Stenographisches Protokoll

160. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 25. Februar 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

160. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 25. Februar 1999

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 25. Februar 1999: 9.01 – 10.33 Uhr

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 3

Rufe zur Sache 23, 24, 24, 26

Wortentziehung 24

Ordnungsruf 28

Geschäftsbehandlung

Einwendungen der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen gegen die Tagesordnung der 161. Sitzung des Nationalrates gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung 22

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 (1) der Geschäftsordnung 23

Redner:

Mag. Johann Ewald Stadler 23

Dr. Helene Partik-Pablé 24

Dr. Harald Ofner 25

Dr. Peter Kostelka 27

Dr. Andreas Khol 28

Mag. Dr. Heide Schmidt 29

Karl Öllinger 29

Einwendungen finden keine Mehrheit 29

Fragestunde (33.)

Arbeit, Gesundheit und Soziales 3

Sophie Bauer (244/M); Dr. Gottfried Feurstein, Karl Öllinger, Elfriede Madl, Dr. Volker Kier

Karl Öllinger (231/M); Marianne Hagenhofer, Josef Meisinger, Dr. Volker Kier, Mag. Dr. Josef Trinkl

Dr. Brigitte Povysil (233/M); Dr. Günther Leiner, Karl Öllinger, Dr. Martina Gredler, Dr. Elisabeth Pittermann

Dr. Günther Leiner (243/M); Karl Öllinger, Manfred Lackner, Dr. Volker Kier, Elfriede Madl

Hannelore Buder (230/M); Edith Haller, Dr. Erwin Rasinger, Theresia Haidlmayr, Dr. Martina Gredler

Finanzen 15

Dr. Alexander Van der Bellen (242/M); Mag. Thomas Barmüller, Dr. Alfred Gusenbauer, Jakob Auer, Mag. Karl Schweitzer

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (236/M); Mag. Helmut Peter, Ing. Wolfgang Nußbaumer

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 3

Ausschüsse

Zuweisungen 21

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 21

1625: Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen im Rahmen der 5. allgemeinen Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank

1630: Staatsdruckereigesetz-Novelle 1999

Anfragebeantwortung

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (5199/AB zu 5533/J)

 

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich zur 160. Sitzung des Nationalrates begrüßen, die für heute, 9 Uhr, einberufen wurde und die ich hiermit für eröffnet erkläre.

Als verhindert gemeldet sind folgende Abgeordneten: Aumayr, Böhacker, Mag. Haupt, Dr. Haider, Motter, Wenitsch, Kröll, Tichy-Schreder, Gatterer, Mag. Frieser, Platter, Gradwohl, Heinzl und Dr. Keppelmüller.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über Entschließungen des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht: Herr Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem wird von Herrn Bundesminister Rudolf Edlinger vertreten. Herr Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Dr. Wolfgang Schüssel wird durch Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer vertreten.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde. Ich beginne jetzt – um 9.02 Uhr – mit dem Aufruf der einzelnen Anfragen. ´

Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die 1. Anfrage, Nr. 244/M, kommt von Frau Abgeordneter Sophie Bauer. Ich bitte Sie, Frau Abgeordnete Bauer, Ihre Frage zu formulieren. – Bitte.

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

244/M

Welche Auswirkungen werden die geplanten Maßnahmen im Bereich der Schwarzarbeitsbekämpfung Ihrer Meinung nach haben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich darf Ihnen zunächst einen schönen guten Morgen wünschen.

Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Die Verletzung von Meldevorschriften im Bereich der Sozialversicherung, von gewerberechtlichen Vorschriften und von Beschäftigungseinschränkungen auch für ausländische Arbeitnehmer kostet korrekten Unternehmern und Arbeitnehmern jährlich Milliardenbeträge. Vor allem entsteht dadurch ein erheblicher Ausfall an Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern, die für die Finanzierung der öffentlichen Aufgaben unverzichtbar sind.

Durch die Regierungsvorlage des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, die am 11. März im Sozialausschuß des Nationalrates beraten werden wird, sollen die Beschäftigungsmöglichkeiten zu ordnungsgemäßen Entgelt- und Arbeitsbedingungen sichergestellt und Schwarzarbeit weitgehend ausgeschlossen werden. Dies wird durch Einführung besserer Kontrollen, Beseitigung von Umgehungsmöglichkeiten, Schaffung wirksamerer Sanktionen und Ausschaltung von Anreizen im Bereich der Schattenwirtschaft erreicht. Zur Verbesserung gegenüber der derzeitigen Situation wird es insbesondere durch die Konzentration der Kontrollkompetenzen bei den Hauptzollämtern und durch die Verpflichtung aller in die Bekämpfung von Schwarzarbeit involvierten Behörden und Rechtsträger zur Zusammenarbeit und zu einem koordinierten Vorgehen bei der Aufdeckung und Verfolgung von Schwarzarbeit kommen.

Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, daß nicht zu Erwerbszwecken erfolgende Hilfeleistungen wie die gegenseitige Unterstützung im Familien-, im Freundes- und im Nachbarschaftskreis keine Schwarzarbeit darstellen und durch die vorgesehenen Regelungen nicht beeinträchtigt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage, wie ich annehme. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wieviel Personal werden Sie dafür einsetzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Zur effektiven Bekämpfung der Schwarzarbeit – das ist auch in der Regierungsvorlage so vermerkt – ist bei den Hauptzollämtern ein Personalstand von mindestens 184 Bediensteten erforderlich. 79 Bedienstete aus den Bereichen des Bundesministeriums für Finanzen und des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales stehen bei Inkrafttreten des Gesetzes mit 1.7.1999 wie vorgesehen sofort zur Verfügung. Weitere 60 Planstellen und auch die budgetäre Bedeckung sind für 1999 gesichert. Die restlichen 45 Planstellen sollen im Jahr 2000 eingerichtet werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Dr. Feurstein.

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Frau Ministerin! Ich gebe offen zu, daß ich mir lieber aktive Maßnahmen wünschen würde, um das Problem Schwarzarbeitsbekämpfung zu lösen.

Darf ich Sie jetzt aber ganz konkret fragen: Wird es mit diesem Gesetz neue Straftatbestände geben, die bestraft werden sollen, oder wird es so sein, daß die bisherigen Straftatbestände einfach in einem Gesetz zusammengefaßt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Ich unterstütze alle Maßnahmen, die uns helfen, Illegalität zur Legalität werden zu lassen. Es besteht nicht die Absicht, neue Straftaten zu sanktionieren oder zu verfolgen. Insbesondere in jenen Bereichen, die ich in meiner ersten Antwort angeführt habe, soll es zu keiner Veränderung der jetzigen Situation kommen. Ich bin aber überzeugt davon, daß wir mit diesem Gesetz doch die korrekten Unternehmer, die korrekten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schützen können, und ich glaube, das ist ein gemeinsames Ziel.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Öllinger.

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Bundesministerin! Warum ist es Ihnen nicht gelungen, im Gesetz eine entsprechende Abgrenzung zwischen der Nachbarschaftshilfe und dem Tatbestand der Schwarzarbeit durchzusetzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Ich sehe es nicht so, wie Sie es jetzt formuliert haben. Es ist klargestellt, was unter Schwarzarbeit zu verstehen ist, und damit ist diese abgegrenzt gegenüber allen anderen Tätigkeiten, die eben nicht als illegale Beschäftigung zu sehen sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Frau Abgeordnete Madl, bitte.

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Glauben Sie nicht, daß es besser wäre, die Ursachen der Schwarzarbeit zu bekämpfen anstatt sie zu kontrollieren? Tatsache ist nämlich einerseits, daß es vielen Österreicherinnen und Österreichern aufgrund ihrer Einkommenssituation nicht mehr möglich ist, sich professionelle Arbeit zu leisten, und andererseits, daß es sehr viele Österreicherinnen und Österreicher gibt, die aufgrund ihrer schlechten Einkommenssituation nebenbei sozusagen schwarzarbeiten müssen, um ihr Lebenseinkommen zu finanzieren. Glauben Sie nicht, daß es besser wäre, die Lohnnebenkosten oder eventuell auch die hohen Sozialversicherungsbeiträge zu senken, sodaß das Nettoeinkommen des Österreichers wieder angehoben wird, weil er für seine Arbeit wieder ordentlich bezahlt wird und sich dann auch professionelle Arbeit leisten kann?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesminister, bitte.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Ich gehe davon aus, daß wir in unserem Entlohnungssystem Bedingungen vorfinden, die ordentliche Einkommen sicherstellen. Darüber hinaus möchte ich festhalten, daß Sozialversicherungsbeiträge auch Leistungen bewirken und es existentiell notwendig ist, Absicherungen bei Krankheit, im Falle der Pension, bei Arbeitslosigkeit zustande zu bringen.

Ich betrachte daher beide Ansätze als erforderlich: einerseits die Bekämpfung von Schwarzarbeit und andererseits dort, wo wir eine Chance der Senkung von Lohnnebenkosten erkennen, diese auch zu nützen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. – Herr Abgeordneter Dr. Kier, bitte.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Frau Bundesminister! Könnte das erwartete Mehraufkommen an Sozialversicherungsbeiträgen, das zweifellos durch die verschärften Sanktionsmaßnahmen auch mitgedacht ist, nicht deutlich geringer ausfallen, als wenn Sie statt der jetzigen Maßnahmen eine Attraktivierung des legalen Arbeitsmarktes forciert hätten und beschäftigungsinduzierte Maßnahmen, zum Beispiel steuerliche Begünstigungen, vorgesehen hätten, die mehr legale Arbeit anstoßen würden als bloße Sanktionen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Herr Abgeordneter! Ich möchte wiederholen, was ich vorhin bereits sagte. Ich glaube, daß beide Maßnahmen erforderlich sind: einerseits illegale Beschäftigung, Schwarzarbeit sowohl im gewerberechtlichen Sinne als auch im arbeitsrechtlichen Sinne zu verhindern und damit der korrekten Unternehmerschaft und der korrekten Arbeitnehmerschaft die Chance zu geben, wettbewerbsfähig zu bleiben, andererseits aber dort Maßnahmen zu setzen, wo es zu Entlastungen des sogenannten Humankapitals kommt. Ich glaube, beide Maßnahmen bewirken, daß wir unsere hohen Niveaus nicht nur bei den Sozialstandards, sondern insgesamt in der Qualität des Arbeitens und Lebens erweitern können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals. – Der erste Fragenkomplex ist damit behandelt.

Die 2. Anfrage, 231/M, formuliert Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Bundesministerin! Meine Frage an Sie lautet:

231/M

Wie stehen Sie angesichts der Tatsache, daß rund 100 000 Bezieher und Bezieherinnen von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe mit weniger als 7 000 S monatlich leben müssen, zu einer bedarfsorientierten Sockelung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Grundsätzlich muß aus meiner Sicht das System der Arbeitslosenversicherung im Gesamtzusammenhang des gesamten Systems der sozialen Sicherung gesehen werden. Die Leistungen der Arbeitslosenversicherung werden entsprechend der Versicherungskonstruktion bei Entfall des Erwerbseinkommens einen adäquaten Einkommensersatz, ausgerichtet am vorangegangenen Lohn und Gehalt, sichern.

Das führt bei Niedrigeinkommen systematisch zu entsprechend niedrigen Lohnersatzleistungen, wie Sie es auch erwähnt haben, allerdings – und ich glaube, es ist wichtig, das zu betonen – ist vorgesehen, daß bei Unterschreitung des jeweils relevanten Sozialhilferichtsatzes die Sozialhilfe zusätzlich zur Arbeitslosenversicherungsleistung gewährt wird.

