstein: Nein, das ist nicht wahr!) Wenn man im Wirt­schaftsausschuß dabei ist, hört man, daß sich Minister Farnleitner darauf ausredet, daß im Sozialministerium nichts weitergeht. Und wenn man im Sozialausschuß sitzt, hört man, daß im Wirtschaftsbereich nichts weitergeht.

Meine Damen und Herren! Das ist meiner Meinung nach ein Thema, von dem heute zu sagen ist: Wir stehen nicht mehr fünf Minuten vor, sondern bereits fünf Minuten nach zwölf. Die Maß­nahmen aus diesem Gesetzentwurf sind nach unserem Dafürhalten nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die tiefergehenden, strukturellen Gründe dafür, daß das Lehrstellenangebot noch immer so gering ist, bleiben nach wie vor unbehandelt. Dennoch werden wir dieser Gesetzes­vorlage zustimmen, meine Damen und Herren! Dieses Gesetz dient zwar dazu, Regierungsver­säumnisse zu reparieren, aber es liegt doch im Interesse der Lehrlinge, der Arbeitnehmer.

Was ich außerdem kritisieren muß, ist, daß durch dieses Gesetz die Tendenz verstärkt wird, daß die Wirtschaft Ausbildungsmöglichkeiten nur noch zur Verfügung stellt, wenn diese entspre­chend hoch gefördert werden. Auch das ist sicherlich nicht der richtige Weg. Ich mache diesen Zustand nicht einmal der Wirtschaft direkt zum Vorwurf, sondern sage: Das ist ein Versäumnis der großen Koalition. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Uns Freiheitlichen ist klar: Die Lehrlinge sind die Facharbeiter von morgen. Ich glaube nicht, daß es im Interesse unserer Wirtschaft wäre, wenn ein zukünftiger Facharbeitermangel in Österreich sozusagen nur durch Import minderqualifizierter ausländischer Facharbeiter auszugleichen wäre. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.12


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.12


Abgeordnete Marianne Hagenhofer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Diskussion der letzten zwei oder zweieinhalb Stunden nachvollzieht, kann man feststellen, daß eigentlich nur Negatives über die Arbeit der Regierung gesagt wurde. Wenn ich daran denke, wie Österreich international hinsichtlich der Ar­beitslosenrate dasteht, so muß ich sagen, daß die Arbeit der Regierung nicht so negativ sein kann, wie Sie von der Opposition sie kritisieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das fängt schon bei Kollegin Haidlmayr an, wenn sie neuerlich sagt, daß die geschützten Werk­stätten alle schlecht wären und wir integrative Arbeitsplätze bräuchten. Frau Kollegin Haidl­mayr – sie ist jetzt nicht da, vielleicht hört Sie mich trotzdem! Integrative Arbeitsplätze sind gut und schön, wenn sie zur Verfügung stehen. Wenn sie aber nicht zur Verfügung stehen, dann ist es sehr gut, daß es geschützte Werkstätten gibt, weil ja die Behinderten von der Ausgleichstaxe, die bezahlt werden muß, nichts bekommen. Die Behinderten wollen arbeiten, und in den ge­schützten Werkstätten können sie arbeiten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Damit sind wir schon beim zweiten Punkt. Der Arbeitsmarkt braucht jetzt – wie schon in den letzten Jahren – qualifizierte Arbeitskräfte. Niemand mit schlechter oder geringer Qualifikation hat derzeit Chancen, sich überhaupt bewerben zu können. Wenn jetzt eine Möglichkeit geschaf­fen wird, daß Personen mit persönlichen Vermittlungshemmnissen – das heißt, wenn sie phy­sisch oder psychisch behindert sind – vielleicht doch den Weg in die duale Ausbildung schaffen, und zwar über den Bereich der sogenannten Vorlehre, dann kann das doch bitte nicht so schlecht sein, wie Sie es hier und heute immer wieder dargestellt haben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist schlichtweg so, daß es Jugendliche gibt, die in der Entwicklung etwas später dran sind als andere, die eine verzögerte Entwicklung haben. Wenn durch die Vorlehre die Möglichkeit ge­schaffen wird, daß ein solcher Jugendlicher/eine solche Jugendliche mit 16 Jahren soweit ist, daß er beziehungsweise sie einen Lehrberuf antreten kann, und wenn diese Zeit auch ange­rechnet wird, dann kann das doch auch nicht so verkehrt und schlecht sein!

Da außerdem kritisiert wurde, daß im Zuge derartiger Ausbildungsmaßnahmen sozusagen nur erfahrene Bildungseinrichtungen zum Tragen kommen, möchte ich hier und heute sagen: Es ist das erste Mal, daß wir finanzielle Unterstützung nicht zur Investition in Maschinen, sondern für Menschen geben. Jene Bildungseinrichtungen, die Investitionen bereits getätigt haben, können sofort mit Maßnahmen starten. Andere Bildungseinrichtungen würden erst Investitionen tätigen müssen. Seitens der Bundesregierung heißt es: Investitionen für Investitionen – zu diesen Zwecken dürfen diese Geldmittel nicht verwendet werden. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.15


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.15


Abgeordneter Mag. Helmut Peter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal ein Kompliment an die Bundesregierung: Sie hat sicherlich den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit zu ihrem Ziel gesetzt. – Sie haben also das Ziel erkannt. Die Frage ist nur: Haben Sie dieses Ziel auch erreicht, sind die Maßnahmen, die Sie setzen, sinnvoll, und werden sie der Zielerreichung dienen?

Sie gehen nun – nach 1997 – in den Jahren 1998 und 1999 ein zweites Mal einen sehr kost­spieligen Weg, einen Weg, mit dem 4 000 Arbeitsplätze geschaffen werden sollen, und das kostet in zwei Jahren pro Platz rund 500 000 S, also eine Viertelmillion Schilling pro Jahr und Platz. Frau Bundesminister! Sie gehen einen Weg der Wettbewerbsverzerrung zwischen jenen Lehrbetrieben, die ganz selbstverständlich nach wie vor junge Menschen aufnehmen, und denen, die darauf warten, was es denn da zu ernten gibt, wenn ein junger Mensch vorher eine Lehrlingsstiftung oder einen Lehrgang besucht hat, wenn man sich ein erstes Lehrjahr oder einige Schulmonate sparen kann.

Sie haben zwar erkannt, daß Jugendarbeitslosigkeit das größte Gift für eine Gesellschaft ist, sind aber trotz allem Bekenntnis zur dualen Ausbildung – wie es Nürnberger und viele andere hier immer wieder abgelegt haben – nicht wirklich dazu bereit, an einer Reform der dualen Ausbildung zu arbeiten. Sehen Sie doch ein, daß die duale Ausbildung in dieser Form jedes Jahr weniger junge Menschen in Ausbildung bringen wird!

Diese Form der dualen Ausbildung, wie Sie sie jahrzehntelang mit Kosten und Reglementierun­gen überfrachtet haben, wird immer weniger greifen, wenn Sie nicht den Mut haben, sie wirklich einer Reform zu unterziehen und zu verstehen, was steirische Landtagsabgeordnete – das sei Dr. Trinkl ins Stammbuch geschrieben – schon vor eineinhalb Jahren mitangedacht haben, daß wir nämlich Lehr- und Schulzeit in der dualen Ausbildung entkoppeln müssen. Das sind zwei Paar Schuhe!

Jetzt tun Sie das ja in den Modellen, die Sie vorschlagen, Frau Bundesminister! Sie entkoppeln sie bei der Lehrlingsstiftung, Sie entkoppeln sie bei den Lehrgängen, wenn Sie sagen, daß der Lehrling auch noch im Betrieb arbeiten soll. Er wird dort den Status eines Praktikanten haben und viel billiger als ein anderer Lehrling sein, für den man auch sämtliche Schulzeiten als Lehr­lingsentschädigung zahlen muß.

Verstehen Sie doch einmal, daß nur diese Entkoppelung zwischen der Berufsschulzeit und der Lehrzeit den Weg dafür freimacht, die Lehre tatsächlich als neue, integrative dritte Säule der sekundären Bildungsstufe zu etablieren! Sie müssen die Berufsschulen reformieren. Dort wird teilweise gut unterrichtet, aber teilweise wird auch sozusagen der Schrott der Vergangenheit unterrichtet. Wir brauchen keine Berufsschule, in der die Weisheit der achtziger Jahre verkündet wird, sondern eine, in der jungen Menschen das Jahr 2000 und die Zukunft erklärt wird!

So muß auch die Ausbildung sein. Investieren Sie dort Ihre Mittel in die Berufsschulen! Ent­koppeln Sie Berufsschulzeit und Betriebszeit! Dann können Sie auch die Berufsschulzeit da oder dort – wo es notwendig, wo es sinnvoll ist, wo das junge Mädchen oder der junge Bursch es will – in einem modulartigen System verlängern.

Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir werden dazu kommen – das ist ein Thema für den Unterrichtsausschuß –, daß es in Österreich eine Ausbildungspflicht bis zum 18. Le­bensjahr gibt. Die Welt wird immer komplexer. Der Bürger der Europäischen Union muß Fremd­sprachen können.

Die Osterweiterung können wir nur bestehen, wenn wir unseren jungen Menschen zumindest Grundkenntnisse der Sprachen beibringen: in Kärnten ein bißchen Slowenisch, in der Steier­mark ebenfalls ein wenig Slowenisch, im Burgenland etwas Ungarisch, und in Oberösterreich wird es etwas Tschechisch sein. Dann wird es eine wirkliche Osterweiterung geben, dann wer­den wir auch weiteres Verständnis haben. Das heißt, das Ausbildungsbedürfnis der jungen Men­schen wird tatsächlich immer größer. Aber so, wie wir das duale Ausbildungssystem handhaben, wird es meiner Ansicht nach immer weniger Zukunft haben.

Frau Bundesminister Hostasch hat wörtlich gesagt: den Mut haben, neue Entscheidungen zu treffen, neue Versuche zu wagen, neue Weg zu beschreiten. – Frau Bundesminister! Das waren Worte. Mit dem aber, was Sie uns hier vorlegen, geben Sie viel Geld aus, erreichen kurzfristig ein Strohfeuer, aber mittelfristig schaden Sie sogar in der Sache! (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.20


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Murauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.20


Abgeordneter Walter Murauer¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Ziel der Österreichischen Volkspartei und der Bundesregierung war klar: Wir müssen unseren Jugendlichen Ausbildung und Lehrplätze geben. Trotz der Unken­rufe der Opposition: Es wurden klare Schritte gesetzt, Schritte, die es der Wirtschaft besser er­möglichen und die die Wirtschaft dazu animieren, Lehrlinge auszubilden. – Die Wirtschaft hat darauf reagiert, und wir haben mehr Lehrplätze bekommen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich erinnere daran, daß es ganz wichtig war, der Vorlehre Rechnung zu tragen, um auch Min­derbegabten eine Ausbildung ermöglichen zu können. Das ist notwendig, Frau Schaffenrath, auch wenn Sie es nicht einsehen wollen! Wir haben für diese neue Berufsbilder geschaffen, die gleichzeitig den wirtschaftlichen Anforderungen entsprechen.

Ich möchte weiters daran erinnern, daß das Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz korrigiert wurde, was ebenfalls Bürokratieabbau und Hindernisabbau für die Wirtschaft bedeutet hat. (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Peter.) Herr Kollege! Die Wirtschaft hat jetzt einen Lehrlingsfreibetrag von 20 000 S. Die duale Berufsausbildung in Österreich, die sich international und selbstver­ständlich national bewährt hat, wurde abgesichert, sodaß die Ausbildung und die Beschäftigung der Jugendlichen in unserem Land Zukunft hat! (Beifall bei der ÖVP.)

Heute beschließen wir ein zeitlich begrenztes Gesetz, um jenen Jugendlichen eine Ausbildung zu garantieren, die keine Möglichkeit haben, einen Lehrplatz zu bekommen. Insbesondere freue ich mich, daß meine Heimatstadt Steyr bereits darauf reagiert und in der Stiftung ein Programm vorgelegt hat, das sich sehen lassen kann. Kollege Nürnberger, Sie haben von Krisengebieten gesprochen, in denen es Stiftungen gibt. Ich möchte das für Steyr sicherheitshalber korrigieren: Das ist kein Krisengebiet mehr, wir sind bereits weit über die Krise hinweg! Dort werden zu­kunftsorientierte Berufe angeboten, damit diese jungen Leute auch weiterhin eine Chance haben, beschäftigt zu sein und in die Wirtschaft aufgenommen zu werden.

Meine Damen und Herren! Einen Wermutstropfen möchte ich erwähnen: die Nachtruhezeit für die Gastronomie. In diesem Bereich müssen wir noch Korrekturen vornehmen und ein Signal setzen. Ich ersuche Sie, zu ermöglichen, daß wir auch diese Regelung noch vor dem Sommer erledigen können, daß die Jugendlichen bis 23 Uhr arbeiten dürfen und dafür bis 7 Uhr morgens ihre Ruhe haben. Denn die Gastronomie braucht das – und die Jugendlichen wollen das auch! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir werden weiterarbeiten müssen, wir werden weiter reformieren müssen, wir werden insbesondere unsere Wirtschaft zu befähigen haben, daß sie unsere Lehr­linge ausbilden will und auch ausbilden kann. Meines Erachtens ist die Wirtschaft dazu bereit. (Beifall bei der ÖVP.)

21.24


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Da kein Schlußwort des Herrn Berichterstatters stattfindet, treten wir sogleich in das Abstim­mungsverfahren ein, und ich bitte, zu diesem Zweck den jeweiligen Platz einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1261 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf stimmen wollen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte daher jene Damen und Herren, die dem Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustim­mung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht durch die Mehr­heit.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1262 der Beilagen.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte Sie, so Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht durch die Mehrheit.

Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

18. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1105 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird (1130 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1049 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungs­gesetz geändert wird (1131 der Beilagen)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich rufe nun die Punkte 18 und 19 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten daher in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.27


Abgeordneter Mag. Helmut Peter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Eine kurze letzte Wortmeldung: Sie haben mit dem Landarbeitsgesetz wieder nichts anderes gemacht, als eine EU-Richtlinie umzusetzen, was an sich ja löblich ist. Um das Ganze durchzuführen, brauchen Sie allerdings so viel Papier (der Redner hält einen Stoß schrift­licher Unterlagen in die Höhe) und zusätzlich noch neun Landesgesetze! Daher werde ich werde nicht müde werden, hier im Hohen Hause immer darauf hinzuweisen, daß es nicht genügt, von Entbürokratisierung zu reden, sondern daß man Entbürokratisierung leben muß.

Haben Sie nicht gesagt, daß Sie ein einheitliches Arbeitnehmerrecht wollen? Gehören die Land­arbeiter da nicht dazu? Warum machen Sie dann für 30 000 Landarbeiter, also eine sinkende Anzahl von Mitarbeitern, ein so umfangreiches Bundesgesetz, zu welchen noch neun Landesge­setze hinzukommen, Frau Bundesminister? Das ist Ihre Bürokratiereform? Damit schaffen Sie Beschäftigung, da haben Sie recht: Sie beschäftigen viele Menschen damit, das umzusetzen! Ist das Ihre Art der Politik, Bürokratie zu erzeugen, weil Sie nicht in der Lage sind, eine Frage für 30 000 Landarbeiter im normalen Arbeitsrecht zu regeln, weil das halt zufällig Landessache ist? Da müssen dann neun Landtage Gesetze beschließen, damit diese neun Landtage begründen können, warum sie überhaupt existieren!

Meine Damen und Herren! Das ist der Skandal bei dieser EU-Anpassung. Zu dieser Art und Weise der Gesetzgebung sagen Sie in Sonntagsreden, daß es zu einer Entbürokratisierung und zu einer Einschränkung der Gesetzesflut kommen wird, aber jetzt machen Sie genau das Ge­genteil! Das ist der Weg dieser Bundesregierung: Am Sonntag reden Sie schön, und um 21.30 Uhr am Abend beschließen Sie dann so einen Unsinn! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

21.29


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grabner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.29


Abgeordneter Arnold Grabner¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute beschäftigen wir uns mit der Landarbeitsgesetz-No­velle: Dabei wurden Grundsätze zur Umsetzung folgender EU-Richtlinien aufgestellt: der techni­schen Arbeitnehmerschutz-Richtlinie, der Mutterschutzrichtlinie, der Arbeitszeitrichtlinie und der Jugendarbeitszeitrichtlinie.

Eine weitere Zielvorgabe dieses Entwurfes ist die Angleichung der Rechtsstellung der Land- und Forstarbeiter an die der Arbeitnehmer, die dem Urlaubszeitgesetz und dem Arbeitszeitgesetz unterliegen. Die Arbeitszeitrichtlinie und die Jugendarbeitszeitrichtlinie wurden analog in der Ar­beitszeitgesetz-Novelle und der Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz-Novelle umgesetzt. Die mit der Arbeitszeitgesetz-Novelle eingeführten flexibleren Gestaltungsmöglichkeiten hin­sichtlich der Arbeitszeit, wie zum Beispiel Gleitzeit oder Durchrechnungsmodelle, wurden, soweit sie für die Land- und Forstwirtschaft relevant sind, in den Abschnitt Arbeitnehmerschutz aufge­nommen, wobei wesentlich ist, daß die tägliche Arbeitszeit erstmals absolut begrenzt wird.

Meine Damen und Herren! Im Entwurf finden sich Maßnahmen für die Durchführung zur Verbes­serung der Sicherheit und des Gesundheitszustandes der Arbeitnehmer bei der Arbeit in Form von Rahmenrichtlinien, die durch zwölf Einzelrichtlinien im Detail geregelt werden. Meiner Über­zeugung nach stellt die Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch che­mische, physikalische und biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit einen Rahmen dar, der durch vier Einzelrichtlinien näher ausgeführt wird und ein richtiger Weg für die Zukunft des Arbeits­schutzes ist.

Der Entwurf zur LAG-Novelle beinhaltet die Umsetzung der Grundsätze dieser Richtlinien im Be­reich des technischen Dienstnehmerschutzes für Landarbeiter, soweit die Regelungen der Richtlinien für die Land- und Forstwirtschaft von praktischer Bedeutung sind. Von besonderer Bedeutung ist, daß die angeführten Richtlinien zum Dienstnehmerschutz von einem umfassen­den Verständnis des Dienstnehmerschutzes ausgehen und insbesondere auch Fragen der Ar­beitsorganisation, der physischen Belastung und des Einflusses der Umwelt auf den Arbeitsplatz berücksichtigen.

Meine Damen und Herren! Jetzt noch ein paar Worte zur Land- und forstwirtschaftlichen Berufs­ausbildungsgesetz-Novelle: Mit dieser Novelle soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Aus­führungsgesetzgebung bestimmter Lehrberufe aus anderen Rechtsbereichen, insbesondere aus dem gewerblichen Bereich, mit jener der land- und forstwirtschaftlichen Bereiche verwandt zu stellen und gleichzeitig auch das Ausmaß der Anrechnung der Ausbildungszeiten festzulegen. Die derzeitige Rechtslage bei der Anerkennung von Lehrlingsausbildungen im gewerblichen und land- und forstwirtschaftlichen Bereich war unbefriedigend. Dieser Mangel soll nunmehr durch diese Novelle beseitigt werden.

Meine Damen und Herren! Mit dieser Gesetzesänderung kann eine größere Mobilität und Flexi­bilität in der Lehrlingsausbildung und im beruflichen Bereich erreicht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

21.32


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.32


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gelange jetzt tatsächlich zum dritten Mal zu Wort, es handelt sich ja auch um Sozialdebatten.

Die Regierungsvorlage, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird, beinhaltet im Prin­zip nichts anderes als Änderungen gemäß den EU-Richtlinien. Diese Änderungen hätten aber auch schon im Jahre 1995 vorgenommen werden können.

Schwerpunkte darin sind der Arbeitnehmerschutz, die Kinder- und Jugendbeschäftigung sowie der Mutterschutz. Die neuen Vorschriften bewirken, ähnlich wie in der gewerblichen Wirtschaft, ein Mehr an Bürokratie, und sie verursachen auch mehr Kosten.

Familienmitglieder oder familieneigene Dienstnehmer sind allerdings zum größten Teil bezie­hungsweise zur Gänze ausgenommen. Im § 3 heißt es: „Von diesem Bundesgesetz sind, unbe­schadet des Abs. 3, die familieneigenen Dienstnehmer ausgenommen.“

Für familieneigene Dienstnehmer – Ehegatten, Kinder, Kindeskinder, Schwiegersöhne, Schwie­gertöchter, Eltern und Großeltern – gilt dieses Gesetz also nicht. Wenn es so viele Ausnahmen gibt, durch welche der betroffene Personenkreis derart eingeschränkt wird, erheben sich schon folgende Fragen: Warum brauchen wir dieses Gesetz überhaupt? Ist es nicht überhaupt über­flüssig? Was ist, wenn der Knecht noch adoptiert wird? Dann bleibt ja überhaupt niemand mehr übrig! Dann hat dieses Gesetz ja überhaupt keinen Sinn!

Meiner Ansicht nach stellt das eine Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer dar. Der Arbeitneh­merschutz im Bereich der Gebietskörperschaft ist im Prinzip nicht gegeben. Das sind die zwei gravierenden Punkte, und deswegen werden wir dieser Regierungsvorlage auch nicht zustim­men. Meiner Überzeugung nach muß Arbeitnehmerschutz für alle gleich, aber auch sinnvoll sein.

Zur Regierungsvorlage das Land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsgesetz betreffend nur einen kurzen Satz: Die Ausbildungsformen im Bereich des Gewerbes und der Landwirt­schaft werden durch diese Regierungsvorlage kompatibler gemacht. Das ist positiv. Deswegen werden wir dieser Regierungsvorlage unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

21.35


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dona­bauer. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.35


Abgeordneter Karl Donabauer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Mit dieser Gesetzesvorlage werden im Bereich der Landarbeitnehmer die technische Arbeitneh­merschutzrichtlinie, die Mutterschutzrichtlinie, die Arbeitszeitrichtlinie und die Jugendarbeits­schutzrichtlinie, die in der EU umgesetzt werden, geregelt. Weiters soll die Angleichung der Rechtsstellung der Land- und Forstarbeiter an die jener Arbeitnehmer erfolgen, die dem Ur­laubszeitgesetz und dem Arbeitszeitgesetz unterliegen. (Abg. Mag. Peter: Nicht das ganze Ge­setz vorlesen!)

Herr Abgeordneter Peter! Mir tut leid, daß Sie sich hier herstellen und das Gesetz zwar herzei­gen, um dessen Umfang zu demonstrieren, sich mit dem Inhalt dieses Gesetzes aber offen­sichtlich nicht befaßt haben! Sie sind einer von jenen gewesen, die von hier aus den Föderalis­mus mit Füßen getreten haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Peter: Und Sie sind ein scheußlicher Bürokratieerzeuger!)

Ich sage Ihnen ganz offen, was Sie wollen: Sie wollen auf der einen Seite Föderalist sein, auf der anderen Seite aber Zentralist! Föderalismus ist jedoch unteilbar, Herr Mag. Peter! Diese Lehre können Sie aus dieser Debatte ziehen und mit nach Hause nehmen!

Die Arbeitszeitflexibilisierung wird hier in einer Grundsatzregelung erledigt, die Umsetzung hat aber natürlich auf Länderebene zu erfolgen, und zwar deshalb, weil dort den spezifischen Gege­benheiten und Anforderungen besser entsprochen werden kann. – Das ist der Sinn der Sache, und das hat nichts mit Ihrer Polemik zu tun, die Sie hier vorgetragen haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Des weiteren wird die Tagesarbeitszeit neu geregelt. All das steht im Gesetz, und in Anbetracht der vorgerückten Zeit werde ich Ihnen Erläuterungen dazu ersparen.

Außerdem wird die Wochenarbeitszeit jetzt grundsätzlich mit 40 Stunden festgelegt; für alle Dienstnehmer, die in Hausgemeinschaft mit dem Dienstgeber leben, dürfen es noch 42 Stunden sein. Im Zusammenhang mit dem Arbeitnehmerschutz wird darauf hingewiesen, daß der zen­trale Ansatz für Sicherheit, Gesundheitsschutz und umfassenden Arbeitsschutz auf betrieblicher Ebene liegt.

Herr Abgeordneter Dolinschek hat hier gemeint, daß er mit dem Begriff „familieneigene Dienst­neh­mer“ nichts anfangen könne. – Herr Dolinschek, Sie haben dann auch von „Arbeitnehmern“ ge­sprochen. Ich möchte Sie darauf hinweisen, daß es im Gesetz „Dienstnehmer“ heißt. Und es ist ganz einfach: Familieneigene Dienstnehmer sind all jene, die in der Familiengemeinschaft leben und für welche die disziplinären Dienstgebervoraussetzungen nicht gelten. (Abg. Dolin­schenk: Wer bleibt dann noch übrig?) Aus diesem Grund – das steht genau im Gesetz – haben sie den Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht zu unterliegen. Das ist eine gute Sache, mit der wir leben, Sie müssen das halt noch lernen! (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger.)

In der Novelle zum Berufsausbildungsgesetz geht es darum, daß Voraussetzungen für die ge­genseitige Anrechnung von Lehrausbildungen im gewerblichen und land- und forstwirtschaft­lichen Bereich geschaffen werden. Die duale Ausbildung ist somit auch in diesem Bereich ge­setzlich möglich.

Ich meine, daß wir damit eine gute Voraussetzung für eine positive Entwicklung auf dem Ar­beitsmarkt auch geschaffen haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

21.38


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstatterinnen findet nicht statt.

Wir treten damit in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte, den jeweiligen Platz einzuneh­men.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1105 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen wollen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht durch die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1049 der Beilagen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte Sie, so Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies erfolgt durch die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

20. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 745/A der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger, Dr. Günther Leiner und Genossen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Ärztegesetz 1984 und das Krankenanstaltengesetz geändert werden (1269 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1166 der Beilagen): Bundesgesetz über den kardiotechnischen Dienst (KardiotechnikerG – KTG) (1272 der Beilagen)

22. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 435/A (E) der Ab­geordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend die Legalisierung von Cannabis (1148 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 445/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Entkriminalisierung von Cannabis (1149 der Beilagen)

24. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 678/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Pilotprojekte für eine ärztlich kon­trollierte Heroinabgabe an süchtige Patient/innen (1150 der Beilagen)

25. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 666/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend bundeseinheitliche Aner­kennung des Berufes von Altenfachbetreuer/innen und Familienhelfer/innen (1151 der Beilagen)

26. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 536/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend zeitgemäße Regelungen für alle Ge­sundheits- und Krankenpflegeberufe (1270 der Beilagen)

27. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 537/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Verankerung der Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege im tertiären Sektor (1271 der Beilagen)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 20 bis 27 auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten daher in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Dr. Pumberger vor. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.40


Abgeordneter Dr. Alois Pumberger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Das Thema Nummer eins in Österreich ist – darauf wurde ja heute schon in der „Zeit im Bild“ eingegangen – der morgige Aktionstag der Ärzte. Im Rahmen der heutigen Tagesordnung wird jedoch kein einziges der Themen und Probleme angesprochen, die die österreichische Gesundheitspolitik bewegen. Daran sieht man ganz klar, daß die österrei­chische Gesundheitspolitik seit Monaten beziehungsweise bereits seit Jahren an der Realität vorbeigeht! (Abg. Dr. Keppelmüller: Herr Kollege Pumberger! Haben Sie eine Hausapotheke?)

Frau Bundesministerin! Es ist an der Zeit, wirklich auch einmal jene Probleme anzusprechen, die zu einer Schwächung des österreichischen Gesundheitswesens führen!

Die Tagesordnung, die heute – ganz überraschend – um zwei weitere Punkte ergänzt wurde, beinhaltet fünf Ausschußberichte aus dem Gesundheitsausschuß, in welchen es ausschließlich um Gesundheitsberufe in Richtung Beschäftigungsinitiative geht. Diese betreffen in erster Linie Anträge der Opposition, aufgrund welcher es Tausende neu zu gründende Arbeitsplätze bei den Gesundheitsberufen gäbe. Wenn man zum Beispiel die Altenfachbetreuer/innen – ein Antrag von mir – und die Familienhelfer/innen auf eine feste berufliche Basis stellte und ihnen ein Berufsbild gäbe, könnte man Tausende Arbeitsplätze schaffen! Ähnlich verhält es sich mit den Anträgen des Liberalen Forums, daß man für Gesundheits- und Krankenpflegeberufe eine zeitgemäße Regelung schafft oder die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege im tertiären Sektor an den Fachhochschulen verankert. – Diese Punkte sind jedoch für die Koalitionsparteien kein Thema, all das wird von den Koalitionsparteien abgelehnt, während im selben Aufwaschen die ÖVP zum Beispiel eine Pressekonferenz nach der anderen abhält ... (Abg. Dr. Keppelmüller: Haben Sie eine Hausapotheke?) Ich spreche jetzt von der ÖVP, Sie sind jetzt noch nicht an der Reihe, aber Sie kommen schon noch dran!

