Stenographisches Protokoll

162. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 24. März 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier

Stenographisches Protokoll

162. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 24. März 1999

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 24. März 1999: 9.01 – 23.33 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über die soziale Lage 1997

2. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 395/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Sozial- und Beschäftigungspolitik auf EU-Ebene

3. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über soziale Sicherheit

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Maßnahmen anläßlich der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke erlassen und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

5. Punkt: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1997

6. Punkt: Bericht über den Antrag 839/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden (Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999)

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Notariatsprüfungsgesetz, das Teilzeitnutzungsgesetz und das Bauträgervertragsgesetz geändert werden (Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999)

9. Punkt: Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 7 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 6 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 2

10. Punkt: Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr samt Anhang

11. Punkt: Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption samt Erklärung der Republik Österreich

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz – IVEG)

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Firmenbuchgesetz geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden

15. Punkt: Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes beschäftigten Bediensteten (Bundes-Bedienstetenschutzgesetz – B-BSG) und mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979 und das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz geändert werden

16. Punkt: Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz (AuslZG)

17. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Auslandseinsatzgesetz geändert wird

18. Punkt: Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen im Rahmen der 5. allgemeinen Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank

19. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur zweiten Wiederauffüllung des Globalen Umweltfazilität-Treuhandfonds (GEF 2)

20. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung weiterer Beiträge zur Weltbank-Konsultativgruppe für internationale landwirtschaftliche Forschung (CGIAR) für die Jahre 1999 bis 2001

21. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die Förderung und den Schutz von Investitionen

22. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Chile über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen samt Protokoll

23. Punkt: Vereinbarung über die Interpretation bestimmter Artikel des zwischen der Republik Österreich und der Republik Paraguay am 13. August 1993 unterzeichneten Abkommens über die Förderung und den Schutz von Investitionen

24. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nationalbankgesetz 1984 geändert wird (1012/A)

25. Punkt: Wahl in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

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Inhalt

Personalien

Verhinderung 28

Geschäftsbehandlung

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend den in der 158. Sitzung des Nationalrates an den Abgeordneten Mag. Herbert Haupt erteilten Ordnungsruf 28

Verkürztes Verfahren gemäß § 28a der Geschäftsordnung (Verzicht auf Vorberatung der Regierungsvorlage 1654 d. B.) 50

Antrag der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 421/A betreffend Novellierung des Urlaubsgesetzes gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 19. Mai 1999 zu setzen 50

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 50

Redner:

Mag. Helmut Peter 159

Annemarie Reitsamer 160

Dr. Gottfried Feurstein 161

Edith Haller 162

Karl Öllinger 162

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 164

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 50

Aktuelle Stunde (37.)

Thema: "Forschung schafft Arbeitsplätze"

Redner:

Dr. Ewald Nowotny 28

Bundesminister Dr. Caspar Einem 30

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 33

Dr. Martin Graf 34

Dr. Martina Gredler 35

Dr. Alexander Van der Bellen 37

DDr. Erwin Niederwieser 38

Dr. Michael Spindelegger 39

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 41

Mag. Thomas Barmüller 42

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 43

Heidrun Silhavy 44

Wahlen in Institutionen

25. Punkt: Wahl in die Parlamentarische Versammlung des Europarates 244

Ausschüsse

Zuweisungen 47, 243

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Georg Schwarzenberger und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Agenda 2000 – Verhandlungsergebnisse im Bereich Landwirtschaft (5943/J) 117

Begründung: Georg Schwarzenberger 122

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 125

Debatte:

Rudolf Schwarzböck 131

Heinz Gradwohl 133

Anna Elisabeth Aumayr 135

Dr. Martina Gredler 138

Andreas Wabl 141

Karl Freund 143

Anna Huber 145

Robert Wenitsch 147

Mag. Doris Kammerlander 148

Dr. Alfred Gusenbauer 150

Franz Koller 153

Dr. Stefan Salzl 154

Theresia Haidlmayr 156

Mag. Franz Steindl 157

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Einkommensverluste für die Landwirte durch die Agenda 2000 versus großzügige Ruhensgehälter für Kommissare – Ablehnung 137, 158

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Beseitigung von Ungerechtigkeiten der AMA gegenüber Österreichs Bauern – Ablehnung 137, 158

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Verbilligung des Agrardiesels – Ablehnung 137, 158

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Agenda 2000 – Ablehnung 140, 158

Entschließungsantrag der Abgeordneten Robert Wenitsch und Genossen betreffend Renationalisierung der agrarischen Einkommenspolitik – Ablehnung 153, 159

Entschließungsantrag der Abgeordneten Robert Wenitsch und Genossen betreffend Leistungen nach dem AlVG für Nebenerwerbsbauern – Ab-
lehnung 155, 159

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht (III-172 d. B.) der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage 1997 (1658 d. B.) 51

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 395/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Sozial- und Beschäftigungspolitik auf EU-Ebene (1659 d. B.) 51

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1524 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über soziale Sicherheit (1661 d. B.) 51

Redner:

Mag. Herbert Haupt 51

Annemarie Reitsamer 53

Maria Schaffenrath 56

Ridi Steibl 58

Karl Öllinger 59

Bundesministerin Eleonora Hostasch 62, 77, 88

Winfried Seidinger 66

Reinhart Gaugg 68

Karl Donabauer 69

Dr. Volker Kier 70

Franz Hums 73

Theresia Haidlmayr 74

Edeltraud Gatterer 77

Edith Haller 79

Rudolf Nürnberger 80

Helmut Haigermoser 82

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 83

Sigisbert Dolinschek 85

Dr. Elisabeth Pittermann 86

Dr. Helene Partik-Pablé 87

Kenntnisnahme des Berichtes III-172 d. B. 89

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1659 d. B. 89

Genehmigung des Staatsvertrages in 1661 d. B. 89

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Abschaffung der Arbeiterkammerumlage für über 50jährige Kammerzugehörige – Ablehnung 53, 89

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Verbot der Freikaufsmöglichkeit für Bund, Länder und Gemeinden von der Behinderteneinstellungspflicht – Ablehnung 76, 89

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz – Ablehnung 77, 89

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1570 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Maßnahmen anläßlich der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke erlassen und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1660 d. B.) 89

Redner:

Reinhart Gaugg 90

Brunhilde Fuchs 91

Dr. Volker Kier 92

Dr. Gottfried Feurstein 95

Dr. Volker Kier (tatsächliche Berichtigung) 96

Karl Öllinger 97

Bundesministerin Eleonora Hostasch 98

Annahme des Gesetzentwurfes in 1660 d. B. 99

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht (III-175 d. B.) der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1997 (1656 d. B.) 99

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 839/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1657 d. B.) 100

Redner:

Sigisbert Dolinschek 100

Annemarie Reitsamer 101

Dr. Volker Kier 102

Mag. Dr. Josef Trinkl 102

Karl Öllinger 104

Sophie Bauer 106

Josef Meisinger 107

Heidrun Silhavy 108

Anton Blünegger 109

Bundesministerin Eleonora Hostasch 110

Kenntnisnahme des Berichtes III-175 d. B. 112

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1657 d. B. 112

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1638 d. B.): Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden (Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999) (1681 d. B.) 112

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1633 d. B.): Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Notariatsprüfungsgesetz, das Teilzeitnutzungsgesetz und das Bauträgervertragsgesetz geändert werden (Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999) (1682 d. B.) 112

Redner:

Dr. Martin Graf 112

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 116

Dr. Michael Krüger 164

Dr. Johannes Jarolim 166

Dr. Harald Ofner 168

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 169, 174

Mag. Thomas Barmüller 172

Mag. Terezija Stoisits 175

Mag. Johann Maier 176

Annahme der Gesetzentwürfe in 1681 und 1682 d. B. 178, 179

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1681 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Vorschläge zur Ermöglichung der grenzüberschreitenden und interdisziplinären Zusammenarbeit im Bereich der rechtsanwaltlichen Berufsausübung (E 164) 178

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend Einführung neuer österreichweiter Register und Urkundenarchive – Ablehnung 114, 179

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend Beglaubigung durch alle einem Disziplinarrecht unterstellten freien Rechtsberufe – Ablehnung 115, 178

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend Absicherung der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter für den Versorgungsfall, aktives und passives Wahlrecht für Rechtsanwaltsanwärter sowie Einführung der Briefwahl in den Rechtsanwaltskammern – Ablehnung 115, 179

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1553 d. B.): Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 7 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 6 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 2 (1677 d. B.) 179

10. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1526 d. B.): Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr samt Anhang (1678 d. B.) 180

Redner:

Dkfm. DDr. Friedrich König 180

Dr. Elisabeth Hlavac 181

Dr. Harald Ofner 183

Dr. Martina Gredler 184

Mag. Terezija Stoisits 185

Dr. Helga Konrad 186

Genehmigung der Staatsverträge in 1677 und 1678 d. B. 187, 188

Beschlußfassungen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG 188

Beschlußfassungen im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 188

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der Korrup-
tion und für mehr Transparenz in der Europäischen Union – Annahme (E 165) 182, 188

11. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1571 d. B.): Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption samt Erklärung der Republik Österreich (1676 d. B.) 188

Redner:

Dr. Ilse Mertel 189

Josef Schrefel 190

Edith Haller 191

Klara Motter 192

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 193, 194

Mag. Terezija Stoisits 193

Doris Bures 194

Wolfgang Großruck 195

Genehmigung des Staatsvertrages in 1676 d. B. 197

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1589 d. B.): Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz – IVEG) (1680 d. B.) 197

13. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1588 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Firmenbuchgesetz geändert wird (1679 d. B.) 197

Redner:

Dr. Michael Krüger 197

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 198

Mag. Thomas Barmüller 200

Otto Pendl 200

Mag. Terezija Stoisits 201

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 202

Mag. Dr. Josef Trinkl 204

Dr. Martin Graf 205

Anton Heinzl 206

Helmut Haigermoser 207

Mag. Gisela Wurm 208

Annahme der Gesetzentwürfe in 1680 und 1679 d. B. 210

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1679 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend verstärkte Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien bei der Offenlegung von Bilanzen (E 166) 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend finanzielle Entlastung der Betriebe bei Firmenbucheingaben und Publikationen im Interesse der Öffentlichkeit – Ablehnung 208, 210

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1614 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden (1672 d. B.) 210

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger 210

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (tatsächliche Berichtigung) 212

Mag. Herbert Kaufmann 212

Mag. Helmut Peter 214

Mag. Reinhard Firlinger (tatsächliche Berichtigung) 215

Jakob Auer 215

Dr. Alexander Van der Bellen 215

Anna Huber 216

Staatssekretär Dr. Wolfgang Ruttenstorfer 216

Annahme des Gesetzentwurfes in 1672 d. B. 218

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1574 d. B.): Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes beschäftigten Bediensteten (Bundes-Bedienstetenschutzgesetz – B-BSG) und mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979 und das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz geändert werden (1662 d. B.) 218

16. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1632 d. B.): Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz (AuslZG) (1663 d. B.) 218

17. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Auslandseinsatzgesetz geändert wird (1664 d. B.) 218

Redner:

Hermann Böhacker 218

Otto Pendl 220

Hans Helmut Moser 221

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 223

Staatssekretär Dr. Wolfgang Ruttenstorfer 224

Dr. Alexander Van der Bellen 224

Manfred Lackner 227

Franz Lafer 228

Mag. Dr. Josef Höchtl 229

Wolfgang Jung 230

Mag. Cordula Frieser 231

Herbert Scheibner 232

Annahme der Gesetzentwürfe in 1662, 1663 und 1664 d. B. 234, 235

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend ausreichende Pensionsvorsorge für Präsenzdiener des österreichischen Bundesheeres – Ablehnung 233, 235

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1625 d. B.): Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen im Rahmen der 5. allgemeinen Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank (1673 d. B.) 235

19. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1558 d. B.): Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur zweiten Wiederauffüllung des Globalen Umweltfazilität-Treuhandfonds (GEF 2) (1665 d. B.) 235

20. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1559 d. B.): Bundesgesetz über die Leistung weiterer Beiträge zur Weltbank-Konsultativgruppe für internationale landwirtschaftliche Forschung (CGIAR) für die Jahre 1999 bis 2001 (1666 d. B.) 235

21. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (612 d. B:) Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (1667 d. B.) 235

22. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (893 d. B.) Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Chile über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen samt Protokoll (1668 d. B.) 236

23. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1477 d. B.): Vereinbarung über die Interpretation bestimmter Artikel des zwischen der Republik Österreich und der Republik Paraguay am 13. August 1993 unterzeichneten Abkommens über die Förderung und den Schutz von Investitionen (1669 d. B.) 236

Redner:

Mag. Gilbert Trattner 236

Dr. Alfred Gusenbauer 237

Ing. Wolfgang Nußbaumer 238

Mag. Dr. Josef Höchtl 238

Mag. Cordula Frieser 239

Annahme der Gesetzentwürfe in 1673, 1665 und 1666 d. B. 240

Genehmigung der Staatsverträge in 1667, 1668 und 1669 d. B. 240

24. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nationalbankgesetz 1984 geändert wird (1012/A) 240

Redner:

Mag. Helmut Peter 241

Dr. Alfred Gusenbauer 242

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 243

Zuweisung des Antrages 1012/A an den Finanzausschuß 243

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 46

1603: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert werden

1613: Datenschutzgesetz 2000 – DSG

1624: Übereinkommen zwischen der Republik Österreich, der Republik Bulgarien, der Republik Kroatien, der Tschechischen Republik, der Republik Ungarn, der Republik Polen, der Republik Rumänien, der Slowakischen Republik und der Republik Slowenien vom 7. Februar 1998 zur Verlängerung des CEEPUS-Programms

1634: Protokoll zum Übereinkommen über die Zusammenarbeit und eine Zollunion zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik San Marino infolge des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zur Europäischen Union samt Schlußakte, Gemeinsamer Erklärung und Anlage

1639: Euro-Währungsangabengesetz – EWAG

1642: Notenwechsel zwischen der Republik Österreich und der Regierung der italienischen Republik über die gegenseitige Anerkennung akademischer Grade und Titel samt Anlage

1643: Markenrechts-Novelle 1999

1644: Bundesgesetz, mit dem das Hochleistungsstreckengesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer "Brenner-Eisenbahn-Gesellschaft" geändert werden und Regelungen über die Einhebung und Festsetzung von Benützungsentgelt für bestimmte Hochleistungsstrecken festgelegt werden

1645: Bundesgesetz, mit dem das Privatunterstützungsgesetz 1988 geändert wird

1646: Bundesgesetz, mit dem das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967 geändert wird

1647: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 geändert werden

1648: Futtermittelgesetz 1999 – FMG 1999

1649: Bundesgesetz, mit dem das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten geändert wird

1650: Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird

1652: Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novelle 1999)

1653: Eherechts-Änderungsgesetz 1999 – EheRÄG 1999

1654: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik betreffend die Änderung des Abkommens über die Regelung des Grenzüberganges der Eisenbahnen vom 22. September 1962 in der Fassung des Abkommens vom 3. Jänner 1967 und des Notenwechsels vom 22. Dezember 1993 und vom 14. Jänner 1994

1655: Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrerstattungsgesetz geändert wird

1670: Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz 1957 geändert wird

1671: Bundesgesetz, mit dem das Forschungsförderungsgesetz 1982 geändert wird

1691: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande betreffend die Durchführung des Artikels 41 Absatz 2 des Übereinkommens aufgrund von Art. K.3 des Vertrages über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamtes (Europol-Übereinkommen) samt Verbalnote

1706: Bundesgesetz, mit dem das B-VG geändert sowie ein Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz – MBG) eingeführt wird

Zurückgezogen wurde die Regierungsvorlage

319: Wiener Übereinkommen über die Errichtung einer internationalen Klassifikation der Bildbestandteile von Marken samt Anlage

Gesetzesantrag des Bundesrates 47

1707: Gesetzesantrag der Bundesräte Alfred Gerstl und Genossen vom 18. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Richterdienstgesetz, BGBl. Nr. 305/1961, geändert wird

Berichte 49

III-177: Erster Bericht der Gentechnikkommission gemäß § 99 Abs. 5 des Gentechnikgesetzes; BM f. Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem BM f. Wissenschaft und Verkehr

III-178: Gesamtbericht der Arbeitsgruppe zur Durchforstung der österreichischen Bundesrechtsordnung hinsichtlich behindertenbenachteiligender Bestimmungen; Bundesregierung

III-179: Zweiter Bericht über den Stand der Verwirklichung der Gleichbehandlung und Frauenförderung im Bundesdienst (Gleichbehandlungsbericht) gemäß § 53 Bundes-Gleichbehandlungsgesetz; Berichtszeitraum 1. Jänner 1996 bis 1. Juli 1997; Bundesregierung

III-180: Fünfter Umweltkontrollbericht (Berichtszeitraum 1995 bis 1997); BM f. Umwelt, Jugend und Familie

III-182: Dritter Bericht zur Lage der Jugend in Österreich; BM f. Umwelt, Jugend und Familie

III-183: Bericht über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 1998/99; BM f. wirtschaftliche Angelegenheiten

Anträge der Abgeordneten

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler, Ing. Kurt Gartlehner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird (1035/A)

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler, Ing. Kurt Gartlehner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (1036/A)

Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird (1037/A)

Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert werden soll (1038/A)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz 1994 geändert wird (1039/A)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Änderung des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG) (1040/A)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (1041/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Verbot der Freikaufsmöglichkeit für Bund, Länder und Gemeinden von der Behinderteneinstellungspflicht (1042/A) (E)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz – ElWOG geändert wird (1043/A)

Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Koordination bei Bauarbeiten (Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG), BGBl. I Nr. 37/1999, geändert wird (1044/A)

Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Preisgesetz 1992 geändert wird (1045/A)

Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Menschenrechtslage in China (1046/A) (E)

Hans Helmut Moser und Genossen betreffend empirische Studie über die soziale Lage und die Arbeitsbedingungen innerhalb der österreichischen Exekutive (1047/A) (E)

Rudolf Parnigoni, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz – FlUG) und mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1048/A)

Helmut Haigermoser und Genossen betreffend finanzielle Entlastung der Betriebe bei Firmenbucheingaben und Publikationen im Interesse der Öffentlichkeit (1049/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Reinhard Firlinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Personalpolitik innerhalb der ÖBB (5887/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Anmietung von Autobussen für den Mannschaftstransport (5888/J)

Maria Rauch-Kallat und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend SPÖ-Politpropaganda auf Kosten der Steuerzahler (5889/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend vollmundige Lassing-Versprechen (5890/J)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Maßnahmenvollzug (5891/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Amoklauf von Linz (5892/J)

Dr. Andreas Khol und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ad-hoc-Gespräch über die Lage der Kurden im Wiener Europabüro der SPÖ (5893/J)

Dr. Andreas Khol und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend fremdenpolizeilicher Status der an den Botschaftsbesetzungen beteiligten Kurden (5894/J)

Dr. Andreas Khol und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend außenpolitische Konsequenzen der Beziehungen zwischen der Sozialdemokratischen Partei Österreichs und der terroristischen kurdischen Arbeiterpartei PKK und ihrem politischen Arm ERNK (5895/J)

Maria Rauch-Kallat und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend SPÖ-Politpropaganda auf Kosten der Steuerzahler (5896/J)

Dr. Harald Ofner und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend immer noch unaufgeklärte Ungereimtheiten im Mordfall Hochgatter (5897/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Österreichs Mitgliedschaft bei der IOM (Internationale Organisation für Migration) (5898/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend B 68 (Gleisdorfer Bundesstraße) (5899/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Auflösung von Diensthundestützpunkten in Wien (5900/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Auslieferung eines in Österreich wegen Mordes verurteilten Ausländers an Serbien (5901/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Pensionierung des Zweiten Geschäftsführers der Österreich-Werbung (5902/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend behördliche Verfahren (5903/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend behördliche Verfahren (5904/J)

Dr. Gertrude Brinek und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend universitäre Lehrerbildung gemäß UniStG 1997 (5905/J)

Dr. Gertrude Brinek und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend universitäre Lehrerbildung gemäß UniStG 1997 (5906/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Mißhandlung eines Schwarzen anläßlich seiner Festnahme im Bereich der U-Bahnstation Schottenring (5907/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Werbebudget der Krankenkassen (5908/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umsatzsteuer für Wohnungsmieten (5909/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Aufstellung von Kampfunterstützungskompanien in den Panzergrenadierbataillonen (5910/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vorsteuerberechtigung im Sinne des BMfF-Erlasses vom 3. Juni 1997 (5911/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Verträge zwischen der Verbundgesellschaft und den Illwerken (5912/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Rotlicht in Salzburg (5913/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Verschlechterung des Bahnservice (5914/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend geplante Novelle des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes (5915/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzierung der NAVEG-Projekte in Linz (5916/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Entwicklung des Personenverkehrs auf der Schiene (5917/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Frauenförderung in der Oesterreichischen Nationalbank (5918/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Ausbau der Westbahn im Abschnitt Hubertendorf – Blindenmarkt (5919/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend geschlechtsspezifische Verteilung von AMS-Mitteln, Streichung von Leistungen wegen "Arbeitsunwilligkeit" (5920/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Verwendung von personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit World Vision (5921/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Förderungen für World Vision Österreich (5922/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend World Vision und Steuerhinterziehung (5923/J)

Jakob Auer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend den Bau der "Welser Westspange" (5924/J)

Jakob Auer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Planung für die Errichtung einer Autobahnraststätte auf der Westspange (5925/J)

Ridi Steibl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend "Jugend-NAP" (5926/J)

Ingrid Tichy-Schreder und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Erlässe aufgrund der Gewerbeordnung (5927/J)

Ingrid Tichy-Schreder und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Unkoordiniertheit von NAP und Besuch von Polytechnischen Schulen (5928/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend eine Amtshandlung der Bundespolizeidirektion Wien, Festnahme des Mohammed Ali Visila, in der Nacht von 3. 3. auf 4. 3. 1999 in Wien 1., U-Bahn-Station Schottenring (5929/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundeskanzler betreffend österreichische Filmwirtschaft (5930/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Förderpraxis (5931/J)

Klara Motter und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Konsumentenschutz betreffend Antibiotika-resistente Bakterien im Tierfutter (5932/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die strafrechtliche Beurteilung des Inhaltes zweier Medienwerke (5933/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die strafrechtliche Beurteilung des Inhaltes zweier Medienwerke (5934/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend gesetzwidriges und elementaren Grundsätzen der Führung eines öffentlichen Amtes widersprechendes Verhalten vom Vorsitzenden der Kommission für Siedlungswasserwirtschaft, Stadtrat Svihalek (5935/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Wiederherstellung geordneter Verhältnisse in der Rechtspflege insbesondere in Graz im Zusammenhang mit der Abwicklung des Bauskandales (5936/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Abwasserentsorgung in der Gemeinde Unterpremstätten (5937/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend geplante Subventionen für den Verein Wiener Philharmoniker (5938/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Förderung des "Kulturvereines Alsergrund – unser 9." (5939/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Selbstmorde, Selbstmordversuche und -beschädigungen in Schubhaft (5940/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kunstwerke aus dem Besitz von Verfolgten des NS-Regimes, die im staatlichen Auktionshaus Dorotheum bis heute zur Versteigerung gelangen (5941/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Aussendung von Werbematerial des Bundesheeres an arbeitslose Frauen durch das Arbeitsmarktservice (5942/J)

Georg Schwarzenberger und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Agenda 2000 – Verhandlungsergebnisse im Bereich Landwirtschaft (5943/J)

Jakob Auer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend eine Umfahrungsstraße für Brixen (5944/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundeskanzler betreffend gesamtstaatliches Krisenmanagement (5945/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend weitere Verbesserung des Vollzugs des Waffengesetzes und des Kampfes gegen illegalen Waffenhandel (5946/J)

Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer (5947/J)

Ingrid Tichy-Schreder und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Möglichkeiten der Justiz in Fällen mangelnder Zivilcourage (5948/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Holzimprägnierungsanlage in Frohnleiten/BH Graz Umgebung (5949/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Holzimprägnierungsanlage in Frohnleiten/BH Graz Umgebung (5950/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Werbematerial des Bundesheeres für Frauen (5951/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend neue Arzneimittel (5952/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Fußnormen (5953/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Natura 2000 (5954/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Natura 2000 (5955/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Natura 2000 (5956/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend den dringenden Verdacht des Amtsmißbrauchs hinsichtlich des Bundesministers für Inneres (5957/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend den dringenden Verdacht des Amtsmißbrauchs hinsichtlich des Bundesministers für Inneres (5958/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Österreichische Staatsdruckerei (5959/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schwarzarbeiter in den Bundesministerien (5960/J)

Dr. Michael Krüger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Förderung des Kulturvereines Alsergrund (5961/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend einige Ungereimtheiten im Zuge der Briefbombenermittlungen (5962/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend psychologische Betreuung der Angehörigen von Hepatitis-C-Patienten (5963/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Übernahme der Hepatitis A/B Impfung durch einige Gebietskrankenkassen (5964/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Frühvermarktungsprämie (5965/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Gehälter der AMA-Bediensteten (5966/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Pflegedienstzulage für Sanitätsunteroffiziere (5967/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Jägertruppe des Bundesheeres (5968/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Blutkonserven und Plasmakonzentrate aus anderen EU- und Nicht-EU-Staaten (5969/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend ein Strafverfahren gegen den ehemaligen Bürgermeister von Hollenstein und Obmann des Vereines Naturpark Gamsstein – Voralpe, Josef G. (5970/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Werbeeinschaltungen im ORF, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (5971/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Werbeeinschaltungen im ORF, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (5972/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Werbeeinschaltungen im ORF, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (5973/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Werbeeinschaltungen im ORF, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (5974/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Werbeeinschaltungen im ORF, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (5975/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Werbeeinschaltungen im ORF, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (5976/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Werbeeinschaltungen im ORF, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (5977/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Werbeeinschaltungen im ORF, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (5978/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Werbeeinschaltungen im ORF, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (5979/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Werbeeinschaltungen im ORF, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (5980/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Werbeeinschaltungen im ORF, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (5981/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Werbeeinschaltungen im ORF, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (5982/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Werbeeinschaltungen im ORF, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (5983/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Alkoholentzug für Hepatitis-C-Patienten (5984/J)

Edith Haller und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Behandlungskosten ausländischer Patienten (5985/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Wohnungseigentumsgesetz und die anteilige Haftung der Miteigentümer (5986/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Krebsstatistikgesetz und Krebsstatistik-Verordnung versus EU-Datenschutzrichtlinie und Entwurf zu einem neuen Datenschutzgesetz (5987/J)

Hans Helmut Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Binnengrenzkontrollen nach Inkraftsetzung des Schengener Abkommens (5988/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Weiterbeschäftigung von Botschaftern und Botschafterinnen, die das Pensionsalter erreicht haben (5989/J)

Dr. Harald Ofner und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Zurücklegung einer Strafanzeige (5990/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Reinigungsarbeiten in den Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice (5991/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Exekutionen von Sozialleistungen (5992/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Exekutionen von Sozialleistungen (5993/J)

Jakob Auer und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Leistungsreduktion von Postämtern in Oberösterreich (5994/J)

*****

Dr. Andreas Khol und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Ad-hoc-Gespräch über die Lage der Kurden im Wiener Europabüro der SPÖ (46/JPR)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Beschäftigungsverhältnis(se) des Herrn Bruno Aigner (47/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (5200/AB zu 5540/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5201/AB zu 5604/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5202/AB zu 5617/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5203/AB zu 5630/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (5204/AB zu 5552/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (5205/AB zu 5652/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Günther Platter und Genossen (5206/AB zu 5530/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5207/AB zu 5592/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (5208/AB zu 5564/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (5209/AB zu 5568/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (5210/AB zu 5555/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (5211/AB zu 5522/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5212/AB zu 5605/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5213/AB zu 5679/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (5214/AB zu 5569/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5215/AB zu 5699/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5216/AB zu 5608/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5217/AB zu 5621/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5218/AB zu 5633/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5219/AB zu 5646/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5220/AB zu 5647/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5221/AB zu 5648/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (5222/AB zu 5523/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (5223/AB zu 5535/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (5224/AB zu 5524/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (5225/AB zu 5553/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5226/AB zu 5640/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (5227/AB zu 5666/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen (5228/AB zu 5532/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (5229/AB zu 5534/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (5230/AB zu 5543/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5231/AB zu 5593/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5232/AB zu 5609/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5233/AB zu 5622/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5234/AB zu 5634/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5235/AB zu 5645/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5236/AB zu 5649/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (5237/AB zu 5670/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Blünegger und Genossen (5238/AB zu 5541/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (5239/AB zu 5669/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5240/AB zu 5705/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5241/AB zu 5531/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5242/AB zu 5824/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (5243/AB zu 5559/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (5244/AB zu 5560/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (5245/AB zu 5561/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (5246/AB zu 5562/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (5247/AB zu 5563/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein und Genossen (5248/AB zu 5651/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5249/AB zu 5655/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5250/AB zu 5575/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (5251/AB zu 5539/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (5252/AB zu 5571/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5253/AB zu 5574/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5254/AB zu 5587/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5255/AB zu 5603/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5256/AB zu 5616/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5257/AB zu 5629/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5258/AB zu 5554/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5259/AB zu 5579/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5260/AB zu 5606/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5261/AB zu 5595/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5262/AB zu 5611/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5263/AB zu 5624/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5264/AB zu 5636/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (5265/AB zu 5643/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (5266/AB zu 5644/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5267/AB zu 5589/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5268/AB zu 5631/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5269/AB zu 5588/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5270/AB zu 5619/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5271/AB zu 5577/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5272/AB zu 5597/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5273/AB zu 5638/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen (5274/AB zu 5565/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5275/AB zu 5590/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5276/AB zu 5657/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5277/AB zu 5680/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (5278/AB zu 5537/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5279/AB zu 5659/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5280/AB zu 5576/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (5281/AB zu 5525/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein und Genossen (5282/AB zu 5538/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (5283/AB zu 5545/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (5284/AB zu 5557/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen (5285/AB zu 5567/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5286/AB zu 5578/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5287/AB zu 5591/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5288/AB zu 5607/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5289/AB zu 5620/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5290/AB zu 5632/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (5291/AB zu 5642/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5292/AB zu 5658/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (5293/AB zu 5556/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5294/AB zu 5598/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (5295/AB zu 5528/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5296/AB zu 5585/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5297/AB zu 5614/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5298/AB zu 5627/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5299/AB zu 5639/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5300/AB zu 5665/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5301/AB zu 5549/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (5302/AB zu 5548/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (5303/AB zu 5599/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (5304/AB zu 5600/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5305/AB zu 5613/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5306/AB zu 5656/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5307/AB zu 5697/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5308/AB zu 5618/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (5309/AB zu 5558/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5310/AB zu 5654/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen (5311/AB zu 5527/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5312/AB zu 5551/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5313/AB zu 5580/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5314/AB zu 5660/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5315/AB zu 5529/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5316/AB zu 5550/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (5317/AB zu 5601/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (5318/AB zu 5536/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen (5319/AB zu 5566/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5320/AB zu 5583/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5321/AB zu 5596/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5322/AB zu 5612/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5323/AB zu 5625/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5324/AB zu 5637/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (5325/AB zu 5650/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (5326/AB zu 5675/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5327/AB zu 5584/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5328/AB zu 5626/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5329/AB zu 5664/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen (5330/AB zu 5641/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (5331/AB zu 5544/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (5332/AB zu 5526/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5333/AB zu 5542/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5334/AB zu 5572/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5335/AB zu 5628/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5336/AB zu 5653/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (5337/AB zu 5716/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5338/AB zu 5662/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5339/AB zu 5582/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (5340/AB zu 5546/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (5341/AB zu 5547/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5342/AB zu 5581/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5343/AB zu 5594/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5344/AB zu 5610/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5345/AB zu 5623/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5346/AB zu 5635/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5347/AB zu 5661/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5348/AB zu 5663/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (5349/AB zu 5570/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (5350/AB zu 5676/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5351/AB zu 5696/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (5352/AB zu 5672/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5353/AB zu 5683/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (43/ABPR zu 46/JPR)

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und eröffne die 162. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 159. Sitzung vom 24. Februar 1999, der 160. Sitzung vom 25. Februar 1999 und der 161. Sitzung vom 25. und 26. Februar 1999 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer.

*****

Bevor ich mit der Aktuellen Stunde beginne, möchte ich sagen, daß ein erteilter Ordnungsruf nicht rückgängig gemacht werden kann, daß ich aber sehr sorgfältig das Protokoll der Sitzung vom 16. Februar 1999 studiert und festgestellt habe, daß Herr Abgeordneter Haupt, wie sich aus der Niederschrift ergibt, Herrn Staatssekretär Ruttenstorfer nicht den Vorwurf machen wollte, er habe gelogen, und daß daher insbesondere die Antwort, die Abgeordneter Haupt auf eine diesbezügliche Frage von mir gegeben hat, korrekt war. – Ich möchte, daß das im Protokoll festgehalten ist.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema

"Forschung schafft Arbeitsplätze"

Als erster hat sich Herr Abgeordneter Dr. Nowotny zu Wort gemeldet. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. Im Anschluß daran wird der Herr Bundesminister eine Stellungnahme zum Thema abgeben. – Bitte, Herr Abgeordneter Nowotny.

9.03

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben als Thema der Aktuellen Stunde "Forschung schafft Arbeitsplätze" gewählt. Der Bereich der Forschung hat natürlich sehr viele Aspekte, aber ich möchte hier jetzt ganz konkret Forschungsfragen aus der Sicht der Wirtschaftspolitik und damit eben der Arbeitsplätze betrachten.

Es ist inzwischen Allgemeingut geworden, daß Forschung und vor allem Entwicklung und Technologie Grundfragen und einer der wichtigsten Produktionsfaktoren der Wirtschaft sind. In Österreich besteht diesbezüglich – das muß man ganz offen sagen – Nachholbedarf. Wir haben zum Beispiel Nachholbedarf im materiellen Bereich. Die wirtschaftsbezogene Forschung ist in Österreich als Forschungsquote zu gering. Wir haben auch Nachholbedarf im geistig politischen Bereich, weil Forschung in Österreich nach wie vor eher mit Skepsis, mit Vorsicht und als Gefahr gesehen wird und nicht als Chance und nicht als Herausforderung, wie das meiner Ansicht nach sinnvoller wäre.

Es ist bereits sehr viel in dieser Richtung geschehen. Es ist auch etliches im Werden. Diese Aktuelle Stunde soll nun Gelegenheit dazu geben, Informationen über diesen Bereich zu liefern. Ich möchte hier nur einige Punkte aufzählen, die ich für besonders sinnvoll halte.

Ein Beispiel sind etwa die K-plus-Kompetenzzentren. Dabei handelt es sich um eine unmittelbare Verknüpfung von Forschung und wirtschaftlichen Aktivitäten mit entsprechender regionaler Anbindung. Beispiele dafür sind das Mikroelektronikzentrum in Villach, das Leichtmetallkompetenzzentrum in Ranshofen, das Softwarezentrum in Hagenberg bei Linz und ähnliches. Das heißt, da gibt es meiner Ansicht nach bereits ganz konkrete, sehr interessante Ansätze.

Weiterer Punkt: Es ist wichtig, daß wir europarelevante Forschungsbereiche in Österreich ansiedeln. Ich darf als konkretes Beispiel den Windkanal nennen, der hier in Wien als Kernstück für ein weltweit führendes Kompetenzzentrum im Schienenfahrzeugbereich errichtet wurde. Ich darf auf die Aktivitäten des ERP-Fonds verweisen. Und ich darf auf die größeren Möglichkeiten aufmerksam machen, die die Forschungsförderungsfonds nun haben, nicht zuletzt aufgrund höherer Mittel aus dem Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte den heutigen Tag auch dazu nützen, darauf hinzuweisen, daß die Steuerreform, die diese Woche konzipiert und abgeschlossen wurde, sehr wesentliche Punkte enthält, die unmittelbar forschungsrelevant sind. Der erste Bereich ist die Erhöhung des Forschungsfreibetrages von derzeit 12 beziehungsweise 18 Prozent auf 25 beziehungsweise 35 Prozent. Diese Erhöhung des Forschungsfreibetrages ist für die unternehmerische Entscheidungsfindung auch ein wichtiger Hinweis darauf, stärkeres Gewicht auf den Forschungsbereich zu legen. Ich meine daher, daß mit dieser Steuerreform auch ein ganz wichtiger Strukturaspekt verbunden ist.

Ich möchte noch zwei andere Bereiche im Rahmen der Steuerreform hervorheben, und zwar die Maßnahmen im Hinblick auf bessere berufliche Qualifikation. In Zukunft wird es so wie für Investitionen in Realkapital auch Möglichkeiten für Investitionen in Humankapital geben. Wir haben dafür einen Quasiinvestitionsfreibetrag in der Höhe von 9 Prozent vorgesehen. Und was auch wichtig ist: Erstmals werden nun auch berufsbezogene Weiterbildungsaktivitäten von Arbeitnehmern in speziellem Maße steuerlich berücksichtigt werden können. Wir halten das für einen sehr großen Fortschritt, weil es wichtig ist, daß auch der Arbeitnehmer die Möglichkeit bekommt, sich in einer Zeit rascher technologischer Entwicklung entsprechend weiterzubilden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Bereich, der mit der Steuerreform verbunden ist, ist die Förderung von Neugründungen von Unternehmen – ebenfalls etwas, was gerade technologiepolitisch besonders sensibel ist. Wir haben insbesondere bei Neugründungen für eine erhebliche Reduzierung der Lohnnebenkosten, nämlich im Ausmaß von 7 Prozentpunkten, gesorgt.

Meiner Ansicht nach kann man sagen, daß gerade diese Steuerreform, die wir jetzt dem Hohen Haus vorlegen werden, ein wichtiger konkreter Schritt ist, um der Forschung und Entwicklung in Österreich in der ökonomischen Realität stärkeres Gewicht zu verschaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muß allerdings freilich auch sagen – das habe ich ja schon angedeutet –: Forschungsförderung ist natürlich nur ein Aspekt der Innovationspolitik, vielleicht nicht einmal der wichtigste. Das heißt, innovationsorientierte Forschungspolitik muß sehr umfassend betrachtet werden. Es stellen sich zum Beispiel auch Fragen der Risikofinanzierung. Diesbezüglich haben wir in Österreich ebenfalls deutliche Fortschritte erzielt. Es gibt inzwischen von etlichen Kreditunternehmen bereits Venture-Capital-Finanzierungen. In diesem Bereich sind wir, wie ich meine, in der richtigen Richtung unterwegs.

Ein sehr ernster Bereich sind meines Erachtens die administrativen gesetzlichen Barrieren. Ich hatte vor kurzem die Gelegenheit, ein Gespräch mit Österreichern in München zu führen, die dort im Bereich der Biotechnologie arbeiten. Es ist wirklich ein großes Problem, daß es zwar eine Reihe von jungen Menschen gibt, die an den österreichischen Universitäten hervorragend ausgebildet wurden, daß sie aber keine Möglichkeit haben, ihr Wissen in Österreich anzuwenden. Eines der wesentlichen Probleme ist eben, daß es in Österreich eine ganze Reihe von Standortbarrieren gibt. Ich meine daher, daß es für uns wichtig ist, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, um die Möglichkeiten für die industriebezogene Forschung zu stärken.

Ich möchte aber ganz offen sagen: Ein Punkt, der von aktueller Sensibilität ist, ist der Entwurf zum neuen Betriebsanlagenrecht, der vom Herrn Umweltminister kommt. Wenn dieses neue Betriebsanlagenrecht in der Weise kommt, wie es jetzt vorgesehen ist, dann ist das aus der Sicht der wirtschaftsbezogenen Forschungsgemeinschaft ein massives Hindernis für wirtschaftsbezogene Forschung in Österreich.

Ich muß ganz deutlich sagen, dieses neue Gesetz würde im Forschungsbereich, in der technologieorientierten Forschung mehr Schaden anrichten, als wir durch den Einsatz Hunderter Millionen an Forschungsförderungen wiedergutmachen könnten. Ich meine, man muß da sehr deutlich die entsprechenden Dimensionen sehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muß sich auch im klaren darüber sein, daß Forschungspolitik international ist. Es gibt einen internationalen Wettbewerb der Forschungsstandorte. Es gibt heute keinen Forschungsstandort auf der Welt, der dauerhaft gesichert wäre. Wir müssen uns daher auch bemühen, in diesem Wettbewerb attraktiv dabeizusein. Das ist umso wichtiger, als ja in der Zwischenzeit eine ganze Reihe von wichtigen Forschungsunternehmen, forschungsintensiven Unternehmen leider nicht mehr in österreichischem Eigentum stehen. Ich denke etwa an Immuno, eine der wichtigsten Forschungsstellen in Österreich, die sich natürlich dem konzerninternen Wettbewerb stellen mußte. Es ist wichtig, daß wir hier die entsprechenden Voraussetzungen schaffen, nicht zuletzt auch etwa hinsichtlich der Freizügigkeit bei der Auswahl des Forschungspersonals und der administrativen juristischen Grundlagen.

Ich möchte noch einen weiteren Punkt in diesem Zusammenhang anführen, der ebenfalls forschungsrelevant ist: die Frage der Eigentumsverhältnisse bei zentralen forschungsrelevanten Unternehmen in Österreich. Gerade etwa die Rolle der ÖIAG als Kernaktionär ist eben nicht nur eine industriepolitische Frage, sondern auch eine forschungspolitische Frage, weil es eben genau darum geht, Forschungskompetenzen – und das sind eben typische Headquarter-Funktionen – für Österreich zu sichern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend: Winston Churchill hat einmal gesagt – das ist heute leider von besonderer Aktualität –: "Krieg ist eine viel zu ernste Angelegenheit, um sie den Militärs zu überlassen!" – Ich möchte analog dazu sagen: Forschungspolitik ist viel zu wichtig, um sie nur den Forschungspolitikern im engeren Sinn zu überlassen. Sie ist ein Anliegen der Gesamtpolitik, und das wollten wir mit dieser Aktuellen Stunde unterstreichen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Gegenstand der Aktuellen Stunde gelangt jetzt der Herr Bundesminister zu Wort. Seine Stellungnahme soll gleichfalls 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.

9.12

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Forschung ist für einen entwickelten Industriestaat wie Österreich die Grundlage für seine weitere gedeihliche Wirtschaftsentwicklung. Forschung ist die Grundlage nicht nur für eine anspruchsvolle Produktion, für anspruchsvolle Produkte, für anspruchsvolle Arbeitsplätze, sie ist zugleich die Grundlage für ein wettbewerbsfähiges Österreich. Daher ist das ein zentraler Punkt der Regierungsbemühungen.

Forschung braucht aber auch entsprechend qualifizierte Arbeitskräfte, um von der Forschung Gebrauch machen zu können. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich hat bisher seine Position in Europa und auf der Welt im wesentlichen über diese außerordentlich gut qualifizierten Arbeitskräfte entwickeln und halten können. Sie sind die Voraussetzung dafür, daß der Aufwand, der in der Forschung getrieben wird, auch genützt werden kann.

Lassen Sie mich einige Worte dazu sagen, was wir auf diesem Sektor tun und was auf diesem Sektor zu tun ist. Ich meine, daß es primär darauf ankommt, ein Umfeld zu schaffen, in dem Forschung und Entwicklung gedeihen können. Dazu ist es in erster Linie notwendig, dafür zu sorgen, daß es zu einer Modernisierung und zu einer Öffnung der Einrichtungen, der Infrastruktur kommt, die staatlich gefördert oder staatlich finanziert sind, weil die Universitäten und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen sich vor allem auch zu jenen hin öffnen müssen, die von diesen Forschungsergebnissen weiterführenden praktischen Gebrauch machen können.

Wir müssen dafür sorgen, daß die Universitäten, die in Österreich von der Bedeutung her einen überragenden Anteil an der Forschung haben, sich zur Gesellschaft hin weiter öffnen. Wir müssen dafür sorgen, daß der Transfer von Wissen, von Forschungsergebnissen von den Forschungsstätten in die gesellschaftliche Nutzungsphase zu den Unternehmen hin verbessert wird.

Wir machen das unter anderem durch eine ganze Reihe von Maßnahmen. Abgeordneter Nowotny hat schon darauf hingewiesen. Die K-plus-Zentren, die Kompetenzzentren nach dem K-plus-Programm, sind ein solches Element, in dem wir höchstwertige Forschungseinrichtungen mit Unternehmen zusammenführen, die im sehr anspruchsvollen Bereich von Forschung und Entwicklung tätig sind. Damit schaffen wir Cluster, aus denen neue leistungsfähige und wettbewerbsfähige Unternehmen und Forschungseinrichtungen entstehen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir tun das etwa auch, indem wir ein Impulsprogramm bei den Fachhochschulen angesiedelt haben, das wir voriges Jahr bereits einmal durchgeführt haben und heuer wieder durchführen werden. In diesem Programm geht es darum, daß es zu einem Wissenstransfer von den regionalen Fachhochschulen zur regionalen Wirtschaft, insbesondere zu den Klein- und Mittelbetrieben kommt. Wir machen das, indem wir ein Post-Doc-Programm eingeführt haben, im Rahmen dessen den Absolventen eines Doktoratsstudiums die Möglichkeit geboten wird, gemeinsam mit Klein- und Mittelbetrieben in einem Projekt, ohne daß den kleinen Betrieben dadurch hohe Kosten entstehen, Forschungsarbeit, Entwicklungsarbeit zu leisten und damit zugleich eine Brücke von den kleineren Unternehmen zu den Forschungsstätten zu bauen.

Und wir machen es – um ein letztes Beispiel in dieser Aufzählung zu nennen –, indem wir im Rahmen der Steuerreform eine Erhöhung des Forschungsfreibetrages, aber nicht nur eine Erhöhung vorgenommen haben, sondern zugleich auch noch einen besonderen Freibetrag im Ausmaß von 35 Prozent schaffen, der jene Betriebe belohnt, die entweder ihre Forschungsaufwendungen erhöhen oder überhaupt damit beginnen, in Forschung und Entwicklung tätig zu werden. Und in diesem Segment schaffen wir ganz unmittelbare Anreize für die Beschäftigung qualifiziertester Forscher und Entwickler in Klein- und Mittelbetrieben. Ich meine, das ist ein richtiger Schritt in Richtung mehr Forschung in Österreich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir brauchen natürlich auch – auch das ist Gegenstand der Diskussion gewesen, die in den letzten Jahren mit Intensität und Engagement geführt worden ist – mehr Geld, und zwar sowohl mehr Geld von der öffentlichen Hand als auch mehr Geld von der Wirtschaft, von der Industrie. Aber ich denke, wir können auch in diesem Punkt durchaus auf Erfolge zurückblicken.

Wir haben zum Beispiel im Rahmen der sogenannten Technologiemilliarden viel Geld zusätzlich investiert. Wir haben aus Veräußerungserlösen – ich erinnere nur an die Veräußerungserlöse der Telering – oder auch aus Dividendenzahlungen, die der Bund als Eigentümer erhalten hat, wesentliche Mittel in die Forschung gesteckt, und wir werden weitere Mittel aus Veräußerungserlösen – etwa für die Handylizenz – für die Forschung ausgeben.

Hohes Haus! Jeder Forschungsschilling, der in Österreich ausgegeben wird, führt zu etwa 20 Umsatzschilling. Wir sollten uns dieser Tatsache bewußt sein. Es lohnt sich, in die Forschung zu investieren! Es lohnt sich für den Staat, es lohnt sich aber auch für die Unternehmen.

Diese 20 Umsatzschilling, die durch einen Forschungsschilling mit bewirkt werden, werden zu 80 Prozent im Export erlöst. Österreich kann seine Position in der Welt wirtschaftlich, industriell und entwicklungsmäßig nur dann halten, wenn wir in die Forschung investieren, wenn wir in der Welt wettbewerbsfähig sind. Wir sind in dieser Hinsicht auf einem guten Weg. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Hohes Haus! Forschungsförderung, Forschungspolitik sind aber kein Instrument, mit dem man kurzfristigste Erfolge erzielen kann. Forschung benötigt einerseits ein solides Fundament im Bereich der Grundlagenforschung und stiftet andererseits nicht schon morgen Nutzen. Grundlagenforschung hat den sozusagen unverzichtbaren Vorteil, daß es ohne sie nicht geht. Aber wann der konkrete wirtschaftliche und industrielle Nutzen eintreten wird, ist nicht vorherzusehen.

Denken Sie etwa an die Entwicklung der Lasertechnik, die von Einstein bereits im Jahre 1917 grundgelegt wurde, es aber erst 1958, also 40 Jahre später, erstmals gelungen ist, sie zum Funktionieren zu bringen; mit den ersten industriellen Nutzungen wurde erst 1960 begonnen. Dann aber hat ein unvergleichlicher Boom in der Nutzung dieser neuen Technologie begonnen.

Das, was wir in der Forschungspolitik erkennen müssen, ist, daß es sich lohnt, in die Fundamente zu investieren, und daß genau das erforderlich ist, wenn wir nachher soliden Erfolg für Arbeit und Industrie in Österreich haben wollen.

Hohes Haus! Ich denke, zusammenfassend können wir sagen: Wir müssen uns in erster Linie im klaren darüber sein, daß forschungsfördernde Politik bedeutet, daß wir in die Menschen investieren müssen, indem wir sie optimal ausbilden, indem wir alles tun, um dafür zu sorgen, daß die künftigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine optimale Ausbildung bekommen. Wir müssen alle Begabungsreserven ausschöpfen! Es geht nicht an, daß wir einen Teil einfach links liegen lassen, seien das Menschen, die es sich aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse heute nicht leisten können, höherwertige Ausbildungen zu konsumieren, oder seien es Frauen, die im Bildungsprozeß vielfach benachteiligt sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Hohes Haus! Wir müssen weiters dadurch für geeignete Rahmenbedingungen sorgen, daß wir Neugier und Risikobereitschaft bei den Menschen fördern und unterstützen. Wir brauchen diese Eigenschaften nicht nur dort, wo es um Forschung geht, sondern auch dort, wo es darum geht, daß sich Menschen trauen, ein Unternehmen zu gründen, um das, was sie können, selbständig umzusetzen. Wir müssen Neugier und Risikobereitschaft besser fördern und entwickeln! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir versuchen unser Bestes im Bereich dessen, daß wir einen leichteren, einen besseren und erfolgreichen Übergang aus den sehr guten Ausbildungseinrichtungen in die Unternehmen ermöglichen und unterstützen. Wir müssen diesen Übergang erleichtern, und wir müssen einen solchen insbesondere auch für die kleinen und mittleren Unternehmen dadurch verbessern, daß wir auch für sie den Schritt, den ersten Akademiker anzustellen, erleichtern, weil das vielfach ein strukturell notwendiger Schritt ist, um im Bereich Forschung und Entwicklung Fuß fassen zu können.

Schließlich müssen wir auch dafür sorgen, daß im System der Forschungsförderung, in der Kommunikation vor allem wiederum mit den kleinen und mittleren Unternehmen die Verständigung und der Informationsfluß besser werden. – Es ist ja diesbezüglich in den vergangenen Jahren sehr viel geschehen, und ich denke, wir können mit Zuversicht auf die Folgen der jetzt eingeleiteten Politik schauen und warten.

All diese Dinge sind im Gang, und mit der kommenden "Forschungsstrategie 99 plus" werden wir überdies dafür Sorge tragen, daß die Einrichtungen, die im Bereich von Wissenschaft und Forschung tätig sind, sich insgesamt mehr auf den Output hin orientieren als darauf, ihre Position beim Input des Geldes zu sichern.