Hinsichtlich der Dauer der Notstandshilferegelung sind wir in Österreich international vorbildlich. Langzeitarbeitslose fallen nämlich bei uns nicht aus dem System, weil unbegrenzte Verlängerung möglich ist. Weiters ist mit dem Notstandshilfebezug – ich denke, dessen Bedeutung und Wirkung wird oft unterschätzt – eine umfassende sozialversicherungsrechtliche Absicherung sowohl in der Kranken- als auch in der Pensionsversicherung gegeben. Ich glaube daher, daß unsere Notstandshilferegelung eine durchaus herzeigbare ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals. – Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin, auch Ihnen ist bekannt, daß sich in der Arbeitslosenversicherung 100 000 Personen mit einem Einkommen unterhalb von 7 000 S befinden, die nicht in der Sozialhilfe ankommen, weil es bundesweit insgesamt nur zirka 20 000 Personen gibt, die entsprechende Leistungen aus der Sozialhilfe erhalten. Das System ist also ungerecht.

Welche Änderungen können Sie sich vorstellen, um für Personen mit niedrigem Arbeitslosengeld beziehungsweise Notstandshilfe Abhilfe zu schaffen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Ich habe in meinem Ressort eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die seit einigen Monaten an der Zielsetzung einer bedarfsorientierten Mindestsicherung arbeitet. Ich habe auch alle relevanten Interessengruppen eingeladen, mich bei der Erarbeitung dieser Zielsetzungen und deren Umsetzung zu unterstützen. Ich erwarte das Ergebnis in den nächsten Monaten und werde mich entsprechend bemühen, auch im Sinne derer, die sich für diese Sache eingesetzt haben, eine Umsetzung zustande zu bringen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Frau Abgeordnete Hagenhofer, bitte.

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Danke. – Frau Bundesministerin! Können Sie uns sagen, wie Österreich bei der Treffsicherheit der Sozialleistungen liegt? Das heißt, ist es so, daß jene Personen Sozialleistungen bekommen, die sie auch zu bekommen hätten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Nach einer Untersuchung, die mein Ressort nach einer EU-harmonisierten Methode durchgeführt hat, entfallen drei Viertel der Sozialtransfers in Österreich auf die untere Einkommenshälfte und ein Viertel auf die obere Hälfte. Das unterste Einkommensfünftel erhält 40 Prozent der Sozialtransfers, das oberste Einkommensfünftel 5 Prozent.

Damit ist, glaube ich, bewiesen, daß wir eine hohe Treffsicherheit in unserem österreichischen Sozialstaat haben. Ohne Sozialleistungen würde die Armutsgefährdungsquote bei der erwerbstätigen und der erwerbsfähigen Bevölkerung fast auf den dreifachen Wert ansteigen. Vor allem für das unterste Einkommenszehntel ist das Sozialversicherungs- und Sozialleistungssystem von essentieller Bedeutung. Rund zwei Drittel des Einkommens dieser Gruppe sind Sozialleistungen, und auch das Einkommen des untersten Einkommensviertels basiert noch überwiegend auf den Sozialleistungen.

In diesem Zusammenhang vielleicht auch noch eine Information: Nach den mir zuletzt zur Verfügung stehenden Daten sind 29,4 Prozent der Wirtschaftsausgaben, also unseres gesamten Produktes, Sozialausgaben. Wir liegen damit im Mittelfeld vergleichbarer Staaten.

Es hat aber nicht nur diese EU-harmonisierte Methode die hohe Treffsicherheit bewiesen, sondern es gibt auch Studien der Arbeiterkammer, es gibt Studien des Wirtschaftsforschungsinstitutes, und nicht zuletzt auch in den Ausführungen des Sozialberichtes konnte bestätigt werden, was ich jetzt in wenigen Worten zu skizzieren versucht habe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Zusatzfrage: Kollege Meisinger. – Bitte.

Abgeordneter Josef Meisinger (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Die Zahl der Notstandshilfebezieher ist gerade in Wien enorm angestiegen, und zwar von 1997 auf 1998 um etwa 15 Prozent. Das heißt, daß der Notstandshilfeanteil am gesamtösterreichischen Aufkommen in Wien bei 42 Prozent liegt, das heißt aber auch, daß aufgrund der Anteile, die derzeit von Ausländern im Notstandshilfebereich in Anspruch genommen werden, nächstes Jahr 50 Prozent zu erwarten sind.

Frau Bundesministerin! Was ist Ihrer Meinung nach die Ursache dafür, daß gerade in Wien, wo österreichweit die höchsten Einkommen erzielt werden, mit Abstand die höchsten prozentuellen Anteile an Arbeitslosen und Notstandshilfebeziehern zu finden sind?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Es ist ein Kriterium aller Großstädte und Metropolen, daß die Arbeitsmarktsituation nicht jene Dynamik hat, die oft in anderen Regionen vorhanden ist. Das heißt, daß in diesen Regionen zwar längere durchgängige Beschäftigungen zu finden sind, aber wenn eine Arbeitslosigkeit auftritt, dann eine noch schwierigere Integration in den Arbeitsmarkt gegeben ist, weil eben die Mobilität im Sinne einer sehr großen Umschlagsmöglichkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht in dem Ausmaß gegeben ist wie in anderen Regionen.

Hinsichtlich der Anzahl der Notstandshilfeempfänger in Wien ist das ein Ergebnis, aber es ist eindeutig klargestellt, daß die Handhabung der Notstandshilferegelung in allen Bundesländern nach den gleichen Kriterien erfolgt. Daher ist in Wien auch keine besondere Vorgangsweise festzustellen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Zusatzfrage: Dr. Kier. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Frau Bundesministerin! Trotz der von Ihnen genannten Treffsicherheit ist doch zweifellos richtig, was Kollege Öllinger gesagt hat, nämlich daß für 100 000 Betroffene das Einkommen unter 7 000 S liegt. Daher würde mich jetzt interessieren, wie weit Ihre Gespräche mit den Ländern gediehen sind im Hinblick auf ein Bundessozialhilfegrundsatzgesetz, weil auch davon auszugehen ist, daß die bisherigen Beiträge, die im Rahmen der Arbeitslosenversicherung fließen, allein nicht ausreichen würden, eine mindestsichernde Zahlung in der Höhe von 7 000 S zu gewährleisten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Ich habe bei den verschiedensten Gelegenheiten wiederholt Gespräche mit den zuständigen Vertretern in den verschiedenen Bundesländern geführt, habe aber noch nicht die entsprechende Unterstützung für die Zielsetzung und Umsetzung eines einheitlichen Bundessozialhilfegesetzes, wie Sie und ich es wiederholt auch schon formuliert haben, bekommen. Ich bin aber neuerlich bemüht – wie ich es vorhin in der Anfragebeantwortung schon gesagt habe –, durch die Initiative "bedarfsorientierte Mindestsicherung" gerade diese Zielsetzung weiterhin zu verfolgen und dementsprechend auch die Länder – verzeihen Sie mir diesen Ausdruck – "mit ins Boot zu kriegen".

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Letzte Zusatzfrage dazu: Kollege Dr. Trinkl.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Frau Bundesministerin! Leider ist es eine Tatsache, daß die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Österreich zunimmt, und es ist gerade diese Gruppe, die dann zu Notstandshilfebeziehern wird und damit zu niedrigen Unterstützungen kommt. Vielfach wird in diesem Zusammenhang aber auch das mangelnde Engagement der Betroffenen kritisiert – auch von den vermittelnden Stellen –, wieder selbst Arbeit zu finden.

Wie stehen Sie persönlich zum Vorschlag des steirischen Landeshauptmannstellvertreters Dr. Peter Schachner, der gemeint hat, wer länger als 18 Monate arbeitslos ist, dem sei verpflichtende Arbeit anzubieten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Wir haben bereits jetzt im Arbeitslosenversicherungsgesetz – und demgemäß erfolgt auch die praktische Handhabe – die Vorschrift, daß Arbeitsuchenden, vorgemerkten Arbeitslosen Angebote zu geben sind, sowohl was Berufsorientierung, Qualifizierung beziehungsweise Vermittlung von Arbeitsplätzen betrifft. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist etwas anderes! Das ist doch nicht die Beantwortung der Frage!) Gemäß dem Gesetz sind Arbeitslose verpflichtet, diese Angebote auch anzunehmen, wenn sie in zumutbarer Form, so wie im Gesetz formuliert, gegeben sind.

Ich erachte es daher als richtig, solche Angebote noch verstärkt zu machen, um zu erreichen, daß Langzeitarbeitslosigkeit überhaupt nicht entsteht, um auch die negativen persönlichen Betroffenheiten zu vermeiden. Wir wissen, daß Langzeitarbeitslosigkeit auch sehr große psychische Auswirkungen hat und es für die Betroffenen oft sehr schwer ist, sich in den Arbeitsmarkt neu zu integrieren. Daher möchten wir grundsätzlich versuchen, Langzeitarbeitslosigkeit stärker zu verhindern, als dies bisher der Fall war.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön.

Das dritte Thema der Fragestunde formuliert Frau Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil. – Bitte sehr.

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Danke, Herr Präsident. – Meine Frage lautet:

233/M

Inwieweit werden die neuen Arbeitszeitregelungen laut Arbeitszeitgesetz für Krankenanstalten derzeit eingehalten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um Beantwortung der Frage.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Nach den mir vorliegenden Informationen wird das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz im Bereich der nicht ärztlichen Berufsgruppen umgesetzt und eingehalten.

Im Bereich der Ärzte kann jedoch noch nicht von einer wirklich lückenlosen Umsetzung gesprochen werden. Die Übertretungen in diesem Bereich betrafen überwiegend die Mißachtung der Verpflichtung zur Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen und in Einzelfällen auch die Überschreitung von zulässigen Wochenarbeitszeiten.

Ich halte das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz für eine wichtige und notwendige Grundlage zur Schaffung zeitgemäßer Arbeitsbedingungen für Spitalsbedienstete, aber auch als Voraussetzung für das gemeinsame Anliegen, Qualitätssicherung im Krankenhaus und im Gesundheitsbereich zu gewährleisten. Ich versuche daher, überall auf die uneingeschränkte Einhaltung des Gesetzes durch die Träger vor Ort zu drängen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): In welcher Form, Frau Minister, und in welchen Zeitabständen wird die Einhaltung dieses Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes überprüft?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Ich habe einen sehr aktuellen Bericht des Arbeitsinspektorates vor mir liegen, weil ich die Kolleginnen und Kollegen gebeten habe, eine Schwerpunktaktion hinsichtlich Einhaltung der Bestimmungen des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes vorzunehmen. Ich kann Ihnen, wenn Sie wollen, diesen sehr aktuellen Bericht in Form weniger Highlights kurz darstellen.

Es wurden insgesamt 183 Krankenanstalten überprüft, davon 142 Krankenanstalten von Gebietskörperschaften und Sozialversicherungsträgern und 51 von privaten Trägerorganisationen. In 83 öffentlichen und in 23 privaten Krankenanstalten wurden Betriebsvereinbarungen gemäß dem Gesetz abgeschlossen, und in 30 öffentlichen und 2 privaten Anstalten wurden auch die adäquaten Formen der Betriebsvereinbarung eingehalten.