Die ÖVP stellt sich bei den Arbeitsplatzbeschaffern an erste Stelle und sagt, daß sie 30 000 Ar­beitsplätze im Gesundheitswesen schafft. – Meine sehr verehrten Damen und Herren von der ÖVP! Mit dem Kardiotechnikergesetz haben Sie nicht 30 000 Arbeitsplätze geschaffen, nicht 3 000, nicht 300, auch nicht 30, nicht einmal drei, sondern nur eineinhalb pro Jahr! Das ist Ihre „Beschäftigungsinitiative“! Ich bin aber sehr froh darüber, daß Sie es geschafft haben, wenig­stens eineinhalb neue Arbeitsplätze pro Jahr zu schaffen! Eineinhalb Kardiotechniker werden pro Jahr ausgebildet, und für diese Kardiotechniker – die wirklich eine gute Ausbildung brau­chen, dazu stehe ich auch – hat man ein eigenes Gesetz gemacht. Es ist alles schnell gegan­gen, man hat das gut gemacht, man hat ein ganzes Gesetz gemacht, dieses hat den Gesund­heitsausschuß passiert, und es ist tutti paletti. Bei anderen, arbeitsmäßig gleich aufwendigen Gesetze, durch welche man Tausende von Arbeitsplätzen schaffen könnte – Halbtagsarbeits­plätze gerade für Frauen, die, weil sie Kinder haben, nur halbtags arbeiten können –, sind Sie jedoch untätig. Und das zeigt das Scheitern der Beschäftigungspolitik dieser Koalitionsregie­rung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Beim Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Sie eingebracht haben, haben Sie – und das ist wirklich lustig! – den Kern des Gesetzes im Gesundheitsausschuß mit einem Abänderungs­antrag in letzter Minute wieder streichen müssen. Es wäre wirklich der Kern des Gesetzes ge­wesen, daß Krankenpfleger mit einer einjährigen Ausbildung die Arbeit von medizinisch gehobe­nem Personal, von diplomierten Krankenschwestern und Krankenpflegern und Ärzten – wie bei­spielsweise Blutabnahme und Medikamentenverabreichung – verrichten dürfen. Es hat dann aber enorme Proteste durch die betroffenen Fachverbände, durch die Bundesfachgruppe für Gesundheitsberufe und vom Gewerkschaftsbund gegeben, die gesagt haben, daß ihnen kein EU-Mitgliedstaat bekannt ist, in welchem das Hilfspersonal dermaßen allein gelassen und über­fordert wird. Sie haben das dann in letzter Minute noch repariert, wir haben dem zugestimmt, und daher werden wir der Novelle dieses Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes unsere Zu­stimmung geben.

Anders beim Kardiotechniker-Gesetz: Es gibt 39 Kardiotechniker in ganz Österreich; pro Jahr braucht man eineinhalb bis zwei neu ausgebildete. Dafür haben wir jetzt ein neues Gesetz. Der Beruf des Kardiotechnikers ist ein verantwortungsvoller Beruf. Er wird zur Gänze von österrei­chischem Personal abgedeckt. Mit dem Inhalt des Gesetzes betreffend Berufsausbildung kann man zufrieden sein; diese ist ganz im Sinne der Kardiotechniker. Mit den Nostrifikationsbestim­mungen sind wir jedoch nicht einverstanden. Diese weisen einige Lücken auf, ähnlich wie die diesbezüglichen Bestimmungen im MTD-Gesetz, und daher werden wir dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen, sondern einen entsprechenden Antrag einbringen, der lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pumberger, Mag. Haupt, Dr. Povysil zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den kardiotechnischen Dienst (Kardiotechniker-Gesetz – KTG) erlassen wird, und das Ausbildungsvorbehaltsgesetz und das Krankenanstalten-Arbeitsgesetz geändert werden (1166 der Beilagen, in der Fassung des Ausschußberichtes, 1272 der Beilagen)

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage (1166 der Beilagen, in der Fassung des Ausschußbe­richtes, 1272 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. § 8 Abs. 2 lautet:

,(2) Die Verschwiegenheitspflicht besteht nicht, wenn

1. die durch die Offenlegung des Geheimnisses betroffene Person den Angehörigen des kardio­technischen Dienstes von der Geheimhaltung entbunden hat oder

2. die Offenbarung des Geheimnisses zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.‘

2. In § 9 Abs. 1 lautet Z 4:

,4. über die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse zumindest der deutschen Sprache verfügen und‘“ – Das ist doch eine Grundvoraussetzung! Die Landesregierung von Wien fordert die Kenntnisse der deutschen Sprache beim Kardiotechniker-Gesetz und lehnt daher in ihrer Begutachtung diesen Gesetzentwurf ab, weil die Kenntnisse der deutschen Sprache nicht genü­gend geregelt sind!

„3. In § 13 Abs. 2 wird als neue Z 2 eingefügt:

,2. Den Nachweis der Unbescholtenheit,‘“ – Man sollte meinen, daß das ebenfalls eine Selbst­verständlichkeit ist!

„Die bisherigen Ziffern 2 bis 5 erhalten die Bezeichnung 3 bis 6.

4. In § 13 entfallen die Absätze 4 und 5.“ – Diese besagen, daß es, wenn ein Ausländer in Öster­reich die Kardiotechnikerausbildung machen will und seine Grundausbildung zu Hause entweder in einem EU-Land oder in einem Nicht-EU-Land gemacht hat, für den Fall, daß er keine Unter­lagen hat, genügt, wenn er glaubhaft macht, daß er eine solche Ausbildung absolviert hat. Es genügt also sein Wort, damit er die Ausbildung zum Kardiotechniker machen kann, bei welchem es sich um einen der verantwortlichsten Berufe im Gesundheitswesen handelt, im Zuge dessen man an herzkranken und herzoperierten Menschen arbeitet! Daher sind wir der Meinung, daß derjenige, der keine fachgerechte Ausbildung hat – und diese gibt es derzeit nur in der Bundes­republik Deutschland und in Österreich –, Menschenleben gefährdet.

„Die bisherigen Absätze 6 und 7 erhalten die Bezeichnung 4 und 5.“

*****

Aus den genannten Gründen sind wir mit dieser Gesetzesvorlage nicht einverstanden. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.48


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der soeben verlesene Abänderungsantrag ist ord­nungs­­gemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Mag. Maier. 5 Minuten freiwillige Redezeitbe­schränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.48


Abgeordneter Mag. Johann Maier¦ (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wäre geradezu ein abendliches Wunder ge­wesen, wenn Herr Abgeordneter Pumberger sachlich geblieben wäre! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir kennen seine Argumentation. Daher werde ich jetzt versuchen, diese in meiner Rede zu widerlegen.

Ich möchte darauf hinweisen, daß wir über diesen Ärztestreik ganz bewußt nicht diskutieren. (Abg. Dr. Pumberger: Ich habe das nur kurz angeschnitten!) Kollege Pumberger! Sie haben diese Thematik am Beginn Ihrer Rede angeschnitten. Dazu sage ich: Wir beschäftigen uns in diesem Haus nicht mit Standespolitik, sondern mit Gesundheitspolitik! Darüber soll heute hier diskutiert werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben im vergangenen Jahr ein eigenes Berufsrecht für den Krankenpflege-Fachdienst sowie die Pflegehelfer geschaffen. Das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz trat mit 1. September 1997 in Kraft. Neben der Pflege im engeren Sinn gehört auch die Mitarbeit bei diagnostischen und therapeutischen Verrichtun­gen auf ärztliche Anordnungen zum jeweiligen Berufsbild.

Mit den nun geplanten Änderungen soll in erster Linie den Anforderungen der Praxis Rechnung getragen werden. Die Vorlage, über die wir heute abstimmen sollen, wurde in Abstimmung mit der Fachgruppenvereinigung für Gesundheitsberufe im ÖGB – das ist sicherlich eine sehr schwierige Berufsgruppe – gemeinsam erarbeitet. Daher darf ich mich namens der sozialdemo­kratischen Fraktion bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium für ihr Engagement und für die Akribie, mit der sie diese Novelle vorbereitet haben, recht herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ist nun Gegenstand dieser Novelle? – Zum einen geht es darum, daß ärztliche Anordnun­gen in medizinisch begründeten Ausnahmefällen mündlich erfolgen können, daß schriftliche An­ordnungen per Telefax oder im Wege automationsunterstützter Datenübertragung zulässig sind. Es geht um die Erweiterung der Tätigkeiten für Angehörige der Gesundheits- und Kranken­pflegeberufe in weiteren Gesundheits- und Sozialeinrichtungen. Es geht aber auch um die Ver­längerung der berufsbegleitenden Ausbildung auf vier beziehungsweise zwei Jahre.

Für im Mittelpunkt stehend halte ich allerdings die Neuregelungen für die Pflegehelfer und Pflegehelferinnen. Ich teile nicht die Meinung des Kollegen Pumberger. Es geht um eine Klar­stellung der Tätigkeiten der Pflegehelferinnen und Pflegehelfer, die nach der geltenden Rechts­lage nicht in ausreichendem Maße den Anforderungen der Gesundheits- und Krankenpflege entsprechen. Es geht um pflegerische Maßnahmen einerseits, und es geht um die Mitarbeit bei therapeutischen und diagnostischen Verrichtungen. Pflegerische Maßnahmen dürfen nur nach Anordnung und unter Aufsicht von Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege erfolgen.

Nun werden wir zu § 84 einen Abs. 5 einführen, nach dem diese Tätigkeiten in einzelnen Aus­nahmefällen und zeitlich begrenzt auch ohne Aufsicht durchgeführt werden dürfen, sofern der Gesundheitszustand des pflegebedürftigen Menschen dieses Tätigkeiten zuläßt und die Anord­nung schriftlich erfolgt ist. In diesen Fällen hat die anordnende Person nachträglich die Durch­führung zu kontrollieren. Wir haben auch eine Einigung mit der Fachgruppenvereinigung für Ge­sundheitsberufe erzielt; diese hat zugestimmt. Man darf dabei nicht vergessen, daß die Aufsicht weiter aufrechtbleibt.

Frau Bundesministerin! Darf ich vielleicht eine kleine Anregung von Gewerkschaftsseite weiter­geben. Kolleginnen und Kollegen haben mir gesagt, daß der Name „Pflegehelfer“ negativ be­setzt ist. Sie wünschen sich, daß in nächster Zeit – bei einer der nächsten Novellen – geprüft wird, ob es nicht möglich wäre, den Namen „Pflegehelfer“ auf „Gesundheits- und Pflegeassi­stent“ umzuändern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend ganz kurz zum Antrag der ÖVP auf Änderung des Apothekengesetzes Stellung nehmen. Wir sehen keinen solchen Handlungsbedarf und halten diesen Weg schlichtweg für falsch. (Abg. Dr. Pumberger: Das hat der Koalitionspartner eingebracht!) Wir werden aber dieses Thema noch an anderer Stelle dis­kutieren. (Abg. Dr. Rasinger: Er denkt leider nicht an die Patienten, der Maier!)

Mir geht es darum, um es hier ganz klar zu sagen: Wir haben mit der leistungsorientierten Kran­kenanstaltenfinanzierung, der Einführung der Rufbereitschaft und dem Ärztearbeitszeitgesetz eine neue Struktur in der österreichischen Gesundheitspolitik geschaffen. Einen Stillstand kann es nicht geben. In diesem Sinne darf ich Sie ersuchen, heute unseren Vorlagen Ihre Zustim­mung zu geben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rasinger: An die Patienten denken!)

21.53


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.54


Abgeordnete Klara Motter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Maier, auf die Diskussion des Antrages zum Apothekengesetz bin ich gespannt, das muß ich Ihnen jetzt schon sagen. Ich hoffe, daß Sie jene Haltung, die Sie jetzt eingenommen haben, auch in der Diskussion aufrechterhalten, wenn wir im Gesundheitsausschuß darüber verhandeln werden.

Herr Kollege Pumberger! Was Oppositionsanträge anlangt, über die Sie vorhin festgestellt haben, daß sie nicht auf der Tagesordnung standen und jetzt nachträglich hinzugekommen sind, möchte ich Sie daran erinnern, daß wir sie letzten Mittwoch im Ausschuß behandelt haben. Sie sind vergessen worden, wurden deshalb erst nachträglich schnell noch auf die Tagesordnung gesetzt und werden jetzt enderledigt, nämlich abgelehnt. Leider ist es so! (Abg. Dr. Pumberger: Leider!)

Was das Kardiotechniker-Gesetz anlangt, möchte ich feststellen, daß der Dienst eines Kardio­technikers – leider fehlt im Gesetz die weibliche oder eine geschlechtsneutrale Bezeichnung; da wir wissen, daß es in diesem Beruf bereits drei Damen gibt, möchte ich dem Gesetzgeber ans Herz legen, es in Zukunft zu unterlassen, nur die männliche Bezeichnung ins Gesetz zu schrei­ben –, daß dieser neue medizinische Beruf ein höchst verantwortungsvoller ist, wie übrigens alle Berufe im Gesundheitsbereich, denn überall steht die Qualität des Lebens von Menschen auf dem Spiel. Ähnlich wie im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz oder im MTD-Gesetz werden auch im Kardiotechniker-Gesetz Berufsbild, Ausbildung und die Anerkennung von Ausbildung gesetzlich geregelt. Das ist wichtig und auch richtig.

Für uns Liberale ist allerdings nicht nachvollziehbar, warum man für derzeit 39 Kardiotechniker ein eigenes Gesetz machen muß. Das widerspricht den liberalen Grundsätzen des Bürokratie­abbaus und der Reduzierung unseres Gesetzesdschungels ebenso wie dem liberalen Vertrauen zu Selbstverantwortung und Subsidiarität gerade bei weniger regulierten Berufen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir sind auch der Auffassung, daß optimale Ausbildungsmöglichkeiten nicht von Gesetzen garantiert werden, sondern vom Engagement der Betroffenen und von der Wichtigkeit, die man zum Beispiel dem Kardiotechnikerberuf in den Krankenhäusern beigemessen hat und auch in Zukunft beimessen wird. Leider wurde im Ausschuß meine Frage nicht beantwortet, aus wel­chem Grund es nicht möglich war, diesen Gesundheitsberuf im MTD- oder im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz unterzubringen. Ich möchte gerne einmal erfahren, warum der Weg zu dieser Regelung zwölf Jahre lang gedauert hat und warum man zur Eingliederung in bestehende Gesetze keine Möglichkeit gesehen hat. Da wir aus diesem Grund dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, kann ich es mir – auch aus zeitlichen Gründen – ersparen, näher auf seinen Inhalt einzugehen.

Meine Damen und Herren! Zu unserem Antrag 445/A (E) betreffend Entkriminalisierung von Cannabis möchte ich sagen, daß ich die Uneinsichtigkeit der Mehrheit dieses Haus bedauere. Ich denke, man sollte nicht die Augen verschließen, wenn man – auch durch wissenschaftliche Erkenntnisse begründet – weiß, daß durch Gebrauch von Cannabisprodukten die gesundheit­liche Gefährdung deutlich niedriger ist als jene durch Alkohol oder Nikotin. Diese unterliegen in Österreich ausschließlich den Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes – und keinem anderen.

In diesem Zusammenhang kann auch die vorgebrachte Argumentation, Cannabis sei als Ein­stiegsdroge zu bewerten, widerlegt werden. (Abg. Steibl: Das glauben Sie wohl selbst nicht, Kollegin!) Sie ist nur insofern von Richtigkeit, als durch das derzeit praktizierte Abdrängen des Verkaufs von Haschisch und Marihuana in den illegalen Markt die Nähe zu anderen, gefährli­chen Drogen herbeigeführt wird. Aus diesem Grund ist die Trennung der Märkte auch so wich­tig, meine Damen und Herren!

Zum Antrag 678/A (E) betreffend Pilotprojekte für eine ärztlich kontrollierte Heroinabgabe an schwer süchtige PatientInnen – er wird heute von der Mehrheit hier ebenfalls abgelehnt werden – möchte ich festhalten, daß ich davon überzeugt bin, daß diese Diskussion noch lange nicht abgeschlossen ist und wir auch in Zukunft Gelegenheit dazu haben werden, uns mit dieser Materie auseinanderzusetzen. Ich bin überzeugt davon, daß medizinische Vernunft zum Durch­bruch kommen wird. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich bin es geradezu gewohnt, daß unsere Entschließungsanträge ab­gelehnt werden, so auch der Entschließungsantrag 536/A (E) betreffend zeitgemäße Regelun­gen für alle Gesundheits- und Krankenpflegeberufe. Es steht im Raum, daß seit der Novellie­rung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes vom 1. September 1997 einige Gesund­heitsberufe einer Regelung harren, so zum Beispiel Sanitätshilfsdienste, Rettungssanitäter, OrdinationsgehilfInnen oder Zahnärztliche AssistentInnen. Insbesondere die erhöhten Anforde­rungen an Medizin und Technik sowie die immer bedeutendere Stellung unterschiedlicher Therapieformen verlangen, daß im gesamten Gesundheitssektor die Ausbildungsordnungen und -bestimmungen reformiert und gesetzlich verankert werden.

Ich kann daher den Bogen zum nächsten Entschließungsantrag spannen. Er befaßt sich mit der Verankerung der Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege im tertiären Sektor. Auch der Antrag 537/A (E) wurde im Ausschuß mit den Stimmen der Regierungsparteien abgelehnt, obwohl allseits bekannt sein müßte, daß angesichts der erweiterten Kompetenzen für Diplo­mierte gerade auch für Lehrende Begleitmaßnahmen geschaffen werden müssen, damit es zu keiner Nivellierung nach unten kommt.

Ich hoffe, daß hier in Zukunft Einsicht Platz greift, um ein ausgewogenes Gesundheitssystem in Österreich zu erhalten. Dem Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 745/A der Abgeordneten Mag. Guggenberger und Dr. Leiner betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ge­sundheits- und Krankenpflegegesetz, das Ärztegesetz 1984 und das Krankenanstaltengesetz geändert werden, werden wir unsere Zustimmung geben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.00


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.00


Abgeordneter Dr. Günther Leiner¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Mit einigen Gedanken zu dem Antrag, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegege­setz geändert wird, möchte ich mich ganz kurz fassen. Die Zeit ist ja schon vorgerückt, und es werden sich noch viele Redner hier an dieser Stelle sozusagen austoben.

Der Bedarf an qualifizierten Pflegedienstleistungen ist offenkundig: Die Menschen werden immer älter. Dazu möchte ich nur ein paar Zahlen nennen. Bis zum Jahre 2010 wird die Zahl der 65jährigen um 33 Prozent und jene der 84jährigen um 75 Prozent steigen. Daß diese Menschen nicht gesünder werden, je älter sie werden, ist vollkommen klar. – Ich hoffe jedenfalls, dieses Alter auch zu erreichen.

In den Gesundheitsberufen hat sich selbstverständlich auch im arbeitsorganisatorischen Bereich sehr vieles getan und geändert. Ich meine, daß erstens die Arbeitsbelastungen in den Kranken­abteilungen größer geworden sind. Die administrativen und organisatorischen Tätigkeiten wer­den von ihrem Umfang und Aufwand her immer mehr zu einem Mühlstein der Pflege. Nicht zu­letzt stellen der Umgang mit den und die Überwachung der medizinisch-technischen Geräte eine sehr große Belastung der Pflegepersonen dar. Außerdem ist die Tendenz da, daß die Ärzte be­sonders jene Tätigkeit, die viel Zeitaufwand benötigt, nämlich das Gespräch mit dem Patienten, eher auf das Pflegepersonal abschieben. Das ist eine Erfahrung, die ich auch persönlich ge­macht habe.

Die arbeitsorganisatorischen Fakten, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie das Be­dürfnis nach qualifizierten Pflegeleistungen zwingen uns, darüber nachzudenken, was eine qualifizierte Pflege eigentlich ausmacht. Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, daß ich als einer, der in solchen Anstalten tätig ist, weiß, welchen Anforderungen die Ausübenden dieser Pflegeberufe wirklich ausgesetzt sind! Man verlangt von ihnen fachliche Qualifikation, Verant­wortungsbewußtsein, menschliche Reife, ethische Kompetenz, psychisches und physisches Stehvermögen, organisatorische Fähigkeiten, ökonomisches Bewußtsein, Führungsqualität und Einfühlungsvermögen. Es geht nun darum, die geeigneten politischen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, und ich denke, daß das mit diesem Gesetz gelingt.

Ganz kurz möchte ich noch darauf hinweisen, daß die Länder die im Krankenanstaltengesetz verankerten Supervisionen tatsächlich durchführen sollten. Denn die damit verbundene starke psychische Belastung benötigt auch psychische Betreuung. Weiters möchte ich darauf hin­weisen, daß auch die – ebenfalls vorgeschriebene – Ausbildung forciert werden sollte.

Abschließend möchte ich kurz auf die Arbeitsplatzsicherung beziehungsweise -schaffung Bezug nehmen. Arbeitsplätze für eineinhalb Personen hast du (in Richtung des Abg. Dr. Pumberger) geschaffen. Ich habe in den letzten Jahren allein in Salzburg 700 geschaffen. (Beifall bei der ÖVP.) Ich möchte darauf hinweisen, daß wir in Salzburg im extramuralen Bereich 2 500 Arbeits­plätze geschaffen haben. Dieses Herumgerede, das wirklich jeglicher Realität entbehrt, ist über­haupt nicht notwendig, ja geradezu blödsinnig. (Abg. Dr. Rasinger: Pumberger braucht einen Arzt!) Das wollte ich gerade sagen.

Was die Zukunft betrifft, besagen entsprechende Studien, daß in den Gesundheitsberufen in zehn Jahren das Doppelte an Arbeitsplätzen geschaffen werden wird. Wir haben jetzt schon 200 000 Arbeitsplätze in diesem Bereich, daher werden in zehn Jahren vielleicht noch einmal 200 000 dazukommen. (Abg. Dr. Pumberger: Eineinhalb!) Diese Chancen sollten wir wahrneh­men. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.05


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.05


Abgeordnete Theresia Haidlmayr¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Es wird heute verwunderlicherweise immer wieder davon gesprochen, daß das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz im Rahmen der Pflegehelfer „repariert“ worden sei. – Ich habe dieses Gesetz sehr gut durchgearbeitet und jetzt noch einmal versucht, heraus­zufinden, wo denn „Reparaturen“ vorgenommen worden sind, von denen Sie hier die ganze Zeit gesprochen haben.

Ich bin fündig geworden. Ich werde Ihnen jetzt die Passage vorlesen, aus der hervorgeht, was Sie als „Reparatur“ bezeichnen: Im Artikel I Z 6 wird folgendes geändert: In den Einleitungs­worten des § 84 Abs. 5 wird die Wendung „im Einzelfall“ durch die Wendung „in einzelnen Aus­nahmefällen“ ersetzt. – Das ist die „Reparatur“. Frau Ministerin, ich frage Sie: Wo liegt denn der Unterschied, ob es „im Einzelfall“ oder „in einzelnen Ausnahmefällen“ heißt? – Ich finde dazwi­schen kaum einen Unterschied. Wenn das die Reparatur ist, dann muß man sich das einmal zu Gemüte führen.

Ich möchte jetzt näher auf das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz eingehen und habe dies­bezüglich einen Abänderungsantrag vorbereitet. Frau Ministerin! Im Gesundheits- und Kranken­pflegegesetz wäre sehr wohl einiges reparaturbedürftig, und es hätte eigentlich keiner großen Anstrengungen bedurft, Reparaturen durchzuführen. Zum Beispiel steht im § 35 Abs. 1 Z 3, daß Krankenschwestern auch Behindertenbetreuung machen können und sollen. Auf meine Frage hin, was denn eine Krankenschwester in der Behindertenbetreuung tut – da man doch inzwi­schen wissen müßte, daß behinderte Menschen behindert sind und kranke Menschen krank –, wurde mir gesagt: Die Krankenschwestern betreuen eben gerne auch behinderte Menschen. – Das wurde mir gesagt, allerdings nicht von Ihnen, Frau Ministerin.

Daß sie das gerne tun, kann ich mir ohne weiteres vorstellen. Aber haben Sie sich schon einmal überlegt, ob es möglich wäre, daß ein Straßenbahnschaffner, nur weil er gerne Leute befördert, deswegen auch im Luftverkehr als Pilot tätig sein könnte? – Dort tut er ja auch das gleiche, nämlich Leute befördern. (Abg. Smolle: Ein etwas gewagter Vergleich!) Auf diese Idee würden Sie im ganzen Leben nicht kommen, nämlich zu sagen, daß ein Straßenbahnschaffner, nur weil er gerne Personen befördert, ohne weiteres auch ein Flugzeug steuern kann. Wenn es aber um die Anliegen von Menschen geht, wenn es um Assistenz von und Hilfestellung für Menschen geht, dann ist es angeblich völlig Wurst, wer wen wie unter welchen Voraussetzungen und unter welchen Berufsfeldern betreut.

Frau Ministerin! Die Behindertenausbildung ist eine eigenständige, qualifizierte Ausbildung. Bei dieser Ausbildung soll es auch bleiben. Wenn heute eine Krankenschwester Interesse daran hat, auch behinderten Menschen zu assistieren, dann sollte sie das selbstverständlich tun können, aber nur unter der Voraussetzung, daß sie eine qualifizierte Ausbildung im Bereich Be­hindertenpädagogik beziehungsweise Behindertenbetreuung absolviert hat. Nur dann kann eine solche Tätigkeit erfolgen.

Ein weiteres Beispiel, Frau Ministerin: Im Krankenpflegegesetz werden jetzt die Tätigkeiten des Berufsbildes der Pflegehelfer wieder aufgeweicht. Sie haben anscheinend eines vergessen, nämlich die schlimme Situation und die schlimmen Folgen dessen, was damals in Lainz gesche­hen ist. Dies ist passiert, weil Pflegehelferinnen Tätigkeiten durchführen mußten, die sie nicht leisten konnten, weil sie dafür keine Ausbildung hatten. Und sie hätten das auch nicht machen dürfen.

Damals hat man dieses Gesetz gemacht. Jetzt hat man es wieder aufgeweicht: Die Pflegehelfe­rinnen dürfen jetzt wieder ohne ärztliche Aufsicht und ohne Anweisungen bis zu 24 Stunden lang kranke Menschen betreuen. Eine Pflegehelferin kann aber nicht abschätzen, ob es das Gesund­heitsbild zuläßt, daß sie einen Patienten betreut oder nicht, aber sie muß es in Zukunft wieder tun. Das halte ich für eine eklatante Aufweichung der Tätigkeit des Pflegehelfers, und damit tut sich für Pflegehelfer wieder ein Gefahrenbereich auf.

Zum einen Punkt des Krankenpflegegesetzes, in dem beschrieben wird, wer den Arztbrief er­halten soll. Einerseits soll er dem weiterbehandelnden Arzt zukommen, für die einzelne Person allen im Pflegebereich tätigen Personen. Aber was ist mit dem Patienten selbst? Soll er seinen eigenen Arztbrief nicht bekommen?

Meine Damen und Herren! Ich denke, gerade der Patient hat ein Recht darauf, den Arztbrief zu bekommen und selbst die Information darüber zur Verfügung zu haben, wie sein Gesundheits- oder Krankheitsbild aussieht. Es ist nicht legitim und widerspricht dem Selbstbestimmungsrecht des kranken Patienten, wenn er keinen Anspruch auf seinen eigenen Befund und auf seinen Krankenbericht hat. Das gehört geändert, dies Anrecht gehört erweitert! Ich habe diesbezüglich einen Abänderungsantrag eingebracht und ersuche Sie, Frau Ministerin, diesen Antrag sehr bald in das Gesetz einzuarbeiten. Ich gehe nämlich davon aus, daß dieses Gesetz ohnehin bald geändert werden muß, damit die Pflegehelfer nicht wieder sozusagen in einen luftleeren Raum gestellt sind.

Nun zum Kardiotechniker-Gesetz, Frau Ministerin, ...


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Entschuldigung, Frau Abgeordnete! Ich möchte vor­sichtshalber darauf hinweisen, daß Sie jetzt angekündigt haben, einen Abänderungsantrag ein­zubringen, ihn aber noch nicht eingebracht haben. Sie müßten ihn bitte verlesen.


Abgeordnete Theresia Haidlmayr¦ (fortsetzend): Ich bringe diesen Abänderungsantrag ein, der lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend den Antrag 745/A der Abge­ordneten Mag. Guggenberger, Dr. Leiner betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesund­heits- und Krankenpflegegesetz, das Ärztegesetz 1984 und das Krankenanstaltengesetz geän­dert werden in der Fassung des Ausschußberichtes 1269 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Artikel I Z 2 wird wie folgt geändert:

In § 35 Abs. 1 Z 3 wird die Wortfolge „der Behindertenbetreuung“ ersatzlos gestrichen.