Es geht darum, sicherzustellen und bewußtzumachen, daß Wissenschaft und Forschung, daß Technologiepolitik etwas ist, was im Interesse der Gesellschaft, im Interesse der Menschen dieses Landes betrieben wird. Dafür machen wir Politik! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Bundesminister.

Wir gehen nun in die Debatte zum Thema der Aktuellen Stunde ein. Die Redezeiten betragen jeweils 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. – Bitte.

9.23

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Gerade am heutigen Tag ist es wichtig, darauf hinzuweisen, daß unser Sicherheitsbegriff ein vieldimensionaler ist: Er reicht von der außenpolitischen Sicherheit bis hin zur sozialen Sicherheit und zur Sicherung der Arbeitsplätze. Von diesem Begriff ist die ÖVP immer ausgegangen. Und in diesem Zusammenhang ist die Technologiepolitik unverzichtbar! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Sie meinen die Forschung im Waffenbereich?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor wenigen Wochen, in Bad Aussee, hat sich die Bundesregierung dazu entschlossen, sich das Ziel zu setzen, die Forschungsquote in Österreich bis zum Jahre 2005 auf 2,5 Prozent anzuheben. Um den Skeptikern in den Oppositionsreihen den Wind aus den Segeln zu nehmen, wurde auch eine Steuerreform beschlossen, die völlig neue Rahmenbedingungen für Forschung und Technologie gerade im privaten Wirtschaftsbereich schafft, die herausfordert und anreizt. – Das ist Handlungskompetenz! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Es ist schon richtig, daß in der Forschungs- und Technologiepolitik ein richtiger Mix aus staatlichem Engagement, privatem Unternehmertum und dem Zulassen und Anregen neuer Entwicklungen gefordert ist. Besonders stolz bin ich aber darauf, daß es den Verhandlern um die Steuerreform gelungen ist, die Konzepte der Steuerreformkommission, die in diesem Bereich deutliche Empfehlungen abgegeben hat, in das Steuerreformprogramm für das Jahr 2000 zu übernehmen.

Ich bin da derselben Meinung wie Kollege Nowotny: Da der Forschungsfreibetrag praktisch verdoppelt, nämlich auf 35 Prozent angehoben wurde, ist das in bezug auf neue Forschungsausgaben der Unternehmen ein wirklich deutliches Zeichen. Das ist das, was wir immer verlangt haben, nämlich eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Forschungsstandort unseres Landes. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch die neuen Förderungsmaßnahmen für die Unternehmensgründung – Senkung der Lohnnebenkosten für diese jungen Firmen – werden dynamisches, technologieorientiertes Unternehmertum in Österreich zulassen und fördern. Das ist ein wichtiger Punkt.

Ich möchte aber insbesondere darauf hinweisen – und das ist für mich als Bildungsökonomen fast ein kleiner innerer Triumph –, daß es endlich gelungen ist, Humankapital, Geistkapital mit dem materiellen Kapital steuerlich einigermaßen gleichzustellen. Die Tatsache, daß ein entsprechender Investitionsfreibetrag für Aus- und Weiterbildung sowohl für die Unternehmen als auch für die Arbeitnehmer für die eigene Weiterbildung eingeführt wird, ist sicherlich ein Meilenstein in der österreichischen Steuerpolitik und ein wichtiger Punkt der Steuerreform. (Beifall bei der ÖVP.)

Einen kleinen Punkt möchte ich noch hinzufügen, um auch der Opposition sozusagen ein wenig Feld zu geben: Letzte Woche hat der Fonds zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft wieder eine Diskussionsrunde mit Abgeordneten veranstaltet. Bei dieser Diskussion waren nicht nur dynamische junge Unternehmer anwesend, die gezeigt haben, was Förderung bei ihnen bewirken kann – besonders stolz bin ich übrigens auf ein kleines Unternehmen aus dem Land Tirol –, sondern bei dieser Gelegenheit ist auch mit der Negativbotschaft Schluß gemacht worden, der Anteil der Forschung am BIP betrage in Österreich nur 1,52 Prozent.

Der Forschungsförderungsfonds hat nachgewiesen, daß allein die direkten Maßnahmen – also die Technologieoffensiven, die neuen Haftungsmaßnahmen und die schon erwähnten Schwerpunktförderungen – dazu führen werden, daß im heurigen Jahr die Forschungsquote bei etwas über 1,9 Prozent liegen wird.

Wir sind also auf einem sehr, sehr guten Weg, und die Industrie, die Wirtschaft werden diesen Weg mitgehen (Beifall bei der ÖVP), insbesondere dann, Herr Bundesminister, wenn die neuen Mittel, das Geld, das seitens der Oesterreichischen Nationalbank dafür zur Verfügung gestellt wird, in jenen Bereich fließt – ich sage das bei allem Respekt vor der Grundlagenforschung –, in dem wir noch einen komparativen Nachteil haben, nämlich in die angewandte Forschung, sprich in den FFF.

In diesem Sinne begrüße ich die Maßnahmen der Steuerreform und sage: Die Technologieoffensive zeigt Wirkung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

9.28

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Wir haben soeben wiederum, wie gewohnt, Jubelreden von seiten der Koalition gehört. Aber Herr Minister Einem hat mir das Stichwort zur Forschungspolitik gegeben, und ich möchte das jetzt aus oppositioneller Sicht kritisch durchleuchten.

Der Herr Minister hat gesagt: Schauen und warten wir auf die Ergebnisse. – Ich glaube, es täte not, nicht nur zu schauen und zu warten, sondern endlich zu handeln, Herr Minister! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber wenn Sie es wollen, dann schauen wir uns halt die Forschungspolitik der letzten Jahre doch etwas genauer an.

Tatsächlich ist es so – ich bin Herrn Abgeordneten Nowotny sehr dankbar dafür, daß er die Wirtschaft ins Spiel gebracht hat –, daß nach wie vor nicht nur die Forschung – das ist ein Postulat, dem auch wir anhängen – Arbeitsplätze schafft, sondern vor allem die Wirtschaft. Und die Wirtschaft muß Rahmenbedingungen zur Verfügung gestellt bekommen, die es ihr ermöglichen, auch in Zukunft ohne wirtschaftliches Risiko zu forschen.

Aber schauen wir uns die Wirtschaftspolitik der Sozialdemokraten in der Vergangenheit an. Es ist kein Zufall, daß gerade heute der Prozeß über die größte Pleite der Zweiten Republik beginnt, nämlich über die "Konsum"-Pleite, bei der 17 Milliarden Schilling in den Sand gesetzt wurden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny.) – Ja, Herr Kollege Nowotny, das ist Ihnen unangenehm, aber das ist eben sozialistische Wirtschaftspolitik. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ein Eckpfeiler der Sozialdemokratie ist sozusagen weggebrochen, Tausende Arbeitsplätze sind verlorengegangen – ein "Markenzeichen" sozialistischer Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik.

Aber wir müssen gar nicht beim "Konsum" bleiben. Gehen wir nach Wien, schauen wir in meinen Heimatbezirk, wie dort die Wirtschaftspolitik aussieht – und Sie, Herr Kollege Verzetnitsch, werden mir das bestätigen –: Im Jahre 1960 hatte mein Bezirk, nämlich Wien-Donaustadt, 50 000 Einwohner, und allein am Industriestandort Stadlau gab es 5 000 Industriearbeitsplätze: bei AEG, Elin, Waagner-Biró und vielen anderen mehr.

Mit Ende dieses Jahres gibt es dort keinen einzigen Industriearbeitsplatz mehr! Der letzte Betrieb, der nun letztendlich ebenfalls aus dieser Region absiedelt, ist Waagner-Biró mit den letzten 270 Arbeitsplätzen. (Abg. Edler: Und was habt ihr denn gemacht?) Das ist sozialistische Wirtschaftspolitik! Und das muß man auch so sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edler: Und was habt ihr gemacht?)

Kollege Edler, es nützt überhaupt nichts, wenn man sich dann bei Fototerminen hinstellt und versucht, die Belegschaft zu unterstützen. (Abg. Edler: Was macht die FPÖ?) Sie haben es in der Hand gehabt (Abg. Edler: Was macht die FPÖ?), eine Wirtschaftspolitik und Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen würden, daß Arbeitsplätze erhalten bleiben, und das ist Ihnen mißlungen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Schauen wir uns das an und warten wir, haben Sie gesagt, Herr Minister. – Forschungsinvestitionen allein auf ein Steuerpaket, wie Sie es mit dem gestrigen Tag geschnürt haben, zu verkürzen, das ist zu wenig. Es ist viel Text gesprochen worden, in Wirklichkeit ist die Forschungsinitiative gemäß dem Regierungspapier nur ein siebenzeiliges Papier, das einen Text ohne genaue Angaben enthält.

Es werden lediglich Ertragsbemessungsgrundlagen oder Ertragssteuern minimiert. Nur dadurch werden Anreize geschaffen! Ich habe Ihnen schon zu erklären versucht, daß es natürlich auch eine ertragsorientierte Wirtschaft geben muß, damit das funktioniert, denn 25 Prozent von null ergibt ja bekanntlich auch null. Das allein wird es also nicht sein.

Wenn wir wollen, daß das Platz greift, was der Herr Bundeskanzler am 18.11. gesagt hat, nämlich daß Forschung eine Investition in die Zukunft ist – was wir heute in die Forschung und Entwicklung investieren, erhalten wir für kommende Generationen mehrfach durch Fortschritt und Beschäftigung wieder zurück –, und wenn wir wollen, daß Maßnahmen unmittelbar greifen, dann müssen wir zum Instrument der direkten Forschungsförderung greifen und können uns nicht darauf verlassen, daß vielleicht über den Umweg der indirekten Forschungsförderung, über die Ertragssteuerbemessungsgrundlage das eine oder andere vielleicht im Jahre 2001, 2002 oder 2003 letztendlich greift.

In Wahrheit muß man ja der Wirtschaft die Daumen drücken, damit sie bei diesen widrigen Rahmenbedingungen, die wir heute haben, durchhält, bis eventuell Maßnahmen dieser Regierung greifen. Das muß man ganz einfach so sagen. Sie muß durchhalten, damit vielleicht das eine oder andere greift, auch im Sinne der Forschungspolitik.

Wenn wir uns die Situation genau ansehen, dann müssen wir tatsächlich auch feststellen, daß es nicht so ist, wie Kollege Lukesch es dargestellt hat, nämlich daß die F&E-Quote einen Anteil von 1,9 Prozent am Bruttoinlandsprodukt hätte, sondern daß dieser Anteil nachgewiesenermaßen – nach einer OECD-Studie, nicht laut einer freiheitlichen Studie – nur 1,52 Prozent beträgt (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch), und das liegt immerhin 0,6 Prozentpunkte hinter dem OECD-Schnitt.

Wenn wir uns vergleichbare Länder wie Finnland oder Deutschland ansehen, können wir feststellen, daß diese Quote dort deutlich höher liegt. In Bayern gibt es zum Beispiel eine Quote von 4 Prozent; in Österreich liegt diese bei 1,52 Prozent! Das können Sie nicht wegdiskutieren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Laptop und Lederhose!)

Aber zum Beispiel auch auf dem Patentanmeldungssektor beim Europäischen Patentamt (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) sieht man die Zahlen, wie sie wirklich sind. Dort hat Österreich einen Anteil von 0,91 Prozent im Vergleich zur Schweiz, die einen Anteil von 3,47 Prozent hat, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend): ... und Schweden mit 1,71 Prozent.

Herr Minister! Drücken wir der Wirtschaft die Daumen, damit sie trotz dieser Regierung durchhält, bis vielleicht Forschungsförderungsmaßnahmen greifen! Die Freiheitlichen werden die Wirtschaft dabei unterstützen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

9.34

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es freut mich sehr, daß die SPÖ dieses Thema für die Aktuelle Stunde ausgewählt hat: "Forschung schafft Arbeitsplätze". Das Interessante daran ist, daß es offenbar erst im Jahre 1999 die Erkenntnis der SPÖ ist, daß Forschung Arbeitsplätze schafft, denn dieses wichtige Thema hätte schon längst in viel intensiverer Manier bearbeitet werden sollen.

Ich erinnere daran, daß im Jahr 1996 das Schmidt-Hochleitner-Papier als ein Impulsgeber für eine Neuordnung der Forschungspolitik in Österreich gefeiert wurde. Und was ist daraus geworden? – Ein Luftballon, der in Bad Aussee seine Fortsetzung gefunden hat, als die Bundesregierung vollmundig erklärt hat, daß die Forschungsquote innerhalb der nächsten sechs Jahre auf 2,5 Prozent des BIP erhöht werden wird.

Herr Bundesminister! Ich gehe eine Wette mit Ihnen ein, daß wir auch in den nächsten sechs Jahren einen Anteil von 2,5 Prozent des BIP nicht erreichen werden. Sie versprechen das seit Jahrzehnten! Es hat sich zwar am Promillesatz – eventuell sogar geringfügig am Prozentsatz – etwas geändert, aber wir sind nicht annähernd so weit, daß wir es erreichen könnten, über 2 Prozent zu kommen, was wir eigentlich dringend müßten. Das halte ich für sehr bedauerlich, auch wenn der FFF – der Vorredner von der ÖVP, Herr Kollege Niederwieser, hat das schon erwähnt (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch); entschuldigen Sie, Herr Kollege Lukesch, ich nehme alles zurück und behaupte, Sie heißen Lukesch – laut neuesten Erkenntnissen eine Quote von – ich muß Sie aber trotzdem korrigieren – 1,71 Prozent (Abg. Dr. Lukesch: Für 1999, habe ich gesagt!) für 1997 ausweist. (Abg. Dr. Lukesch: Na, sehen Sie! Sie haben den Kalender noch nicht ausgetauscht!)

Wir werden noch sehen, welche Zahlen uns der Herr Bundesminister vorlegt, denn der FFF sagt nämlich, daß jene des ÖSTAT, also jenes statistische Material, das von der Bundesregierung zur Verfügung gestellt worden ist, in seinen Grundlagen nicht stimmt. Ich würde Sie also bitten, Herr Bundesminister, klären Sie uns auf. Was stimmt? Die Berechnungen des FFF oder Ihre eigenen Berechnungen, die Sie als Bundesregierung in Auftrag gegeben haben?

Aber es geht noch weiter: Wenn es darum geht, daß wir innerhalb der nächsten sechs Jahre angeblich eine Forschungsquote von 2,5 Prozent des BIP erreichen sollen, dann sagt sogar Kollege Niederwieser von der SPÖ – jetzt habe ich keinen Fehler gemacht –, daß dies wohl schwer realisierbar sein wird und daß er höchstens 2 Prozent für erreichbar hält. – Sie haben also in Ihrer eigenen Fraktion Überzeugungsarbeit zu leisten, Herr Bundesminister. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Smolle: Wir wissen es, Herr Minister! Sie haben unser Mitleid!)

Das Grünbuch der Forschungspolitik soll erst im Herbst endgültig vorliegen. Das halte ich für sehr bedauerlich. Es hätte eigentlich schon vor vier Jahren vorliegen müssen, damit wir die richtigen Weichen hätten stellen können. Die richtigen Weichen sind zum Beispiel in Bayern – im so gescholtenen und so belachten Bayern – gestellt worden. Mit der Aktion "Laptop und Lederhose" haben die Bayern eines erreicht: Sie haben mehrere Milliarden zur Verfügung gestellt, um in der Forschungspolitik einen großen Sprung nach vorwärts zu machen, und das haben sie auch erreicht. Sie sind einen großen Schritt nach vorwärts gegangen, sie haben Forschungszentren errichtet.

Wir sollten uns auch, wie ich meine, noch etwas anderes vor Augen halten, was uns in Deutschland vorgemacht worden ist: Dort hat man beschlossen, Deutschland wird Biotechnologieland Nummer eins in Europa. Was ist geschehen? – Es gab eine Welle von Firmengründungen. Es sind KMUs angezogen worden, und daher hat Deutschland in dieser Hinsicht eine Position erreicht, die es in der Welt absolut notwendig macht, es in puncto Biotechnologie zu berücksichtigen.

Was wir mit dem Cluster erreichen, ist gut, aber noch lange nicht ausreichend. Die Uni Sussex hat uns unter den 15 europäischen Ländern mit einem riesigen Abstand auf den letzten Platz gereiht. Der Markt gilt als uninteressant, und das legistische Umfeld als extrem hinderlich. – Das ist eine Studie, die peinlich ist, wenn man bedenkt, daß man sich in Österreich dafür lobt, daß man in der Forschungspolitik so viel tut.

Weiters fehlt noch ein Förderungsprogramm für Frauen in der Forschung. Ich weiß, daß die Hertha-Firnberg-Stellen – das sind zehn Stellen – geschaffen worden sind. Das ist aber noch lange nicht genug. Wir haben in diesem Bereich kaum Forscherinnen, die wir aktiv unterstützen. Die Integration von Frauen sollte aber einer der wichtigen Punkte sein.

Herr Bundesminister (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) – und damit komme ich schon zu meinem Schlußsatz –: Was heute geschieht, ist bestenfalls ein Frühlingserwachen. Wie der Sommer wird, wird sich weisen. Ich hoffe, daß wir genug Wasser haben, um die Forschungslandschaft zu gießen, sodaß die Forschung auch sprießen kann. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.40

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Debatte seitens der Regierungsparteien erinnert mich ein bißchen an diesen Billa-Spruch: "Ja, natürlich!" – Sicherlich, seit Jahren wissen und predigen wir das: Forschung ist langfristig wichtig für den Arbeitsmarkt, für die Arbeitsplätze. Selbstverständlich! Bildung, Qualifikation – nicht nur die Forschung im engeren Sinn, sondern auch Ausbildung, Fortbildung, Weiterbildung und so weiter – sind langfristig notwendig. Das ist eine Standortfrage, wirkt aber nicht unbedingt kurzfristig.

Es ist daher auch kein Wunder, daß keiner meiner Vorredner von den Regierungsparteien auch nur ein einziges Wort über die konkrete Anzahl von Arbeitsplätzen gesagt hat, die in diesem Bereich durch die erwähnten Maßnahmen geschaffen werden sollen.

Nur zur Erinnerung darf ich nochmals erläutern – Kollegin Gredler hat ja auch schon darauf hingewiesen –, warum wir so skeptisch sind: Die Geschichte um das Technologiekonzept der Bundesregierung, das ja in diesem Zusammenhang wohl eine gewisse Rolle spielt, ist nun wirklich eines der traurigsten Kapitel der vergangenen Legislaturperiode. Ich denke nur daran, wie schwierig es war, das Thema überhaupt in einen Ausschuß zu bringen, diesen Ausschuß zum Tagen zu bringen. Dann gab es die wiederholte Vorlage von Konzepten – von Seibersdorf, vom Wifo und so weiter –, die von der Regierung am Anfang nicht einmal zur Kenntnis genommen wurden, später überarbeitet und in Rust großartig abgesegnet wurden, und dann das Schmidt-Hochleitner-Papier, und auch das ist wieder gescheitert.

Aufgrund dieser Vorgeschichte werden Sie wohl verstehen, daß wir hier etwas skeptisch sind, auch dann, wenn Sie ein kleines Schrittchen in die richtige Richtung machen – nach dem Vorbild von Bayern meinetwegen. Denn, es stimmt schon, immer dann, wenn man in diesem Bereich – ich spreche hier von der Forschungs- und Technologiepolitik – einen Meter in Richtung München geht, geht man in die richtige Richtung, aber die Distanzen sind noch sehr, sehr groß!

Kollege Lukesch! Du warst der einzige, der erste zumindest, der das Ziel der 2,5 Prozent Forschungsquote wieder erwähnt hat. Die beiden Vorredner haben das nicht getan – ich weiß nicht, ob sie daran glauben oder nicht, Kollege Nowotny und Herr Minister Einem. Ich darf nur daran erinnern: Das Problem der Forschungsausgaben in Österreich ist ja nicht primär eines des öffentlichen Sektors, sondern eines des Unternehmenssektors. Das war bisher so, und das wird auch in Zukunft so sein.

Wenn wir die Forschungsquote unter Berücksichtigung dieses Strukturproblems auf 2,5 Prozent des BIP bringen wollen, dann reden wir hier von Größenordnungen von 15 bis 30 Milliarden Schilling pro Jahr im Unternehmenssektor! Da braucht es schon noch viel mehr Überzeugungsarbeit der beiden Regierungsparteien, bevor ich glaube, daß die Erhöhung des Forschungsfreibetrages (Abg. Dr. Lukesch: Die Steuerreform müssen Sie schon ...!), die jetzt im Steuerreformkonzept enthalten ist und für sich genommen durchaus akzeptabel und richtig ist, das bewirkt. Das glaube ich nie im Leben!

Kollege Lukesch! Du weißt genauso gut wie ich, daß sich die bisherigen Forschungsausgaben im wesentlichen auf 200 große Unternehmen konzentrieren. Diese werden von der Reform profitieren. (Abg. Dr. Lukesch: Nicht nur! Nicht nur!) Dann gibt es die 35 Prozent – wir werden sehen, wie das genau ausformuliert ist –, von denen vielleicht die KMUs profitieren. Und das soll 15 bis 30 Milliarden zusätzliche Unternehmensausgaben für die Forschung bewirken? – Das schauen wir uns an, ob das ausreicht! Das glaube ich nie im Leben.

Wenn schon der Titel der heutigen Aktuellen Stunde – ich hätte fast gesagt: der heutigen Sendung – nicht einfach "Forschung und Bildung", sondern "Forschung schafft Arbeitsplätze" lautet, warum haben Sie dann nicht den alten Vorschlag sämtlicher Technologiekonzepte, die von außen kamen, aufgegriffen und den Forschungsfreibetrag auf die Personalaufwendungen bezogen und nicht auf alles schlechthin, sodaß man wieder 30 Bescheinigungen des Wirtschaftsministeriums brauchen wird, um festzulegen, ob etwas förderungsfähige Forschung ist oder nicht? – Das ist nach meinem Wissen wieder nicht geschehen, und deswegen ist das eine höchst ungenaue, nicht auf Arbeitsplätze zielgerichtete Meldung im Bereich des Forschungsfreibetrages. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Ich darf zum Schluß kommen. "Ja, natürlich!", habe ich gesagt: Klar, es muß mehr für die Forschung getan werden. Wir müssen aber, bitte, nicht nur von staatlicher Förderung, sondern auch von den Unternehmern reden. Es muß mehr in die Qualifikation investiert werden. Super, daß die Weiterbildung auch bei den Arbeitnehmern künftig mehr gefördert wird als jetzt. Nur – da Kollege Nowotny dann in einem Atemzug auch noch den Bartenstein-Entwurf zur Sprache gebracht hat –: Ich kenne diesen Entwurf zwar jetzt nicht im Detail, aber der Duktus deiner Ausführung ist dahin gehend, daß Betriebsanlagengenehmigungen jenseits aller Umweltbedenken einfach erteilt werden sollen. (Abg. Dr. Nowotny: So ist es nicht!) Das kann es ja wohl nicht sein! Wenn im gleichen Atemzug mehr Forschung gefordert wird, andererseits aber eine Beschneidung der Anrainerrechte bei Betriebsanlagen erfolgen soll – und das entnahm ich deiner Wortmeldung –, dann kann das, wie ich meine, nicht der Weg der Zukunft sein. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Nowotny: Dann lieber weniger Forschung ...!)

9.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser zu Wort. – Bitte.

9.45

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wer sich mit Forschungspolitik beschäftigt, der muß früh aufstehen. Ich freue mich, daß heute so viele dieser Einladung gefolgt sind und hier mit uns die Forschung diskutieren. (Heiterkeit des Abg. Ing. Tychtl. – Abg. Schwarzenberger: 9.45 Uhr ist nicht mehr so früh!)

Lassen Sie mich auf die Ausführungen zweier Vorredner unmittelbar eingehen. Kollege Graf hat gemeint, die Wirtschaftskompetenz und damit die Forschungskompetenz der Sozialdemokraten sei mangelhaft, weil heute in Wien der "Konsum"-Prozeß beginnt. – Kollege Graf, das ist eine Tatsache, aber: Das, was wir nicht geschafft haben, was nur Sie und die Freiheitlichen geschafft haben, ist, den "Oberkonkursant" der Republik, Peter Rosenstingl, als Klubkassier zu engagieren. Sie haben ihn als Kassier des freiheitlichen Klubs engagiert, und ich möchte nicht wissen, wie viele von den Abgeordneten, die in Ihren Reihen sitzen, bei ihm noch investiert und Geld verloren haben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Trattner.) Sie haben also überhaupt keine Legitimation – ich wiederhole: überhaupt keine Legitimation! –, über wirtschaftliche Kompetenz zu urteilen, da Sie Rosenstingl in Ihren Reihen gehabt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Daß Ihnen, Kollege Graf, nur sieben Zeilen aufgefallen sind, bedauere ich auch sehr. Die neue "Forschungsstrategie 99 plus", die es ja doch schon seit einiger Zeit gibt und die heute wieder in einer Tagung behandelt wird, ist ein sehr umfangreiches Papier, und dieses wird von den Plänen her noch ausgebaut werden. Das ist aber nur ein Teil von dem, was die Bundesregierung und die Regierungsparteien vorgelegt haben. Wenn Ihnen tatsächlich nur sieben Zeilen aufgefallen sind, dann haben Sie sich mit Forschung wirklich nicht beschäftigt.

Kollegin Gredler und auch Kollege Van der Bellen jetzt haben die Quote von 2 Prozent angesprochen. Ich möchte diese Gelegenheit dazu nützen, klar Stellung zu beziehen zu dem, was ich zu diesen 2 oder 2,5 Prozent gesagt habe.

Meine Aussage dazu war, daß ein Anteil von 2,5 Prozent am Bruttoinlandsprodukt für die Forschung ein sehr, sehr ambitioniertes Ziel darstellt und daß dieses Ziel nur erreichbar ist, wenn auch die Unternehmen mit ihren Forschungsinvestitionen deutlich mitziehen. Ohne das wird es nicht gehen. Es wird nicht möglich sein, daß diese Erhöhung um 66 Prozent innerhalb von fünf Jahren nur vom Staat ausgeht. Die Steuerreform bringt in diesem Zusammenhang tatsächlich wichtige Impulse. Man muß allerdings dazusagen, daß diese Impulse natürlich auch wieder zu einem beträchtlichen Teil aus dem Budget finanziert werden.

Es gibt leider nach wie vor Unternehmen, die ihre Forschungseinrichtungen aus Österreich abziehen. Das zu verhindern ist ein ganz wichtiges Ziel. Es hat aber nichts mit der österreichischen Forschungspolitik zu tun – denken Sie etwa an Semperit in Traiskirchen oder an Henkel –, wenn aus irgendwelchen Gründen, die anderswo entschieden werden, Forschungskapazitäten in großem Umfang abgezogen werden. Davor muß man, wie ich meine, rechtzeitig warnen.

Es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen – Kollege Nowotny hat das als erster angemerkt –, daß wir uns in der Region München einiges ansehen können. Es ist tatsächlich so, daß eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen sich diese Dinge ansehen. Was sieht man dort beispielsweise? – Sicher eines, was noch nicht erwähnt wurde: Es wird sehr viel auch in den Bereich der Patentverwertung, in die Überleitung von Forschungsergebnissen in die Unternehmungen investiert. Ich denke, daß das ein wichtiger Ansatzpunkt ist.

Ein zweiter wichtiger Ansatzpunkt ist die vom Bundesminister erwähnte Forschungsgesinnung. Diese fängt an den Schulen an, und ich hoffe, daß die jungen Menschen, die heute auf der Galerie sitzen, in den Schulen die Möglichkeit haben, durch forschendes Lernen diese Gesinnung zu entwickeln. Die Neugierde ist ja vorhanden, sie muß in der Schule nur weiter gepflegt werden.

Diese Neugierde und diese Forschungsgesinnung sind ja auch in Österreich in hohem Umfang vorhanden, und ich zähle nur drei Beispiele von Hunderten auf. Es gibt zum Beispiel ein hochinteressantes Projekt für Solarzellenentwicklung, das an der Uni Linz durchgeführt wird und bei dem es um eine ganz neue Technologie geht, die es ermöglichen soll, aus Solarzellen, die praktisch in Form eines Anstrichs angebracht werden, Energie zu gewinnen. Das ist eine außerordentlich zukunftsträchtige Technologie.

Oder denken Sie, als weitere Beispiele, an die Forschungen im Bereich der Physik an der Universität Innsbruck, die bis hin zu den Entwicklungen der neuen Quantencomputer führen (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), oder an das interessante COST-Projekt im Arsenal im Bereich der Straßenforschung.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (fortsetzend): Österreichs Forscher gelten international mehr als im eigenen Land. Es ist eine gemeinsame Aufgabe von Politik, Forschung, Wirtschaft und Gewerkschaft, diese Gesinnung hier bei uns zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ.)

9.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Bitte.

9.51

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! "Forschung schafft Arbeitsplätze" ist der Titel unserer Aktuellen Stunde. Ich kann nur namens der ÖVP unterstreichen, daß dieser Satz sehr viel enthält, was wir wirklich für die nächsten Jahre berücksichtigen müssen. Wir haben dazu heute bereits einige Vorschläge gehört. Ich möchte insbesondere das unterstreichen, was mein Kollege Professor Lukesch hier zu den Fragen der Anreize im Rahmen der Steuerreform gesagt hat. Da geht es um einen ganz konkreten Vorteil, den ein Unternehmer bekommen kann, und er wird ihn nützen. Dadurch können tatsächlich neue Arbeitsplätze zukunftsorientiert in der Forschung geschaffen werden. Wir von der ÖVP begrüßen das sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben uns tatsächlich schon sehr viel mit dieser Frage beschäftigt. Wir haben etwa von seiten des ÖAAB eine Untersuchung zum Thema "Technologie schafft Arbeit" durchgeführt und ein Konzept dazu entwickelt. Ich glaube, es ist auch sehr notwendig, daß wir uns überlegen: Wie kann man denn eine Idee, die oft an der Werkbank entsteht, so unterstützen, daß sie zur Serienproduktion wird? – Auf dem Weg dorthin fehlen viele Schritte, denn ein kleiner oder mittlerer Unternehmer kann es sich oft nicht leisten, die Ideen, die seine Mitarbeiter an der Werkbank entwickeln, tatsächlich über all diese Hürden zu führen, sodaß daraus ein im Verkauf erfolgreiches Produkt wird.

Daher müssen wir, wie ich meine, in dieser Richtung weiterdenken, und, Herr Bundesminister, Kompetenzzentren – diese haben Sie einmal als Idee gebracht – sind ein richtiger Weg dorthin, da sich in diesen Zentren auch kleinere und mittlere Unternehmen bei solchen Vorhaben Anhaltspunkte und Hilfe holen können. Wir unterstreichen das. Das ist wirklich eine gute Sache. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, daß aus meiner Sicht auch ein Großprojekt, wie das einmal in Richtung Eurocryst, in Richtung Austron angedacht wurde, durchaus etwas für sich hat, nämlich durch seine Vorbildwirkung, als Signal, damit die Forschung in Österreich durch ein großes Projekt Anreize bekommt, sodaß andere nachziehen. Ich halte das für gut.

Herr Bundesminister! Es gibt aber leider – und das möchte ich bei dieser Aktuellen Stunde nicht unerwähnt lassen – auch Dinge, die aufgeklärt werden müssen. Wir haben eine tolle Forschungseinrichtung in Österreich gehabt, möchte ich sagen: das Forschungszentrum Seibersdorf, das zwar heute noch besteht, das sich aber langsam in alle Winde verteilt und wo Mitarbeiter extrem abgebaut werden.

Was aber sehen wir als Ergebnis? – Ich mußte in den letzten Tagen und Wochen auch sehen, daß es auf einmal Inseratenkampagnen gibt von diesem Forschungszentrum Seibersdorf, das schwer angeschlagen ist, das finanziell in Nöten ist. Und was sehen wir dazu, meine Damen und Herren? – Wir sehen dazu ein Bild des Herrn Bundeskanzlers (der Redner zeigt eine Kopie eines Zeitungsinserates. – Abg. Haigermoser: Na schön!), das in einem Inserat in vielen Tageszeitungen erscheint, und daneben ein Bild des Herrn Bundesministers Einem. (Abg. Haigermoser: Na geh! So viel von dem, und von Einem gar nichts?)

Meine Damen und Herren! Ich frage mich schon (Abg. Dr. Niederwieser: Endlich auf dem richtigen Weg!), wenn ich hier lese "Mut zu Neuem" – in Rot gedruckt; das paßt offensichtlich – und darunter relativ klein "Austrian Research Centers" und ganz klein an den Rand gedrängt "Österreichisches Forschungszentrum Seibersdorf GesmbH": Sind das Arbeitsplätze, die damit geschaffen werden? – Das möchte ich hier wirklich einmal relativieren. Ich glaube das nicht!

Ich möchte Sie, Herr Bundesminister, auch fragen (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist eine gute Werbung!): Glauben Sie tatsächlich, daß dadurch Arbeitsplätze geschaffen wurden? Und wenn ja, wie viele? Oder glauben Sie, daß mit einer solchen Inseratenkampagne vielleicht eher Geld, das dringend in die Forschung investiert werden müßte, in Inserate geflossen ist? – Ich möchte das wirklich einmal kritisch hinterfragen und hier auch zur Sprache bringen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Niederwieser: Werbung gehört auch dazu!)

Gerade jetzt, in einer Zeit, in der das Forschungszentrum Seibersdorf Mitarbeiter abbaut, in der viele, die älter sind, die viel Know-how haben, aus diesem Unternehmen gedrängt werden, zum Teil auch selbst das Unternehmen vorweg verlassen, ist es, wie ich meine, nicht an der Zeit (Abg. Dr. Niederwieser: So etwas hätte ich eher von den Freiheitlichen erwartet und nicht von dir, denn diese Kleingeister sitzen da drüben!), mit den Gesichtern von Klima und Einem groß in Zeitungen zu werben, sondern es wäre viel sinnvoller, mit diesem Geld Forschungsarbeitsplätze in Seibersdorf zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe den Eindruck, meine Damen und Herren, daß vielleicht der eine oder andere Arbeitsplatz in der Forschung geschaffen werden könnte. Daher möchte ich auch den Titel unserer Aktuellen Stunde relativieren: "Forschung kann Arbeitsplätze schaffen" – wenn die politischen Rahmenbedingungen dazu gegeben sind. Diese zu schaffen, Herr Bundesminister, dazu darf ich Sie auffordern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

9.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. – Bitte.

9.56

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir haben ja, nachdem das Ei der Steuerreform gelegt wurde und nun auch ausgiebig begackert wird, gesehen, daß sich die Koalition gegenseitig bejubelt, was die Forschung und Entwicklung betrifft. Es ist eine entsprechende Hektik ausgebrochen. Ein Symposium und eine Enquete jagt die andere, wobei symptomatisch ist, daß gerade heute die wichtige Fortsetzungsveranstaltung zum Thema "Forschungsstrategie 99 plus" in Abwesenheit der Abgeordneten stattfindet, weil wir ja hier verpflichtet sind. Aber es haben sich heute ohnehin Leute zu Wort gemeldet, die man bei den einschlägigen Veranstaltungen sonst nicht sieht. (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist aber eine Frechheit! Das weise ich zurück!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn jetzt bei der SPÖ die Erkenntnis durchgedrungen ist, daß eine entsprechende Technologiepolitik und Wissenschaftspolitik zur Schaffung nachhaltig abgesicherter Arbeitsplätze beiträgt – wobei sie ja sehr lange an den alten Strukturen der verstaatlichten Industrie festgehalten hat und, wenn nicht der wirtschaftliche Zwang gewesen wäre, wahrscheinlich heute noch an diesen Strukturen festhalten würde –, frage ich schon: Warum haben Sie in den letzten vier Jahren, die diese Legislaturperiode schon andauert, so wenig dafür getan? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Sie haben in Ihrer Analyse zwar viel Richtiges gesagt, aber die letzten vier Jahre sprechen eine andere Sprache. Man könnte fast sagen: "Am Abend wird der Faule fleißig!" – Wenn man all die Rahmenbedingungen, die gesetzt wurden, analysiert, wenn man betrachtet, was aus dem technologiepolitischen Konzept geworden ist, wenn man betrachtet, wie etwa in Bayern – und da sei ein neidischer Blick dorthin geworfen – Privatisierungserlöse eingesetzt werden, dann sieht man, daß es bei uns in diesem Zusammenhang sehr ruhig ist.

Man braucht sich nur anzusehen, wie etwa die Zusammenführung der Forschungseinrichtungen Seibersdorf und Arsenal dahindümpelt, wie Botschafter Jankowitsch jetzt in der Gegend herumtourt und Sympathie für die Einrichtung einer Großforschungseinrichtung sammelt und wie wir keinen Schritt vom Fleck gekommen sind, oder auch, wie weit es möglich ist oder möglich sein wird, Personalaufwand für Forschung und Entwicklung in Klein- und Mittelbetrieben ohne überbordende Bürokratie zu fördern, und wie weit wir im Hinblick auf eine mittel- oder längerfristige Finanzplanung im Bereich der Forschungseinrichtungen gekommen sind – das heißt: wie weit wir nicht gekommen sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen es schaffen, mittel- oder längerfristige Finanzierungen für unsere Forschungseinrichtungen zu sichern, weil man von keinem Forscher Spitzenleistungen erwarten kann, wenn er sich ständig in Existenznöten und Existenzsorgen befindet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder werfen wir einen Blick auf die Situation an den Universitäten, an denen es gärt. Sie wissen, die Rektorenkonferenz ist dabei, sich quasi in ihrem Einfluß zu entleiben. Wo ist ein Entwicklungskonzept für die Unis im Vergleich zu jenem, das für die Fachhochschulen vorliegt? Wie sieht es aus mit der Weiterentwicklung des Dienstrechts, das von den Rektoren einhellig als Hemmschuh für die Weiterentwicklung und die Chancen des wissenschaftlichen Personals genannt wird? Wie sieht es aus mit dem Ausbau der Autonomie bei gleichzeitigem Rückzug des Ministeriums aus den Universitäten? – In all diesen Fragen kommen wir keinen Schritt weiter.

Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Berufungen für Professorenstellen, für Lehrstühle müssen internationale Spitzenkräfte ansprechen, damit unsere Universitäten, unsere Forschung wieder an das Spitzenfeld Europas und der Welt anschließen können.

Was ist mit der Akkreditierung der Unis im internationalen Wettbewerb? Nur internationaler Wettbewerb kann die Aufrechterhaltung eines hohen Qualitätsstandards gewährleisten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ankündigungen werden bereits als Vollzugsmeldung zu verkaufen versucht. Ich hoffe, daß das Beispiel mit dem Windkanal, das Professor Nowotny gebracht hat, nicht bedeutet, daß in erster Linie Wind um die Forschung gemacht werden soll.

Herr Minister! Setzen Sie konkrete Schritte zum Wohl der Forschung, der Wissenschaft und der Wirtschaft, dann werden Sie auch unsere Unterstützung haben! – Glück auf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. Er hat das Wort.

10.01

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Diskussion, die heute hier geführt wird, und das Thema, das gewählt worden ist, sind fürwahr etwas Wichtiges. Wenn allerdings Herr Abgeordneter Lukesch gemeint hat, es zeuge von Handlungskompetenz, dann sage ich Ihnen, Herr Abgeordneter Lukesch, Ihre Beiträge zeugen bloß vom Schönreden, nicht aber von Handlungskompetenz im Feld der Forschungspolitik.

Herr Abgeordneter Schöggl hat gefragt, was Sie denn die letzten vier Jahre gemacht haben. Er hat viel zu kurz gegriffen. Was hat denn die große Koalition in den letzten 13 Jahren ihrer Amtszeit für diesen Bereich gemacht? Daß Sie jetzt, unmittelbar vor den Herbstwahlen, vor den EU-Wahlen, draufkommen, daß man da etwas machen muß, zeigt doch bloß, daß es um Ankündigungspolitik geht, die es schon in den vergangenen Jahren gegeben hat, aber nicht um strukturelle Änderungen, wie sie in diesem österreichischen System der Sozialpartnerschaft, der Parteienabsprache und des Proporzes einfach notwendig wären.

Das ist es, was fehlt und zu dem Sie sich bisher nicht durchringen haben können. Denn die "Technologiemilliarde" war zwar eine weitreichende Ankündigung, aber was daraus geworden ist, wissen wir alle. Sie ist verebbt, sie ist versandet. Es ist überhaupt nichts daraus geworden, was wirklich einen Schub im Bereich der Forschung bedeutet hätte, was Sie von seiten der Regierung heute ja selbst hier eingestehen mußten.

Aber auch bei einfacheren Maßnahmen, etwa den erneuerbaren Energieträgern, die nicht nur für den ländlichen Bereich, sondern gerade für Klein- und Mittelbetriebe sehr, sehr viel an Forschungsmöglichkeiten und insbesondere Implementierungsmöglichkeiten von neuen Erkenntnissen bringen, genau dort wird nichts gemacht.

Meine Damen und Herren! Wenn daher die Bundesregierung heute behauptet, sie sei in dieser Sache einen großen Schritt vorwärts gekommen, muß man feststellen: Weit sind Sie nicht gekommen. Sie haben vielleicht einen großen Schritt gemacht, aber Sie sind nicht weit gekommen. Ein Schelm, wer jetzt denken würde, wer lügt, hat kurze Beine, und mit kurzen Beinen kommt man auch bei großen Schritten nicht weit. Das wird man so wohl nicht sagen können.

Aber es zeigt sich, Herr Abgeordneter Lukesch, daß sich die Koalition schon nicht einmal bei der Ausgangsbasis einig ist. Sie haben heute hier gesagt, wir stehen, was die Forschungsquote angeht, bei 1,71 Prozent des BIP. In diesem Zusammenhang ist interessant, daß seit Jänner 1999 ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Gartlehner und Fekter im Industrieunterausschuß liegt, in dem davon ausgegangen wird, daß man derzeit bei 1,56 Prozent des BIP steht. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist ein neuer Bericht!) Es ist interessant, daß das die neuesten Zahlen des ÖSTAT sind, Herr Abgeordneter Lukesch, und Sie wissen das natürlich viel besser als das ÖSTAT, weil Sie einen viel größeren Überblick haben. Damit steht fest, meine Damen und Herren, daß die Regierung und die Koalitionsparteien sich schon von der Ausgangsbasis her nicht einmal einig sind. Das, was Sie hier tun, klingt zwar gut, Sie wollen etwas präsentieren, aber Sie wollen in Wahrheit nichts machen.

Herr Abgeordneter Lukesch, es geht im Bereich der Forschung nicht nur darum, daß von seiten des Staates Forschungsgelder zur Verfügung gestellt werden, sondern darum – das ist bereits insbesondere von Herrn Abgeordneten Van der Bellen angeschnitten worden –, daß auch die Unternehmen ermuntert werden müssen, diesbezüglich etwas zu tun. Das ist aber keine Frage des guten Zuspruchs von Koalitionsparteien, sondern das ist eine Frage der institutionellen Rahmenbedingungen. Und diese institutionellen Rahmenbedingungen haben Sie während der letzten 13 Jahre nicht geschaffen, denn sonst könnten Sie heute hier stehen und sagen: Wir haben bereits 2,5 Prozent des BIP erreicht, wir müssen nicht zusätzlich noch etwas machen, wir sind innerhalb von Europa wenigstens im ersten Drittel in diesem Bereich – und nicht im letzten, wie wir es derzeit feststellen müssen.

Herr Abgeordneter Niederwieser hat ja zu Recht bereits seine Vorsicht in diesem Zusammenhang angemerkt, und daher will ich darauf gar nicht näher eingehen. Ich will nur festhalten, meine Damen und Herren, daß auch das Schmidt-Hochleitner-Papier, das der Regierung ebenfalls vorliegt, klar festhält, daß wir wenige innovative und international wettbewerbsfähige industrielle Cluster in Österreich haben, daß unsere Industriestruktur nach wie vor – das ist eine Folge der Wirtschaftspolitik der großen Koalition – durch Grundstoffnähe geprägt und dominiert ist, daß es Defizite im Ausbildungssystem gibt, daß es Defizite bei der hochwertigen Infrastruktur gibt, daß die Netzwerkfähigkeit nicht genügend ausgebildet ist, daß wir unterdurchschnittliche Gründungsraten haben.

In diesem Papier werden vor allem zwei Positionen vorgeschlagen, die man umsetzen muß: erstens eine strategische Bündelung im Bereich der Technologiepolitik, zweitens eine Umgestaltung der Fördereinrichtungen. Letztere sind derzeit ja auch parteipolitisch zugeordnet und dominiert und ihre Aktivitäten daher eher gestreut als gebündelt.

Diesen Vorschlag hat man allerdings nicht umgesetzt. Das einzige, was man gemacht hat – das war dann der Vorschlag, den Herr Bundesminister Einem dem Papier von Schmidt-Hochleitner entgegengesetzt hat –, war, daß man gesagt hat: Wir machen keine Kompetenzstraffung, sondern wir installieren einfach einen Rat für Forschung und Technologie im Bundeskanzleramt. Dieser Rat besteht aus 15 Mitgliedern, wovon 5 aus der Wissenschaft und 5 aus der Wirtschaft kommen und 5 weitere von den Sozialpartnern nominiert werden.

Das sind die alten Rezepte, mit denen Sie neue Lösungen bringen wollen. Das wird Ihnen nicht gelingen! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

10.06

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zuerst ein paar Bemerkungen zu vorangegangenen Redebeiträgen, insbesondere zu jenem des Abgeordneten Spindelegger.

Wenn Sie beklagt und kritisiert haben, daß der Bundeskanzler und der Wissenschaftsminister hier eigentlich mit Steuermitteln für sich Werbung machen, so möchte ich mich dieser Kritik durchaus anschließen. Ich mache Sie aber schon darauf aufmerksam, daß das in Vorwahlzeiten offenbar bei nahezu allen oder bei vielen Regierungsmitgliedern gang und gäbe geworden ist. Mir ist dieser Tage auch eine Broschüre von Herrn Bartenstein ins Haus geflattert, die den Eindruck vermittelt, als würde er die Familienförderungen aus der eigenen Tasche bezahlen. Und wenige Tage später kam dann eine Broschüre des Finanzministers, in der er diesen Erfolg für sich verbucht hat. Beide Broschüren warben hauptsächlich mit Bildern und waren auf Hochglanzpapier gedruckt.

In diesem Fall sollten beide Regierungsparteien eine Praxis, die wirklich unerträglich ist, einmal überprüfen. Würden wir all dieses Geld, das in diesen Werbekampagnen steckt, in die Forschung und in die Ausbildung stecken, dann wären wir wahrscheinlich schon ein Stückchen weiter. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Eine positive Haltung zur Forschung setzt eigentlich bereits in den Schulen sowie insgesamt bei einem Klima, das für oder gegen ein Mehr an Ausbildung ist, an. Da werde ich nicht müde werden, Ihnen immer wieder zu sagen – insbesondere auch den wenigen Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, die im Raume sind –, daß ... (Abg. Dr. Niederwieser: Gerade überfüllt seid ihr auch nicht!) Wir sind genauso viele wie Sie im Moment, und das bei etwas unterschiedlichen Stärkeverhältnissen. (Abg. Dr. Niederwieser: Das wäre eine interessante Perspektive!) Also wie dem auch immer sei: Die Relation 1,2 Milliarden Schilling im Jahr für alle Schulbücher und Selbstbehalte und Einsparungen versus 12 Milliarden Schilling im Jahr für neue Panzer im Rahmen des Mech-Paketes, ist eine für Forschung und für Bildung sehr, sehr schlechte und eigentlich beschämende Relation. (Beifall bei den Grünen.)

Aber ich komme auch noch auf die Ausführungen des Abgeordneten Nowotny zu sprechen. Wenn er so durchs Hintertürl wieder das Hohelied der Gentechnik in der Landwirtschaft und Ernährung gesungen und darüber geklagt hat, wohin denn die armen jungen Forscherinnen und Forscher gehen sollen, wenn hier in Österreich ihre Leistungen bei der Bevölkerung nicht gefragt sind, dann muß ich ihn erstens fragen, wie er es denn mit der Marktwirtschaft hält. Denn wenn Konsumentinnen und Konsumenten sehr klare Präferenzen anmelden, dann, denke ich, sollte das in einer Marktwirtschaft zu beachten sein.

Zum zweiten frage ich schon – es hat auch mein Kollege Van der Bellen schon die Ausführungen zum Betriebsanlagenrecht kritisiert –, wenn es immer nur heißt, wir gehen an den Konsumenten vorbei, wir gehen an den Bürgerinnen und Bürgern, was deren ökologische Interessen betrifft, vorbei, ob es wirklich Zeichen eines modernen, der Forschung offen gegenüberstehenden Staates sind, wenn man sagt, die Wirtschaft soll jede Art von Freiheit haben, aber der anderen Seite, der notwendigen Kontrolle, werden die Möglichkeiten genommen.

Ich denke, es kann nur ein wirklich gelebtes Bekenntnis zu einem Mehr an Forschung geben, wenn auch sichergestellt ist, daß es entsprechende Kontrollmechanismen gibt. Die beste Kontrolle ist eben eine unabhängige Kontrolle, die durch die Universitäten, durch Forschungseinrichtungen, aber auch durch informierte Initiativen der Bürgerinnen und Bürger erfolgt.

Auf dieses Hohelied der Gentechnik in der Landwirtschaft zurückkommend muß ich dem Kollegen Nowotny sagen, daß er offenbar mit aktuellen Forschungsergebnissen nicht wirklich vertraut ist. In Großbritannien ist eine intensive Debatte über unterdrückte Forschung im Gange. Es sind solche – unter Anführungszeichen – "Revolverblätter" wie die "Financial Times", die schon von "Frankenstein-Food" sprechen, und Zeitungen wie der "Guardian", die von "unterdrückter Forschung" sprechen.

Herr Bundesminister! Dazu muß ich schon feststellen: Es soll natürlich Forschung geben, die Hand in Hand mit der Wirtschaft geht, aber das kann nicht alles sein. Wenn wir uns darauf verlassen, daß die Wirtschaft Arbeitsplätze schaffen wird, dann wird die notwendige Kontrolle fehlen. Und hier vermisse ich eine öffentliche Initiative zu einer wirklich rückhaltlosen Risikoforschung und zu einer Kontrolle der möglichen Gefahren, die auch mit neuen Technologien verbunden sein können. (Beifall bei den Grünen.)

10.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

10.12

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Frau Kollegin Petrovic, daß Wahrnehmungen sehr individuell sind, haben Sie gerade unter Beweis gestellt. Denn Ihre Eindrücke von den Ausführungen des Kollegen Nowotny waren offensichtlich sehr individuell von Ihnen wahrgenommene; vielleicht aufgrund der Unterlagen, die Sie für die Rede vorbereitet hatten.

Ergebnisse der Forschung verändern unseren Alltag. Das ist unbestritten. Busse fahren mit Altöl, das "Raumschiff Enterprise" scheint Realität zu werden – und wer von uns kann sich heute noch ein Büro ohne Computertechnologie vorstellen? Dennoch stehen die Österreicher und Österreicherinnen Begriffen wie Wissenschaft, Forschung, Technologie skeptisch gegenüber.