Es sind von seiten der Arbeitsinspektoren 87 Aufforderungen gemäß dem Arbeitsinspektionsgesetz erfolgt. Von diesen Aufforderungen zur Herstellung des richtigen gesetzlichen Zustandes waren 62 öffentliche und 25 private Krankenanstalten betroffen. Ich bin sehr dahinter, daß auch diese Aufforderungen konkret befolgt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Zusatzfrage von Herrn Dr. Leiner. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sie wissen, daß gerade im Bereich der Pflegeberufe sehr viele aus diesem Personenkreis aus dem Arbeitsprozeß herausfallen, weil sie aus familiären Gründen diese ihre Tätigkeit nicht mehr durchführen können.

Können Sie sich vorstellen, daß durch vermehrte Teilzeitbeschäftigung, insbesondere der Pflegehelfer und des Pflegedienstes, aber auch der Ärztinnen, dieses Problem in den Krankenanstalten gemildert, ja sogar gebessert werden könnte?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Ich glaube, grundsätzlich sagen zu können, daß aufgrund der demographischen Entwicklung der Bedarf an Dienstleistungen im Pflegebereich steigen wird und dementsprechend jene Personen, die die entsprechende Ausbildung haben, sehr große Berufschancen auch in Zukunft haben werden, da, wie gesagt, die Nachfrage nach solchen Leistungen zunehmen wird.

Ich glaube daher, daß Modelle wie Teilzeitbeschäftigung und Modelle, wonach die einzelnen Organisationen verstärkt Angebote entwickeln, und zwar nicht nur für die Pflegebedürftigen, sondern auch für diejenigen Personen, die die Dienstleistungen erbringen, insgesamt zu mehr Beschäftigung beitragen werden. Ich versuche, dies auch durch verschiedene Projekte im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik zu unterstützen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Nächste Zusatzfrage: Kollege Öllinger.

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Bundesministerin! Ich halte fest: Die faktische Arbeitszeitregelung im stationären Bereich, im Krankenhaus, ist unbefriedigend. Nun wird auf der anderen Seite im "Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung" davon gesprochen, daß es zur Schaffung von vielen neuen Arbeitsplätzen im Gesundheitsbereich kommen sollte.

Ich frage Sie daher, Frau Bundesminister: Welche Punkte aus diesem Forderungsprogramm des "NAP" sind bisher schon im Gesundheitsbereich umgesetzt worden, und ist es dadurch möglich, zu einer Entspannung auch im stationären Bereich beizutragen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es wurde einerseits eine Studie in Auftrag gegeben, um zu fokussieren und daraus auch konkrete Schritte ableiten zu können, wie dieses politische Ziel tatsächlich erreicht werden kann.

Andererseits wird auch das von mir ins Leben gerufene Projekt "NEW START" auch in diesen Bereichen sehr starke innovative Akzente setzen, zum Teil auch experimenteller Natur, und ich erwarte mir durch "NEW START" auch neue Ideen dahin gehend, wie wir eine Weiterentwicklung zustande bringen können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Frau Dr. Gredler, bitte.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Bundesministerin! Gibt es einschlägige Kenntnisse Ihres Ressorts darüber, daß Spitalsbetreiber die Rufbereitschaft als Drohgebärde einsetzen und als Druckmittel benutzen, um eine von Ärztinnen und vom Pflegedienst vor Ort eingeforderte Realisierung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes möglichst zu verhindern, und was tun Sie dagegen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Auf Ihre konkrete Frage muß ich sagen: Nein! Ich habe davon keine Kenntnis. Was ich aber getan habe, ist, daß ich bei der Bundesstrukturkommissionssitzung dieses Thema wiederholt auf die Tagesordnung gesetzt und auch die Länder in dieser Angelegenheit direkt angeschrieben und sie aufgefordert habe, dafür Sorge zu tragen, daß die Bestimmungen des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden und mir darüber auch berichtet wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Nächste Zusatzfrage: Frau Dr. Pittermann.

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Frau Bundesministerin! Wieweit haben die Krankenanstalten von der Übergangsregelung nach § 15 Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz – das ist die besondere Arbeitszeitverlängerung nach erfolgloser Stellenausschreibung – Gebrauch gemacht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Bisher haben nach meinen Informationen in einzelnen Bundesländern, zum Beispiel in der Steiermark, in Vorarlberg, in Salzburg, in Oberösterreich und in Tirol, einige wenige Krankenanstalten – allerdings nur im ärztlichen Bereich – von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Damit haben wir diesen Fragenkomplex beendet.

Jetzt ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner am Wort, um seine Frage zu formulieren. – Bitte sehr.

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Frage lautet:

243/M

Treten Sie für die Einstellung der Notstandshilfe ein, wenn ein Bezieher gemeinnützige Tätigkeit nicht akzeptiert?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Ich darf noch einmal das, was ich vorhin mit nur zwei Sätzen gesagt habe, wiederholen und es durch zusätzliche Informationen ergänzen. Es ist grundsätzlich festzuhalten, daß bei Verweigerung der Aufnahme einer zumutbaren Beschäftigung der Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe eingestellt wird. Das ist die gängige Praxis der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices, weil ja eine klare Bestimmung der §§ 9 und 10 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes dieses so definiert beziehungsweise vorschreibt. Dort heißt es: Wenn sich ein Leistungsbezieher oder eine Leistungsbezieherin weigert, eine zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme verweigert, die geeignet ist, die Aufnahme einer Beschäftigung zu fördern oder zu beschleunigen, oder aber – und das ist, glaube ich, wichtig, noch ergänzend dazuzusagen – der Arbeitsuchende selbst entsprechend der Vereinbarung mit dem Arbeitsmarktservice im Rahmen dieses verpflichtenden Betreuungsplanes keine Aktivitäten setzt, um die Arbeitslosigkeit zu beenden, tritt ein Ruhen der Arbeitslosenunterstützung ein beziehungsweise wird eine solche nicht gewährt.

Es ist allerdings auch klar, daß die Verweigerung der Aufnahme einer Arbeit bei einer karitativen oder gemeinnützigen Einrichtung nur dann sanktioniert werden kann, wenn es sich um eine zumutbare Beschäftigung handelt, wie sie – und ich möchte noch einmal auf diese Initiative verweisen – beispielsweise im Beschäftigungsprogramm "NEW START" enthalten ist.

Ich gehe bei meiner arbeitsmarktpolitischen Zielorientierung davon aus, alle Maßnahmen darauf abzustimmen, daß Arbeitslose eine existenzsichernde Beschäftigung aufnehmen können und damit auch ihre dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt gegeben ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Frau Ministerin! Habe ich Sie jetzt richtig verstanden, daß demjenigen, der eben diese gemeinnützige Tätigkeit ablehnt, die Notstandshilfe nicht mehr zukommt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Ministerin, um Klarstellung.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Ja.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Gut. Zusatzfrage: Kollege Öllinger. – Bitte.

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Bundesministerin! Herr Klubobmann Khol hat in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, daß arbeitsunwilligen Personen die Notstandshilfe oder das Arbeitslosenversicherungsgeld gestrichen werden soll. Nun handelt es sich bei der derzeitigen Gesetzeslage dabei zweifellos um einen gesetzwidrigen Vorschlag, denn vorgesehen ist das Ruhen des Arbeitslosengeldes beziehungsweise der Notstandshilfe für einen befristeten Zeitraum.

Frau Ministerin, ich frage Sie daher: Planen Sie eine gesetzliche Änderung in der Richtung, wie es Klubobmann Khol vorgeschlagen hat, und wovon sollen, sollten Sie diese Änderung tatsächlich durchführen, diese Notstandshilfebezieher und Arbeitslosengeldbezieher, denen die ihnen bis dahin gewährten Geldmittel gestrichen wurden, leben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Ich plane keine Änderung bei den Zumutbarkeitsbestimmungen und bei den jetzigen Regelungen. Im Vergleich zu anderen Ländern haben wir sehr strenge Bestimmungen für Arbeitsuchende und arbeitslos Vorgemerkte, und es wird auch sehr konsequent und streng darauf geachtet, daß diese Bestimmungen eingehalten werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Kollege Lackner, bitte.

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wie beurteilen Sie die arbeitsmarktpolitischen Effekte von gemeinnützigen Tätigkeiten von Arbeitslosen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Ihre Frage schließt sich an meine vorangegangenen Bemerkungen an, aber ich führe noch einmal aus: Sofern gemeinnützige Trägereinrichtungen angemessen entlohnte Beschäftigung anbieten, ist das positiv zu beurteilen. Dies soll auch in Verbindung mit Qualifizierung geschehen. Ich meine, daß man gemeinnützige Tätigkeiten nicht nur als unmittelbare Tätigkeit sehen sollte, sondern auch als eine Chance des Job-Trainings, wodurch auch eine Stabilisierung der Erwerbsorientierung für Arbeitslose erfolgt. Da ist absolut mit einem positiven arbeitsmarktpolitischen Effekt zu rechnen, nämlich mit einer Beendigung der Arbeitslosigkeit und dem Ende der passiven Transferleistung.

Mein Ziel ist es, die aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zu verstärken und nicht die passive Versorgung vorrangig zu sehen. Damit müssen aber auch existenzsichernde Einkommen und entsprechende Steuer- und Abgabenleistungen, die insgesamt auch die Einbindung ins soziale Netz mit sich bringen, verbunden sein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals. Dr. Kier wünscht eine Zusatzfrage. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Frau Bundesminister! Anschließend an die Zusatzfrage, die soeben gestellt wurde, und vor dem Hintergrund der Tatsache, daß die Notstandshilfe, die praktisch unbegrenzt gewährt wird, ausschließlich aus den Versicherungsbeiträgen, sei es aus Lohnnebenkosten der unselbständig Erwerbstätigen und derer Arbeitgeber, finanziert wird, und vor dem Hintergrund der ständig steigenden Zahl der Notstandshilfebezieher möchte ich Sie fragen: Befürchten Sie nicht einen Verdrängungswettbewerb im Bereich der gemeinnützigen Tätigkeiten, oder werden damit nicht andere öffentliche Kassen entlastet, und wäre es daher nicht gerechtfertigt, eben auch andere Quellen zur Finanzierung der Notstandshilfe als ausschließlich die Lohnnebenkosten heranzuziehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Ich bin froh über jede Unterstützung von zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten und nütze diese auch, wo ich nur kann. Es ist mir im vergangenen Jahr und auch heuer gelungen, die Zurverfügungstellung zusätzlicher Budgetmittel, das heißt, nicht Mittel aus der Arbeitslosenversicherung, für aktive Maßnahmen zur Beschäftigung durchzusetzen. Ich bin daran interessiert, auch andere in die Verpflichtung der Stabilisierung und der Optimierung der Beschäftigung einzubinden. Für mich bleibt trotzdem vorrangig, daß für den Betroffenen und für die Betroffene die entsprechende Absicherung gegeben ist, und da ist für mich Priorität, immer sicherzustellen, daß die Existenzsicherung gegeben ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Frau Abgeordnete Madl, bitte.