2. Artikel I Z 6 wird wie folgt geändert:

In § 84 wird der neu angefügte Abs. 5 ersatzlos gestrichen.

3. Artikel III wird wie folgt geändert:

„§ 24 Abs. 2 lautet:

(2) Bei der Entlassung eines Pfleglings ist neben dem Entlassungsschein unverzüglich ein Arzt­brief anzufertigen, der die für eine allfällige weitere medizinische Betreuung maßgebenden An­gaben und Empfehlungen sowie allfällige Anordnungen für die Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe im mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich zu enthalten hat. Dieser Arzt­brief ist 1. dem Pflegling, 2. dem einweisenden oder weiterbehandelnden Arzt und 3. nach Be­darf der für die weitere Pflege und Betreuung in Aussicht genommenen Einrichtung oder dem entsprechenden Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe zu übermitteln. Bei Bedarf sind dem Arztbrief auch Angaben zu Maßnahmen im eigenverantwortlichen Tätigkeitsbe­reich anzufügen.“

*****

Nun aber zum Kardiotechniker-Gesetz. Frau Ministerin, es ist verwunderlich, daß es für nicht einmal 40 Kardiotechniker ein eigenes Gesetz gibt. Wir hatten im Petitionsausschuß vor kurzem eine Petition der ÖVP mit der Bezeichnung „Stopp der Gesetzesflut“ zur Behandlung. Jetzt aber wird für 39 Personen eine neue Gesetzesflut gemacht. Man hätte das Kardiotechniker-Gesetz ohne weiteres in das Gesetz über die medizinisch-technischen Dienste einordnen können. Weil Sie aber ein eigenes Gesetz geschaffen haben, besteht jetzt selbstverständlich auch für andere Berufsgruppen die Möglichkeit und das Recht, für ein eigenes Gesetz zu plädieren, so zum Beispiel, wenn es um die Endoskopie geht.

Zu diesem Antrag betreffend Cannabis. Auch dieser Antrag ist schon sehr alt, Frau Ministerin. Ich meine, es ist medizinisch längst erwiesen, daß es sinnvoll und gut ist, Cannabis im medizini­schen Bereich anzuwenden, speziell in der Hilfe für Krebspatienten, für AIDS-Patienten, im Be­reich der multiplen Sklerose et cetera. Ich denke, es ist höchst notwendig, daß Sie sich dieser Situation annehmen und endlich ein Gesetz machen, damit es zur Legalisierung von Cannabis im medizinischen Bereich kommt. (Abg. Steibl: So ein Blödsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Auch die Legalisierung der weichen Drogen ist ein höchst notwendiges Thema. (Abg. Dr. Lu­kesch: Das ist höchst unnötig!) Wir sind in diesem Bereich bereits sehr weit in den Hintergrund getreten. Ich weiß, daß sich den Abgeordneten der ÖVP dabei immer wieder die Haare aufstel­len (Abg. Steibl: Nicht der ÖVP, sondern verantwortungsvollen Müttern!), aber es ist eben auch die Situation der ÖVP, daß sie sich gerne auf Gesetze beruft (Abg. Steibl: Nicht die Situation der ÖVP, sondern verantwortungsvolle Mütter!), die 20 oder 30 Jahre lang zurückliegen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Aber geh! So ein Keifen!) Die ÖVP ist nicht bereit, den Zug der Zeit anzuerkennen und entsprechend zu agieren. (Abg. Steibl: Sie können das Problem über­haupt nicht abschätzen, selbst wenn Sie Kinder haben!)

Frau Steibl! Wir kennen das Problem. Es ist nicht unser Problem, es ist Ihres! Aber vielleicht schaffen Sie es doch einmal, auf den Zug der Zeit aufzuspringen und sich für Gesetze einset­zen, die zeitgemäß sind (Abg. Steibl: „Zeitgemäß“ ist noch lange nicht „gut“!), und daß Sie end­lich nicht mehr so sehr an Ihrer Vergangenheit und Ihren alten, traditionellen Werten und Ge­setzen hängen, sondern zeitgemäße Politik machen. (Abg. Steibl: Dann gehen Sie in den Alltag hinaus!) Denn dafür sind wir da, dazu sind wir gewählt, und das sollte auch für Sie gelten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: ... eine Beratungsstelle! Dort muß man arbeiten – und nicht immer nur meckern!)

22.15


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der soeben verlesene Abänderungsantrag wurde ord­nungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschrän­kung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.16


Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Mit der Novelle zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz werden im wesentli­chen Anpassungen an die Bedürfnisse der Praxis angestrebt – ich hoffe, zum Vorteil für Patien­ten und vor allem auch für das medizinische Personal.

Eine Anpassung wie jene, die Möglichkeit der mündlichen ärztlichen Anordnung bei Eindeutig­keit und Zweifelsfreiheit vorzusehen, ist meiner Ansicht nach insofern eine sinnvolle Änderung, als die jetzige Regelung in verschiedenen Fällen aus fachlicher Sicht nicht notwendig und vor allem im Berufsalltag oft nicht umsetzbar ist. Die ärztlichen Anordnungen hinsichtlich diagnosti­scher und therapeutischer Verrichtungen sind auch danach zu beurteilen, ob die Tätigkeit in einem Krankenhaus oder in einem Bereich außerhalb geschieht.

Mit dieser Novelle wird zum einen die Tätigkeit der Pflegehelfer klargestellt, ebenso, daß Ange­hörige der betroffenen Berufe künftig auch in anderen Einrichtungen tätig sein dürfen, und damit wird auch die Möglichkeit eröffnet, daß Pflegehelfer im Einzelfall zeitlich begrenzte Tätigkeiten auch ohne Aufsicht durchführen dürfen. Mit der Entscheidung, daß ungefähr 300 diplomierte Kinder- und psychiatrische Krankenpfleger auch weiterhin in der allgemeinen Krankenpflege tätig sein dürfen, werden zum einen Härtefälle verhindert beziehungsweise bestehende Versor­gungssysteme gesichert.

Da Frau Abgeordnete Motter im Ausschuß das Berufsbild für Rettungssanitäter eingefordert hat, darf ich hinzufügen, daß die Frau Bundesministerin an der Entwicklung neuer Berufsbilder arbeitet. Wir sind uns dessen bewußt, daß diese Novelle kein Endpunkt sein kann. Aufgrund der rasanten Entwicklung – besonders im extramuralen Bereich – wird es nach einem entspre­chenden Beobachtungszeitraum sicherlich zu weiteren Diskussionen kommen.

Ich möchte auch einige Gedanken zum Kardiotechniker-Gesetz vorbringen. Wir haben von den Oppositionsfraktionen nicht nur im Ausschuß, sondern auch heute hier im Plenum gehört, daß sie sich dagegen aussprechen, und zwar mit der Begründung, daß das bei 39 Betroffenen, wegen der geringen Anzahl nicht dafür stünde. Es gibt natürlich eine verschiedene Sicht der Dinge. Selbstverständlich hat auch die SPÖ, hat die Bundesministerin mit ihrem Ressort diese Frage sehr ausführlich beraten und diskutiert. Es wurde auch beraten, ob eine Zuordnung der Kardio­techniker zu einem bestehenden Bereich sinnvoll ist – oder ob es ein eigenes Gesetz geben soll.

Das Ergebnis kennen Sie: ein eigenes Gesetz, und das aus guten Gründen, wie ich meine. Daß es aufgrund dieser speziellen Tätigkeit nicht leicht möglich ist, diese Berufsgruppe einem anderen Bereich zuzuordnen, und auch die besondere Verantwortung sprechen dafür. Es gibt auch in Italien dafür eine eigene gesetzliche Regelung, und wir wissen, daß in anderen euro­päischen Ländern ebenfalls diesbezügliche Diskussionen laufen.

Die Bürokratie und auch die Kosten, die immer wieder angesprochen werden: Ich kann sie nicht erkennen. Zur Bürokratie: Lediglich die Einrichtung eines Beirates und die Führung der Techni­kerliste sind erforderlich; das ist ein geringer Aufwand. Die Kosten, die dadurch entstehen, sind nicht erwähnenswert und sind zweifellos durch Umschichtungen innerhalb des Ministeriums zu erreichen.

Zu den Kosten: Da die Kosten für Ausbildungsunterlagen sowie auch die Prüfungsgebühren von den Auszubildenden zu tragen sind und der Beirat als Ehrenamt und somit kostenlos geführt wird, sind auch Kosten geradezu nicht erkennbar.

Ich denke, daß es sich beim Kardiotechniker-Gesetz insgesamt um eine gute Lösung handelt, der wir gerne zustimmen. Ich darf auch Sie dazu einladen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.20


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

22.20


Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! „Eine neue Ära der Drogenbekämpfung beginnt.“ – Das war der Tenor der UNO-Sondertagung, die vorige Woche in New York abgehalten wurde. Bei der Welt­drogenkonferenz wurde eine gemeinsame politische Erklärung verabschiedet, welche der Sen­kung der Nachfrage nach Suchtgiften künftig die gleiche Rolle beimißt wie der Eindämmung des Angebotes.

Es gibt auf der Welt derzeit 253 Millionen Süchtige; das sind zwischen 3 und 4 Prozent der ge­samten Weltbevölkerung. Laut neuestem Drogenbericht des Bundesministeriums für Inneres wurden 1997 um 25 Prozent mehr Personen wegen Suchtgiftdelikten als 1996 verurteilt. Die Zahl der wegen Gesetzesverstößen im Zusammenhang mit Rauschgift belangten Personen stieg um 10 Prozent.

An der Gesamtsituation der Drogenpolitik haben die Liberalisierung und die zunehmende Libera­lisierung überhaupt nichts, aber schon gar nichts geändert. Und trotz dieser Situation liegen nun wieder drei Anträge von den Liberalen und Grünen vor. – Leider ist jetzt kaum jemand von den Grünen und Liberalen da, nur der neue Abgeordnete, was aber keine persönliche Abqualifizie­rung sein soll! (Zwischenruf des Abg. Smolle.) Ich freue mich, Sie zu sehen! Aber leider ist sonst niemand von diesen beiden Fraktionen da, obwohl gerade diese Parteien für eine Legali­sierung von Cannabis und für eine staatliche Heroinabgabe sind. In diesem Zusammenhang verstehe ich zum Beispiel gerade den Standpunkt der Abgeordneten Motter – vielleicht können Sie es ihr ausrichten! – überhaupt nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der illegale Anbau von Cannabis ist weit verbreitet, jährlich dürften zirka 500 000 Tonnen Marihuana und Haschisch erzeugt werden. Das ist unglaublich viel. (Zwi­schenruf des Abg. Hofmann.) Du hast es zuerst ausgerechnet: Es sind 100 Gramm pro Person der Weltbevölkerung!

Die UNO selbst warnt eindeutig vor der Freigabe der sogenannten weichen Drogen, konkret vor der Liberalisierung von Haschisch. Und der Präsident des Drogenkontrollrates der Vereinten Nationen Hamin Ghodse kritisiert sowohl Sportler als auch Musiker, die, wie er sagt, für die Jugend ein falsches Signal setzen, wenn sie Medaillen trotz Cannabis-Abusus annehmen oder zum Beispiel Lieder kreieren, in welchen sie die Segnung von Ecstasy besingen.

Meine Damen und Herren! 69 Prozent der Österreicher lehnen die Freigabe von Haschisch ab. In den Niederlanden wurde es entkriminalisiert. Aber wurde dadurch der Konsum gebremst? – Nein! Wurde dadurch die Szene in irgendeiner Weise entkriminalisiert? – Nein! Wurde dadurch die Drogenmafia zerschlagen, was immer wieder ein Anliegen der Liberalen und Grünen ist? (Zwischenruf der Abg. Motter.) Ich bin froh, daß Sie da sind, Frau Abgeordnete! Ich habe Sie zuerst nicht gesehen! Wurde dadurch die Drogenmafia zerschlagen? – Nein! Drogen stellen einen der größten Wirtschaftsfaktoren der Welt dar. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Motter.) Diese Frage ist so naiv, daß sie geradezu wehtut!

Frau Abgeordnete! Es gibt meiner Meinung nach keine Rechtfertigung dafür, daß ein neues Suchtmittel auf den Markt kommt, wenn ohnehin schon andere Suchtmittel – wie Sie ja selbst zugegeben haben –, nämlich Alkohol und Nikotin, auf dem Markt sind! Nichts rechtfertigt den medizinischen Gebrauch von Haschisch oder Heroin, wenn wir ohnehin entsprechende Medika­mente zur Verfügung haben und damit keine eindeutigen Fortschritte gegenüber bestehenden Medi­kamenten zu erzielen sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was würde eine Drogenfreigabe tatsächlich bringen? (Abg. Dr. Pumberger: Nichts!) Eine Dro­genfreigabe würde vermutlich nur der Drogen- und der Pharmaindustrie nützen, die sich dann mit all ihrer Werbeerfahrung auf die Vermarktung dieser Drogen stürzen würden.

Die Drogenpolitik ist ein Spiegel der Gesellschaft, in welcher sie gemacht wird. Der zentrale Punkt der Gefährdung durch Drogen liegt in der fiktiven Wahrnehmung der Drogen, daß damit Leerräume überdeckt werden können, welche die Gesellschaft durch das Versagen von Bedürf­nissen, von Träumen und von zwischenmenschlichen Beziehungen immer wieder produziert. Das Recht auf den Rausch, wie es die Liberalen und die Grünen fordern, steht der Verhinderung von Möglichkeiten für die Selbstlüge gegenüber. Ich möchte nicht, daß sich mein Kind in einer psychisch schwierigen Situation in den Rausch flüchtet! Ich möchte nicht, daß mein Sohn in diesem Bewußtsein eines geänderten Zustandes sich selbst und seine Mitmenschen ... (Abg. Smolle: Das ist Demagogie!) Das ist nicht Demagogie, sondern Realismus! Das ist der Realismus einer Mutter, die die Gefahren sieht, die ihrem Kind durch eine zu liberale Drogen­politik erwachsen würden! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich möchte nicht, Herr Abgeordneter, daß mein Sohn in eine psychische Abhängigkeit gerät, aus der er sich schwierig oder gar nicht mehr lösen kann! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Smolle: Wer möchte das schon von seinem Kind!)

Lassen Sie doch endlich ab von dieser wirklich überholten romantisierenden Verniedlichung einer Drogenpolitik! Werden Sie bitte endlich Realist – und nicht Demagoge! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Smolle.)

22.26


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. 5 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.26


Abgeordnete Ridi Steibl¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu zwei Punkten, die im Gesundheitsausschuß im April behandelt wurden, Stellung nehmen, und zwar zum Antrag der Abgeordneten Haidlmayr betreffend die Legalisie­rung von Cannabis – sie findet es allerdings nicht einmal der Mühe wert, während dieser Diskus­sion dazusein, sie gibt ihre Stellungnahme ab, und dann ist die Sache für sie offenbar er­ledigt! – und auch zu den Ausführungen der Abgeordneten Klara Motter, die meinte, daß eine Ent­kriminalisierung von Cannabis das Wunder der Welt bewirken würde. (Abg. Smolle: Es wäre ein Wunder, wenn Sie Abgeordnete Motter verstünden!)

Ich denke mit sehr gemischten Gefühlen an die Debatten im Gesundheitsausschuß zurück. Ich stehe hier nicht als Expertin, sondern als normalsterbliches Mitglied des Gesundeitsaus­schus­ses. Als ausgebildete und auch praktizierende Lebens- und Sozialberaterin kann ich allerdings sehr wohl einiges dazu sagen. Ich denke, wenn Kollegin Haidlmayr sagt, die Gefahr der harten Drogen könnte durch eine Entkriminalisierung der „weichen“ Drogen entschärft werden, so ist dieser Gedankengang weit hergeholt. Das ist für unsere Gesellschaft nicht tragbar. Ich sehe, wenn ich meiner Arbeit in der Steiermark nachgehe, Tag für Tag, was Mütter mitmachen, deren Kinder von sogenannten weichen Drogen auf härtere umsteigen. Das kann keine Lösung für Österreich sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ihre Argumente sind sehr irreführend, meiner Ansicht nach meist auch schlecht begründet und sehr oft falsch. Mit einer solchen „Lösung“ verbessern wir die Wirklichkeit der Süchtigen nicht! (Abg. Smolle: Meinen Sie, daß wir deren Situation mit einer Kriminalisierung verbessern?) In diesem Zusammenhang müssen wir um vieles kämpfen, um eine Besserung des jetzigen Zustandes zu bewirken. Ich glaube, die Freigabe von Drogen ist gleichbedeutend einer Zu­nahme des Drogenkonsums, und eine Zunahme des Drogenkonsums ist gleichbedeutend mit einer Zunahme der Zahl der Drogensüchtigen, und das bedeutet wiederum mehr Gewalt, Miß­handlungen und er­höhte Gesundheitsgefährdung, was wiederum erhöhte Kosten für unsere Ge­sellschaft mit sich bringt. (Abg. Smolle: Warum fordert Leiner Heroin auf Krankenschein?) Das ist meine Meinung dazu, und ich lasse mich von Ihnen jetzt nicht in ein Gespräch verwickeln! Wir hatten im Ge­sundheitsausschuß lange genug Zeit, darüber zu diskutieren!

Abschließend betone ich noch einmal: Ich meine, daß liberale Drogenpolitik in die Katastrophe führt. Vielmehr müssen wir ernsthaft überlegen, was wir in diesem Staat für unsere Kinder, für unsere Jugend und für unsere Zukunft wirklich wollen! (Beifall bei der ÖVP.)

22.30


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

22.30


Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch¦: Sehr geschätz­ter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nur wenige kurze Bemerkun­gen zur bisherigen Debatte und zu den gegenständlichen Anträgen machen.

Ich möchte mich herzlich bei den Rednern bedanken, die in ihren Ausführungen unterstrichen haben, daß sie es für richtig befunden haben, eine Weiterentwicklung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes vorzunehmen, damit für die Tätigkeit wichtiger Berufsgruppen noch klarere Feststellungen und Klarstellungen in bezug auf deren tägliche Praxis zustande gebracht werden. Ich bin selbstverständlich darum bemüht, daß es bei diesem Gesetz nicht zu einem Stillstand kommt, sondern auch für andere Berufsgruppen eine Weiterentwicklung bewirkt wird. Ich hoffe, daß ich Sie in weiterer Folge von entsprechenden Ergebnissen informieren kann. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Noch eine kurze Bemerkung zum Kardiotechniker-Gesetz: Es ist richtig, daß in Österreich derzeit 39 Kardiotechniker beschäftigt sind und es sich hiebei um eine sehr kleine Berufsgruppe handelt. Pro Jahr werden etwa zwei Kardiotechniker ausgebildet. Die Mitglieder dieser sehr jungen Berufsgruppe bringen natürlich Berufserfahrungen sehr unter­schiedlicher Herkunft ein. Daher haben wir uns überlegt, wie man diese Berufsgruppe und die Qualifizierung der einzelnen Mitglieder dieser Gruppe am besten in unser Gesundheits­system einbeziehen kann. Aufgrund der Unterschiede des Tätigkeitsbereiches dieser Gruppe zu ande­ren Gesundheitsberufen haben wir beschlossen, eben auch für diese kleine Gruppe ein eigenes Gesetz zu schaffen. Daher steht auch dieser Gesetzentwurf heute zur Debatte, und ich hoffe, daß das beschlossen werden wird.

Wir haben damit eine Vervollständigung und rechtliche Klarstellung geschaffen, aber auch einen Schritt gesetzt, den andere Staaten in Europa noch setzen werden. Ich weiß, daß es auch in anderen Ländern Überlegungen in die Richtung gibt, für diese Gruppe gesetzliche Regelungen zu schaffen. Ich hoffe, daß dieses Gesetz, mit welchem wir für eine kleine, aber wichtige Zahl von Mitarbeitern im Gesundheitsbereich eine wichtige gesetzliche Grundlage schaffen, auch Ihre Zustimmung finden wird! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.33


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Gestatten Sie mir bitte folgenden Hinweis: Da die Anzeige der Redezeitbeendigung im Augen­blick nicht funktioniert, werde ich jeweils eine Minute vor Beendigung der Redezeit ein kurzes Zeichen mit der Glocke geben. Wenn ich dieses Glockenzeichen gebe, hat der jeweilige Redner noch eine Minute Restredezeit.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minu­ten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.33


Abgeordnete Edith Haller¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn man sich sämtliche Tagesordnungspunkte dieser Gesundheitsdebatte an­schaut, kann man feststellen, daß eigentlich der gesamte Bereich familienrelevant ist. Mir als Familiensprecherin der Freiheitlichen Partei liegen aber vor allem zwei Bereiche besonders am Herzen, und ich möchte es nicht verabsäumen, auf diese Punkte einzugehen.

Im Zusammenhang mit den Anträgen der Liberalen und der Grünen betreffend Legalisierung und Entkriminalisierung von Drogen und die ärztliche Heroinabgabe kann ich die Ausführungen meiner Kollegin Povysil nur bekräftigen. Von freiheitlicher Seite kommt dazu natürlich eine strikte Absage; anders kann es gar nicht sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir alle wissen, daß die Meinungen betreffend diese Geißel der Menschheit, die Drogenab­hängigkeit, sehr unterschiedlich sind, und wir wissen auch, daß keine Regierung dazu bisher das Gelbe vom Ei gefunden hat. Auch die Meinungen der Experten divergieren gewaltig. Aller­dings lehnen 61 Prozent der österreichischen Bevölkerung die Freigabe von Drogen ab, und da­mit haben sie haben vollkommen recht. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es hat bereits genügend warnende und kritische Stimmen in Anbetracht der Liberalisierung des Suchtmittelge­setzes gegeben, und zwar vorher und nachher.

Ich zitiere jetzt aus einer Stellungnahme des Innsbrucker Richters Geisler, der seit zehn Jahren am Landesgericht Innsbruck diese Position in bezug auf Drogendelikte bekleidet, und ich muß sagen: Aus freiheitlicher Sicht können wir ihm nur zustimmen. Er sagt, daß er für die erfolgte Liberalisierung kein Verständnis aufbringen kann, und er ist sicher einer, der die Szene wie kein anderer kennt. Seiner Meinung nach geht die bereits erfolgte Liberalisierung am Kern des Pro­blems vorbei. Er sagt wörtlich: „Ein Mediziner hat mir einmal gesagt, für die Süchtigen ist die größte Härte die größte Güte.”

Das Motto „Behandlung statt Strafe“, unter dem die Liberalisierung gelaufen ist, würde er lieber in „Behandlung und Strafe“ umwandeln, denn er weiß aus seiner Erfahrung, daß bei sehr vielen Ab­hängigen die Therapiewilligkeit nur ein Lippenbekenntnis ist. Sie erklären sich nur deshalb dazu bereit, um einer eventuellen Strafe zu entgehen.

Außerdem können Sie in diesem Bericht nachlesen, daß Richter Geisler auch keine Freude mit der sogenannten Methadon-Substitutionsbehandlung hat, weil diese die Gefahr in sich birgt, daß die Sucht fixiert wird.

Liberale und Grüne fordern jedoch die gänzliche Freigabe, so unter dem Motto „Macht euch ruhig selbst kaputt, das ist liberal!“. – Ich bitte Sie, in diesem Zusammenhang zu bedenken, daß diese Sucht auch die Mitmenschen kaputtmacht. Ich möchte daran erinnern, daß jetzt eine neue Studie der Innsbrucker Gerichtsmedizin über die Gefährlichkeit von Drogen im Straßenverkehr vorliegt. Ich habe bereits im Jahre 1993 auf eine Studie der gerichtsmedizinischen Abteilung in München verwiesen, in welcher bereits damals festgestellt wurde, daß 25 Prozent aller Unfälle im Straßenverkehr auf Drogenbeeinflussung zurückzuführen sind. In der Schweiz gibt es eine Studie, in welcher in diesem Zusammenhang von 40 Prozent gesprochen wird.

Wenn wir heute anschließend an die Debatte dieser Tagesordnungspunkte im Rahmen der Änderung des Führerscheingesetzes eine „weiche“ Entschließung annehmen, in welcher jetzt endlich einmal ein konkretes Prüfungsverfahren in diesem Bereich und eine entsprechende ge­setzliche Handhabe gefordert werden, dann muß ich sagen: Es ist höchste Zeit – und eigentlich schon fünf Minuten nach zwölf!

Ich möchte noch kurz auf den Antrag von uns Freiheitlichen betreffend die bundeseinheitliche Anerkennung des Berufes von AltenfachbetreuerInnen eingehen: Ich selbst bin seit zwölf Jahren Obfrau eines Tiroler Gesundheits- und Sozialsprengels, und ich glaube, daß ich mit Ihnen, Frau Ministerin, konform gehe, wenn ich sage, daß die Tiroler Lösung im Bereich der Altenbetreuung eine sehr gute ist und daß auch die Ausbildung an der Innsbrucker Caritas-Schule eine sehr gute ist. In Tirol gibt es parteienübergreifenden Konsens und einen parteienübergreifenden For­derungskatalog zum Ausbau der Alten- und Behindertenpflege.

Frau Bundesministerin! Wenn wir Freiheitlichen mit unserem Antrag eine Artikel-15a-Vereinba­rung betreffend bundeseinheitliche Anerkennung des Altenpflegeberufes einfordern, dann hoffe ich, bei Ihnen und auch bei einigen Ihrer Kollegen und Kolleginnen auf Verständnis zu stoßen!

Ich finde es wirklich skurril, daß man einerseits gerade im NAP den größten Hoffnungsbereich für zusätzliche Arbeitsplätze im Gesundheitsbereich sieht, andererseits aber die Schaffung eines einheitlichen Berufsbildes für diesen Bereich ablehnt.

Wir werden diesen Antrag heute wieder einbringen, auch wenn Sie ihn ablehnen, weil wir über­zeugt davon sind, daß gerade in diesem Bereich durch die Schaffung eines einheitlichen Berufs­bildes neue Arbeitsplätze geschaffen werden können, und weil wir meinen, daß es eine Höher­qualifizierung in diesem Bereich geben soll, ja muß, und weil wir überzeugt davon sind, daß das nicht nur beschäftigungslosen Frauen zugute kommt, sondern auch der immer älter werdenden österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.39


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Buder. Das Glockenzeichen wird andeuten, daß Sie dann noch eine Minute Redezeit haben. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.39


Abgeordnete Hannelore Buder¦ (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die heutige Änderung des Gesundheits- und Kranken­pflegegesetzes stellt – wie Sie, Frau Ministerin, schon gesagt haben – eine Anpassung an die Bedürfnisse der Praxis dar.

Nach dem alten Krankenpflegegesetz aus dem Jahre 1961 war es gestattet, im intramuralen Bereich im Notfall auch in einem anderen Bereich als dem erlernten Spezialpflegebereich tätig zu sein. Im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz war die Möglichkeit der Übernahme des Personals in die Allgemeinpflege auf Antrag des Spitalserhalters durch eine Bestätigung des Landeshauptmannes bis zum 31. Dezember 1997 vorgesehen. Leider haben es – außer in Wien – alle Spitalserhalter in den Ländern verabsäumt, diese Genehmigungen zu beantragen. Daher dürften 300 bis 400 Personen nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz arbeiten.

Der vorliegende Antrag sieht vor, daß bei entsprechender Berufstätigkeit in der Allgemeinpflege, wenn man mindestens sechs Monate vollbeschäftigt oder entsprechend länger teilzeitbeschäf­tigt war, die bisherige Tätigkeit auch unter Berücksichtigung des Geltungsbereiches des Ge­sundheits- und Krankenpflegegesetzes weiter ausgeübt werden kann. Die bisher geltende Frist für die Bestätigung des Landeshauptmannes wird dadurch ausgesetzt.