Und genau dafür, Herr Kollege Spindelegger, in unserer Gesellschaft ein technologie- und forschungsfreudigeres Klima zu schaffen, bedarf es der Werbung, auch der Werbung von höchster Spitze. Ich denke mir, das ist der Grund, der Hintergrund für solche Aktionen und Aktivitäten, und es würde uns allen miteinander gut anstehen, dazu beizutragen, in unserer Gesellschaft ein wirklich forschungsfreudigeres Klima zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Skepsis der Menschen in Österreich ist verständlich, denn sie werden häufig mit den negativen Auswirkungen von Forschung konfrontiert. Frau Kollegin Petrovic hat ein Thema angesprochen, das, so meine ich, diskussionswürdig ist, nur hat es Kollege Nowotny nicht so angesprochen, wie sie es interpretiert hat. Auch die Sozialverträglichkeit der Auswirkungen der Forschung auf den Arbeitsplatz ist einer der Punkte, warum Österreicherinnen und Österreicher diesem Thema eben skeptisch gegenüberstehen.

Wichtig ist daher die Frage, durch welche Art von Wissenschaft und Forschung tatsächlich Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Gerade die Gewerkschaft ist gegen neue Technologien und ein gutes Forschungsklima!) Eine Kehrseite von Forschung und Technologie kennen sehr viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen – Kollege Niederwieser ist am Beispiel Semperit darauf eingegangen –, nämlich dann, wenn Forschung in anderen Ländern durchgeführt wird und die Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmer in Österreich sozusagen nur an einer verlängerten Werkbank arbeiten, die jederzeit abschließbar und zusperrbar ist.

Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Eine sogenannte Gewerkschaft, die hier die Interessen der Unternehmen vertritt, sollte sich zu diesem Thema überhaupt nicht zu Wort melden, sondern sie sollte das getrost jenen überlassen, die mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern täglich vor Ort arbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke im Zusammenhang mit Forschung etwa an die Grazer Firma Paar, die in der Medizintechnik bekannt ist, die seinerzeit Forschungsergebnisse erbracht hat, die viele als Spielzeug bezeichneten, und heute hat sie letzten Endes in der Weltraumtechnik Fuß gefaßt.

Oder ein Beispiel, das auch Realität ist – und ich meine, diesbezüglich sind wir alle gefordert –: Eine Fichte wird in der Steiermark – die Steiermark ist ein holzreiches Land – geschlägert. Sie kommt dann nach Italien, dort wird sie grob verarbeitet. Dann geht sie nach Holland, wo sie veredelt und fein zerschnitten wird. In Dänemark wird sie verleimt, oder es werden Platten hergestellt, und in Italien werden daraus Möbel gemacht, die wir dann letzten Endes wieder nach Österreich importieren.

Bei uns in der Steiermark sind rund 50 000 Menschen in der Holzwirtschaft beschäftigt; das fängt an beim Forstarbeiter und reicht bis zu Beschäftigten in der Fensterindustrie, um ein Beispiel zu nennen. Durch Forschung und Forschungsförderung, zum Beispiel im Bereich Design, könnten in der Holzwirtschaft 1 000 bis 2 000 weitere Arbeitsplätze geschaffen werden.

Das Umwelt- und Innovationszentrum in Judenburg, das Holz-Design-Institut des Joanneum Research schaffen es, durch Forschung in Verbindung mit der Wirtschaft Wertschöpfung nach Österreich zu holen. Und das ist ja Sinn und Zweck, wenn wir Arbeitsplätze hier schaffen wollen, nämlich Arbeitsplätze durch Forschung.

Die Kompetenzzentren, die Heranführung der Forschung an Klein- und Mittelbetriebe, wie sie von Bundesminister Einem hier angesprochen worden sind, sind gerade für die österreichische Betriebsstruktur von besonderer Bedeutung. Natürlich bedarf es dazu auch hochqualifizierter Ausbildung, die auch wieder zur Arbeitsplatzsicherung beiträgt – dies gilt auch für die Frauen, Herr Minister, die in der Forschung nach wie vor unterrepräsentiert sind.

An einer besseren Vertretung der Frauen im Forschungsbereich haben alle Verantwortlichen mitzuwirken, also auch die Wirtschaft, damit auch Frauen in diesen Bereichen in Zukunft die Chance auf einen Laufbahnbonus haben, der die Arbeit und die Arbeitsplätze in Österreich sichert. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen im Rahmen der Aktuellen Stunde liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde ist daher beendet. – Danke, Herr Bundesminister.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 5887/J bis 5942/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 46/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 5200/AB bis 5353/AB.

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 43/ABPR.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert werden (1603 der Beilagen),

Datenschutzgesetz 2000 – DSG (1613 der Beilagen),

Euro-Währungsangabengesetz – EWAG (1639 der Beilagen),

Markenrechts-Novelle 1999 (1643 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Hochleistungsstreckengesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer "Brenner-Eisenbahn-Gesellschaft" geändert werden und Regelungen über die Einhebung und Festsetzung von Benützungsentgelt für bestimmte Hochleistungsstrecken festgelegt werden (1644 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Privatbahnunterstützungsgesetz 1988 geändert wird (1645 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967 geändert wird (1646 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 geändert werden (1647 der Beilagen),

Futtermittelgesetz 1999 – FMG 1999 (1648 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten geändert wird (1649 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird (1650 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novelle 1999) (1652 der Beilagen),

Eherechts-Änderungsgesetz 1999 – EheRÄG 1999 (1653 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrerstattungsgesetz geändert wird (1655 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz 1957 geändert wird (1670 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Forschungsförderungsgesetz 1982 geändert wird (1671 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das B-VG geändert sowie ein Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz – MBG) eingeführt wird (1706 der Beilagen).

Zurückziehung:

Wiener Übereinkommen über die Errichtung einer internationalen Klassifikation der Bildbestandteile von Marken samt Anlage (319 der Beilagen).

4. Gesetzesanträge des Bundesrates:

Gesetzesantrag der Bundesräte Alfred Gerstl und Genossen vom 18. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Richterdienstgesetz, BGBl. Nr. 305/1961, geändert wird (1707 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen an andere Ausschüsse:

Bautenausschuß:

Petition Nr. 40 betreffend "Die Wiener Nordostumfahrung muß rasch gebaut werden", überreicht von den Abgeordneten Josef Edler, Otmar Brix, Kurt Eder, Anton Gaál, Dr. Kurt Heindl, Dr. Johannes Jarolim, Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Dr. Robert Rada;

Familienausschuß:

Petition Nr. 44 betreffend "Jugendschutz- bzw. Jugendförderungsgesetze", überreicht von den Abgeordneten Gabriele Binder, Mag. Kurt Gaßner und Brigitte Tegischer,

Petition Nr. 46 betreffend Jugendvolksbegehren, überreicht vom Abgeordneten Werner Amon;

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Petition Nr. 54 betreffend "Das Recht von totgeborenen Kindern auf einen eigenen Namen", überreicht von den Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Mag. Dr. Heide Schmidt;

Justizausschuß:

Petition Nr. 45 betreffend "Nein zur Bio-Medizin-Konvention", überreicht von den Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger, Maria Rauch-Kallat, Mag. Johann Ewald Stadler, Theresia Haidlmayr und Dr. Volker Kier;

Unterrichtsausschuß:

Petition Nr. 41 betreffend "Zukunft der Waldorfschulen in Österreich", überreicht vom Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl;

Verfassungsausschuß:

Petition Nr. 49 betreffend "Free Biking: Freigabe der Forstwege für Mountainbiker", überreicht vom Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner;

Verkehrsausschuß:

Petition Nr. 42 betreffend "Gegen den Ausverkauf steirischer Schienenwege", überreicht von den Abgeordneten Sophie Bauer, Josef Edler, Heinz Gradwohl, Franz Hums, Dr. Günther Kräuter, Ludmilla Parfuss und Heidrun Silhavy,

Bürgerinitiative Nr. 14 betreffend "Verbesserung des Vollzugs der Tiertransportgesetze".

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Antrag 1026/A (E) der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend Abfertigung neu,

Antrag 1028/A (E) der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch und Genossen betreffend Abfertigung – sicher und gerecht,

Antrag 1032/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Entwurf für ein Bundesgrundsatzgesetz in der Sozialhilfe;

Außenpolitischer Ausschuß:

Protokoll zum Abkommen über die Zusammenarbeit und eine Zollunion zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik San Marino infolge des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zur Europäischen Union samt Schlußakte, Gemeinsamer Erklärung und Anlage (1634 der Beilagen),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande betreffend die Durchführung des Artikels 41 Absatz 2 des Übereinkommens aufgrund von Art. K.3 des Vertrages über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamtes (Europol-Übereinkommen) samt Verbalnote (1691 der Beilagen);

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Antrag 1033/A (E) der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend Abschaffung des "gelinderen Mittels",

Antrag 1034/A (E) der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen betreffend restriktivere Maßnahmen zur Bekämpfung der Schlepperei;

Justizausschuß:

Antrag 1025/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Schaffung eines Behindertengleichstellungsgesetzes;

Verfassungsausschuß:

Antrag 1023/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus, BGBl. Nr. 432/1995 idgF, geändert wird,

Antrag 1027/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Bericht des Bundeskanzlers an den Nationalrat über die Einhaltung der Menschenrechte in Österreich (Menschenrechtsbericht);

Verkehrsausschuß:

Antrag 1029/A (E) der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend Verbesserung der Sicherheit von Reisebussen,

Antrag 1030/A (E) der Abgeordneten Anton Blünegger und Genossen betreffend ÖBB-Seniorenermäßigung,

Antrag 1031/A (E) der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend Rettung der Bahn in Österreich;

Wirtschaftsausschuß:

Antrag 1024/A (E) der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend "Schutzgeldzahlungen" im Bereich der Wirtschaftskammer Österreichs;

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Übereinkommen zwischen der Republik Österreich, der Republik Bulgarien, der Republik Kroatien, der Tschechischen Republik, der Republik Ungarn, der Republik Polen, der Republik Rumänien, der Slowakischen Republik und der Republik Slowenien vom 7. Februar 1998 zur Verlängerung des CEEPUS-Programms (1624 der Beilagen),

Notenwechsel zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Italienischen Republik über die gegenseitige Anerkennung akademischer Grade und Titel samt Anlage (1642 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Familienausschuß:

Dritter Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie zur Lage der Jugend in Österreich (III-182 der Beilagen);

Gesundheitsausschuß:

Erster Bericht der Gentechnikkommission gemäß § 99 Abs. 5 des Gentechnikgesetzes, vorgelegt von der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (III-177 der Beilagen);

Gleichbehandlungsausschuß:

Zweiter Bericht der Bundesregierung über den Stand der Verwirklichung der Gleichbehandlung und Frauenförderung im Bundesdienst (Gleichbehandlungsbericht) gemäß § 53 Bundes-Gleichbehandlungsgesetz; Berichtszeitraum: 1. Jänner 1996 bis 1. Juli 1997 (III-179 der Beilagen);

Umweltausschuß:

Fünfter Umweltkontrollbericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie (Berichtszeitraum 1995 bis 1997) (III-180 der Beilagen);

Verfassungsausschuß:

Bericht der Bundesregierung über den Gesamtbericht der Arbeitsgruppe zur Durchforstung der österreichischen Bundesrechtsordnung hinsichtlich behindertenbenachteiligender Bestimmungen (III-178 der Beilagen);

Wirtschaftsausschuß:

Bericht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 1998/99 (III-183 der Beilagen).

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich weise ergänzend darauf hin, daß noch folgende Vorlage eingelangt ist:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik betreffend die Änderung des Abkommens über die Regelung des Grenzüberganges der Eisenbahnen vom 22. September 1962 in der Fassung des Abkommens vom 3. Jänner 1967 und des Notenwechsels vom 22. Dezember 1993 und vom 14. Jänner 1994 (1654 der Beilagen).

Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz schlage ich gemäß § 28a der Geschäftsordnung vor, von der Zuweisung dieses Gegenstandes an einen Ausschuß abzusehen und ihn auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen zu stellen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Dies ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß die Abgeordneten Schwarzenberger und Genossen das Verlangen gestellt haben, die vor Eingang in die Tagesordnung der heutigen Sitzung eingebrachte schriftliche Anfrage 5943/J der Abgeordneten Schwarzenberger und Genossen an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend die Agenda 2000, Verhandlungsergebnisse im Bereich der Landwirtschaft dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung wird diese Dringliche Anfrage um 15 Uhr aufgerufen werden.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe weiters bekannt, daß Herr Abgeordneter Mag. Peter beantragt hat, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 421/A der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen betreffend Novellierung des Urlaubsgesetzes eine Frist bis zum 19. Mai 1999 zu setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang auch das Verlangen nach § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, eine kurze Debatte über diesen Gegenstand durchzuführen.

Da bereits die Einbringung einer Dringlichen Anfrage bekanntgegeben wurde, wird diese Kurzdebatte im Anschluß an die Verhandlungen der Dringlichen Anfrage durchgeführt werden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird unmittelbar im Anschluß an die Debatte zum Fristsetzungsantrag durchgeführt werden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächstes teile ich mit, daß mir der Vorschlag vorliegt, die Debatte über die Punkte 1 bis 3, 5 und 6, 7 und 8, 9 und 10, 12 und 13, 15 bis 17 sowie 18 bis 23 der heutigen Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Dies ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten wie folgt erzielt:

Es wurde eine Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden" vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 135 Minuten, ÖVP 126 Minuten, Freiheitliche 117 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 81 Minuten.

Über diesen Vorschlag hat der Nationalrat zu befinden, und ich frage daher: Gibt es Gegenstimmen gegen diesen Vorschlag? – Das ist nicht der Fall. Dann haben wir das einstimmig so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht (III-172 der Beilagen) der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage 1997 (1658 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 395/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Sozial- und Beschäftigungspolitik auf EU-Ebene (1659 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1524 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über soziale Sicherheit (1661 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 1 bis 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wünscht jemand eine Berichterstattung? – Dies ist nicht der Fall.

Daher gehen wir in die Rednerliste ein.

Als erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

10.22

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren heute den Bericht über die soziale Lage des Jahres 1997, und ich möchte eingangs Ihnen, Frau Bundesminister, und Ihren Beamten, die diesen Bericht erstellt haben, ähnlich wie im Ausschuß auch hier im Namen unserer Fraktion dafür danken, daß uns allen hiermit ein Datenmaterial zur Verfügung gestellt worden ist, das umfangreich ist und das auch einigen unangenehmen Fragen, die damit im Zusammenhang stehen, nicht ausgewichen ist. Dieses Zahlenmaterial aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich stellt eine offizielle, von der Republik Österreich zur Verfügung gestellte Quelle dar und kann somit als Nachschlagewerk, aber auch als Grundlage für Überlegungen und Berechnungen in Zukunft dienen.

Ich möchte sagen, daß dieser Sozialbericht dadurch gekennzeichnet ist, daß in Österreich im Berichtsjahr 1997 die Einkommen aus Besitz und Unternehmungen deutlich gestiegen sind, während der Anteil der Lohneinkommen am Nettovolkseinkommen weiterhin zurückgegangen ist. Die Nettolohnquote betrug 1997 nur mehr 45,9 Prozent, während sie etwa im Jahre 1980 noch bei 54,3 Prozent lag. Man muß also deutlich und klar sagen, daß unter den sozialistischen Regierungen in Europa ein Trend immer mehr dahin gehend zu beobachten ist, daß sozialistische Regierungen in Europa offensichtlich nicht in der Lage sind, den Lohnempfängern einen entsprechenden Anteil am gesamten Einkommen zu gewährleisten, während andere von den Sozialdemokraten stets heftig bekämpfte Einkommen, wie etwa jene aus Aktien und ähnlichem mehr, überproportional steigen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube auch, daß es beachtenswert ist, daß – ähnlich wie beim Bericht über die soziale Lage 1996, bei dem während der Debatte die Zahlen vom Statistischen Zentralamt schon vorgelegen sind – die Zahl der Arbeitsplätze insgesamt – nämlich jene, die landläufig als Arbeitsplätze bezeichnet werden, also jene, die mit tatsächlich arbeitenden Menschen besetzt sind, und nicht Beschäftigungsprogramme des Arbeitsmarktservices oder Kurzschulungen, deren Teilnehmer oft auch in diese Zahlen mit einbezogen werden – weiterhin bei 2 843 080 liegt. Die Zahl von 3 056 000 ist also um all jene zu bereinigen, die ich jetzt eben erwähnt habe.

Das heißt, daß die Zahl von über 3 Millionen Beschäftigten in diesem Land, die auch die österreichischen Gewerkschaften und der Gewerkschaftsbund immer als Grundlage nehmen und auch Anlaß für Jubelmeldungen von Regierungsseite bietet, deutlich nach unten hin revidiert werden muß, wenn man nur die Zahl jener Beschäftigten heranzieht, die in der österreichischen Bevölkerung tatsächlich als solche betrachtet werden.

Frau Bundesminister! Man muß auch klipp und klar sagen, daß sich das, was Sie in Ihren APA-Meldungen diesbezüglich für den Sozialbereich richtigerweise zitiert haben – nämlich eine Treffsicherheit im sozialen Bereich mit etwa 60 Prozent der Transferleistungen für die unteren vier Dezile –, in entsprechender Form im Gesundheitsbereich leider wieder aufhebt. Wenn im Gesundheitsbereich die Transferleistungen etwa im achten Dezil der Einkommensgruppe mit über 10 Prozent und sogar im zehnten Dezil der Einkommensgruppe mit noch immer 10 Prozent deutlich höher sind als jene des ersten und zweiten Dezils in diesem Bereich, so geht daraus hervor, daß sich offensichtlich die Besserverdienenden das, was im sozialen Bereich ausgeglichen wird, über den Gesundheitsbereich und die dortigen Leistungen vom Staat wieder zurückholen.

Ich verweise auf die vergleichbaren Statistiken und die von Ihnen hier genannten Zahlen im Gesundheitsbereich für das achte und zehnte Dezil, so wie ich es erwähnt habe, und die anderen Bereiche.

Man muß auch deutlich und klar auf das hinweisen, was auf Seite 13 Ihres Berichtes steht – ich zitiere hier wortwörtlich –: "Die Wirkungen europäischer Sozialpolitik sind in Österreich deutlich sichtbar geworden: Die Anpassung an den europäischen sozialen Rechtsbesitzstand hat zu einem deutlichen Ausbau sozialer Niveaus in wichtigen Bereichen besonders des Arbeitsrechtes geführt."

Den österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wurde ja jahrzehntelang, seit Einsetzung einer sozialistischen Regierung im Jahre 1971, vorgegaukelt, daß Österreich ein soziales Vorzeigeland sei. Nunmehr müssen Sie auch in Ihrem eigenen Bericht zugeben, daß dem nicht so ist, sondern daß erst durch die europäische Erweiterung gerade in diesem wichtigen Bereich des Arbeitsrechtes – und hier denke ich auch wieder an die Situationen in den Krankenanstalten und deren arbeitsrechtliche Auswirkungen – ein deutlicher Schub gekommen ist, wodurch Österreich auch für die Arbeitnehmer europareif geworden ist.

Auch für den Behindertenbereich kann man folgendes feststellen: Wenn man die unterschiedlichen Rechtssituationen für den öffentlichen Bereich und den Bereich der freien Marktwirtschaft mit etwa 63 Prozent Beschäftigungsquote für behinderte Menschen in der Privatwirtschaft und 80 Prozent beim Bund betrachtet und das bereinigt, so kommt man zu dem Ergebnis, daß im Jahre 1997 12 Prozent weniger Anspruch beim Bund bestanden hat. Sie wissen ja, daß damals die Quoten 25/32 gelautet haben und nicht so wie ab 2000 gültig 25/25. Der Anteil von behinderten Beschäftigten im staatlichen Bereich ist mit 64 Prozent nur marginal höher als jener in der privaten Marktwirtschaft, wo er 63 Prozent beträgt.

All diese Daten stehen in Ihrem eigenen Bericht und sind leicht aus diesem herauszulesen. Ich glaube also, daß man insgesamt sagen kann, daß die soziale Lage 1997 nicht rosig war, daß sich die soziale Lage für ältere Menschen und für Frauen und der Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern von 1967 bis heute nicht verbessert hat.

Wenn man dann auch noch das vorliegende Programm für die Steuerreform betrachtet, wonach die sozial Schwachen pro Tag nach Ihren eigenen Zahlen 3 S mehr bekommen werden, die sozial nicht Bedürftigen jedoch 20 S pro Tag, dann wage ich zu bezweifeln, ob das tatsächlich eine echte Entlastung der sozial Schwachen ist oder nicht im Gegenteil wieder ein Fortschreiben der sozialen Unterschiede. Die Berechnungen bitte ich selbst nachzuvollziehen.

Sie haben bei Ihrer Steuerreform gänzlich vergessen, die Lohnnebenkosten in entsprechender Form abzusenken. Wir bringen daher nachfolgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Haigermoser und Kollegen betreffend Abschaffung der Arbeiterkammerumlage für über 50jährige Kammerzugehörige

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird zur Sicherung der Leistungsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft und zur Erhaltung österreichischer Arbeitsplätze ersucht, dem Nationalrat so schnell wie möglich einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der eine Ausnahme der über 50jährigen Arbeiterkammerzugehörigen von der Umlagepflicht vorsieht."

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, abschließend feststellen zu können, daß sich von 1997 bis heute für die hauptbetroffenen Gruppen auf dem Arbeitsmarkt in Österreich nichts verbessert hat. Zugegebenermaßen hat sich bei den jungen Menschen einiges getan, aber die Frauen und die älteren Arbeitnehmer sind nach wie vor diejenigen, die die Zeche der verfehlten Sozial- und Wirtschaftspolitik dieser Regierung zu zahlen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, der soeben vorgetragen wurde, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit zur Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

10.29

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute den Sozialbericht diskutieren, ist es für mich schon eine Freude, daß wir ihn im März diskutieren. In den vergangenen Jahren haben wir die Sozialberichte immer erst im Juni diskutiert. Dies ist, wie ich meine, ein Schritt in Richtung mehr Aktualität.

Ich möchte mich ganz besonders bei der Frau Bundesministerin und bei den Beamtinnen und Beamten ihres Ressorts bedanken. Der Sozialbericht wird von Jahr zu Jahr besser. Er ist ein ausgezeichnetes Nachschlagewerk und wirklich unentbehrlich für jeden Sozialpolitiker. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

Wir konnten aber auch über eine EU-weit einheitliche Prüfung feststellen, daß die Treffsicherheit der österreichischen Sozialleistungen sehr gut ist. Danach entfallen mehr als 60 Prozent der Sozialleistungen auf die untersten drei Einkommenszehntel und nur 7 Prozent auf die drei obersten.

Meine Damen und Herren! Über die Hälfte der Sozialtransfers geht an Pensionistenhaushalte, und bei den untersten Einkommen der Pensionistenhaushalte beträgt die Ersatzquote über 90 Prozent. Ich möchte in diesem Zusammenhang unser wirklich gutes Ausgleichszulagensystem hervorheben, welches als bedarfsorientierte Mindestsicherung für die älteren Menschen zu sehen ist.

Auch bei den Erwerbstätigen-Haushalten stellen die Zahlen die Zielgenauigkeit unter Beweis, aber ich möchte aus Zeitgründen darauf nicht näher eingehen.

Meine Damen und Herren! Bei den Familienleistungen – diese sind hauptsächlich nicht einkommensabhängig gestaltet – entfallen mehr als die Hälfte auf die untersten drei Einkommenszehntel. Das wirft ein besonderes Licht auf die derzeit laufende Debatte "Karenzgeld für alle" und ist meiner Meinung nach eine ganz klare, eindeutige Absage an das Gießkannenprinzip, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Einen Wermutstropfen stellt selbstverständlich die Entwicklung der Arbeitsmarktlage dar. Die durchschnittliche Arbeitslosenzahl ist um 3 000 gestiegen. Da kann es uns auch nicht beruhigen, daß gleichzeitig die Zahl der unselbständig Erwerbstätigen um 8 000 gestiegen ist.

Im Ausschuß wurde schon angesprochen, daß die Trendwende so nicht funktioniert hätte. Meine Damen und Herren! Die Trendwende wurde im Jänner 1999 präsentiert und ist wahrscheinlich ein Ausfluß dessen, was hier in diesem Sozialbericht zu lesen ist. Man kann nicht im März das Funktionieren einfordern, wenn man gleichzeitig weiß, welch große Probleme wir aufgrund der extremen winterlichen Bedingungen gerade in der Bauwirtschaft hatten.

Ich bin auch davon betroffen, ich möchte nämlich mit meinen Sozialdiensten in ein neues Bürohaus einziehen, und dieses Bürohaus soll und muß ich im August 1999 beziehen, und es ist noch nicht einmal mit dem Bau begonnen worden, weil die Baugrube noch im Schnee steckt. Das möchte ich dazu sagen. Man muß schon bei der Realität bleiben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Im Zusammenhang mit den steigenden Beschäftigtenzahlen soll aber auch nicht verschwiegen werden, daß die Zahl der Teilzeitbeschäftigten um 5 Prozent gestiegen ist. 30 Prozent der berufstätigen Frauen arbeiten teilzeit, und es ist klar, daß diese Frauen auch in bezug auf ihre Alterssicherung im Nachteil sind. Bei der Zahl der geringfügig Beschäftigten war ein Ansteigen um 11 Prozent zu verzeichnen – davon sind überhaupt 73 Prozent Frauen.

Ich erwarte mir, daß die neue Regelung, die wir beschlossen haben, nämlich Dienstgeberpflicht zur Sozialversicherung bei geringfügiger Beschäftigung, vielleicht schon im nächsten Jahr eine ganz deutliche Entspannung zeigen wird.

Was mich auch sehr betroffen macht, ist, daß, was die Zahl der geringfügig Beschäftigten betrifft, die Sozial- und Gesundheitsdienste im Spitzenfeld liegen. 12 500 Frauen und 1 400 Männer arbeiten in diesem Bereich geringfügig, und das ist angesichts der Anforderungen, die man an diese Menschen stellt, wirklich unwürdig. In diesem Bereich könnte man wesentlich schärfer durchgreifen – das stelle ich fest, wenn ich die Artikel-15a-Vereinbarungen zum Bundespflegegeldgesetz anschaue und die Vereinbarungen der Länder mit den einzelnen Sozialdiensten – und so eine Entspannung der Situation herbeiführen. Da ist Handlungsbedarf bei den Ländern gegeben, meine Damen und Herren!

Im Jahre 1997 hatten von 158 100 geringfügig Beschäftigten 65 200 kein sonstiges Versicherungsverhältnis, und für diese Arbeitnehmer wird die neue Regelung, die jetzt bereits in Kraft ist, eine enorme Entspannung bringen.

Meine Damen und Herren! Wir können dem Sozialbericht aber auch entnehmen, daß mehr als 400 Millionen Überstunden geleistet wurden. Das, muß ich sagen, deckt sich mit der Feststellung, daß wir nicht zuwenig Arbeit haben, sondern daß sie ungerecht verteilt ist. Trotz der Tendenz zur Flexibilisierung ist die Zahl der Überstunden weiter steigend. Ich denke, daß Mehrstunden bei Teilzeitbeschäftigten nicht erfaßt sind, diese dürfte man den Teilzeitbeschäftigten logischerweise nicht aufbürden.

Betroffen macht mich auch, daß auch im Sozial- und Gesundheitsbereich die durchschnittliche Zahl der Überstunden zu den höchsten zählt, und das trotz der schon angesprochenen hohen Anforderungen an die Dienstnehmer.

Meine Damen und Herren! Überstunden generell sind für viele ArbeitnehmerInnen eine fixe Kalkulationsgröße, ein Einkommensbestandteil. Trotzdem sind sie, wage ich zu behaupten, für die Dienstgeber wesentlich attraktiver, weil billiger, als ein zusätzlicher Arbeitsplatz, und damit geraten die Dienstnehmer bei der angespannten Arbeitsmarktsituation mehr und mehr unter Druck.

Ich möchte auch nicht verschweigen, daß die ausgegliederten Bundesbetriebe dafür meiner Meinung nach ein negatives Beispiel liefern. Bei Bahn und Post werden pro Woche pro Person bis zu zehn Überstunden geleistet, andererseits werden Menschen mit Hilfe von Sozialplänen in die Frühpension "entsorgt". Das kann so nicht funktionieren, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gaugg.) – Keine künstliche Aufregung, ich habe von ausgegliederten Betrieben gesprochen! (Abg. Gaugg: Unfaßbar!) – Ja, fassen Sie sich ruhig!

Ich möchte mich noch etwas mit der Armutsgefährdung auseinandersetzen. Ich werde die Zeit, um die ich jetzt meine Redezeit überziehe, bei meiner nächsten Rede einsparen, Herr Präsident.

13 Prozent der Bevölkerung leben unter den bekannten Einkommensgrenzen – hier gibt es aber Unschärfen bei Vermögen und bei Unterhalt –, und bei 5,2 Prozent trifft einer von drei Armutsindikatoren zu. Hauptbetroffen sind Alleinerzieher. Da spielen die Unterhaltsfragen und auch der unterschiedliche Einkommensbegriff eine besonders große Rolle, meine Damen und Herren. Unterhalt ist nicht gleichzusetzen mit einem Pensionseinkommen und so weiter.

In bezug auf die Mehrkinderfamilien muß ich folgendes sagen – da komme ich wieder zur Forderung "Karenzgeld für alle" –: Es ist doch wesentlich gescheiter, den Alleinerzieherinnen wieder den Karenzgeldzuschuß zu geben und für jene Familien, die es brauchen, eine zusätzliche Leistung vorzusehen. (Zwischenruf der Abg. Steibl.) Ich wünsche mir, daß wir uns letztendlich durchsetzen werden.

Eine Arbeitsgruppe im Bundesministerium beschäftigt sich mit Armut und ihren Auswirkungen. Das Ergebnis wird sicher einige gute Vorschläge beinhalten. Aber, wie gesagt, eine Grundvoraussetzung ist die Definition des Einkommensbegriffs – ich sage das noch einmal –, weil davon auch abgeleitet werden kann, was zum Beispiel der zumutbare Wohnungsaufwand ist.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel dafür, daß Armut nicht gleich Armut ist. Ich kenne eine 70jährige Dame, die eine dreistöckige Villa am Wolfgangsee und eine Eigentumswohnung hat, aber trotzdem bitterarm ist, weil sie davon nicht abbeißen kann, kein eigenes Einkommen und keine eigenständige Alterssicherung hat, da sie aus einem guten Haus abstammt und geglaubt hat, sie würde das nicht brauchen. Sie will aber den Besitz, den sie hat, für ihre Enkelkinder erhalten.

Es ist daher entscheidend, daß alle Menschen Zugang zu Arbeitseinkommen haben, und daraus resultiert eine eigenständige Alterssicherung. All das, was Frauen zurück an den Herd bringt – die Tendenzen gehen derzeit in diese Richtung –, ist aus meiner Sicht kontraproduktiv.

Immer wieder wird das Beschäftigungspotential in den sozialen Berufen angesprochen, ich möchte daher noch ganz kurz auf das Pflegegeld eingehen. Laut Expertenschätzungen sind 5 Prozent der Bevölkerung pflegebedürftig, 0,5 Prozent davon werden durch institutionelle Betreuung abgedeckt. Eine Verdoppelung – ein Experte der Kammer spricht von einer öffentlichen Grundfinanzierung – würde 8 500 Arbeitsplätze bringen.

Zur Grundfinanzierung sei gesagt, daß das ein Nullsummenspiel wäre, würde man das Pflegegeld effizienter einsetzen – das kann ich ganz ehrlich sagen –, denn der Bedarf ist gegeben. 12 Prozent der Pflegegeldbezieher nehmen soziale Dienste deshalb nicht in Anspruch, weil es an regionalen Angeboten mangelt. Aber 16 Prozent, meine Damen und Herren, behaupten, die sozialen Dienste wären zu teuer. Das kann ich nicht nachvollziehen, denn ein Pflegegeldbezieher in Salzburg zahlt für eine Stunde eines mobilen Hilfsdienstes nur 50 S von seinem Pflegegeld – ich kann Ihnen da ganz interessante Berechnungen vorlegen. Ich nehme an, daß diese Äußerungen eher Äußerungen von Angehörigen und nicht von direkt Betroffenen sind.

Die Inanspruchnahme mobiler Dienste hängt nun einmal von der Einstufung, dem Gesamteinkommen und dem regionalen Angebot ab. Was das regionale Angebot betrifft, haben wir noch sehr, sehr viel zu tun. Es können somit noch Arbeitsplätze geschaffen werden.

Zur Einstufung möchte ich noch sagen, daß es 1997 über 97 000 Neu- beziehungsweise Erhöhungsanträge gegeben hat, davon 4 946 Klagen. Über 4 538 Verfahren wurde bereits entschieden: 13 Prozent Stattgebungen, 38 Prozent Vergleiche. Das widerlegt die im Ausschuß gemachten Äußerungen des Herrn Kollegen Meisinger, der Unterschiede bei der Einstufung privat Gepflegter und in Heimen Gepflegter ortet. Insgesamt sind 80 Prozent der Pflegebedürftigen in Angehörigenpflege. 23,8 Prozent der Pflegenden sind nebenbei berufstätig, 41,5 Prozent beziehen eine eigene Pension, aber 29,6 Prozent, meine Damen und Herren, haben keine eigene Pensionsversicherung!

Wir haben in der Vergangenheit auch die Möglichkeit für jemanden, der einen Angehörigen in der Pflegegeldstufe 5 bis 7 pflegt, geschaffen, zu einer eigenen Versicherung zu kommen.

Zur Sozialversicherung noch einen Satz: 99 Prozent sind in der sozialen Krankenversicherung; 5,1 Millionen Menschen sind beitragsleistend, aber 2,7 Millionen Personen sind mitversichert. Und wenn wir über Familienpolitik in Österreich sprechen, sollten wir diese wesentliche tragende Säule hier nicht verschweigen. – Ich muß damit meine Rede jetzt leider beenden, denn ich werde schon von allen Seiten gemahnt. (Beifall bei der SPÖ.)

10.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Maria Schaffenrath. – Bitte.

10.42

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Reitsamer, dieser Sozialbericht mag ja ein gutes Nachschlagewerk sein, aber das, was mich sehr nachdenklich stimmt, insbesondere aus der Sicht der Frauen, ist, daß sich die Situation der Betroffenen – ich meine damit insbesondere die Frauen – seit Jahren tatsächlich in keinem einzigen Bereich in irgendeiner Form gebessert hat. Frauen sind nach wie vor in allen sozialen Bereichen deutlich benachteiligt, von der Betroffenheit von Arbeitslosigkeit über die Einkommenshöhe, die Erwerbsquote bis hin zu den Pensionen. Die Diskriminierungen in all diesen Bereichen werden einfach konsequent fortgeschrieben.

Kollegin Reitsamer hat heute hier sehr viel mit statistischem Material gearbeitet, und ich möchte noch ein paar ganz konkrete Zahlen hinzufügen: Bei den Männern ist die Arbeitslosenquote in etwa stagnierend, bei den Frauen jedoch steigt sie deutlich an. Frauen sind deutlich länger arbeitslos. Derzeit sind rund 93 000 Frauen bereits länger als sechs Monate arbeitslos, und wir wissen, wie gering die Chancen insbesondere für diese Frauen sind, wieder beruflich einzusteigen.

Die Frauen erhalten selbstverständlich auch ein deutlich niedrigeres Arbeitslosenentgelt – immerhin besteht ein Unterschied von rund 2 400 S. Das Entgelt von 60 Prozent aller Arbeitslosengeldbezieherinnen liegt sogar unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz.

Die Einkommenssituation und die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen an-zusprechen ist in diesem Rahmen schon fast müßig. Es besteht konsequent ein Unterschied von mindestens einem Drittel. Ich weiß schon, daß in diesem Zusammenhang gerne darauf hingewiesen und gesagt wird: Das liegt auch daran, daß Frauen häufig Teilzeitbeschäftigungen nachgehen. – Das stimmt. Aber auch dann, wenn man für den Vergleich die bereinigten Zahlen heranzieht, ist dieser Unterschied eklatant.

Die konkreten Zahlen von nur zwei Einkommensgruppen: Der Anteil der Frauen an den Beziehern von einem Einkommen zwischen 10 000 S und 15 000 S – wobei es sich hiebei um das Einkommen für eine Vollerwerbstätigkeit handelt – liegt bei 60 Prozent, jener der Männer bei 40 Prozent. In diesem Fall haben die Frauen wirklich – "ausnahmsweise" möchte ich fast sagen – den größeren Anteil. Bei einem Einkommen in der Höhe etwa der Höchstbemessungsgrundlage, bei 40 000 S bis 50 000 S – Vollerwerb –, beträgt der Anteil der Frauen nur noch 15 Prozent, während die Männer 85 Prozent dieser Einkommensgruppe stellen. Bei monatlichen Einkommen, die darüber liegen, also noch höher sind, ist der Anteil der Frauen statistisch überhaupt nicht mehr erfaßbar!

Diese Einkommensdiskriminierung ist unabhängig vom Bildungsstand. Nehmen wir als höchsten Bildungsstand eine berufsbildende höhere Schule an, so liegt bei Männern das durchschnittliche Einkommen bei 36 000 S, bei Frauen bei 25 000 S. Wir können das auf allen Ebenen vergleichen und beobachten, bei Absolventen berufsbildender mittlerer Schulen, aber auch zum Beispiel bei den Lehrabsolventen und -absolventinnen. In diesem Bereich verdienen Frauen 19 000 S – immer im Vollerwerb, das ist wichtig, weil sonst die Argumentation in eine andere Richtung läuft –, Männer aber 25 600 S.

Die Erwerbsquote der Frauen insgesamt liegt zwar gerade noch im europäischen Schnitt, die Tendenz ist allerdings leicht sinkend. Daß wir in Relation zu vergleichbaren Ländern unter dem Durchschnitt liegen, macht nicht wirklich froh. In der Erwerbsgruppe Vollerwerb beträgt die Zahl der 25jährigen bis 44jährigen Frauen nur mehr 27 Prozent.

Frau Ministerin! Auch bei den Pensionen hat sich nichts geändert. Der Unterschied beträgt nach wie vor rund 6 000 S. 72 Prozent der Frauen sind Ausgleichszulagenbezieherinnen. Frauen müssen schon zwei Pensionen haben, um in etwa auf die durchschnittliche Höhe einer Männerpension zu kommen.

Noch viele andere Zahlen wären hinzuzufügen, die zeigen, wo Frauen in ihrer sozialen Situation viel schlechtergestellt sind als Männer.

Was mich wirklich besonders frustriert, ist: Wir kommen in allen wesentlichen, in allen relevanten Fragen, die die Situation der Frauen verbessern könnten, nicht einen Schritt weiter. Wir sind nicht einen Schritt weiter in bezug auf die eigenständige sozialrechtliche Absicherung der Frau. Es wird konsequent am Mitversicherungsprinzip als familienpolitischer Maßnahme – zu Lasten der Frau selbstverständlich – festgehalten. Wir sind nicht weiter in bezug auf eine eigenständige Pension für Frauen oder eine Mindestpension.

Wir sind keinen Schritt weiter in bezug auf eine Neubewertung der Arbeit, um die eklatanten Einkommensunterschiede selbst bei gleichem Bildungsstand in irgendeiner Form abzubauen.

Wir sind nicht weitergekommen in bezug auf die Bildungsoffensive. Frau Ministerin, ich erinnere mich daran, daß wir anläßlich der Dringlichen der Liberalen zum AMS, zur Arbeitsmarktpolitik bereits darüber gesprochen haben. Die Zahl der Bildungsprojekte für Frauen ist insgesamt eher rückläufig, weil das AMS erfolgreiche Frauenprojekte konsequent aushungert.

Wir sind nicht weitergekommen in bezug auf geschlechterbewußte Koedukation – das betrifft zwar jetzt nicht Ihr Ressort –, um dieser Segmentierung des Arbeitsmarktes in gut bezahlte Männer- und schlecht bezahlte Frauenarbeit entgegenwirken zu können.

Wir sind auch immer noch nicht weiter in bezug auf ein neues Gleichbehandlungsgesetz, weil die Diskriminierung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt einfach allgegenwärtig ist.

Wir sind auch noch nicht wirklich weitergekommen, was die Karenzzeit betrifft. Es gibt zwar nach wie vor den medialen Austausch, aber keine seriöse Diskussion hier im Parlament. Es gibt noch keine Flexibilisierung, die den Männern die Inanspruchnahme der Karenzzeit ermöglichen würde. Es gibt keine Ansätze, um bei einer Reduzierung der Arbeitszeit die Karenzzeit zwischen Mann und Frau aufteilen zu können.

Wir sind keinen Schritt weitergekommen, was die Verteilung der unbezahlten Betreuungsaufgaben zwischen Männern und Frauen anlangt. Es gibt zwar die 600 Millionen Schilling für Kinderbetreuungseinrichtungen, aber neue Ansätze fehlen. Wir haben in der Vergangenheit genügend Vorschläge gemacht, von der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten bis hin zur steuerlichen Bevorzugung bei der Einrichtung eines Betriebskindergartens.

Ein weiterer Punkt wäre selbstverständlich – das wäre auch wichtig für die soziale Situation von Kindern – die einkommensabhängige Familienbeihilfe. In diesem Zusammenhang sind wir jedoch nur auf taube Ohren gestoßen. Angesichts dieses Sozialberichtes sollten auch Sie, Frau Ministerin, unserem Vorschlag im Hinblick auf eine liberale Grundsicherung einen deutlichen Schritt nähertreten.

Wir haben in der Vergangenheit nur Versprechen für Frauen gehört. Es ist kein Fortschritt erzielt worden, es gibt nach wie vor die großkoalitionäre Blockade. Und nächstes Jahr, Frau Ministerin – das befürchte ich fast –, werden wir wieder ein schönes Nachschlagewerk haben, eine Verbesserung für die Frauen jedoch erwarte ich mir nicht wirklich, wenn bei den Maßnahmen, die schon längst zu setzen gewesen wären, in der gleichen Langsamkeit, möchte ich fast sagen, vorgegangen wird. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Öllinger.)

10.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ridi Steibl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

10.51

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Eingangs möchte ich seitens der ÖVP an die Mitarbeiter des Ministeriums, die den Bericht über die soziale Lage erstellt haben, Dank aussprechen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Sophie Bauer.)

Der Bericht ist ein Handbuch, ein Sachbuch, er enthält wertvolle Hintergrundinformation für eine soziale Absicherung, für soziale Gerechtigkeit, ja für eine Weichenstellung für zukünftige Herausforderungen.

Der Bericht bestätigt auch, daß die sozialpolitische Diskussion in entscheidenden Bereichen wie Beschäftigung, Chancengleichheit, Entwicklung des sozialen Dialogs und Zukunft der Systeme einer sozialen Sicherheit vorangetrieben und auch positiv geprägt wurde.

Ein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste Kapitel ist die Armut, das Ausmaß der Armutsgefährdung in Österreich. Ungefähr 1,1 Millionen Menschen, das sind 13 Prozent der Bevölkerung, sind in Österreich von potentieller Armutsgefährdung betroffen. Rund 420 000 Menschen oder 5,2 Prozent der Bevölkerung gelten als tatsächlich arm. Ein Vergleich mit 1994 zeigt, daß es hinsichtlich der Gefährdungsschwelle, des Umfangs, der Verteilung und Struktur von Armut nur geringe Änderungen gibt. Das bedeutet, es hat sich nicht wirklich Gravierendes geändert.

Zum Bereich der Armen gehören: die Alleinerzieherhaushalte, die Alleinverdiener – auch von diesen muß man hier sprechen – sowie die kinderreichen Familien. Ich denke – da sind wir von der ÖVP ganz anderer Meinung als die SPÖ –, daß die Forderung seitens der ÖVP nach einem Karenzgeld für alle kein Gießkannensystem darstellt, sondern eine Notwendigkeit für 10 Prozent der Frauen, die dieses Geld jetzt noch nicht bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich verstehe nicht ganz, daß zum Beispiel in der Stadt Graz nunmehr sehr wohl für Schülerinnen und Studentinnen dieses Geld ausbezahlt wird, auf Bundesebene die SPÖ aber sagt, das sei ein Gießkannensystem. 10 Prozent der Frauen sollen weiterhin ausgeschlossen sein. – Das ist nicht richtig! Die ÖVP ist diesbezüglich sicher auf dem richtigen Weg. (Beifall bei der ÖVP.) Das betrifft primär auch Familien mit zwei oder drei Kindern, wenn die Frau den Mut hat, "Vollhausfrau" zu sein.

Erwähnen möchte ich hier auch das Familienpaket – heiß erkämpft von der ÖVP, von Martin Bartenstein; noch vor kurzem wollte Herr Bundesminister Edlinger davon nichts wissen. Ich bin erfreut, ja erstaunt über den Gesinnungswandel innerhalb der SPÖ, und froh, daß es Wolfgang Schüssel anscheinend gelungen ist, Viktor Klima zu überzeugen. (Beifall bei der ÖVP.) Die Zeitungsinserate, die heute geschaltet wurden und auch einiges kosten, bestätigen dies.

Ja, es ist unserem Topverhandler, Wolfgang Schüssel, auch zu verdanken, daß es innerhalb der Steuerreform eine Sicherstellung in der Höhe von 12 Milliarden Schilling für das Familienpaket gibt – ein ganz wichtiger Punkt!

Die Österreicherinnen und Österreicher werden künftig aufgrund der Steuersenkungen um 30 Milliarden Schilling weniger an Steuern zahlen müssen. Das bedeutet, daß dieser Betrag zum größten Teil – die Statistik belegt das –, und zwar zu 70 Prozent, für Konsumgüter und damit in der Folge für arbeitsplatzschaffende Maßnahmen ausgegeben werden wird.

Auf den Punkt gebracht: Eine Durchschnittsfamilie wird nunmehr rund 1 800 S mehr im Monat haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nun zu einem weiteren Punkt, dem zentralen Punkt: Arbeit schaffen. Die Talsohle auf dem Lehrlingsmarkt ist durchschritten. Ende Dezember waren an die 125 000 Lehrlinge in zirka 39 000 Betrieben beschäftigt, Gott sei Dank um 3,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Die neuen Berufe, die noch ergänzt werden müssen, aber auch die Arbeitsstiftungen haben positiv dazu beigetragen.

Das bedeutet, im Bereich der Jugendbeschäftigung gibt es Erfolge. Leider steigt jedoch die Arbeitslosenquote jener Menschen, die älter als 50 Jahre sind, massiv an. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Arbeitslosenrate bei den 50jährigen um 4,3 Prozent gestiegen. Wer über 45 Jahre alt ist, hat es schwer, wieder einen Job zu finden. Frauen mit 35 Jahren gehören manchmal schon zum "alten Eisen".

Wir brauchen daher Strategien zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Und auch in diesem Zusammenhang hat die ÖVP einige Strategien anzubieten, zum Beispiel die Altersteilzeit. Sinn der Altersteilzeit ist es, ältere Menschen in Beschäftigung zu halten und Kündigungen zu verhindern. (Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer.) – Liebe Kollegin Sophie Bauer! Du weißt, was diese Altersteilzeit für die Region Weststeiermark bedeuten würde.

Weiters treten wir ein für "Job – 50 plus", um älteren Arbeitnehmern, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, eine weitere Jobchance zu eröffnen, und für die "Abfertigung neu". Das Modell ist in der ÖVP sozialpartnerschaftlich akkordiert, und es liegt also nur mehr an der SPÖ, die ja gleich nach uns einen eigenen Antrag eingebracht hat, ob es zu einer Verbesserung für die Arbeitnehmer kommt. (Zwischenrufe der Abg. Sophie Bauer sowie bei den Freiheitlichen.) – Ihr werdet alle ein bißchen nervös, super! (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) – Wenn ich solch einen Lacher hätte, würde ich etwas leiser lachen.

Neugestaltung der Einkommenskurve, Förderung für ständige Weiterbildung, keine Altersbegrenzung bei Jobausschreibungen – all das sind Punkte, die umsetzbar und umzusetzen sind und hinsichtlich derer es einen gemeinsamen Weg und gemeinsame Strategien geben muß im Sinne unserer Menschen, die in diesem Land Arbeit brauchen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Bei Ihnen ist die Panik ausgebrochen!)

10.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

10.58

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Sozialbericht ist gut gemacht. Ein ums andere Mal versichern wir uns das, und es stimmt auch. Aber, meine Damen und Herren, heißt das auch, daß allein deswegen, weil wir einen Sozialbericht mit vielen Fakten haben, in dem vieles steht, auch die Sozialpolitik in diesem Land gut ist? Ist das ein Grund, uns zu beruhigen, uns zu versichern, daß ohnehin alles in Ordnung ist? – Beileibe nicht!

Es sind jetzt schon so viele Fakten aufgezählt worden, Kollege Verzetnitsch, daß ich eher das Gefühl und die Angst habe, daß sich trotz Aufzählung der vielen Fakten, in denen von Einkommensungleichheit zwischen Männern und Frauen die Rede ist – das hat Kollegin Schaffenrath wirklich detailliert dargelegt –, trotz der vielen Fakten, die hier auf den Tisch gelegt werden, nichts ändern wird, wie auch Kollegin Schaffenrath gemeint hat. Es hat sich jahrelang nichts geändert, und ich frage mich natürlich anläßlich einer solchen Debatte über den Sozialbericht: Ist etwa die Debatte über den Sozialbericht auch dazu da, daß sich nichts ändert?

Ich habe Kollegin Reitsamer aufmerksam zugehört. Auch sie hat viele Fakten aufgezählt, zum Beispiel die Überstundenentwicklung bei Bahn und Post, und gesagt, daß sie damit nicht einverstanden sei. Und auf einen Zwischenruf von seiten der Freiheitlichen: Das sind doch eure Betriebe!, meinte sie: Die sind ausgegliedert.

Frau Kollegin Reitsamer! Da komme ich zu dem, was die Politik eigentlich machen sollte, nämlich sich nicht zurückzulehnen und zu sagen: Das geht uns nichts mehr an, da können wir nichts mehr machen!, sondern sich auch mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu beschäftigen, die die Sozialpolitik im höchsten Maße formen und auch einschränken. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Im Vorwort zum Sozialbericht heißt es etwa: "Aufgrund erhöhter Wettbewerbsintensität, neuer Unternehmensstrategien und des Vernetzungspotentials der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien sind in einem relativ kurzen Zeitraum vielfältige neue Arbeitsformen entstanden, welche für die Betroffenen wachsende soziale Risken brachten und natürlich auch Auswirkungen auf das System der sozialen Sicherheit haben." – Natürlich auch Auswirkungen!

Aber wie sind denn diese vielfältigen neuen Unternehmensformen entstanden? Hat da die Politik nicht auch mitgemischt? Hat sie nicht dazu beigetragen, daß bestimmte, für die soziale Sicherheit, für die soziale Entwicklung in diesem Land maßgebliche Faktoren gar nicht so unmaßgeblich negativ beeinflußt worden sind? Ist das nicht ein Punkt, der auch in diesem Sozialbericht in einer Analyse eine Rolle spielen sollte? Sollten wir uns nicht damit beschäftigen?