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Das Arbeitsmarktservice beurteilt die Zumutbarkeit einer Beschäftigung. Nach welchem Reglement beurteilt das Arbeitsmarktservice jenen Fall, in welchem beispielsweise Frauen, die in Karenz gewesen sind und nachher Sondernotstandshilfe bezogen haben und vor ihrer Karenzzeit eine ganztägige Beschäftigung hatten, eine Ganztagsbeschäftigung, die sie angeboten bekommen, aus familiären Gründen ablehnen müssen, aber Teilzeitbeschäftigung nicht bekommen? Nach welchem Reglement kürzt nun das Arbeitsmarktservice diese Bezüge der Notstandshilfe?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Es gibt da klare Vorgaben, daß die besonderen Situationen von Frauen, insbesondere solchen mit Kleinkindern, zu berücksichtigen sind, daß auch darauf Rücksicht zu nehmen ist, ob es entsprechende Betreuungseinrichtungen gibt. Diesbezüglich gibt es über das Gesetz hinaus, in welchem sehr klare Bestimmungen enthalten sind, noch Erlässe, die die konkrete Umsetzung dieser Betroffenheiten sicherstellen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön.

Damit kommen wir zum nächsten Fragenkomplex, zu Fragen betreffend das Impfkonzept.

Bitte, Frau Abgeordnete Buder, formulieren Sie Ihre Frage.

Abgeordnete Hannelore Buder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

230/M

Welche Ergebnisse konnten bei der Umsetzung seit der Präsentation des neuen Impfkonzeptes im Vorjahr erzielt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um Beantwortung der Frage.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Ich bin sehr froh darüber, daß ich mit meinem Ressort dazu beitragen kann, daß wir uns der Zielsetzung einer höheren Durchimpfungsrate deutlich annähern werden, und daß wir 80 Millionen Schilling – das ist eine beträchtliche Aufstockung des Budgets – aufbringen konnten, um eine flächendeckende Versorgung mit Impfstoffen für Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, also Keuchhusten, Hämophilus, Influenza, Polio, Hepatitis B, Masern, Mumps und Röteln zustande zu bringen.

Die Umsetzung ist aufgrund auch der Kompetenzlage den Ländern übertragen. Es wird gemäß dem Impfkalender sowohl in Schulen als auch in Gesundheitsämtern und Mütterberatungsstellen der Impfstoff kostenlos zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus haben die Bundesländer mit den niedergelassenen Kinderfachärzten und praktischen Ärzten Vereinbarungen abgeschlossen, die diese Impfungen in ihrem Bereich sicherstellen. Ich glaube, daß wir damit eine hohe Durchimpfungsrate erzielen werden, und ich bin sehr froh darüber, durchgesetzt zu haben, daß diese Leistung gewährt wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage, bitte.

Abgeordnete Hannelore Buder (SPÖ): Frau Bundesministerin! Haben Sie neue Informationen darüber, wann der von der pharmazeutischen Industrie im Vorjahr angekündigte fünffache Impfstoff zur Verfügung stehen wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Ich muß Ihnen sagen: Nein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Frau Abgeordnete Haller, bitte.

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Nach achteinhalbjährigem Kampf hat ein Innsbrucker Rechtsanwalt endlich den Feststellungsbescheid für die Opfer aus dem seinerzeitigen TBC-Impfskandal in Tirol erhalten und auch Schadenersatzzahlungen erreicht. Eine weitere Anzahl von Verfahren steht bei den Höchstgerichten an, angestrengt vor allem vom Verein für Impfgeschädigte.

Frau Bundesministerin! Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang fragen: Gibt es nicht endlich Überlegungen Ihrerseits, den Zugang zu diesem komplizierten Impfschadengesetz für die Opfer zu erleichtern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Derzeit laufen in meinem Ressort keine Vorbereitungen zu einer Änderung des Impfschadengesetzes. (Abg. Meisinger: Das ist eine Frechheit: Das ist eine Antwort!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Dr. Rasinger. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Frau Ministerin! Können Sie sich vorstellen, Grippe, Pneumokokken und FSME auch in Ihr Impfkonzept aufzunehmen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Die Zielsetzung dieses Bundesimpfkonzeptes ist es, die Gruppe der Kleinstkinder und der Kinder zu erfassen, weil die Erfahrungen zeigen, daß, je früher die Impfprophylaxe gemacht wird, umso besser die lebenslange Abwehr von Folgeschäden durch schwere Krankheiten ist. Ich betrachte es daher als wichtig, auf die Zielgruppe der Kinder den Schwerpunkt zu legen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Haidlmayr, bitte.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Bundesministerin! Nach anfänglichen großen Schwierigkeiten der französischen Lieferfirma, weil sie nicht liefern konnte oder nicht liefern durfte, wurde vereinbart, daß es mehr oder weniger zu einer Pönalstrafe für die französische Firma kommt, weil sie ihre Lieferbedingungen nicht eingehalten hat. Meine Frage dazu: Wie hoch ist die Rückerstattung in Schilling, die aufgrund dieser Pönale oder Konventionalstrafe dem Gesundheitsministerium zurückgezahlt werden mußte?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Es konnte letztlich erreicht werden, daß die Lieferungen doch so erfolgt sind, daß es zu keiner Pönalevereinbarung gekommen ist. Ich gehe davon aus, daß wir im heurigen Jahr keine Lieferschwierigkeiten haben werden. Diese Lieferschwierigkeiten der Herstellerfirma haben nicht nur Österreich, sondern auch andere europäische Länder betroffen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. – Frau Dr. Gredler, bitte.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Bundesministerin! Guten Tag, Herr Staatssekretär! Was sind die Schwerpunktsetzungen des Fonds "Gesundes Österreich" neben dem Impfkonzept, und in welcher Höhe werden diese finanziert?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Die Schwerpunktsetzungen sind in groben Zügen durch das Gesetz definiert. Ich bin sehr froh, daß dieses Gesundheitsförderungsgesetz im Hohen Haus beschlossen werden konnte. Dotiert ist der Fonds "Gesundes Österreich" mit 100 Millionen Schilling. Wir werden in den nächsten Tagen im Kuratorium des Fonds die konkreten Programme, sowohl was die einjährigen Programme als auch was die mittelfristigen, dreijährigen Programme betrifft, beschließen, sodaß unter anderem auch ein zentrales Thema im Bereich der Gesundheitsförderung sein wird, für Frauen neue Schwerpunkte zu setzen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals. – Damit haben wir die Anfragen an die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales erledigt. Ich danke herzlich.

Bundesministerium für Finanzen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zu den Anfragen an den Herrn Finanzminister, die vom Herrn Staatssekretär beantwortet werden. Die erste Anfrage formuliert Herr Professor Van der Bellen. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:

242/M

In welchem Ausmaß soll Ihres Erachtens die Ökologisierung des österreichischen Steuersystems im Rahmen der Steuerreform 2000 dazu beitragen, die österreichischen Verpflichtungen im Rahmen des Kyoto-Protokolls zu erfüllen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Danke schön. Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich bekenne mich selbstverständlich zu einer sozialen Marktwirtschaft, die umweltpolitische Ziele voll berücksichtigt. In diesem Sinne begrüße ich auch die weltweiten Bemühungen, die Umweltbelastungen zurückzuführen. Und in dem Sinne bekenne ich mich natürlich auch zu den Kyoto-Zielen und zu dem Beitrag, den die Europäische Union zur Umsetzung übernommen hat, insbesondere auch zu dem Beitrag, den die Republik Österreich hier auf sich genommen hat, nämlich diese Treibstoffgase um 13 Prozent gegenüber 1990 bis 2012 zu senken.

Dazu wird eine Vielzahl von Maßnahmen nötig sein – Maßnahmen nicht nur auf der Ebene des Bundes, sondern auch insbesondere auf der Ebene der Länder, der Gemeinden; Maßnahmen, die nicht nur bei der Industrie liegen, sondern im Verkehrssektor bei den Kleinabnehmern. Mir ist auch bewußt, daß das Steuersystem diesbezüglich eine wesentliche Rolle spielen kann. Und ich glaube, daß Österreich durchaus innerhalb Europas hier auch vorangegangen ist auf diesem Weg. Wir haben ja vor einigen Jahren bereits in Österreich einen Schritt in Richtung Ökologisierung des Steuersystems in der Form umgesetzt, daß wir Steuern auf Energie – nicht nur die Mineralölsteuer, sondern weit darüber hinaus – eingeführt haben. (Zwischenruf des Abg. Jung.)

Wir haben uns weiters auch dafür eingesetzt, daß dieser Weg nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa gegangen wird. Ein Schwerpunkt der österreichischen Präsidentschaft war es, innerhalb Europas das Bewußtsein zu fördern, daß die Ökologisierung des Steuersystems auf breiter Basis in Europa vorangetrieben gehört. Die deutsche Präsidentschaft hat dieses Ziel übernommen, auch die finnische bekennt sich dazu – also die nächste, folgende Präsidentschaft –, und es ist das Ziel, im heurigen Jahr hier europaweit einen weiteren Schritt vorwärts zu tun. Die Deutschen haben ja gerade jetzt auch solche Schritte national beschlossen. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie lange er redet! Das ist unglaublich!)

Ich sehe allerdings zwei Schwierigkeiten, die es besonders erforderlich machen, eine solche Abstimmung innerhalb Europas vorzunehmen. Die erste ist die Frage der Beschäftigung, das heißt, daß wir auf die Beschäftigung in Österreich besonders zu achten haben. Das bedeutet, daß wir die Startposition, die Standortvorteile der österreichischen Wirtschaft nicht verschlechtern dürfen. Das heißt, wir müssen entweder mit einer Deckelung, wie wir sie derzeit haben, darauf achten, daß diese Position nicht verschlechtert wird, oder wir müssen auf einen Gleichklang innerhalb Europas – oder, wenn möglich, noch darüber hinaus – achten.

Denn – und das führt zum zweiten Problem – wenn wir die Wirtschaft deckeln, dann heißt dies, daß wir bei zunehmender Besteuerung der Energieträger immer mehr Lasten auf die Privaten legen. Dabei müssen wir auf eine soziale Ausgewogenheit achten, denn es darf nicht passieren, daß die Ökologisierung des Steuersystems letzten Endes zu einer besonderen Benachteiligung der sozial Schwachen führt.

Wir wissen, daß eine Erhöhung der Steuern auf Heizstoffe natürlich zu einer besonderen Belastung der Schwachen führt, und wir müssen daher darauf achten, daß diese durch entsprechende Transferzahlungen gleichzeitig entlastet werden, sonst führt die Ökologisierung des Steuersystems dazu, daß die sozial Schwachen überproportional belastet werden, die Industrie und die Wirtschaft aber nicht belastet werden können. (Zwischenruf des Abgeordneten Mag. Schweitzer.)

All diese Überlegungen haben dazu geführt, daß wir im Zuge dieser nun vor uns liegenden Steuerreform zu keiner wesentlichen weiteren Ausweitung der Ökologiesteuern kommen werden, daß wir aber bemüht sind, innerhalb Europas diesen Weg voranzugehen und in dieser Richtung vorzugehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Staatssekretär, für die sehr ausführliche Beantwortung. Ich bin sicher, bei den weiteren Zusatzfragen wird das ein bißchen kürzer möglich sein.

Zusatzfrage? – Bitte, Herr Professor.

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Ich bin sehr dankbar, daß der Herr Staatssekretär gerade einige wesentliche Grundzüge unseres Vorschlages zur Ökologisierung des Steuersystems skizziert hat. Abgesehen davon: Meine Frage stammt ja vom November 1998, und heute ist einfach die Fortsetzung der Fragestunde. Die Frage wurde also zu einem Zeitpunkt gestellt, als noch eine Chance bestand, daß das Finanzministerium sich an seine eigenen Vorgaben an die Steuerreformkommission erinnert.