Wichtig ist es meiner Meinung nach auch, daß im § 84 Abs. 2 eine Regelung geschaffen wird, nach welcher die Möglichkeit der schriftlichen Anordnung für die Pflegehelfer im extramuralen Bereich per Telefax vorgesehen ist, und daß im § 84 Abs. 4 die erlaubten Tätigkeiten, die im Einzelfall unter Aufsicht des gehobenen Personals nach schriftlicher ärztlicher Anordnung vom Pflege­helfer durchgeführt werden dürfen, aufgezählt werden. Dieser Katalog wurde durch Tätig­keiten wie das Anlegen von Verbänden, Messen von Blutdruck, Temperatur et cetera und ein­fache Wärme- und Lichtanwendungen ergänzt. Auch dabei ist eine Übermittlung der schrift­lichen An­ordnung per Telefax oder im Wege automationsunterstützter Datenübertragung zuläs­sig, sofern die Dokumentation gewährleistet ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige Worte möchte ich noch zum Kardiotechniker-Gesetz sagen; inhaltlich wird sich Kollegin Konrad näher damit befassen. Manche vertraten im Ausschuß und auch heute hier im Plenum die Meinung, daß für derzeit 39 Kardiotechniker, die an Herz-Lungen-Maschinen arbeiten, ein Gesetz nicht notwendig sei. – Ich meine, daß es sehr wohl notwendig war, die entsprechende Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Denn die jetzt Tätigen waren bis heute zu dieser Tätigkeit nicht befugt, und im Falle eines Zwischenfalles hätten so­wohl die Ärzte, die diese Tätigkeit an Personen ohne entsprechende Berechtigung delegieren, als auch die Ausübenden strafrechtliche Konsequenzen zu gewärtigen gehabt. Daher werden wir auch diesem Gesetzentwurf gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.42


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Wie sichtbar war, funktioniert die optische Anzeige wie­der; das Klingelzeichen ist damit entbehrlich.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschrän­kung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.42


Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Im Zusammenhang mit dem Kardiotechniker-Gesetz wird immer wieder kritisiert, daß für 39 Leute ein Gesetz gemacht wird. – Dazu möchte ich fol­gendes sagen: Die, die das kritisieren, waren noch nie in einem Herz-OP. Ich war wahrschein­lich als einziger hier im Plenum bereits Mitoperateur in einem Herz-OP, und ich kann Ihnen sagen, daß es ein beeindruckendes Erlebnis ist, wenn man einmal sieht, wie schwierig das ist: Das menschliche Herz wird abgekühlt, es hört auf zu schlagen, es blutet wie wahnsinnig, und man muß in Zehntelsekundenschnelle an die Herz-Lungen-Maschine anschließen und alle rich­tigen Maßnahmen setzen. Alles muß klappen. Es müssen Hunderte Schritte gesetzt werden, und man kann vieles falsch machen. In Österreich nehmen wir 6 000 diesbezügliche Eingriffe im Jahr vor, und ich glaube, im Sinne unserer Patienten kann alles gar nicht genau und sicher ge­nug geregelt sein. Das ist meiner Meinung nach der entscheidende Punkt bei diesem Gesetz! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Motter: Dazu braucht man doch kein eigenes Gesetz!)

Zweiter Punkt: Frau Ministerin, Sie waren wegen der Protestaktionen der Ärzte verwundert, die morgen stattfinden sollen, weil Sie meinen, daß es dafür keine sachliche Basis gäbe. – Ich kann Ihnen sagen: Würden Sie eine genaue Diagnose stellen, könnten Sie feststellen, daß von den Turnusärzten, die mit ihrer Ausbildungssituation unzufrieden sind, über die Uni-Ärzte, die mit der Forschungssituation und ihren Karrierechancen unzufrieden sind, bis zu den niedergelassenen Ärzten mit Landapotheke et cetera tiefer Frust herrscht. Stadtrat Rieder hat die Diagnose ge­stellt, daß die Ärzte resignieren und der Zug in die falsche Richtung läuft. Der Harvard-Professor und Wiener Arzt Köck hat gesagt, daß wir ein reformunfreudiges System haben.

Das würde ich zwar so nicht unterschreiben, aber: Immerhin läuft europaweit eine große Ge­sundheitsreform. Es gibt entsprechende Diskussionen, und Sie sind auch in Anbetracht der EU-Präsidentschaft aufgerufen, daran mitzuwirken. Ein wichtiger Punkt dabei ist, daß wir uns in einer Altersfalle befinden: Die Leute werden immer älter, die Medizin wird immer leistungs­fähiger.

Daher ist es meiner Meinung nach fatal, Frau Ministerin, wenn Sie in dieser heiklen Situation noch Öl ins Feuer gießen und eine Neiddebatte über die „reichen Ärzte“ beginnen. – Zahlen Sie mir den Differenzbetrag zu den Zahlen, die Sie genannt haben, dann werde ich ein etwas reicherer Mann sein!

Auch das „Argument“, daß die Ärzte „faul“ sind und so wenig ordinieren, ist meiner Ansicht nach nicht notwendig. – Ich appelliere an Sie, uns gemeinsam zu bemühen, von diesen Emotionen wegzukommen! Letztendlich ist die Stärke des österreichischen Gesundheitssystems sehr stark abhängig von der Motivation aller. Setzen Sie, Frau Minister Hostasch, Ihre Fähigkeit, die Sie wirklich in großem Maße besitzen, nämlich Ihre Fähigkeit zum Gespräch, ein! Ich glaube, das braucht das Gesundheitsministerium besonders in dieser Phase. Dann wird ein aus Ihrer Sicht möglicherweise sinnloser Konflikt etwas weniger sinnlos werden! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.46


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Konrad. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.46


Abgeordnete Dr. Helga Konrad¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich habe bereits angekündigt, daß ich zum Bundesgesetz über den kardiotechni­schen Dienst Stellung nehmen möchte.

Aus Sicht der sozialdemokratischen Fraktion begrüße ich dieses Gesetz, weil es einen weiteren Schritt zur Professionalisierung im Gesundheitsbereich darstellt. Diese Professionalisierung ist meines Erachtens dringend notwendig, damit wir in Österreich unser hochwertiges medizini­sches Leistungs- und Versorgungsangebot weiterhin nicht nur gewährleisten, sondern auch aus­bauen können.

Durch die fortschreitende Technisierung der Medizin, der Chirurgie und besonders der Herz­chirurgie haben sich mittlerweile seit einigen Jahren Aufgaben entwickelt, die von einer neuen Berufsgruppe, den Kardiotechnikerinnen und Kardiotechnikern, ausgeführt werden. Dieser Beruf, der eine hohe Qualifikation erfordert, war bis jetzt in Österreich noch nicht gesetzlich ge­regelt. Bislang gibt es in Österreich kein definiertes Berufsbild und keine spezielle, für die Be­rufsausübung verpflichtende Ausbildung. Die 39 Kardiotechniker, die derzeit in neun Herzzen­tren arbeiten, wurden an ihrem jeweiligen Arbeitsplatz angelernt und mußten und müssen sich ihr Spezialwissen in Eigenverantwortung erarbeiten.

An diesem Punkt möchte ich auf die Kritik eingehen, die hier geäußert wird, daß für 39 Perso­nen ein eigenes Gesetz geschaffen wird: Es geht bei diesem Gesetz nicht nur um jene 39 Per­sonen, die diesen Beruf derzeit ausüben, sondern es geht um die Qualitätssicherung dieser not­wendigen medizintechnischen Leistung. Dadurch ist das Gesetz mehr als gerechtfertigt.

Mit der gesetzlichen Regelung des Berufs des Kardiotechnikers und der Kardiotechnikerin und einer entsprechend qualifizierten Ausbildung wird Österreich – gemeinsam mit Italien – vorbild­haft in der EU sein. Bis jetzt gibt es nämlich nur in Italien eine gesetzlich geregelte Ausbildung, nämlich ein dreijähriges Hochschulstudium. In den anderen EU-Staaten gibt es derzeit keine Regelungen für diese Berufsgruppe, wohl aber Bestrebungen, die genau in die Richtung der jetzt in Österreich vorliegenden Regelungen gehen.

Die geregelte Ausbildung, mit der einheitliche, verbindliche Standards geschaffen werden, stellt neben der Formulierung eines detaillierten Berufsbildes einen Schwerpunkt des Gesetzes dar. Derzeit werden Kardiotechniker von einer Krankenanstalt in ein Dienstverhältnis aufgenommen und sozusagen angelernt. Im neuen Ausbildungsmodell, das im Gesetz vorgesehen ist, werden qualifizierte Personen in einem Dienstverhältnis zu einer Krankenanstalt ausgebildet, die als Ausbildungsstätte anerkannt ist.

Besonders im Interesse der Qualitätskontrolle ist die geplante Einrichtung des kardiotechni­schen Beirates zu sehen. Er ressortiert zur Bundesministerin für Arbeit, Soziales und Gesund­heit und soll auch als Prüfungskommission fungieren. Die Sorge, daß daraus zusätzliche Kosten erwachsen, ist unbegründet, denn die Mitglieder des Beirates werden diese Funktion ehrenamt­lich ausüben.

Abschließend: Aus Sicht meiner Fraktion begrüße ich dieses Gesetz nicht nur deshalb, weil es der beruflichen Qualifizierung im Gesundheitsbereich dient, sondern auch deshalb, weil es ein Berufsfeld erschließt und bekanntmacht, das bisher weitgehend unbekannt gewesen ist, und zwar als hochqualifiziertes Arbeitsfeld auch für junge Menschen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.51


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Sonja Moser. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.51


Abgeordnete Dr. Sonja Moser¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Als Familiensprecherin unserer Partei möchte ich zum Antrag der Grünen betreffend Legalisierung von Cannabis und dem Antrag der Liberalen betreffend Entkri­minalisierung von Cannabis Stellung nehmen.

Für die ÖVP ist es undenkbar, daß eine Freigabe von Drogen erfolgt. Wir können uns eine Ent­kriminalisierung von Drogensüchtigen vorstellen (Beifall bei der ÖVP) – das sind Kranke –, aber niemals eine Freigabe von Drogen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Ein kurzer Blick nur auf das „Paradebeispiel“ Holland: Die EU versucht dort seit Jahren, die vor­genommene Liberalisierung der Drogengesetze wieder in den Griff zu bekommen. Es ist eine Verneunfachung bei LSD- und eine Verdreißigfachung bei Ecstasy-Trips festzustellen. – Das kann doch wirklich nicht das Ziel sein!

Ich beschäftige mich nun seit über zwölf Jahren mit Jugendszenen, Jugendkulturen und Jugend­kulten und habe zwei direkte Zugänge für Drogenkonsum herausgefunden. Das eine ist die „Lebensbewältigung“. Drogen dienen dabei der Kompensation von Wirklichkeit oder, wenn man so will, der Flucht aus emotionalen und/oder sozialen Defizit- und Desintegrationsgefühlen. Der „klassische“ Drogensüchtige konsumiert nach diesem Funktionsmuster. Wie einschlägige wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, praktizieren Süchtige in der Regel polytoxikomanen Drogenkonsum. Sie tendieren zu harten Drogen und werden dabei in der Regel sozial auffällig.

Der zweite Zugang führt über den Lebensstil. Einfach ausgedrückt, geht es um die Symbol­welten der Szene: Kleidung, Sprache, Musik, Eßgewohnheiten und die Droge passen zu einer Szene. So gehört zum Beispiel zur Punkszene das Bier, zur Skaterszene Cannabis und zur Technoszene Ecstasy und Amphetamine.

Drogenmythen haben in den jugendkulturrelevanten Pop- und Musikkulturen eine lange Tradi­tion. Seit den sechziger Jahren wurde und wird Jugendkultur, in der Regel vermittelt über die Musik, in der einen oder anderen Form mit Drogen assoziiert. Immer schon sah man in der Wir­kung von Popmusikkultur oder Popkultur eine potentielle Gefährdung der Jugendlichen: zum einen, weil man die Leitbildwirkung jener Pop- und Rockstars fürchtete, die einen drogenorien­tierten Lebensstil zur Schau trugen, zum anderen, weil etliche Rocktexte Drogengebrauch thematisierten und insofern – so nahm man auch an – zum Drogenkonsum verführen sollten.

„Kampf dem toleranten Drogenumfeld“, so lautete auch die UNO-Devise. Aus drei Studien – der Grazer, der Hamburger und der Kölner Studie – wissen wir, welche Drogen zu welchem Pro­zentsatz genommen werden. 69 Prozent der befragten Jugendlichen aus der Technoszene hatten zum Beispiel Erfahrung mit Cannabis, 49 Prozent mit Ecstasy, 44 Prozent haben bereits Amphetamine genommen, 37 Prozent Halluzinogene wie LSD, und 31 Prozent haben Erfahrung mit Kokain.

Forderungen ergeben sich auf zwischenmenschlicher und auf nationaler Ebene. Das vorlie­gende „World Competitiveness Yearbook“ listet im Detail die Stärken und Schwächen der 46 untersuchten Staaten auf. Note eins erreicht Österreich bei sozialer Sicherheit, Papierrecycling-Quote und Lebensqualität. Wir können es uns also leisten, gegenseitige Rücksichtnahme zu üben. Die nationale Ebene wäre zum Beispiel damit angesprochen, daß wir meinen: Erstens: Geschäft ist nicht Geschäft, wenn Alkohol ausgeschenkt und nicht nach dem Alter gefragt wird. Zweitens: die „No drugs“-Kampagne unserer Bundesministerin Gehrer, und drittens, daß stabile und intakte Familien immer noch Halt und Geborgenheit bieten.

Meine Damen und Herren! In bezug auf Schulärzte ist – viertens – festzuhalten, daß im Jahre 1988 zum Beispiel nur 200 Schüler 200 Ärzte aufgesucht haben, im Jahre 1998 aber 12 000. Der nächste Schritt wäre dann die internationale und die weltweite Zusammenarbeit.

Die Zielvorstellung sind ein sicheres Österreich und die Vision von einer drogenfreien Gesell­schaft. (Beifall bei der ÖVP.)

22.56


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Guggen­berger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.56


Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich ausschließlich mit den zwei vorliegenden Anträgen der Grünen und der Liberalen zum Thema Legalisierung beziehungs­weise Entkriminalisierung des Konsums von „weichen“ Drogen beschäftigen. Wir haben erst vor kurzem das Suchtmittelgesetz nach langen Debatten hier im Hause behandelt und beraten, und wir dürfen auch heute an dem festhalten, wozu wir uns damals bekannt haben, nämlich an dem Motto „Helfen statt Strafen“. Das war und wird auch in Zukunft das Motto der Drogenpolitik in unserem Lande sein. (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf mich jetzt auf eine Enquete beziehen, die die sozialdemokratische Bundestagsfraktion vor kurzer Zeit zum Thema „Weiche Drogen“ durchge­führt hat. Da wurde von all den bundesrepublikanischen Experten die Meinung vertreten, daß es nicht zulässig sei, Cannabis zu verharmlosen. Es sei ein variables Gemisch von psychotropen, toxischen und in ihrer Wirkung und Interaktion zum Teil völlig unerforschten Komponenten. Der Wirkstoff THC – was immer das ist; ich bin kein Mediziner – verweilt wochenlang im Körper, was unter anderem heißt, daß auch Gelegenheitskonsumenten lange Zeit nicht drogenfrei sind. Cannabis schädigt vor allem das Zentralnervensystem, die Lunge und das Immunsystem. Bei Schwangeren wird auch der Fötus mitbetroffen. – Das heißt, von einer schicken Verharmlosung muß dringend abgeraten werden.

Damit ist überhaupt nicht gesagt, daß nicht andere Drogen, die kulturell anerkannt sind – wie etwa Alkohol oder Nikotin –, genauso gefährlich, wenn nicht noch gefährlicher oder schädlicher sind. Nur vermag ich nicht zu erkennen, meine sehr geehrten Damen und Herren, worin der Fortschritt liegen soll, wenn wir neben Hunderttausenden Alkoholkranken und neben Hundert­tausenden Nikotinsüchtigen auch noch Drogensüchtige akzeptieren. Das kann ich nicht als Fort­schritt erkennen.

Bei einer Legalisierung des Drogenkonsums, wie sie die Grünen beabsichtigen, würde zweifels­ohne der Konsum steigen, weil die Droge verfügbar wäre, weil sie leichter erhältlich wäre, ja weil man sie an jeder Ecke bekommen könnte. Die leichtere Verfügbarkeit würde zweifelsohne auch zu einer Preissenkung führen. Der zögerliche Probierer, der jetzt noch davor zurückschreckt, würde dann auch darauf zurückgreifen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Prävention würde konterkariert werden. Was hätte es für einen Sinn, daß das Sozialministerium in einer millionenschweren Kampagne unter dem Titel „Smoke sucks“ versucht, junge Menschen vom Rauchen abzuhalten – und gleichzeitig würde man dem Drogenkonsum Tür und Tor öffnen? – Aus meiner Sicht wäre das ein Para­doxon, das nicht aufzulösen ist. Deshalb bleiben wir bei unserer Haltung, wie wir sie seinerzeit schon eingenommen haben. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Etwas differenzierter darf ich den Antrag des Liberalen Forums betrachten, da er von einer bloßen Entkriminalisierung ausgeht. – Liebe Frau Kollegin Sonja Moser, Sie sind vor mir am Wort gewesen, deshalb möchte ich jetzt so unverdächtige Zeugen wie den Tiroler Suchtbeirat, die Tiroler Caritas oder die Tiroler Ärztekammer in den Zeugenstand rufen, die auch ihre Zweifel daran haben, ob denn diese Kriminalisierung der Weisheit letzter Schluß sei. Man könnte durchaus einmal darüber nachdenken, ob nicht das eine oder andere Mal vielleicht allzu früh mit der Keule des Strafrechts auf junge Menschen losgegangen worden ist. (Abg. Dr. Khol: Herr Hofrat! – Abg. Dr. Kostelka – in Richtung des Redners –: Hör nicht auf ihn!)

Das ist das einzige, was ich in dieser Debatte sehr differenziert, sehr leidenschafts- und emotionslos zu bedenken geben möchte. – Im übrigen aber sind wir der Meinung, daß das Suchtmittelgesetz, so wie wir es damals beschlossen haben, und die damals geltenden Prinzi­pien heute und auch in Zukunft ihre Gültigkeit haben. Für uns gibt es nichts daran zu rütteln. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.00


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann. – Bitte, Frau Doktor.

23.01


Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Haidlmayr hat eine Gesetzesnovelle für das Recht des Patienten auf den Arztbrief gewünscht. Das ist nicht nötig, denn das Recht des Patienten auf den Arztbrief und die Einsicht in die Krankengeschichte ist schon lange gesetzlich fixiert.

Nun zu meinem eigentlichen Thema: Die Freigabe von Cannabis und die Abgabe von Heroin auf Krankenschein lehnen wir von der SPÖ aus Verantwortungsbewußtsein für die Jugend ab. Cannabis mag in einigen wissenschaftlichen Arbeiten als ungefährlich gelten; andere Arbeiten beweisen hingegen das Gegenteil. Es ist unwahrscheinlich, daß eine psychotrope Substanz keine Rezeptorbindung eingeht oder Veränderungen hervorruft.

Alkohol und Nikotin sind gesundheitsgefährdende Suchtmittel; neue freizugeben, ist der falsche Weg. Kein Alkohol- und Nikotinabhängiger wird auf seine Droge verzichten, aber mehr Men­schen werden abhängig werden. Junge Menschen müssen lernen, Frustration zu verarbeiten und nicht in eine Traumwelt auszuweichen. Das ist zwar unbequem, aber zukunftsweisend. (Abg. Mag. Kukacka: Sehr gut! Das ist meine Meinung!)

Zurückkommend auf die medizinische Wirkung, ist folgendes festzuhalten: Eine gewisse Wirk­samkeit bei ausgewählter Indikation ist zwar vorstellbar, beweisbar aber nur mit Studien und nicht mit Haschischrauchen. Viele beschuldigen Mediziner, leichtfertig mit Medikamenten am Patienten zu experimentieren – in diesem Falle fordern sie es sogar.

Soviel mir bekannt ist, wird in einer AKH-Studie die Wirksamkeit von Tetrahydrocannabinol – von THC – ausgetestet. Kein Politiker hindert Ärzte daran, Studien zu beantragen, mittels derer die Therapie eines bestimmten Wirkstoffes in definierter Menge für ausgewählte Indikationen er­forscht wird. Da Heroin aggressionserregend wirkt, ist es bei uns kein zugelassenes Medika­ment; weil es aber stark Hustenreiz stillend ist, ist es mancherorts für Patienten mit Bronchus­karzinom im Endstadium und bei TB zugelassen.

Morphinderivate sind jedoch zur Verhinderung physischer und psychischer Entzugserscheinun­gen austauschbar. Intravenös angewendetes Heroin führt zu rascher Anflutung des Gehirns; das wirkt suchtfördernd. Orale Opiate – wie beim Methadon-Programm – fluten langsam an, haben ein geringeres Suchtpotential, ermöglichen eher die soziale Integration und Berufstätig­keit und verhindern das Infektionsrisiko durch Injektionsnadeln.

Meine Damen und Herren! Die derzeitige Gesetzeslage mit dem Prinzip „Helfen statt Strafe“ ist gut. Der opportunistischen oder auf therapeutischer Bequemlichkeit beziehungsweise Nihilismus beruhenden Forderung nach Freigabe von Cannabis beziehungsweise Heroin als Medikament für Abhängige wird meine Fraktion, da ihr die Jugend und sozial Schwächere am Herzen liegen, nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.04


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Weitere Wortmeldungen liegen zu diesen Punkten nicht vor. Die­se Debatte ist geschlossen.

Ein Wunsch auf Berichterstattung am Ende der Debatte liegt ebenfalls nicht vor.

Wir kommen daher zur Abstimmung; sie wird über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vor­genommen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1269 der Beilagen.

Dazu liegt ein Abänderungsantrag der Frau Abgeordneten Haidlmayr vor.

Ich werde zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und sodann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Frau Abgeordnete Haidlmayr hat einen Abänderungsantrag hinsichtlich Artikel I Z 2 und Z 6 sowie Artikel III § 24 Abs. 2 des Gesetzentwurfes eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag Haidlmayr stimmen, um ein Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile dieses Ge­setzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Damit ist die zweite Lesung beendet. Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung ertei­len, um ein Zeichen. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1272 der Bei­lagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag des Abgeordneten Dr. Pumberger vor.

Ich werde auch in diesem Fall zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag Pum­berger betroffenen Teile und sodann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Ge­setzentwurfes abstimmen lassen.

Herr Abgeordneter Dr. Pumberger hat einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I §§ 8, 9 und 13 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag Pumberger zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Es wird somit über die entsprechenden Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Aus­schußberichtes abgestimmt.

Ich bitte im Falle der Zustimmung um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, daß diese Teile des Gesetzentwurfes mit Mehrheit angenommen sind.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile dieser Vorlage samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte im Falle der Zustimmung um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, daß diese Teile in zweiter Lesung mit Mehrheit beschlossen sind.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Im Zusammenhang damit gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsaus­schusses, seinen Bericht in 1148 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Kenntnisnahme ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit beschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht in 1149 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung darf ich um ein entsprechendes Zeichen ersuchen. – Dieser Bericht ist gleichfalls mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht in 1150 der Bei­lagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte im Falle der Zustimmung um ein Zeichen. – Ich stelle fest, die Kenntnisnahme des Be­richtes in 1150 der Beilagen erfolgt mit Mehrheit.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Be­richt in 1151 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch in diesem Fall darf ich bitten, daß sich die Damen und Herren im Falle der Zustimmung von den Sitzen erheben. – Ich stelle fest, die Kenntnisnahme erfolgt mit Mehrheit.

Ich weise den Antrag 666/A (E) dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zu.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht in 1270 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit beschlossen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht in 1271 der Bei­lagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich darf im Falle der Zustimmung bitten, sich von den Sitzen zu erheben. – Die Zustimmung zu diesem Antrag erfolgt mit Mehrheit.

Damit haben wir diesen Teil der Tagesordnung erledigt.

28. Punkt

Bericht und Antrag des Verkehrsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 und die 3. StVO-Novelle geändert wer­den (20. StVO-Novelle) (1225 der Beilagen)

29. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungsantrag 527/A (E) der Abgeord­neten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend flankierende Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr (1221 der Beilagen)

30. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 618/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßen­verkehrsordnung 1960 (StVO) geändert wird (1222 der Beilagen)

31. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungsantrag 779/A (E) der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend nationales Verkehrssicherheitspro­gramm „Sicherheit 2000“ (Maßnahmenbündel zur Hebung der Verkehrssicherheit) (1227 der Beilagen)

32. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungsantrag 556/A (E) der Abgeord­neten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Maßnahmenpaket zur Vermeidung einer Transitlawine als Folge der verzögerten Installation der elektronischen Ökopunkte­kontrolle (1240 der Beilagen)

33. Punkt

Bericht und Antrag des Verkehrsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (20. KFG Novelle) und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden (1226 der Beilagen)

34. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 762/A der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka, Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (BGBl. I Nr. 120/1997) geändert wird, und

über den Antrag 694/A der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz, BGBl. I Nr. 120/1997, geändert wird (1224 der Beilagen)

35. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 714/A der Abgeordneten Mag. Tho­mas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG 1997) geändert wird (1223 der Bei­lagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen jetzt zu den Punkten 28 bis 35 der Tagesordnung. Diese Punkte sind zusammengezogen worden, sodaß die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Franz Lafer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.12


Abgeordneter Franz Lafer¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben in letzter Zeit in vier Unterausschüssen und einem Vollausschuß über die Verkehrssicherheit und diesbezügliche Maßnahmen beraten. Dazu ist zu sagen, daß die abgehaltenen Unterausschüsse zwar sehr informativ waren, aber über die Vorlagen, die heute dem Parlament vorliegen und auch dem Vollausschuß im letzten Moment vorgelegt wur­den, konnte nicht beraten werden.

Es sind einige Dinge dabei – wie etwa das Führerscheingesetz, das KFG oder auch ein Ent­schließungsantrag –, denen wir absolut positiv gegenüberstehen, zum einen, weil entspre­chende Korrekturen unbedingt erforderlich sind, und zum zweiten, weil auch positive Maßnah­men in bezug auf die Verkehrssicherheit enthalten sind.

Der Vorlage zur 20. StVO-Novellierung können wir aus drei Gründen nicht zustimmen: zum ersten, weil für die Ausrüstung von Fahrrädern kein Mindeststandard vorgesehen ist; zum zwei­ten, weil für die Rollschuhfahrer – wie in der StVO angeführt – keine Schutzvorrichtungen vorge­sehen sind; und zum dritten – das ist sicherlich der wesentlichste Punkt –, weil überhaupt keine Bestimmungen über die Suchtgiftbeeinträchtigung beim Lenken eines Fahrzeuges inbegriffen sind.

Ich weiß, daß demgegenüber der Vorwurf kommen wird, solche Bestimmungen seien im Ent­schließungsantrag enthalten. Aber das ist uns zu wenig weitreichend. Deshalb haben wir einen Abänderungsantrag eingebracht und den Präsidenten ersucht, ihn zur Verteilung zu bringen. Es ist ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Ing. Meischberger, Lafer, Dr. Preisinger, in dem es um die Bestimmungen des § 5 geht. Dieser Paragraph ist jedem hier im Hause hinlänglich be­kannt. In den einzelnen Bestimmungen ist neben der Alkoholbeeinträchtigung auch eine Beein­trächtigung durch Suchtgift angeführt, und zwar durch Suchtgift nach der Definition des Sucht­giftgesetzes 1951 und – nach dessen Inkrafttreten – gemäß § 2 des Suchtgiftmittelgesetzes.

Weiters enthält dieser Abänderungsantrag auch den Auftrag, in einer Verordnung festzulegen, welche Methode angewandt werden kann, damit Suchtgift überhaupt nachgewiesen werden kann. In diesem Abänderungsantrag ist außerdem – wie in den Bestimmungen des § 5 – enthal­ten, daß die Vorführung zum Arzt möglich ist, um den Nachweis festzustellen. Es wird auch § 5 Abs. 6 – die Verfassungsbestimmung hinsichtlich des Suchtgiftkonsums – erweitert.

Ich denke, daß ich hiermit den Abänderungsantrag – da die Bestimmungen des § 5 hinlänglich bekannt sind – so weit erläutert habe, daß er auch in Verhandlung genommen werden kann.

Nun zu diesem Entschließungsantrag: Kollege Parnigoni, darin sind elf Punkte enthalten, denen wir unsere Zustimmung geben können. Allerdings möchte ich zum ersten Punkt eine kritische Betrachtung anstellen, und zwar zu folgender Passage: ... „eine Änderung des Führerschein­gesetzes und des Kraftfahrgesetzes mit dem Ziel von mehr Bürgernähe, Verwaltungsverein­fachung und Wettbewerb ...“ – Das verstehen meine Fraktion und ich so, daß Sie damit Ihrem eigenen Minister zum Vorwurf machen, daß er in diesem Fall Gesetze geschaffen hat, die nicht mehr nachvollziehbar sind und die sowohl für die Exekutive als auch für die Bevölkerung nicht mehr nachlesbar sind.