Ich nehme als Beispiel Waagner-Biró her; Kollege Graf hat es schon gebracht. Bei Waagner-Biró sind in den letzten Monaten Hunderte Arbeitsplätze abgebaut worden. Arbeitsplatzversprechen, die dort gegenüber den Beschäftigten anläßlich der Übernahme im Jahr 1995 gemacht wurden – da könnten wir schon den ersten politischen Stopp machen, bei der Übernahme von Waagner-Biró durch die Auricon, weil es nicht zufällig ist, daß damals ein kommunales Unternehmen, eine kommunale Bank, nämlich die Bank Austria, um eine Mezzie Waagner-Biró an die Auricon, an den Herrn Liaunig, weitergegeben hat –, gelten offensichtlich nichts mehr. Denn damals war noch klar: Waagner-Biró ist ein gut arbeitender Betrieb, alles geht aufwärts, und selbstverständlich werden die Arbeitsplätze erhalten. So hat es damals von seiten der Auricon-Geschäftsleitung beziehungsweise Waagner-Biró geheißen. – Kollege Edler nickt.

Jetzt stehen wir vor einer Situation, in der offensichtlich ist, daß ein Unternehmer, der in den Jahren bisher die Rücklagen dieses Betriebes aufgelöst hat, die wirtschaftliche Substanz dieses Betriebes so eingeschränkt hat, daß dieser Betrieb über eine Auftragskrise nicht mehr hinwegkommt und weitgehend zusperren muß. Die Politik und Kollege Edler nicken dazu: Da können wir nichts machen, das sind die Rahmenbedingungen! Was sollen wir denn machen mit einem Unternehmer, der so handeln will? – Das ist das Argument, das man in diesen Tagen hört.

Das Problem ist, daß es dem Unternehmer – in diesem Fall dem Herrn Liaunig – sehr gut geht dabei, sehr, sehr gut! Und das Problem ist, daß sich in diesem Sozialbericht nichts darüber findet, daß es einigen immer besser geht und anderen immer schlechter beziehungsweise nicht so gut, daß sie an diesem individuellen Reichtums- und Vermögenszuwachs, den sich einzelne erwerben können, auch irgendwie partizipieren können.

Es sind schon die Daten angeführt worden betreffend die Entwicklung der Nettomasseneinkommen und der Nettolohnquote. Das ist kein Grund, hier in Zufriedenheit zu verfallen und mit dem Sozialbericht gleichzeitig auch die soziale Lage zu belobigen.

In den Bilanzen dieses Sozialberichtes – und das wird leider nicht so deutlich, wie ich es gerne hätte – sind auch viele Hunderttausende Opfer enthalten, Opfer einer sozialen Entwicklung, einer wirtschaftlichen Entwicklung, die für uns durch dürre Zahlen nicht besser erfaßbar werden. Wenn klar ist, daß man eine Notstandshilfe nur dann erhält, wenn sonst kein Einkommen vorhanden ist, und wenn man weiß, daß die Notstandshilfebezieherinnen im Durchschnitt nur 6 000 S erhalten und mehr als 60 Prozent der Frauen, die Notstandshilfe beziehen, unter 6 000 S erhalten und von diesem Geld leben müssen, dann muß man fragen: Wäre das nicht eigentlich Grund genug, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei und von der Österreichischen Volkspartei, daß Sie nicht nur Ihre Steuerreform abfeiern – wir werden noch Gelegenheit haben, darüber zu sprechen –, sondern auch darauf hinweisen, daß da dringend etwas gemacht werden müßte?

Wie soll man denn in diesem Land von 6 000 S leben? Und es leben nicht Hunderte Menschen beziehungsweise nicht Hunderte Frauen, sondern Tausende, Zehntausende davon! Ist das kein Grund, hier eine Debatte darüber zu führen und nach Maßnahmen zu suchen, etwa sich über Konzepte einer Mindestsicherung, einer Grundsicherung in diesem Bereich zu unterhalten, damit es diesen Personen besser geht? Brauchen wir nicht darüber nachzudenken, können wir es uns so einfach machen und sagen: Die Risiken werden eben immer mehr, und die Politik hat es immer schwerer? Wir können nichts machen, wir können nicht eingreifen!

Ich will es mir nicht so einfach machen! Und da komme ich noch einmal zur Kollegin Reitsamer zurück. Denn der Satz über die Bahn und Post war für mich bezeichnend, Frau Kollegin. Wenn, wie Sie vollkommen richtig festgestellt haben, auf der einen Seite Bahn und Post, die noch vor wenigen Jahren staatliche Paradebetriebe waren, diejenigen Betriebe sind, in denen die Überstundenhetze an meisten fortgeschritten ist und wo der Druck, Überstunden machen zu müssen, am deutlichsten ist, weil das Personal knapp ist, und wenn auf der anderen Seite ausgerechnet diese Betriebe Personalabbau betreiben, auch mit Hilfe von Frühpensionierungen, wenn Kolleginnen und Kollegen aus diesen Betrieben sozusagen mit staatlicher Unterstützung in die vorzeitige Alterspension geschickt werden, dann, Herr Kollege Hums, müßten Sie eigentlich hier heraußen stehen und dieses System anprangern. Aber Sie tun es nicht!

Sie tun es nicht, weil es bisher immerhin noch so gelaufen ist, daß die Gewerkschaft das auch manchmal irgendwie als Erfolg darstellen konnte. Aber für die Betroffenen – und das ist aus einigen Eckdaten erkenntlich, und zwar auch im Zusammenhang mit der Arbeitszeitproblematik – schaut die Lage inzwischen anders aus.

Ich glaube, wir sollten es uns nicht so einfach machen, nur die Daten im Sozialbericht zu referieren, sondern manchmal auch etwas darüber nachdenken, was dahintersteht. Da gilt es, nicht nur festzuhalten, daß in Österreich 11, 12, 13 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet sind, sondern sich auch anzusehen, welche Personengruppen es sind, die armutsgefährdet sind. Und wenn ausgerechnet das vielbeschworene österreichische Sozialsystem teilweise diese Personengruppen von Armutsgefährdeten produziert – und das darzulegen habe ich mit den Daten betreffend die Notstandshilfe versucht –, dann ist die Lage dramatisch, dann ist es wirklich Zeit, einzuschreiten.

Aber in dieser Beziehung ist nichts passiert. Und Sie können sich noch so sehr auf die Schultern klopfen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, das ist kein Erfolgsausweis, und das bedeutet nach wie vor, daß Zehntausende, vor allem Frauen, aber nicht nur diese, von Geldern leben müssen, von denen man eigentlich nicht leben kann.

Meine Damen und Herren! Eigentlich wären diese Eckdaten im Sozialbericht eine vernichtende Kritik an den Regierungsparteien, denn es wird in Österreich relativ viel Geld – nicht übermäßig; das gebe ich schon zu – für soziale Leistungen aufgewendet. Und wenn Sie so überzeugt sind, daß die Sozialleistungen treffsicher sind, dann schauen wir uns doch an, was mit einigen der Maßnahmen, die Sie etwa in den Sparpaketen gesetzt haben, in den letzten Jahren an Treffsicherheit produziert wurde! Genau jenen wurde Geld weggenommen, die es am dringendsten gebraucht hätten, genau jenen hat man Leistungen vorenthalten! Und das findet sich auch wieder ganz versteckt und natürlich nur in nüchterne Zahlenreihen gekleidet in diesem Sozialbericht, etwa bei der Entwicklung der Nettomasseneinkommen. Gar nicht gut schaut es dabei aus!

Das andere Problem ist, daß sich die andere Seite, nämlich die gute Seite, die Butterseite, der Einkommens- und Vermögenssituation in diesem Sozialbericht überhaupt nicht darstellen läßt, weil sie ihn angeblich nicht betrifft. Hinsichtlich der Situation derer, die vermögend sind, die über hohe Einkommen aus selbständiger Arbeit verfügen, besteht ein großes Manko.

Einen Punkt greife ich noch heraus, weil ich mit dem Reichtum auch die Armut angesprochen habe, meine Damen und Herren, nämlich das, was die Länder offensichtlich in den letzten Jahren nicht geleistet haben. Wenn man sich nicht nur die Daten betreffend die Armutsentwicklung, sondern etwa auch die Zahlen über die Sozialhilfe, die im Datenband ganz verschämt relativ weit hinten aufgeschlüsselt werden, anschaut, dann stellt man fest, daß wir 1999 einen Sozialbericht über das Jahr 1997 diskutieren – der trotzdem noch relativ früh da ist; das will ich durchaus anerkennen – und daß wir betreffend die Länderdaten – das ist jetzt nicht unbedingt eine Kritik am Sozialministerium – über Armut in Österreich mit den Daten aus 1995 arbeiten müssen.

Jetzt komme ich zum Inhalt dieser Daten, weil immer von seiten der ÖVP und ihrer Bürgermeister, die ja meistens eine ganz vehemente Sozialpolitik der Länder und der Gemeinden vertreten, gesagt wird: Das schaut ja wunderbar aus! Wir geben so viel Geld aus für die Sozialhilfe! (Zwischenruf des Abg. Großruck.) – Herr Kollege Großruck macht seinen Zwischenruf wie bestellt. Danke, Kollege Großruck! Aber vielleicht sollten Sie sich auch die Zahlen anschauen! Vielleicht sollten Sie sich die Zahlen dahin gehend anschauen, was tatsächlich ausgegeben wird. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Großruck.) Bei einerseits steigender Armut wird weniger ausgegeben für Dauerunterstützte! Das ist doch eine Schande für die Sozialpolitik der Länder, Kollege Großruck! (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Keine Ahnung!)

Meine Damen und Herren! Hier wäre dringender Handlungsbedarf gegeben, Frau Sozialministerin. Und wenn Sie uns ein ums andere Mal versichern, daß in den Gesprächen mit den Ländern im Bereich der Sozialhilfe, was die Rahmengesetzgebung betrifft, eigentlich nichts weitergebracht wird, dann erwarte ich mir schon etwas mehr Druck auch in dieser Frage. Denn es kann nicht so sein, daß nicht nur im ersten Sozialsystem, bei der Arbeitslosenversicherung, bei der Pensionsversicherung, große Defizite in bezug auf Armutsgefährdung vorhanden sind, sondern das zweite soziale System, die Sozialhilfe, in diesem Bereich völlig versagt.

Ein gut gemachter Sozialbericht allein ist zuwenig. Was wir brauchen würden, meine Damen und Herren, wäre eine gut gemachte und verantwortliche Sozialpolitik, die auf fair Teilen setzt, auf fair Teilen von Arbeitszeit und Geld, anders, als das jetzt geschieht, die auch darauf setzt, daß eine europäische Beschäftigungs- und Sozialpolitik notwendig ist, daß in Europa – und das wird ja auch im Bericht angemerkt – Sozialpolitik nicht nur notwendig ist, sondern von uns auch mit Initiativen versorgt werden muß. Und deshalb finde ich es umso bedauerlicher, daß ein Antrag der Grünen, der in diesem Zusammenhang debattiert wird, vom Ausschuß negativ beurteilt wurde.

Ein gut gemachter Sozialbericht allein ist zuwenig. Machen Sie endlich eine Sozialpolitik, eine Wirtschaftspolitik, die denen hilft, die laut dieser Darstellung im Sozialbericht unter die Räder kommen. Und das sind noch immer Hunderttausende, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei und von der Sozialdemokratischen Partei! (Beifall bei den Grünen.)

11.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

11.15

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Darf ich mich zuerst bei Ihnen für die bisherigen Debattenbeiträge, aber auch für die Ausführungen im Sozialausschuß bedanken, wo anerkennende Worte über diesen Sozialbericht geäußert wurden und meinen Mitarbeitern und mir bestätigt wurde, daß für die politische Arbeit eine wichtige Grundlage geschaffen werden konnte.

Ich habe mich mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bemüht, einen sehr ehrlichen Bericht über die soziale Lage in Österreich zu geben, einen sehr umfassenden Bericht, auch wenn ich weiß, daß natürlich immer noch mehr in einen Bericht aufgenommen werden könnte. Ich glaube aber, daß ein Bericht auch lesbar bleiben soll, eine Übersicht geben soll, und Sie wissen, daß wir zu allen Kapiteln, die im Bericht angesprochen werden, noch zusätzliches Informationsmaterial beziehungsweise ergänzende Studien zur Verfügung gestellt haben, auf die Sie für Ihre politische Arbeit zurückgreifen können.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich glaube auch, daß man einen Bericht nicht nur als eine punktuelle Jahreserfassung einer Situation in einem Land sehen kann, sondern auch in seiner langfristigen Perspektive zu betrachten hat. Und demgemäß sollen auch nicht punktuell Einzelzahlen aus dem Bericht herausgenommen und politisch interpretiert werden.

Ich meine daher, daß es sehr wichtig ist, daß man aus diesem Bericht die richtigen Schlußfolgerungen zieht und danach die richtigen politischen Entscheidungen trifft. Ich gebe Herrn Abgeordneten Öllinger zu 100 Prozent recht: Dieser Bericht ist eine Sammlung von Fakten, von Daten, von Zahlen. Aber hinter jeder Zahl stehen Menschen, stehen Betroffene, stehen Schicksale, steht unsere gesamte Gesellschaft, weil der Bereich Arbeit, also Beschäftigung, der Bereich Gesundheit, der Bereich Soziales jeden in unserem Land betreffen und daher auch jeder von diesem Bericht angesprochen ist und seine Betroffenheit darin findet. Ich glaube, da zeigt sich auch die Bedeutung der Vernetzung der Kapitel Arbeit, Soziales und Gesundheit.

Und wenn hier die Sozialquote angesprochen wurde, sehr geschätzte Damen und Herren, so, glaube ich, ist darauf hinzuweisen, daß diese durch verschiedene Faktoren beeinflußt wird: durch die konjunkturelle Entwicklung, durch die demographischen Faktoren, aber nicht zuletzt auch durch Leistungsverbesserungen und Leistungsveränderungen. Und auch die Sozialquote hat im längerfristigen Vergleich gesehen zu werden und nicht nur punktuell in einem Jahr. Wir können in Österreich auf eine relativ hohe, das heißt gute Sozialquote verweisen und auch auf eine, die sich kontinuierlich in einem bestimmten Rahmen entwickelt.

Erlauben Sie mir hinsichtlich der Sozialquote beziehungsweise des Sozialbudgets mit aller Klarheit zu sagen: Wir müssen uns zu den Sozialbudgets, zu den Gesundheitsbudgets offensiv bekennen. Diese sind produktive Budgets, sie bedeuten nicht nur die Absicherung der Existenz, der gesundheitlichen Versorgung unserer Bevölkerung, sondern sie sind auch ein Motor für die Volkswirtschaft. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte nur auf einige wenige Daten aus diesem Bericht verweisen und unterstreichen – und ich erlaube mir damit, noch kurz auf die bisherigen Beiträge zu sprechen zu kommen –, daß wir bei allen Mängeln, die wir sicherlich auch in unserem Sozialwesen haben, durch unsere Politik eine hohe Treffsicherheit der Sozialleistungen, der Transferleistungen für die Bevölkerung gewährleisten. Und ich mache Sie darauf aufmerksam, daß mehr als 60 Prozent aller Sozialleistungen auf die untersten drei Einkommensdezile und 7 Prozent auf die obersten drei entfallen. Im konkreten: Auf das erste bis dritte Einkommensdezil kommen 61 Prozent, auf das vierte bis siebente 32 Prozent und auf das achte bis zehnte lediglich 7 Prozent der Sozialleistungen.

Ich glaube, das unterstreicht sehr deutlich, daß wir eine klare Orientierung haben, insbesondere den Schwächeren in unserer Gesellschaft durch die Sozialleistungen zur Seite zu stehen und ihnen eine gleiche Chance der Teilnahme an der Gesellschaft zu ermöglichen.

Es ist auch so, daß mehr als die Hälfte aller Sozialtransfers auf die Pensionistenhaushalte entfällt, und bei den unteren Einkommensgruppen der Pensionistenhaushalte liegt die Ersatzquote der Pensionseinkommen deutlich über 90 Prozent.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Mit diesen Daten beweisen wir, daß wir die Armutsgefährdung, die Armutsbedrohung wirksam bekämpfen und diesbezüglich, so glaube ich, den absolut richtigen und auch in Zukunft fortzusetzenden Weg eingeschlagen haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte noch ganz kurz auf die Ausführungen hier Bezug nehmen und – auch wenn Herr Abgeordneter Haupt im Moment nicht im Saal ist – doch darauf verweisen, daß wir auf Seite 93 des Berichtes sehr deutlich auf die gesundheitsbezogenen Leistungen eingegangen sind und daß die Schlußfolgerung des Herrn Abgeordneten Haupt, daß wir unser Gesundheitssystem nicht bedarfsgerecht gestaltet haben und durch das System für die oberen Einkommensgruppen mehr Gesundheitsleistungen anfallen als für die unteren, nicht den Tatsachen entspricht. Ich möchte Sie wirklich bitten, auf die Fakten im Bericht zurückzugreifen.

Erlauben Sie mir, zum wiederholten Male darauf zu verweisen, daß wir durch unser System der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung und der beitragsfreien Mitversicherung der Familienangehörigen den entscheidenden Schritt im Gesundheitswesen in Richtung Bedarfsorientiertheit und in Richtung einer umfassenden Gesundheitsversorgung der Bevölkerung gesetzt haben – egal, was das Alter betrifft, egal, was das Geschlecht betrifft, egal, was das Einkommen betrifft. Ich glaube, das ist ein System, für das wir auch in Zukunft stehen müssen und für das wir auch kämpfen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wenn, wie soeben erwähnt, hier gemeint wurde, daß sich die Gesundheitsausgaben falsch verteilen, dann darf ich Ihnen zusammenfassend doch zwei Prozentsätze nennen, die auch für Ihre politische Argumentation wichtig sind: Es entfallen 53 Prozent der Gesundheitsausgaben auf die untersten vier Dezile und 19 Prozent auf die obersten vier Dezile. Also hier ist die Schwerpunktsetzung klar erkennbar, und zwar, wie ich meine, die richtige Schwerpunktsetzung!

Wenn von Frau Abgeordneter Schaffenrath sehr stark auf die Situation der Frauen in unserer Gesellschaft Bezug genommen wurde, so möchte ich unterstreichen, daß auch aus meiner Sicht noch sehr viele Benachteiligungen von Frauen in unserer Gesellschaft bestehen und daß es gilt, permanent diese Benachteiligungen zu beseitigen. Aber ich möchte schon darauf verweisen, daß es nicht den Fakten entspricht, daß die Frauenerwerbsquote in unserem Land sinkt, sondern daß wir, auf Vollerwerbsäquivalent gerechnet, in Österreich die höchsten Erwerbsquoten der Frauen innerhalb der Europäischen Union haben. Und mir geht es um die vollerwerbsäquivalente und nicht um eine verzerrte Darstellung, wo Teilzeit, geringfügige Beschäftigung gleichgesetzt werden mit Vollbeschäftigung. Denn, sehr geschätzte Damen und Herren, nur diese Werte haben eine echte Aussagekraft, und wir sollten uns daher in unserer politischen Arbeit auch klar auf diese Werte stützen. Dies sind nicht nur Berechnungen von seiten meines Ressorts, sondern auch ein unverdächtiges Wirtschaftsforschungsinstitut wie das IHS hat dieses Faktum festgestellt – vielleicht glauben Sie ihm mehr, als wenn ich das behaupte.

Es wurde auch erwähnt, daß wir zuwenig in der Frage der Bildung machen, ja es wurde sogar behauptet, das Arbeitsmarktservice hungere Initiativen für Frauen aus.

Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Ich muß auch das zurückweisen! Das AMS unterstützt weit überproportional Fraueninitiativen, es unterstützt – in höherem Maße, als es dem Anteil der arbeitslos gemeldeten Frauen entspricht – Projekte, wo Frauen qualifiziert werden, wo sie reintegriert werden (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath), und es werden überproportional Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik für die Frauen eingesetzt, damit sie die Chance der Reintegration haben und auch damit sie, wenn sie noch im Erwerb stehen, nicht in Arbeitslosigkeit kommen. Es sind dies unsere Zielsetzungen, und wir haben heuer – ich möchte darauf doch mit sehr großem Stolz verweisen – für die aktive Arbeitsmarktpolitik ein Rekordbudget von 11,1 Milliarden Schilling zur Verfügung, das in einem höheren Ausmaß als je zuvor den Frauen zugute kommt. Ich bitte Sie dabei um Unterstützung! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf auf noch ein paar wichtige Initiativen verweisen, die insbesondere für die Frauen von Bedeutung sind. Sie haben die Frage der Pflegevorsorge angesprochen. Es gibt Studien von Professor Badelt, in denen bewiesen wird, daß unser Pflegevorsorgegesetz eine hohe Treffsicherheit hinsichtlich der Leistungsempfänger, hinsichtlich derjenigen, die Hilfestellung bekommen sollen, aufweist. Nichtsdestotrotz haben wir uns durch eine gesetzliche Änderung bemüht, für die Pflegepersonen – in der Regel Frauen –, die ihre Berufstätigkeit abbrechen beziehungsweise unterbrechen, um jemand Pflegebedürftigen im Haushalt zu betreuen, einen eigenständigen Pensionsanspruch dadurch zu sichern, daß diese für die Dauer der Pflege den Pensionsversicherungsbeitrag nur für die Arbeitnehmerseite zu bezahlen haben, wodurch das Ziel erreicht wird, im Alter eine eigenständige Pension zu erhalten.

Ich glaube, dies war ein wichtiger Schritt, sehr geschätzte Damen und Herren. Ich darf Ihnen auch mitteilen, daß ich aufgrund der letzten Untersuchungen derzeit prüfe, inwieweit wir diese Möglichkeit einer eigenständigen Weiterversicherung nur mit dem Arbeitnehmerpensionsversicherungsbeitrag nicht nur für Pflegesituationen der Pflegestufe 5, 6 oder 7 gewähren, sondern auch auf die Pflegestufe 4 ausdehnen sollen, weil sich in der Praxis herausstellt, daß Pflegebedürftige in der Pflegestufe 4 bereits einer sehr umfassenden Betreuung bedürfen. Damit könnten wir doch eine deutliche Qualitätsverbesserung erzielen. Ich kann Ihnen noch nicht versprechen, daß uns das gelingen wird, weil natürlich auch die budgetären Auswirkungen mit zu berücksichtigen sind, aber ich möchte Ihnen ankündigen, daß es meine politische Absicht ist, in dieser Frage eine Weiterentwicklung zustande zu bringen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Erlauben Sie mir auch einige Bemerkungen zu der wichtigen Diskussion bezüglich Armutsgefährdung und Armut. Ich glaube, sehr geschätzte Damen und Herren, wir haben schonungslos in diesem Bericht die Fakten aufgezählt, wie sie in unserem Land gegeben sind, aber man sollte nicht mehr dramatisieren, als die Situation als solche ernst ist. Darüber hinaus sollte man schon festhalten, daß wir, wenn wir heute von Armutsgefährdung reden, von ganz anderen Größenordnungen, was die materielle Seite, die Ausstattung der Familienhaushalte vor 10, 20 oder mehr Jahren betrifft, und auch von ganz anderen Niveaus ausgehen, als das in der Vergangenheit der Fall war.

Ich glaube, daß es auch Ihrer Unterstützung bedarf, die Bemühungen meines Ressorts umzusetzen, damit wir in der bedarfsorientierten Mindestsicherung weiterhin Erfolge erzielen können. Sie wissen, daß wir in der Vergangenheit schon mehrere Schritte setzen konnten, zum Beispiel auch mit der Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in das Sozialversicherungssystem – ich möchte mir erlauben, Ihnen zur Situation der geringfügig Beschäftigten noch ein paar Daten bekanntzugeben –, aber darüber hinaus bedarf es wirklich eines Drucks auf die einzelnen Bundesländer, die Bemühungen des Bundes zu unterstützen, zu einheitlichen Sozialhilfenormen zu kommen, die eben Armutsgefährdung, Armutssituationen vermeiden helfen. Bund und Länder gemeinsam sollten versuchen, die Qualität unseres Sozialstaates zu verbessern.

Bei aller Kritik, sehr geschätzte Damen und Herren, und bei allem Aufzeigen von noch vorhandenen Defiziten, die in diesem Bericht enthalten sind, möchte ich doch selbstbewußt sagen: Gerade dieser Sozialbericht zeigt, daß wir mit Ihrer Unterstützung und durch Ihre Beschlußfassungen hier im Hohen Haus eine hervorragende Sozialpolitik machen, daß wir unseren Sozialstaat hervorragend weiterentwickeln, daß wir hervorragende Politik im Bereich der Beschäftigung, im Bereich des Sozialen, im Bereich der Gesundheit leisten – und Sie werden mir diesen Anspruch auf eine hervorragende Sozialpolitik nicht streitig machen können, weil wir beweisen können, wie gut wir sind! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: 300 000 Arbeitslose!)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Da hier kritisiert wurde, daß wir in dem Bericht nicht Bezug auf die neuen Arbeitsformen genommen haben, darf ich auf das Vorwort verweisen. Darin ist klar zum Ausdruck gebracht worden, daß wir auch dieses Thema in unsere Betrachtungen aufgenommen haben.

Weil ich gerade das Thema "geringfügig Beschäftigte" angesprochen habe, möchte ich auch noch sagen, daß wir durch ein zukunftsorientiertes Modell der Einbeziehung geringfügig Beschäftigter in die Sozialversicherung Vorleistungen für andere Länder erbracht haben. Ich habe vor kurzem in Deutschland mit Kolleginnen und Kollegen über dieses Thema gesprochen, weil es in Deutschland gleichermaßen große Bedeutung bekommen hat. Die Deutschen beneiden uns ob unserer Regelung und bedauern, daß sie nicht eine gleiche durchgebracht haben, wie wir sie in unserem Arbeits- und Sozialrecht haben. Ich denke, daß man auch stolz darauf sein soll, wenn man beweisen kann, daß man eine bessere Regelung als ein anderer Staat gefunden hat.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Weil ich der Ansicht bin, daß es für Sie vielleicht interessant wäre, Daten über die Situation geringfügig Beschäftigter zu erhalten, die bisher nicht über die Medien transportiert worden sind, möchte ich mir erlauben, Ihnen zu Ihrer Information ein paar Daten dieser Art mitzuteilen.

Mit Stand vom vergangenen Jahr hatten in Österreich 72 375 Personen eine geringfügige Beschäftigung, und zwar 13 642 Männer sowie 58 733 Frauen. Somit liegt auch der statistische Beweis dafür vor, daß geringfügige Beschäftigung primär eine Sache von Frauen ist. Zwei oder mehr geringfügige Beschäftigungen hatten im vorigen Jahr 310 Männer und 3 371 Frauen. Geringfügige Beschäftigungen und zusätzliche Versicherungsverhältnisse – Sie wissen, daß wir geringfügige Beschäftigungsverhältnisse in den verschiedensten Situationen möglich machen – hatten insgesamt 30 990 Männer und 55 406 Frauen.

Ich halte es für interessant, zu sehen, welche Versicherungsverhältnisse und welche Betroffenheiten in diesem Zusammenhang zu erkennen sind. Es zeigen sich folgende Ergebnisse:

Pensionsversicherungspflichtige – also bereits in Pension Befindliche –: 16 306 Männer und 27 426 Frauen;

Personen, die bereits eine Eigenpension haben: 9 880 Männer und 13 426 Frauen;

Personen, die einen Arbeitslosenbezug oder eine Leistung der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen: 4 445 Männer und 13 695 Frauen;

Personen, die über einen Leistungsbezug aus der Krankenversicherung – also Krankengeld oder Wochengeld – verfügen: 164 Männer und 478 Frauen;

Personen, die mehrere zusätzliche Versicherungsverhältnisse haben: 195 Männer und 381 Frauen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich denke daher, daß es interessant ist, aus dem großen Block von mehr als 160 000 geringfügig Beschäftigten herauszufiltern, um welche Art von Betroffenheiten es geht. Denn nur auf diese Weise kann man eine bedarfsgerechte, zielorientierte und gerechte Sozialpolitik formulieren und letztlich auch umsetzen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich glaube sagen zu können, daß dieser Bericht für Sie, aber insbesondere für mein Ressort eine wichtige Orientierungshilfe für die zukünftige Sozialpolitik ist. Er ist aber auch ein Beweis dafür, daß wir in den vergangenen Jahren eine hervorragende Politik für die Bevölkerung unseres Landes gemacht haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Seidinger. Sie wünschen eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Gaugg: Heute ist er da, ja!)

11.35

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Nach den Ausführungen meiner Vorredner war zu erwarten, daß die Opposition mit jedem Bericht – und sei es der Sozialbericht – sehr kritisch umgeht und versucht, kein gutes Haar daran zu lassen. Ich glaube aber, gerade die letzte Stellungnahme der Frau Bundesminister hat gezeigt, daß einige Fakten darauf hinweisen, wo es langgeht und wo in der Sozialpolitik die Stärken sowie die Aufgaben schlechthin liegen.

Ich denke, man darf den Sozialbericht nicht isoliert betrachten, sondern muß ihn im Hinblick auf die Entwicklung in der österreichischen Geschichte sehen. Wenn man den jahrelangen Aufbau verfolgt hat, dann kann man für die Leistungen, welche die Republik im Sozialbereich erbringt, so etwas wie ein wenig Stolz aufbringen. Noch dazu können wir uns im Vergleich mit den anderen EU-Staaten – ich habe des öfteren die Möglichkeit gehabt, nach Brüssel zu transportieren, was in Österreich geschieht, und umgekehrt zu rezipieren, was wir von dort zu erwarten haben – absolut sehen lassen.

Wenn wir das Ergebnis der Sozialversicherungsträger ansehen, dann zeigt sich, daß den Gesamtausgaben in Höhe von 407 Milliarden Schilling Gesamteinnahmen von 408 Milliarden Schilling gegenüberstehen. Es ist festzustellen, daß die Einnahmen zu mehr als drei Vierteln aus Beiträgen von Versicherten stammen und daß im Jahr 1997 der Bund nur rund 16 Prozent zuzuschießen hatte. In bezug auf die Gesamtausgaben möchte ich überdies festhalten, daß davon 95 Prozent für Leistungen erbracht und nur 5 Prozent für sonstige Ausgaben verwendet worden sind. Unter dem sonstigen Aufwand sind die Verwaltungsausgaben und der Verrechnungsaufwand mit 2,6 Prozent absolut niedrig, wie dies sonst kaum in irgendwelchen Anstalten der Fall ist.

Wir können weiters feststellen, daß in Österreich 5,1 Millionen beitragsleistende Personen krankenversichert sind. Ich möchte in dieser Beziehung lieber keinen Vergleich mit einem der reichsten Länder in Übersee anstellen.

Die Sozialausgaben machen 29,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus, sie sind somit gestiegen. Die Sozialquote hat sich seit 1991 auf 29,7 Prozent erhöht. Damit liegt Österreich ein wenig über dem EU-Durchschnitt.

Ich kann Abgeordneten Haupt – das hat auch die Frau Bundesminister gesagt – in dem Punkt absolut nicht folgen, daß die Treffsicherheit der Ausgaben nicht gegeben sei. Denn 60 Prozent dieser Leistungen fallen in die drei untersten Einkommensdezile. Auf die ältere Generation bezogen: Mehr als die Hälfte der Sozialtransfers entfällt auf Pensionistenhaushalte. Das Pro-Kopf-Einkommen in Pensionistenhaushalten beträgt mehr als drei Viertel desjenigen von Berufstätigen. Das ist meiner Ansicht nach, auch im Sinne einer Aussage der Frau Bundesministerin, eine eindrucksvolle Demonstration des Ziels der Lebensstandardsicherung.

Die Struktur der Sozialausgaben unterscheidet sich in Österreich zweifellos von derjenigen in der EU. In der EU werden für die Altersversorgung 44 Prozent ausgegeben, in Österreich sind es 48 Prozent. Den Familien kommen in der EU 8 Prozent zugute, demgegenüber sind es in Österreich 11 Prozent. Niedriger sind in Österreich nur die Ausgaben für Arbeitslosigkeit, nämlich 6 Prozent gegenüber 8 Prozent in der EU. Dies beweist aber auch, daß wir in Österreich eine so niedrige Arbeitslosenrate wie kaum sonstwo haben.

In der Pensionsversicherung werden 75 Prozent aus Beiträgen der Versicherten erwirtschaftet. Das bedeutet gegenüber dem Jahr 1996 eine Erhöhung um 3 Prozent. 1997 waren über 3 Millionen Personen pensionsversichert. Damit ist es zu einem Anstieg um 22 600 Versicherungsverhältnisse sowie um 110 700 Neuzuerkennungen gekommen.

Jetzt komme ich zu einem Thema, das heute meiner Ansicht nach zu Recht in der Diskussion aufgezeigt worden ist, nämlich dazu, daß die Frauen in ihrer Einkommensgestaltung und auch in der Pensionsgestaltung zurückgeblieben sind. Ich brauche nicht zu erwähnen, daß es in den letzten Jahrzehnten lange Zeit kaum Frauen im Beruf gab. Erst in den letzten Jahren haben wir diese große Anzahl von Frauen im Berufsleben und damit auch im Versicherungsleben. Es ist klar, daß eine Differenz zwischen Frauen und Männern in der Pensionshöhe besteht, aber man kann auch feststellen, daß 13 Prozent der Frauen über eine weitere Pensionsleistung verfügen und damit in den Durchschnitt der Männerpensionen fallen.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf aufmerksam machen, Frau Kollegin Steibl, daß wir hier nicht auf einer Wahlveranstaltung der ÖVP sind, auf der wir für das Karenzgeld für alle demonstrieren wollen. Wir sind nicht der gleichen Meinung, daß man das verwirklichen sollte. (Abg. Steibl: Das sind ganz berechtigte Forderungen ...!) Die Karenzgeldleistung ist nach wie vor eine Versicherungsleistung, Frau Kollegin, und eine solche soll sie auch bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu einer Einschränkung bin ich bereit. Wenn Sie gemeint haben, in der Stadt Graz sollen es Studentinnen und Schülerinnen bekommen, dann würde sich das mit dem decken, daß es auch in unseren Reihen Meinungen gibt, die besagen: Karenzgeld für alle, die es brauchen! Aber im übrigen gibt es genug Rechenbeispiele – Frau Kollegin, diese kennen Sie selbst –, aus denen hervorgeht, daß wir darauf absolut nicht eingehen können.

Da meine Redezeit schon beinahe abgelaufen ist, möchte ich nur noch folgendes feststellen: Der Sozialbericht ist ein Spiegelbild dafür, wie die Republik, der Staat, die Politik mit den Menschen in unserem Lande umgehen. Wenn die EU voll Neid auf uns und auf unsere Solidargemeinschaft blickt, dann hat sie meiner Ansicht nach auch Anlaß, das zu tun. Wir werden auch in Zukunft darauf achten, daß der Anspruch auf Gesundheitsleistungen und der Zugang für alle Bürger gesichert ist.

Im übrigen wollen wir nicht die Versicherungspflicht einführen, sondern weiterhin bei der Pflichtversicherung, wie wir sie bisher gehabt haben, bleiben. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Gaugg. Herr Abgeordneter, Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 3 Minuten angegeben. – Bitte.

11.42

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wenn Sie, Frau Bundesminister, alles das, was Sie sagen, ernst meinen, dann bin ich in Sorge, denn dann unterliegen Sie dem "DDR-Syndrom".

Ich höre in Ihren Ausführungen ausschließlich die Worte "hervorragend", "zukunftsorientiert" und ähnliches mehr. Dazu sage ich Ihnen: Sie betreiben hier Realitätsverweigerung! Wenn es so ist, daß andere EU-Staaten neidvoll nach Österreich blicken, dann mag dies für die Minister gelten. Aber die 300 000 Beschäftigungslosen in Österreich werden meiner Ansicht nach kaum neidvoll darauf blicken. Vielmehr hat in Wirklichkeit Ihr System versagt! (Abg. Gradwohl: Können Sie auch, außer den Teufel an die Wand zu malen, etwas sagen?) Ihr System der Verordnung von oben her hat versagt, und das spiegelt sich auch im Sozialbericht wider.

Ziehen Sie doch nur die 160 000 geringfügig Beschäftigten von der Beschäftigtenstatistik ab: Dann haben wir auch bei der Beschäftigung einen Minusrekord! Sie fabrizieren Arbeitslose in einer Zahl, wie wir sie seit 45 Jahren nicht gehabt haben.

Wir haben nach 45 Jahren die höchste Arbeitslosigkeit, aber die Frau Sozialminister geht hierher und sagt "hervorragend", "zukunftsorientiert" und ähnliches mehr! Regierungsmandatare gehen hier heraus und sagen: Wir müssen den älteren Arbeitnehmern eine Chance bieten. Der Herr Bundeskanzler beschäftigt einen ehemaligen Finanzminister, nämlich Ferdinand Lacina, als Beschäftigungsbeauftragten. Jetzt frage ich mich: Wofür? Für sich selbst? – Denn: Wo greifen Ihre Initiativen?

Sie geben enorm viel Geld aus, und es mag da oder dort auch die soziale Treffsicherheit gewahrt sein, aber im wesentlichen hat Ihr System abgewirtschaftet! Sie parken 15 000 Lehrlinge in den Schulen, weil Sie sie nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt unterbringen. In der Frage der Gleichbehandlung sind Sie in den letzten Jahren nicht um einen einzigen Millimeter weitergekommen, sondern nach wie vor diskriminieren Sie die Frauen am Arbeitsplatz! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber Sie sind noch immer hier und verteidigen ein System, das letztlich ein System der Hoffnungslosigkeit ist. (Zwischenruf der Abg. Hagenhofer.) Heute sprechen Verkäuferinnen, die älter als 30 Jahre sind, in Umfragen von der Schwierigkeit einer Wiederbeschäftigung. Bitte, setzen Sie sich doch einmal damit auseinander! Sie können doch nicht die Augen davor verschließen, wie groß schon die Hoffnungslosigkeit im Hinblick darauf ist, heute auf dem Arbeitsmarkt attraktive Arbeitsplätze zu bekommen.

Sie und die ÖVP, mit der Sie in einer Koalition sind, haben in diesem Land in den letzten Jahren nur verschlechternde Bestimmungen für die Arbeitnehmer erwirkt. Sie haben die Pensionen nicht im notwendigen Ausmaß erhöht, und Sie haben es letztlich auch zu verantworten, daß – wie aus dem Sozialbericht hervorgeht – die Arbeitnehmer in Österreich ein Einkommensminus von durchschnittlich 2,4 Prozent haben hinnehmen müssen.

Frau Minister! Nötig wäre eine korrekte und faire Auseinandersetzung. Aber sich hier hinzustellen und zu sagen: Alles, was wir tun, ist großartig – das erinnert frappant an jenen Herrn Honecker, der auch bis zum letzten Tag seines politischen Wirkens dachte, es wäre alles, was er tat, zum Wohle des Staates und des Volkes gewesen. Das Gegenteil war der Fall! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen eines garantieren: Sie werden auch bei den kommenden Nationalratswahlen dafür die Rechnung erhalten, daß Sie die Sozialinitiativen, die Sie setzen, letztlich als gescheitert betrachten müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Beispiele! – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ein revolutionäres Relikt von Ihnen!)

11.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.46

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren, die Sie uns auf der Galerie Ihre Aufmerksamkeit schenken! Hohes Haus! Wohl kaum ein anderes Thema beschäftigt die Menschen, beschäftigt die Parlamentarier so intensiv wie die Sozialpolitik. Ich denke, daß unser Land dafür bekannt ist, daß wir eine Sozialpolitik von höchster Qualität haben, und zwar deshalb, weil wir uns laufend den Bedürfnissen anpassen sowie auf die Bedingungen achten und darauf Bezug nehmen.

Trotzdem hat eine Bürgerbefragung von Professor Zapotocky vor kurzem ergeben, daß die Bürger eine große Sehnsucht nach Sicherheit haben und daß sich ein hoher Anteil der Bürger mit der Zukunftsangst beschäftigt. Dafür gibt es viele Ursachen: schwerwiegende Veränderungsprozesse im Wirtschaftsbereich, härterer Wettbewerb, Veränderungen im Agrarsektor. Das alles sind meiner Ansicht nach Fragen, die die Bürger jeden Tag beschäftigen.

Die Menschen suchen nach Orientierung. Sie brauchen klare Zielvorgaben im Wirtschafts- und vor allem auch im Agrarbereich. Daran führt kein Weg vorbei. Wir brauchen umsetzbare Arbeitsrechts- und Produktionsauflagen, damit wir im harten Wettbewerb der Weltwirtschaft auch bestehen können. Denn ein leistungsstarkes Sozialsystem braucht Arbeit, braucht Beschäftigung, braucht Ertrag.

Ich denke, wir müssen uns auch dahin gehend orientieren, daß wir im Sozialbereich zu einem Höchstmaß an Zielgenauigkeit kommen. Wir brauchen keinen Vergleich zu scheuen. 29,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes sind bei uns Sozialleistungen. Zeigen Sie mir ein Land in Europa, das diesen Wert übertrifft – ich kenne keines! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Sagen Sie mir: Wie sieht die Abgabenquote aus?) Es wird niemandem gelingen, diese gute Bilanz in Frage zu stellen, auch Ihnen nicht, selbst wenn Sie noch so viele Zwischenrufe machen.

Frau Minister! Dieser Bericht hat einen hohen Informationswert. Er ist umfassend, er ist für uns sehr, sehr wichtig, und er zeigt, wie wir es hier verstehen, eine Kultur des sinnvollen Miteinanders zwischen den Generationen, zwischen den Starken und den Schwachen zu forcieren. Ihnen ein Kompliment für die Arbeit, die Sie mit der Regierung gemacht haben – daran waren wir ganz wesentlich mit beteiligt, mit Gottfried Feurstein und vielen anderen Mitstreitern –, und ein Dank an Ihre Mitarbeiter, die sich dabei in hervorragender Weise eingebracht haben!

Der Bericht ist insgesamt positiv. Trotzdem sollten wir die Frage der Beschäftigungspolitik nicht verdrängen. Wir haben eine Beschäftigung von über 3 Millionen Menschen, aber trotzdem eine hohe und meiner Ansicht nach zu hohe Arbeitslosigkeit. Das wollen wir aufarbeiten, das wollen wir verhindern, und in dieser Hinsicht sind wir in letzter Zeit nicht erfolglos gewesen. Gerade die Steuerreform wird auf die zwei Bereiche "Jugend" und "ältere Menschen" ganz klar Bezug nehmen, und sie wird dort Abhilfe schaffen. Davon bin ich überzeugt. (Beifall bei der ÖVP.)

Sorge bereitet mir die Einkommenssituation deshalb, weil sich sehr klar herauslesen läßt, daß ein Großteil der Steuer- und Beitragsleistungen aus dem Erwerbseinkommen kommt und dieser Anteil im Steigen begriffen ist. Darum sollte meiner Ansicht nach die Beitragsbelastung insgesamt überdacht werden.

Was den bäuerlichen Bereich betrifft, haben wir hier folgende Anmerkung zu treffen: Wir brauchen in dieser Hinsicht dringend eine Korrektur. Sosehr mich der Sozialbericht freut: Eine Aussage des Präsidenten des Pensionistenverbandes aus Linz, Pöder, freut mich weniger. Er sagte in seiner Abschiedsrede, das Pensionssystem werde krankgejammert und totgesagt – darin hat er ein bißchen recht –, der Staat müßte hauptsächlich – und jetzt hören Sie bitte genau hin! – bei den Bauern und bei den Selbständigen zugreifen. – Das ist doch keine Art von Sozialpolitik! Das zeugt nicht von Solidarität und von Verständnis für die anderen. Solche Aussagen können wir nicht brauchen, und sie bringen uns auch nicht weiter. (Beifall bei der ÖVP.)

Was den Pensionsbereich betrifft, möchte ich nur darauf hinweisen, daß wir das Spannungsverhältnis zwischen Lebensarbeitszeit und Lebenserwartung zu überdenken haben und daß wir – das muß ich hier anführen – im Ausgleichszulagenrecht Anpassungsnotwendigkeiten haben. Ich gebe Frau Kollegin Reitsamer darin recht, daß wir – wie sie heute hier gemeint hat – für die Frauen im Pensionsbereich, nicht zuletzt durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz, gewisse Vorbedingungen geschaffen haben, die noch einmal zu überdenken wären.

Zum Schluß kommend: Frau Minister, auch Sie haben auf die Armutssituation Bezug genommen. Man kann das von verschiedenen Richtungen aus sehen. Es stimmt mich kritisch, daß im Sozialbericht davon die Rede ist, daß vor allem die Mehrgenerationen-Haushalte, wiederum vor allem im ländlichen Raum, besonders betroffen sind und daß insbesondere Familien mit mehreren Kindern betroffen sind. Deshalb meine ich, daß Kollegin Steibl recht hat, wenn sie sagt, die Karenzgeldregelung gehöre überdacht. Ein Karenzgeld für alle hat aus meiner Sicht den Charme, daß man dadurch einbindet und nicht ausgrenzt. Das ist das Ziel einer Sozialpolitik, die auf Solidarität achtet. (Beifall bei der ÖVP.)

Das gesetzliche System hat sich bewährt. Wir werden auch in Zukunft an der Pflichtversicherung festhalten, letzten Endes ist sie das beste Modell. Unsere Aufgabe ist es nicht nur, sich über diese Leistungen zu freuen, sondern unsere Aufgabe besteht darin, sich den Herausforderungen zu stellen und die Sozialpolitik Österreichs täglich den neuen Bedürfnissen anzupassen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

11.52

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Frau Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Der Sozialbericht, der jetzt zur Debatte steht, ist korrekt und informationsreich. Aber er schildert eine soziale Lage, mit der man nicht zufrieden sein kann. Sosehr man mit dem Bericht zufrieden ist, weil er Daten und Fakten liefert, so wenig kann man mit den Ergebnissen der Sozialpolitik, die er widerspiegelt, zufrieden sein.

Lassen Sie mich einige wenige Punkte herausgreifen. Die Arbeitslosenrate steigt weiter, der Trend ist nicht gebrochen. Von 1997 auf 1999 spannt sich leider ein durchgängiger Trend. Die im vorliegenden Sozialbericht ausgewiesenen Zuwächse im Bereich der Altersarbeitslosigkeit sind mit plus 5,2 Prozent mehr als beunruhigend.

Das Arbeitslosengeld ist im selben Zeitraum gesunken. Der Median der monatlichen Leistungen ist gesunken, das Niveau des mittleren Arbeitslosengeldes ist gesunken. Das heißt, offenbar reagiert dieses Sozialsystem bei steigender Arbeitslosigkeit mit sinkenden Zahlungen an die Arbeitslosen. Das kann man nicht als erfolgreiche Sozialpolitik bezeichnen! Da tröstet es wenig, daß die Höhe der mittleren Notstandshilfezahlungen gegenüber 1996 gleich geblieben ist – aber immerhin.

Ich möchte es hier noch einmal ganz deutlich sagen: Wenn das System bei steigender Zahl von Arbeitslosen dadurch reagiert, daß die Zahlungen an die Arbeitslosen sowohl im Median als auch im Mittelwert sinken, dann ist Feuer am sozialpolitischen Dach! Denn das heißt, daß wir dieses Problem nur noch dadurch bewältigen können, daß wir damit anfangen, den direkt Betroffenen die direkten Leistungen zu kürzen. Es ist daher kein Wunder, daß sich die Befunde anschließend spiegelverkehrt im Armutsbericht abbilden und daß letztlich die Zahl derjenigen, die von Armut bedroht oder schon unmittelbar betroffen sind, weiter steigt.

Daß innerhalb dieser Personengruppe die Frauen überproportional vertreten sind – und die älteren Frauen mangels eigenständiger Pensionsabsicherung noch "überproportionaler" –, daß Alleinerzieherinnen überproportional betroffen sind, das spiegelt den sonstigen desolaten Zustand der gesellschaftlichen Verhältnisse wider. Das ist der Preis, der für Vorurteile bezahlt wird, was die Gleichbehandlung und Gleichberechtigung von Frauen anlangt – der Preis, der nicht von der Regierung, sondern von den Betroffenen bezahlt wird!

Da ist der Ruf nach einem Karenzgeld für alle – im Verständnis meines unmittelbaren Vorredners – eigentlich blanker Zynismus, wenn nicht auf die sonstigen Einkommensverhältnisse Rücksicht genommen wird.

Sosehr wir es begrüßen würden, wenn es dazu käme, daß ein Sozialsystem eingeführt würde, das auf sinkende Einkommen elastisch reagiert, das dadurch armutsvermeidend ist, daß es ein Existenzminimum unabhängig davon anerkennt, was die betroffene Frau oder der betroffene Mann vorher getan hat oder gerade tut – daß wir uns also zu einer Philosophie der Grundsicherung bekennen –, so wenig haben wir Verständnis dafür, daß eine "Gießkanne" verwendet wird, um sich populär zu machen, statt die Armut zu verhüten.

Daß im übrigen das volkswirtschaftliche Pensionskonto nach wie vor sämtliche Strukturverzerrungen unseres dringend reformbedürftigen Pensionssystems aufzeigt – nämlich die Disproportionalität zwischen Pensionsbeziehern, die Beamte waren, und sonstigen Pensionsbeziehern –, ist selbstverständlich, da Sie keine Pensionsreform gemacht haben.

Ich sage Ihnen das deswegen im Rahmen der heutigen Debatte zum Sozialbericht so deutlich, weil sich der 3. Oktober nicht länger wird aufschieben lassen. Wir hätten gerne so bald wie möglich gewählt, aber wenn es der 3. Oktober sein soll, dann ist es eben dieses Datum. Am 3. Oktober werden wir hoffentlich erleben, daß die Bevölkerung darauf reagiert, daß Sie de facto keine Sozialpolitik machen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Da können Sie gestern im Wege einer vermeintlichen Steuerreform getan haben, was Sie glauben, gerade noch tun zu können – es wird davon nicht ablenken. Diese Steuerreform ist aus meiner Sicht ein Ablenkungsmanöver vom Sozialdesaster. (Abg Koppler: Da sind aber die betroffenen Arbeitnehmer anderer Ansicht!) Selbstverständlich haben Sie dabei die kleineren Einkommen etwas besser abschneiden lassen, aber diejenigen, die im Sozialbericht aufscheinen, nämlich die Arbeitslosengeldbezieher – sie zahlen im übrigen keine Steuern, und sie werden in diesem Sinne von keiner Steuerreform etwas haben –, haben sinkende Zahlen zur Kenntnis zu nehmen. (Abg Koppler: Da sind flankierende Maßnahmen vorgesehen!)

Herr Kollege Koppler, Sie können versuchen, mit Zwischenrufen dagegen anzugehen, aber die Fakten sind eindeutig. Die Betroffenen wissen das auch. Die Zahl der Arbeitslosen sollten Sie – wenn Sie schon sonst keinen Zugang haben – wenigstens dahin gehend beachten, daß das auch Leute sind, die immerhin noch das Stimmrecht haben. Es ist nicht so, daß diejenigen, die sich da oder dort herumschubsen lassen müssen, nebenbei auch schon ihre politischen Rechte verloren hätten. Denken Sie also einmal darüber nach, ob das nicht ein Ablenkungsmanöver ist! Das heißt ja nicht, daß ein Ablenkungsmanöver für sich schon schlecht ist. Nur ist es keine Steuerreform; das wäre eine andere Baustelle.

Im übrigen sind 1997 die Netto-Realeinkommen gesunken. Es ist der Spiegel der kalten Progression, der Ihnen im Sozialbericht ganz ungeschminkt vorgehalten wird. Die Netto-Realeinkommen sind 1997 um 3,8 Prozent gegenüber 1996 gesunken, und das ist der Spiegel der kalten Progression. Daher sind das Peanuts, was Sie jetzt in Richtung kalte Progression machen. Immerhin geben Sie wenigstens ein bißchen wieder her; man ist ja schon froh, daß Sie nicht darauf sitzen blieben. Aber es ist keine Reform, und es wird den Trend, daß die Realeinkommen sinken, nur vorübergehend knicken.