Gehe ich also recht in der Annahme, daß diese Erinnerung inzwischen leer ist und daß im Rahmen dieser Steuerreform von einer Ökologisierung, bei gleichzeitiger Kompensation für die Wirtschaft selbstverständlich, Herr Staatssekretär – die VOEST-Alpine Stahl würde zum Beispiel von unserem Steuerreformmodell profitieren –, und bei gleichzeitiger Kompensation für die Privathaushalte selbstverständlich, nicht mehr die Rede ist? Sind all diese Ideen – ich wiederhole die Frage – im Rahmen der Steuerreform, die jetzt diskutiert wird, tot und vergessen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Es ist nicht vergessen, daß wir diesen Weg in Richtung Ökologisierung gehen wollen und werden. Wir intensivieren unsere Bemühungen innerhalb der Europäischen Union, diesbezüglich weitere Schritte nach vorne zu tun. Wir haben auf dem Gipfel von Wien ja erreicht, daß bis zum Ende der deutschen Präsidentschaft eine Einigung über die weitere Vorgangsweise erzielt werden soll. Wir sind aber der Meinung, daß wir besondere Rücksicht auf Beschäftigung, Standort und auf soziale Bedürfnisse zu nehmen haben und daß daher im Zuge dieses Schrittes der Steuerreform ein größerer Schritt in diese Richtung nicht zu vertreten wäre.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Zusatzfrage? – Kollege Mag. Barmüller, bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Staatssekretär! Da das ökologische Steuersystem – nicht nur die Ökologisierung des Steuersystems, sondern ein wirklich ökologisches Steuersystem – das missing link zwischen Raubbau und Nachhaltigkeit ist, frage ich Sie: Inwieweit wird denn der Handlungsspielraum, der national besteht und etwa durch die Wifo-Studie des Jahres 1995 schon nachgewiesen worden ist, in der nächsten Steuerreform etwa dergestalt ausgenutzt werden, daß zum Beispiel die erneuerbaren Energieträger und der Strom, der aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt wird, aus der Elektrizitätsabgabe ausgenommen sind, was auch dem EU-Recht nicht widersprechen würde?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Wir haben gerade im neuen Energiewirtschaftsgesetz durchaus Freiräume für erneuerbare Energieträger gelassen. Es sind derzeit auch Überlegungen besonders des Landwirtschaftsministeriums im Gange, um den Einsatz erneuerbarer Treibstoffe in Österreich zu forcieren. Das wird derzeit zwischen dem Landwirtschaftsministerium, dem Wirtschaftsministerium, aber auch dem Finanzministerium diskutiert. Endgültige Erkenntnisse dazu liegen nicht vor. Eine steuerliche Ausnahme von der Energiebesteuerung betreffend den Strom aus Wasserkraft ist im Zuge dieser Steuerreform jedoch nicht angedacht.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer, bitte.

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Staatssekretär! Sie deuten mit Ihren Ausführungen an, daß man offensichtlich, wenn man eine Ökologisierung anstrebt, ein relativ großes Budgetvolumen benötigen wird, um die vielfältigen Ausgleichswirkungen im sozialen Bereich, die Sie genannt haben, zu entfalten. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist natürlich ein gemeinsames europäisches Vorgehen, da wir einen Großteil unserer Wirtschaftsleistungen mit den anderen EU-Staaten austauschen.

Sie haben den Weg in der Europäischen Union angesprochen, diesbezüglich zu einer gemeinsamen Vorgangsweise zu kommen. Nach meinem Verständnis hat die Steuerharmonisierungsdiskussion, die Österreich angesprochen hat, im vorigen Jahr gut begonnen. Konkret auf die Frage von Energiesteuern ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um die Anfrage.

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (fortsetzend): Konkret zur Frage der Energiesteuern: Wo sehen Sie in den nächsten Monaten konkrete Möglichkeiten für Fortschritte im europäischen Maßstab?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Herr Abgeordneter! Die deutsche Präsidentschaft hat sich dazu verpflichtet, noch unter ihrer Führung ein Konzept dafür vorzulegen. Die Vorschläge der Kommission liegen auf dem Tisch. Sie sind bisher am Einspruch einiger Länder, vor allem südlicher Länder, und einiger Proponenten der Kernenergie gescheitert.

Ich meine, daß es gerade mit der Diskussion, zu der es in der Bundesrepublik über diesen Energieträger gekommen ist, durchaus Bewegung geben sollte und daß es durchaus möglich sein sollte, noch unter deutscher Präsidentschaft zu einer Übereinstimmung darüber zu kommen, daß man in diese Richtung jedenfalls gehen will und daß die Vorschläge der Kommission nach doch sehr langer Diskussion angenommen werden. Ich meine, daß unter deutscher Präsidentschaft jedenfalls das Ziel besteht, zu einer Einigung über diesen Vorschlag der Kommission zu kommen, und habe keine Zweifel daran, daß die deutsche Präsidentschaft ihre Ziele erreichen wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals. Zusatzfrage? – Kollege Auer, bitte.

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Staatssekretär! Sie haben darauf hingewiesen, daß es Überlegungen seitens Ihres Ministeriums, seitens des Landwirtschaftsministeriums und seitens des Wirtschaftsministeriums im Hinblick auf nachwachsende Energie – sprich Bio-Diesel, Bio-Treibstoff – gibt. Meine Frage lautet: Gibt es konkrete Überlegungen in die Richtung, daß dieser nachwachsende Treibstoff, der sehr wesentlich zur Umweltentlastung beitragen könnte, von der Mineralölsteuer gänzlich befreit werden kann?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Herr Abgeordneter! Das fertige Konzept liegt, wie ich schon sagte, noch nicht vor. Sie wissen aber, daß schon seit einigen Jahren die Mineralölsteuer für nachwachsende Treibstoffe deutlichst, und zwar auf einen Bruchteil der früheren Höhe, reduziert wurde und damit bereits eine spürbare Entlastung gegeben ist. Offenbar reicht dies noch nicht, weil zumindest mengenmäßig die von der Landwirtschaft gewünschten Ziele noch nicht erreicht wurden.

Wir erwarten nun Vorschläge seitens des Wirtschaftsministeriums und des Landwirtschaftsministeriums, was notwendig wäre, um diese Treibstoffe weiter zu forcieren und ihren verstärkten Einsatz möglich zu machen. Solche Berechnungen liegen noch nicht vor. Offenbar reichen die heutigen Mineralölsteuer-Ausnahmen noch nicht, um die Kostennachteile dieser Energieträger voll auszugleichen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Eine weitere Zusatzfrage? – Bitte, Kollege Schweitzer.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Staatssekretär! Viele Experten sind der Ansicht, daß ein nationaler Alleingang bei der Ökologisierung des Steuersystems auch dazu führen würde, daß die Rahmenbedingungen für die Produktion dergestalt umgeändert würden, daß sich in Hinkunft sogenannte "first mover advantages" erwarten ließen. – Teilen Sie diese Ansicht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Es besteht gar kein Zweifel darüber, daß bei einer Forcierung von Ökologiesteuern strukturelle Änderungen in der Wirtschaft stattfinden. Das ist ja das Ziel dieser Steuern. Ich bin auch überzeugt davon, daß es dabei den einen oder anderen Anstoß für neue Produktionen und neue Produkte gibt. Dem steht natürlich gegenüber, daß traditionelle Industrien unter Druck kämen. Wir müssen darauf achten, daß es unter dem Strich zu einer positiven Bilanz führt, daß dieser "Vorteil des ersten", der etwas einführt, nicht durch Nachteile überkompensiert wird.

Die bisherigen Studien lassen erkennen, daß es klüger wäre, dabei auf breiterer Front – nämlich auf europäischer Front – vorzugehen. Österreich ist einen Schritt in diese Richtung durchaus als erster gegangen. Die Deutschen haben nun nachgezogen – übrigens durchaus nicht so weit wie die Österreicher –, und wir meinen, daß nun doch ein weiterer Schritt auf europäischer Ebene zu gehen wäre.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals.

Die nächste Anfrage, 240/M, des Herrn Abgeordneten Böhacker kann ich nicht aufrufen, weil er erkrankt und entschuldigt ist.

Wir kommen daher zur 8. Anfrage, die Herr Abgeordneter Dr. Lukesch formuliert. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:

236/M

Welche positiven Beschäftigungseffekte erwarten Sie sich von einer Wertschöpfungsabgabe auch im Hinblick auf fragwürdige internationale Erfahrungen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Wort "fragwürdig" war nicht im Text, aber es ist Ihr Recht, es hinzuzufügen. – Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Herr Abgeordneter! Es ist gar keine Frage, daß unser wesentliches Ziel die Förderung der Beschäftigung und die Zurückdrängung der Arbeitslosigkeit ist. Dazu gibt es viele Ansätze – vor allem Ansätze auf der Nachfrageseite –, und ein Teil der Steuerreform, die Bestrebung, kleine und mittlere Einkommen zu entlasten, ist ein solcher Ansatz auf der Nachfrageseite. Auf europäischer Ebene gibt es den Wunsch, die Nachfrage über eine günstige Geldpolitik zu forcieren.

Es gibt aber auch auf der Angebotsseite verschiedene Maßnahmen, sei es mehr Ausbildung oder sei es die Unterstützung von Unternehmensgründungen. Aber auch die Frage der Lohnnebenkosten ist natürlich ein ganz wesentlicher Faktor, denn wir wissen, daß die Lohnnebenkosten in Österreich – und nicht nur in Österreich – relativ hoch sind. Es ist so, daß innerhalb der Europäischen Union in den letzten 15 Jahren die Belastung der Löhne um etwa 10 Prozentpunkte zugenommen hat, während die Belastung des Faktors Kapital, aber auch der anderen Produktionsfaktoren um mehr als 10 Prozent nachgelassen hat. Daher meine ich, daß eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten durchaus ein Ziel sein muß.

Nun gibt es zur Entlastung der Lohnnebenkosten aus der Sicht des Finanzministeriums zwei Ansätze. Der eine schlägt vor, daß man, wenn die Abgaben sich so entwickeln, daß Überschüsse entstehen, diese nutzt, um die Abgabenbelastung zu reduzieren. Ich nenne in diesem Zusammenhang etwa den Familienlastenausgleichsfonds, der solche Überschüsse in den nächsten Jahren produzieren wird. (Abg. Mag. Peter: Die verteilen wir ja gerade!)

Ich möchte mich selbstverständlich nicht in die Familienpolitik einmischen, aber aus der Sicht der Finanz wäre es möglich, eine Entlastung der Lohnnebenkosten dadurch durchzuführen, daß man diese Freiräume – selbstverständlich bei aller Wertsicherung der heutigen Leistungen – nutzt, um die Lohnnebenkosten zu reduzieren.

Ein anderer Ansatz wäre, die Lohnnebenkosten dadurch zu reduzieren, daß man die Bemessungsbasis von Abgaben erweitert. Ein solcher Ansatz ist die Wertschöpfungsabgabe, das heißt, daß man Abgabenteile – wie zum Beispiel einen Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds – eben nicht nur auf die Lohnkosten umlegt, sondern die Basis dadurch erweitert, daß man auch Abschreibungen und Gewinne mit einbezieht.