Wenn man bedenkt, daß man für das Lenken eines Fahrzeuges bereits vier Gesetze beachten muß – nämlich StVO, Kraftfahrgesetz, Kraftfahrdurchführungsgesetz und Führerscheingesetz –, dann ist es nicht mehr verwunderlich, daß die österreichische Bevölkerung, die österreichischen Bürger diese Gesetze absolut nicht mehr nachvollziehen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Deshalb werden wir der StVO-Novellierung nicht zustimmen. Den anderen Vorschriften werden wir aber unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.16


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Antrag, den Herr Abgeordneter Lafer in seinen Kernpunkten erläutert hat, ist ordnungsgemäß eingebracht und unterfertigt, steht mit in Verhandlung und wird aufgrund seines Umfanges nach § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung schriftlich verteilt werden. Sodann wird auch darüber abgestimmt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Walter Meischberger, Franz Lafer, Dr. Susanne Preisinger und Kollegen betreffend wirksame Maßnahmen gegen Suchtgift am Steuer

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der Antrag und Bericht des Verkehrsausschusses betreffend die 20. StVO-Novelle (1225 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

In Artikel I werden Z 4 – 8 ersetzt durch:

Z 4 § 5 die Absätze 1,2,3,4 lauten:

§ 5: Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol und Suchtgift.

(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber sowie bei Nachweis des Konsums von Suchtgift im Sinne der Definition des Suchtgiftgeset­zes 1951 beziehungsweise nach dessen Inkrafttreten des § 2 des Suchtmittelgesetzes (652 der Beilagen/NR) gilt der Zustand einer Person jedenfalls als durch Alkohol beziehungsweise Sucht­gift beeinträchtigt.

(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versu­chen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen beziehungsweise Überprüfungen hinsichtlich des Sucht­giftkonsums durchzuführen. Sie sind außerdem berechtigt, solche Kontrollen bei Personen durchzuführen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol oder Suchtgift beeinträch­tigten Zustand

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben.

Wer zu einer solchen Untersuchung aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

(3) Die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ist mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft mißt und entsprechend anzeigt (Alkomat). Der Bundesminister für Inneres hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales und dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr durch Verordnung bis längstens 31. Dezem­ber 1998 festzulegen, durch welche Methoden der Nachweis des Suchtgiftkonsums zu erfolgen hat.

(4) Die Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, Personen, die hinsichtlich des Alkoholge­halts der Atemluft oder des Suchtgiftkonsums untersucht werden sollen (Abs. 2) zum Zweck der jeweiligen Kontrolle zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich eine entsprechende Meßein­richtung befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.

Z 5 Nach Abs. 4 wird eingefügt:

(4a) Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, Personen, bei denen eine Untersu­chung gemäß Abs. 2 aus Gründen, die in der Person des Probanden gelegen sind, nicht mög­lich war und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand zu befinden, zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundes­polizeibehörde tätigen oder bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt zur Blut­abnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes beziehungsweise zum Nachweis des Suchtgiftkonsums zu bringen.

Z 6 Abs. 5 lautet:

(5) Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet wer­den kann, daß sie sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol oder der Beein­trächtigung durch Suchtgift zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bun­despolizeibehörde tätigen oder in einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2

1. keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs. 1 übersteigenden Alkoholgehalt ergeben hat oder

2. aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol oder Suchtgift zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen.

Z 7 Abs. 6 lautet:

(6) (Verfassungsbestimmung) An Personen, die gemäß Abs. 4a zu einem Arzt gebracht werden ist eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes beziehungsweise des Nachweises des Suchtgiftkonsums vorzunehmen; die Betroffenen haben diese Blutab­nahme vornehmen zu lassen.

Z 8 Abs. 7 entfällt

Z 8a Abs. 8 lautet:

(8) Ein bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabender Arzt hat eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes beziehungsweise der Kontrolle hinsichtlich des Suchtgiftkonsums vorzunehmen, wenn eine Person

1. zu diesem Zweck zu ihm gebracht wurde oder

2. dies verlangt und angibt, bei ihr habe eine Untersuchung nach § 5 Abs. 2 eine Beeinträchti­gung durch Alkohol oder Suchtgift ergeben.

Der Arzt hat die Blutprobe der nächstgelegenen Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne un­nötigen Aufschub zu übermitteln und dieser im Fall der Z 2 Namen, Geburtsdatum und Adresse des Probanden sowie den Zeitpunkt der Blutabnahme bekanntzugeben.

Z 8b Abs. 9 entfällt

Z 8c § 5a lautet:

§ 5a (1) (Grundsatzbestimmung) Der Rechtsträger einer öffentlichen Krankenanstalt hat dem diensthabenden Arzt die für eine Blutabnahme gemäß § 5 Abs. 8 erforderlichen Einrichtungen der Anstalt zur Verfügung zu stellen. Die Ausführungsgesetze der Länder sind binnen sechs Monaten zu erlassen.

(2) Ist bei einer Untersuchung nach § 5 Abs. 2, 4a, 5, 6 oder 8 eine Beeinträchtigung durch Alko­hol oder Suchtgift festgestellt worden, so sind die Kosten der Untersuchung vom Untersuchten zu tragen. Die Kosten der Untersuchung sind nach den Bestimmungen des Gebührenan­spruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136, vorzuschreiben.

(3) Der Bundesminister für Inneres hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissen­schaft und Verkehr unter Bedachtnahme auf den Zweck der Untersuchung nach § 5 Abs. 2 so­wie zur Gewährleistung ihrer zweckmäßigen Durchführung die persönlichen Voraussetzungen der hiefür zu ermächtigenden Organe der Straßenaufsicht, einschließlich die Art ihrer Schulung sowie, unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik, die für eine Untersuchung der Atemluft beziehungsweise für den Nachweis des Suchtgiftkonsums geeigne­ten Geräte durch Verordnung bis längstens 31. Dezember 1998 zu bestimmen.

Z 8d § 5b lautet:

§ 5b Zwangsmaßnahmen bei Beeinträchtigung durch Alkohol oder Suchtgift

Die Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, Personen, die sich offenbar in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden (§ 5 Abs. 1), an der Lenkung oder Inbetriebnahme eines Fahrzeuges zu hindern. Zu diesem Zweck sind, falls erforderlich, je nach Lage des Falles und Art des Fahrzeuges, Zwangsmaßnahmen, wie etwa Abnahme der Fahr­zeugschlüssel, Absperren oder Einstellen des Fahrzeuges, Anlegen von technischen Sperren und dergleichen., anzuwenden. Solche Zwangsmaßnahmen sind unverzüglich aufzuheben, wenn bei der Person, gegen die sie angewendet worden sind, der durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigte Zustand nicht mehr gegeben und ihr auch nicht ein zum Lenken des betreffen­den Fahrzeuges allenfalls nötiger Führerschein nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften abge­nommen ist oder wenn eine andere Person, bei der keine Hinderungsgründe gegeben sind, beabsichtigt, das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen und zu lenken.

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Abänderungsantrag im Hinblick auf seinen Umfang schriftlich verteilen zu lassen.

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Er hat das Wort.

23.17


Abgeordneter Rudolf Parnigoni¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns mit einem sehr ernsten Thema: der Verkehrssicherheit. Das ist ein Thema, das den Tod auf der Straße zum Gegenstand hat. Es ist ganz einfach das Ziel von Verkehrssicherheitspolitik, Menschenleben zu retten. Wir wissen auch, daß es das Ziel der österreichischen Verkehrssicherheitspolitik ist, zu erreichen, daß bis zum Jahr 2005 600 Men­schen per anno weniger auf Österreichs Straßen sterben.

Das ist nicht nur eine Angelegenheit des persönlichen Leids, sondern auch eine Frage der volkswirtschaftlichen Kosten. Die EU etwa bewertet einen Toten mit 1 Million ECU. Auf 600 Tote umgerechnet, würde das insgesamt ungefähr 8,5 Milliarden Schilling jährlich ausmachen. In die­sem Be­trag sind die Kosten für die Verletzten beziehungsweise die Sachschäden noch nicht enthalten.

Die Europäische Union hat angesichts von 45 000 Verkehrstoten in der EU und 145 Milliarden ECU an volkswirtschaftlichen Kosten für Unfallschäden ein zweites Aktionsprogramm für Ver­kehrssicherheit beschlossen. Sie hat darin drei Schwerpunkte gewählt – obwohl nach dem Sub­sidiaritätsprinzip die nationalen Staaten die Maßnahmen beschließen sollen –, nämlich ein Infor­mationssystem aufzubauen, um die Effizienz der entsprechenden nationalen Maßnahmen prüfen zu können und allenfalls anderen zu empfehlen, zum zweiten für entsprechende Maß­nahmen zur Vermeidung oder Verminderung der Unfallgefahren zu sorgen – das heißt, mit ent­sprechenden Richtlinien und Kampagnen Problembewußtsein zu schaffen – und darüber hinaus in einem dritten Schwerpunkt technische Maßnahmen zu schaffen, um Unfallfolgen zu mindern. Dies würde etwa bedeuten, daß man Gurt- und Helmpflicht vorsieht und mit Aufprallschutz gesicherte Fahrzeuge herstellt.

Meine Damen und Herren! Der österreichische Weg ist der richtige. Denn zum Beispiel der Be­schluß über die 0,5-Promille-Grenze und die Kontrollmaßnahmen haben dazu geführt, daß wir die Chance haben, in diesem Jahr vielleicht an die 200 Menschenleben retten zu können. Das würde nicht nur wesentlich weniger menschliches Leid bewirken, sondern auch einen entspre­chend geringeren finanziellen Mitteleinsatz erforderlich machen.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, daß Verkehrssicherheitspolitik eine Fülle von Einzelmaß­nahmen notwendig macht. Daher haben wir nunmehr einen Entschließungsantrag eingebracht, der schon besprochen wurde. Er soll sich unter anderem mit der Liberalisierung des Fahrschul­wesens beschäftigen und hat das Ziel, das Fahrschulwesen zu dem Zweck zu liberalisieren, damit eine höhere Qualität in der Ausbildung und ein günstigerer Preis sichergestellt werden.

Kollege Lafer! Das besagt der erste Punkt der Entschließung und nicht, daß der Minister nicht bürgernahe genug agiert!

Zweitens geht es darum, sicherzustellen, daß sich die Gurteanschnallquote wiederum erhöht. Daher wird eine entsprechende Kampagne seitens des Ministers eingefordert.

Drittens geht es uns darum, sicherzustellen, daß die Harmonisierung der unterschiedlichen Ge­schwindigkeiten bei verschiedenen Fahrzeugtypen geprüft wird und allfällige Vorschläge erfol­gen.

Viertens, meine Damen und Herren, wollen wir auch sicherstellen, daß ein entsprechendes praxisnahes Prüfverfahren geschaffen und diesem Haus vorgelegt wird, mit welchem der Miß­brauch von Medikamenten oder Drogen und deren Auswirkungen auf das Fahrverhalten nach­gewiesen werden können.

Meine Damen und Herren! Diese drei Novellen bringen eine Fülle von Veränderungen, auf die meine Kolleginnen und Kollegen noch im Detail eingehen werden. Ich bin davon überzeugt, daß Herr Bundesminister Einem, die Sozialdemokraten sowie unsere Regierungsfraktion mit diesen verkehrssicherheitspolitischen Überlegungen den richtigen Weg beschreiten. Wir werden daher all diesen Maßnahmen die Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.22


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

23.22


Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesmini­ster! Meine Damen und Herren! In gebotener Kürze nehme ich zu den beiden Anträgen Stellung, die von Herrn Abgeordneten Lafer eingebracht worden sind.

Ich halte jenen Antrag, der den Bereich der Suchtgiftkontrolle betrifft, für einen etwas schlampi­gen Antrag. In Wirklichkeit ist das ein Polizeiermächtigungsgesetz, das wenig Möglichkeiten bietet, rechtsstaatliche Kautelen durchzusetzen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Gerade in Anbetracht der Ankündigungen des freiheitlichen Personalvertreters Kleindienst glaube ich, daß dieser Gesetzesantrag heute nicht positiv beschieden werden sollte. Denn wenn das wirklich Gesetz wird und die Personalvertretung der Freiheitlichen im Rahmen der Polizei das wahr macht, was Kleindienst angekündigt hat, daß sich nämlich jeder gleich 200 000 S auf die Seite legen muß, wenn er einmal Kritik an einem Polizeibeamten übt, dann ist das meiner Meinung nach ein gefährlicher Antrag! Daher würde ich mich freuen, wenn es von diesem Pult aus einmal eine Aussage dahin gehend gäbe, daß die Ankündigungen des freiheitlichen Perso­nalvertreters Kleindienst wenigstens von der freiheitlichen Nationalratsfraktion nicht so gesehen werden. Bisher vermisse ich eine solche Erklärung! (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

Zum Antrag, der die 20. StVO-Novelle betrifft und den Herr Abgeordneter Parnigoni schon ange­sprochen hat, ist nur zu sagen, daß nun jene Versäumnisse nachgeholt werden, die im Abstim-mungschaos des Sommers 1997 leider passiert sind. Wir müssen hier also heute nachsitzen und Versäumtes nachholen. Es sind darin Änderungen und endlich eine Regelung betreffend das Rollschuhfahren und das Inline-Skating enthalten. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Das Problem, Herr Abgeordneter Parnigoni, besteht darin, daß auch die Radfahrbestimmungen ge­ändert wurden. Sie sind allerdings leider noch komplizierter geworden, als sie es vorher schon waren.

Es wäre sinnvoll, in diesem Bereich wirklich einmal ein wenig auszumisten, denn die getroffenen Regelungen werden in Wirklichkeit von den Menschen nicht verstan­den und nicht beachtet wer­den können. Daher wird dadurch nicht Rechtssicherheit geschaffen, sondern nur Unübersicht­lichkeit. Ich glaube, man sollte den Mut haben, die Regelungen des Entschließungsantrages, den die Regierungsfraktionen eingebracht haben, die sich aber leider nur auf das Führerschein­gesetz und auf das Kraftfahrgesetz, nicht aber auf die StVO beziehen, auch auf die StVO zu beziehen und zu hinterfragen, ob die entsprechenden Bestimmungen überhaupt noch lesbar und – wenn ja – auch lebbar sind. Dann wird man zu dem Ergebnis kommen, daß man viele der bestehenden Bestimmungen streichen beziehungsweise verein­fachen kann.

Es fehlt aber gerade in dieser 20. StVO-Novelle jedes Zeichen in Richtung mehr Verkehrssicher­heit, Herr Abgeordneter Parnigoni. Daher erlaube ich mir, einen Entschließungsantrag betref­fend die Unfallhäufungsstellen einzubringen. Dieser lautet:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller betreffend österreichweite systematische Sanierung von Unfallhäufungsstellen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Um den zuständigen Behörden die Möglichkeit zu bieten und sie gleichzeitig zu veranlassen, ihren im § 96 Abs. 1 und 1a StVO genannten Pflichten zur Sanierung von Unfallhäufungsstellen nachzukommen, wird der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr ersucht,

die nach bundesweit einheitlichen Kriterien identifizierten Unfallhäufungsstellen dokumentieren zu lassen,

diese Dokumentation dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, dem Bundesmi­nister für Inneres, den Landesregierungen, den Bezirkshauptmannschaften, den Gemeinden so­wie dem Nationalrat zugänglich zu machen,

die Liste der Unfallhäufungsstellen – auch unter Nutzung neuer Medien – zu veröffentlichen und

bei den Entscheidungsträgern der gemäß § 96 Abs. 1 StVO zuständigen Dienststellen durch Maßnahmen der Aufklärung das notwendige Problembewußtsein für die Sanierung bestehender Unfallhäufungsstellen zu schaffen.“

*****

Wahr ist, Herr Abgeordneter Parnigoni, daß Sie in Ihrem Entschließungsantrag auf diesen Be­reich zwar Bezug genommen haben, allerdings mit dem eklatanten Versäumnis, daß gerade die einheitlichen Kriterien, nach denen Unfallhäufungsstellen zu bestimmen sind, nicht angespro­chen sind. Sie wissen, daß es gemäß § 96 Abs. 1 StVO bereits jetzt gesetzliche Lage ist, daß Unfallhäufungsstellen zu entschärfen sind. Es ist aber Tatsache, daß das nicht beziehungsweise nur in ungenügendem Maße geschieht, obwohl wir, absolut gerechnet, 25 Prozent aller Ver­kehrstoten in Österreich allein durch die Umsetzung dieser Maßnahme – ich will nicht sagen: einsparen – vermeiden könnten.

Es ist auch Faktum, daß Sie eine Arbeitsgruppe, die bereits jetzt im Ministerium existiert, einfach zu einer Kommission ernennen.

Wahr ist auch, daß Sie genau diese einheitlichen Kriterien nicht festlegen wollen, daher die Ent­schärfung der Unfallhäufungsstellen nicht stattfinden wird und somit das Problem bestehen bleibt. (Abg. Parnigoni: Wie Sie wissen, ist das Ländersache!) Das ist Ländersache. Interessant ist aber, daß gemäß diesem Entschließungsantrag, der von den Regierungsfraktionen einge­bracht wurde, etwa auch über die Erfolge beim Abbau des Schilderwaldes berichtet werden muß, und zwar dem Nationalrat, während dem Nationalrat nicht – obwohl das eine Anregung der Liberalen war – über die Entschärfung der Unfallhäufungsstellen berichtet werden muß. Dar­über muß nach der Straßenverkehrsordnung dem Herrn Bundesminister berichtet werden, was schon seit Jahr und Tag geschieht, aber nichts geholfen hat. Daß man das aber öffentlich macht und daß man es insbesondere etwa unter Nutzung neuer Medien auch für Gemeindever­treter zur Verfügung stellt und auch für andere Menschen einsichtig und einsehbar macht, so­daß man vor Ort etwas tun könnte, das ist von den Regierungsfraktionen abgelehnt worden, wiewohl ich meine, daß solche Maßnahmen zur Erreichung einer erhöhten Verkehrssicherheit sinnvoll wären. – Daher haben wir diesen Entschließungsantrag eingebracht.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Eine weitere einfache Maßnahme, die bereits mehrfach andiskutiert worden ist und zu welcher es im Hause quer durch die Fraktionen unterschiedliche Meinungen gibt, ist bisher nicht angesprochen worden, und sie ist auch von Ihrem Entschließungsantrag nicht abgedeckt: Ich spreche vom Punkteführerschein.

Wahr ist, daß wir ab 1. März 1999 ein zentrales Führerscheinregister in Österreich haben wer­den, aber wahr ist auch, daß es bisher nicht einmal einen Diskussionsentwurf für dieses Haus gegeben hat, aufgrund dessen man über den Punkteführerschein reden könnte. Und wahr ist auch, daß Sie eine Strafpunkteregelung anstreben, während die Liberalen eine andere Rege­lung vorschlagen, nämlich einen Gutpunkteführerschein, um die Eigeninitiative und auch die Eigenverantwortung anzusprechen, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, zu reagieren, bevor etwas passiert ist. (Beifall beim Liberalen Forum.) Auch dazu werden wir einen Entschlie­ßungsantrag einbringen.

Nach den Regelungen, die die Regierungsfraktionen haben wollen, kann ein Kraftfahrzeuglenker immer nur auf Null kommen, und wer „böse“ ist, kommt ins Minus und muß dann etwas tun, um das Minus auszugleichen. – Wir Liberale meinen, daß es sinnvoll wäre, daß sich Menschen, die sich im Verkehr bewegen, schon vorher mit den Fragen der Verkehrssicherheit beschäftigen und etwa durch Fahrtechnikkurse oder Seminare, die man in Fahrschulen besuchen kann – wenn es zu einer Änderung der StVO kommen sollte –, auch Gutpunkte erwerben und damit von vornherein ein Gutpunktekonto aufbauen können, das, wenn Fehler passieren, reduziert wird. Während die Regierungsfraktionen in den negativen Bereich hineinarbeiten wollen, schla­gen die Liberalen vor, daß man sich ein Modell wie in Frankreich überlegen sollte, das in den positiven Bereich geht. Unser überzeugender und kurzer Entschließungsantrag lautet daher:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und weiterer Abgeordneter betreffend Einführung eines Gutpunkteführerscheins

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, eine Regierungsvorlage betreffend Einführung eines Gut­punkteführerscheins zu erarbeiten und dem Nationalrat bis zum 31. Dezember 1998 zu über­mitteln.“

*****

Dieser Antrag ist deshalb so offen gehalten, meine Damen und Herren, weil wir Ihnen nicht das Modell, das die Liberalen bereits vorgestellt und ausgearbeitet haben, aufs Auge drücken oder auch nur versuchen wollen, Ihnen diese Idee jetzt quasi über einen Entschließungsantrag hin­einzudrücken. Wir haben diese Idee vorgestellt, und wir möchten gerne, daß sie diskutiert wird. Aber auch Sie sollen frei sein, entsprechende Vorschläge einzubringen. Daher ersuchen wir Sie, eine solche Regierungsvorlage vorzubereiten, damit wir im Interesse der Verkehrssicherheit einen großen Schritt nach vorn machen können und nicht nur ein kleines Gehopse, das uns von den Regierungsfraktionen bisher vorgeführt worden ist! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Der dritte Entschließungsantrag, meine Damen und Herren, betrifft Schritte der Liberalisierung im Bereich der Fahrschulen, und ich darf auch diesen Entschließungsantrag noch schnell ver­lesen:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und weiterer Abgeordneter betreffend Schritte der Liberalisierung im Bereich der Fahrschulen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr, wird er­sucht, eine Regierungsvorlage betreffend Novellierung der Bestimmungen über die Vorausset­zungen für den Betrieb einer Fahrschule und für die Berechtigung, als FahrschullehrerIn zu unterrichten, zu erarbeiten und dem Nationalrat bis 31. Dezember 1998 zu übermitteln.

Diese Regierungsvorlage hat insbesondere folgende Bestimmungen zu enthalten:

1. Fahrschulen können, sofern nachweislich die sachlichen Voraussetzungen gegeben sind, von jeder natürlichen und juristischen Person und an jedem österreichischen Standort betrieben wer­den.

2. BewerberInnen um eine Lenkerberechtigung und BesitzerInnen einer Lenkerberechtigung dürfen im Rahmen des Betriebs einer Fahrschule nur durch geprüfte FahrschullehrerInnen und Fahr­lehrerInnen aus- und weitergebildet werden.

3. FahrschullehrerInnen und FahrlehrerInnen wird als Nachweis des Vorliegens der entspre­chenden persönlichen Voraussetzungen und für das erfolgreiche Ablegen einer entsprechenden Lehrbefähigungsprüfung ein FahrschullehrerIn- beziehungsweise FahrlehrerInausweis ausge­stellt.

4. Der Besitz eines gültigen Ausweises und eines gültigen Führerscheines sind die hinreichen­den Voraussetzungen für die Berechtigung, als FahrschullehrerIn oder FahrlehrerIn Unterricht für die entsprechenden Fahrzeugklassen oder Unterklassen zu erteilen.“

*****

Meine Damen und Herren! Was hier so kompliziert klingt, ist schlicht und einfach das Aufbre­chen der Erbpacht, die es derzeit bei den Fahrschulen gibt. Es ist das Aufbrechen jener mög­lichen Preisabsprachen, die sich aus den örtlichen Gebundenheiten zur jeweiligen Wohnsitz-Be­zirkshauptmannschaft automatisch ergeben. Denn diese führen oft dazu, daß Personen, die nahe an einer Bezirksgrenze wohnen, nicht über die Bezirks- oder Bundeslandgrenze hinaus eine Fahrschule besuchen können, weil sie in der anderen BH die Prüfung nicht ablegen dürfen, sondern zur Wohnsitz-BH zurück müssen. Und damit wird in Wirklichkeit über verwaltungsrecht­liche Vorschriften ein Gebietskartell geschaffen.

Auch das hat Herr Bundeskanzler Klima schon am 2. Februar 1997 angesprochen, und er hat gesagt, daß das abgeschafft werden müsse. Bisher, meine Damen und Herren, ist es im Rah­men des Verkehrsunterausschusses für Verkehrssicherheitsfragen jedoch nicht möglich gewe­sen, dieses Thema auch nur zu erörtern. Das ist ein Versäumnis, von dem wir meinen, daß es unnötig ist; und damit das ehestmöglich abgestellt werden kann, wurde ein Entschließungs­antrag mit einer Frist bis 31. Dezember 1998 eingebracht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Als letzten Punkt möchte ich den Bereich der Freiwilligen Feuerweh­ren in Österreich ansprechen: Denn auch die Liberalen vertreten die Auffassung, daß man Re­gelungen finden kann, die es ermöglichen, daß bei den Freiwilligen Feuerwehren nicht unbe­dingt jederzeit nur mit 0,1 Promille gefahren werden muß, wenn es einen Einsatz gibt – obwohl das sinnvoll wäre. Aber wenn es in diesem Bereich aufgrund praktischer Durchführungsmöglich­keiten Schwierigkeiten gibt, dann kann man das unmittelbar regeln. Es ist auch von Herrn Bun­desminister Schlögl klargestellt worden, daß keine Feuerwehr im Einsatz gestoppt werden wird und alle quer durch die Bank in das Röhrchen blasen müssen, bevor sie zum Löschen weiterfahren dürfen. Das stand noch nie zur Diskussion.

Aber daß man jetzt sagt, daß man Feuerwehrfahrzeuge nur noch mit der erforderlichen Len­kerbe­rechtigung und dem erforderlichen Feuerwehrführerschein lenken darf, der neu geschaffen wird, ist schon eine Crux! Denn nach § 32a, mit welchem jetzt ein neuer Feuerwehrführerschein in das Führerscheingesetz eingeführt wird, gibt es nicht nur bestimmte Voraussetzungen dafür, sondern der Herr Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr muß auch noch eine eigene Verordnung erlassen. Und in dieser Verordnung bestimmt er dann, wie dieser Führerschein aus­zuschauen hat, was darin stehen muß, wie er auszustellen sein wird und welcher Nachweis der praktischen Kenntnis und gesundheitlichen Eignung erbracht werden muß.

Warum all das? – Nur weil im § 32a Abs. 6 Führerscheingesetz steht, daß man, wenn man einen solchen Feuerwehrführerschein hat, nicht mehr, wie im Fall des Fahrens mit C-Führer­schein oder mit D-Führerschein, darauf achten muß, daß man nur 0,1 Promille hat, sondern auch mit 0,5 Promille fahren darf.

Meine Damen und Herren! Das ist ein riesiger Aufwand: eine neue Führerscheinkategorie wird geschaffen, der Herr Bundesminister erhält eine Verordnungsermächtigung, ausgestellt wird die­ser Führerschein von den Landesfeuerwehrkommanden. Wenn der eigentliche Führerschein entzogen wird, dann muß man auch den Feuerwehrführerschein abgeben. Und wenn man den anderen wieder zurückbekommt, bekommt man auch den Feuerwehrführerschein wieder. Mit diesen Bestimmungen, meine Damen und Herren, die heute hier be­schlossen werden sollen, soll nur erreicht werden, was sowieso von vornherein klar war, daß nämlich die Freiwilligen Feuerwehren, wenn sie zum Löschen fahren, nicht in das Röhrchen blasen müssen! – Das halten wir von den Liberalen für überbordend. Wir meinen, daß Sie mit dieser Bestimmung wieder Bürokratie schaffen, die unnötig ist.

Solange man seitens der Regierungsfraktionen glaubt, Verkehrssicherheitsfragen mit einem § 32a Führerscheingesetz lösen zu können, und nicht nach lebensnahen Lösungen sucht, so lange haben wir, meine Damen und Herren, keine besondere Hoffnung für die Verkehrs­sicherheit in Österreich! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.35


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Die drei Entschließungsanträge, die soeben vorgetragen wurden, nämlich jener betreffend österreichweite systematische Sanierung von Unfallhäufungsstellen, jener betreffend Einführung eines Gutpunkteführerscheins und schließlich jener betreffend Schritte der Liberalisierung im Bereich der Fahrschulen sind ordnungsgemäß eingebracht und stehen mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte.

23.35


Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Angesichts der vorgerückten Stunde möchte ich nicht mehr auf sämtliche Abänderungs­anträge und Entschließungsanträge eingehen. (Abg. Dr. Schmidt: Zustimmen geht schneller!) Denn zum einen haben wir uns damit schon im Ausschuß beschäftigt, zum anderen ist dies im wesentlichen auch im Entschließungsantrag der Koalition, den wir vorgelegt haben und der heute noch zur Abstimmung kommt, enthalten. Die Umsetzung dieses Entschließungsantrages, in welchem ein Großteil dieser Vorschläge auch enthalten ist, wird uns noch beschäftigen.

Ich möchte mich kurz zum Führerscheingesetz äußern, weil wir mit diesem Führerscheingesetz bei Gott nicht glücklich sind. Wie sich gezeigt hat, ist dies ein umstrittenes Gesetzeswerk, das nun bereits nach einem halben Jahr wieder repariert werden muß. Ich habe bis jetzt kein Gesetz aus dem Verkehrsbereich erlebt, das so kritisch beurteilt wurde, sowohl von den betroffenen Bürgern und Autofahrern als auch von den vollziehenden Behörden, was Vollzugsdefizite, Mängel und Widersprüche angeht.