Da können Sie noch so viele Graphiken darüber herzeigen, wer wieviel davon profitiert. Für sich genommen ist wahrscheinlich jedes Einzeldatum richtig, ich bezweifle das gar nicht – ich habe keine Lust, es nachzurechnen –, aber am Gesamtbefund ändert es nichts. Denn mit dieser Steuerreform bremsen Sie den Trend nicht wirklich, sondern damit verabreichen Sie nur vorübergehend ein schmerzstillendes Mittel. Das heißt, Sie haben die Reform eigentlich nur aufgeschoben.

Diese Reform wäre auch sozial wichtig, denn man wird sich überlegen müssen, wie man im Bereich der Arbeitslosigkeit die Hebel ansetzt. Das heißt, man wird sich den Arbeitskosten zuwenden müssen. Denn die Leute verdienen zuwenig, kosten aber trotzdem zuviel. Diese Schere muß geschlossen werden, damit die Lenkungswirkungen, die der Arbeitsmarkt zeigt, vermieden werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daher erwähne ich es im Rahmen der Debatte zum Sozialbericht: Von der Steuerreform, die Sie so bezeichnen, sage ich, daß es keine ist. Es ist die erste unsichtbare Reform, die in diesem Lande stattgefunden hat. Damit verhält es sich ähnlich wie mit des Kaisers neuen Kleidern – als Reform, meine ich, denn die Maßnahmen sind schon sichtbar. (Abg. Dr. Schmidt: Die erste nicht!) Ja, es ist nicht die erste unsichtbare Reform – Entschuldigung, das nehme ich zurück –, sondern eine weitere.

Die Sozialeffekte sind es, die mir Kopfzerbrechen machen. Es geschah nicht aus Jux und Tollerei, daß allgemein gefordert wurde, daß im Rahmen irgendeiner Steuerreform die Arbeitskosten gesenkt werden sollen und ein anderer Weg beschritten werden soll. Es sind ja keine Esoteriker, die das sagen – als wenn das aus steuerästhetischen Gründen geschähe –, sondern das hat sozialpolitische Gründe. Der Sozialbericht 1997 zeigt Ihnen diese Gründe einmal mehr, und der Bericht für 1998 wird sie Ihnen, wenn wir ihn demnächst bekommen, erneut zeigen. Daher denke ich, daß es so nicht wird weitergehen können.

Die Sozialhilfe liegt völlig im argen, und der Umstand, daß dabei die Länderkompetenz das Problem ist, sollte uns gemeinsam dazu bereitmachen, daß wir endlich – Gespräche mit den Bundesländern hin oder her – einen Entwurf für ein Bundessozialhilfegrundsatzgesetz auf den Tisch legen – endlich! (Beifall beim Liberalen Forum) –, denn wenn das die Länder durch Gesprächsverweigerung nicht tun, hindert niemand die Bundesregierung daran, einen solchen Entwurf auf den Tisch zu legen und anschließend Gespräche darüber aufzunehmen. Sie werden das für den nächsten Finanzausgleich dringend brauchen! Wenn Sie so lange damit warten, bis die Verhandlungen zum nächsten Finanzausgleich beginnen, werden Sie in diesen Fragen gar keine Position beziehen können, denn Sie werden noch keine Konturen dahin gehend hergezeigt haben, wie Sie sich solch ein Bundessozialhilfegrundsatzgesetz vorstellen. Dieses wird selbstverständlich finanzausgleichsrelevant sein.

Ich bitte Sie daher herzlich: Lassen Sie sich nicht von den Landeshauptleuten ins Bockshorn jagen! Es gehört dringend eine Debatte über eine Harmonisierung der Zugänge und so weiter und so fort eröffnet. Dabei kann man jeden beliebigen Föderalismus bedenken, aber wenn man die Standards nicht vereinheitlicht, dann zertrümmert man auf dem Gebiet der Sozialpolitik den einheitlichen Wirtschaftsraum. Es ist nämlich auch ein Element des Wirtschaftsstandortes, welche Sozialbedingungen man wo vorfindet. Wenn aus diesen Gründen über Bundesländergrenzen hinweg übersiedelt werden muß, ist das nicht gut. Ich meine, das wäre die falsche Mobilität. Das wäre die Armutsmobilität, die wir nicht brauchen!

Daher zum Abschluß als summarischer Befund: Der Sozialbericht hat bei mir, nachdem ich ihn studiert habe, einen ganz bestimmten Eindruck hinterlassen. Er ist eine in Papier gegossene Ratlosigkeit der Bundesregierung. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hums. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.02

Abgeordneter Franz Hums (SPÖ): Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Kollege Kier und einige Oppositionsredner haben hier wieder einmal gezeigt, daß es offensichtlich eine Berufskrankheit "Syndrom Oppositionensis" oder so ähnlich gibt, daß man nämlich nur noch negativ sieht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll.) Dieser Sozialbericht zeigt doch wirklich in sehr vielen Bereichen, daß Österreich ein gutes Sozialsystem hat; ein gutes Sozialsystem auch nach den 1995 und 1996 notwendig gewordenen Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung, die zwingend notwendig war – wie wir wissen –, auch in einer Zeit, in der die Wirtschaft leider nicht so wie erwartet gewachsen ist.

Gleichzeitig zeigt aber dieser Bericht, daß auch im Jahre 1997 wieder weitere Reformen gesetzt worden sind. Jeder Bericht stellt natürlich für die Sozialpolitiker eine Herausforderung dar, dort, wo man noch Schwachstellen feststellt, diese in Zukunft weiter zu beseitigen.

Angesichts der Kürze meiner Redezeit kann ich mich nur mit einer Verbesserung beschäftigen; das ist – und dazu möchte ich der Frau Ministerin sehr herzlich gratulieren – die Fortsetzung der Bemühung, die sicher schwierig ist, alle Erwerbseinkommen gerecht in die Sozialversicherung einzubeziehen. In diesem Zusammenhang ist die für mich selber unerwartet rasche Lösung im Bereich geringfügig Beschäftigter eine ganz besondere soziale Großtat, wobei ich aber der Meinung bin, daß wir weitergehend alle Erwerbseinkommen in eine gerechte allgemeine Sozialversicherung führen müssen. Dieser Vorgang ist natürlich noch nicht abgeschlossen.

Ich darf aber an dieser Stelle daran erinnern, wie schwierig es war, die Oppositionsparteien – und auch viele andere – in den Jahren 1995 und 1996 dazu zu bringen, daß sie überhaupt anerkannt haben, daß man gerechterweise alle Erwerbseinkommen bis zur Höchstbeitragsgrundlage in die Sozialversicherung einbeziehen und damit gleichzeitig auch allen einen gerechten und fairen sozialen Schutz geben muß. Wir mußten damals als Kompromiß mit der Werkvertragsregelung beginnen. Ich habe mehrfach hier erklärt, daß das nur ein Schritt ist, weil mehrere Schritte nicht möglich waren. Viele haben damals geraten, man sollte das ganze Vorhaben zurückziehen. Hätten wir das getan – und ich danke auch Herrn Kollegen Feurstein, daß wir es nicht zurückgezogen haben –, wäre es nie mehr in Angriff genommen worden. Wer sonst, wenn nicht ein Sozialminister im 60. Lebensjahr, hätte sich mit all den Interessenvertretungen, mit den Journalisten, und, und, und, anlegen sollen, die davon betroffen waren? – Aus diesem Grunde bin ich froh darüber, daß wir diesen Weg gegangen sind.

Frau Bundesministerin! Sie haben vieles von dem durchgesetzt, was die Experten, die wir 1996 beauftragt haben, später festgestellt haben, und zwar: daß der Weg fortgesetzt werden soll.

Noch eine Bitte: Wir haben gesagt, alle Erwerbseinkommen bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze – auch dazu gibt es eine Arbeitsgruppe – sollten möglichst rasch einbezogen werden. Das soll auch für jene Pensionsbereiche gelten, die nicht aus der gesetzlichen Sozialversicherung kommen, die aber eine gleichwertige – zumindest gleichwertige – Pensionsregelung enthalten, wie beispielsweise im öffentlichen Dienst, bei den Eisenbahnern und so weiter. Wenn solche Pensionsregelungen mit gesetzlichen Sozialversicherungen zusammenfallen (Abg. Dr. Graf: Zwischenbemerkung!), so soll möglichst rasch, vielleicht noch in dieser Legislaturperiode, das gleiche gelten wie bei anderen Mehrfachversicherungen, daß nämlich über die Grenze der Höchstbeitragsgrundlage hinaus bezahlte Beiträge wieder zurückerstattet werden, wenn es so gewünscht wird. Das ist einer der Schritte, die weiter fortgesetzt werden sollen! (Abg. Dr. Graf: Gilt das auch für die Rechtsanwaltsanwärter? Da bringe ich heute einen Antrag ein!)

Man muß mit Anträgen ein wenig vorsichtig sein. Die müssen ausgefeilt sein. Wir können hier manchmal nur unter Zeitdruck das machen, was notwendig ist, aber man kann nicht jeden Antrag sofort akzeptieren. (Abg. Dr. Graf: Die sind gar nicht abgesichert! Rechtsanwaltsanwärter sind nicht in die Pensionsversicherung eingebunden! Das sind 1 200 ohne Pension!) Es gibt eine Arbeitsgruppe mit hochqualifizierten Wissenschaftern, die das ausarbeiten. Meine Bitte: Es soll sehr rasch erfolgen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein zweiter Punkt – bevor meine Redezeit zu Ende ist –: zur Krankenversicherung. Auch da freut es mich, daß wir eine Konsolidierung herbeiführen konnten. Und wiederum an die Freiheitlichen gerichtet: In den Jahren 1995 und 1996 wollten Sie unser System regelrecht zugrunde reden und haben erklärt, es sei nie mehr sanierbar. Wir haben gemeinsam mit den Sozialversicherungen, aber auch mit den Ärztevertretungen und mit den Krankenanstalten ein System gefunden, das die finanzielle Sicherheit unserer Gesundheitsvorsorge wieder abdeckt. Der Fortschritt geht weiter!

Eine Sache noch: Wir leben immer länger. Die medizinische Versorgung kann einfach immer mehr. Die Vorteile des medizinischen Fortschritts müssen auch in Zukunft allen, ohne Rücksicht auf Einkommen und Alter, zur Verfügung stehen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Tichy-Schreder und Dr. Feurstein.) Es wird aber notwendig sein – das möchte ich an dieser Stelle auch sagen –, daß natürlich die entsprechenden Mittel dafür aufgebracht werden. Zu versprechen, wir könnten immer mehr den medizinischen Fortschritt nützen, wir würden älter werden, könnten mehr Leistungen in Anspruch nehmen und das würde nicht mehr kosten, das geht nicht. – Ich bin aber der Meinung des Kollegen Donabauer, daß man auch langfristig überlegen wird müssen, wie man diese Mittel aufbringt, eben nicht nur über Beiträge beispielsweise aus der Krankenversicherung.

Frau Bundesministerin! Bevor ich als Sozialminister abgetreten bin, habe ich folgendes getan: Mit dem damaligen Finanzminister, dem heutigen Bundeskanzler, wurde betreffend Krankenversicherung bereits andiskutiert – und soll längerfristig nicht vergessen werden –, daß aus jenen Bereichen, die Kosten verursachen, auch Mittel aufgebracht werden, beispielsweise aus der Tabaksteuer, die in die Krankenversicherung fließen. Da gibt es noch eine Reihe anderer Maßnahmen.

Zum Kollegen Donabauer: Er hat sich darüber beschwert, daß Herr Präsident Pöder festgestellt hat, daß die Bauern und die Selbständigen mehr Zuschüsse bekommen. – Ich stelle wertfrei fest: Es ist so. Man wird sich aber langfristig überlegen müssen, ob man nicht die Dienstgeberbeiträge insgesamt – und dann analog für alle Bereiche, auch für die Selbständigen und für die Bauern – durch eine wertschöpfungsabhängige Regelung ersetzt.

In diesem Sinne, Frau Bundesministerin, gratuliere ich dir und deinen Mitarbeitern sehr herzlich zu diesem Bericht – nicht nur wie er dargestellt ist, sondern was er darstellt. Herzliche Gratulation! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

12.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.09

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema "behinderte Menschen" nimmt im Sozialbericht viel Raum ein, hat aber nur wenig Inhalt. Und dieser Inhalt ist ausschließlich negativ.

Frau Ministerin! Sie haben mit Jahresende das Behinderteneinstellungsgesetz geändert. Mit dieser Novelle zum Behinderteneinstellungsgesetz haben Sie auch die Übererfüllungsprämie für Unternehmen gestrichen. Das bedeutet, daß jene Betriebe, die bereit waren, über ihre Einstellungspflicht hinaus Behinderte einzustellen, das in Zukunft nicht mehr tun werden.

Ich habe erst letzte Woche einen Anruf bekommen, bei dem mir ein Unternehmer gesagt hat, er werde keine Behinderten mehr einstellen und er werde sich auch von einem Großteil jener behinderten Menschen, die jetzt bei ihm angestellt sind, trennen. Er sehe nämlich nicht ein, nur weil er bereit sei, behinderte Menschen über die Quote hinaus zu beschäftigen, daß er dadurch pro Jahr praktisch über Nacht 60 000 S verliert.

Ich "gratuliere" Ihnen, Frau Ministerin, zu dem "Erfolg", daß Sie es geschafft haben, wieder einige Menschen aus dem Arbeitsprozeß quasi hinauszuschleudern.

Frau Ministerin! Es wird seit Jahren über die Freikaufsmöglichkeiten von Bund, Ländern und Gemeinden diskutiert. Es bringt nichts, wenn diese eine Ausgleichstaxe zahlen müssen. Sie zahlen sie nämlich gar nicht, denn Bund, Länder und Gemeinden haben Etats. Diese werden praktisch aufgrund von Finanzmitteln, die ausgeschüttet werden, nur umverteilt. Sie müssen bereit dazu sein, Frau Ministerin, daß die Freikaufsmöglichkeit für Bund, Länder und Gemeinden zur Gänze abgeschafft wird und daß Bund, Länder und Gemeinden verpflichtend behinderte Menschen einstellen müssen.

Ich werde dazu einen Entschließungsantrag einbringen, in dem Sie aufgefordert werden, entsprechende Vorbereitungen im Bundesbehindertengesetz zu treffen, damit es nicht mehr möglich ist, daß sich Bund, Länder und Gemeinden von der Behinderteneinstellungspflicht freikaufen. Es reicht anscheinend nicht, daß weit über 40 000 behinderte Menschen arbeitslos sind. Noch einmal so viele, wenn nicht mehr, sind gar nicht als begünstigte Behinderte eingestuft. 68 Prozent beträgt die tatsächliche Arbeitslosenrate von behinderten Menschen. Über diesen Prozentsatz sprechen Sie schon lange nicht mehr!

Frau Ministerin! Sie haben versucht, die Arbeitslosigkeit behinderter Menschen dahin gehend zu kaschieren, daß Sie "geschützte Werkstätten" in "integrative Betriebe" umbenannt haben. Das ist eine Lächerlichkeit! Sie wissen ganz genau, daß es dabei niemals um integrative Betriebe geht. Sie wissen, daß 80 Prozent all jener, die in diesen geschützten Werkstätten arbeiten, behinderte Menschen sind. Wenn Ihr Integrationsgedanke so ist, daß es 80 Prozent Behinderte und 20 Prozent Nichtbehinderte gibt, dann liegen Sie falsch. Sie wissen, daß diese 20 Prozent Nichtbehinderten diejenigen sind, die in den obersten Chefetagen sitzen. Die behinderten Menschen aber arbeiten unten am Fließband um 150, 200 oder 380 S pro Monat. (Bundesministerin Hostasch: Das stimmt ja nicht!) Das ist meiner Meinung nach nicht jene Form von Arbeitsaufteilung, die sich behinderte Menschen wünschen.

Wenn Sie Ihre Form der geschützten Werkstätten noch immer dadurch aufrechterhalten wollen, indem Sie sagen, es soll die Möglichkeit geschaffen werden, daß jene Menschen, die dort arbeiten, auf einen Beruf draußen in der Arbeitswelt vorbereitet werden, dann sage ich Ihnen, daß die Durchlässigkeit jener Menschen, die aus diesen Institutionen wieder herauskommen, nur bei 3 Prozent liegt. Und diese Durchlässigkeit ist in den letzten beiden Jahren um 2 Prozent gesunken.

Frau Ministerin! In Ihrem Sozialbericht ist auch wieder der Bereich "Information und Beratung" enthalten. Ich habe heute wieder die Probe aufs Exempel gemacht – wie ich sie jedes Jahr mache – und wollte vom Bundessozialamt beziehungsweise vom Sozialministerium wissen, wieviel denn ein Rollstuhl einer gewissen Type kostet. Vom Bundessozialamt habe ich die Auskunft bekommen, daß mir das niemand sagen dürfe. Das ist also der "offene" Kundenempfang, den Sie angesprochen haben. Wenn ich nur über technische Details Auskunft erhalte, also daß ein Rollstuhl vier Räder hat, dann wäre das damit zu vergleichen, daß jemand, der sich ein Auto kaufen will, vom Händler die Auskunft bekäme, das Lenkrad sei serienmäßig dabei.

Frau Ministerin! Unter "Kundeninformation" und "offenem Kundenempfang" stellen sich behinderte Menschen etwas ganz anderes vor. Überdenken Sie einmal den Bereich der Hilfsmittelberatung, der sehr viel Geld kostet und im Endeffekt überhaupt keine Auskunft bringt!

In Ihrem Bericht sind weiters die Leitlinien des Nationalen Aktionsplanes für die Beschäftigung von behinderten Menschen enthalten. Alle Punkte, die in diesem Nationalen Aktionsplan aufscheinen, betreffen Dinge, die Sie in den letzten Jahren auf Kosten von behinderten Menschen gestrichen haben. Ich frage Sie daher: Woher nehmen Sie plötzlich das Geld, mit dem Sie diese Streichungen nun wieder zurücknehmen? – Soviel zum Sozialbericht.

Ein Bereich, den ich mir für den Schluß aufgehoben habe, ist die Pflegevorsorge. Frau Ministerin! Es ist keine Frage: Das Pflegegeld in seiner jetzigen Form stellt einen Fortschritt dar, der aber noch viel zuwenig weit geht. Sie wissen, daß das Pflegegeld seit Jahren nicht erhöht worden ist. Aus diesem Grund habe ich einen Antrag eingebracht, um die Valorisierung des Pflegegeldes zu fordern. Behinderte Menschen erhalten im Grunde genommen Jahr für Jahr weniger Pflegegeld, weil eben die Valorisierung fehlt.

Noch eine Bemerkung zum Pflegegeld: Da möchte ich auf Sie zu sprechen kommen, Frau Reitsamer. Sie haben in Ihrem Debattenbeitrag gesagt, in Salzburg, in diesem hochgelobten Land, bezahlen behinderte Menschen nur 50 Prozent des Pflegegeldes für die Betreuungsstunden. (Abg. Reitsamer: 50 S pro Stunde aus dem Pflegegeld!) Ich habe hier die Broschüre "Zuhause pflegen" vom Land Salzburg mit Informationen, Tips und Adressen für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen. (Die Rednerin hält eine Broschüre in die Höhe.) Und laut dieser Broschüre, Frau Reitsamer, bezahlen behinderte Menschen nicht 50 S, sondern 50 S plus einen Selbstbehalt aus dem Einkommen. Sie können maximal (Abg. Reitsamer: Ich habe gesagt: 50 S vom Pflegegeld! Da müssen Sie zuhören, Frau Kollegin!) 288 S für die Stunde bezahlen (Abg. Reitsamer: So ein Blödsinn!), und sie bekommen für diese Stunde nicht 60 Minuten, sondern nur 34 Minuten Betreuung, denn 26 Minuten werden pro Stunde als Fahrtkosten abgezogen.

Außerdem, Frau Reitsamer, kann jeder Betroffene nur bis maximal 100 Einsatzstunden pro Monat an Betreuung bekommen. (Abg. Reitsamer: Sie wollen es ja nicht verstehen! Genau das ist der Grund!) Das, was in Ihrer Broschüre steht, und das, was Sie gesagt haben, ist wie Tag und Nacht. Die Betroffenen könnten es sich ja, selbst wenn sie es wollten, niemals leisten, eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung bei Ihren Vereinen anzufordern, weil Sie genehmigen ja den einzelnen Personen nur maximal 100 Stunden im Monat. (Abg. Reitsamer: Das ist ganz klar! Wenn das Pflegegeld entsprechend verwendet würde, würde das ...! Sie verstehen es nicht! Sie wollen es nicht verstehen!) Da kommt eine Sozialarbeiterin, die so gnädig ist und sagt, daß sie 100 Stunden an Betreuung leisten darf.

Reden Sie nicht so groß, daß sich Angehörige keinen Pflegeurlaub für die zu Betreuenden nehmen! Sie selbst sind nicht einmal in der Lage, die Betroffenen zu betreuen. Schaffen Sie zuerst einmal ein Angebot, das für die Betroffenen finanzierbar ist und für das Sie genügend Personal haben! Dann reden wir weiter! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Da hat sie recht, die Frau Haidlmayr, Frau Reitsamer!) Aber machen Sie nicht die Behinderten und deren Angehörige schlecht, indem Sie ständig sagen, diese würden das Pflegegeld einstecken! – Es ist genau umgekehrt: Sie berauben behinderte Menschen um das wenige Geld, das sie haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Genau so ist es! – Abg. Reitsamer: So viel Blödsinn ...! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Alles ist teurer geworden! Die Fahrtendienste, die Rezeptgebühren, die Selbstbehalte!)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete! Entschuldigen Sie! Sie müssen den Text beider Entschließungsanträgen verlesen. Das haben Sie nicht getan; nur den Antragstext, bitte.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (fortsetzend): Der eine Entschließungsantrag betrifft die Freikaufsmöglichkeit von Bund, Ländern und Gemeinden von der Behinderteneinstellungspflicht. Die Arbeitslosigkeit behinderter Menschen in Österreich ist, wie ich bereits ...

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete! Sie brauchen nicht die Einleitung zu verlesen, nur den Antragstext. – Bitte.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (fortsetzend): Der Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend Verbot der Freikaufsmöglichkeit für Bund, Länder und Gemeinden von der Behinderteneinstellungspflicht

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird aufgefordert, eine Novellierung des Bundesbehindertengesetzes vorzubereiten, in der Bund, Länder und Gemeinden sowie Gebietskörperschaften von der Freikaufsmöglichkeit von der Behinderteneinstellungspflicht mittels Ausgleichstaxe nach § 9 Abs. 2 ausgenommen werden.

*****

Der zweite Entschließungsantrag betrifft die Anhebung der Ausgleichstaxe, denn durch die Strafzahlung von nur 2 000 S im Monat wird niemand Behinderte einstellen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird aufgefordert, eine Novellierung des Bundesbehindertengesetzes vorzubereiten, in der die Ausgleichstaxe nach § 9 Abs. 2 für jede einzelne Person, die zu beschäftigen wäre, auf ein in dem jeweiligen Betrieb übliches Durchschnitts-Bruttogehalt, inklusive aller Lohnnebenkosten, angehoben wird.

*****

Frau Ministerin! Wenn das geschieht, haben wir eine Chance, daß behinderte Menschen wieder auf dem Arbeitsmarkt unterkommen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die beiden Entschließungsanträge, die soeben verlesen wurden, sind geschäftsordnungsgemäß überreicht worden, sind ausreichend unterstützt und werden in die Verhandlungen mit einbezogen.

Es hat sich abermals Frau Bundesministerin Hostasch zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.21

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Haidlmayr, ich würde Sie bitten, mir – bitte außerhalb der offiziellen Plenumssitzung – jenes Bundessozialamt und auch jene Ansprechpartnerinnen oder -partner zu nennen, die keine Auskunft erteilt haben. Ich kann nämlich nicht akzeptieren, daß hier in diesem Saal der Eindruck erweckt wird, daß Kolleginnen und Kollegen vom Bundessozialamt ihre Aufgaben nicht wahrnehmen und als Dienstleister für die Versicherten, für die Behinderten nicht jene Auskünfte erteilen, die zu erteilen sie verpflichtet sind. Wenn es wirklich so war, wie Sie, Frau Abgeordnete, es geschildert haben, dann muß ich bitte die Möglichkeit bekommen, dieser Sache nachzugehen.

Eine Pauschalaussage, wonach Auskünfte quasi generell nicht erteilt würden, kann ich jedoch – und ich bitte, das im Sinne meiner Kolleginnen und Kollegen vom Bundessozialamt zu verstehen – nicht akzeptieren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

12.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Gatterer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.22

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich sehe ein, daß Kollegin Haidlmayr noch vieles für die Behinderten zu tun sieht. Und ich glaube, niemand in der Sozialpolitik wird darin müde werden, sich diesbezüglich zu bemühen. Sagen möchte ich jedoch schon, daß man anerkennen muß, daß in letzter Zeit gerade für diese Gruppe sehr viel geschehen ist beziehungsweise geschieht. Ich erinnere in diesem Zusammenhang etwa nur an die in der Verfassung diesbezüglich festgelegte Verankerung, und weiters weise ich auf die Pflegevorsorge hin.

Ich verwahre mich jedenfalls gegen den Vorwurf – ich glaube, da auch in Ihrem Namen zu sprechen –, wir würden die Behinderten "berauben". Aus dem Sozialbericht möchte ich zitieren, daß 80 Prozent der Behinderten in häuslicher Pflege sind, daß 80 Prozent der Pflegepersonen Frauen sind. Ich bin der Überzeugung, daß viele diese Organisationen nicht in Anspruch nehmen, sondern ausschließlich im häuslichen Bereich betreut werden. Die Aussage, daß Behinderte "beraubt" würden, ist ein arger Vorwurf, ein Vorwurf, den wir wirklich nicht akzeptieren können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Einige Vorredner haben es ja bereits ausgeführt: Der Sozialbericht stellt eine sehr positive Unterlage für Sozialpolitiker dar, weil dieser eine Zusammenschau, eine Vorschau gibt und natürlich auch Schwerpunkte aufgezeigt werden. Voriges Jahr war es das erste Mal der Fall, daß darin ausführlich das Thema "Armut" behandelt wurde. Meine Kollegin Ridi Steibl hat ja bereits Daten und Zahlen dazu genannt.

Wir wissen, daß Armut meist weiblich ist, daß Armut in kinderreichen Familien zu Hause ist, in Familien, in denen es nur einen Erwerbstätigen gibt, bei Alleinerzieherinnen beziehungsweise Arbeitslosen. Ich bin sehr froh darüber, daß in diesem Sozialbericht erstmals aufgearbeitet wurde, wo eine soziale Treffsicherheit gegeben ist. Frau Kollegin Reitsamer und die Frau Bundesministerin haben ja bereits darauf Bezug genommen. Die Frage der Treffsicherheit ist, wie gesagt, eine ganz wesentliche, und in diesem Bericht wurde eben erstmals ausgewiesen, wie die Effizienz des Sozialtransfers zu beurteilen ist beziehungsweise wer eigentlich unterstützt wird. – Kollegen haben ja schon ausgeführt, daß die Hälfte der Sozialleistungen auf Pensionisten entfällt, und daß es wirklich so ist, daß Pensionisten heute einen sicheren Lebensabend in Österreich garantiert haben. Ich meine, das ist wirklich ein großer Erfolg der Sozialpolitik. (Beifall bei der ÖVP.)

Angeschnitten wurde auch bereits, daß 60 Prozent des Sozialtransfers in die drei unteren Einkommensbereiche fallen. Ich meine, das weist auch aus, daß Sozialpolitik in Österreich wirklich für sozial Schwache da ist. Wenn man sich das unterste Einkommenszehntel anschaut, sieht man, daß es für diese Haushalte durchschnittlich 11 000 S an Sozialunterstützung gibt; das sind immerhin mehr als 60 Prozent des gesamten Haushaltseinkommens. Ich meine also, daß gerade für jene Menschen, die armutgefährdet sind, wirklich sehr viel getan wird.

Getan wird auch viel für die Familien – und daher möchte ich von dieser Stelle aus Familienminister Bartenstein sehr herzlich danken. Bereits im Sozialbericht 1997 wird aufgeführt, daß 51 Prozent der Familienleistungen den drei untersten Einkommensbereichen zugute kommen. Die Familienförderung in Österreich ist als wirklich sehr gut zu bezeichnen, und ich glaube, wir können sehr stolz darauf sein, daß mit der Steuerreform und mit dem Familienpaket die Unterstützung der Familien noch wesentlich verstärkt wird, daß es noch mehr Unterstützung und Entlastung für die Familien gibt. 1,1 Millionen Menschen in Österreich profitieren nicht nur von den 12 Milliarden Schilling des Familienpaketes, sondern auch jetzt von der Steuerreform.

In diesem Zusammenhang möchte ich zwei Rechenbeispiele bringen. Erstes Beispiel: Eine Familie mit drei Kindern im Alter unter 12 Jahren und bei einem Einkommen von zirka 30 000 S im Monat wird jetzt jährlich ein zusätzliches Einkommen von 32 000 S erhalten. Das ist doch etwas, was man wirklich unterstreichen muß, denn das bedeutet eine ganz hervorragende Unterstützung für Familien.

Zweites Beispiel, eines, wobei die Frau mehr verdient: Die Mutter verdient 40 000 S, der Vater 13 000 S, und diese Familie hat ein Kind: Auch diese Familie wird durch Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag und Steuersenkung immerhin 16 000 S pro Jahr mehr bekommen.

Frau Ministerin! Als Politikerin, der Frauenanliegen sehr wichtig sind, habe ich jetzt sehr viele positive Beispiele gebracht, aber es ist natürlich schon so, daß in diesem Sozialbericht, wie auch von Kollegin Schaffenrath ausgeführt wurde, die Daten Einkommen, Pensionen, Arbeitslosenunterstützung der Frauen – etwas, was ja einkommensabhängig ist – schon auch aufzeigen, daß es da einen großen Auftrag an die Frauenministerin gibt, und auch an Sie, Frau Sozialministerin, damit, wenn wir das Jahr 2000 schreiben, endlich einmal Zahlen veröffentlicht werden können, die zeigen, daß Frauen und Männer in Österreich tatsächlich gleichgestellt sind. (Beifall bei der ÖVP.)

12.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

12.28

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! In der letzten Sitzung des Sozialausschusses vom 11. März 1999 waren 20 Tagesordnungspunkte zu behandeln. Sechs davon stehen heute auf der Tagesordnung, sechs haben es sozusagen bis ins Plenum geschafft. Ein kleiner Teil wurde im Ausschuß enderledigt, aber der Großteil wurde vertagt. Ein siebenstündiger nicht Arbeits-, sondern Vertagungsausschuß, Herr Kollege Feurstein! Und das ist die "Problemlösungskompetenz" dieser Regierung! Das ist der Beweis für Ihre "große Problemlösungskompetenz", die heute im Zusammenhang mit der kommenden Steuerreform behauptet wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Bericht über die soziale Lage 1997, der heute im Hohen Haus zu behandeln ist, ist ein gut verfaßter Bericht; keine Frage. Dieser Bericht stellt ein gutes Nachschlagewerk dar, aber er ist ein sicherer und ehrlicher Beweis für das Versagen dieser Regierungskoalition, dieser sozialdemokratisch dominierten Regierung, die in ihren ureigensten Politikbereichen immer wieder versagt und keine Erfolge aufzuweisen hat.

Nehmen wir einmal zum Beispiel die Lohnquote her, Frau Bundesministerin: Seit dem Jahre 1976, also seit über 20 Jahren, ist die Bruttolohnquote relativ konstant, bis eben auf eine Änderung von einigen wenigen Zehntelprozentpunkten. Schauen wir uns aber die bereinigte Nettolohnquote an – und das ist das, was den Bürger, den Arbeiter, den Angestellten interessiert, denn das ist jenes, was der Bürger sozusagen auf der Hand hat –, merken wir, daß es da geradezu erschreckend ausschaut.

Ab dem Jahre 1976, als sie noch bei 57,4 Prozent lag, ist ein kontinuierlicher Rückgang bis auf 48,2 Prozent im Jahre 1996 zu verzeichnen. Das überhaupt Schlimmste aber ist, daß sie innerhalb eines Jahres, von 1996 auf 1997, um 2,3 Prozent auf 45,9 Prozent zurückgegangen ist!

Sind das die Erfolge, die die österreichische Sozialdemokratie für die Beschäftigten in Österreich, für die Arbeiter und Angestellten, einfahren kann? Wie rechtfertigen Sie das? – Etwa mit dieser von Ihnen als großer Wurf angekündigten Steuerreform, die jetzt kommen soll? Aber das ist doch so, als würde man einen Raubüberfall auf einen Bürger, den man vorher schon komplett ausgeraubt hat und dem man nachher wieder 10 S zurückgibt, als große soziale Leistung und Erfolg bezeichnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich setze fort mit den ureigenen Politikbereichen der Sozialdemokratie, nämlich den Frauen. Fraueneinkommen: nicht verbessert, die Schere zu den Männereinkommen geht immer weiter auseinander! Frauenpensionen: keine Änderung, keine Besserung in Aussicht! Frauenarbeitslosigkeit: im Verhältnis zur Männerarbeitslosigkeit weitaus stärker gestiegen! Wo sind die Lösungen dafür, Frau Bundesministerin, wo sind die entsprechenden Vorschläge? – Die Forderungen des Frauen-Volksbegehrens fanden überhaupt keinen Niederschlag in der Politik dieser Regierung! (Abg. Dr. Brinek: Das stimmt nicht!)

Daß die Familienpolitik – damit komme ich zum Schluß – nie eine Domäne der Sozialdemokratie war, ist ganz klar, auch wenn es nun in Inseraten Ihres Bundeskanzlers und Parteivorsitzenden anders dokumentiert wird. Wir Freiheitlichen jedoch haben bereits im Jahre 1992 eine Definition der Armut in Österreich verlangt, seit zwei Jahren liegt sie vor. Und ein erschreckender Punkt darin ist, daß Kinder zu haben in Österreich Armut bedeutet. Wenn Sie auch das mit der kommenden Steuerreform ausgleichen wollen, dann, muß ich sagen, gilt der Vergleich mit dem Raubüberfall und den 10 S, die man zurückzugeben bereit ist, noch viel mehr.

Man hat die Familien 20 Jahre lang zu Unrecht besteuert und gibt ihnen jetzt mit Lobeshymnen einen Bruchteil dessen, was man ihnen vorher weggenommen hat, wieder zurück. Wenn das die Sozialpolitik dieser Regierung ist, dann kann ich nur sagen, sie hat total versagt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Nürnberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.33

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Bericht ist sicherlich in einigen Punkten nicht erfreulich, vor allem in der Einkommensentwicklung und aufgrund der Tatsache, daß die Schere zwischen den Einkommen der Frauen und jenen der Männer weiter auseinandergegangen ist. Als einem der Verantwortlichen für die Lohn- und Gehaltspolitik in unserem Lande, der sie auch mitgestalten kann, sei es mir gestattet, einige Bemerkungen zu diesen beiden Punkten zu machen.

Denn so einfach wie Frau Abgeordnete Rauch-Kallat am 5. März in einer Presseaussendung mit dem Titel "An der Einkommenssituation der Frauen sind die Gewerkschaften schuld" kann man es sich nicht machen! In dieser Aussendung heißt es weiter: "Die Gewerkschaften sind diejenigen, die bei den Lohnverhandlungen mitentscheidend mitwirken. Und sie haben es daher auch in der Hand, mehr für die Frauen zu tun." – Wenn es doch so einfach wäre! Da uns dafür die Schuld gegeben wird, muß ich einige Positionen klarstellen.

Zunächst zur Einkommensentwicklung. Die Gewerkschaften insgesamt haben im Rahmen ihrer Kollektivvertragspolitik quer durch alle Branchen in den letzten Jahren gute Abschlüsse erzielen können, die alle sehr wesentlich oder sehr deutlich über der Inflationsrate liegen. Gerade wegen der Abschlüsse des letzten oder der letzten beiden Jahre sind wir kritisiert worden, sie seien zu hoch, sie seien unverantwortlich, wir würden damit die Wirtschaft ruinieren und Arbeitsplätze gefährden! Aber ich will mich nicht weiter darüber auslassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines unserer Hauptprobleme ist die zurückgehende Lohnquote. Etwas mehr als eine Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wechselt jährlich den Arbeitsplatz, der Lohn und das Gehalt, den beziehungsweise das sie vom neuen Dienstgeber bekommen, ist jedoch in 99 Prozent der Fälle niedriger als jener/jenes in der alten Beschäftigung.

Wir können Zahlen auf den Tisch legen, denen zufolge die Differenz zwischen den kollektivvertraglichen Mindestlöhnen und den tatsächlichen Ist-Löhnen in den letzten Jahren rückläufig ist, also in genau jenem Zeitraum, geschätzte Frau Bundesministerin, in dem auch die Lohnquote wieder rückläufig ist. Aber jene Lohnerhöhungen, die wir erreichen können, können nie so hoch sein, daß diese Rücknahme der Überzahlungen aufgefangen wird.

Und nun zum Unterschied zwischen dem Einkommen der Frauen und jenem der Männer. Es gibt in Österreich seit vielen, vielen Jahren, ich darf sagen seit Jahrzehnten, in keinem einzigen Kollektivvertrag mehr – und wir haben an die 600 Kollektivverträge – eine eigene Frauenlohngruppe. Es sind alle abgeschafft worden! Und den Gewerkschaften gelingt es immer wieder, auch die letzten Lohngruppen, in welche viele Unternehmen die Frauen zu Unrecht einreihen, zu streichen, damit die Frauen zu einem höheren Verdienst kommen. (Abg. Haller: Wie ist es bei der bereinigten Lohnquote? Wo bleibt da die Gewerkschaft?)

Die Gewerkschaften haben in den letzten Jahren verstärkt solidarische Lohnpolitik gerade im Interesse jener, die das geringste Einkommen haben, praktiziert. Es sind alle Varianten, die es gibt, durchgespielt worden, ob nun Einmalbeträge, Mindestbeträge, untere Lohngruppen stärker anheben und vieles mehr. Aber die Gewerkschaften können insgesamt nur Mindeststundenlöhne vereinbaren. An den Arbeitgebern liegt es, meine sehr geehrten Damen und Herren, was tatsächlich in den Betrieben bezahlt wird. Daher habe ich es vermißt – und es wäre gut gewesen, das zu tun –, daß Frau Rauch-Kallat an die Abgeordneten ihrer eigenen Partei, die die Wirtschaft in diesem Hause vertreten, appelliert, damit die Arbeitgeber den Frauen mehr bezahlen, nämlich mehr, als eben im Kollektivvertrag vorgesehen ist! (Beifall bei der SPÖ.)

In den letzten Tagen und Wochen haben wir einige neue Vorschläge – ich werde zu einem, der heute in den Zeitungen herumgeistert, auch noch Stellung nehmen – gehört. Die gewerkschaftliche Lohnpolitik gehöre dezentralisiert, sie gehöre auf Länderebene übertragen, es gehörten die einzelnen Innungen, die einzelnen Fachverbände damit betraut. Manche gehen sogar so weit, zu sagen: Wir machen uns das in den einzelnen Betrieben aus. – Da muß etwas dahinterstecken, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn eigentlich könnte es nur dazu führen, daß noch geringere Lohnabschlüsse erzielt werden. (Abg. Rieß: Wer sagt das? Wer hat das gefordert?)

Angesichts der Situation im Metallgewerbe oder jener im Hotel- und Gastgewerbe des Jahres 1997, als die Gewerkschaft monatelang kämpfen mußte, und aufgrund der Tatsache, daß es Berufsgruppen gibt, die, wie etwa die Friseure, seit dem Jahre 1992 keine Lohnerhöhung bekommen haben, weil die Arbeitgeber ganz einfach nicht bereit sind, einen Lohnabschluß zu tätigen, ist klar, daß wir diese Wege nicht gehen werden!

Ich darf meine Bitte, meinen Appell an Sie, geschätzte Frau Bundesminister, neuerlich wiederholen: Schaffen Sie ein modernes, zeitgemäßes Instrumentarium, damit wir Kollektivverträge satzen können! Wir haben zwar auch jetzt bereits Satzungsmöglichkeiten, aber die Praxis zeigt, daß diese nicht mehr zeitgemäß sind. Und auch die Arbeitgeber können nicht gegen Satzungen sein, denn sie selbst bedienen sich, wie Sie in Ihrem Ministerium erfahren können, des Instrumentariums der Satzung, da sie erst gestern eine Satzung gegen uns durchgesetzt haben. Auch die Arbeitgeber haben also ein sehr großes Interesse daran. Vielleicht, Frau Abgeordnete Tichy-Schreder, Herr Dr. Stummvoll, könnte man gemeinsam darauf hinarbeiten, das zu novellieren, denn auch Arbeitgeber müssen ein Interesse daran haben.

Da die Zeit zu kurz ist, will ich auf die Vorschläge, die von Ihnen, Herr Abgeordneter Peter, und von Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter Leitl bezüglich des 13. und 14. Monatsgehaltes gekommen sind, gar nicht eingehen. Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß man darüber reden kann, aber das, was wir im Moment haben, muß abgesichert werden. Denn wenn wir es nicht am bestehenden Niveau festschreiben, werden wir, wenn ich Ihren Weg gehe, in drei oder vier Jahren – und mit mir können Sie nur über einen solchen Zeitrahmen diskutieren –, sobald das 13. und 14. Gehalt aufgesogen sein werden, weniger haben. Ihr habt mit sofort vorgeworfen, das sei leistungsfeindlich und, und, und.

Der heutige Vorschlag des Herrn Generaldirektor Hochleitner von Siemens, daß es bei Lohnerhöhungen überhaupt nur Einmalbeträge geben solle, würde dazu führen, daß die Einkommen für alle Zeiten gleichbleiben, und das würde noch weiter in die Armut führen. (Beifall bei der SPÖ.) Das sind Wünsche, die er zwar vorbringen kann, für die er aber sicher keine Gewerkschaft finden wird, die eine derartige Lohnpolitik mit ihm vereinbaren wird. Diejenigen, an die er es gerichtet hat, nämlich die Metaller, werden so etwas mit ihm sicherlich nicht vereinbaren.

Zum Schluß möchte ich noch einmal den Vorwurf der Frau Abgeordneten Rauch-Kallat zurückweisen. Die Gewerkschafter sind sicherlich nicht schuld an dieser Situation, sie tun ohnehin das, was möglich ist! Sie sollte ihre Appelle an die Arbeitgeber richten, das wäre wirkungsvoller! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.)

12.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haigermoser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

12.40

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Die Einsetzung eines Ausschusses für Beschäftigungsfragen auf EU-Ebene wird im Antrag 395/A (E) gefordert. Ich möchte mich nun damit befassen. Es ist an sich ein bißchen zuviel der Ehre für den Herrn Öllinger, aber es handelt sich um einen Antrag des Herrn Öllinger, den wir ebenfalls in diesem Tagesordnungsblock diskutieren.

Es stellt sich jedoch aus aktuellem Anlaß die Frage, Herr Kollege Nürnberger – und das gehört auch zur Gesamtthematik Steuerreform, die Sie gestern groß gefeiert haben –: Wie haben Sie es denn mit der Entlastung des Faktors Arbeit gehalten? – Gerade in diesem Bereich haben Sie überhaupt nichts getan! Sie waren also säumig, meine Damen und Herren! Daher waren es Schalmeienklänge, die Sie, Herr Kollege Nürnberger, gerade eben in das Plenum hineinposaunt haben. Denn es ist ein Faktum, daß wir bei den Lohnnebenkosten nach wie vor Europaspitze sind.

Herr Kollege Stummvoll, Sie haben beklagt, daß die Lohnnebenkosten so hoch seien, bei dieser Steuerreform aber keine Maßnahmen dagegen herausgekommen wären. (Abg. Dr. Stummvoll: Ich werde mich dazu melden!) Zu wenig? – Ich frage mich, wo überhaupt etwas passiert ist! (Abg. Tichy-Schreder: Aha! Sie wissen es noch nicht!) Es wäre eine gute Möglichkeit, daß die Sozialpartner – diese sind soeben vom Kollegen Nürnberger angesprochen worden – im eigenen Haus etwas tun.

Kollege Haupt hat heute einen Antrag eingebracht, die Arbeiterkammerumlage bei den über Fünfzigjährigen – immerhin 0,5 Prozent – auszusetzen. Damit würden ab sofort nach Beschlußfassung die Lohnnebenkosten um einen halben Prozentpunkt gesenkt. Für über 50jährige wäre das eine große Hilfe.

Zur Kammerumlage 2: Wir werden, Herr Kollege Stummvoll, weiters einen Antrag einbringen, bei den über Fünfzigjährigen auch die KU 2 zu streichen. Dann hätten Sie mit einem Schlag bei den Lohnnebenkosten um einen ganzen Prozentpunkt weniger, ohne daß der Steuersäckel belastet wird, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das wäre eine glaubwürdige Entlastungspolitik seitens der Sozialpartner!

Wir haben uns auf die über Fünfzigjährigen beschränkt, da diese, wenn sie arbeitslos werden, auf dem Arbeitsmarkt nur mehr schwer zu vermitteln sind. Das wäre echte Sozialpolitik! Sie sind aber offensichtlich nicht bereit, dagegen etwas zu tun. Ich hoffe aber, daß Sie über diese Hürde, über den eigenen Schatten, noch springen werden, denn sonst wäre zur Steuerreform nur zu sagen: Der Berg kreißte und eine Blindschleiche ward geboren, meine Damen und Herren!

Die Auguren sagen das auch schon. Liest man die heutigen Zeitungen aufmerksam durch, so findet man neben den Jubelüberschriften, die da und dort auszumachen sind, einen Artikel in den "Salzburger Nachrichten", in dem Herr Gerhard Steininger schreibt:

"Das ursprüngliche Ziel des Unternehmens", also der Steuerreform, "ist mit Abstand nicht erzielt worden. Der Auftrag, den sich die Regierung gegeben hat, hat gelautet: ... Entlastung des Faktors Arbeit. Der Auftrag blieb unerfüllt, weshalb es auch nicht ehrlich ist, von einer Steuerreform zu sprechen." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das heißt also, Sie haben wieder einmal Ihre Hausaufgaben nicht gemacht. "Nicht genügend, setzen, Herr Kollege Stummvoll!," müßte man Ihnen zurufen (Abg. Dr. Krüger: Er sitzt eh schon!), wenn dieses Rednerpult ein Katheder wäre und Sie der Schüler in der letzten Reihe. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber Sie werden diese Benotung ehebaldigst erfahren. Ich möchte heute noch kein Prophet sein, aber man braucht nur in die Bevölkerung hineinzuhören, um zu wissen, wie Ihre "Aktivitäten" – unter Anführungszeichen – ankommen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einige kurze Bemerkungen dazu machen, daß in diesem vorliegenden Öllinger-Antrag quasi die EU herbeigerufen wird, die Europäische Union solle jetzt etwas tun. Daß die EU in ihrem gegenwärtigen Zustand arbeitsmarktpolitisch etwas tun kann, daran habe ich berechtigte Zweifel, vor allem deshalb, weil bereits zu hören ist, daß Frau Cresson rudert, damit sie wieder das Amt einer Kommissarin bekommt. Jene Frau Cresson, meine Damen und Herren, die besonders dreist hantierte, ist – nebenbei gesagt – Sozialistin, Sozialdemokratin! (Abg. Tichy-Schreder: Das hat mit dem Sozialbericht nicht sehr viel zu tun!) – Ich könnte aber auch einige Konservative nennen. – Frau Ritt Bjerregaard etwa, Sozialdemokratin aus Dänemark, ist einzig und allein dadurch aufgefallen, daß sie sich in Kopenhagen eine Sozialwohnung erschwindelt hat. Als Belohnung wurde sie dann Kommissarin in der Europäischen Union, meine Damen und Herren. Dort ist also die Arbeitsplatzsicherung sicherlich nicht gut aufgehoben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Motto der gegenwärtigen EU "Verharmlosen, vertuschen, verdrängen!" ist mehr Gefahr denn Hilfe! Trotzdem sind Sie nicht dazu bereit, auf nationaler Ebene etwas zu tun beziehungsweise die richtigen Weichen zu stellen.

Wenn Sie, Herr Kollege Stummvoll, in der Broschüre der Wirtschaftskammer "Zahlen, Daten, Fakten" die zu hohen Lohnnebenkosten anführen und sagen, daß unter anderem insbesondere die Kommunalabgabe hiefür verantwortlich ist, dann frage ich Sie, warum Sie die Kommunalabgabe zumindest bei den Lehrlingen nicht ausgesetzt haben. Sie haben nur wieder mit einem bürokratischen Geschichterl herumgefuhrwerkt, damit Sie sagen können, Sie hätten ohnedies etwas durchgesetzt.

Meine Damen und Herren! Sie sollen Nägel mit Köpfen machen und nicht immer mit doppeltem Boden arbeiten. Das ist der Punkt, was die Arbeitsplatzsicherung anbelangt, um vor allem in der Wirtschaft auch offensiv sein zu können.

Abschließend, meine Damen und Herren: Vieles wurde schon zur neuen Armut, zu innovativen, arbeitsplatzsichernden Maßnahmenpaketen gesagt. Sie sind heute wieder einmal auf dem Prüfstand gewesen, und es ist festzuhalten, daß Sie eigentlich nur faule Kompromisse geschlossen haben. Dabei werden jedenfalls wir Freiheitliche nicht mittun! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.46

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur zwei Bemerkungen zu den Ausführungen meines Vorredners machen.

Zu Ihrer letzten Bemerkung, warum wir die Kommunalabgabe nicht verändert haben, ist zu sagen, Kollege Haigermoser, daß das einen ganz einfachen Grund hat, nämlich jenen, daß Verträge unserer Überzeugung nach einzuhalten sind. Die Kommunalabgabe ist Bestandteil des Finanzausgleiches, eines Vertrages zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, und wir halten uns an Verträge! (Abg. Böhacker: Darum haben Sie die Steuergesetze rückwirkend geändert!) Wir halten sie ein, und deshalb haben wir jetzt bezüglich der Kommunalumlage nichts getan. Das wird ein Thema der nächstjährigen Finanzausgleichsverhandlungen sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Da quietschen die Räder aber gehörig! Dagegen ist der "Elchtest" ja eine Geradeausfahrt!)

Herr Kollege Haigermoser! Zu Ihrem zweiten Punkt, nämlich die KU 2 bei den Älteren aufzuheben, möchte ich folgendes feststellen: Ich wehre mich entschieden dagegen, Jung gegen Alt auszuspielen, Herr Kollege! Das haben Sie versucht! Wir bekennen uns dazu, daß für junge Unternehmer die KU 2 aufgehoben wird, aber ich kann sie nicht für Jung und Alt aufheben, denn dann bezahlt das nur mehr der Mittelstand, und das geht sicher nicht, Herr Kollege Haigermoser. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit dem Sozialbericht des Jahres 1997, und es ist keine Überraschung, daß das Hauptkapitel, die meisten Seiten in diesem Bericht dem Thema "Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik" gewidmet sind. Ich glaube, das trägt dem hohen, auch politischen Stellenwert Rechnung, den Beschäftigungspolitik und Arbeitsmarktfragen heute erfreulicherweise sowohl in Europa als auch in Österreich haben.