Es gibt bereits Studien dazu. So hat etwa die Arbeiterkammer beim Wirtschaftsforschungsinstitut eine Studie in Auftrag gegeben, in der danach gefragt wurde, welche Beschäftigungswirkung sich dadurch ergeben würde, daß man die Basis für den Familienlastenausgleichsfonds um eine Wertschöpfung erweitert. Die Ergebnisse zeigen, daß es im Zuge einer stufenweisen Umstellung durchaus zu einer positiven Beschäftigungswirkung kommen könnte. Die Ergebnisse schwanken zwischen 13 000 bis 21 000 Arbeitsplätzen. Herr Abgeordneter, ich betrachte das als durchaus bemerkenswert und sehr positiv. Es sind sich die Experten darüber einig, daß es bei einer klugen schrittweisen Einführung durchaus möglich ist, positive Beschäftigungswirkungen zu erzielen.

Ich darf in diesem Zusammenhang, weil Sie danach gefragt haben, auch auf internationale Erfahrungen verweisen. Wir haben erst vor kurzem mit den Italienern diskutiert, die einen solchen Schritt gegangen sind. In Italien wird nicht immer die gesamte Wertschöpfung als Grundlage genommen, sondern werden die Abschreibungen weggelassen, aber sehr wohl wurden andere Wertschöpfungselemente dazugenommen, zum Beispiel die Gewinne.

Das hat in diesem Land zu einer positiven Beschäftigungswirkung geführt. Daher meine ich, daß man durchaus nachdenken sollte, ob nicht durch eine Ausweitung der Bemessungsbasis bei der einen oder anderen Abgabe, von den Lohnkosten weg zu einer breiteren Basis, eine positive Beschäftigungswirkung erzielbar wäre.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Zusatzfrage: Herr Dr. Lukesch.

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Welcher Unterschied besteht im volkswirtschaftlichen Sinne zwischen einer Mehrwertsteuererhöhung und einer Wertschöpfungsabgabe, wenn man einmal von der Belastung der Auslandsumsätze absieht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Es ist eine ähnliche Situation, und man könnte bei einer solchen Wertschöpfungsabgabe durchaus auch auf Definitionen des Mehrwertsteuersystems zurückgreifen. Nur, die eine Steuer, die Mehrwertsteuer, wird letzten Endes von den Verbrauchern bezahlt, die andere Steuer, die Wertschöpfungsabgabe, von den Unternehmern. Insofern ist hier natürlich bezüglich des Aufkommens ein wesentlicher Unterschied gegeben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Herr Mag. Peter, bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Staatssekretär! Sie haben sich zur Senkung der Arbeitskosten positiv geäußert. Dazu gibt es zwei Wege, die ich als Alternativen sehe: entweder eine Wertschöpfungsabgabe, die nicht mehr und nicht weniger als eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage ist, oder eine nachhaltige Ökologisierung des Steuersystems. Welchem der beiden Wege, die ich als Alternativen sehe, wollen Sie den Vorzug geben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Herr Abgeordneter! Ich sehe das nicht als Alternativen. Ich meine, daß wir generell versuchen müssen, die Lohnnebenkosten, die Belastung des Faktors Arbeit, zurückzunehmen, um Beschäftigung in unserem Land zu forcieren. Dazu gibt es zwei Wege: zum einen die Verbreiterung mancher Basis für die Abgaben und zum anderen die Ökologisierung. Ich sehe das nicht als Alternativen, sondern als zwei Wege, die wir mit Augenmaß und teilweise in internationaler Abstimmung gehen sollten.

Es sind keine Alternativen, sondern es sind mögliche Optionen, um in beiden Fällen die Belastung des Faktors Arbeit zurückzunehmen und zu einer höheren Beschäftigung zu kommen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Ing. Nußbaumer stellt die nächste Zusatzfrage.

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Sie haben an sich sehr deutlich im Rahmen einer früheren Beantwortung einer Frage festgestellt, daß wir die Standortfaktoren für den Wirtschaftsstandort Österreich nicht verschlechtern dürfen.

Nun ist die Diskussion um eine Wertschöpfungsabgabe natürlich immer auch eine Frage der Verschlechterung eines Wirtschaftsstandortes. Sie haben jetzt auch die Effekte dargestellt. Ich kann diesen Effekten aber nicht sehr viel abgewinnen und möchte daher an Sie die Frage richten: Welche Vorteile können ansiedlungswillige Betriebe mit hochtechnologischen Produkten durch die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe am Standort Österreich erwarten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Herr Abgeordneter! Selbstverständlich darf durch solch eine Maßnahme keine Verschlechterung des Wirtschaftsstandortes eintreten, denn sie müßte aufkommensneutral erfolgen. Das heißt, das Ziel ist nicht, zusätzliche Einnahmen zu erzielen, sondern die Basis dieser Abgabe zu verbreitern.

Gerade wenn Sie neue Wirtschaftssparten ansprechen, die vor allem dienstleistungsorientiert sind, forschungsintensive High-Tech-Sparten, serviceorientierte Sparten, dann muß ich Ihnen sagen, diese werden eigentlich, wenn man die Bemessungsbasis erweitert, entlastet, weil eben nicht nur mehr die Löhne belastet werden, die gerade in diesen Sparten der entscheidende Faktor sind, sondern auch andere Elemente der Wertschöpfung, seien dies nun die Gewinne oder eventuell auch Abschreibungen.

Daher kann dies durchaus dazu führen, daß moderne, zukunftsorientierte Sparten sich verstärkt in einem solchen Land ansiedeln, da, wie gesagt, das Abgabenaufkommen in Summe nicht erhöht werden soll, sondern lediglich die Basis für die Erhebung erweitert und insbesondere der Faktor Arbeit entlastet werden soll. Das ist die Zielsetzung, aber nicht, zusätzliche Einkommen zu erzielen oder möglicherweise den Standort zu verschlechtern. Das kann nicht das Ziel sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wünsche auf Zusatzfragen dazu liegen nicht vor. Damit ist diese Anfrage beantwortet, und es ist auch die Fragestunde beendet.

Die nicht mehr zum Aufruf gelangte Anfrage wird in der nächsten Fragestunde aufgerufen werden, die im Anschluß an diese Sitzung in wenigen Minuten stattfinden wird. Es ist nur mehr eine Anfrage übriggeblieben.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortung: 5199/AB.

2. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen im Rahmen der 5. allgemeinen Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank (1625 der Beilagen),

Staatsdruckereigesetz-Novelle 1999 (1630 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem ein Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz erlassen wird und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Bundesvergabegesetz 1997, das Fremdengesetz 1997, die Gewerbeordnung 1994, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz und das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz geändert werden (1587 der Beilagen);

Außenpolitischer Ausschuß:

Antrag 1017/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Maßnahmen zum Schutz der Wale;

Finanzausschuß:

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden (1614 der Beilagen),

Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz (AuslZG) (1632 der Beilagen),

Antrag 1016/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Neuregelung des Investitionsfreibetrages,

Antrag 1019/A (E) der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend die Schadenersatzpflicht von Grundwehrdienern;

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Antrag 1020/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Nichtverhängung von Schubhaft an Kindern und Jugendlichen;

Justizausschuß:

Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz – IVEG (1589 der Beilagen),

Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999 (1633 der Beilagen),

Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999 (1638 der Beilagen);

Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 1018/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Förderungsrichtlinie für Entschädigungen nach § 33 f Abs. 6 Wasserrechtsgesetz;

Verfassungsausschuß:

Antrag 1021/A der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz, BGBl. Nr. 503/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 2/1999, geändert wird,

Antrag 1022/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Abschaffung der Pensions- und Abfertigungsprivilegien der Politiker.

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für heute, und zwar in unmittelbarem Anschluß an diese Sitzung ein.

Einwendungen gegen die Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Stadler gemeldet. – Bitte sehr.

10.06

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Hohes Haus! Ich möchte gegen die ausgegebene Tagesordnung namens meiner Fraktion Einwendungen erheben und ersuche um Umreihung der Tagesordnung.

Der Tagesordnungspunkt 18 – Bericht des Justizausschusses über den Antrag 698/A der Abgeordneten Ofner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 und die Exekutionsordnung zur Verbesserung der Rechtsstellung von Opfern geändert werden – und der Tagesordnungspunkt 19 – Bericht des Justizausschusses über den Antrag 860/A (E) der Abgeordneten Schweitzer und Genossen betreffend wirksame Maßnahmen gegen Kindesmißbrauch und Kinderpornographie – sollen umgereiht werden und mögen als Tagesordnungspunkte 5 und 6 behandelt werden.

Für den Fall, daß der Vorsitzende diesen Einwendungen nicht beitritt, ersuchen wir um Durchführung einer Debatte.

10.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Sie haben die Einwendungen gehört. Die ausgegebene Tagesordnung stützt sich auf das, was Resultat der Präsidialsitzung war. Dabei bleibe ich.

Die Debatte, die Kollege Stadler beantragt hat, wird durchgeführt. Sie kennen die Spielregeln: Die Redezeit beträgt 5 Minuten, die Zahl der Redner ist mit maximal drei Rednern pro Fraktion begrenzt.

Ich nehme an, daß Herr Abgeordneter Stadler als erster Redner das Wort wünscht. – Bitte.

10.08

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Fraktion ist deswegen für die Umreihung der Tagesordnung, weil wir glauben, daß neben der aktuellen Problematik der Kurdenproteste in Wien die Frage der Behandlung der Opfer in der österreichischen Rechtspraxis und insbesondere der Behandlung von Kindern, die Kinderschändern zum Opfer gefallen sind, heute an prominentester Stelle diskutiert werden sollte, vor allem vor dem Hintergrund der heute ebenfalls auf der Tagesordnung stehenden Problematik des außergerichtlichen Tatausgleiches. In Zukunft wird sich praktisch jeder Täter, der eine Straftat begeht, die mit einer Strafe bis zu fünf Jahren bedroht ist, aus der Bestrafung schleichen können, auch gegen den Widerstand und gegen den Willen des Opfers. (Zwischenruf der Abg. Horngacher.) Damit, Frau Kollegin Horngacher, können sogar Kinderschänder ohne Strafe davonkommen. Sie werden das in der Zwischenzeit hoffentlich geprüft haben, wir werden Ihnen das heute noch im Zuge der Debatte zu diesen Tagesordnungspunkten eingehend darlegen.

Meine Damen und Herren! Die Art und Weise, wie Gegenstände zusammengefaßt werden, willkürlich zusammengefaßt werden, zeigt, daß man das Parlament eigentlich nur noch wie eine Abstimmungsmaschine, einen Paravent, um den Schein der Demokratie zu wahren, behandelt.

Das setzt sich fort in der Redezeitbeschränkung – Kollege Graf hat gestern ein Beispiel dafür geliefert. Die Redezeit der Parlamentarier wird dermaßen beschnitten, daß das freie Rederecht eines frei gewählten Abgeordneten praktisch nichts mehr gilt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das setzt sich fort in der Kontrollverweigerung, die seit Jahren im Hause herrscht. Selbst massivste Vorwürfe gegen Regierungsmitglieder oder gegen die Verwaltung führen nicht zur Aufklärung im Parlament. Das Parlament hat sich gefälligst an die Aufklärung, die im Rahmen der veröffentlichten Meinung zugelassen wird, zu halten. Und letztlich setzt sich die Art und Weise, wie man mit dem Parlament umgeht, auch im Abstimmungsverhalten fort, meine Damen und Herren.

Es war gestern ein einmaliger Akt ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich ersuche, wieder zum Thema der Einwendung zurückzukehren.