Herr Minister! Daraus sollten wir gemeinsam Konsequenzen ziehen! Ich glaube, wir müssen bei der Gesetzgebung gerade auch in Verkehrsfragen sorgfältiger vorgehen. Bei diesem Führer­scheingesetz haben wir jedenfalls schlechte Erfahrungen mit eiliger und unausgereifter Gesetz­gebung gemacht. Der heutige Beschluß dokumentiert, daß schon nach einem halben Jahr 22 Punkte dieses Gesetzes novelliert werden müssen, nur um die ärgsten Pannen, Vollzie­hungsdefizite und Widersprüche zu beseitigen. Eine solche Gesetzgebung sollte in Zukunft nicht mehr möglich sein! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Smolle.)

Der Großteil dieses Gesetzes wurde zu schnell, zu voreilig, ohne ausreichende Begutachtung, ohne umfassende Anhörung der Experten und ohne Berücksichtigung der Auswirkungen auf den Bürger produziert. (Abg. Smolle: Mit dem Feuerwehrführerschein wollen Sie aber schon wieder so etwas machen!) Ich weiß, es handelt sich um ein ganz neues Gesetz, es handelt sich um die Umsetzung einer EU-Richtlinie, die es in dieser Form bisher nicht gegeben hat. Daher war es für alle schwierig, diese neue Materie zu behandeln und umzusetzen.

Aber wir werden uns in Zukunft einer solchen Vorgangsweise verweigern, und wir werden uns auch nicht mehr von selbst gesetztem Termindruck beeinträchtigen lassen, ob dieser nun von der EU wegen eines Umsetzungstermines kommt, weil eine Lobby das partout zu diesem Zeit­punkt haben will oder weil sich das das Kuratorium für Verkehrssicherheit einbildet. Wir werden das nicht mehr akzeptieren, denn gerade im Verkehrsbereich müssen wir sensibel sein! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Smolle.) Denn dadurch ist die gesamte Bevölkerung, jeder Auto­fahrer und damit auch jeder Bürger betroffen!

Ich meine also, daß wir mehr Sensibilität entwickeln und aus diesen Fehlern lernen müssen. Denn mit dieser heutigen Novellierung ist es ja nicht getan. Vielmehr wurde bereits angekündigt, daß sich nun ein umfassender Expertenkreis mit diesem Gesetz beschäftigen und sich im Herbst mit einer neuen Begutachtung plagen wird, damit am Ende des Jahres dem Parlament eine weitere, umfassende Novellierung vorgelegt werden kann. Das möchte ich zu diesem Thema gesagt haben.

Deshalb sind wir von der ÖVP auch gegen einen Schnellschuß beim Handy-Verbot für Auto­fahrer. Wir fordern zumindest eine kurze Frist für die Begutachtung, damit uns nicht wieder solche Fehler unterlaufen. Deshalb haben wir uns in der letzten Ausschußsitzung auch gewei­gert, einem solchen Initiativantrag bereits zuzustimmen. In der genannten Begutachtung müs­sen offene Fragen von Fachleuten und Autofahrerverbänden diskutiert werden, damit danach eine sachlich fundierte Vorlage beschlossen werden kann.

Da diese Maßnahme in Europa vorerst in nur wenigen Staaten erprobt ist – nur in Portugal, Italien und der Schweiz gibt es klare Regelungen – und kaum praktische Erfahrungswerte zur Verfügung stehen, ist diese Forderung nach Begutachtung um so gerechtfertigter, damit nicht ähnliche Pannen wie beim Führerscheingesetz auftreten und sich diese Maßnahme letztlich als nicht wirklich praktikabel erweist. Zu den Fragen, die man sich in der Begutachtung wird stellen müssen, gehört zum Beispiel die Frage, ob derzeit alle im Handel erhältlichen Freisprecheinrich­tungen oder nur jene erlaubt sind, die einen technischen Mindeststandard aufweisen und weni­ger Ablenkung garantieren.

Weiters wird man sich die Frage stellen müssen, ob gleichzeitig auch ein Verbot der Benützung von Navigationssystemen beziehungsweise von Displays bei Autoradios ergehen soll, denn diese Systeme verfügen meist über Bildschirme, und das führt selbstverständlich auch zu einer enormen Ablenkung des Autofahrers. Darf in gefährlichen Verkehrssituationen, etwa im dichten Stadtverkehr, mit Freisprecheinrichtungen uneingeschränkt telefoniert werden, ohne daß der Autofahrer irgendwelche Sanktionen zu befürchten hat, oder wird der Autofahrer vom Verbot entbunden, wenn er keine Freisprecheinrichtung im Auto hat und auf der Autobahn eine Geister­fahrermeldung durchgeben will?

Meine Damen und Herren! Das sind einige Beispiele für jene Fragen, die anstehen. Darauf wollen wir von den Fachexperten, vom Kuratorium und von den Autofahrerverbänden eine klare Stellungnahme, bevor wir eine gesetzliche Regelung beschließen! (Beifall bei der ÖVP.)

Kurz noch zum Antrag der Freiheitlichen Partei bezüglich Drogenmißbrauch im Straßenverkehr: Ich halte diesen Antrag grundsätzlich für richtig. Wir von der ÖVP haben als erste Partei – im übrigen bereits voriges Jahr bei der letzten Novellierung der StVO – einen entsprechenden An­trag eingebracht. Wir haben unseren Antrag aber wegen der Einwände des Justizministeriums über die Abgleichung mit dem Suchtmittelgesetz vorerst zurückgestellt. Wir werden uns jedoch selbstverständlich weiterhin mit diesem Thema befassen, weil wir der Meinung sind, daß Dro­genkonsum und Rauschgiftgebrauch grundsätzlich gesellschaftlich geächtet werden sollten und darüber hinaus konkret beim Autofahren ein Unfallrisiko darstellen und in diesem Zusammen­hang nichts zu suchen haben. Wir hoffen, daß wir für diesen Antrag breite Unterstützung hier im Haus bekommen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

23.43


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte, Frau Abgeordnete.

23.43


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser¦ (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Es ist symptomatisch, daß wir jetzt, kurz vor Mitternacht, das große Problem der Verkehrssicherheit behandeln. Angesichts der gegenwärtigen Einschät­zung – auch in den Ausschußberatungen – ist diese Beschlußfassung offensichtlich ein Signal dafür, daß die Frage der Verkehrssicherheit leider mehr oder weniger zu einer Nacht- und Nebelaktion abgewertet worden ist.

Warum? – Ich möchte das gerne begründen: Der Unterausschuß hat viermal ge­tagt, teilweise bis zu vier Stunden lang. Dabei sind Themen zur Sprache gekommen, die sicher­lich wesentlich sind. Die wichtigsten Themen sind aber sehr stiefmütterlich behandelt worden. In diesem Unterausschuß wurde nicht zielorientiert vorgegangen, er hat sich nicht zielorientiert organisiert und war nicht nach den primären Schwerpunkten der Verkehrssicherheit an jenen Stellen, an denen der Hebel angesetzt werden müßte, tätig. Vielmehr hat man sich in diesem Unter­ausschuß zum Beispiel über drei Stunden lang mit dem Problem Drogen beschäftigt. Selbst­verständlich gibt es im Zusammenhang mit Drogen und Verkehrssicherheit Probleme – keine Frage. Dennoch ist dieses Problem mit zehn Toten pro Jahr im Vergleich zu der großen Zahl der Verunglückten, Geschädigten und Toten aufgrund überhöhter Geschwindigkeit vergleichsweise vernachlässigbar.

Der Verkehrsunterausschuß hätte sich an der Prioritätenliste orientieren müssen, die das Kura­torium für Verkehrssicherheit jedem Teilnehmer zugesandt hat. In dieser Liste finden sich Ver­kehrssicherheitsmaßnahmen, Sicherheitsreserven und in Klammer – das ist sehr technokra­tisch – die Einsparungen an Toten pro Jahr. Aus dieser Liste ist sehr deutlich abzuleiten, daß in erster Linie eine intensivere Verkehrsüberwachung Leben retten könnte. – Allerdings haben wir im Unterausschuß wenig von einer intensiveren Verkehrsüberwachung gehört. (Abg. Dr. Lu­kesch: Das stimmt nicht!) Ich sage: vergleichsweise wenig!

Vor allem ein Thema, das sehr wichtig wäre, wurde im Ausschuß überhaupt nicht gestreift, näm­lich der Schutz der sogenannten schwachen Verkehrsteilnehmer. Dieser Tagesordnungspunkt betreffend Kinder, Fußgänger und Radfahrer ist gestrichen worden! Dieser Punkt ist nicht nur unter den Tisch gefallen, sondern völlig negiert worden. Diesbezüglich könnte man sehr wesent­liche Maßnahmen setzen, darüber wurde jedoch überhaupt nicht beraten. – Das wollte ich als Defizit betreffend diesen Unterausschuß anmerken.

Nächster Punkt – Tempolimits: Bis zu 500 Tote pro Jahr könnte man hier sparen. Aber das war kein Thema, das wird hingenommen, Tempo 100 auf der norma­len Straße und Tempo 130 auf der Autobahn waren kein Thema. (Abg. Mag. Kukacka: Warum haben Sie nichts aus dem The­ma gemacht?) Ich habe es wiederholt angesprochen, daß man verschärfte Geschwindig­keits­kontrollen vornehmen müßte, das ist aber nicht berücksichtigt wor­den! Ich habe in meinem An­trag für ein Verkehrssicherheitsprogramm 2000 Tempolimits gefor­dert. Das ist nicht diskutiert worden! Ich habe den Antrag im Ausschuß begründet, es gab je­doch keine Diskussion darüber. Sie haben ein Verkehrssicherheitsprogramm als solches abge­lehnt. Programme mit dem dezi­dierten Ziel, konkrete, schlüssige, zielorientierte Maßnahmen zu setzen, sind Ihnen kein An­liegen!

Sie produzieren nur ein Flickwerk. Denn das, was Sie heute als Entschließungsantrag vorlegen, ist nicht mehr als ein Flickwerk! Was wird da groß beschlossen? Rotierende Warnleuchten auf Schulbussen, Xenonlicht et cetera. – Das sind Peanuts im Vergleich zu dem, was notwendig wäre, nämlich zum Beispiel der Punkteführerschein, verstärkte Tempolimits beziehungsweise Überwachungen, Maßnahmen zum Schutz der schwachen Verkehrsteilnehmer! Das wären die vorrangigen Bereiche! Diese haben Sie jedoch negiert. Was bleibt, ist nicht mehr als dieses Flickwerk. Statt Nägeln mit Köpfen haben Sie praktisch Stecknadeln ohne Spitzen gemacht. Und dazu haben wir mehr als zwölf Stunden getagt! Das war meines Erachtens zum Teil verlo­rene Zeit, weil viel zuwenig zielorientiert diskutiert wurde.

Bei diesem Tagesordnungspunkt soll die Verkehrssicherheit im Vordergrund stehen. Vielleicht ist es nur eine zufällige Koinzidenz, daß jetzt in den Tageszeitungen Anzeigen auftauchen, die der Ver­kehrssicherheit dienen sollen. Es gibt Appelle und Hinweise, daß man vor allem auf die Kinder Rücksicht nehmen soll. – Im Unterausschuß war von den Kindern jedoch nicht die Rede. Dort, wo es wirklich um die konkrete Umsetzung ginge, wird nicht darüber gesprochen. Dort, wo man Beliebiges ankündigen kann, nämlich in der Zeitung, gibt es dann aber große zweiseitige Anzeigen! Keine Frage: Bewußtseinsbildung ist wichtig, und Werbung trägt dazu bei. Noch wichtiger wäre aber ein konkretes Maßnahmenbündel gerade auch zum Schutz von Kindern! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Die Warnleuchte auf den Schulbussen ist sicherlich nicht dazu angetan, Kinderleben zu retten, Unglücke zu verhindern und alle zwei Stunden ein Kind vor einem Verkehrsunfall zu bewahren. Das ist eine Nebensächlichkeit, die der eigentlichen Aufgabenstellung nicht gerecht wird.

Im Vordergrund steht bei diesem Tagesordnungspunkt die Verkehrssicherheit. Es ist bei diesem Tagesordnungspunkt aber auch das Problem des Transits beziehungsweise des Nachtfahrver­botes mit zu behandeln. Man konnte gerade letzte Woche eine Zuspitzung der Transitpro­ble­matik erleben. Freitag und Samstag gab es die große Brennerblockade. Aber auch diese große Pro­testaktion, die diesmal von allen Parteien in Tirol getragen wurde und bei welcher auch Vertreter dieses Hauses von verschiedenen Parteien anwesend waren, ist bis jetzt spurlos an diesem Haus vorübergegangen, obwohl man bezüglich Brennerproblematik immer wieder sagte: Die Hausaufgaben sind noch zu erledigen.

Gerade die Hausaufgaben – die Aufgaben Österreichs, insbesondere die Vorkehrungen dafür, daß der Transitverkehr eingedämmt und der Güterverkehr von der Straße wegverlagert oder minimiert wird – werden hier nicht thematisiert, obwohl es zwei Anträge der Grünen gibt, die sich mit diesem Thema befassen.

Deswegen möchte ich in diesem Zusammenhang hier weitere Forderungen der Tirolerinnen und Tiroler zur Sprache bringen und in einem Antrag vorlegen. Diese Forderungen sind auch von Tiroler Politikern und Politikerinnen unterstützt worden, sind hier aber kein Thema. Ich möchte nun diese beiden Entschließungsanträge einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunden betreffend Maßnahmenbün­del gegen den steigenden Transitverkehr durch Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zur Reduktion des Gütertransits auf der Straße forciert voranzutreiben, insbesondere: 1. die Umsetzung der „Kostenwahrheit“ im Straßenverkehr, 2. die Umsetzung des Vorhabens der „Verlagerung des Güterverkehrs auf die Bahn“, 3. Maßnahmen zur Reduktion der Schadstoffe um 60 Prozent bis zum Jahr 2003, 4. Maßnahmen zur Reduktion der Transitfahrten auf Basis des Ausgangs­jahrs 1991, 5. die Umsetzung der „Alpenkonvention“.

Insbesondere wird die Bundesregierung aufgefordert, auf allen Einflußebenen für die Aufrechter­haltung der bestehenden Wochenend- und Feiertagsfahrverbote zu sorgen.

*****

Der zweite Entschließungsantrag bezieht sich auf die Transitbelastung der Tirolerinnen und Tiroler:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunden betreffend generelles Nacht­fahrverbot auf allen alpinen Transitrouten

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf allen Transitrouten für LKW über 7,5 Tonnen Ge­samtgewicht von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr früh ein generelles Nachtfahrverbot einzuführen.

*****

Das ist ein sehr wesentlicher Antrag, denn obwohl es lärmarme LKW gibt, hat die Zahl der LKW-Fahrten in der Nacht insgesamt zugenommen, wenngleich über den Brenner in geringerem Aus­maß, weil dort eine erhöhte Nachtmaut kassiert wird. Trotzdem ist es notwendig, Vorsorge zu treffen, weil auch die Zahl der lärmarmen LKW insgesamt zu einem Ansteigen des Lärmpegels geführt hat.

Ich ersuche um positive Behandlung dieser Anträge, die immerhin von der ganzen Bevölkerung getragen werden. Sie wurden vom Transitforum vorgebracht und werden in Tirol unterstützt. Hier in Wien steht das noch aus. Ich ersuche deshalb um Annahme.

Das wäre auch ein konkreter Akt zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, denn es ist nachge­wiesen, daß LKW-Fahrten in der Nacht verstärkt zu Unfällen führen, daß sich in der Zeit zwi­schen 0 Uhr und 5 Uhr früh häufig Unfälle ereignen und daß diese Unfälle vor allem deshalb passieren, weil die Fahrer zuwenig ausgerastet und zu lange hinter dem Volant gesessen sind. Bitte nehmen Sie die Verkehrssicherheit ernst, indem Sie diese Anträge akzeptieren! – Ich danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.53


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Abgeordnete, Sie haben in beiden Anträgen eine Zuweisung an den Verkehrsausschuß beantragt. Ist das ernst gemeint, oder wollen Sie, daß jetzt darüber abgestimmt wird? (Abg. Dr. Gabriela Moser: Nein, ich streiche diesen Zusatz!) – Sie wollen also gleich eine Abstimmung darüber? Dann bitte ich, diesen Hinweis zu streichen.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gabriele Binder. – Bitte.

23.54


Abgeordnete Gabriele Binder¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Verkehrssicherheit im Straßenverkehr hat sehr viel mit Disziplin, Eigenverantwortung, Rück­sichtnahme und Eigenkontrolle zu tun. Meiner Ansicht nach können Überwachung und Kontrolle allein nicht der Kern sein, sondern ich denke, daß sich die Veränderungsbereitschaft in diesem Zusammenhang im Kopf der Verkehrsteilnehmer abspielen muß. Auch Werbung kann ein geeigneter Schritt sein, um Veränderungen herbeizuführen.

Meine Damen und Herren! Gesetzliche Rahmenbedingungen sind notwendig, um einerseits Orientierungshilfen im Straßenverkehr anzubieten und um andererseits Schutzbestimmungen und Schutzmaßnahmen für die schwächeren Verkehrsteilnehmer zu bieten, nämlich für die Fuß­gänger, die Radfahrer, die Kinder, die Behinderten und auch für die ältere Generation. Welches ist das Ziel von vermehrter Verkehrssicherheit im österreichischen Straßenverkehr? – Das ist die Reduzierung der Zahl der Unfälle und vor allen Dingen auch die Reduzierung der Zahl der Unfalltoten, denn Österreich ist in bezug auf die Höhe der Zahl an Unfalltoten wahrlich Spitzen­reiter.

Einige Punkte aus der vorliegenden Novelle möchte ich hervorstreichen. Dazu gehört zum einen, daß für die Verlängerung des Führerscheins keine Gebühren und Stempelmarken mehr verrechnet werden. Das bringt meiner Ansicht nach eine gewisse Bürgerfreundlichkeit zum Aus­druck. Skater und Rollschuhfahrer dürfen jetzt auf Radwegen und so weiter fahren, und ich meine, man kommt damit dem Freizeitbedürfnis der Menschen – vor allen Dingen der jungen Menschen – entgegen. Ich meine allerdings, daß sich auch Skater und Rollschuhfahrer an ge­wisse Verkehrsregeln halten müssen, um Unfälle in diesen Bereichen zu verhindern.

Wichtig scheint mir in diesem Zusammenhang auch der Punkt zu sein, daß das Strafausmaß bei Nichtbeachtung der Helmpflicht bei Motorradfahrern erhöht wird, denn hier ist die Disziplin zurückgegangen. Ein wesentlicher Punkt ist weiters die Erleichterung für gehbehinderte Per­sonen, die darin besteht, daß dauernd stark gehbehinderte Personen in Zukunft auch mit ande­ren Fahrzeugen befördert werden und gleichzeitig die Begünstigungen im Halte- und Parkverbot in Anspruch nehmen können.

Ein paar Sätze noch zum Feuerwehrführerschein, meine Damen und Herren! Jene Beamten, die mit der Vollziehung zu tun haben, haben gemeint, daß dann, wenn keine Veränderung zustande kommt, eine gewisse Rechtsunsicherheit vorläge. Deshalb bin ich sehr froh darüber, daß die Forderungen der Feuerwehrverbände im Gesetz berücksichtigt werden. Dies entspricht auch den Interessen der Freiwilligen Feuerwehren, für deren Schutz und deren tägliche Einsatzbereit­schaft wir wirklich dankbar sein müssen.

Ein Ergebnis des Unterausschusses war ein Entschließungsantrag mit weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit. Diese werden vorbereitet, und einige Punkte, die ich in dieser Hinsicht für wesentlich halte, sind die Verbesserung der Gurtenanschnallquote durch die Aktion „Gu(r)te Fahrt“, die Ausarbeitung von Richtlinien zur Verbesserung der Verkehrs­sicherheit vor Schulen, Kindergärten und Seniorenheimen und eine bessere Kennzeichnung der Schulbusse. Auch Ausbildungsrichtlinien für Schulbusfahrer scheinen mir wesentlich zu sein.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Abgeordnete, die Uhr hat offenbar einen Defekt. Deshalb teile ich Ihnen verbal mit, daß Sie bis jetzt 4 Minuten gesprochen haben.


Abgeordnete Gabriele Binder¦ (fortsetzend): Danke. – Meine Damen und Herren! Zum Schluß kom­mend: Für Verkehrssicherheit gilt es, Regelungen für das Miteinander im Straßenverkehr zu fin­den. Die Maßnahmen, die mit dieser Novelle beschlossen werden, sind unbedingt notwendig und nicht als Schikane zu sehen. Sie dienen der vermehrten Sicherheit und dem Schutz be­nachteiligter Gruppen. (Beifall bei der SPÖ.)

23.58


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Meischberger. Ich werde Ihnen mitteilen, wann die 3 Minuten Redezeit abgelaufen sein werden. – Bitte.

23.58


Abgeordneter Ing. Walter Meischberger¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Aufgrund der vorgerückten Zeit möchte ich mich ausschließlich mit der Novelle zur StVO befassen. Diese werden wir Freiheitlichen ablehnen, vor allem deshalb, weil der Gesetzes­text in weiten Bereichen auf eine Art und Weise ausgearbeitet ist, die aus unserer Sicht sehr bald wieder zu Novellierungen Anlaß geben wird.

Das bezieht sich zum Beispiel auf den Bereich, in dem es um die Legalisierung des Vorbei­schlängelns von Motorrädern an stehenden Kolonnen geht. Wir alle wissen, daß das eine Materie ist, die sehr viele Menschen im Straßenverkehr aufregt. Der Text, in dem diese Legali­sierung erfolgt, ist sehr schwammig formuliert. Es heißt darin, daß „ausreichend Platz“ vorhan­den sein muß, damit das Vorbeischlängeln erlaubt ist. Da wird es aufgrund verschiedenster Reaktionen – auch aus dem Autofahrerbereich – sicherlich zu Schwierigkeiten kommen.

All diese Fragen sind nicht sehr gut gelöst, auch nicht die Erlaubnis, welche das Inlineskaten auf Geh- und Radwegen betrifft. Wir wissen, daß aufgrund der unterschiedlichen Bewegungsab­läufe, der unterschiedlichen Geschwindigkeiten zwischen Radfahrern und Skatern und der engen Räume auf den Geh- und Radwegen wahrscheinlich ebenfalls Probleme geradezu vor­programmiert sind, die zu weiteren Novellierungen führen werden.

Auch was die Fahrradausrüstung betrifft, haben wir die Festlegung eindeutiger Mindeststan­dards gefordert. Es ist aber nur zu einer Verordnungsermächtigung gegenüber dem Verkehrsmi­nister gekommen, und das ist uns zuwenig. Alles in allem, muß ich sagen, sind aus unserer Sicht diese Bereiche nicht befriedigend geregelt worden.

Der Hauptgrund für unsere Ablehnung dieser StVO-Novelle ist das Vorbeiarbeiten am eigentli­chen Ziel. Man hat vier Unterausschüsse und einen Vollausschuß mit der hauptsächlichen Ziel­setzung tagen lassen, im Bereich der Beeinträchtigung durch Drogen bei Inbetriebnahme von Fahrzeugen entscheidend weiterzukommen beziehungsweise dieser Beeinträchtigung durch Drogen einen Riegel vorzuschieben. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber in dieser Hinsicht ist überhaupt nichts geschehen, auch wenn Herr Abgeordneter Kukacka jetzt hier einen Vater­schaftsstreit darüber beginnt, wer als erster einen entsprechenden Antrag eingebracht hat.

Wir sind sehr genau darüber informiert, daß er als Reaktion auf einen freiheitlichen Antrag be­reits im vorigen Jahr einen Abänderungsantrag zu diesem Gegenstand im Ausschußbericht for­muliert hat, in dem unter dem Titel „Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol oder Suchtgift“ folgendes steht: Weiters gilt der Zustand einer Person bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,3 Gramm pro Liter oder 0,3 Promille oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,15 Milligramm pro Liter oder darüber – jeweils in Verbin­dung mit dem Nachweis von Suchtgift – als beeinträchtigt.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: 3 Minuten.


Abgeordneter Ing. Walter Meischberger¦ (fortsetzend): Danke vielmals. – Das ist weniger, als wir einfordern. Aber aus unserer Sicht wäre das ein sehr wichtiger, ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung. Wir haben es Herrn Kukacka leichtgemacht: Wir haben seinen eigenen Abänderungsantrag fix und fertig vorbereitet unter dem Titel: Mag. Kukacka und Kollegen for­dern ...

Wir würden ihm sofort die Unterstützung geben, die er jetzt hier eingefordert hat. Wir wollen ihn beim Wort nehmen. Ich werde ihm diesen Abänderungsantrag auf sein Pult legen. Vielleicht er­scheint er noch einmal im Saal, dann kann er den Antrag einbringen. Wir werden ihm gerne die Zustimmung erteilen und damit die notwendige Mehrheit verschaffen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Meischberger begibt sich zum Platz des Abg. Mag. Kukacka und hin­terlegt dort ein Schriftstück.)

0.03


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

0.03


Abgeordneter Johann Kurzbauer¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr verehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Moser, Sie haben in Ihrem Debattenbei­trag den Unterausschuß kritisiert. Für mich ist das nicht nachvollziehbar, weil ich meine, daß ge­rade im Unterausschuß die Möglichkeit bestand, bezüglich der Verkehrssicherheit ausgiebig und auch ausreichend mit den zuständigen Experten zu diskutieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich ganz kurz auch mit dem Führer­scheingesetz befassen. Seit 1. November 1997 ist das neue Führerscheingesetz in Kraft, und es ist bereits zu Recht darauf hingewiesen worden, daß im Zuge der Umsetzung dieses neuen Gesetzes Probleme beim Vollzug auftreten. Der eingebrachte Abänderungsantrag stellt einen ersten Schritt einer umfangreichen Novelle zum Führerscheingesetz dar.

Nach derzeitiger Rechtslage kann die Lenkerberechtigung der Klasse C nur für fünf Jahre – und vom 60. Lebensjahr an nur für zwei Jahre – erteilt werden. Eine Verlängerung der Lenkerbe­rechtigung kann nur nach Vorlegen eines ärztlichen Gutachtens erfolgen. Wir wissen jetzt, daß die damals gesetzte Übergangsfrist zu kurz bemessen war. Ich begrüße es deshalb, daß in der vorliegenden Novelle für Besitzer der Lenkerberechtigung der Fahrzeugklasse C, die das 45. Le­bensjahr überschritten haben, die Übergangsfrist für die ärztliche Untersuchung bis 31. Oktober 2000 verlängert wird.

In diesem Zusammenhang ist auch erwähnenswert, daß die zur Einholung dieses ärztlichen Gutachtens erforderlichen Schriftstücke und die Ausstellung des neuen Führerscheines im Rah­men einer Verlängerung der Lenkerberechtigung der Klasse C von der Verwaltungsabgabe und der Stempelgebühr befreit sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Zuge der Herabsetzung der Promillegrenze auf den Wert 0,5 wurde für LKW-Fahrer eine entsprechende Grenze von 0,1 Promille im Führer­scheingesetz festgelegt. Dies hatte – wie wir bereits wissen – zur Folge, daß diese Regelung auch auf Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, die im Einsatz sind, anzuwenden ist. Das hat in­sofern problematische Auswirkungen, als diese Bestimmung in der Praxis einem ständigen und totalen Alkoholverbot für die Feuerwehrmänner auch im Privatleben gleichkommt. Mit der vor­liegenden Novelle ist es nun möglich, Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr unter bestimmten Voraussetzungen einen eigenen Feuerwehrführerschein auszustellen, in dem die angespro­chene Problematik geregelt wird.

Welche sind die Eckpunkte dieses Feuerwehrausweises? – Ich möchte hier vier Punkte nennen. Erstens gilt die 0,5-Promille-Grenze. Zweitens kann das ärztliche Gutachten für Lenker der Klas­se C im Rahmen der ärztlichen Untersuchungen der Feuerwehren erstellt werden. Drittens soll Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr mit einer Lenkerberechtigung der Klasse B das Erlan­gen des Feuerwehrausweises, der zum Lenken von Feuerwehrfahrzeugen der Klasse C berech­tigt, ermöglicht werden. Viertens ist jedoch ein Umschreiben des Feuerwehrausweises mit einem Führerschein der Klasse C nicht ohne Prüfung möglich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch kurz auf die Entschließung des Ver­kehrsausschusses vom 9. Juni hinweisen, in welcher insgesamt elf Punkte aufgelistet wurden. Im wesentlichen geht es darum, daß der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr ersucht wird, dem Nationalrat eine Änderung des Führerscheingesetzes und des Kraftfahrgesetzes mit dem Ziel von mehr Bürgernähe, Verwaltungsvereinfachung und Wettbewerb – insbesondere beim Fahrschulwesen, bei Nachschulungen und bei verkehrspsychologischen Untersuchun­gen – bis 31. Dezember 1998 zuzuleiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorliegende Novelle ist ein richtiger Schritt für die Zukunft. Wir werden dieser Novelle gerne unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.08


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Firlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. Ich werde ein entsprechendes Glockenzeichen geben. – Bitte.