Trotzdem ist zu fragen: Sind es wirklich primär sozialpolitische Fragen? – Ich sage: Eigentlich nein, denn primär sind es wirtschaftspolitische Fragen, und letztlich kann jeder Sozialminister, und sei er noch so tüchtig, nur marginal etwas zur Beschäftigungssicherung beitragen, natürlich im Bereich der Arbeitsvermittlung, im Bereich der Qualifikationserneuerung, Umschulung, Nachschulung und so weiter, also alles wichtige Aufgaben. Letztlich jedoch ist es Aufgabe der Wirtschaftspolitik, die Rahmenbedingungen so zu setzen, daß es für Unternehmer attraktiv ist, in diesem Land Arbeitsplätze zu schaffen und hier zu investieren. Damit haben wir die Querverbindung zur Steuerreform, auf welche auch meine Vorredner zum Teil schon eingegangen sind.

Meine Damen und Herren! Ich möchte all jenen, die jetzt – ich sage das ganz bewußt – herummatschkern und behaupten, das sei nur ein Reförmchen und nicht der große Wurf gewesen (ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Peter), sehr offen und deutlich sagen: Herr Kollege Peter – Sie lachen so –, jeder träumt vom großen Wurf, das ist gar keine Frage! (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.) Aber ich sage Ihnen auch ganz offen, daß es trotz aller innovativen Reformansätze, die ebenfalls enthalten sind, dem Steuerzahler und Staatsbürger völlig egal ist, ob das eine große oder eine kleine Reform ist, er will auf jeden Fall eine steuerliche Entlastung haben. Und eine Steuersenkung von 30 Milliarden Schilling netto würden Sie, Herr Kollege Peter, nie zustandebringen! Das sage ich Ihnen auf den Kopf zu! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.)

Eine Senkung der Steuern um 30 Milliarden Schilling ist eine effiziente Steuerpolitik! Die Diskussion, ob es nun eine große Reform oder kleine Reform ist, ist sekundär. Es ist jedenfalls eine massive steuerliche Entlastung! Und wenn jetzt eine Durchschnittsfamilie mit zwei Kindern monatlich 1 700 S netto mehr hat, dann ist das kein Reförmchen, sondern eine massive Steigerung der Kaufkraft zugunsten der Familie, Herr Kollege Peter. Das ist die Politik, zu der wir uns bekennen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Böhacker: Der Verfassungsgerichtshof hat Sie gezwungen!)

Das heißt, eine Tarifsenkung um 17 Milliarden Schilling ist ein Nachfrageimpuls, der zum richtigen Zeitpunkt kommt, da gerade jetzt die Exportdynamik ohnehin ein bißchen nachläßt. Sie wird von der Nachfrageseite her die Beschäftigungslage verbessern. Auch von der Kostenseite her haben wir deutliche Signale wie Eigenkapitalstärkung, Jungunternehmerförderung, Investition ins Humankapital ausgesendet. Das sind alles innovative Ansätze dieser Steuerreform, die zur Beschäftigungssicherung zweifellos beitragen werden. (Abg. Mag. Peter: Herr Dr. Stummvoll, das ist peinlich! Das ist wirklich peinlich!)

Herr Kollege Peter! Ich weiß, auf der ganzen Welt ist es Aufgabe der Opposition, immer nur zu kritisieren. Sie beherrschen Ihr Geschäft perfekt. Ich frage mich nur, wer auf lange Sicht glaubwürdiger ist: jene, die die Steuern senken, oder jene, die nur herumreden und ständig sagen, es sei zu wenig, es sei nicht der große Wurf. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Kollege Peter, das ist der Punkt! (Abg. Böhacker: Ich nehme ihnen 100 Milliarden weg und gebe ihnen 12 Milliarden zurück! Das ist die Politik der Regierung!) Und ich sage Ihnen, es ist kein Zufall, daß Sie jetzt so bangen müssen, ob es Ihren Klub nach der nächsten Wahl in diesem Haus wieder geben wird. (Abg. Böhacker: Da gebe ich Ihnen recht!) Die Menschen haben ein feines Gespür dafür, was seriös und was unseriös ist, was ehrlich und was unehrlich ist! (Abg. Mag. Peter: Das gebe ich zurück!)

Ich behaupte: Eine Steuerreform mit einer Senkung der Steuern um 30 Milliarden Schilling ist sowohl nachfrageseitig als auch angebotseitig ein massiver Schub in Richtung Absicherung der Beschäftigung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.51

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Der Bericht zur sozialen Lage ist wie jedes Jahr sehr interessant und aufschlußreich gestaltet, für jeden Sozialpolitiker unbedingt notwendig und eine Fundgrube. Die Daten, die darin über den Arbeitsmarkt, die Einkommenssituation, die Lohnquote, die Arbeitslosenrate, die Kaufkraft und die Verarmung der österreichischen Bevölkerung enthalten sind, zeigen aber, daß eine Kritik an der Sozialpolitik der österreichischen Bundesregierung ganz einfach angebracht ist.

Die Situation am Lehrstellenmarkt ist dadurch gekennzeichnet, daß Ausbildungsplätze durch budgetäre Aufwendungen erkauft worden sind. Zwar sind in den letzten zwei Jahren 1,8 Milliarden Schilling für 4 000 Jugendliche ausgegeben worden, es ist aber nicht gelungen, damit auch langfristig Arbeitsplätze für Jugendliche zu schaffen.

Beim Thema "Entlastung des Faktors Arbeit" geht im Prinzip nichts weiter. Zwei Jahre lang wird bereits über die Entlastung des Faktors Arbeit diskutiert, jetzt ist ein Stillstand eingetreten. Nun gibt es eine Steuerreform! Die Bundesregierung – wir sind ja nicht in der Bundesregierung, wir sind in der Opposition – kündigt zwar, so wie jetzt bei der Steuerreform, immer wieder etwas an, herausgekommen ist in puncto Entlastung des Faktors Arbeit null und nichts!

Der Anstieg der Arbeitslosenrate geht ebenfalls ständig weiter. Wir haben mit Stand 1997 eine Arbeitslosenrate von 7,1 Prozent, wobei zu bemerken ist, daß Frauen von Arbeitslosigkeit etwas stärker betroffen sind als Männer, ebenso die älteren Arbeitnehmer sowie unter diesen wiederum vor allem die Arbeiter.

Ich finde es zum Beispiel nicht mehr zeitgemäß, daß ein Arbeiter, der über 35 Jahre alt ist, nicht mehr in den öffentlichen Dienst eintreten kann. Natürlich wären, bevor man so etwas umsetzt, die entsprechenden Rahmenbedingungen über das Lohnschema und so weiter zu ändern. Aber es müßte doch eine Möglichkeit geben, daß erfahrene Arbeitnehmer, vor allem Arbeiter, im öffentlichen Dienst auch in einem fortgeschrittenen Alter – für mich ist jemand mit 35 oder 40 Jahren noch kein alter Mensch, sondern in den besten Jahren – noch unterkommen.

Unter den Behinderten gibt es 37 470 Personen ohne Beschäftigung. Auch da ist die Rate im Steigen begriffen, gegenwärtig liegt sie bei 16 Prozent. Besonders der öffentliche Dienst zeichnet sich darin aus, daß er seiner Einstellungsverpflichtung nicht nachkommt. In den zwölf Ministerien gibt es 5 444 Pflichtstellen, 2 369 davon sind nicht besetzt, es werden also praktisch 40 Prozent der Stellen nicht besetzt! – Frau Bundesminister! Ich habe jedesmal, wenn ich über Behinderte gesprochen habe, den Appell an Sie gerichtet, auf die Ministerien – Ihr Ministerium erfüllt das ja selbstverständlich, aber andere hinken etwas nach – Druck auszuüben, damit vermehrt Behinderte eingestellt werden.

Wir haben eine steigende Armutsgefährdung zu verzeichnen, die Einkommenssituation in Österreich ist nicht die beste. Überstunden werden immer öfter nicht ausbezahlt, sondern, obwohl im Steigen begriffen, durch Überstundenpauschalen abgegolten. Vor allem im Bereich von Post und Bahn, die ausgegliedert worden sind, werden zwar Mitarbeiter abgebaut, die Zahl der Überstunden jedoch steigt – im Durchschnitt sind in diesen Unternehmen über zehn Überstunden pro Woche und Mitarbeiter zu verzeichnen.

Die Erwerbsquote sinkt, und zwar von 70,5 Prozent im Jahre 1992 auf 69,2 Prozent im Jahre 1997. In Österreich verdienen zirka 9 Prozent der unselbständig Erwerbstätigen unter 12 000 S brutto, das ist ganz einfach zum Leben zuwenig und zum Sterben zuviel! Das Realeinkommen ist um 3,8 Prozent gesunken. Davon sind vor allem die Frauen besonders betroffen. Sie verdienen noch heute 29 Prozent weniger als die Männer. Und auch die Haushalte von Alleinerzieherinnen und Mehrkindfamilien sind durch die derzeitige Situation nicht gerade gut gestellt.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird durch die fehlenden beziehungsweise nicht bedarfsorientierten Kinderbetreuungseinrichtungen erschwert und beeinträchtigt zudem das Leben in der Familie. Die Verarmung der österreichischen Bevölkerung durch die vorangegangenen Sparpakete und die Rücknahme sozialer Errungenschaften wird im Bericht zur sozialen Lage 1997 ganz klar dokumentiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.56

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Für diesen hervorragenden, informativen und übersichtlichen Bericht danke ich der Frau Bundesministerin und ihren BeamtInnen. Erfreulicherweise ist im Jahre 1997 die Zahl der unselbständig Erwerbstätigen etwas angestiegen. Leider gab es auch einen leichten Anstieg der Arbeitslosenquote. Frauen und über Fünfzigjährige sind davon stärker betroffen, deren Arbeitslosigkeit dauert wesentlich länger.

Erfreulich ist, daß die Arbeitslosenquote bei allen unter 25jährigen mit 6,7 Prozent den geringsten Wert innerhalb der Europäischen Union aufweist. Der überwiegende Teil der Arbeitslosen hat maximal Pflichtschul- und Lehrausbildung. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen lag im Jahre 1980 bei zirka 25 000, 1997 betrug sie mehr als das Siebenfache.

Das mittlere monatliche Arbeitslosengeld betrug 8 900 S, die Notstandshilfe 7 300. Langzeitarbeitslose haben weniger Sozialkontakte, sind armuts- und krankheitsgefährdet. Daher ist es das erklärte Ziel sozialdemokratischer humaner Politik, Arbeitslosigkeit zu vermeiden und den Betroffenen entsprechende Hilfestellung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Als Ärztin sehe ich, daß ungelernte Arbeiter ohne Berufsschutz bei Krankheiten geringere Zugangsmöglichkeiten zu krankheitsbedingter Pension haben, daß befristete Pensionen nicht verlängert werden und so über Fünfzigjährige krank zurück auf einen Arbeitsmarkt müssen, der sie nicht will!

Wir lesen Statistiken. Außerhalb des Parlaments erleben wir die Einzelschicksale von Menschen, für die das soziale Netz – noch! – zu weitmaschig ist. Wir werden uns in der kommenden Legislaturperiode besonders dieser Gruppe widmen müssen und ebenso weiterhin die rechtliche Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten forcieren.

Bedingt durch die Maßnahmen des Jahres 1996 bilanziert die Sozialversicherung positiv. Durch eine immer ältere Bevölkerung und mehr medizinische Möglichkeiten wird der Überschuß in der Krankenversicherung schwer zu halten sein. Bemerkenswert ist die sinkende Krankenstandsdauer und die Verringerung der Krankenstandsfälle aus Sorge um den Arbeitsplatz mit eventuell fatalen Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Betroffenen; ich denke dabei vor allem an Herz-, aber auch an Gelenksleiden.

Der Anteil der Bundesmittel an den Pensionen hat sich auf 24,2 Prozent verringert, obwohl das Pensionsabgangsalter in den letzten 27 Jahren bei Frauen von 77,7 auf 81,2 Jahre, bei Männern von 76,2 auf 78,6 Jahre angestiegen ist. Die Pensionisten zählen erfreulicherweise nicht zur armutsgefährdeten Gruppe – ein großer Erfolg der Sozialpolitik! Private Pensionsleistungen mit Kapitaldeckungsverfahren könnten diese Sicherheit niemals gewährleisten. Daher sage ich wie Kollege Seidinger ein klares Ja zur Pflichtversicherung und nicht zur Versicherungspflicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Laut Statistik werden in Österreich mehr als 400 Millionen Überstunden geleistet. Wie viele Arbeitsplätze könnte man durch Reduzierung dieser Überstunden schaffen! Sie werden zum Teil gerne geleistet, da durch zu niedrige Brutto-Grundbezüge erst mit Überstunden der angestrebte Lebensstandard erreicht werden kann. Jedoch nur 68 Prozent der Überstunden Leistenden erhalten die gesetzlich vorgeschriebenen Zuschläge immer. Im öffentlichen Dienst ist der Aufwand für Überstunden gestiegen. – Mir wäre es lieber, wir hätten dort mehr Arbeitsplätze.

Bei den Sozialausgaben, die von 465 Milliarden Schilling im Jahre 1990 auf 692 Milliarden Schilling im Jahre 1996 angestiegen sind, haben sich die Ausgaben für Arbeitslosenleistungen verdoppelt. Allein diese Zahl muß alle Politiker dazu anregen, nicht Arbeitslose, sondern Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und mit vereinten Kräften neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Österreichs Sozialquote lag im Jahre 1995 mit 29,7 Prozent über dem EU-Durchschnitt von 28,4 Prozent. Das Pflegegeld, eine der wichtigsten Sozialleistungen der neunziger Jahre, geht vermehrt an ärmere Haushalte. Der weitere Ausbau von sozialen Diensten und Pflegeheimbetten muß angesichts des steigenden Alters der Betroffenen sowie der verstärkten Inzidenz von Demenz und Hirnleistungsstörungen vordringlich sein.

Bei der Einkommensentwicklung ist in den letzten 18 Jahren der Anteil des Bruttoentgelts für unselbständige Arbeit weit weniger gewachsen als Gewinn- und Besitzeinkommen. Dies muß politisch berücksichtigt werden!

Zuletzt zum Gesundheitswesen: Das LKF-System hat positive Wirkungen gezeigt. Bezüglich der Qualität weise ich auf Studien hin, die besagen: Wenn der Personalschlüssel zu niedrig, die Überforderung zu hoch ist, dann sinkt die Qualität, wie anhand von nosokomialen Infektionen zu beweisen ist. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Unser Sozial- und Gesundheitswesen zählt zu den besten und effizientesten der Welt. Trotzdem sind wir Sozialdemokraten noch nicht am Ziel unserer Wünsche. Und ich frage mich, welche Mathematiknoten manche Oppositionspolitiker, die zwar immer wieder eine Verringerung von Steuern und Sozialabgaben, aber zugleich die Erhöhung der Sozialausgaben fordern, in ihren Abschlußzeugnissen haben, denn entweder haben sie keine Ahnung von den primitivsten mathematischen Grundbegriffen, oder sie fordern unseriös, weil sie keine Verantwortung tragen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokraten arbeiten mit aller Kraft weiter, um dieses Land noch humaner, sozialer, gesünder und lebenswerter zu gestalten und vorrangig Arbeitslosigkeit und Armut zu bekämpfen! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

13.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.03

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auf die Ausführungen von Frau Haidlmayr zurückkommen, die gemeint hat, daß das Pflegegeld den Behinderten praktisch wieder geraubt worden sei, und für diese Aussage von den nachfolgenden Rednern sehr gescholten wurde.

Ich meine, vielleicht ist "geraubt worden" ein zu krasser Ausdruck, aber auf der anderen Seite muß ich ihr recht geben. Man darf doch nicht vergessen: Kaum war das Pflegegeld beschlossen und die erste Auszahlung bewirkt, ist mit der anderen Hand den Behinderten schon wieder ein Teil von dieser Pflegevorsorge weggenommen worden!

Zuerst haben die Vereine, die Heime und so weiter, in denen Behinderte untergebracht sind, 20 oder 30 Prozent des Pflegegeldes kassiert. Dann sind die Leistungen teurer geworden, zum Beispiel die Selbstbehalte für Hilfsmittel, für Kuraufenthalte, für Fahrtendienste und so weiter – immer mit dem Hinweis darauf, daß es ja jetzt das Pflegegeld gibt. Das heißt, einmal ausbezahlt und siebenmal angerechnet – das war Ihre Politik mit der Pflegevorsorge! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Daß die Behinderten daher verbittert sind, verärgert sind, das müssen Sie doch einsehen!

Frau Gatterer! Sie haben gemeint, 80 Prozent der Behinderten werden von den Eltern betreut, werden zu Hause betreut. – Ja, bitte schön, das ist doch keine Leistung, die Sie von der ÖVP oder Sie von der SPÖ sich auf Ihre Fahnen schreiben können! Da müssen doch die Eltern, die Betreuer gelobt werden, aber doch nicht Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben doch wirklich keine Veranlassung dazu, es als Triumph auf Ihre Fahnen zu heften, daß 80 Prozent der Behinderten zu Hause betreut werden. Was glauben Sie, was es für Opfer bedeutet, einen Behinderten zu betreuen, erstens an finanziellen Opfern – und das ist in keiner Weise durch die Pflegevorsorge gedeckt – und zweitens an persönlichen Opfern?! – Ich möchte Ihnen wirklich einmal vergönnen, sich das anzuschauen! Ich spreche dabei aus eigener Erfahrung, das möchte ich hier an dieser Stelle auch sagen.

Also wie gesagt: Loben Sie sich doch nicht für etwas, wofür Sie überhaupt nichts können, sondern schauen Sie, daß die finanzielle Vorsorge für die Behinderten garantiert ist! Als allererste haben ja die Länder das Taschengeld für die Behinderten gestrichen. Sie haben es den Behinderten auf 500 S reduziert! – Ja, wie soll denn ein Behinderter damit einigermaßen leben können?!

Das wollte ich nur einmal zu den Ausführungen meiner Vorredner sagen. Aber ein anderes Thema möchte ich heute auch nicht unerwähnt lassen, weil Sie sich immer rühmen, daß wir das beste Sozialsystem haben. Frau Kollegin Pittermann hat das wieder erwähnt. Es gibt aber Bereiche, die wirklich unzureichend geregelt sind, Bereiche, in denen es große Ungerechtigkeiten gibt, und dazu gehört die Unterscheidung bei den Unfallopfern. Es wird nämlich zwischen Freizeitunfall und Arbeitsunfall unterschieden, und daraus resultieren wirklich die gröbsten Ungerechtigkeiten!

Während beispielsweise das Unfallopfer nach einem Arbeitsunfall sofort die medizinische, berufliche und soziale Integration erfährt, eines in das andere greift und wirklich zu einer optimalen Konzentration aller Hilfsmaßnahmen führt, ist das Freizeitunfallopfer einem Kompetenzstreit ausgesetzt und muß um seine Leistungen kämpfen. Da streiten nämlich die Länder, das Arbeitsmarktservice, die Pensionsversicherung und die Krankenkassen darum, wer die Kosten trägt. Jeder will sich abputzen, um nur ja nicht zahlen zu müssen. Und dementsprechende Mängel gibt es dann auch in der Versorgung.

Ich finde, es ist dringend notwendig, Frau Ministerin, daß diese Ungerechtigkeiten in der Praxis beseitigt werden. Man muß auch dazusagen, daß es oft nur vom Zufall abhängt, ob jemand einen Arbeitsunfall oder einen Freizeitunfall hat, denn wenn jemand zum Beispiel auf seinem Arbeitsweg einen Umweg macht und einen Unfall erleidet, dann wird ihm dieser Unfall bereits als Freizeitunfall angerechnet und nicht mehr als Arbeitsunfall, und er fällt schon unter die schlechteren Bedingungen.

Sie schütteln den Kopf, Frau Ministerin, aber ich möchte Ihnen sagen: Die ARGE Rehabilitation beziehungsweise deren Präsident hat vor kurzem eine Petition eingebracht zur Beseitigung dieser Ungerechtigkeiten, die mit der unterschiedlichen Behandlung der Unfallopfer zusammenhängen. Und ich bitte Sie schon jetzt, diese Petition zu unterstützen, denn es ist in keiner Weise auch nur irgendwie zu rechtfertigen, daß Freizeitunfallopfer schlechter behandelt werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

13.08

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geschätzte Frau Abgeordnete Partik-Pablé, darf ich Sie dazu einladen, daß wir in einem Gespräch klar die Rechtslage und die Unterschiede zwischen Freizeitunfallopfern und Arbeitsunfallopfern darstellen. Ich fürchte, daß Sie falschen Informationen aufsitzen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nein!) und daß Sie die konkrete Situation nicht umfassend kennen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich schon!)

Es würde den Rahmen dieser Debatte sprengen, das jetzt auszudiskutieren, aber ich glaube, daß wir in einem Gespräch sehr vieles von dem, was Sie angesprochen haben, aufklären können, es begründen und sachlich darstellen können, damit Sie genau wissen, wie die Situation ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Selbstverständlich habe ich mich erkundigt!)

13.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Die Berichterstatterinnen wünschen kein Schlußwort.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, den vorliegenden Bericht in III-172 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend Abschaffung der Arbeiterkammerumlage für über 50jährige Kammerzugehörige.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen betreffend Verbot der Freikaufsmöglichkeit für Bund, Länder und Gemeinden von der Behinderteneinstellungspflicht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1659 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall, daß Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, der Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Schließlich kommen wir noch zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages in 1524 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese Genehmigung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, die Genehmigung ist einhellig erteilt.

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1570 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Maßnahmen anläßlich der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke erlassen und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1660 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun den 4. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.12

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Es liegt heute ein Gesetzentwurf vor, der die Ausgliederung der Wiener Stadtwerke zum Inhalt hat. – So weit, so gut. Aber zur Art und Weise und Form, wie dies passieren soll, kann ich nur sagen: so weit, so schlecht. Wir werden nämlich den Eindruck nicht los, daß es dafür eine Anlaßgesetzgebung gibt. Diesen Eindruck gewinnt man nicht zuletzt deshalb, weil – aus mir völlig unverständlichen Gründen – der Bund auf die Bezahlung von 125 Millionen Schilling verzichtet.

Jedes private Unternehmen, das sich eine andere Unternehmensform sucht, das also Vermögen verändert, wird zur Zahlung von Steuern verpflichtet. Aber die Stadt Wien und die Vertreter der Regierung richten es sich so, daß 125 Millionen Schilling nicht bezahlt werden müssen.

Mit welchem Recht verfügen Sie über einen dreistelligen Millionenbetrag? Was veranlaßt Sie, dermaßen selbstherrlich vorzugehen, während diese Ausgliederung noch dazu nicht einmal in Ansätzen einer Privatisierung gleichkommt? – Privatisierung würde nämlich bedeuten: Einsatz von privatem Kapital und gleiche Rahmenbedingungen, wie sie für alle anderen Unternehmen in Österreich gelten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Um den Wiener Stadtwerken doch noch einen gewissen Schutz zu geben, ist es also notwendig, ein eigenes Gesetz zu beschließen. Da wird ein eigener Kollektivvertrag für die Mitarbeiter der Wiener Stadtwerke beschlossen. – So weit, so gut. Aber warum ist das überhaupt notwendig? – Weil die sehr fleißigen Mitarbeiter der Wiener Stadtwerke sonst unter einen wesentlich schlechteren Kollektivvertrag, nämlich den des Handels, fallen würden!

Das bedeutet, Herr ÖGB-Präsident Verzetnitsch, daß es nicht so ist, wie Herr Kollege Nürnberger sagt – nämlich wie großartig die Leistungen des ÖGB in der Vergangenheit waren –, sondern daß man zu besonderen Maßnahmen greifen muß, eigene Kollektivverträge ins Leben rufen muß, um den Mitarbeitern keine verschlechternde Situation zuzumuten!

Nun meine ich aber, das Ganze wäre gar nicht notwendig, wenn Sie in der Lage wären, für alle österreichischen Arbeitnehmer Arbeitsbedingungen zu vereinbaren, die zeitgemäß sind. Aber aus Angst, beim Handelskollektivvertrag zu landen, machen Sie einen eigenen Kollektivvertrag.

Da gibt es eine angeblich so gute, eine hochgepriesene Gebietskrankenkasse für die Beschäftigten in Österreich. Aber man traut dem offenbar nicht ganz, denn Sie sagen, wir brauchen für diesen Bereich eine eigene Betriebskrankenkasse. Da frage ich Sie: Wozu? Brauchen Sie für ein paar Funktionäre eine Beschäftigung, oder sind in dieser neuen Krankenkasse die Bedingungen wiederum besser als die für die übrige arbeitnehmende Bevölkerung?

Auch die Frage der Personalvertretungs- oder Betriebsratswahl ist eine etwas eigenartige. Zunächst verlängert man einmal das Mandat bis zur nächsten Wahl. Anscheinend hat man wenig Vertrauen, man fürchtet, daß es unter Umständen durch die Privatisierung des Unternehmens und bei Neuwahlen zu Veränderungen – letztlich auch im Interesse der Mitarbeiter – kommen könnte.

Ich verstehe in diesem Punkt die Haltung der ÖVP überhaupt nicht, denn jedem Privatunternehmen nehmen Sie das Geld mit Freuden weg, da stimmen Sie zu. Ich möchte nicht wissen, was unter der Decke wieder für ein Kuhhandel passiert ist, so wie etwa seinerzeit bei den Österreichischen Bundesbahnen, als man dem Bundesbahn-Betriebsgesetz zugestimmt hat, und dann – siehe da! – ist halt ein Vorstandsdirektor aus der ÖVP zusätzlich nominiert worden. – Das ist Ihre Form der Politik!

Genauso ist es nun mit den Wiener Stadtwerken. Die Linzer, die Salzburger und die Bregenzer Stadtwerke haben alle ihre Steuern abliefern müssen, da hat es keine Anlaßgesetzgebung gegeben! Die haben alles zahlen müssen.

Es gab auch bei den Klagenfurter Stadtwerken die Überlegung, die Unternehmensform zu ändern. Mit einer der Gründe, warum man das nicht getan hat, war die Steuerlast, die sich damals in einer Größenordnung von etwa 15 Millionen Schilling bewegt hätte. Also hat man gesagt: Wozu sollen wir diesen Schritt setzen, wenn es 15 Millionen Schilling kostet?

Das, was Sie machen, daß Sie die Wiener Stadtwerke ausgliedern, daß Sie sie damit quasi dem Blick des Rechnungshofes und der öffentlichen Kontrolle entziehen, ist ja die einzige Veränderung. Denn 100prozentige Eigentümer bleiben Sie schon! Die 100prozentige Eigentümerschaft der Stadt Wien muß erhalten bleiben! – Diese Form der Privatisierung, meine lieben Damen und Herren gerade der ÖVP, versteht in Wirklichkeit niemand mehr! Sie begünstigen hier ein Unternehmen zu Lasten der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber des restlichen Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fuchs. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.17

Abgeordnete Brunhilde Fuchs (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Als Wiener Abgeordnete möchte ich zu dieser Ausgliederung sachlich Stellung nehmen – im Gegensatz zu dem, was wir soeben an polemischen Äußerungen von Herrn Abgeordneten Gaugg gehört haben.

Ich denke, daß für uns Wiener und für das Leben in Wien die Dienstleistungen der Wiener Stadtwerke ganz einfach immer dazugehört haben und nicht wegzudenken sind! (Abg. Gaugg: Auch in den anderen Städten nicht, oder wie denn?! In Linz, in Salzburg, in Bregenz!) – Sie gestatten, daß wir heute über die Ausgliederung der Wiener Stadtwerke sprechen. – Gut. Diese haben nämlich immer die Versorgung der am dichtesten besiedelten Region Österreichs mit Energie und Nahverkehrsleistungen durchgeführt. (Abg. Gaugg: Wien ist anders! So ist es!) – Ja, so ist es. Die Geschäftspalette ist sehr umfangreich – das wissen Sie sicherlich auch – und reicht von Leistungen in den Bereichen Energie, öffentlicher Verkehr und so weiter bis zum Bestattungswesen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gaugg.) – Kurz, viele Lebensbereiche sind davon betroffen.

Das Jahr 1999 ist für die Wiener Stadtwerke in zweifacher Hinsicht ein sehr bedeutsames, vor allem historisch bedeutsames Jahr. Einerseits feiern sie das 50jährige Bestehen und andererseits setzen sie jetzt diesen großen Schritt zur Bildung einer eigenständigen Unternehmensgruppe.

Mit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft wurde den Wiener Stadtwerken eine marktadäquate Gesellschaftsform gegeben, die es möglich macht, flexibel und rasch auf jeweilige Notwendigkeiten und Kundenbedürfnisse zu reagieren. Das war der Hauptgrund.

Diese Reform war angesichts der Liberalisierung der Energiemärkte innerhalb der Europäischen Union notwendig geworden, und ich denke, das ist unbestritten, das wissen alle in diesem Hohen Haus. Wir müssen ganz einfach solchen Entwicklungen Rechnung tragen und sind auch verpflichtet dazu, Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß wir diesen Herausforderungen auch gerüstet gegenüberstehen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! An den bisherigen Zielsetzungen der Wiener Stadtwerke, nämlich für Kunden und Kundinnen Dienstleistungen in höchster Qualität und in Wirtschaftlichkeit anzubieten, darf sich natürlich nichts ändern. Es wird sich auch sicherlich nichts ändern, weil diese Ausgliederung sehr sorgfältig vorbereitet und genauestens überlegt wurde.

Selbstverständlich wird es zu keinem Personalabbau kommen! Aus diesem Grundsatzbeschluß des Wiener Gemeinderates geht deutlich hervor, daß die dienstrechtliche und besoldungsrechtliche Stellung der derzeit tätigen Kolleginnen und Kollegen unverändert bleibt. (Demonstrativer Beifall des Abg. Edler. – Beifall bei der SPÖ.) – Das war uns Sozialdemokraten ganz besonders wichtig, und das ist überall nachlesbar.

Die derzeitigen Beamten und Beamtinnen beziehungsweise Vertragsbediensteten bleiben weiterhin Bedienstete der Gemeinde Wien. Erst nach einer zweijährigen Übergangsfrist werden neueinzustellende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen direkt von den Kapitalgesellschaften aufgenommen und unterliegen dann den Bestimmungen des ASVG. Während dieser Übergangsfrist ist weiterhin die Möglichkeit der Personalaufnahme durch die Stadt Wien unter Zuteilung an die Wiener Stadtwerke AG beziehungsweise deren Tochtergesellschaften gegeben.

Diese Lösung ist im Einvernehmen mit der Personalvertretung und der Gewerkschaft zustande gekommen, und das möchte ich ganz besonders und deutlich betonen, weil die Wahrung der Interessen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadt Wien besonders uns Sozialdemokraten ganz, ganz wichtig ist!

Die Wiener Stadtwerke waren bisher ein Garant für eine gut funktionierende, hoch entwickelte Infrastruktur, die Wien als Wirtschaftsstandort international attraktiv gemacht hat. Und ich bin überzeugt davon, daß die Weichen für die Zukunft richtig gestellt wurden und auch die Wiener Stadtwerke Holding AG im nächsten Jahrtausend zu den bedeutendsten Industrie- und Dienstleistungskonzernen zählen wird! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

13.22

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann gleich an die Ausführungen der Kollegin Fuchs anknüpfen.

Frau Kollegin! Es war sehr wertvoll, daß Sie uns hier ein paar zusätzliche Informationen gegeben haben, und es freut mich, wenn Sie als Wiener Abgeordnete uns erzählen, welche Vorteile Sie für Wien in dieser Maßnahme erkennen. Auf dieses Thema können wir noch näher eingehen.

Sie haben zwar schon zur Sache, aber nicht zu diesem Gesetz gesprochen. Denn das, was Sie etwa über die Belegschaft erzählt haben, steht in diesem Gesetz nicht drinnen – die Zweijahresfrist und so weiter –, aber es war interessant, das zu hören. Ich finde, darüber kann man andernorts, vielleicht im Wiener Gemeinderat, auch noch diskutieren. (Abg. Fuchs: Zur Information!) – Ja, ja! Ich bin auch dankbar dafür.

Ich sage nur, bei der Vorberatung dieser Materie im Sozialausschuß ist etwas aufgefallen, was ich in diesem Hohen Haus auch im Plenum nicht verschweigen möchte, nämlich daß dieses Gesetz zweifellos in einem bestimmten Sinn eine technische Notwendigkeit ist, um die Ausgliederung überhaupt vornehmen zu können. Das ist unbestritten.

Die liberale Fraktion bestreitet also keine Sekunde lang, daß es, wenn man etwas, was bis zuletzt eine Magistratsabteilung war – die Wiener Stadtwerke waren nämlich letztlich, rechtlich gesehen, eine Magistratsabteilung –, in eine Kapitalgesellschaft verwandeln will, auch auf der Gesetzesebene ein paar begleitender Maßnahmen bedarf. Das ist klar, das möchte ich außer Streit stellen.

Ich finde es weiters richtig, daß die Wiener Stadtwerke ausgegliedert werden, denn ich habe die Hoffnung, daß dann erstmals dort tatsächlich kaufmännisches Rechnen Platz greifen wird, sodaß man anhand von echten Kostenstellen und so weiter Effizienzen besser sehen wird. Man wird dann vielleicht auch etwas deutlicher sehen, welche Bereiche innerhalb der Wiener Stadtwerke welche anderen Bereiche quersubventionieren, etwa daß die "Wienstrom" möglicherweise aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und der doch recht hohen Strompreise in Wien eben in der Lage ist, Quersubventionierungen für die Verkehrsbetriebe zu machen.

Sollte das in Wien, also beim Eigentümer, common sense und mehrheitsfähig sein, dann wird das vernünftig sein. Die Leute werden dann allerdings wissen, daß sie, wenn sie in der Früh ihren Toaster einschalten, damit einen Teil der U-Bahn-Fahrkarte bezahlen. Das kann Sinn machen, aber es wird eben erstmals transparent werden, und das ist ja schon etwas Wertvolles. Ich betone, das ist etwas Wertvolles.

Bemerkenswert ist aber, Frau Kollegin Fuchs, daß Sie dazu der Wiener Stadtwerke Holding AG die Kollektivvertragsfähigkeit geben müssen. Das ist bemerkenswert. Ich will dabei gar nicht an die Ausführungen des Kollegen Gaugg anknüpfen, sondern ich will Sie auf etwas anderes aufmerksam machen: Damit durchbrechen Sie das System der Kollektivverträge und machen etwas, was zwar einen gewissen Charme hat, aber in Ihren Augen eigentlich schizophren sein müßte.

Sie räumen nämlich der Wiener Stadtwerke Holding AG ein, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Und damit die Betriebsvereinbarung nicht mit dem bestehenden Kollektivvertragsrecht kollidiert, müssen Sie diese Betriebsvereinbarung in den Rang eines Kollektivvertrages heben. Sie schaffen also für ein Unternehmen die Kollektivvertragsfähigkeit, und das finde ich bemerkenswert.

Wenn Sie das noch dazu mit der Zweijahresfrist kombinieren, dann ist das interessant. Im Ausschuß war davon zwar nicht die Rede, aber ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, daß sich einmal zwei Jahre lang überhaupt nichts ändert – nichts!

Damit spreche ich nicht von den schon vorhandenen Mitarbeitern, denn das würde ich ja noch verstehen, daß Sie nicht riskieren können, daß Ihnen die Belegschaft der Verkehrsbetriebe flächendeckend in Streik geht, wenn Sie am Personalrecht rütteln. Das verstehe ich ja, das verstehe ich völlig! Wenn man möchte, daß die U-Bahn und die Straßenbahn weiterfahren, dann, muß man sagen, wäre es kein gutes Szenario, wenn jetzt deswegen gestreikt werden würde. Also ich verstehe, daß Sie hier sozusagen vor der Streikdrohung gewichen sind. Das ist logisch!

Daß Sie eine zweijährige Karenzfrist nehmen, ist nicht mehr ganz so logisch. Daß Sie aber jetzt schon die Kollektivvertragsfähigkeit einbauen, damit Sie alle künftigen neuen Mitarbeiter, die Sie aufnehmen, letztlich zu denselben Konditionen aufnehmen können wie die bisherigen Gemeindebediensteten, das finde ich nicht mehr logisch! Denn wenn Sie ausgliedern, dann müssen Sie ein modernes, adäquates, für Verkehrsbetriebe, für die "Wienstrom", für Gaswerke, für die Leichenbestattung et cetera passendes, vernünftiges, faires Besoldungsrecht schaffen.

Das ist üblicherweise das Anstellungsverhältnis, das ist üblicherweise eingebettet in andere kollektive arbeitsrechtliche Normen, wie zum Beispiel einen Kollektivvertrag, und es ist dann vielleicht auch möglich, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Daß Sie aber sozusagen das ganze Territorium der Wiener Stadtwerke Holding AG arbeitsrechtlich exterritorial stellen und in die Kollektivvertragsfähigkeit transferieren, das ist nicht logisch! Das ist ein Systembruch im kollektiven Arbeitsrecht, den Sie nur deswegen machen, damit dort nichts geändert wird!

Da frage ich Sie: Warum gliedern Sie dann aus, wenn Sie mit demselben Dienstrecht weiterfahren wollen, wie das bisher die Gemeinde gehabt hat? Warum? (Abg. Edler: Das ist ja nicht richtig!)

Damit nehmen Sie dem Vorstand jede Möglichkeit, in irgendeiner Weise, wenn auch langsam, behutsam und sensibel, irgend etwas zu reorganisieren, was die Gemeinde nicht auch hätte selber machen können. Dann gliedern Sie nur mehr aus, um die politische Kontrolle in der Stadt Wien aus dem Stadtwerkekonstrukt herauszunehmen! Denn dann ist das eine Gesellschaft, die nicht mehr kontrolliert werden kann, und dort findet ganz genau dasselbe statt wie vorher, nur ohne jede politische, begleitende Kontrolle, weil diese verlagern Sie dann in den Aufsichtsrat. (Abg. Edler: Das stimmt ja nicht! Das ist ganz anders!) – Aber einen anderen Sinn macht das ja nicht!

Abgesehen davon zerbrechen Sie sich keine Sekunde lang den Kopf über die notwendigen gewerberechtlichen Befugnisse, die Sie dafür haben müssen, und daß eben Gas und Strom etwas jeweils ganz anderes ist, daß das eine in die Gewerbeordnung gehört und das andere ins Elektrizitätswirtschaftsrecht, oder daß die Leichenbestattung wieder etwas anderes ist, und vom Wasser rede ich gar nicht. Das kommt zum Beispiel interessanterweise gar nicht vor!

Auch die Fernwärme kommt darin nicht vor. Dafür gab es schon früher eine GesmbH, daher braucht man sie offenbar nicht zu erwähnen. Sie werden also dann in der Holding eine Fernwärme-Tochter haben, die nicht von der Kollektivvertragsfähigkeit erfaßt ist. Also ob das sehr systemkonform ist, weiß ich nicht, aber vielleicht denken Sie sich: Diese armen Zwergerln, die da bei der Fernwärme arbeiten, haben ohnehin schon vorher einen schleißigen Kollektivvertrag gehabt – das ist nämlich, unter uns gesagt, kein guter Kollektivvertrag bei der Fernwärme! –, das kann ruhig so bleiben, da ändern wir auch nichts! – So nach dem Motto: Was wir hier an Privilegien nicht ändern, ändern wir dort an Diskriminierung nicht. – Ich finde, das ist auch kein guter Zugang. – Soviel einmal zur Kollektivvertragsfähigkeit.

Ich verstehe, daß sie praktisch ist. Wäre ich Vorstand eines großen Konzerns, und würde der Gesetzgeber meinem Konzern auf Zuruf die Kollektivvertragsfähigkeit einräumen, dann würde ich mir auch sagen: Das ist doch fein, nicht? Jetzt kann ich direkt verhandeln, jetzt brauche ich mich mit den lästigen Betriebsräten gar nicht mehr herumzuschlagen, wenn die kommen und vielleicht eine Betriebsvereinbarung von mir haben wollen! Jetzt mache ich mir das gleich direkt aus!

Das ist nicht gut! Sie zerstören damit das System des kollektiven Arbeitsrechtes, und Sie haben damit wieder etwas gemacht, was ich mir nicht erwartet hätte. Ich hätte mir nicht gedacht, daß Sie einmal so stark an Ihrem eigenen Ast sägen. Abgesehen davon, daß es ungerecht und unfair ist. Es ist wirklich im Verhältnis zu allen anderen Mitarbeitern in anderen Gasversorgungsunternehmen nicht drittvergleichsfähig, es ist zu anderen EVUs nicht drittvergleichsfähig, und das finde ich schlecht!

Sie entziehen damit a priori der Wiener Stadtwerke Holding AG das bench marking. Es wird nicht möglich sein, zu vergleichen, wie effizient sie sind, weil Sie dieses Gesetz machen. – Gut. Sie müssen es politisch verantworten, und wir werden es jedesmal, wenn etwas in dieser Art auftaucht, geißeln.

Ich komme zum zweiten Systembruch in diesem Gesetz, und das ist der gravierendere. Er hat übrigens im Ausschuß – für das Plenum ist das vielleicht von Interesse – zu einer Sitzungsunterbrechung in der Dauer von einer halben Stunde geführt, weil der Sozialausschuß einfach nicht der richtige Ausschuß war, um zu beraten, wie das mit der Gesamtrechtsnachfolge auf handelsrechtlicher Ebene ist.

Wir haben uns im Ausschuß die unverschämte Frage erlaubt: Was steht denn in diesem Einbringungsvertrag, der zwischen der Stadt Wien und der Holding AG geschlossen wird? – Daraufhin ist Ratlosigkeit ausgebrochen, aber dann hat man Herrn Professor Doralt herbeigerufen, der in diesen Fragen die Stadt Wien berät, und der konnte uns sachgerecht Auskunft geben. Es war sehr interessant. Er hat uns nämlich gesagt, diesen Einbringungsvertrag gibt es noch gar nicht, der wird erst verhandelt! – Sie aber, Frau Kollegin Fuchs, haben uns heute bereits Elemente aus diesem Einbringungsvertrag vorgetragen. Also ganz unbekannt dürfte er nicht gewesen sein, weil diese zweijährige Frist, die Personalfrist und diese Dinge, sind genau die Elemente dieses Vertrages, den die Holding AG abschließen wird.

Das hätte ich gerne im Ausschuß diskutiert, und ich hätte gerne einen Entwurf gesehen. – Aber nein, es wurde uns gesagt, den gibt es noch gar nicht.

Das heißt, wir beschließen hier ein Gesetz, mit dem wir der Stadt Wien eine Blankovollmacht ausstellen, damit sie jetzt machen kann, was sie will. Sie kann irgendeinen Vertrag abschließen oder sonst irgend etwas tun. Das ist meiner Meinung nach nicht transparent. Ich habe mich daher dagegen gewehrt, daß man so etwas beschließt. Trotz allem Vertrauen zu den öffentlichen Händen in Wien waren wir der Meinung, wenn der Bundesgesetzgeber für so etwas benötigt wird, dann sollte er auch darüber informiert werden, was geschieht. Die Begründung, die Professor Doralt abgegeben hat, daß es nämlich auch bei anderen Umgründungen, bei Unternehmensspaltungen noch keinen Vertrag gegeben hat, als das Gesetz beschlossen wurde – Stichwort "Umgründungsgesetz" – war eine unzulässige Analogie, sage ich einmal. Im Umgründungsrecht steht nämlich ganz genau, wie solch ein Vertrag ausschauen muß. Hier steht gar nichts, außer daß das, was auch immer in dem Vertrag steht, Gesamtrechtsnachfolge ist.

Jetzt frage ich Sie zum Beispiel – Sie werden es mir nicht beantworten können –: Was ist nun mit jenen 5 Milliarden Schilling, die die Gemeinde Wien taxfrei den Stadtwerken zur Verfügung gestellt hat, damit sie sich Unternehmensbeteiligungen beim Verbund oder bei der OKA oder sonst wo einkaufen kann? Werden die auch mit dem Vertrag übergeben? Wird die Stadt Wien diese 5 Milliarden, die in der strategischen Kriegskasse der Wiener Stadtwerke liegen, auch in den Vertrag übernehmen? – Wir wissen all das nicht, sollen aber gleichzeitig die Steuerfreiheiten dieser Vorgänge beschließen und telquel eine Plakette ausstellen!

Ich sage Ihnen, das ist legistisch ein so schlechtes Gesetz, es ist rechtsstaatlich so bedenklich, daß jeder, der ihm zustimmt, seinen Freunden eine falsche Gefälligkeit erweist und sein Mandat mißbraucht. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.32

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kier hat wieder einmal eine seiner üblichen Unterstellungen, die wir von ihm gewohnt sind, hier vorgebracht. Herr Abgeordneter Kier, ich weise diese schärfstens zurück!

Sie haben uns unterstellt, daß wir heute ein Gesetz beschließen, von dem wir nicht wüßten, was es bedeutet und deren Rechtsfolgen wir nicht erkennen können. – Ich weise diese Unterstellung schärfstens zurück. (Beifall bei der ÖVP.) Ich behaupte, daß wir alle Fragen im Ausschuß beantwortet haben. Herr Dr. Kier! Wir beziehungsweise nicht ich, sondern Professor Doralt und die anderen Experten haben alle Fragen, die Sie gestellt haben, zufriedenstellend beantwortet. (Abg. Dr. Kier: Das ist die Unwahrheit!) Sie waren mit den Beantwortungen im Ausschuß zufrieden. Meine Damen und Herren! Ich stelle das ganz eindeutig fest. Es gibt diesbezüglich keine offenen Fragen mehr! (Abg. Dr. Kier: Das ist die Unwahrheit!)

Ich möchte folgendes ganz klar feststellen: Wir beschließen ein Gesetz, mit dem die Ausgliederung der Wiener Stadtwerke ermöglicht wird. Ich sage ganz deutlich dazu, wir unterstützen diese Maßnahme, denn wir glauben, daß sie richtig ist. Wir glauben sogar, daß solche Ausgliederungen in der heutigen Zeit unbedingt notwendig sind, denn sie entlasten unsere Budgets, in diesem Fall die Landesbudgets, aber auch das Bundesbudget – wir haben das bereits in früheren Jahren festgestellt – ganz wesentlich.

Einen Punkt möchte ich allerdings zur Diskussion stellen: Diese Ausgliederung ist von der Steuer befreit. Allerdings haben wir in früheren Gesetzesbeschlüssen ähnlicher Art auch solche Steuerbefreiungen festgelegt und beschlossen. Ich bin sehr dankbar dafür, daß die FPÖ seinerzeit, als wir die Übertragung der Anteile der Vorarlberger Illwerke vom Bund an das Land beschlossen haben, diese Steuerbegünstigung, Steuerbefreiung mitgetragen hat. Das heißt also, auch das Land Vorarlberg hat dafür faktisch keine Steuer bezahlen müssen.

Ich danke noch einmal der FPÖ, daß sie damals mit unserem Vorschlag mitgegangen ist. Ich verstehe natürlich, daß die FPÖ in bezug auf die Wiener Stadtwerke ein bißchen kritischer ist. Deshalb wohl wird sie das Gesetz kritisieren und hat es auch kritisiert.

Zweiter Punkt, meine Damen und Herren: Ich bin mit Abgeordneten Kier einer Meinung, wenn er die Kollektivvertragsfähigkeit der Wiener Stadtwerke kritisiert. (Abg. Dr. Kier: Das ist bedenklich!) Jawohl, diese Maßnahme ist auch aus meiner Sicht nicht vorbildhaft. (Abg. Dr. Kier: Da stimme ich Ihnen zu!) Im Gegenteil: Wir stehen auf dem Standpunkt, die Kollektivvertragsfähigkeit sollte auch auf Arbeitgeberseite den jeweiligen Interessenvertretungen zustehen. Wir sollten nicht Arbeitgeber zum Kollektivvertragspartner im eigentlichen Sinne machen.

In diesem Falle haben Sie recht. Wir haben dem aber aus ganz bestimmten Gründen im Ausschuß zugestimmt, ich möchte diese Gründe im Detail nicht mehr erwähnen. Grundsätzlich glaube ich, daß es eine richtige Anmerkung ist, die man zu diesem Gesetz vorbringen kann.

Dritte und letzte Anmerkung, meine Damen und Herren: Wir bestimmen mit diesem Gesetz, daß alle bisherigen öffentlich Bediensteten weiterhin bei der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe bleiben. Damit wurde eine Maßnahme in diesem Gesetz festgelegt, die nicht so ist, wie wir es eigentlich wünschen. Denn wir sind der Ansicht, daß grundsätzlich jeder Bedienstete dorthin gehört, wo er aufgrund seines Status, der im ASVG festgelegt ist, zu sein hätte. In diesem Fall ist meiner Meinung nach noch ein zweiter Punkt bedenklich:

Wir haben es in anderen Fällen auch schon so gemacht, wir haben gesagt, Bedienstete gehören zu einer bestimmten Krankenkasse. Ich denke dabei an die Krankenkasse der öffentlich Bediensteten. Allerdings haben wir damals festgelegt, daß nach einer bestimmten Zeit ein Vergleich der finanziellen Auswirkungen zu erfolgen hat. Das heißt, finanzielle Vorteile müssen ermittelt werden, und genau das tun wir bei diesem Gesetz nicht. Ich würde also meinen, daß man auch in Zukunft bei solchen Dingen mit gleichem Maße messen und Sozialversicherungsträger und Krankenversicherungsträger gleich behandeln sollte. – Aber noch einmal: Es ist ein Gesetz, dem wir zustimmen können.

Zu der Frage: Warum ist der Vertrag nicht vorgelegt worden? – Die Gründe dafür sind im Ausschuß ganz eindeutig dargelegt worden, Herr Abgeordneter Kier! Es gibt einen Grund für das Nichtvorlegen, und zwar weil man bis zum heutigen Zeitpunkt nicht genau sagen kann, welche Rechte, welche Grundstücke, welche Dienstbarkeiten übertragen werden können, denn dies kann erst im Laufe der Zeit genau geregelt werden. Daß es einen Entwurf eines solchen Vertrages gibt, wurde im Ausschuß von Professor Doralt ganz klar mitgeteilt. Und es wurde auch mitgeteilt, welche konkreten Inhalte dieser Vertrag hat. (Abg. Dr. Kier: Nein! Nein! Also bitte!)

Alle Punkte, nach denen wir gefragt haben, sind mitgeteilt worden, kein Punkt ist offen geblieben. Sie haben nach den Grundstücken gefragt, und darauf wurde ganz korrekt geantwortet, Herr Abgeordneter Kier, daß die Grundstücke heute im Detail noch nicht bekannt sein können – aus Gründen, die ich jetzt nicht mehr erwähnen möchte. Insgesamt können wir diesem Gesetz, mit dem die Ausgliederung der Wiener Stadtwerke erfolgt, mit gutem Gewissen zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kier gemeldet. Die Bestimmungen sind bekannt. – Bitte.

13.37

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Feurstein hat hier von diesem Pult aus gesagt, ich hätte Unterstellungen vorgenommen, indem ich zum Ausdruck gebracht habe, ich sei nicht umfassend informiert worden. Das sei nicht richtig gewesen, und er hat das weitläufig ausgeführt.