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (fortsetzend): Herr Abgeordneter Fischer! Ich referiere soeben, warum ich glaube, daß dieses Haus schlecht behandelt wird. Dieses Haus wird nicht nur bei der Festlegung der Tagesordnung schlecht behandelt, immer mit Ihrer Unterstützung, Herr Abgeordneter Fischer (Abg. Dr. Kostelka: Das ist eine Ungeheuerlichkeit!), wird nicht nur bei der Festlegung der Redezeit schlecht behandelt, mit Ihrer Unterstützung, Herr Abgeordneter Fischer, wird nicht nur bei den Kontrollrechten schlecht behandelt, Herr Abgeordneter Fischer, jeweils mit Ihrer Unterstützung ... (Zwischenrufe bei der SPÖ, darunter ein weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka.) Ja, natürlich, Herr Kostelka, ich würde an Ihrer Stelle sehr leise sein, nach dem, was Ihre Fraktion gestern abend geliefert hat mit einem Abstimmungsschwindel, mit einem ... (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Stadler! Ich rufe Sie zum ersten Mal zur Sache, weil die Geschäftsordnung einfach einzuhalten ist, ob das jetzt opportun ist oder nicht.

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (fortsetzend): Herr Abgeordneter Fischer! (Abg. Dr. Nowotny: Herr Präsident!) Ich bin bei der Sache, falls Ihnen das noch nicht aufgefallen ist, ich möchte nur auf den Zwischenruf Ihres Klubobmannes Kostelka erläutern, warum ich Sie mit "Abgeordneter Fischer" anspreche, was zweifelsohne korrekt ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich rufe Sie zum zweiten Mal zur Sache, und ich werde nach dem dritten Ruf zur Sache das tun, was meine Pflicht ist. (Heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (fortsetzend): Herr Fischer! Sie haben gestern abend einen Abstimmungsschwindel Ihrer Fraktion gedeckt. Und auf den Zwischenruf Ihres Klubobmannes Kostelka werde ich eingehen, ob Ihnen das jetzt gefällt oder nicht. Ich sage es deshalb ...

10.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der dritte Ruf zur Sache, und damit ist die Redezeit beendet, Herr Abgeordneter Stadler! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen, darunter Abg. Mag. Stadler: Sie sind gestern für uns als Präsident abgetreten! – Beifall bei den Freiheitlichen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Mag. Stadler.)

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Partik-Pablé. Die Redezeit der Frau Abgeordneten Partik-Pablé ist gleichfalls 5 Minuten. (Abg. Mag. Stadler: Sie sind gestern bereits als Präsident für uns abgetreten, Herr Abgeordneter Fischer! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen sowie bei SPÖ und ÖVP.)

10.12

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Hohes Haus! Herr Präsident Fischer! Ich finde, es ist wirklich unerhört, daß Sie meinem Kollegen Stadler das Wort entziehen. Er ist auf einen Zwischenruf des Herrn Kostelka eingegangen, und es muß doch wohl noch erlaubt sein, daß man auf einen Zwischenruf eingeht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In anderen Parlamenten wird sogar eine Diskussion über Zwischenfragen abgeführt, und hier dürfte nicht einmal darauf eingegangen werden. Herr Präsident Fischer, das ist wirklich unerhört! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Kostelka, ich sehe schon ein, daß es Ihnen unangenehm ist, was gestern passiert ist. Sie sitzen hier, sind kreidebleich und sind schon bereit aufzuspringen und wahrscheinlich aufs Pult zu schlagen, wie Sie es auch schon gemacht haben, aber Sie müssen die Schuld in Ihrer eigenen Fraktion suchen, Herr Abgeordneter – nicht bei uns! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Die Frau Praxmarer hat wirklich zugeschlagen, nicht nur aufs Rednerpult!)

Geh’n S’, Frau Mertel, Sie waren ja gestern überhaupt nicht da, Sie wissen überhaupt nicht, daß Abgeordneter Seidinger bei der Abstimmung nicht anwesend war und einer Ihrer Kollegen für ihn die "Nein"-Stimme abgegeben hat. Sie könnten mitreden, wenn Sie da gewesen wären. Ich war gestern da. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Sehr einfältig, was Sie da von sich geben!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun aber zur Tagesordnung. Man merkt die Absicht und ist verstimmt, wenn man sich diese Tagesordnung anschaut. Sie ist nämlich wirklich ein strategisches Meisterstück von Leuten, die offensichtlich nicht ernsthaft diskutieren wollen im Parlament oder die etwas zu verbergen haben, und beides, glaube ich, trifft auf Sie zu. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Sie mißbrauchen Ihre Rede!)

Auf der einen Seite "wurschten" Sie wichtige Themen unter einem Tagesordnungspunkt zusammen, wie zum Beispiel die Erklärung des Bundesministers für Inneres über die Kurdenproblematik, den Sicherheitsbericht, einen wichtigen Antrag betreffend die Fremdenpolitik, und auf der anderen Seite haben Sie wichtige Tagesordnungspunkte ganz an den Schluß gereiht, wie beispielsweise den außergerichtlichen Tatausgleich, der erst um Mitternacht diskutiert werden soll. Und dann gestatten Sie auch nur 9 Stunden Redezeit.

Da frage ich mich schon, was Sie eigentlich dazu sagen, Frau Mertel. Sie machen immer den Mund groß auf, wenn es um Angriffe auf die Freiheitlichen geht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ja, Sie auch (an Abg. Dietachmayr gewendet), Sie gehören auch zu denen. Aber dann, wenn es um Ihre Rechte im Parlament geht, wenn es, Frau Mertel, ... (Abg. Dr. Mertel: Das ist einer Richterin unwürdig! Eine unwürdige Richterin! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Am Wort ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Ich bitte um Ruhe!

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Aber wenn es um Ihre Rechte geht, darum, daß jeder Abgeordnete hier auch zu einer ordentlichen Zeit zu wichtigen Themen reden kann, dann sind Sie ruhig, dann lassen Sie sich offensichtlich von Ihren Klubobmännern und von Ihrem Präsidenten überfahren. So schaut es nämlich aus! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Eine Schande für Ihren Berufsstand!)

Sie als Abgeordnete beugen sich offensichtlich total dem Diktat Ihrer Klubobmänner. (Abg. Dr. Mertel: Im Gegensatz zu Ihnen!) Sie haben nichts zu reden, deshalb sind Sie mit all dem, was hier passiert, einverstanden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Frau Fekter! Ich kann mir schon vorstellen, daß Sie wollen, daß der außergerichtliche Tatausgleich um Mitternacht diskutiert wird, denn das ist ja ein Armutszeugnis für die ÖVP, was da passiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben Angst davor, daß die Freiheitlichen all jene Themen ernsthaft diskutieren, bei denen Sie vor der Bevölkerung sehr schlecht dastehen (Beifall bei den Freiheitlichen), denn die Bevölkerung hat überhaupt kein Verständnis dafür, daß die Täter wieder einmal bessergestellt werden, daß die Opfer wieder einmal durch die Finger schauen. Frau Fekter, dazu haben Sie wesentlich beigetragen, indem Sie für den außergerichtlichen Tatausgleich waren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben Angst vor den Freiheitlichen, und deshalb drehen Sie hier ... (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Koppler: Geh! Geh!) Na Ihnen wird das Lachen schon vergehen, spätestens am 7. März, dann werden Sie mit langen Gesichtern dasitzen.

Sie drehen die Demokratie und den Parlamentarismus auf Sparflamme, wenn Sie damit nur die Freiheitlichen treffen können, und dagegen sind wir. (Abg. Dr. Jarolim: Denken Sie an Salzburg!) Und wir beantragen die Umreihung der Tagesordnung in dem Sinne, wie es Abgeordneter Stadler schon gefordert hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.18

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich weise ungern darauf hin, weil es mißverstanden werden könnte: Ich bin seit 20 Jahren Mitglied des Nationalrates. Das heißt, ich bin 1979 erstmals in dieses Haus gewählt worden. Ich habe bisher kein einziges Mal einen Ordnungsruf erhalten. Ich nehme mir daher heraus zu sagen, daß die Vorgangsweise, die in jüngster Vergangenheit und auch in den vergangenen Minuten hier im Hause gegenüber der Opposition, gegenüber Rednern der Opposition an den Tag gelegt wurde, mich traurig macht und gleichzeitig empört. So geht das nicht weiter! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist ein lockerer Umgang mit dem Parlamentarismus und mit dem Parlament, der auf die Dauer unserer Demokratie und dem Parlamentarismus nicht guttun kann. Das geht bis zu den Details. Die Pro- und Kontra-Regeln bei den Wortmeldungen werden nicht mehr beachtet. (Abg. Dr. Jarolim: Sagen Sie das Ihrer Fraktion! Dem Stadler sagen Sie das!) Da meldet sich Herr Abgeordneter Kostelka zu Wort, dann zieht er seine Wortmeldung wieder zurück, nur damit ich, der ich für die Opposition noch reden kann, vor ihm bin und er dann das letzte Wort hat. Wo bleibt da die alte Regel des Pro und Kontra? Hätten Sie vor mir geredet, dann hätte ich das letzte Wort gehabt, aber Sie wollten es um jeden Preis haben. Die alten Regeln gelten nicht mehr. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dann gibt es die Spielchen mit der Tagesordnung: Anträge der Opposition – im konkreten Fall ein Antrag der Frau Abgeordneten Schmidt, ein Antrag der Frau Abgeordneten Stoisits, ein Antrag des Abgeordneten Ofner und einer des Abgeordneten Schweitzer – werden hineingepackt in ein Paket mit zwei Regierungsvorlagen, damit man ja nicht länger und ausführlich und vielleicht sogar öffentlichkeitswirksam über die Vorlagen von allen drei Oppositionsparteien reden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann kommt die Problematik mit der Redezeit. Ich kann mich an viele Jahre erinnern, in denen es keine Redezeitbeschränkung gegeben hat, und wir leben alle noch, die wir das damals erlebt haben. Da hat es, Frau Horngacher, einen Abgeordneten Scrinzi gegeben, der hat 5 Stunden geredet – ich habe es mir nicht gewünscht. Dann hat es eine Nacht und einen Tag der Grünen gegeben, die damals filibustert haben, aus welchen Überlegungen auch immer. Die Welt steht immer noch. Aber jetzt ist es so, daß man vernünftige Gedanken zu Fach- und Sachthemen überhaupt nicht mehr ausbreiten kann, denn in den paar Minuten, die man zur Verfügung hat, kann man bestenfalls begründen, ob man dafür oder dagegen ist. Sie wollen uns einfach nicht reden lassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die Regierung hat Möglichkeiten genug, sich Gehör zu verschaffen, aber das Parlament ist das Feld der Opposition.

Und dann ist da noch die Sache mit dem Abstimmungsschwindel von gestern, das empört mich zutiefst. Denn wenn ich mich als Abgeordneter nicht mehr darauf verlassen kann, daß andere Abgeordnete wirklich der Wahrheit entsprechend abstimmen, dann hört sich der Vorgang in diesem Zusammenhang auf. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Seidinger – das steht außer Streit, er kann nichts dafür – ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Ofner! Ich muß auch Ihnen sagen, daß wir eine Einwendungsdebatte führen. (Heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (fortsetzend): Auf das warte ich, daß ich mir jetzt, wenn ich den Finger auf diese Wunde Ihrer Fraktion lege, nach 20 Jahren Tätigkeit da herinnen das Wort entzogen wird. Auf das warte ich nur!