0.08


Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Wenn wir von Verkehrssicherheit sprechen und diesem Punkt breite Diskussion widmen, dann müssen wir uns auch darüber unterhalten, was in vergan­genen Straßenverkehrsverordnungen schiefgelaufen ist. Ich meine, daß in dieser Hinsicht zwei Punkte zu nennen sind. Diese möchte ich herausgreifen und dazu auch einen Abänderungsan­trag einbringen.

Der erste Punkt ist die unsägliche „Blaulichtsteuer“, die im Bereich der Exekutive im Prinzip zu einem Vollzugsdefizit geführt hat. Wenn Sie heute genau nachfragen, dann sagen Ihnen Exeku­tivbeamte in leitenden Funktionen ebenso wie einfache Exekutivbeamte, daß der Aufwand größer als der Ertrag ist. Am Ende bleiben Streit und Hader darüber, wer diese Steuer bezahlt, und es bleibt auch Rechtsunsicherheit, denn in vielen Fällen wirkt die „Blaulichtsteuer“ prohibitiv. Wenn es etwa um die Feststellung schadensrechtlicher Ansprüche nach Verkehrsunfällen ohne Personenschaden geht, die aber kritisch sind, dann vermeidet man es oft, die Exekutive zu rufen, weil man es lieber etwas billiger haben möchte. Ich meine, daß in kritischen Fällen die Exekutive geholt werden soll, ohne daß sofort abkassiert wird. Das wäre meiner Ansicht nach ein richtiger Ansatz. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der zweite Punkt ist ebenfalls im Bereich der Vollzugsdefizite anzusiedeln. Dabei geht es um die Erhöhung des Zweckbindungsschlüssels. Meine Damen und Herren! Wir müssen nämlich zwi­schen echter Verkehrssicherheit – und deren Herbeiführung – sowie einer Scheinverkehrs­sicherheit unterscheiden. Überall draußen auf dem Land Schikanen zu errichten, künstliche 30-Stundenkilometer-Beschränkungen hinzustellen und dann mit der Radarpistole zu warten, bis einer nach dem anderen darauf hereinfällt – das ist keine Verkehrs­sicherheit, sondern reine Schikane! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da geht es darum, daß der Herr Verkehrsminister gemeinsam mit seinem Kollegen aus dem Finanzministerium eine Geldbeschaffungsaktion durchführt, aber Verkehrssicherheit ist das nicht. Ich meine, der Anteil an den Einnahmen muß von derzeit 20 Prozent auf 40 Prozent er­höht werden. Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dazu folgenden kurzen Antrag einzu­bringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lafer, Mag. Firlinger, Ing. Meischberger, Dr. Preisinger und Kollegen betref­fend Verbesserung der Verkehrsüberwachung

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der Antrag und Bericht des Verkehrsausschusses betreffend die 20. StVO-Novelle, 1225 der Beilagen, wird wie folgt geändert:

Nach Z 2 wird eingefügt:

2a. § 4 Abs. 5b entfällt.

Nach Z 56 wird eingefügt:

56a. § 100 Abs. 10 lautet:

(10) 40 vom Hundert der Strafgelder aus jenen Verwaltungsübertretungen, die von Organen der Bundesgendarmerie oder Bundessicherheitswache wahrgenommen werden, fließen der Ge­bietskörperschaft zu, die den Aufwand für diese Organe zu tragen hat. Dies gilt nicht für Verwal­tungsübertretungen auf Gemeindestraßen in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern. Die Strafgelder sind für die Abdeckung des Personal- und Sachaufwandes, der aus dem Einsatz solcher zusätzlicher Organe auf dem Gebiet der Verkehrsüberwachung entsteht, und für die Be­schaffung und Erhaltung von Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung zu verwenden.

*****

Meine Damen und Herren! Ich denke, daß durch diesen Antrag unter anderem ein Beitrag dazu geleistet werden kann, die Verkehrssicherheit tatsächlich und nicht nur verbal zu erhöhen, sie nicht nur herbeizubeten, sondern in die Tat umzusetzen. Daher ersuche ich um Ihre Zustim­mung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.12


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Seidinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

0.12


Abgeordneter Winfried Seidinger¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Es wäre verlockend, jetzt auf verschiedene Debattenbeiträge einzugehen. Aber in der Kürze der Zeit, die uns allen zur Verfügung steht, wird das sicherlich nicht möglich sein. Mich verwundert nur, daß Kollege Kukacka – er ist jetzt nicht im Saal – seine eigenen Be­schlüsse kritisiert. Er war in allen Sitzungen des Verkehrsausschusses dabei, hat stets mitge­arbeitet, jetzt aber absentiert er sich davon, um sich sofort wieder einem neuen Thema zuzu­wenden. Da wird man ja sehen, wie das wird.

Zu den Ausführungen des Kollegen Firlinger über die „Blaulichtsteuer“: Diese hat nichts anderes zur Ursache gehabt, als daß bei jedem marginalen Vergehen sofort Polizei oder Gendarmerie gerufen wurden. Diese eilten dann an den Einsatzort, obwohl es bei Sachschäden und derglei­chen in Wirklichkeit gar nicht um größere Beträge ging. Bei Personenschäden ist es ohnedies eine andere Sache.

Wenn man meint, daß Radarkontrollen der Geschwindigkeit nur reine Schikane und Geldbe­schaffungsaktionen sind (Abg. Mag. Firlinger: Vielfach!), dann widerspreche ich dem insofern, als ich sage: Jeder von uns ist Verkehrsteilnehmer und weiß ganz genau, wie er sich zu verhal­ten hat. (Abg. Mag. Firlinger: Sie müssen mir richtig zuhören!) Er weiß auch ganz genau, wie viele sich im Straßenverkehr nicht ordnungsgemäß, was die Geschwindigkeit betrifft, verhal­ten und welche fürchterlichen Unfälle immer wieder passieren. Wenn wir angetreten sind und sagen, daß wir die Zahl der Toten auf unseren Straßen senken wollen, dann ist sicherlich auch die Messung auf diesem Sektor ein Instrument dazu, dies zu verbessern.

Geschätzte Damen und Herren! Auch der Feuerwehrführerschein ist heute schon mehrfach be­sprochen worden. Ich halte es für einen gewissen Fortschritt, daß man jener Gruppe von Men­schen, die immer wieder für uns alle da ist, einen unschätzbaren Dienst an der Gemeinschaft ausübt und die Gesellschaft auf diese Art und Weise von Aufgaben entlastet, die sonst dem Staat und seinen Bürgern übertragen wären, jetzt zumindest in einer Form entgegenkommt und ihnen hilft, ihren Aufgaben nachzukommen. Ein Feuerwehrmann sollte beim Abendessen ge­nauso einmal ein Glaserl Bier trinken können, ohne – besonders in einem kleinen Ort – davor Angst haben zu müssen, zu einem Einsatz gerufen zu werden und seinen Dienst auszu­üben zu müssen.

Die Verordnung durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr – sprich: durch den Bundesminister – betreffend die Voraussetzungen, die Ausstellung und die Ausbildung durch den Feuerwehrverband halte ich für richtig. Ich meine, man muß ganz genaue Festle­gungen dafür treffen, wie man in dieser Sache vorgeht, um auch nicht ungerecht gegenüber anderen Ver­kehrsteilnehmern zu sein.

In diesem Sinne denke ich, daß wir alle miteinander weiterzuarbeiten haben an den Erfordernis­sen, die der Straßenverkehr erfordert, vor allem weiterzuarbeiten, daß der Straßenverkehr sicherer wird. (Beifall bei der SPÖ.)

0.16


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Koller. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

0.16


Abgeordneter Franz Koller¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zwei Änderungen bei der letzten Novel­lierung des Führerscheingesetzes haben die Freiwilligen Feuerwehren besonders getroffen.

Erstens: Die Lenkerberechtigung für die Klasse C wird nur für fünf Jahre – und ab dem 60. Le­bensjahr nur noch für zwei Jahre – erteilt. Für jede Verlängerung ist ein ärztliches Gutachten er­forderlich. Zweitens: Im Zuge der Einführung der strengeren Promillegrenzen wurde auch – und ich sage: begrüßenswerterweise – ein besonders strenges Alkohollimit von 0,1 Promille, also ein totales Alkoholverbot, für LKW-Fahrer in das Führerscheingesetz aufgenommen.

Beide Maßnahmen sollen die Verkehrssicherheit erhöhen. Aber auch der hohen Verantwortung der Berufskraftfahrer soll Rechnung getragen werden. Für die Mitglieder der Freiwilligen Feuer­wehren, die ihren Dienst im Interesse der Allgemeinheit auf freiwilliger Basis versehen und das Rückgrat des Brand- und Katastrophenschutzes bilden, ist aufgrund dieser Gesetzesänderung in vielen Fällen die Einsatzbereitschaft nicht mehr gegeben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Deshalb war dieses Führerscheingesetz ein Husch-Pfusch-Gesetz. Die Initiative zur Änderung ist von uns Freiheitlichen ausgegangen. Am vergangenen Sonntag sprach ich mit dem steirischen Landesfeuerwehrkommandanten Georg Ferstl. Er sagte mir, daß die Feuerwehren mit der Einführung eines Feuerwehrführerscheines, dem Wegfall der Untersuchungen und mit dem Alkohollimit von 0,5 Promille für Lenker der Einsatzfahrzeuge der Klasse C zufrieden sind. Deshalb stimmen auch wir Freiheitlichen diesem Gesetzesantrag zu.

Den Männern und Frauen – auch diese gibt es schon in den Feuerwehren – ein herzliches Danke für ihren freiwilligen unentgeltlichen Dienst zum Wohle unserer Heimat und ihrer Men­schen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.18


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger.

Ich gebe gleichzeitig bekannt, daß der Abänderungsantrag der Abgeordneten Lafer, Mag. Fir­linger und Genossen betreffend Verbesserung der Verkehrsüberwachung ordnungsgemäß vor­gelegt wurde, unterzeichnet ist und mit in Verhandlung steht.

Bitte, Herr Abgeordneter.

0.18


Abgeordneter Georg Schwarzenberger¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Abgeordneter Barmüller ist der Meinung, es wäre nicht notwendig gewesen, für die Feuerwehren eine Sonderregelung zu treffen, weil Feuerwehrmän­ner im Einsatz sowieso nicht kontrolliert werden.

Es steht aber selbst im Ausschußbericht: Es gibt die Rechtsmeinung, daß ein Verstoß gegen diese Bestimmung im Verwaltungsstrafverfahren höchstwahrscheinlich straffrei bleiben wird. Doch rechtsstaatlich akzeptabel ist eine derartige Lösung sicherlich nicht. Vor allem ist es Men­schen, die sich freiwillig bereit erklären, für die Allgemeinheit Feuerwehrdienst zu leisten, unzu­mutbar, ein derartiges rechtliches Risiko auf sich zu nehmen.

Auch die Feuerwehren haben von uns verlangt, klare rechtliche Voraussetzungen zu schaffen und damit der Feuerwehr im freiwilligen Einsatz – in den ländlichen Regionen ist ein Feuerwehr­einsatz nur auf freiwilliger Basis möglich – rechtliche Sicherheit zu ermöglichen.

Ich denke, mit dem Feuerwehrführerschein haben wir diese rechtliche Sicherheit geschaffen. Feuerwehreinsatzfahrzeuge sind Spezialfahrzeuge – gleichgültig, ob es sich um einen Tankwa­gen oder um ein Rüstfahrzeug handelt –, und es ist eine gesonderte Ausbildung dafür notwen­dig. Aber auch mit dem B-Führerschein plus Feuerwehrführerschein haben wir zwei Fliegen auf einen Schlag erwischt, denn es ist nicht mehr die alle fünf Jahre erfolgende Untersuchung für den B-Führerschein plus Feuerwehrführerschein notwendig.

Voraussetzung ist natürlich, daß der Betroffene im Besitz eines Feuerwehrdienstpasses, Mit­glied einer Freiwilligen Feuerwehr und mindestens 18 Jahre alt ist, daß er praktische Kenntnisse hat und auch die gesundheitliche Eignung vorliegt. Diese Fakten werden durch den Landes­feuerwehrkommandanten kontrolliert. (Abg. Mag. Barmüller: Die Trinkfestigkeit wird nicht über­prüft!) Und der Schein wird ebenfalls vom Landesfeuerwehrkommandanten ausgestellt werden.

Herr Abgeordneter Barmüller! Ich war vergangenes Wochenende bei einem Feuerwehrfest und habe auch mit dem Landeskommandanten darüber gesprochen und kann Ihnen sagen: Die Feuerwehr ist über diese Lösung sehr erfreut. Man ist damit zufrieden und dem Gesetzgeber dankbar dafür, daß er sich zu einer solchen Lösung durchringen konnte! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Angesichts der vorgerückten Zeit möchte ich nur noch einen Punkt erwähnen, den wir derzeit im Führerscheingesetz noch nicht regeln konnten, der aber zunehmend zum Problem wird: Durch das Tiertransportgesetz-Straße sind in den länd­lichen Regionen Frächter kaum mehr bereit, Zucht- und Nutztiere etwa zu Versteigerungen zu transportieren. Das hat zur Folge, daß von den Bauern zunehmend PKW-Anhänger angeschafft werden, weil sie mit den Traktoren weite Strecken nicht zurücklegen können und so lange An­fahrtszeiten auch unzumutbar sind. In diesem Bereich gibt es Probleme, weil an den Versteige­rungsorten dann abkassiert wird, weil in der Regel kein E-Führerschein vorhanden ist und meist das zulässige Höchstgewicht überschritten wird. Für diese Problematik sollten wir eine entspre­chende Lösung finden, daß nämlich entweder ein vereinfachter Zugang zum E-Führerschein möglich ist, wenn die entsprechende Fahrpraxis vorhanden ist, oder daß man gewisse Ausnah­meregelungen schafft. Wir werden uns darüber in nächster Zeit noch Gedanken machen müs­sen! (Beifall bei der ÖVP.)

0.23


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hums. – Bitte, Herr Ab­geordneter.

0.23


Abgeordneter Franz Hums¦ (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister, gerade im Verkehrsbereich ist es notwendig, die Sicherheit auch durch die Tatsache zu heben, daß permanent das Bewußtsein geschärft wird und die Informa­tionen über Neuregelungen auch wirklich an die Adressaten gelangen. Herr Bundesminister! Da­her ersuche ich Sie, auch bei dieser Novelle wirklich alles dafür zu tun, daß die entsprechende Information tatsächlich erfolgt.

Das gilt auch für jene neu in die StVO aufgenommenen Verkehrsteilnehmer, die es bisher in der Praxis schon gegeben hat, die aber jetzt ins Gesetz neu aufgenommen wurden, nämlich die Rollschuhfahrer. Das ist eine notwendige und praxisgerechte Änderung; etliche Fußgänger, vor allem ältere, sehen diese Änderung allerdings mit gemischten Gefühlen. In der Norm steht, daß sich Rollschuhfahrer so zu verhalten haben, daß andere Verkehrsteilnehmer weder gefährdet noch behindert werden, und daß sie ihre Geschwindigkeit auf Gehsteigen den Fußgängern an­zupassen haben. – Es wird nicht leicht sein, die entsprechende Information durchzuführen, aber ich halte das für notwendig, denn auch das gehört zur Verkehrssicherheit.

Kollegin Moser, zur Frage des Transitverkehrs: Österreich hat mit dem Transitvertrag gemein­sam mit der Schweiz seinerzeit sicherlich Beachtliches geleistet. Die Schadstoffreduktion um mehr als 60 Prozent ist als Erfolg zu bezeichnen. Aber Sie haben völlig recht, daß das nicht die Endstation sein kann. Der Herr Bundesminister ist vehement bemüht, in der EU wesentliche Verbesserungen durchzusetzen, und dazu gehört ein fahrleistungsabhängiges Road-Pricing. Dazu gehört aber auch, daß die Bahnen international, auch vom Infrastrukturbereich her, so um­gestaltet werden, daß ihr Angebot an die verladende Wirtschaft nicht nur den Transport Bahn­hof – Bahnhof, sondern auch die Beförderung von Werkshalle zu Werkshalle und bis zum Verkaufsregal umfaßt. Dafür, Herr Bundesminister, sind international die entsprechenden Infra­struktureinrichtungen zu schaffen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.25


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.25


Abgeordneter Helmut Dietachmayr¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zur „Geisterstunde“ über Verkehrssicherheit zu sprechen, ist vielleicht nicht angenehm, aber gerade zu dieser Zeit ereignen sich sehr viele Unfälle. Und jeder Unfalltote ist einer zuviel.

Allerdings haben sich jene Maßnahmen, die in letzter Zeit gesetzt wurden, in der Praxis ausge­wirkt. Ich habe hier die jüngste Zahl: Vom 1. Jänner bis zum 14. Juni 1998 sind auf Österreichs Straßen 358 Menschen zu Tode gekommen. Das sind natürlich um 358 Menschen zuviel. Dennoch ist es ein Erfolg, denn im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 466 Tote, also um 108 tote Menschen mehr. – Ich hoffe, daß dieser Trend im Laufe des heurigen Jahres anhalten beziehungsweise sich noch fortsetzen wird.

Ich meine aber, daß Kontrollen und Strafen allein zuwenig sind. Daher möchte ich unterstrei­chen, was eine meiner Vorrednerinnen, Frau Kollegin Binder, gesagt hat: Es muß sich auch in den Gehirnen der Menschen etwas abspielen, damit dieser Blutzoll verringert werden kann. Da­her möchte ich diese Werbeaktionen des Verkehrsministeriums nicht so negativ darstellen, wie es heute hier geschehen ist. Es braucht eine breite Öffentlichkeit, um die Verkehrssicher­heit zu erhöhen!

Einen Punkt, Herr Bundesminister, möchte ich noch anschneiden, der ebenfalls im Entschlie­ßungsantrag beinhaltet ist, nämlich die Aufforderung an Sie, hinsichtlich des Xenonlichtes aktiv zu werden. Sie wissen, daß dieses blaue, sehr grelle Xenonlicht von den meisten Verkehrs­teilnehmern als sehr unangenehm und blendend empfunden wird. Speziell für ältere Menschen, für schwächere Verkehrsteilnehmer, wie Radfahrer und Mopedfahrer ist das, insbesondere bei regennasser Straße, sehr unangenehm und kann zu weiteren Unfällen führen. Es stellt sich heraus, daß dieses Licht, das von der Autoindustrie als eine Erhöhung der Sicherheit gewertet wird, für viele andere Verkehrsteilnehmer zur Blendfalle wird. Es gibt eine Reihe von Augen­ärzten, die das bestätigen. Auch viele Beschwerden von Autofahrerklubs und von Ge­richtssach­verständigen sind im Verkehrsministerium eingelangt. Daher glaube ich, Herr Bundesmi­nister, daß es ganz wichtig ist, daß Sie diese Berichte und Gutachten inklusive der Schlußfolge­rungen, die daraus gezogen werden, dem Nationalrat zuleiten. Ich meine, daß die bessere Sicht für einige wenige Fahrer großer Limousinen nicht auf Kosten der überwiegenden Zahl der Ver­kehrsteilnehmer gehen darf! (Beifall bei der SPÖ.)

0.28


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. Er hat das Wort.

0.28


Abgeordneter Josef Edler¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kurz noch drei Bemerkungen.

Erstens: Ich glaube, daß wir im Unterausschuß des Verkehrsausschusses sehr gute Beratungen geführt haben. Wir hatten die Chance, mit zuständigen Experten wirklich auch kommende Maß­nahmen für mehr Verkehrssicherheit zu beraten. Wichtig in diesen Beratungen war die Position, daß legistische Maßnahmen allein sicherlich gut, aber manchmal zuwenig sind. Zusätzlich ist Aufklärung etwa in den Schulen – das wurde heute schon wiederholt gesagt – unbedingt not­wendig. In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, daß die Exekutive nicht nur bei der Kontrolle eine sehr wichtige Aufgabe erfüllt, sondern auch bei ihrer Aufklärungsarbeit über Verkehrs­sicherheit. – Sehr herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Meine zweite Bemerkung betrifft die Fahrzeugsicherheit, insbeson­dere die Fahrzeugsicherheit der LKW aus dem Osten: Wir haben in den letzten Monaten Be­richte erhalten, wonach ein starkes Ansteigen der Verkehrsunsicherheit feststellbar war. Im Jahre 1997 wurden rund 1 200 LKW aus dem Ostverkehr angehalten, und die Hälfte davon durfte nicht mehr weiterfahren, weil die Fahrzeuge fahruntauglich waren. In diesem Bereich sind wirklich Maßnahmen zu setzen, und dafür müssen der Exekutive auch die technischen Voraus­setzungen zur Verfügung gestellt werden.

Meine Damen und Herren! Maßnahmen für Verkehrssicherheit erfordern eine permanente Dis­kussion, und diese werden wir sicherlich gemeinsam führen, um Unfälle zu vermeiden, um Tote zu vermeiden und somit Leid auch innerhalb der Familie zu vermeiden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

0.30


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Schlußworte seitens der Berichterstatter werden nicht gewünscht.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorge­nommen werden.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1225 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Meischberger und Genossen einen Abänderungsantrag ein­gebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Lafer und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungs- beziehungsweise Zusatzanträ­gen betroffenen Teile des Gesetzentwurfes und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile der Vorlage abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung das für die Abstimmung erforderliche Vorlie­gen des verfassungsmäßig vorgeschriebenen Quorums von Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Lafer und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfü­gung neuer Ziffern 2a und 56a vorsieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diese Zusatzanträge Lafer aussprechen, um ein Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Die Anträge sind abgelehnt.

Die Abgeordneten Ing. Meischberger und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. I Ziffern 4 bis 8 eingebracht.

Auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen ersuchen. – Der Antrag hat nicht die erforderliche Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschuß­berichtes abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Bejahung. – Ich stelle die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein bejahendes Zeichen ersuchen. – Ich stelle fest, daß diese Abstimmung eine Mehrheit, und zwar eine Zweidrittelmehrheit, ergeben hat.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, ein Zeichen geben. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit der erforderlichen Zweidrittel­mehrheit beschlossen worden.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bar­müller und Genossen betreffend österreichweite systematische Sanierung von Unfallhäufungs­stellen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag Barmüller zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen ab über einen weiteren Entschließungsantrag des Abgeordneten Mag. Barmüller, und zwar betreffend Einführung eines Gutpunkteführerscheines.

Auch hier darf ich bitten, im Falle der Zustimmung sich von den Sitzen zu erheben. – Der Antrag hat keine Mehrheit gefunden und ist daher abgelehnt.

Schließlich stimmen wir ab über einen Entschließungsantrag des Abgeordneten Mag. Bar­müller betreffend Schritte der Liberalisierung im Bereich der Fahrschulen.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Nunmehr stimmen wir ab über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1221 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diese Kenntnisnahme des Ausschußberichtes aus­sprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Ausschußbericht ist mit Mehrheit zur Kennt­nis genommen.

Ebenso stimmen wir ab über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1222 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein diesbezügliches Zeichen. – Dieser Antrag wurde mit großer Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen nun ab über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1227 der Bei­lagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag auf Kenntnis­nahme wurde mit Mehrheit beschlossen.

Wir stimmen ebenso ab über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1240 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um ein diesbezügliches Zeichen im Falle der Zustimmung. – Ich stelle fest: Der Antrag auf Kenntnisnahme ist mit Mehrheit beschlossen.

Wir stimmen weiters ab über den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Dr. Gabriela Moser betreffend Maßnahmenbündel gegen den steigenden Transitverkehr durch Österreich.

Im Falle einer Zustimmung zu diesem Entschließungsantrag Dr. Moser bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag hat nicht die Mehrheit gefunden. Er ist abgelehnt.

Wir gelangen ebenso zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Dr. Gabriela Moser betreffend ein generelles Nachtfahrverbot auf allen alpinen Transitrouten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1226 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in 1226 der Beilagen ihre Zustim­mung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dieser Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustim­mung erteilen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit an­genommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1224 der Bei­lagen.

Hiezu liegen keine Abänderungsanträge vor; ich lasse daher sogleich abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf in 1224 der Beilagen ist mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustim­mung erteilen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Ich stelle fest, daß die Vorlage in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen ist.

Wir stimmen nunmehr ab über die dem Ausschußbericht 1224 der Beilagen beigedruckte Ent­schließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Entschließung ihre Zustimmung erteilen um ein Zeichen. – Dieser Entschließungsantrag ist mit Mehrheit angenommen. (E 126.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1223 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag des Verkehrsausschusses zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß der Antrag auf Kenntnisnahme dieses Berichtes mit Mehrheit angenommen wurde.

Damit haben wir diese Punkte der Tagesordnung erledigt.

36. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1079 der Beilagen): Bun­desgesetz über die Öffnung des Zugangs zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf Flughäfen (Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz – FBG) (1239 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen nun zum 36. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch auf Berichterstattung liegt nicht vor.

Eine Wortmeldung des Abgeordneten Firlinger liegt hingegen schon vor. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

0.41


Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! „Vom Monopol zum Duopol“ könnte der Untertitel des in Verhandlung stehenden Flughafen-Bodenabfertigungsgesetzes lauten.

Meine Damen und Herren! Zweifellos machen EU-Harmonisierung und EU-Liberalisierung eine Klarstellung der Verhältnisse auf den österreichischen Flughäfen notwendig. In diesem Zusam­menhang steht insbesondere der Flughafen Wien im Vordergrund, der dafür bekannt ist, daß er zu den vier teuersten Flughäfen in Europa gehört. Bisher hat das nur eine untergeordnete Rolle gespielt, weil die überaus hohen Kosten der Abfertigung dank niedriger Treibstoffpreise und dank Entsteuerung der Treibstoffe irgendwie untergebracht werden konnten. Langfristig werden die nach wie vor hohen Kosten jedoch ein Problem schaffen, weil der Standort Wien natürlich in Konkurrenz zu anderen Standorten rund um Wien steht.

Der Druck zum Einsparen ist vorhanden, daher kam es zu diesem an sich notwendigen Liberali­sierungsschritt. Im Detail gibt es aber selbstverständlich unterschiedliche Meinungen dazu. – Sosehr ich diesen Schritt grundsätzlich begrüße, möchte ich doch zwei Dinge zum Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz sagen, die sehr kritisch sind und die mir als eine Hürde erscheinen.

Meiner Meinung nach handelt es sich hiebei nicht um eine echte Liberalisierung, sondern um eine Scheinliberalisierung, und zwar in der Form, daß man statt einem einzigen Anbieter von Abfertigungsdienstleistungen wie bisher jetzt einen zweiten zuläßt. Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, daß man betreffend die Anzahl überhaupt keine Zulassungsbeschränkun­gen braucht. Das ließe sich auf dem Markt anders regulieren. Ich bin der Meinung, daß eine ganz klare Offenlegung von Kalkulationen notwendig wäre, denn dann wird sich ein Anbieter überlegen, ob er anbietet oder nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zweiter Punkt: die Frage des Haftungsrahmens: Es besteht ein Unterschied, ob man als unabhängiger Diensteanbieter entweder nur im Vorfeld tätig oder nur für den Cateringbereich zuständig ist oder nur Gepäcksabfertigung macht. So wie es im Gesetz for­muliert ist, daß ein Haftungsrahmen bis zu 600 Millionen Schilling verlangt wird, ohne daß das näher präzisiert wird, Herr Kollege Lukesch, ist es meines Erachtens prohibitiv. Und das unter­mauert meine These, daß es sich hiebei um eine Scheinliberalisierung handelt.

Meine Damen und Herren! Es gäbe noch viel dazu zu sagen, die Zeit ist jedoch leider schon sehr vorgerückt. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Machen Sie einen ver­nünftigen Vorschlag, dann wird es auch an unserer Zustimmung nicht mangeln. Einem Gesetz, das eher die Bezeichnung „Augenauswischerei“ verdient, werden wir aber sicherlich nicht die Zustimmung erteilen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.43


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. Er hat das Wort.

0.43


Abgeordneter Josef Edler¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz: Es erfolgt eine Anpassung an die EU-Richt­linie 1996/1997 (EG) des Rates vom 15. Oktober 1996.

Meine Damen und Herren! Unter Beachtung der Erfordernisse wird diese Liberalisierung in Etappen durchgeführt.