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe die Vorlage des Einbringungsvertrages verlangt, um Kenntnisse darüber zu erlangen, dieses Verlangen wurde jedoch verweigert, und zwar mit der Begründung, es gebe ihn noch nicht. (Abg. Dr. Feurstein: Das habe ich auch gesagt!) Daher wurden wir nicht umfassend informiert, sondern nur darüber unterrichtet, daß diese Information nicht möglich sei. Das ist keine umfassende Information. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Schwarzenberger: Das hat Feurstein auch erwähnt!)

13.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

13.38

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde jetzt nicht den Fehler machen und mich auf diesen handelsrechtlichen und sicher nicht uninteressanten und auch nicht unwichtigen Teil der Problematik der Ausgliederung einlassen. Ich möchte aber trotzdem an die Ausführungen des Kollegen Feurstein anknüpfen, weil er meiner Ansicht nach ein Kunststück zuwege gebracht hat. Er hat sich einzelne Aspekte dieses Gesetzes, das wir hier beschließen sollen, herausgenommen und gesagt, bei der Kollektivvertragsmöglichkeit gäbe es Probleme, bei der Krankenkasse gäbe es auch Probleme, aber insgesamt – obwohl Sie nicht mehr gesagt haben als das – sei es ein gutes Gesetz.

Zweimal Minus ergibt also offensichtlich auch ein Plus, das war Ihr Kunststück, das Sie in dieser Debatte vollbracht haben. Ich möchte tatsächlich nur bei den Minus bleiben, Herr Abgeordneter Feurstein! Das ist höhere Koalitionsmathematik, ich verstehe das schon. Ich möchte bei den Minus bleiben, und ich kann dabei durchaus an Ihre Ausführungen anknüpfen:

Bei der Frage der Kollektivvertragsfähigkeit irritiert mich natürlich diese Bestimmung auch. Aber diese alleine würde mich noch nicht irritieren, wenn ich wüßte, daß sich gleichzeitig auch jemand um die Bediensteten der Innsbrucker Verkehrsbetriebe oder der Salzburger Stadtwerke kümmern würde, die ebenfalls gerade ausgegliedert worden sind oder ausgegliedert werden. Wo gibt es da die starke Interessenvertretung, die wie im Fall der Wiener Stadtwerke für die Bediensteten etwas sicherzustellen versucht?

Da kümmert sich offensichtlich niemand mehr darum. Das ist auch offensichtlich kein Thema für die Gewerkschaft – Kollege Edler oder Kollege Hums, es betrifft schließlich den Bereich der Eisenbahnergewerkschaft –, wenn, wie das am Beispiel der Innsbrucker Verkehrsbetriebe ersichtlich ist, die Leute von der einen Gesellschaft in die andere wechseln oder aus diesem öffentlichen Arbeitsverhältnis ausscheiden und im privaten Einkommensverluste von 30, 40 Prozent erleiden. – Das ist kein Thema!

Daher frage ich mich: Muß ich in diesem Fall tatsächlich einer Kollektivvertragsfähigkeit zustimmen, die für die Bediensteten der Wiener Stadtwerke nach wie vor diese Rechte garantiert, aber gleichzeitig auch ein deutliches Signal in die Richtung ist, daß es uns überall anders in Österreich egal ist, was mit den Bediensteten passiert? – Nur deswegen, weil es in Wien eine einigermaßen starke Interessenvertretung gibt, wird dieses Gesetz nun so beschlossen.

Zweiter Punkt: Krankenversicherung. Für diesen Bereich gilt ähnliches. Der Argumentation, die Kollege Feurstein hier vorgezeichnet hat, kann ich mich durchaus anschließen, nur macht er dann eine Zustimmung daraus. Ich halte es für ein Unding, daß in Zeiten, in denen in jedem Bereich versucht wird, eine möglichst hohe Harmonisierung im Sozialversicherungsbereich zu erreichen, an Sonderregelungen für die Bediensteten wieder festgehalten wird, die kein Beitrag dazu sind, uns bei diesem einen Anliegen, das uns offensichtlich alle – dazu gibt es auch entsprechende gemeinsame Entschließungsanträge – eint, zu unterstützen, nämlich die Harmonisierung im Sozialversicherungsbereich weiter voranzutreiben. – Kollege Edler! Das wäre auch ein Auftrag für einen sozialdemokratischen Gewerkschafter. (Abg. Edler: Kennst du die Forderungen deiner Fraktion?)

Damit bin ich beim dritten Punkt, der bisher nicht zur Debatte gestanden hat, der für uns aber der wesentliche Grund ist, warum wir diesem Gesetz nicht zustimmen. Die Ausgliederung generell ist das Problem. (Abg. Edler: Du stimmst nicht zu? – Du wirst Schwierigkeiten mit deiner Fraktion haben!) Es ist zwar von vielen Rednern hier schon betont worden, daß durch die Ausgliederung die politische Kontrolle über das Unternehmen verlorengeht, es ist aber noch nicht herausgearbeitet worden, daß wahrscheinlich auch der Auftrag, der Unternehmensauftrag im öffentlichen Bereich, aufgrund der Ausgliederung mit der Zeit – und das war mit der Ausgliederung intendiert – verlorengehen wird. Das, was die öffentlichen Unternehmen im Bereich der Gemeinkosten und der wirtschaftlichen Aufträge leisten, wird dann nicht mehr gewährleistet werden können, wenn sich die Wiener Verkehrsbetriebe als ein Teil dieser Stadtwerke dann genauso privatwirtschaftlich verhalten müssen und eventuell mit der ÖBB um den Auftrag zur Erteilung der Linienführung im Nahverkehrsbereich konkurrieren müssen.

Das wäre eine Konsequenz, die mit der Ausgliederung intendiert war, Kollege Edler! Es wundert mich, daß ein sozialdemokratischer Gewerkschafter, dem all das ein Anliegen sein müßte und sollte, einfach zuschaut, wie der Auftrag von öffentlichen Unternehmen durch die Ausgliederung, deren soziale Auswirkungen zwar von hinten herum zunächst einmal abgefedert werden, ruiniert wird. Außerdem können die politische und demokratische Kontrolle für die ausgegliederten Unternehmen und die Möglichkeiten, andere Aufträge zu erhalten, nicht mehr erreicht und wahrgenommen werden. Das ist für uns der Grund, warum wir diesem Antrag nicht zustimmen. Es ist dies ein Folgegesetz, denn das eigentliche Gesetz, nämlich die Ausgliederung selbst, wie es Kollege Kier angesprochen hat, wird auf anderer Ebene beschlossen (Zwischenruf des Abg. Edler) und von uns gar nicht mehr diskutiert. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

13.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte.

13.45

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Bundesgesetz, das die Ausgliederung der Wiener Stadtwerke betrifft, ist anderen Ausgliederungen aus der öffentlichen Hand nachgebildet, wobei jede der Ausgliederungen Spezifika aufzuweisen hatte und sicherlich auch in Zukunft aufweisen wird. Gerade bei diesem Gesetz sind aus Kompetenzgründen sowohl bundesgesetzliche als auch landesgesetzliche Maßnahmen notwendig und daher auch diese Begleitmaßnahmen auf Bundesebene erforderlich.

Ich glaube daher, daß es wichtig ist klarzustellen, daß durch diese Ausgliederung einerseits entscheidende Voraussetzungen für die Handlungsfähigkeit dieses Unternehmens für die Zukunft geschaffen werden, andererseits aber – das erachte ich für ganz wichtig – auch die Rechte, die Ansprüche, die Mitbestimmungsqualität für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Unternehmensgruppe in der alten Qualität gesichert sind. (Beifall bei der SPÖ sowie bei der Abg. Tichy-Schreder.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich darf mich bei der Ausschußvorsitzenden, Frau Kollegin Reitsamer, sehr herzlich bedanken, die durch eine Unterbrechung der Ausschußsitzung und durch Herbeirufen zusätzlicher Experten – Herr Professor Doralt ist schon genannt worden, aber auch ein Experte des Justizministerium ist erschienen – die Damen und Herren des Ausschusses und – so sage ich – auch mich in die Lage versetzt hat, noch zusätzliche Rechtsinformation, Aufklärung und Detailinformation zu bekommen, weil dabei auch gesellschaftsrechtliche Fragen wie beispielsweise der Vertrag als solcher angesprochen wurden.

Es wurde bei dieser Aussprache und bei dieser sehr fachkundigen Aufklärung klargestellt, warum jetzt noch kein endgültiger Vertrag vorliegen kann, weil sich dieser erst aus den vorzunehmenden Schritten zu entwickeln hat. Daher konnte dem Wunsch von Damen und Herren des Ausschusses, bereits jetzt einen Vertrag vorgelegt zu bekommen, nicht Rechnung getragen werden, weil ein solcher noch gar nicht existiert. Aber trotzdem ist dieses Gesetz erforderlich, um das Zustandekommen eines derartigen Vertrages eben überhaupt erst zu ermöglichen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Da hier von Ihnen die Frage der Zuständigkeit einer eigenen Betriebskrankenkasse angesprochen wurde: Ich glaube, sagen zu können, daß es doch gerade aus Sicht der Mitarbeiter wichtig ist, eine sehr enge Betreuung durch die Krankenkasse, durch den Versicherungsträger zu haben. Ich gebe all jenen recht, die sich bemühen – ich bemühe mich auch –, zu Vereinheitlichungen, zu Gleichwertigkeiten zu kommen. Aber ich halte es für sinnvoll, ein Betriebskrankenkassensystem, das sich bewährt hat, sowohl im Sinne der Versicherten als auch aus ökonomischen Gründen aufrechtzuerhalten, weil wir wissen, daß Betriebskrankenkassen durch ihre Sondersituation in der Verwaltung kostengünstiger agieren können, da seitens des Unternehmens Kosten übernommen werden.

Erlauben Sie mir auch zur Frage der Kollektivvertragsfähigkeit ein paar Bemerkungen zu machen. Ich teile die Auffassung, daß wir mit Sonderkollektivvertragszuständigkeiten sehr zurückhaltend umgehen und nur sehr gezielt diesbezügliche Entscheidungen treffen sollten. Es hat sich aber das Hohe Haus auch schon in anderen Fällen der Meinung der Antragsteller, der Verhandlungspartner angeschlossen, nämlich daß eine eigene KV-Fähigkeit sichergestellt sein soll. Ich erinnere an die AMA, an die Austro Control Ges.m.b.H. und nicht zuletzt an das Arbeitsmarktservice, die Bundesforste, die Post und Telekom, das Bundesrechnungszentrum, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Umweltbundesamt, und ich könnte noch andere Beispiele nennen. Ich habe das nur erwähnt, um zum Ausdruck zu bringen, daß da keine Lex specialis für die Wiener Betroffenen gemacht wird, und es gibt auch keine Lex specialis in puncto Steuerbefreiung des Einbringungsvorganges.

Sehr geschätzte Damen und Herren! In sich abgerundet ist dieses Gesetz eine wichtige, gute Voraussetzung, um einerseits dem Unternehmen zusätzliche Chancen für den Wettbewerb in der Wirtschaft zu bieten und um andererseits für den Beschäftigten Mitbestimmungsqualität und die Aufrechterhaltung einer hohen Arbeitsqualität sicherzustellen – nicht zuletzt im Sinne der Wiener Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir haben auch kein Schlußwort des Berichterstatters und treten daher in das Abstimmungsverfahren ein. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1660 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen möchten, gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht durch die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht (III-175 der Beilagen) der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1997 (1656 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 839/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1657 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.51

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Aus dem Bericht des Sozialministeriums zur Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahre 1997 geht hervor, daß die Zahl der Übertretungen und Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer weiter gesunken ist, daß intensive Information und Beratung durch die Arbeitsinspektion erfolgt, daß das Sicherheitsbewußtsein in den Betrieben gestiegen ist und die Unfallzahlen im Sinken begriffen sind.

315 Arbeitsinspektoren wurden eingesetzt, die 83 000 Betriebe und Baustellen im Jahr 1997 überprüft haben. 15 000 unterstützende Beratungen wurden durchgeführt, das ist mehr als in den Jahren davor. Von den insgesamt 75 000 festgestellten Übertretungen betrafen etwa 65 000 die Belange der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes, und etwa jede achte Beanstandung betraf die Beschäftigung von Schwangeren und die Vorschriften betreffend die Arbeitszeit und Arbeitsruhe. Bei Lenkerkontrollen wurden ebenfalls 5 900 Übertretungen festgestellt.

Kontrollen, Unterweisungen und Beratungen sind ganz wichtig. Sie sind wichtig im Straßenverkehr, im Flugverkehr, bei der Bankenaufsicht und in vielen anderen Bereichen, genauso wie auch am Arbeitsplatz und an den Baustellen. Wir müssen allerdings zwischen Bagatellfällen und groben Überschreitungen unterscheiden. Beanstandungen wurden auch im Bauwesen, im Handel und in den Gaststätten festgestellt, allerdings waren dort geringfügige Rückläufe hinsichtlich der Beanstandungen zu verzeichnen. Trotzdem ist zu bemerken, daß gerade in diesen Branchen drei Viertel aller Beanstandungen den Sicherheits- und Gesundheitsschutz betrafen.

Die Zahl der Arbeitsunfälle ist ebenfalls etwas rückläufig. Jedoch ist im Bauwesen, im Handel und in der Metallerzeugung vor allem die Zahl der tödlichen Unfälle, was sehr bedauerlich ist, gestiegen. Vor allem im Bauwesen ist ein Ansteigen zu verzeichnen, und zwar von 41 tödlichen Unfällen im Jahr 1996 auf 49. In der Metallerzeugung gab es 1996 10 Unfälle mit tödlichem Ausgang und im Jahre 1997 14.

Ich meine, daß man in jenen Bereichen, die besonders davon betroffen sind, in Zukunft Schwerpunkte setzen sollte, damit die Zahl der Unfälle, vor allem jene, die tödlich ausgehen, verringert werden kann.

Die sinkende Zahl von Beanstandungen und Übertretungen ist laut diesem Bericht auf die intensive Information und Beratung durch die Arbeitsinspektionen und der verstärkten Eigenverantwortung an den Betriebsstätten zurückzuführen. Aber ich meine, es ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, daß – auch wenn es Jubelmeldungen gibt – nicht alle Arbeitsunfälle gemeldet werden; diesbezüglich gibt es sicherlich eine große Dunkelziffer. Es sind weniger Betriebe kontrolliert worden, und die Arbeitnehmer waren weniger von Kontrollen betroffen. Es sind zwar immerhin 146 000 Arbeitnehmer kontrolliert worden, aber im Vergleich dazu wurden im Jahr 1996 170 000 Arbeitnehmer kontrolliert. Ich denke, man sollte also nicht in Jubel verfallen, sondern weiterhin am Arbeitnehmerschutz arbeiten und die Sicherheit am Arbeitsplatz in den Vordergrund stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reitsamer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.55

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn die ausgezeichnete Qualität dieses Berichtes hervorheben und Ihnen, Frau Bundesministerin, sehr herzlich dafür danken. Ich möchte Sie auch bitten, diesen Dank an die Beamten, die mit diesem Bericht beschäftigt waren, weiterzuleiten. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch eine Reihe von Anregungen aus den Diskussionen der letzten Jahre in den Bericht mitaufgenommen worden, was durchaus positiv zu sehen ist.

Dem Bericht ist zu entnehmen, daß 83 000 Betriebe und Baustellen von 315 ArbeitsinspektorInnen überprüft wurden und es 75 000 Übertretungen gab. Jede achte Beanstandung lag im Bereich der Beschäftigung von Schwangeren und Jugendlichen beziehungsweise betraf die Arbeitszeit und Arbeitsruhe. Wir haben einen Rückgang bei den Übertretungen um 10 Prozent. Es gab 20 Prozent weniger Anzeigen, dafür aber 15 000, also plus 10 Prozent, unterstützende Beratungen. Das ist eine sehr erfreuliche Bilanz, meine Damen und Herren! War früher das Arbeitsinspektorat für die Dienstgeber oft so etwas wie ein Feindbild, so ist es jetzt zu einer echten Partnerschaft gekommen, und endlich werden die gesetzlichen Maßnahmen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichermaßen verstanden und akzeptiert, und das finde ich sehr positiv.

Wenn Kollege Dolinschek von einer Dunkelziffer bei den Arbeitsunfällen gesprochen hat, so kann ich dazu nur sagen, Sie können es halt einfach nicht ertragen, wenn etwas positiv läuft. Man versucht dann, irgendwelche Dunkelziffern in einen Bericht hineinzumanövrieren. Das ist ungeheuerlich! Wir alle sollten glücklich darüber sein, daß eben weniger passiert. Es ist jeder einzelne Verunfallte einer zu viel. Ich weiß, was das bedeutet. Mein Vater war nach einem Arbeitsunfall 10 Jahre bettlägerig.

Zum Antrag des Herrn Kollegen Öllinger betreffend die Erweiterung der Berufskrankheitenliste möchte ich nur sagen, daß mit der 55. ASVG-Novelle der Katalog erweitert und an die EU-Richtlinien angepaßt wurde. Ende des Jahres 1999 wird die Arbeitsunfallversicherungsanstalt einen Prüfbericht zur Aufnahme berufsbedingter Wirbelsäulenerkrankungen und Sehnenscheidenerkrankungen vorlegen. Ich denke, daß man diesen abwarten sollte. (Abg. Öllinger: Immer abwarten!) – Nicht immer! Aber sinnvolle Sachen, die in die richtige Richtung gehen, wie Sie es wünschen, sollte man doch wirklich abwarten, um dann möglicherweise gemeinsam etwas Vernünftiges zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Meisinger hat im Ausschuß von einer schlechten Bilanz hinsichtlich der Kontrolle der illegalen Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte gesprochen. Ich frage Sie: Wo ist die schlechte Bilanz, wenn die Zahl der Kontrollen steigt und die Zahl der Beanstandungen betreffend illegal Beschäftigte sinkt? – Das müssen Sie mir einmal erklären. (Zwischenruf des Abg. Jung.)

Künftig wird es auch eine hochwertige arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung von Arbeitnehmern in Klein- und Mittelbetrieben geben. Das haben wir mit der Novelle zum Arbeitnehmerschutzgesetz, die mit 1. 1. 1999 in Kraft getreten ist, erreicht. Das ist ein weiterer guter Schritt in die richtige Richtung. – Also insgesamt gesehen eine sehr positive Entwicklung. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ.)

13.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

13.59

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Der Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion ist ein Bericht, der in sich genommen interessant und aufschlußreich ist. Allerdings kann man unterschiedliche Schlußfolgerungen daraus ziehen. Ganz so begeistert wie meine Vorrednerin von der Sozialdemokratie ist verständlicherweise die liberale Fraktion nicht.

Insbesondere vermissen wir die notwendige Transparenz, die folgendermaßen sinnvoll wäre: In welchem Umfang hat die tatsächliche Beratungstätigkeit im Verhältnis zur Kontrolltätigkeit zugenommen? – Genau das läßt sich nämlich aus den Zahlen, die uns vorliegen, nur indirekt erschließen, da die Anzahl der Beanstandungen zurückgegangen ist. Es ist daher die Frage zu stellen: Sind die Beanstandungen deswegen zurückgegangen, weil tatsächlich der Befund besser war oder weil häufiger zum Mittel der Beratung gegriffen wurde statt zum Mittel der Beanstandung? – Nachdem es sich hiebei um eine Grauzone handelt, wäre es besonders wichtig, diese auszuleuchten.

Es bleibt mir nur noch die Feststellung, die ich allerdings für sehr wichtig halte, daß sich im Bereich der Arbeitsunfälle durchaus erfreuliche Trends abzeichnen, was aber kein Grund ist, zufrieden zu sein. Wenn man sich auf der anderen Seite das Problem Berufskrankheiten ansieht, dann kann man nur sagen, es wird offenbar mittlerweile in diesem Feld nicht mehr das Richtige getan. Ich bin mir ganz sicher, mein Kollege Öllinger wird auf die Detailfragen der Berufskrankheiten präzise eingehen. Ich mahne dies auch ein.

Schlußbemerkung: Etwas steht halt auch überdeutlich im Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion: Über 80 Gesetze und Verordnungen sind einzuhalten. Es gibt eine Arbeitsgruppe zur Neukodifizierung; man hört allerdings nichts von ihr. Ich meine, ein wesentlicher Beitrag zur Steigerung der Sicherheit in all diesen Bereichen, um die es dabei geht, wäre eine klare, transparente Neukodifizierung der einschlägigen Vorschriften, damit alle Beteiligten eine faire Chance haben, diese Vorschriften auch wirklich perfekt zu kennen: Die Kenntnis von Vorschriften ist die erste Voraussetzung dafür, sie einhalten zu können. Obwohl es meiner Ansicht nach nicht weniger verwerflich ist, wenn jemand sich an etwas nicht hält, weil er davon nicht Kenntnis nimmt, so muß ich doch sagen, daß es irgendwie nicht möglich ist, etwas einzuhalten, wenn man auf der Wissensebene durch eine unübersichtliche Flut von Gesetzen und Verordnungen geradezu überfordert wird.

Schaffen Sie daher das Ausredenpotential beiseite, das Sie liefern, wodurch sich die Leute moralisch gerechtfertigt fühlen, wenn sie bestimmte Sachen nicht machen – und sich auf den Vorschriftendschungel ausreden können! Es ist nicht nur eine Ausrede, es ist wirklich ein Dschungel. Bitte glauben Sie mir das! Treiben Sie daher mit aller Kraft eine Neukodifikation in diesem Bereich voran! Neukodifikation – das sei jetzt an die Kolleginnen und Kollegen in der linken Hälfte dieses Saales gerichtet – heißt nicht Verschlechterung der Schutzvorschriften, sondern Verbesserung ihrer Lebbarkeit. Es ist nicht deswegen etwas gut, weil wir es schon immer so gemacht und genau so in irgendeiner Verordnung formuliert haben, sondern es kommt immer auf den Schutzzweck an. Es wird doch möglich sein, Neuformulierungen zu finden, die auch ein "normaler" Mensch auf der Straße verstehen kann, damit er nicht deswegen, weil er Arbeitsvorschriften, Schutzvorschriften einhalten will, einen Rechtsberater zu Rate ziehen muß.

Ihr seid in eurer Kammerbürokratie bereits so abgehoben, daß ihr nicht einmal begreift, daß das eine Sprache ist, die niemand versteht. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Frau Kollegin Silhavy! Das ist eine Art von adelsmäßiger Arroganz. Und das ist schlecht. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

14.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.03

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Bericht des Arbeitsinspektorates für das Jahr 1997 ist aus mehreren Gründen erfreulich.

Erstens: Es ist bereits gesagt worden, daß die Zahl der Beanstandungen zurückgegangen ist.

Zweitens – und das ist noch erfreulicher –: Die Notwendigkeit, aufgrund der Beanstandungen Anzeigen zu erstatten, ist noch geringer geworden. Und das zeigt einfach, daß die Betriebe – Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam – die Interessen des Arbeitnehmerschutzes sehr, sehr ernst nehmen und das Bewußtsein für Sicherheit in den Betrieben von Tag zu Tag auch steigt.

Besonders deutlich kommt dieser Trend im Rückgang bei den Zahlen der Arbeitsunfälle zum Ausdruck. Wenn die Arbeitsunfälle von 139 000 auf 121 000 im Jahr 1997 zurückgegangen sind, so, meine ich, ist das ein gemeinsamer Erfolg der Betriebe und des Arbeitsinspektorates im Interesse der Beschäftigten. Wir sollten uns darüber freuen, Herr Kollege Dolinschek – Herr Kollege Gaugg hat es schon im Ausschuß gesagt –, und wir sollten diese Tendenz positiv sehen und nicht wieder unterstellen, daß irgend jemand die Zahl dadurch geschönt haben könnte, daß er Arbeitsunfälle nicht gemeldet hat. Ich weise diese Unterstellung im Interesse aller Beteiligten zurück, sie entbehrt wirklich jeglicher Grundlage!

Auch auf dem Sektor Verwendungsschutz sind die Beanstandungen weiter zurückgegangen. Nur 1 890 von 74 000 Überprüfungen hatten Beanstandungen auf dem Gebiete der Kinder- und Jugendbeschäftigung zur Folge. Die Hälfte davon entfiel allerdings auf das Gastgewerbe. Erlauben Sie mir trotzdem, eine Lanze für das Gastgewerbe zu brechen, weil man eben die besondere Lage dieser Betriebe mitberücksichtigen muß: Diese Betriebe arbeiten dann, wenn ein Großteil von uns seine Freizeit genießt. Es werden diese Betriebe auch am meisten überprüft. Es gibt dort große Ausbildungschancen, Chancen für die Jugend. Wir sollten uns, wie ich meine, davor hüten, diese Branche durch pauschale Diskriminierungen zu verunglimpfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte aber von dieser Stelle aus ganz deutlich feststellen, daß die Kooperation zwischen Arbeitsinspektorat und Betrieben wesentlich verbessert wurde; das muß man anerkennend festhalten. Ich danke namens der Österreichischen Volkspartei den Mitarbeitern der Arbeitsinspektion nicht nur für die Vorlage dieses informativen Berichtes, sondern auch dafür, daß sie den Gesetzesauftrag, Betriebe auf dem Gebiet des Arbeitnehmerschutzes entsprechend zu beraten und zu unterstützen, auch ernst nehmen. Ein herzliches Dankeschön für diese Einstellung und auch Anerkennung für diesen Wandel in der Gesinnung.

Die Liste der Frau Sektionschefin, aus der hervorgeht, wie es schon im Vorfeld der ersten Kontakte gelungen ist, in vielen Fällen nur durch Beratungen Erfolge zu erzielen, ist beeindruckend. Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Der Erfolg gibt uns recht, daß der eingeschlagene Weg der richtige ist. Er findet bei den Betroffenen große Anerkennung.

Wie leicht man aber ein gutes Instrument in Mißkredit bringen kann, zeigen jene Fälle, in denen gemeinsame Besichtigungen von Arbeitsinspektorat und Arbeiterkammer stattfinden, der Arbeitsinspektor nur mehr als Türöffner dient und Erhebungen, die oft in ziemlich schroffer Form passieren, nur mehr von Kollegen der Arbeiterkammer durchgeführt werden. – So ist es im Gesetz nicht vorgesehen. Und was wichtiger ist: Dies gefährdet die gute Basis der Zusammenarbeit zwischen Betrieben und Arbeitsinspektorat. Ich meine, daß man in Zukunft verhindern sollte, daß es zu derartigen Fällen kommt.

Ich möchte noch eine Bitte anfügen. Es kommt im Anschluß an solche Fälle manchmal dazu, daß sich Funktionäre der Interessenvertretung öffentlich über das Arbeitsinspektorat beschweren. Dies sollte dann nicht dazu führen, daß diese Funktionäre quasi eine Spezialbehandlung durch das Arbeitsinspektorat erfahren. Ich habe einen konkreten Fall in Knittelfeld vor Augen. Ich hoffe, daß dieser Fall in nächster Zeit einvernehmlich zur Ruhe kommt und gelöst werden kann.

Ich betone aber: Es handelt sich dabei um Einzelfälle, die da und dort das Klima stören. In weiten Bereichen ist die Kooperation in den letzten Jahren sehr, sehr gut, ja sie wird von Tag zu Tag besser. So zum Beispiel möchte ich die ausgezeichnete Zusammenarbeit im Bereich der in den Bezirkshauptmannschaften angebotenen Projektsprechtage hervorheben. Die Teilnahme der Arbeitsinspektoren an den Projektsprechtagen führt nicht nur zur Verkürzung der Verfahren, sondern viele anstehenden Probleme und Fragen können im Vorfeld einvernehmlich gelöst werden, was dazu beiträgt, daß es eigentlich zu gar keinen Problemen mehr kommt.

Ich danke ausdrücklich für diese Bemühungen. Ich bin mir dessen sicher, daß sich der erfreuliche Trend, den der Arbeitsinspektionsbericht 1997 heute zum Ausdruck bringt, auch entsprechend fortsetzen wird, wenn wir diesen Weg gemeinsam weitergehen werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.09

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als so erfreulich wie Kollege Trinkl sehe ich den Bericht natürlich nicht. Wenn festgehalten wird, daß die Zahl der Beanstandungen zurückgegangen ist, dann, muß ich sagen, stimmt das, aber gleichzeitig ist auch die Zahl der Kontrollen zurückgegangen. Es gibt natürlich eine Korrelation zwischen sinkenden Kontrollen und sinkenden Beanstandungen. Also aus dem schon einen positiven Trend abzuleiten, wäre etwas vermessen.

Zweiter Punkt: Das eigentliche Problem – und deswegen bin ich froh über die hier geführte Debatte, auch wenn sich nur wenige Redner daran beteiligen – ist doch, daß in Zeiten, in denen die Konkurrenz, der Leistungsdruck zwischen den Arbeitnehmern, zwischen den Betrieben – auch Arbeitgeber sind davon negativ betroffen – zunimmt, Fragen des Arbeitnehmerschutzes, der Gesundheit auf dem Arbeitsplatz nichts mehr zählen. Und das ist eine Tendenz, der teilweise auch von Gesetzes wegen nachgegeben wird, indem der Arbeitnehmerschutz, die Fragen der Gesundheit auf dem Arbeitsplatz auf die freiwillige Ebene, auf die Beratungsebene verlagert werden.

Das hat auch manchmal Sinn, nur kann man manchmal dann zwischen den Zahlen Tendenzen erkennen, bei denen man aufpassen sollte. Und damit bin ich bei meinem Lieblingsthema: Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Mein Thema ist das der Berufskrankheiten. Kollege Dolinschek hat versucht, jetzt ein Thema hereinzubringen, das ich für nicht minder problematisch halte, worüber man nicht in der Öffentlichkeit debattiert, weil es wenige Anhaltspunkte gibt und die Betroffenen nicht darüber reden wollen. Aber es gab ein Ereignis, im Rahmen dessen darüber diskutiert wird oder wurde, daß Arbeitsunfälle vertuscht werden, und das war Lassing, meine Damen und Herren. Wir haben da mehrmals gegenüber dem Herrn Wirtschaftsminister eingefordert, daß in bezug auf Lassing auch untersucht werden möge, was denn mit den vertuschten Arbeitsunfällen ist. Vom Herrn Wirtschaftsminister haben wir allerdings nie eine Antwort erhalten.

Wenn jetzt Sie von den Regierungsparteien – das waren Sie von den Sozialdemokraten – sagen, das Problem gibt es nicht und Herr Dolinschek kann nicht einmal positive Statistiken ertragen, dann brauche ich Herrn Dolinschek nicht zu Hilfe zu kommen, um hier festhalten zu müssen: Sie schwindeln sich an der Wahrheit vorbei. Es gibt das Problem, daß ArbeitnehmerInnen aus dem Interesse heraus, ihren Arbeitsplatz nicht zu verlieren, Arbeitsunfälle in Freizeitunfälle umdeklarieren. Und da brauchen Sie nur in jene Betriebe zu gehen, in denen es besonders arg ist, dann werden Sie das feststellen. Das betrifft die Seite der Arbeitsunfälle. Da gibt es die Interessen von Arbeitgebern, und da gibt es Interessen von Arbeitnehmern, die bei diesen Interessen unter die Räder kommen.

Etwas anderes ist es bei den Berufskrankheiten: Da haben die Arbeitgeber gar nicht ein so besonderes Interesse daran, das zu vertuschen. Da ist es eher das Problem der Unfallversicherungsanstalt, also im Prinzip einer staatlichen Organisation, die sich sehr darüber freut, wenn es niedrige Berufskrankheitsraten gibt. Was wir in Österreich entgegen jedem Trend im Ausland feststellen, ist, daß sich die Zahl der Berufskrankheiten in Österreich seit dem Ende der achtziger Jahre halbiert hat. Nirgendwo sonst ist eine Halbierung der Berufskrankheitenzahlen eingetreten, nur in Österreich, weil der österreichische Mensch – da gibt es den berühmten Ausspruch des Arbeitsmediziners der Unfallversicherungsanstalt, des Herrn Primarius Prügger –, der Homo Austriacus, einfach von robusterer Natur ist. Wenn auch noch so giftige Arbeitsstoffe in Österreich verwendet werden, der Homo Austriacus hält das schon aus, der verträgt das. Asbest, polychlorierte Kohlenwasserstoffe – das macht ihm nichts aus. Da kann es zwar gelegentlich zu Krankheiten kommen, aber das übertaucht man schon in Österreich. Und wenn es schon nicht die Betroffenen übertauchen, weil sie daran sterben, dann tut wenigstens die Unfallversicherungsanstalt alles mögliche, daß es nicht zur Anerkennung als Berufskrankheit kommt. Denn es ist immer noch besser, das wird von der Krankenkasse bezahlt, das kostet nicht so viel. "Normale" Krankenstände sind nicht so gut bezahlt wie Unfallrenten oder Renten aufgrund von Berufskrankheiten. Da ist auch bei der Rehabilitation nicht so viel aufzuwenden. Das ist das Problem dabei.

Wir haben – und damit komme ich wieder zum Ausgangspunkt – einen sinkenden Regelungsbereich im Bereich des Arbeitnehmerschutzes. Gleichzeitig gibt es Anstalten, Institutionen, die Unfallschutz, Unfallverhütung, Berufskrankheitenverhütung betreiben sollten, die diese sinkende oder gesunkene Regelungsdichte ganz gut für sich nutzen, um positive Bilanzen zu schreiben, denn es gilt ja als Leistungsausweis in Österreich, wenn die Unfallversicherung eine positive Bilanz schreibt. Dann darf der Herr Finanzminister – mit Zustimmung der Sozialministerin – wieder ins Töpfchen dieser Unfallversicherungsanstalt greifen und für das Budget etwas herausholen. – So schaut es doch aus! Es ist aber nicht so, daß die Dinge so gut sind, wie Sie es darzustellen versuchen.

Ich möchte nur darauf hinweisen: Auch dieser Bericht zeigt, daß bei den Verdachtsfällen von Berufskrankheiten, die der Arbeitsinspektion gemeldet werden, von einem Rückgang keine Rede sein kann. Der Rückgang findet sich bei der Zahl der anerkannten Fälle. Es werden nach wie vor 2 500 Fälle unter dem Verdacht, Berufskrankheiten zu sein, gemeldet, aber die Anerkennungsrate liegt inzwischen bei nicht einmal der Hälfte, nämlich bei 1 100 Personen. Da ich in der Vergangenheit mit einigen Personen zu tun hatte, die vorwiegend – das war ein besonderes Thema von mir – an Asbesterkrankungen gelitten haben beziehungsweise dann auch gestorben sind, weiß ich, wie diese Unfallversicherungsanstalt mit ihren Gutachtern umgeht. Jemand kann schon halbtot sein, wird er noch zur Arbeit in den Betrieb mit den schädigenden Stoffen geschickt, solange es noch geht. Das ist auch eine Realität!

Meine Damen und Herren! Das sollte eigentlich Anlaß dafür sein, die Bemühungen in diesem Bereich des Arbeitnehmerschutzes etwas zu intensivieren (Beifall bei den Grünen), denn die krankmachenden Stoffe, die schädigenden Stoffe gibt es noch immer in der Arbeitsumwelt, die gibt es nicht nur draußen im Freien, sondern viel mehr im Betrieb.

Ich komme aber noch abschließend zu einem besonderen Thema, das betrifft auch die Arbeitsmedizin. Frau Bundesministerin, das ist eine Frage beziehungsweise ein Problem, das ich in besonderer Weise an Sie adressieren möchte. Es gibt einen Brief einer Interessengruppe von Ärzten – ich sage ganz klar: im Auftrag der Pharma-Lobby vorgeschickt –: Ärzte gegen Regelschmerzen. Diese wenden sich an die Arbeitsmediziner in den Betrieben und sagen diesen: Wenn ihr etwas machen wollt gegen die hohen Fehlzeiten – es gibt nämlich noch immer Frauen, die wegen Regelschmerzen Fehlzeiten haben –, wenn ihr etwas machen wollt gegen die Regelschmerzen und gegen die Frauen, die den Produktionszyklus stören, indem sie fehlen, weil sie Regelschmerzen haben, dann wendet euch an uns. Wir verschaffen euch die nötigen Informationen und die entsprechenden Hormone, damit es nicht mehr zu solchen Fehlzeiten kommt.

Dann findet sich noch ein schöner Satz in diesem Schreiben: Damit können Sie sich – gerichtet an die Arbeitsmediziner – im Betrieb beliebt machen. Beliebt machen bei wem? – Beim Unternehmer, denn dann gibt es keine Arbeitsausfälle, keine Unterbrechungen mehr, denn nach dem Einwerfen von ein paar Pillen ist sozusagen das "Hormonbündel Frau" wieder in Ordnung gebracht. Dann gibt es keine störenden Funktionen mehr bei den Frauen.

Meine Damen und Herren! Wenn Arbeitnehmerschutz, wenn Arbeitsmedizin in den Betrieben – und es geht um Arbeitsmediziner – von der Pharma-Lobby dazu mißbraucht werden, ihre Produkte in diesem Fall nicht an den Mann, sondern an die Frau zu bringen, wenn Frauen in den Betrieben nur als "Hormonbündel" beziehungsweise als "Fehlfunktionen", also als Dinge, die noch immer nicht richtig funktionieren, gesehen werden, dann, muß ich sagen, stimmt einiges nicht, und zwar nicht nur in den Betrieben, sondern auch in der Gesellschaft, die nicht einmal registrieren will, daß es diese Versuche gibt, auf Kosten der Frauen ein gesundheitliches Problem – es ist eigentlich nicht einmal ein gesundheitliches Problem –, nein, ein Problem, das gar keines ist, so zu lösen, daß Frauen ganz bewußt eingesetzt und dazu mißbraucht werden, um der Pharma-Lobby zu Profiten zu verhelfen.

Frau Bundesministerin! Ich würde mir von Ihnen erwarten, daß Sie in diesem Fall ein kräftiges Wort sprechen, nicht nur an die Adresse der Arbeitsmediziner und Arbeitsmedizinerinnen, die in diesem Fall offensichtlich als die geeigneten Adressaten gesehen werden, damit die Pharma-Lobby ihre Produkte absetzen kann, sondern auch an die Adresse der Wirtschaft, wenn sie bereit sein sollte, auf diesen Mißbrauch einzusteigen.

Das würde ich mir wünschen, Frau Bundesministerin, und ich erwarte mir auch eine Erklärung von Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)

14.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. – Bitte.

14.19

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektion des Jahres 1997, der sehr übersichtlich und ausführlich bezüglich der Themenschwerpunkte gestaltet ist, ermöglicht es auf Anhieb, festzustellen, in welchen Bereichen wesentliche Verbesserungen durch die sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung, die den ArbeitnehmerInnen- und Arbeitnehmerschutz betreffen, geschaffen wurden.

Wenn rund 46 Prozent der im Bereich Verwendungsschutz festgestellten Mängel das Arbeitszeitgesetz betreffen, dann sieht man sofort, daß die Arbeitsinspektion in diesem Bereich noch verstärkt tätig werden muß.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Arbeitsinspektoren nahmen im Berichtsjahr an 18 500 behördlichen Verhandlungen teil, wobei hervorzuheben ist, daß 7 100 Vorbesprechungen von betrieblichen Projekten und 7 600 Beratungsgespräche stattgefunden haben.

Als Betriebsrätin bin ich jedoch der Überzeugung, daß nur eine unangemeldete Kontrolle der Arbeitsinspektion zielführend ist. – Von 1997 auf 1998 gab es um 4 705 Beanstandungen weniger, und das ist wirklich als Erfolg zu bezeichnen.

Ganz wichtig ist aber auch die Aufklärung der Arbeitnehmer über die Gefahrenquellen auf dem Arbeitsplatz. Leider ist es in einzelnen Betrieben, eben aufgrund des immer stärker werdenden Drucks auf die Arbeitnehmer, oft so, daß Vorschriften einfach "vergessen" werden, wie das zum Beispiel bei einem Unfall an einer Industriemaschine in einem Krankenhaus der Fall war, als ein Arbeiter ohne Schutzmaßnahmen in eine heiße Waschmaschine einstieg. Ein zweiter folgte ihm, um zu helfen. Beide konnten von der Feuerwehr nur mehr tot geborgen werden. – In diesem Falle wäre es lebensrettend gewesen, wenn ein Einsteigen ohne Schutzmaßnahmen erst gar nicht möglich gewesen wäre.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es sehr erfreulich, daß im Berichtsjahr 1997 auch in der Steiermark die Zahl der Unfälle bei den unselbständig Erwerbstätigen um 148, bei den Angestellten um vier zurückgegangen ist. Bei Wegunfällen gab es bei den Arbeitern einen Rückgang um sieben und bei den Angestellten um sechs Fälle. Wegunfälle sind ja vor allem auf widrige Witterungsverhältnisse zurückzuführen.

Ein Bereich, in dem es nach wie vor leider sehr häufig zu Übertretungen des Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutzes kommt, ist die Tourismusbranche, und zwar das Hotel- und Gastgewerbe. Da kommt es sehr häufig zu Übertretungen des Kinder- und Jugendlichenverwendungsschutzes.

Für mich ist es daher eine Selbstverständlichkeit, daß Übertretungen bestraft werden. Dagegen wehrt sich aber Herr Abgeordneter Haider, der heute nicht anwesend ist. Er hat gerade in letzter Zeit immer wieder behauptet, die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu vertreten. So meinte Dr. Haider in einer Rede am 4. November vergangenen Jahres, ein Gastwirt sei wegen einer einmaligen Übertretung gleich zu einer Strafe von 42 000 S verdonnert worden. – Dem möchte ich entgegenhalten, daß dieser Lehrherr bereits 13mal den Arbeitnehmerschutz übertreten hat. Eine Mindeststrafe von 3 000 S ist daher mehr als gerechtfertigt.

Uns allen ist ja bekannt, daß es in Kärnten mit dem Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutz oft nicht allzu genau genommen wird: Im Jahre 1997 wurde in diesem Bundesland eine Übertretungsrate von 84,4 Prozent im Gastgewerbe festgestellt. (Abg. Meisinger: Kein Wunder! 40 Jahre Sozialdemokratie haben geprägt!)

Meine Damen und Herren! Deshalb muß die Beratertätigkeit vor allem über die unangemeldeten Kontrollen der Arbeitsinspektoren verstärkt fortgesetzt werden. – Ich darf mich bei dieser Gelegenheit bei Frau Bundesministerin Hostasch und ihrem Team für die informative Berichterstattung über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahre 1997 herzlichst bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

14.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Meisinger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.24

Abgeordneter Josef Meisinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Im Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1997 werden unter anderem die großen Anstrengungen bei der Kontrolle illegal beschäftigter ausländischer Arbeitskräfte hervorgehoben. Es wurde auch die Mitarbeiterzahl der Inspektoren in diesem Bereich um zwölf erhöht; das ist eine Steigerung um über 30 Prozent. Die Kontrolle hingegen blieb annähernd gleich: Es war eine Steigerung von lediglich 0,6 Prozent zu verzeichnen.

Der Vergleich der Tätigkeit der Arbeitsinspektoren von 1988 bis 1997 zeigt insgesamt, daß im Jahre 1988 163 Inspektoren 74 172 Einsätze hatten; im Jahre 1997 hingegen gab es bei 315 Inspektoren nur 51 141 Einsätze. Das ist ein Minus von 42 Prozent pro Arbeitsinspektor.

Das ist bedenklich, noch dazu, wenn auf Seite 9 dieses Berichtes folgendes zu lesen ist – ich zitiere –:

"Es ist ein erklärtes Ziel der Sozialpolitik, die Kontrollaktivitäten noch weiter zu intensivieren und die Häufigkeit der Kontrolle entscheidend zu steigern, um durch eine möglichst vollständige Verhinderung der illegalen Beschäftigung die Chancen der Arbeitssuchenden zu verbessern und damit einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung der Arbeitslosigkeit zu leisten."

Das ist doch ein Widerspruch in sich. Ich möchte auch darauf drängen, daß, wenn schon so eine Passage hineinkommt, vorerst die Beschäftigung österreichischer Staatsbürger angeführt wird, aber nicht die Beschäftigung von Ausländern in den Vordergrund gestellt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Zusätzliche Arbeitsinspektorate wurden mit dem Ziel eingerichtet, rascher, unbürokratischer und effizienter gegen illegale Beschäftigung einschreiten zu können; spezielle "Eingreiftrupps" wurden eingerichtet, um solchen Mißständen entgegentreten zu können. Wie wir wissen, war das aber nicht gerade von großem Erfolg gekrönt; die Wirklichkeit schaut anders aus.

Nun einige Beispiele: Der bereits vor Jahren, und zwar vom damaligen Sozialminister Hesoun angekündigte Sozialversicherungsausweis – diese Ankündigung stand seinerzeit auch in der Regierungserklärung – wäre eine gute Möglichkeit gewesen, diesbezüglich effizienter vorzugehen. Diese Ankündigung wurde aber leider nicht in die Tat umgesetzt. Wichtig wäre in diesem Zusammenhang auch, in Zukunft bitte von dieser Unart der angekündigten Kontrolle in politisch und persönlich manchen nahestehenden Betrieben Abstand zu nehmen.

Ein weiterer Schwerpunkt sollte auch das Ausländer-Beschäftigungsgesetz zum Schutz inländischer beziehungsweise schon lange in Österreich lebender ausländischer Arbeitnehmer sowie der der zweiten und dritten Nachfolgegeneration sein. Das darf aber bitte nicht so weit gehen, daß zum Beispiel, wie das in Oberösterreich der Fall war, der Arbeiterkammerpräsident ankündigt, ausländischen Jugendlichen bevorzugt zu Lehrplätzen verhelfen zu wollen. Davon, daß sich dieser Präsident für österreichische Jugendliche stark macht, war überhaupt keine Rede.

Frau Bundesminister! Mehr ehrliche Bekämpfung illegaler Beschäftigung wäre zweifellos angebracht – und nicht nur Schönfärberei, die wir aber von Ihnen geradezu gewohnt sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Silhavy. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.28

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Meisinger, es ist nicht notwendig, zu betonen, daß wir uns für österreichische Lehrlinge, österreichische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einsetzen sollen, denn wir tun das bitte – im Gegensatz zu Ihnen! (Zwischenrufe des Abg. Meisinger.)

Wir brauchen das nicht zu betonen. Wir tun das! Und wir machen noch etwas anderes: Wir treiben keine Keile zwischen Männer und Frauen, zwischen Menschen österreichischer und ausländischer Herkunft, sondern wir vertreten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer insgesamt! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Meisinger.)

Zurückkommend auf den Bericht der Arbeitsinspektion über das Jahr 1997, der besonders von der Hervorhebung der Beratungstätigkeit gekennzeichnet ist. Kollegin Sophie Bauer hat bereits betont, daß es 7 100 Vorbesprechungen betrieblicher Projekte gab. Mir scheint dies besonders erwähnenswert zu sein, weil wir ja aus der Praxis genau wissen, daß nachträgliche Einrichtungen zur Einhaltung der Schutzbestimmungen meistens wesentlich problematischer sind, als wenn man diese bereits im Rahmen der Projektierung mitberücksichtigt.

Für erfreulich halte ich auch die Tatsache, daß bei den aktiv betreuten Betriebs- und Arbeitsstätten die Übertretungen mit 29 Prozent doch wesentlich geringer sind als bei anderen, wo es nämlich einen Anteil von 42 Prozent an Übertretungen gab. Ich meine, es macht die Beratung schon Sinn – und das schlägt sich ja auch in diesem Berichtsjahr positiv nieder.

Zwei Anregungen seitens der Arbeitsinspektion scheinen mir auch wichtig für dieses Haus zu sein, und ich glaube, wir werden uns damit in Zukunft intensiver auseinandersetzen müssen.

Das eine ist die Feststellung der Arbeitsinspektionsorgane, daß die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen ihrer Verpflichtung der Unterweisung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen häufig nicht nachkommen. Ich glaube, wir werden uns darüber Gedanken machen müssen, wie wir die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen besser in ihre Verpflichtung einbinden können.

Der zweite Punkt, der mir auch wichtig erscheint, ist der mangelnde Informationsfluß zwischen Gerichten und Arbeitsinspektion. Er wurde im Bericht sehr deutlich hervorgehoben am Beispiel der zwei Kärntner Fälle von sexuellen Übergriffen der Arbeitgeber auf jugendliche Lehrlinge, bei denen die Arbeitsinspektion im einen Fall über die Bezirkshauptmannschaft und im anderen Fall überhaupt nur aus den Medien davon erfahren hat. Das heißt, wir sind gefordert, auch darüber nachzudenken, wie der Informationsfluß zwischen Gerichten und Arbeitsinspektion verbessert werden kann.

Kollege Kier – er ist momentan nicht da (Abg. Dr. Gredler: Wir richten es ihm aus!) – das ist sehr nett, daß Sie ihm das ausrichten – hat gemeint, die Vereinfachung der Gesetzgebung wäre wünschenswert, und hat uns mehr oder weniger Arroganz unterstellt. – Ich denke, es ist arrogant, dies so zu behaupten, aber das werde ich mit Kollegen Kier dann auch noch persönlich besprechen.

Zweifelsohne ist es so – und das gilt ja nicht nur für das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz –, daß unsere Gesetze zum Teil sehr kompliziert und komplex sind. Das wissen Sie genausogut wie ich, die wir uns damit auseinandersetzen. Nur: So einfach wie Kollege Peter – und die Vorstellungen des Liberalen Forums gehen ja offensichtlich in diese Richtung – kann man es sich nicht machen, daß man sagt: Für gesundheitsgefährdende Branchen und Betriebe machen wir etwas Eigenes, und für andere etwas anderes, und letzten Endes definieren wir aber nicht, was gesundheitsgefährdend ist. Ich habe ihn das letzte Mal gefragt: Ist gesundheitsgefährdend die Baubranche, in der wir mehr Arbeitsunfälle haben, oder sind die Friseurinnen und Friseure, unter denen es mehr Hauterkrankungen gibt, gesundheitsgefährdet? – Eine Antwort habe ich nicht bekommen! – Nun, das ist ein bißchen sehr einfach, und ich würde sagen, noch arroganter! (Beifall bei der SPÖ.)

Kollegin Bauer hat bereits die Überschreitungen der Arbeitszeitvorschriften angesprochen. Ich denke, gerade angesichts der flexibleren Arbeitsgestaltungsmöglichkeiten, die wir im Entgegenkommen auch gegenüber der Wirtschaft hier beschlossen und ermöglicht haben, sind gerade in diesem Bereich die Kontrollen unerläßlich. Ich glaube, daß sie sogar hervorgehoben und auch noch verstärkt werden müssen, denn die Aussage von Kollegen Trinkl im Ausschuß – heute hat er es nicht ganz so direkt gesagt, weil das ja doch öffentlich ist –, daß Überschreitungen des KJBG, vor allem im Gastgewerbe – und 50 Prozent der Überschreitungen erfolgen in diesem Bereich! (Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl) –, nur dann nicht toleriert werden können, wenn sie gesundheitsgefährdend für den Jugendlichen sind, ist eine ungeheuerliche Aussage! (Abg. Dr. Trinkl: Das habe ich nicht gesagt!) Soll das heißen, daß wir alle anderen gesetzlichen Überschreitungen tolerieren, nur jene, die die Gesundheit unmittelbar gefährden, nicht? – Das finde ich schon ein starkes Stück, das von einem Abgeordneten dieses Hauses hören zu müssen! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Ich denke, wenn schon Unternehmensvertreter, die Abgeordnete hier in diesem Hause sind, so mit dem Gesetz umgehen, dann sind Kontrollen auf diesem Gebiete sicherlich weiterhin verstärkt notwendig.