Seidinger war nicht da, das steht außer Streit. Der Präsident ruft seinen Namen auf, und ein anderer aus seiner Fraktion sagt an seiner Stelle "nein". Es ist geschwindelt worden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Anstatt daß man nach diesem Wahlschwindel entsprechend reagiert hätte, nach diesem Abstimmungsschwindel, der außer Streit steht ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich rufe Sie zur Sache. Wir führen eine Einwendungsdebatte, und bei der Handhabung der Geschäftsordnung ist nicht nach Opportunität vorzugehen, auch wenn Sie sich wünschen, daß man Ihnen das Wort entzieht, sondern es ist die Geschäftsordnung anzuwenden. (Heftige Zwischenrufe von seiten der Freiheitlichen.) Und solange ich im Präsidium bin, wird diese Geschäftsordnung angewendet, und zwar auf alle fünf Fraktionen. (Beifall bei der SPÖ.) Ich bitte, auf Beifall zu verzichten, denn es handelt sich um eine Selbstverständlichkeit, meine Damen und Herren. (Abg. Haigermoser: Vielleicht verbieten wir die Opposition!)

Am Wort ist Herr Kollege Dr. Ofner. Er wird in der Lage sein, alles, was er sagen will, in einen Bezug zur Tagesordnung und zur Einwendungsdebatte zu bringen.

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (fortsetzend): Sie haben mir jetzt die Zeit weggenommen, die ich noch dafür gebraucht hätte, Herr Präsident. Ich möchte nicht sagen, daß es absichtlich war, aber es ist jedenfalls gelungen. Aber ich darf jetzt ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Sie werden 50 Sekunden Zusatzzeit bekommen.

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (fortsetzend): Es geht um den lockeren Umgang mit der Arbeit hier im Parlament, und zu diesem lockeren Umgang gehört das Spiel mit der Tagesordnung, gehört das Verkürzen der Redezeit und gehört auch dazu, daß falsch abgestimmt wird. Für einen Abgeordneten, der nicht da ist, sagt ein anderer "nein" und täuscht somit vor, daß der entsprechende Abgeordnete – Seidinger im konkreten Fall, der nichts dafür kann – da gewesen wäre.

Dann gibt es einen Präsidenten Fischer, der sich in diesem Zusammenhang nicht halten kann vor Lachen, der nicht bestürzt ist, der sich nicht bemüht, den Dingen nachzugehen, der sich köstlich über diesen Abstimmungsschwindel unterhält. So geht das nicht weiter! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Ofner! Wir zwei sind vor vielen Jahren gemeinsam in einer Bundesregierung gesessen. Und ich sage Ihnen gerne persönlich – es können alle anderen hören –, warum ich gelacht habe (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler): Weil sich nämlich während der Vorsitzführung des Kollegen Brauneder gestern diese Vorfälle ereignet haben und Klubobmann Stadler gesagt hat, ich sei schuld daran, ich hätte das manipuliert. Da habe ich lachen müssen. Bitte seien Sie mir nicht böse, Herr Abgeordneter Ofner! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Sie haben sich da herausgestellt!)

Wir sind in einer Debatte. Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Seine Redezeit ist ebenfalls 5 Minuten. Er wird ebenfalls zur Sache sprechen.

10.23

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Präsident! Ich werde diese 5 Minuten nicht benötigen. (Abg. Mag. Stadler: Haben Sie wieder zwei Stimmzettel mit?) Die soeben abgelaufene Debatte von drei Abgeordneten der Freiheitlichen war ein typischer Mißbrauch der Geschäftsordnung. Es ist ihnen nicht darum gegangen, zu argumentieren, warum weiter hinten auf der Tagesordnung stehende Vorlagen auf einen vorderen Platz zu kommen hätten, sondern es ist ihnen nur um zwei Dinge gegangen: erstens, darauf hinzuweisen, daß eine inhaltliche Debatte jetzt schon am Beginn zu führen ist. (Abg. Haigermoser – zwei Stimmkarten in die Höhe haltend –: Doppelpack!)

Zweitens ist es Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, darum gegangen, über ganz andere Dinge zu reden, die überhaupt nicht Gegenstand der eigentlichen Debatte waren. (Abg. Dr. Graf: Waren das Sie? Haben Sie für Seidinger abgestimmt? – Abg. Haigermoser: Sie haben Erfahrung auf diesem Gebiet!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere Herr Abgeordneter Ofner! Regeln sind für den Parlamentarismus von entscheidender Bedeutung. Das entscheidende, was uns von Ihnen unterscheidet, ist, daß Sie sie nicht anerkennen. Sie, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, wollen nur eines: Sie wollen nur an die Macht! Demokratie ist Ihnen im Grunde genommen völlig gleichgültig. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Die Freiheitlichen halten je zwei Stimmkarten in die Höhe.)

Was uns unterscheidet, ist, daß wir den Ausspruch jedes Präsidenten ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Dr. Kostelka! Jetzt gilt das für alle. Auch Sie bitte ich, zur Sache der Einwendungsdebatte zu sprechen. Die Tatsache, daß freiheitliche Abgeordnete nicht zur Sache gesprochen haben, was ja unzweifelhaft der Fall war, habe ich zu korrigieren versucht.

Sie sind jetzt am Wort zur Einwendungsdebatte.

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (fortsetzend): Selbstverständlich, Herr Präsident! Wir wollen hier über die Tagesordnung diskutieren, die Tagesordnung und nur die Tagesordnung und nicht über andere Dinge.

Alle Einwände von Ihnen, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, haben nur gezeigt: Sie sind weder demokratisch noch sauber. (Beifall bei der SPÖ.)

10.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.26

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Österreichische Volkspartei tritt den Einwendungen gegen die Tagesordnung nicht bei. Für uns ist der Bericht des Innenministers zur Kurdenfrage von überaus großer Wichtigkeit, weil die Sicherheit der Bevölkerung für uns an erster Stelle steht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir wollen von Innenminister Schlögl eine Erklärung zu den Kurdenvorfällen haben, denn wir wollen nicht, daß Österreich der Boden für Konflikte zwischen Türken, Kurden, Persern und anderen wird. (Abg. Jung: Dazu haben Sie beigetragen!)

Wir treten auch den Einwendungen deshalb nicht bei, weil wir glauben, daß der außergerichtliche Tatausgleich an der richtigen Stelle der Tagesordnung steht. Ich möchte den Behauptungen, die hier aufgestellt wurden, daß der außergerichtliche Tatausgleich auch für Kinderschänder gelte, energisch entgegentreten.

Den außergerichtlichen Tatausgleich gibt es nach diesem Gesetzesvorschlag nur dann, wenn das Delikt von einem Einzelrichter zu verfolgen und zu bestrafen ist und wenn die Schuld gering ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das stimmt ja nicht! – Abg. Mag. Stadler: Schöffensache ist das!) Ein Kinderschändervorwurf, Unzucht mit Unmündigen und Beischlaf mit Unmündigen, ist mit fünf Jahren und mit zehn Jahren bedroht und ist nicht vor dem Einzelrichter zu verhandeln. Es ist nicht möglich, daß Kinder mit geringer Schuld geschändet werden. Hier ist eindeutig manipuliert worden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Ton dieser Einwendungsdebatte und der Ton der Debatte von gestern erinnern mich an ein Buch von Franz Schausberger: "Ins Parlament, um es zu zerstören"! (Abg. Mag. Stadler: Entspricht dem Abstimmungsschwindel der SPÖ! Gilt das für die Schwarzen? – Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Meine Damen und Herren! Angesichts der dramatischen Lage in weiten Bereichen unseres Landes möchte ich als Klubobmann der Volkspartei sagen: Ich schäme mich für das Schauspiel, das wir hier der Öffentlichkeit bieten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Heide Schmidt. – Gleiche Redezeit, Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. (Abg. Dr. Ofner: 34er Jahr! – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Hier kommt Scheinheiligkeit dazu!)

Herr Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer! Für den Vorwurf der Scheinheiligkeit erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Man kann im Kommentar nachlesen, daß das ständige Praxis war.

Bitte, Frau Dr. Schmidt. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich bitte Frau Kollegin Schmidt, mit ihren Ausführungen zu beginnen.

10.29

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Die Tagesordnung, gegen die jetzt Einwendungen von seiten einer Fraktion des Hauses erhoben werden, wurde mit Vertretern dieser Fraktion in der Präsidiale einvernehmlich vereinbart. Ich glaube, daß das für sich spricht. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Das muß die Bevölkerung einmal sehen!)

Was jetzt an Einwendungen kommt, dient der Anheizung der Stimmung. Alleine die Wortwahl, die Gestik und die Aggression zeigen, daß man nichts anderes will, als andere zu provozieren. Ich schließe mich daher den Worten des Abgeordneten Khol an: Es geht um nichts anderes, als dieses Parlament zu zerstören. (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Deckt einen Abstimmungsschwindel! Das ist in Ordnung! Das sind die Demokraten!)

10.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. Die Redezeit beträgt 5 Minuten. (Abg. Dr. Graf: Pro und kontra! Für was machen wir überhaupt noch Rednerlisten? – Abg. Dr. Krüger: Was war das für ein Beitrag zur Sache? Herr Präsident! Können Sie mir das erklären? Kein Wort zur Tagesordnung!)

10.30

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn festhalten, daß es offensichtlich der freiheitlichen Fraktion noch nicht klar ist, wogegen sie ihre Einwendung gerichtet hat. Denn Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat gefordert, daß Tagesordnungspunkt 14 vorgereiht wird, während die anderen Abgeordneten der freiheitlichen Fraktion die Vorreihung von TOP 18 und 19 gefordert haben. Es gibt hier offensichtlich ein unterschiedliches Interesse.

Ich möchte dazu festhalten: Wir treten dieser Einwendung nicht bei. Wir haben in der Präsidiale ebenfalls Einwendungen gegen die Tagesordnung eingebracht, zusammen mit der Frau Dr. Schmidt, indem wir verlangt haben, daß der Bericht des Gleichbehandlungsausschusses vorgereiht wird. (Abg. Mag. Stadler: Das hat die gestrige Tagesordnung betroffen!) Das war unser Interesse. Wir sind nicht zufrieden damit, daß der Bericht des Gleichbehandlungsausschusses wieder einmal spät auf der Tagesordnung steht. Wir halten aber das Interesse oder die unterschiedlichen Interessen, die die freiheitliche Fraktion heute vorgebracht hat, für vordergründig.

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren von der freiheitlichen Fraktion: Das, was gestern passiert ist, sollte in der Präsidiale behandelt werden. (Rufe bei den Freiheitlichen: Aha!) Darüber muß gesprochen werden, aber es ist kein Grund, eine vordergründige, abstoßende und abschreckende Debatte zu führen, die mit dem eigentlichen Motiv, dessentwegen Sie diskutieren, nichts zu tun hat. Und auch Ihr vordergründiges Interesse, eine Debatte über Kinderpornographie zu mißbrauchen, ist abstoßend und abschreckend, und darum treten wir diesem Antrag nicht bei. (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum, bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Einwendungsdebatte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die den Einwendungen Rechnung tragen wollen – und zwar verlangen die Einwendungen die Umreihung der Tagesordnung in der Weise, daß die Verhandlungsgegenstände Nummer 18 und 19 der heutigen Tagesordnung als TOP 5 und 6 der heutigen Tagesordnung behandelt werden –, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit.

Damit bleibt es bei der für die nächste Sitzung ausgegebenen Tagesordnung.

Die nächste Sitzung berufe ich für 10.34 Uhr, das ist in unmittelbarem Anschluß an diese Sitzung, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 10.33 Uhr