Zur Position der Freiheitlichen. Herr Kollege Firlinger, das, was Sie vertreten haben, haben Sie auch im Verkehrsausschuß so formuliert. Dazu sage ich Ihnen: Wir müssen wissen, was wir wollen: Wollen wir gesetzliche Maßnahmen, die beschlossen werden müssen, oder wollen wir eine Öffnung ohne Schutzmaßnahmen und eine Freisetzung von hundert Kolleginnen und Kollegen? – Wir Sozialdemokraten wollen letzteres nicht! Wir wollen ein vorsichtiges Vorgehen. Wir sind sehr daran interessiert, daß der Wettbewerb zugelassen wird, aber nicht in der Form, wie Sie sich das vorstellen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Kurz die Eckpunkte: Es ist taxativ im Gesetz angeführt, welche Bodenabfertigungsdienste liberalisiert werden sollen. Es gibt eine Begrenzung der Zahl der An­bieter, aber auch eine Beschränkung für die Selbstabfertiger. Die Wahrung des Wettbewerbes ist gegeben, das habe ich schon angesprochen. Hinsichtlich der Ausschreibung sollen unab­hängige Dienstleister zum Zug kommen. Ich hoffe, daß über den Nutzerausschuß, in welchem alle Nutzer ihre Vertretung haben, die Möglichkeit gegeben ist, diese Unabhängigkeit einzufor­dern.

Meine Damen und Herren! Natürlich müssen wir in einer gesamthaften Betrachtungsweise auch die Sicherheitsauflagen mit berücksichtigen. Bei der Flugabfertigung muß es besondere Beob­achtungen geben, die ebenfalls zu berücksichtigen sind. Das ist meiner Meinung nach eine Vor­aussetzung dafür, daß unsere Flughäfen, besonders der Flughafen Wien-Schwechat, gute Chancen für die Zukunft haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

0.45


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. Er hat das Wort.

0.45


Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesmini­ster! Meine Damen und Herren! Wenn mein Vorredner davon gesprochen hat, daß es ein vor­sichtiges Vorgehen geben solle, dann stimme ich ihm zu.

Wahr ist jedoch, daß Sie nicht vorgehen, sondern zurückgehen. Das geht aus dem Ausschuß­bericht hervor, der von Ihnen angenommen wurde. In diesem sagen Sie: „Drittabfertigung kommt für Flughäfen, welche den Grenzwert der Z. 1 nicht überschreiten, überhaupt nicht in Be­tracht.“ – Das bedeutet, daß es bei weniger als 2 Millionen Fluggästen und weniger als 50 000 Jahresfrachttonnen Drittabfertigung überhaupt nicht gibt. Das ist bisher allerdings mög­lich gewesen. Jetzt kommt es zur Umsetzung einer Richtlinie der Europäischen Union, die mehr Wettbewerb bewirken soll. Und was machen Sie daraus? – Sie treffen Regelungen, gemäß wel­chen es von vornherein weniger Wettbewerb gibt, als es in bestimmten Bereichen schon gege­ben hat. Das ist kein Vor-, sondern ein Zurückgehen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Daher ist auch folgendes festzuhalten: Die Bestimmung in § 5, in welchem es um die zentralen Infrastruktureinrichtungen geht, hätte laut Regierungsvorlage be­sagt, daß das Betreiben dieser Anlagen an einen Dritten zu übertragen ist, wenn die Betriebs­sicherheit des Flughafens das gewährleistet. Im Ausschuß haben Sie das dann jedoch dahin gehend abgeändert, daß es übertragen werden kann. – Während man in der Regierungsvorlage mutig war und gesagt hat: Wenn die Betriebssicherheit nicht gefährdet ist, dann muß das an Dritte vergeben werden, hat man das im Ausschuß in der Form abgeändert, daß das an Dritte vergeben werden kann. Faktum: Es ist dies ein Druckmittel gegenüber privaten UnternehmerInnen, und es ist weni­ger als das, was wirklich für den Wettbewerb vonnöten wäre.

Und zu allem Überdruß verhält es sich so, daß die Regierungsparteien und die österreichische Bundesregierung, bald Vorsitzende im Rahmen der Europäischen Union, nicht gerade nett waren, denn diese Richtlinie, die bereits zum 1. Jänner 1998 umgesetzt hätte sein sollen, wurde nicht rechtzeitig umgesetzt! Aber Sie haben das „elegant“ gelöst: Sie legen einfach fest, daß das rückwirkend ab 1. Jänner 1998 gilt. – Knapp daneben ist zwar auch vorbei, aber das gilt für die Regierungsfraktionen nicht. Wenn man eine Frist versäumt, dann ist es normalerweise aus, aber bei uns ist das anders: Man löst das „elegant“ und setzt das nun rückwirkend in Kraft.

Meine Damen und Herren! Wahr ist, daß diese Umsetzung nicht mehr Wettbewerb bedeutet, sondern daß man hinter das zurückgegangen ist, was heute schon besteht. Die Liberalen meinen, daß das nicht angeht und daß es in diesem Haus nicht Usus werden soll, daß Versäumnisse der Bun­desregierung dadurch kaschiert werden, daß man Regelungen einfach formal rückwirkend in Kraft setzt. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

0.48


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. Er hat das Wort.

0.48


Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Einige Zeit nach Mitternacht wird es auch mir nicht gelingen, Ihre Aufmerksamkeit für das Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz zu gewinnen. Daher sage ich nur kurz ein paar Worte dazu.

Selbstverständlich wird mit diesem Gesetz eine Öffnung der Bodenabfertigungsdienste für Dritte bewirkt. Das bringt mehr Wettbewerb, und Wettbewerb macht stärker – und nicht schwächer. Daher ist die ÖVP für diese Öffnung und für dieses Gesetz! (Beifall bei der ÖVP.)

Folgendes sage ich Kollegen Firlinger ebenso wie unserem Kollegen vom Liberalen Forum: Ein Vergleich der Umsetzung der EU-Richtlinie hier in Österreich etwa mit der Umsetzung in Deutschland zeigt, daß diese Öffnung durch unsere Maßnahmen wesentlich liberaler und un­bürokratischer vorgenommen wird als in jenem Land. Dort hat nämlich der heilige Bürokratius zugeschlagen, bei uns ist man hingegen mit einem schmalen Gesetz mit einigen wenigen Para­graphen und einem kurzen Anhang ausgekommen. Auch in diesem Falle sind wir also wieder einmal besser als unsere deutschen Nachbarn.

Natürlich gibt es einige Probleme. Herr Kollege Barmüller, Sie haben recht: Das Gesetz ist mit einer rückwirkenden Inkraftsetzung ausgeschrieben worden. Das ist auch für mich nicht ange­nehm. Ich habe dieser Rückwirkung nur zugestimmt, weil sonst die Gefahr bestanden hätte, daß eine Legisvakanz für bestimmte Dienste zwischen dem 1. Jänner dieses Jahres und der Be­schlußfassung hier im Hohen Hause und der Veröffentlichung dieses Gesetzes eintritt, und das hätte zu einer großen Verunsicherung geführt.

Herr Bundesminister! In Anbetracht dessen kann ich sagen: Das Gesetz kommt spät, aber nicht zu spät!

Das Gesetz enthält – das möchte ich auch sagen, und ich werde gleich noch einmal auf Sie zu­rückkommen – an mehreren Stellen den Hinweis, daß private Dienstleistungsanbieter, die be­stimmte Abfertigungsdienste übernehmen wollen, die österreichischen arbeits- und sozialrecht­lichen Vorschriften einzuhalten haben. Da möchte ich insbesondere Herrn Präsidenten Verzet­nitsch und Kollegen Nürnberger ansprechen. Wir haben in diesem Fall ein lex specialis, das an mehreren Stellen ausdrückt, daß die österreichischen arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmun­gen einzuhalten sind. Ich stelle für die ÖVP fest: Das ist eine Selbstverständlichkeit! Jeder Unternehmer, der in Österreich tätig sein möchte, hat sich an die arbeits- und sozial­rechtlichen Vorschriften zu halten. Dies braucht in einem Sondergesetz nicht extra wiederholt zu werden.

Denn es besteht die Gefahr, Herr Präsident, daß eventuell jemand auf die Idee käme, zu sagen: In anderen Branchengesetzen, in denen das nicht entsprechend steht, gilt es dann nicht. (Abg. Dr. Mertel: Das ist aber spitzfindig!) Ich denke also, das ist doppelt gemoppelt und etwas zuviel des Guten, aber sei’s d’rum. Man wollte damit insbesondere ausländischen Anbietern deutlich zeigen, daß sie an die österreichischen Bestimmungen gebunden sind.

Kollege Barmüller! Noch ein Wort zu Ihnen: Sie haben gesagt, dieses Gesetz würde hinter die österreichischen Möglichkeiten ohne diese EU-Richtlinie zurückgehen. Da irren Sie: Die Erläute­rungen im Abänderungsantrag zum § 15 – ich möchte auch das klar und im Sinne einer authen­tischen Interpretation festhalten – beziehen sich bei der Drittabfertigung selbstverständlich auf solche Drittabfertigungen, die im Sinne der EU-Richtlinie gemeint sind. Das heißt, die bisher vor­handenen Regelungen – insbesondere § 14 ZFBO – bleiben in Kraft, sodaß die Flughäfen selbstverständlich die Möglichkeit haben, Airlines weiterhin mit bestimmten Aufgaben der Abfer­tigungsdienste zu betrauen, wie das bisher schon üblich war, zum Beispiel in der Passagierab­fertigung.

Das sollte aus Gründen der Korrektheit gesagt werden, wenn Ihnen die Verkürzung in der Aus­schußanmerkung verdächtig vorgekommen sein sollte, daß dort vorhandene Möglichkeiten der Beauftragung Dritter im Sinne der Selbstabfertigung nicht mehr gegeben sein sollten. Tatsäch­lich bleibt diese Form der Drittabfertigung durch dieses Gesetz unberührt. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.53


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

0.53


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser¦ (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Dieses Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz ist für uns aus einem einzigen Grund abzulehnen, aber dieser ist triftig und wesentlich: Das Gesetz tritt rückwirkend in Kraft, und das ist meiner Ansicht nach demokratiepolitisch sehr bedenklich. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Mertel: So kurz? – Das ist ja wunderbar!)

0.53


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sigl. – Bitte.

0.53


Abgeordneter Robert Sigl¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Flugverkehr hat sich in den letzten Jahren überdurch­schnittlich entwickelt. Die Zahl der Passagiere, die in Österreich landeten beziehungsweise ab­flogen, hat sich seit dem Jahre 1970 zirka im Zehnjahresrhythmus verdoppelt. Diese Zuwachs­rate wird sich nach den Prognosen zukünftig noch mehr beschleunigen.

Ein Flughafen kann ein wesentlicher Standortfaktor für eine erfolgreiche Wirtschaftsregion sein. Wenn das Angebot für den Geschäftsreiseverkehr attraktiv ist, die Anbindungsmöglichkeiten und das wirtschaftliche Umfeld stimmen, wird ein Flughafen zu einem wichtigen Argument für die Ansiedlung von neuen Unternehmen. Die Wirtschaftlichkeit der europäischen Flughäfen ist aber sehr unterschiedlich. Haupteinnahmequellen der Flughäfen sind etwa zu jeweils einem Drittel der Bodendienst, der Landegebühren- und der Duty-Free-Bereich. Aber gerade diese Be­reiche werden in den nächsten Jahren wesentliche Änderungen erfahren.

Mit der zur Debatte stehenden Regierungsvorlage wird eine EU-Richtlinie vollzogen, die den Zu­gang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste liberalisieren wird. Diese Dienste schließen vor allem die Passagier- und Gepäckabfertigung, Flugzeugbewegungen auf dem Vorfeld sowie Fracht- und Postabfertigung ein. Sie werden gegenwärtig zum größten Teil von den Flughafen­gesellschaften und in selteneren Fällen von den Fluggesellschaften besorgt. Dabei ist auf den meisten europäischen Flughäfen der Wettbewerb stark eingeschränkt, und die Flughafenpreise sind oft stark überhöht.

Mit der Liberalisierung des Marktzuganges soll eine Senkung der Betriebskosten der Luftfahrt­unternehmen bei gleichzeitiger Anhebung des Qualitätsniveaus für die Nutzer erfolgen. Unter Beachtung der Erfordernisse dieses Sektors muß die Liberalisierung in zeitlich abgestuften Schritten durchgeführt werden. Dem Erfordernis der allgemeinen und betrieblichen Sicherheit auf Flughäfen und der Tatsache, daß auf einem Flughafen die Kapazitäten und die vorhandenen Flächen für die Bodenabfertigung begrenzt sind, soll durch verschiedene Maßnahmen Rech­nung getragen werden.

Zur Gewährleistung eines sicheren und reibungslosen Flughafenbetriebes sollen Verwaltung und Betrieb der zentralen Infrastruktureinrichtungen dem Flughafenbetrieb voll vorbehalten blei­ben. Die zentrale Verwaltung dieser Einrichtungen darf jedoch nicht zu einer Behinderung ihrer Benutzung führen. Im Interesse eines wirksamen Wettbewerbes soll allen Benützern – selbst­verständlich gegen Entgelt – der gleiche Zugang zu diesen Einrichtungen ermöglicht werden.

Hohes Haus! Neben den bevorstehenden Änderungen in der Finanzierungsstruktur der Flughä­fen und Fluggesellschaften wird die in einer auf Wettbewerbsgleichheit aufgebauten Wirtschaft einmalige Situation der Luftwirtschaft – zum Beispiel die Nichtbesteuerung des Flugtreibstoffes – auch einer Änderung zuzuführen sein. Gleichzeitig gilt für die wachsenden externen Kosten, die der Flugverkehr verursacht, daß in diesem Bereich Änderungen im Sinne der Anlastung der externen Kosten entsprechend dem Verursacherprinzip unumgänglich sind.

Meine Damen und Herren! Ich ersuche daher um Ihre Zustimmung für diese Gesetzesvorlage, die meiner Meinung nach im Sinne der letztgenannten Zielsetzungen steht. (Beifall bei der SPÖ.)

0.57


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wallner. – Bitte.

0.57


Abgeordneter Kurt Wallner¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Hintergründe dieses Gesetzentwurfes sind ausführlich erläutert worden. Es ist trotz­dem festzuhalten, daß es zu einer Senkung der zu hohen Flughafengebühren kommen soll. Es ist auch festzuhalten, daß es eine sozial gerechte Lösung für die zirka 2 200 Beschäftigten am Flughafen in Wien geben soll. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, daß es zu einzelvertragli­chen Lösungen für die Beschäftigten kommen soll und daß die Arbeitsplätze möglichst erhalten werden sollen.

Ich möchte weiters festhalten, daß im Gesetz, um eine sozial sanfte Rückführung zu erreichen, Anpassungsfristen vorgesehen sind. Im Sinne der Ausschußfeststellung möchte ich festhalten, daß sich an der durch die Zivilflugplatz-Betriebsordnung gegebenen Möglichkeit, daß sich Flug­häfen bei einzelnen Abfertigungsdiensten Dritter – zum Beispiel Fluggesellschaften – bedienen, weiterhin nichts ändern wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.58


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Weitere Wortmeldungen liegen zu diesem Punkt nicht vor. Diese Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1239 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß der Gesetzentwurf in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen ist.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

37. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 761/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird (1188 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen zum 37. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Meischberger. Seiner Fraktion stehen noch 2 Minuten Redezeit zur Verfügung. – Bitte.

0.59


Abgeordneter Ing. Walter Meischberger¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die Freiheitlichen werden dem Antrag zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes nicht zustimmen. Dies möchte ich hier ohne Umschweife feststellen, weil nicht mehr viel Zeit vorhanden ist. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Der Hauptkritikpunkt unsererseits ist die unterschiedliche Vergabe der verschiedenen Frequen­zen. Das derzeitige Gerangel um die Frequenzen im 1 800-Megahertz-Band hat darin seinen Ur­sprung. Meiner Erinnerung nach ist praktisch jede Lizenzvergabe unter einer anderen gesetz­lichen Vorgabe erfolgt. Eigentlich hätte der dritte Handy-Lizenzbetreiber, die Connect Austria – sie will im Juli in Betrieb gehen – im 1 800-Bereich ein Exklusivrecht gehabt. Dieses Exklusiv­recht wird aber wiederum gebrochen durch Rechte von Mobilkom und max.mobil., die ihrer­seits – wenn sie den notwendigen Bedarf nachweisen können – vor Ablauf der Dreijahresfrist ebenfalls Frequenzbereiche aus dem 1 800-Megahertz-Band zugesprochen bekommen könn­ten.

Ein ganz anderes Problem aus diesem Bereich ergibt sich in der Bevölkerung in bezug auf den entstehenden Sendemastenwald. Dieser Sendemastenwald kommt vor allem dadurch zustande, daß mehrere Handy-Lizenzbetreiber jeweils ihr eigenes Netz aufbauen müssen. Daran wird in der Bevölkerung in zwei Punkten Kritik geübt. Der eine Punkt ist die Ortsbild- und Landschafts­verschandelung, und zum zweiten wird immer wieder die Gefahr gesundheitlicher Schäden für Anrainer vorgebracht. Aus diesem Bereich gibt es zwar keine Gutachten beziehungsweise greif­baren Beweise, aber trotzdem ist es ein Problem, daß es überhaupt keine gesetzliche Hand­habe für die Bevölkerung gibt, in diesem Bereich etwas zu tun.

Deshalb möchten wir einen Antrag einbringen, der folgendermaßen lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Meischberger, Haigermoser, Mag. Firlinger, Mag. Schweitzer und Kolle­gen betreffend Maßnahmen gegen den Mobiltelefon-Senderwald

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird aufgefordert, alle Maßnahmen mit dem Ziel zu ergreifen, eine unnötige Vermehrung von landschaftsbelastenden freistehenden Sende­anlagen zu vermeiden.

Insbesondere sollen Richtlinien für den Bau und Betrieb dieser Sendeanlagen erstellt werden, die eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung ausschließen; eine Koordination der Konsens­werber von Funkanlagen erfolgen, damit eine Zusammenlegung von Anlagen verschiedener An­bieter auf gemeinsamen Masten erfolgt und eine Mitbenutzung ermöglicht wird; die Nutzung vor­handener, außer Betrieb genommener Mastenanlagen – zum Beispiel von Stromleitungen – beziehungsweise von solchen Standorten erreicht und damit neue Standorte von Sendemasten vermieden werden; eine Information der Standortgemeinden solcher Anlagen im Telekommuni­kationsgesetz vorgesehen werden.

*****

Es würde Ihnen leichtfallen, diesen ...

1.03


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦ (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter! Ihre Rede­zeit ist schon abgelaufen.

(Beifall bei den Freiheitlichen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Ing. Meischberger.)

Ich ersuche, in Zukunft einen Entschließungsantrag so zu verlesen, daß das noch innerhalb der Redezeit erfolgt. Sie haben die Redezeit überzogen und haben daher nicht mehr das Wort.

Der Entschließungsantrag, den Sie soeben verlesen haben, ist ausreichend unterstützt und ge­schäftsordnungsgemäß überreicht worden und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschrän­kung. – Bitte.

1.03


Abgeordneter Rudolf Parnigoni¦ (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vier Bemerkungen zur vorliegenden Novelle. Zum einen ist festzuhalten, daß diese so gestaltet ist, daß wir die restlichen Frequenzen optimal verwerten und eine entsprechende Nutzung erreichen können.

Zum zweiten wird es zu mehr Wettbewerb kommen, und zwar dadurch, daß es einen vierten bundesweiten Anbieter mit einer Mobilfunk-Lizenz und somit einen zweiten Anbieter im 1 800-Frequenzbereich geben wird. Wir hoffen, daß dies einen entsprechenden Kundennutzen bringen wird, indem es ein verbessertes Angebot zu günstigeren Preisen für die Kunden geben soll.

Dritte Bemerkung: Die Investitionen, die sich in diesem Bereich ergeben werden, werden ent­sprechend viele Spillover-Effekte in verschiedenen anderen Wirtschaftsbereichen sicherstellen und in Verbindung damit entsprechende Arbeitsplätze im hochtechnologischen Bereich schaffen und absichern.

Vierte Bemerkung: Meine Damen und Herren! Entgegen dem, was Herr Abgeordneter Meisch­berger gesagt hat, wird damit auch Rechtssicherheit geschaffen, und es werden keinerlei zuge­sicherte Rechte an bereits vorhandene Betreiber gebrochen. Wir stimmen daher dieser Vorlage zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

1.05


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. Sie haben noch 11 Minuten Redezeit zur Verfügung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.05


Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesmini­ster! Herr Abgeordneter Parnigoni, Sie haben vier Punkte angeführt, ich bringe drei Punkte vor.

Zum Entschließungsantrag der Freiheitlichen: Es gibt keinen unnötigen Mastenausbau, denn das kostet ohnehin Geld. Eine gemeinsame Funknetzplanung ist schlicht und einfach nicht mög­lich. Es besteht gerade noch eine Überlappung von rund 10 Prozent. Daher wird dieser Antrag unserseits keine Zustimmung erfahren. Er geht an der Realität zu weit vorbei.

Meine Damen und Herren! Die Einführung des Abs. 3a in § 125 ist in Wirklichkeit ein Versuch, ein zusätzliches Körberlgeld für das Budget zu lukrieren. Ich mußte sehr verwun­dert zur Kennt­nis nehmen, daß sich – nachdem man bei bisher vorgenommenen Versteigerun­gen von Fre­quenzen und Konzessionen davon gesprochen hat, daß dies ein „knappes Gut“ sei – jetzt herausstellt, daß noch überbordende Reserven vorhanden sind: 42 Megahertz stehen noch zur Verfügung.

Dritter Punkt: Herr Abgeordneter Parnigoni! Rechtssicherheit in diesem Bereich schön und gut, aber ich würde mich freuen, wenn es nicht immer wieder dazu käme – wie jetzt auch beim Tele­kommunikationsgesetz –, daß man schon neun Monate, nachdem es beschlossen worden ist, wieder die nächsten Änderungen machen muß. Das ist keine Rechtssicherheit! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

1.06


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

1.06


Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im Gegensatz zu den Ausführungen der Opposition ist diese Novelle ein wichtiger Schritt zur Modernisierung der österreichischen Telekom-Struktur.

Mit dieser Regelung werden erstens die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die bisherigen Lizenznehmer – das sind A1, max.mobil. und Connect – nicht geändert. Zweitens wird der Ausbau einer marktbeherrschenden Stellung für die bisherigen Anbieter verhindert. Drittens wird für weiteren Wettbewerb auf dem Markt gesorgt. Viertens wird dem Staat eine weitere Budget­einnahme aus der Versteigerung der vierten Handy-Lizenz gesichert.

Meine Damen und Herren! Damit bin ich auch schon am Ende, indem ich sage: Es ist dies ein weiterer wichtiger Schritt zur modernen Entwicklung der österreichischen Telekommunikations-Situation. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

1.07


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Als nächste ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, Sie haben noch 10 Minuten Redezeit zur Verfügung. – Bitte. (Abg. Dr. Mertel: Frau Doktor! Sind Sie schon wieder da?)

1.07


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser¦ (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Sie streichen einen Satz in einem Gesetz und streifen Millionen ein. Das ist auch der Sinn und Zweck, meine Vorredner haben zu Recht darauf hin­gewie­sen. Es geht um Millionen, aber nach meiner Ansicht geht es um mehr. Man sollte bei dieser Änderung des Telekommunikationsgesetzes prinzipieller ansetzen und nicht nur zusätz­liche Anbieter auf der 1 800-Megahertz-Frequenz vorsehen, sondern in erster Linie Rechts­sicherheit für die Anrainer – für die Leute, die in der Umgebung von Sendeanlagen leben – schaffen. (Abg. Dr. Fuhrmann: Aber das stimmt doch überhaupt nicht!)

Was Sie bis jetzt verabsäumt haben, ist die Parteienstellung bei der Aufstellung von Masten. Ich unterstütze deshalb den Antrag der Freiheitlichen, und wir werden für ihn stimmen. Denn es geht nicht nur um das Landschaftsbild, sondern es geht vor allem auch um die Bedenken der Anrainer und Anwohner, die bis jetzt nicht in Rechtsform vorgebracht werden können. Das Tele­kommunikationsgesetz schließt aus, daß gesundheitliche Bedenken bei der Errichtung von Masten überhaupt thematisiert werden.

Herr Minister! Auf der anderen Seite – im Ausschuß haben Sie auf diese meine Frage geant­wortet – verweisen Sie auf die Bauordnung: In der Bauordnung seien die Anrainer sehr wohl mit Parteienstellung versehen. Aber nach der Bauordnung können Sie keine gesundheitlichen Bedenken artikulieren. Also werden Sie als Anrainer praktisch zwischen Schmied und Schmiedl hin und her geschickt, Sie rennen im Kreis und verlieren wirklich jegliches Zutrauen zu irgend­welchen demokratischen Regulatorien. Wenn auf der einen Seite das Recht verwehrt wird und wenn Sie auf der anderen Seite das Problem gar nicht thematisieren, in dieser Richtung gar kein Recht beanspruchen können, dann ist das meiner Ansicht nach eines Rechtsstaates unwürdig!

Mit Ihrer Versteigerungsaktion überdecken Sie diese Diskrepanz und diesen Fehler im Telekom­munikationsgesetz, der endlich einmal beseitigt werden müßte. Das zeigen Ihnen österreichweit an die 80 Bürgerinitiativen, die immer wieder gegen ihre Entmündigung Sturm laufen: dagegen, daß sie nicht ihre Rechte wahrnehmen können, und dagegen, daß sie aufgrund einer Seibers­dorf-Studie, in der sich Techniker – Techniker, bitte! – über gesundheitliche Belange äußerten, entmündigt werden. Denn das ist die Basis dafür, daß das Telekommunikationsgesetz keine Einwände wegen gesundheitlicher Bedenken bei der Errichtung von Sendemasten vorsieht.

Darüber gibt es aber inzwischen andere wissenschaftliche Unterlagen und andere Gutachten. Dazu gibt es sogar größtenteils Bedenken aller Umweltanwälte in allen Bundesländern Öster­reichs. Sie weisen immer wieder darauf hin, daß man diese Parteienstellungs-Regelung in das Telekommunikationsgesetz hineinnehmen muß.

Wir haben dazu schon einen Antrag gestellt, ich verzichte deshalb heute auf die nochmalige Ein­bringung dieses Antrages. Aber ich dringe darauf, daß dieser Antrag im Hinblick auf Parteien­stellung bald im Ausschuß in Verhandlung genommen wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

1.11


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Als letzter Redner ist Herr Abgeordneter Wallner zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 2 Minuten. – Bitte.

1.11


Abgeordneter Kurt Wallner¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetz wird Rechtssicherheit geschaffen, und es hilft, unnötige Gerichtsverfahren zu vermeiden. Es kommt meines Erachtens zur bestmöglichen Nutzung der noch vorhandenen Frequenzen des 1 800-Megahertz-Bandes und auch zur Verhinderung eines zeitweiligen Monopols des dritten Anbieters. Die beiden bisherigen Betreiber haben jetzt die Möglichkeit, auf dem 1 800-Megahertz-Frequenzband jeweils zweimal 5 Megahertz zu erhalten, wenn sie eine entsprechende Ausnutzung nachweisen können. Das wird wahrscheinlich schon im Herbst dieses Jahres der Fall sein.

Ebenfalls noch in diesem Jahr wird es zur Versteigerung einer vierten bundesweiten Konzession kommen. Was die Regionalfrequenzen betrifft, sind noch Verhandlungen ausständig. Es muß dazu ein Frequenznutzungsplan erstellt werden.

Ich möchte abschließend sagen, daß das vorliegende Gesetz einen guten Ausgleich zwischen den Interessen der etablierten und der neu hinzukommenden Anbieter herstellen wird. Für die Konsumenten wird sich, so hoffe ich, die neue Wettbewerbssituation positiv auswirken. (Beifall bei der SPÖ.)

1.12


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist ge­schlossen.

Ein Schlußwort seitens des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir gelangen nunmehr zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1188 der Beilagen.

Diejenigen Damen und Herren, die dafür sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte auch jetzt um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haigermoser und Genossen betreffend Maßnahmen gegen den Mobiltelephon-Senderwald. (Abg. Parnigoni: Haigermoser schläft schon! – Abg. Schieder: Wo ist er?)

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Feststellung betreffend Abwesenheit eines Abgeordneten


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Ich stelle fest, daß Herr Abgeordneter Rosenstingl auch zu dieser Sitzung nicht erschienen ist.

Einlauf


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: In der heutigen Sitzung sind die Selbständigen Anträge 804/A bis 806/A eingebracht worden.

Weiters sind die Anfragen 4528/J bis 4530/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Mittwoch, den 17. Juni 1998, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 1.14 Uhr

 

                                         Österreichische Staatsdruckerei: 85 0754