Auch was die dauernden Anspielungen des Kollegen Trinkl auf die gemeinsamen Begehungen von Arbeiterkammer und Arbeitsinspektion betrifft, so ist mir schon klar, daß das den Unternehmern angesichts ihrer Interessen vielleicht ein Dorn im Auge ist. Nur: Warum ist es denn notwendig? – Gerade weil es in diesen Bereichen so hohe Überschreitungen gibt!

Ich denke, man sollte sich vielleicht einmal darüber Gedanken machen – das Ganze hat mich nämlich ein bißchen an ein Zitat erinnert: "Endlich habe ich dem Pferd das Fressen abgewöhnt, und jetzt ist das blöde Vieh gestorben" –, wie man mit Menschen insgesamt umgeht. Man sollte sich überlegen, wie man mit Rechten von Menschen umgeht, denn letzten Endes müssen die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewahrt bleiben, und zwar nicht nur von Vertretern hier im Hohen Haus, sondern auch von Vertretern der Wirtschaft insgesamt. (Beifall bei der SPÖ.)

14.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Blünegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.35

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Hohes Haus! Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Bericht über die Arbeitsinspektion liefert sicherlich sehr viele Zahlen, und einige Zahlen sind auch schon genannt worden. Natürlich möchte ich auch die Leistungen der Arbeitsinspektoren lobend erwähnen und würdigen (Abg. Dr. Mertel: Ist das ehrlich? Herr Haider sagt immer, Arbeitsinspektoren ...!), denn bei einer Zahl von 315 Arbeitsinspektoren im Jahr 1997 haben diese sicher sehr gute Arbeit geleistet.

Es ist auch als erfreulich zu bezeichnen, daß die Zahl der Übertretungen der Vorschriften im Jahre 1997 um 10 Prozent gesunken ist. Aber, Frau Bundesministerin, das ist nicht Ihre Leistung, sondern die der heimischen Wirtschaft und der Gewerbetreibenden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Dieses Verdienst gehört auch den Gewerbetreibenden, und es ist wirklich beachtenswert, was da zustande gebracht wurde. Denn die Regelungswut, die Verbürokratisierung durch diese Bundesregierung – und da brauche ich ja nur in diesen Raum zu schauen – hat Ausmaße angenommen, die der Wirtschaft ihren Stempel aufgedrückt haben.

Heute ist es ja in Österreich fast unmöglich, einen Betrieb zu führen und dabei kein Gesetz zu verletzen, denn die verschiedenen Gesetze sind ja schuld daran, daß es soweit gekommen ist. (Abg. Dr. Kostelka: Das ist eine ungeheuerliche Aussage! Das ist eine Aufforderung zum Rechtsbruch! – Abg. Dr. Mertel: Das ist eine spannende Aussage! – Abg. Dr. Kostelka: Das ist eine Aufforderung zum Rechtsbruch!)

Zu den Kontrollen betreffend Ausländerbeschäftigung hat ja die Frau Bundesministerin (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch– ich bin unter anderem der gleichwertige Partner in einem Betrieb, Kollege Verzetnitsch, und das ist, glaube ich, wichtiger, als heute hier zu sagen, daß hier herinnen Gesetze geschaffen werden, die den Arbeitenden nicht einmal die Kraft geben, daß sie überhaupt zu ihrer Arbeit kommen (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch) –, also dazu hat die Frau Bundesministerin sehr kühn und trocken festgestellt, daß bei 2 100 kontrollierenden Beanstandungen 3 900 illegal beschäftigte Ausländer angetroffen wurden. (Zwischenrufe der Abgeordneten Meisinger und Koppler.) Dabei ist weiters zu berücksichtigen, daß das wahrscheinlich nur die Spitze des Eisberges ist.

Auch da geben wir Freiheitlichen eine klare Linie vor, weil wir unter anderem eine Ausländerpolitik dahin gehend betreiben, daß wir sagen, der Aufenthalt von illegalen Ausländern in Österreich ist nicht angebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen. Sie rühmen sich immer wieder, daß die Zahl der anerkannten Berufskrankheitsfälle zurückgegangen ist. – Diese ist tatsächlich zurückgegangen, aber das ist kein Wunder, denn Sie bestimmen ja selbst, Frau Bundesminister, was eine Berufskrankheit ist und was nicht. Ich glaube, daß wir hierfür sogar einen Beweis dadurch haben, daß bei der letzten Sitzung des Sozialausschusses die Sozialdemokraten und die ÖVP den begründeten Antrag des Abgeordneten Öllinger über eine diesbezügliche Änderung des ASVG abgelehnt haben.

Man braucht sich somit nicht darüber zu wundern, daß die anerkannten Berufskrankheiten, daß die Zahl der anerkannten Arbeitsunfälle abnimmt. Diesem berechtigten Antrag des Kollegen Öllinger aber hat diese Einheitsregierung – besser: diese Noch-Einheitsregierung – nicht zugestimmt, und daher werden wir auch diesem Bericht keine Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

14.39

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst für Ihre anerkennenden Worte zu diesem Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion danken, weil damit auch ausgesprochen wurde Ihre Wertschätzung des Einsatzes der Kolleginnen und Kollegen der Arbeitsinspektion für bessere Arbeitnehmerschutzbestimmungen, für bessere Arbeitskonditionen der Kolleginnen und Kollegen vor Ort, aber auch für eine verbesserte Situation der Zusammenarbeit mit den Unternehmen, gerade im Bereich der gegenseitigen Beratung.

Ich meine, sehr geschätzte Damen und Herren, daß aus diesem Bericht erkennbar ist, daß jene Zielsetzungen, die im neuen, durch Sie beschlossenen Arbeitnehmerschutzgesetz formuliert wurden, voll erreicht werden konnten und daß wir doch deutliche Erfolge im Bereich des Arbeitnehmerschutzes verzeichnen können.

Lassen Sie mich eine besondere Zahl hervorheben, nämlich den Rückgang der Zahl der Unfälle mit tödlichem Ausgang von 155 auf 141 oder den Rückgang der Unfälle – wobei darin die Wegunfälle nicht berücksichtigt sind – von 139 600 auf 121 500. Aber auch die Zunahme der Beratungstätigkeit, der Teilnahme an Vorbesprechungen von 13 388 auf 14 714, also um 10 Prozent, zeigt, wie wichtig, aber auch wie umfassend die Tätigkeit der Arbeitsinspektion ist. Ich möchte hier klar zum Ausdruck bringen, daß es für mich ganz wichtig ist, daß die Beratungstätigkeit durch die Arbeitsinspektion sehr konsequent wahrgenommen wird. Da ist die Arbeitsinspektion Partner auch der Wirtschaft im Sinne der Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ohne daß dabei aber die Kontrolltätigkeit vernachlässigt wird.

Zur Kontrolltätigkeit vielleicht auch noch eine Zahl – und ich spreche hier die Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung an –: Wir haben vom Jahr 1996 auf 1997 die Kontrolltätigkeit um 0,6 Prozent erhöht und dementsprechend erkennbar auch dort einen besonderen Schwerpunkt gesetzt, wie insgesamt die Arbeitsinspektion, wenn durch Hinweise, durch Erfahrungen, die Notwendigkeit hiezu erkannt wird, Schwerpunktaktionen setzt, um in besonders betroffenen Branchen – es wurde bereits angesprochen, um welche es in erster Linie geht: um den Bereich des Gastgewerbes, der Gastronomie, aber auch den Bereich des Baues – sehr zielgerichtet Kontrollen durchzuführen. Durch diese Kontrollen soll auch erreicht werden, daß ordentlich arbeitende Unternehmen gegenüber weniger korrekt arbeitenden Unternehmen in einen fairen Wettbewerb gebracht werden und daß so korrekte Arbeitsbeziehungen entwickelt werden können.

In diesem Sinne würde ich mich sehr freuen, sehr geschätzte Damen und Herren, wenn es gelänge, den bereits dem Parlament vorliegenden Entwurf betreffend Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz alsbald einer Beschlußfassung zuzuführen. Ich bin davon überzeugt, daß wir mit diesem Gesetz noch wirksamer die organisierte illegale Beschäftigung, aber auch die illegale Gewerbeausübung bekämpfen und damit mehr Korrektheit in der Arbeitswelt, in den Arbeitsbeziehungen für die Wirtschaft und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreichen können.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte betonen, daß mir die Zusammenarbeit mit der Arbeiterkammer, gleichermaßen aber auch die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer, mit den Wirtschaftsvertretern sehr wichtig ist. Wenn es darauf ankommt, Schutzinteressen wahrzunehmen, dann sage ich aber sehr offen, daß aus meiner Erfahrung die Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die schwächere ist, und daß wir – ich sowie auch das Arbeitsinspektorat – daher auf der Seite der Schwächeren stehen, um deren Interessen gegen Stärkere durchsetzen zu können.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich habe auch erfahren, daß von einigen Ärzten eine Aktion im Gange ist, die für mich inakzeptabel ist und weswegen ich meine Beamten ersucht habe, der Sache nachzugehen und diese Aktion, wenn möglich, zu stoppen, jedenfalls aber anzuprangern. Denn das ist keine Art, mit Kolleginnen und auch insgesamt mit Arbeitnehmerinnen in der Arbeitswelt umzugehen. Da kann ich mich den Argumenten des Herrn Abgeordneten Öllinger nur voll anschließen.

Ansonsten, sehr geschätzte Damen und Herren, darf ich Sie bitten, immer wieder auch die Meinung zu unterstützen, daß Arbeitnehmerschutz nicht nur ein Anliegen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist, sondern auch ein Anliegen der Unternehmen. Es spart den Unternehmen Kosten, wenn Arbeitnehmerschutzbestimmungen eingehalten werden, aber es ist auch ein volkswirtschaftlicher Nutzen, wenn wir weniger Unfälle und weniger Folgekosten daraus haben. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Es liegen dazu keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort des Berichterstatters.

Wir gelangen nun zur Abstimmung – ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen –, und zwar stimmen wir über jeden Ausschußantrag getrennt ab.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, den vorliegenden Bericht III-175 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer den Bericht zur Kenntnis nehmen möchte, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Schließlich kommen wir noch zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1657 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer auch diesen Bericht zur Kenntnis nehmen möchte, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist damit gleichfalls zur Kenntnis genommen.

7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1638 der Beilagen): Bun-desgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden (Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999) (1681 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1633 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Notariatsprüfungsgesetz, das Teilzeitnutzungsgesetz und das Bauträgervertragsgesetz geändert werden (Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999) (1682 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung. Die Debatte darüber wird unter einem durchgeführt.

Auf eine Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.46

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister! Den freien Berufen in Österreich bläst ein starker Gegenwind ins Gesicht, und insbesondere trifft das für die freien Berufe der Rechtsanwälte und Notare zu. Man sieht schon aufgrund der nationalen, aber auch der internationalen Gegebenheiten, wie sich die Berufsstände diesbezüglich vorbereiten. Es wäre eine Chance gewesen, im Berufsrechts-Änderungsgesetz entsprechend moderne Normen und Voraussetzungen zu schaffen, damit unsere freien Berufsstände der Rechtsanwälte, insbesondere aber auch der Notare, für die Zukunft auch eine gesicherte wirtschaftliche Existenz haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Berufsrechts-Änderungsgesetz-Novelle war in beiden Bereichen notwendig aufgrund der Richtlinie der Europäischen Union 98/5, die ja bis zum 14. März 2000 umgesetzt werden soll. Herr Minister – diese Kritik müssen Sie sich schon gefallen lassen –, es ist ja letztlich so, daß diese Novelle nicht die letzte vor der Richtlinienumsetzung im Jahre 2000 sein wird – das heißt, wir werden im nächsten halben Jahr erneut über das Berufsrecht der Rechtsanwälte zu diskutieren haben. (Bundesminister Dr. Michalek: Man kann über die freien Berufe nicht lange und oft genug reden!) Natürlich kann die Diskussion nicht schaden, aber es sollte dabei auch etwas herauskommen.

Ich möchte im Hinblick auf die Kürze nur einige wenige Kritikpunkte ansprechen: Die Anwaltsgesellschaft, die eingeführt wird, die Anwalts-GesmbH, greift unserer Meinung nach zu kurz und geht auch an der Realität vorbei. Ganz kurz umrissen: Es handelt sich nach wie vor nur um eine Schein-GmbH. Nach wie vor hängt man der Personengesellschaft nach, die nunmehr in einer GmbH geführt werden kann. Es ist keine Auswahl des Firmennamens möglich, es gibt nur Personengesellschafts-Namen, es ist keine Prokura möglich, es sind keine Mehrbeteiligungen durch Rechtsanwälte, keine interdisziplinären Gesellschaften möglich, aber auch Berufsfremde können sich daran nicht beteiligen. – Wir haben diese Kritik schon im Ausschuß erläutert, und sie läuft darauf hinaus, daß die Novelle unserer Meinung nach viel zu kurzgreifend und nicht EU-konform ist. Ich hoffe, daß wir uns bei der nächsten Änderung diesbezüglich dazu durchringen können, in diesem Bereich moderne Voraussetzungen zu schaffen.

Aber auch die Zulassungsvoraussetzungen für den Zugang zu diesem Beruf hätten an sich im Zuge dieser Berufsrechts-Änderung bei den Rechtsanwälten anders gestaltet gehört. Sie diskriminieren nach wie vor Inländer gegenüber Ausländern, sie sind unzumutbar, weil sie aufgrund ihrer Länge und aufgrund ihrer Voraussetzungen zum Zugang im internationalen Vergleich nicht entsprechen, und sie sind stark von standespolitischem Konkurrenzdenken geprägt – das darf man nicht vergessen. Man hätte eigentlich etwas Moderneres daraus machen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Rechtsanwaltsprüfung wird im Gegenzug – obwohl der Gegenwind bläst und wir uns natürlich auf dem Markt behaupten wollen – durch die Einführung eines weiteren Prüfungsfaches in Wirklichkeit erschwert. Ich halte es angesichts überlanger Ausbildungszeiten für Rechtsanwälte schon für vermessen, daß man als Antwort darauf, daß sich unsere Leute in diesem Bereich erst frühestens mit 29 oder 30 Jahren überhaupt selbständig machen können, noch ein zusätzliches Prüfungsfach einführt. In ganz Europa gibt es keine vergleichbare Rechtsanwaltsprüfung oder gar eine vergleichbar lange Ausbildungsdauer von fünf Jahren nach abgeschlossenem Studium – nach abgeschlossenem Studium, das darf man nicht vergessen!

Aber auch die frauendiskriminierenden und familienfeindlichen Bestimmungen in der Rechtsanwaltsausbildung sind nicht beseitigt worden. Der Rechtsanwaltsanwärter ist seinem Ausbildungsanwalt in einem Maße unterworfen, wie dies in keiner anderen Ausbildung oder in keinem anderen Beruf der Fall ist. Es sind keine Teilzeitregelungen möglich – nicht einmal durch Verlängerung einer Berufsausbildung –, wodurch natürlich Frauen, die an eine Familiengründung, an Kinder denken, der Zugang zu diesem Beruf ja überhaupt verunmöglicht wird. Ich glaube, daß da Handlungsbedarf besteht und daß wir das schleunigst lösen müssen. Man kann nicht davon ausgehen, daß Rechtsanwälte lediglich Singles sein dürfen oder eine Ehe wahrscheinlich gar nicht leben können.

Es gibt keine Verbesserung der Rechtsstellung für Berufsanwärter im Kammerbereich und keine Verbesserung der sozialrechtlichen Absicherung für Berufsanwärter und Rechtsanwälte. Ich erinnere daran: Es gibt keinen Pensionsanspruch, den man in der Aubildungszeit erwirbt, aber auch keine Hinterbliebenen- und keine Versorgungs- beziehungsweise Invaliditätsversorgungsansprüche bis zum fünften Jahr nach der Eintragungsfähigkeit. Das bedeutet bis zum 33. Lebensjahr ein soziales Nullum für diesen Berufsstand – und das gilt auch für Notare. (Bundesminister Dr. Michalek: Nein, überhaupt nicht!) Das ist meines Erachtens nicht mehr zeitgerecht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es kommt aber auch zu keiner Abschlankung des Kammerbereiches: Für knapp 5 000 Mitglieder gibt es neun Landeskammern und eine Bundeskammer. Es gibt bald mehr Funktionäre als Mitglieder in dieser Kammer. Und ich meine, man sollte da etwas ändern.

Wir haben hiezu Abänderungs- beziehungsweise Entschließungsanträge, die ich hiemit einbringen möchte.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Dr. Krüger, Dr. Ofner zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Notariatsprüfungsgesetz, das Teilzeitnutzungsgesetz und das Bauträgervertragsgesetz geändert werden (Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999) (1633 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (1682 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

In Artikel I (Notariatsordnung) entfallen die Ziffern 15 (§ 110 Abs. 3) und 19 (§§ 140b, 140c, 140d, 140e, 140f, 140g, 140h und 140i)."

*****

Die Begründung wird noch separat von einem Kollegen vorgetragen werden.

Weiters bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Dr. Krüger, Dr. Ofner zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Notariatsprüfungsgesetz, das Teilzeitnutzungsgesetz und das Bauträgervertragsgesetz geändert werden (Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999) (1633 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (1682 der Beilagen) betreffend Einführung neuer österreichweiter Register und Urkundenarchive

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der die Einführung gerichtlich geführter Testaments-, Urkunden-, Teilzeitnutzungs- und Zeitstempelregister und Urkundenarchive nach folgenden Grundsätzen vorsieht:

1. Führung der Register und Archive mittels automationsunterstütztem Datenverkehr;

2. Registrierungspflicht für alle österreichischen Rechtsberufe im Wege der elektronischen Datenübermittlung;

3. Registrierungsmöglichkeit für alle privaten Urkunden, Verträge und letztwilligen Anordnungen;

4. Abfragemöglichkeit bei jedem Bezirksgericht analog zum Grundbuch für alle Vertragspartner und den Verfasser der Urkunde, des Vertrages oder der letztwilligen Anordnung sowie für die Verlassenschaftsgerichte und öffentlichen Notare als Gerichtskommissäre in Verlassenschaftssachen, aber auch für alle einem Disziplinarrecht unterworfenen Rechtsberufe im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit für einen der Vertragspartner und

5. Einhebung einer zur Deckung des Aufwandes ausreichenden Gebühr für die Eintragung, Abfrage, Löschung und Einsichtnahme.

Vorrangig soll das Österreichische Zentrale Testamentsregister umgestaltet werden. Die Ergänzung um die weiteren Einrichtungen soll Schritt für Schritt je nach Dringlichkeit erfolgen, wobei ein Treuhandregister außerhalb der Kammern der Rechtsberufe nur eingerichtet werden soll, soweit dies in einer für alle Rechtsberufe gleichen Form sinnvoll ist."

*****

Es geht nämlich nicht darum, daß man, während es den Notaren aufgrund ihres guten Lobbyings – das muß man loben – gelingt, Geschäftsfelder zu erschließen, im Gegenzug aber in anderen rechtsberatenden Berufen mehr oder weniger Freiwild für Kammern und andere Funktionäre wird.

Ein weiterer Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Dr. Krüger, Dr. Ofner zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden (Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999) (1638 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (1681 der Beilagen) betreffend Beglaubigung durch alle einem Disziplinarrecht unterstellten freien Rechtsberufe

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der vorsieht, daß Beglaubigungen nicht nur von Gerichten und Notaren, sondern auch von allen freien Rechtsberufen vorgenommen werden dürfen, die einem Disziplinarrecht unterstehen."

*****

Der letzte Antrag ist eher sozialpolitischer Natur:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Dr. Krüger, Dr. Ofner zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden (Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999) (1638 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (1681 der Beilagen) betreffend Absicherung der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter für den Versorgungsfall, aktives und passives Wahlrecht für Rechtsanwaltsanwärter sowie Einführung der Briefwahl in den Rechtsanwaltskammern

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Justiz wird ersucht, bei der nächsten Novellierung der Rechtsanwaltsordnung auch gesetzliche Regelungen vorzusehen, die

eine Einbeziehung aller Rechtsanwaltsanwärter und Rechtsanwälte ab dem Beginn ihrer Tätigkeit in die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung der Rechtsanwaltskammern mit einer ausreichenden Mindestversorgung,

das aktive und passive Wahlrecht für Rechtsanwaltsanwärter in den Rechtsanwaltskammern,

die Umstellung aller Wahlen in den Rechtsanwaltskammern auf eine Briefwahl

beinhalten."

*****

Herr Minister! Ein letztes Wort noch: Man erhebt in Österreich seit vielen Jahren die Winkelschreiberei systematisch zum Gesetz. Es ist tatsächlich so: Früher war die Winkelschreiberei verpönt – heute tummeln sich im rechtsberatenden Berufsbereich Finanzprokuratur, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Mieterbund, Mietervereinigungen und Mieterverband, Gewerkschaften, Kammern, neuerdings auch Wirtschaftstreuhänder. Aber auch Konfliktlösungszentren, wo man in Wirklichkeit Leute beschäftigt, die jahrzehntelang am Markt vorbei produziert wurden – Sozialpädagogen et cetera –, greifen in die rechtsberatenden Berufe ein, genauso wie dies demnächst bei der Mediation, bei den Gleichbehandlungsanwaltschaften und Patientenanwälten der Fall sein wird. Auch Schuldenberatungsstellen im Privatkonkurs und der dritte bevorrechtigte Gläubigerschutzverband, auf den wir noch zu sprechen kommen werden, werden letztendlich im rechtsberatenden Bereich eingesetzt.

Ich meine, wir müssen uns eine moderne Ausbildung und auch ein modernes Berufsbild für Rechtsanwälte überlegen. Letztendlich muß es auch möglich sein, daß Rechtsberatung vom Bürger nur dort gefunden wird, wo der wirkliche Anwalt der Bürger, wo der Experte sitzt. Und das ist in Österreich nach wie vor ausschließlich der Rechtsanwalt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Abänderungsantrag sowie die eben verlesenen Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Frau Abgeordnete, um 15 Uhr ist eine Dringliche Anfrage aufzurufen. Ihre Redezeit beträgt daher noch 5 Minuten. – Bitte.

14.55

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Berufsrecht für Rechtsanwälte und Notare stand unter den großen Prinzipien der Deregulierung, Liberalisierung und, besonders bei den Rechtsanwälten, der neuen möglichen Gesellschaftsbildungen. Wir haben jetzt ermöglicht, daß es neben den Personengesellschaften, bei denen selbstverständlich jede beteiligte Person selbst die Qualifikation als Anwalt haben muß, auch Kapitalgesellschaften, nämlich GesmbHs, zugelassen sind. Diese sind in Deutschland schon längere Zeit erlaubt und werden in Hinkunft auch in Österreich möglich sein.

Nicht klar geregelt haben wir – und das konnten wir noch nicht – die internationalen Kooperationen, also etwa die Frage, wie das in Hinkunft aussehen wird, wenn sich grenzüberschreitend Gesellschaften bilden oder zusammentun möchten. In dieser Frage wollten wir in dieser Novelle noch keine Regelung treffen, weil wir hier einen internationalen Gleichschritt machen wollen. Es hat keinen Sinn, daß Österreich da präjudiziell bereits etwas vorwegnimmt und das dann womöglich mit unseren Kollegen und mit den Normen im benachbarten Ausland, insbesondere mit jenen der Europäischen Union, kollidiert. Wir wollen ja den rechtsberatenden Berufen da die Tore öffnen – und nicht verschließen.

Mit dieser Debatte ging natürlich auch die Frage der interdisziplinären Kooperation ganz eng einher. Das heißt, daß sich nicht nur Rechtsanwälte zu einer Gesellschaft zusammenschließen können sollen, sondern daß es beispielsweise auch anderen Berufsgruppen möglich sein soll, gemeinsam mit Rechtsanwälten Gesellschaften zu bilden. Die Wirtschaftstreuhänder haben beispielsweise in ihr Gesetz, das wir vergangenes Monat beschlossen haben, aufgenommen, daß solche interdisziplinären Kooperationen möglich sind, daß aber die Wirtschaftstreuhänder die Stimmrechtsmehrheit haben müssen und natürlich auch insgesamt die Mehrheit als beherrschender Faktor vorhanden sein muß.

Hätte man für die Rechtsanwälte eine ähnliche Bestimmung aufgenommen, also die Möglichkeit einer interdisziplinären Kooperation unter der Voraussetzung, daß sie die Mehrheit haben, dann wären damit beide Bestimmungen ad absurdum geführt, denn zwei Mehrheiten gibt es ja nicht. Daher haben wir auch diese Frage noch einmal zurückgestellt, um abzuklären, unter welchen Stimmrechtsregelungen, unter welchen beherrschenden Regelungen und vor allem auch – und das scheint mir das Wesentliche zu sein – mit welchen Berufsgruppen interdisziplinäre Kooperationen möglich sein sollen.

Es ist nämlich jedem einleuchtend, daß sich Rechtsanwälte mit Wirtschaftstreuhändern oder auch mit Unternehmensberatern zusammentun sollen, um als Anbieter einer Dienstleistung auf dem Markt agieren zu können. Es ist aber dann schon zu hinterfragen, ob dies auch für Rechtsanwälte und Immobilientreuhänder, Rechtsanwälte und Architekten, Rechtsanwälte und Baumeister oder überhaupt sämtliche anderen Unternehmen oder Gewerbebetriebe gelten soll, ob es da Unvereinbarkeiten klassischer Natur gibt und ob solche Kooperationen dann noch unserem Verständnis von freien Berufen mit ihrem dazugehörigen Disziplinarrecht und ihren Berufsordnungen entsprechen.

Daher haben wir die Lösung dieser Frage zurückgestellt. Wir werden sie allerdings bei nächster Gelegenheit, sobald wir klarere Rahmenbedingungen haben und insbesondere auch sehen, wie unsere europäischen Nachbarn mit dieser Fragestellung umgehen, hier in diesem Hause weiterberaten.

Diskutiert wurde auch die lange Ausbildungsdauer für die Rechtsanwaltsberufe. Insbesondere im europäischen Vergleich ist diese Ausbildungsdauer sehr lange. Ich möchte aber von dieser Stelle aus auch ein Bekenntnis zur Qualität abgeben. Wir haben nicht nur die längste Ausbildungsdauer, sondern wir haben auch im europäischen Vergleich eine der höchsten Qualitäten in den rechtsberatenden Berufen – und das sollte man nicht einfach negieren oder leichtfertig aus der Hand geben. Es ist aber sehr wohl zu bedenken, daß es zu einer Art Inländerdiskriminierung kommen kann, und daher muß man diese Frage auch noch lösen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Lassen Sie mich noch einen letzten Satz zum Werbeverbot sagen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen und zeigt der Rednerin durch eine Geste die Zahl Eins an.) – Danke.

Zum Werbeverbot: Es ist so, daß die Bevölkerung oft nicht weiß, welche Hilfestellungen und Dienstleistungen Anwälte und Notare anbieten, weil es ein Quasi-Werbeverbot gibt. Wenn man also zeitgemäßer Teilnehmer auf dem Dienstleistungsmarkt in Richtung Rechtsberatung sein will, dann wird man dieses Werbeverbot ganz drastisch lockern und im Rahmen des erlaubten Wettbewerbs zulassen müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche jetzt die Verhandlungen über die Punkte 7 und 8 der Tagesordnung der jetzigen Sitzung, und wir gelangen somit zu der heute früh beantragten Behandlung einer Dringlichen Anfrage.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Schwarzenberger, Schwarzböck und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Agenda 2000 – Verhandlungsergebnisse im Bereich Landwirtschaft (5943/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir behandeln nunmehr dringlich die schriftliche Anfrage 5943/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Die Europäische Kommission hat im Juni 1997 die Grundzüge der weiteren Ausgestaltung der zentralen Politikbereiche der EU für die nächste Finanzplanungsperiode vorgestellt. Es sind darin enthalten die Vorschläge der Europäischen Kommission

zur Finanzgebarung der EU

zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik

zur Strukturpolitik

zur Erweiterung der Europäischen Union.

Die Europäische Kommission hat am 18. März 1998 die Legislativvorschläge zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Strukturpolitik im Rahmen der Agenda 2000 vorgelegt.

Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 über die Gemeinsame Marktordnung für Getreide und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2731/75 über die Standardqualitäten für Weichweizen, Roggen, Gerste, Mais und Hartweizen,

Vorschlag zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen,

Vorschlag über die Gemeinsame Marktordnung für Rindfleisch,

Vorschlag über die Gemeinsame Marktordnung für Milch und Milcherzeugnisse,

Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor,

Vorschlag über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds (EAGFL),

Vorschlag über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik,

Vorschlag zur Festlegung von Gemeinschaftsregeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik,

Vorschlag zur Änderung der Verordnung Nr. 136/66/EWG über die Errichtung einer Gemeinsamen Marktordnung für Fette,

Vorschlag über die gemeinschaftliche Förderung für Maßnahmen in den Bereichen Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raumes zur Vorbereitung des Beitritts der Bewerberländer in Mittel- und Osteuropa während des Heranführungszeitraumes,

Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2075/92 über die Gemeinsame Marktordnung für Rohtabak,

Vorschlag zur Änderung der GMO Wein.

Im Agrarministerrat wurden in Folge die Verhandlungen auf Basis der Kommissionsvorschläge aufgenommen und konnten am 11. März 1999 mit großer Mehrheit beschlossen werden.

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Mag. Wilhelm Molterer, hat am Donnerstag, den 11. März 1999 die Öffentlichkeit im Rahmen einer Pressekonferenz informiert und die Eckpunkte der Reform erläutert:

Ländliche Entwicklung:

Umweltmaßnahmen werden langfristig abgesichert.

Mehr Flexibilität in der Bergbauernförderung.

Wegfall der Unterscheidung von Nebenerwerbs- und Vollerwerbsbauern bei den Investititonsbeihilfen.

Weiterführung der Sektorpläne in der Verarbeitungsindustrie.

Maßnahmen zur Projektförderung im Rahmen der 5b- Gebietseinteilung werden in Zukunft horizontal einsetzbar und sind gebietskulissenunabhängig.

Bereich Forst: Infrastruktur- und Waldpflegemaßnahmen werden förderungswürdig.

Rindfleisch:

Reduktion des Interventionspreises um 20 Prozent statt der im Kommissionsentwurf vorgeschlagenen 30 Prozent.

Sicherheitsintervention als Maßnahme der Marktstabilisierung bleibt bestehen.

Die Prämie für männliche Rinder wird von derzeit 1 858 S auf 3 990 S (inklusive Schlachtprämie) angehoben; die Quote bleibt wie im EU- Beitrittsvertrag fixiert auf 423 400 Stück.

Die Extensivierungsprämie wird in zwei Stufen aufgestockt, und zwar von derzeit 641 S pro Stück auf 1 100 S pro Stück unter 1,4 GVE pro Hektar beziehungsweise 550 S zwischen 1,4 und 1,8 GVE pro Hektar.

Die Prämie für Mutterkühe wird von derzeit 2 409 S (inklusive nationale Zusatzprämie) auf 3 440 S aufgestockt; die Quote bleibt wie im EU- Beitrittsvertrag fixiert auf 325 000 Stück. Zusätzlich wird eine Schlachtprämie von 1 100 S gewährt.

Mitgliedstaaten, in denen 60 Prozent der Mutterkühe und Kalbinnen in Berggebieten gehalten werden, können die Zahlungen der Mutterkuhprämie auf Kalbinnen ausweiten, in summa werden dadurch 65 000 Kalbinnen prämienfähig.

Einführung einer Milchkuhprämie; sie beträgt für 2000 und 2001 908 S bei einer Besatzdichte unter 1,6 GVE und 454 S bei einer Besatzdichte von 1,6 und 2,0 GVE. Ab 2002 sind es 1100 S bei einer Besatzdichte von unter 1,4 GVE und 550 S bei einer Besatzdichte von 1,4 und 1,8 GVE.

Einführung einer generellen Schlachtprämie pro Rind (Stiere, Ochsen, Kühe, Kalbinnen).

Einführung einer Schlachtkälberprämie in der Höhe von 688 S.

Milch:

Die Reform wird nicht wie im Kommissionsentwurf vorgeschlagen im Jahre 2000, sondern erst 2003 wirksam.

Die Milchquotenregelung wird bis 2006 weitergeführt, 2003 wird eine Bewertung der Auswirkungen der Reform vorgenommen.

Die Interventionspreise für Butter und Magermilchpulver werden um 15 Prozent reduziert.

Erhöhung der Quote linear und für alle Mitgliedstaaten um 1,5 Prozent beginnend 2003; Zuweisung einer Sonderquotenaufstockung für Italien, Spanien, Griechenland, Irland und Großbritannien.

Umwandlung von 150 000 Tonnen österreichische D-Quote in A-Quote.

Preisausgleich erfolgt auf Basis der individuellen Milchquote mit einer Grundprämie (0,24 S) und einem nationalen Ergänzungsbetrag (0,11 S).

Einführung einer Extensivierungsprämie für Milchkühe im Berggebiet.

Ackerkulturen:

Kürzung des Interventionspreises um insgesamt 20 Prozent aufgeteilt auf zwei Stufen, im ersten Jahr 10 Prozent und im zweiten 20 Prozent.

Anhebung der Prämie für Feldkulturen einheitlich von derzeit 3 940,56 S auf 4 768 S (gilt nach Übergangsfrist von drei Jahren auch für Ölsaaten).

Festlegung der obligatorischen Flächenstillegung auf 10 Prozent bis 2002, danach 0 Prozent als Referenzsatz.

Prämie für Kartoffelstärke wird auf 1 629,36 S festgelegt bei gleichzeitiger Kürzung der industriellen Quote um 3,8 Prozent.

Wein:

Beibehaltung des Neuauspflanzverbotes; außerordentliche Neuauspflanzung von 737 Hektar für Österreich (insgesamt 68 000 Hektar).

Einführung von nationalen Reserven bei Auspflanzungen.

Umstellungsmaßnahmen werden zu 50 Prozent kofinanziert, im Ziel-1-Gebiet 75 Prozent Kofinanzierungssatz.

Önologische Verfahren bleiben unverändert.

Verschnitt- und Vinifizierungsverbot im Handel mit Drittstaaten.

Ausdehnung des Prinzips der anerkannten Erzeugergemeinschaften und Branchenverbände auch auf den Bereich GMO Wein.

Nationale Kompetenz bei Qualitätswein- Regelungen und bei Hektar- Höchstertagsregelung bleibt aufrecht.

Finanzierung:

Der Kompromiß der Agrarminister sieht insgesamt 313 Milliarden Euro für den Zeitraum 2000 bis 2006 vor und liegt somit um 2 Milliarden Euro über dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag.

Obwohl zu dem erzielten Kompromiß noch detaillierte Berechnungen auf die Auswirkungen auf die Einkommensentwicklung in der Land- und Forstwirtschaft ausstehen, läßt sich bereits jetzt abschätzen, daß die heimische Land- und Forstwirtschaft nachhaltige Änderungen durch diese Neuausrichtung erfahren wird.

Eine Diskussion scheint schon aus Gründen der Fairneß gegenüber einer Berufsgruppe notwendig, die schon jetzt unterdurchschnittliche Einkommen hat und dafür überdurchschnittliche Leistungen erbringt. Schließlich geht es auch darum, das Gesicht Österreichs, unsere Identität, die Landschaft und damit unseren wichtigsten Wirtschaftsfaktor, den Tourismus abzusichern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft folgende

Anfrage:

1. Inwieweit sehen Sie das europäische Modell der Landwirtschaft durch den erzielten Kompromiß vom 11. März 1999 verwirklicht?

2. Wie sieht das Ergebnis im Bereich ländliche Entwicklung im Detail aus?

3. Welche Änderungen hat der Bereich der ländlichen Entwicklung im Vergleich zu den Legislativvorschlägen der Kommission aus dem Jahre 1998 erfahren?

4. Inwieweit konnten hier österreichische Impulse einfließen?

5. Welche Perspektiven ergeben sich aus Ihrer Sicht daraus für die österreichische Land- und Forstwirtschaft?

6. Wie sieht das Ergebnis im Bereich der GMO Rindfleisch im Detail aus?

7. Inwieweit wurden die Legislativvorschläge der Kommission aus dem Jahre 1998 zum Bereich Rindfleisch abgeändert?

8. Welche österreichischen Anliegen konnten in diesem Bereich berücksichtigt werden?

9. Welche Perspektiven ergeben sich hieraus für die heimische Landwirtschaft?

10. Wie sieht das Ergebnis im Bereich der GMO Milch im Detail aus?

11. Wodurch unterschiedet sich der Kompromiß der Agrarminister vom 11. März 1999 von den von der Kommission vorgelegten Legislativvorschlägen im Bereich Milch?

12. Welche österreichischen Anliegen konnten in den Kompromiß der Agrarminister einfließen?

13. Welche Perspektiven ergeben sich hieraus für die heimische Landwirtschaft?

14. Wie sieht das Ergebnis im Bereich der Ackerkulturen im Detail aus?

15. Welche Änderungen hat es im Bereich der Ackerkulturen im Kompromiß der Agrarminister vom 11. März 1999 im Vergleich zu den Legislativvorschlägen der Kommission gegeben?

16. Wie bewerten Sie dieses Ergebnis und welche Perspektiven ergeben sich hieraus für die heimische Landwirtschaft?

17. Wie sieht das Ergebnis im Bereich der GMO Wein im Detail aus?

18. Wie beurteilen Sie die Reform der Gemeinsamen Marktordnung Wein und welche Perspektiven ergeben sich hieraus für den heimischen Weinbau?

19. Wie beurteilen Sie die Kosten der Agrarreform?

20. Wie bewerten Sie den Kompromiß der Agrarminister vom 11. März 1999 im Hinblick auf die bevorstehenden WTO- Runde?

21. Wie beurteilen Sie das Verhandlungsergebnis im Lichte der geplanten Erweiterung der Europäischen Union?

22. Welche Strategien ergeben sich aus dem Verhandlungsergebnis für den Bereich der nachwachsenden Rohstoffe?

23. Welche Maßnahmen erachten Sie auf nationaler Ebene als notwendig, um im Zuge der Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik ungerechtfertigte Härten gegenüber einzelnen Betroffenen zu vermeiden?

24. Wie gestaltet sich der Zeitplan für die weitere Behandlung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik im Gesamtpaket der Agenda 2000?

Gemäß § 93 Abs. 1 GOG verlangen die unterfertigten Abgeordneten, daß diese vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte Anfrage dringlich behandelt wird und daß dem Erstanfrager Gelegenheit zur Begründung der Anfrage gegeben wird."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf dem Erstunterzeichner, Herrn Abgeordneten Schwarzenberger, das Wort zur Begründung der Anfrage erteilen. Redezeit: maximal 20 Minuten. – Bitte.

15.02

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Die Liberalisierung auch in der Agrarpolitik begann mit den GATT-Uruguay-Verhandlungen im Jahre 1986, und im Jahre 1993 wurde dann das WTO-Abkommen abgeschlossen.

Damals wurde vereinbart, daß innerhalb der nächsten sechs Jahre, von 1995 beginnend, die Exportstützungen um 36 Prozent, die Importabschöpfungen ebenfalls um 36 Prozent und die gestützte Menge, die auf dem Weltmarkt untergebracht wird, um 21 Prozent reduziert werden müssen. Dadurch ist auch ein Druck auf die Reduzierung der Exportstützungen entstanden.

Die EU-Kommission hat dem Rechnung getragen und für die nächste Programmperiode von 2000 bis 2006 am 18. März 1998 neue Vorschläge zur Finanzierung der Europäischen Union, zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik, zur Strukturpolitik sowie zur Erweiterung der Europäischen Union vorgelegt.

Wir haben an und für sich nie bestritten, daß Reformen in der Agrarpolitik notwendig sind (Abg. Wabl: Geh, hör auf!), weil natürlich aufgrund des naturwissenschaftlichen Fortschritts sowohl die Leistungen in der Pflanzenzüchtung als auch die Leistungen der Nutztiere steigen und deshalb immer mehr Agrarprodukte auf dem Markt angeboten werden. Die europäische Bevölkerung hingegen wächst nicht, und wenn durch Marketing-Maßnahmen ein verstärkter Absatz eines Produktes erzielt werden kann, dann leidet sozusagen der Absatz anderer Produkte, weil die Europäer in der Regel sehr gut ernährt sind. (Abg. Aumayr: Der Schwarzenberger auch!)

Dieses Ergebnis, das bei mehreren Agrarministerräten verhandelt worden ist, hat nun einen Kompromiß ergeben, bei dem – das sei auch hier angeführt – eine Reihe von österreichischen Forderungen, die im ursprünglichen Entwurf nicht vorhanden waren, durchgesetzt werden konnte. Dazu gehört zum Beispiel – von Österreich immer verlangt – eine Kalbinnenprämie, die bisher in der Europäischen Union als GAP-Prämie nicht existiert hat. Dies auch deshalb, weil bei der Konzipierung der Gemeinsamen Agrarpolitik im Jahre 1992 kein Land mit einem derart hohen Anteil an den Alpen beteiligt war.

Darüber hinaus gab es auch immer wieder die Forderung, etwa in Österreich bei der Ausgleichszulage in der Bergbauernförderung eine Sockelbetrag einzuführen. Diese Maßnahmen konnten ebenfalls durchgesetzt werden.

Ein harter Kritikpunkt war auch die Finanzierung der Agrarprämien, wobei immer wieder der Vorwurf erhoben wurde, daß die Bauern durch die GAP-Prämien 50 Prozent des EU-Budgets erhalten.

Hierzu muß schon angemerkt werden, daß die Agrarpolitik der einzige Bereich ist, der vergemeinschaftet ist. Weder der Sozialbereich noch der Ausbildungsbereich oder der Schulungsbereich und der Sicherheitsbereich sind vergemeinschaftet, sondern diese Bereiche werden von den jeweiligen nationalen Budgets bezahlt. Hier einen Vergleich herzustellen, wird nur dann möglich sein, wenn wir das EU-Budget und die nationalen Budgets der 15 EU-Länder zusammenrechnen. Dann kommt der Agrarförderungsanteil auf genau 1,99 Prozent der öffentlichen Budgets. Darin sind aber die Schulbudgets für die landwirtschaftlichen Fachschulen bereits inbegriffen. Was die reinen Direktzahlungen an die Bauern betrifft, beträgt der Anteil 1,7 Prozent.

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an die Diskussion, die in der vergangenen Woche im Verkehrsausschuß geführt wurde und die auch morgen im Plenum auf der Tagesordnung steht. Im Ausschuß hat sich Minister Einem dagegen gewehrt, daß die 8,5 Milliarden Schilling, die aus dem Budget für gemeinwirtschaftliche Leistungen der Bundesbahn bezahlt werden, als Subventionen bezeichnet werden.

Auch die Leistungen der Bauern sind gemeinwirtschaftliche Leistungen! Ist nicht die Landschaftspflege bis hinauf zu den Gletscherregionen oder die Schutzwaldsanierung oder insgesamt die Erhaltung der Kulturlandschaft eine gemeinschaftliche Leistung?

Für die Bundesbahnen gab es in der Vergangenheit ein 35-Milliarden-Schilling-Paket, und es ist davon gesprochen worden, für die nächste Zeit ein 45-Milliarden-Schilling-Paket für diese gemeinwirtschaftlichen Leistungen zustande zu bringen. Ich habe diesen Betrag durch die Anzahl der Betroffenen dividiert. Die 8,5 Milliarden Schilling an die Bundesbahn durch die rund 50 000 Eisenbahner dividiert, ergibt einen Betrag von 170 000 S pro Eisenbahner im Jahr. Das ist um 70 Prozent mehr, als die Bauern im Durchschnitt aus den EU-Förderungen und den nationalen Förderungen zusammen bekommen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Das ist nicht nur eine Milchmädchenrechnung, sondern das ist einfach ein Blödsinn!)

Ich wollte mit diesem Beispiel nur darstellen, daß nicht die Bauern diejenigen sind, die sozusagen den Steuerzahler am meisten belasten.

Oder eine noch einfachere Rechnung: Die Österreicher geben für Essen und Trinken – dabei geht es um den Betrag, der beim Bauern ankommt – pro Tag 17 S aus. 17 S langen beim Bauern an, und 7 S werden noch für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen bezahlt. Zusammen sind das 24 S für Nahrung und für die Pflege der Kulturlandschaft. Das entspricht in etwa dem Gegenwert von zwei Tageszeitungen. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ihr sitzt ja in der Regierung! – Abg. Aumayr: Warum machen Sie nichts? – Abg. Dkfm Holger Bauer: Sie sitzen ja in der Regierung! Sie dürfen doch die Leute nicht für blöd verkaufen!) Ich habe das nur dargestellt. Denn wenn immer gesagt wird, die Bauern verschlingen die Hälfte des Budgets, so stimmt das nicht. Da muß man genauere Rechnungen anstellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Ergebnis der Agenda 2000 wird voraussichtlich morgen von den Regierungschefs in Berlin verabschiedet werden. Es wird dort wiederum zu einer Diskussion – Bundeskanzler Klima hat dies auch im EU-Hauptausschuß angekündigt – über die Degression der Agrarförderungen kommen. Hier verlange ich vom österreichischen Regierungschef, daß er sich, wenn diese Diskussion über die Degression wieder beginnt, dafür einsetzt, daß es sich hierbei gemäß dem Vorschlag von Minister Molterer nur um die Größendegression handeln kann, und zwar ab einer bestimmter Größe. (Abg. Wabl: Ab welcher Größe? Eine Million Hektar?) Denn es wäre wirklich nicht zu verstehen, daß die SPÖ nur national verlangt, Größendegressionen einzuführen – wir haben sie beim ÖPUL, wir haben sie aber auch bei der Ausgleichszulage, bei der die Degression bereits bei 40 Hektar beginnt und bei mehr als 120 Hektar nichts mehr bezahlt wird, wir haben sie bei den Rinderprämien mit 90 Prämien pro Betrieb und Jahr –, daher erwarten wir: Wenn Degression, dann kann es nur eine Größendegression sein. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Peter: Warum fragen Sie den Molterer nicht offiziell? Warum machen Sie eine Dringliche? Der Molterer weiß das schon alles!)

Das Ergebnis des Kompromisses im Agrarministerrat erfordert allerdings auch eine nationale Antwort. Wenn wir die kleinbetriebliche Struktur in Österreich auch für die Zukunft erhalten wollen – und wir von der ÖVP wollen es (Abg. Aumayr: Aber Sie machen eine gegenteilige Politik!) –, dann brauchen wir Maßnahmen wie etwa die Einführung eines Sockelbetrages zur Einkommensverbesserung der Kleinbetriebe im Berggebiet.

Für diese Finanzierung des Sockelbetrages gibt uns an und für sich die ländliche Entwicklung nun diese Möglichkeit. Allerdings ist die Finanzierung derzeit so, daß 75 Prozent national finanziert werden müssen und 25 Prozent von der Europäischen Union bezahlt werden. Wenn dieser Bereich aufgestockt werden muß, dann müssen wir auch das sogenannte 40-Milliarden-Paket, also dieses Bund-Länder-Paket für die Landwirtschaft, ebenfalls noch um den notwendigen Betrag erhöhen.

Ein zweiter Bereich: Investitionsförderung. Es ist dies eine Verbesserung, weil nun auch Nebenerwerbsbauern für die Investitionsförderungen die gleichen Möglichkeiten haben wie Vollerwerbsbetriebe. Laut Grünem Bericht haben im Jahre 1997 die österreichischen Bauern um 11,6 Milliarden Schilling Investitionen für Maschinen getätigt und um 18,5 Milliarden Schilling Investitionen für Gebäude. Das heißt, die Bauern haben in einem Jahr 30 Milliarden Schilling investiert, und diese 30 Milliarden Schilling sind eine erstrangige Arbeitsplatzsicherung im ländlichen Raum.

Daraus ersieht man auch, daß die Zahlungen, die an die Bauern gewährt werden, um 50 Prozent aufgestockt werden, denn die gesamten EU-Prämien und nationalen Zahlungen an die Bauern betragen rund 20 Milliarden Schilling, aber 30 Milliarden Schilling haben die Bauern investiert. Das heißt, diese Mittel sind genauso eine Wirtschaftsförderung, weil sie vor allem im ländlichen Raum ausgegeben werden. Viele Arbeitsplätze im ländlichen Raum werden damit gesichert.

Was wir auch verlangen, ist, daß wir einen Binnenmarkt für Betriebsmittel herbeiführen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Na endlich!) Wir haben in vielen Bereichen keine Wettbewerbsgleichheit etwa mit deutschen Anbietern, weil wir in Österreich eigene Regelungen haben. Wir können daher diese Betriebsmittel nicht nach Österreich verbringen, obwohl in fast allen anderen Bereichen Binnenmarkt in Europa herrscht. Das heißt, wir zahlen wesentlich mehr für Betriebsmittel. Es hat Bundeskanzler Klima auch im Hauptausschuß angekündigt, daß eine Arbeitsgruppe in der Regierung eingesetzt werden wird, die nach Maßnahmen suchen wird, wie wir auch für die agrarischen Betriebsmittel bessere Binnenmarktregelungen finden können.

Ein Punkt, der von uns immer gefordert worden ist, ist Gott sei Dank in der gestrigen Nacht verabschiedet worden. Die Steuerreform, durch die es zu einer Anpassung der Vorsteuer von 10 auf 12 Prozent kommt, bringt für die pauschalierten landwirtschaftlichen Betriebe immerhin eine Einkommensverbesserung von 2 Prozent. Wenn wir es auf eine Einheit bringen, bedeutet das: Die Milchpreisauszahlung an die Bauern wird damit um 8 Groschen je kg höher sein. Wenn wir wissen, wie bei den Molkereien in der Vergangenheit um Groschenbeträge gerungen worden ist, so ist das immerhin ein anerkennenswerter Schritt, der hier erreicht worden ist. (Zwischenruf der Abg. Aumayr.)

Zurückkommend auf die Hauptausschußsitzung vom 12. März dieses Jahres: Die FPÖ hat dort kritisiert, daß die Direktvermarktungsquote zur Molkereianlieferungsquote umgeschichtet wird. Dazu muß ich sagen: Das haben die Bauern immer gefordert. Wir haben in Österreich eine Direktvermarktungsquote von 367 000 Tonnen, aber weniger als 200 000 Tonnen sind in Anspruch genommen worden. Nun besteht die Möglichkeit, daß diese nicht ausgenützten 150 000 Tonnen die anderen Bauern in ihre Lieferung mit einbeziehen können. Das ist ein Vorteil für die Bauern und kein Nachteil. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Aumayr.) – Ich lese hier aus Ihrem Antrag, eingebracht in der EU-Hauptausschußsitzung vom 12. März.

Oder: Das Mindestalter für die Erreichung der Schlachtungsprämie bei Stieren, Ochsen, Milch- und Mutterkühen sowie Kalbinnen – erstmals ist hier eine Schlachtungsprämie eingeführt – wird von neun auf acht Monate verkürzt. Auch das ist eine Forderung, die von der Landwirtschaft kommt, und zwar von den Mutterkuhhaltungsbetrieben, die eine Einstellermast, eine Intensivmast betreiben und nun diese Einsteller gleich als Baby-Beef verkaufen können. Dabei spielt eben das Alter eine Rolle. Das sind Vorteile, die den Bauern dadurch entstehen, und nicht Nachteile, wie es die FPÖ dargestellt hat.

Entweder Sie haben keinen Bezug mehr zur Praxis, oder es hat Ihnen jemand diese Anträge geschrieben, der von der Landwirtschaft wirklich sehr wenig versteht. Wenn es etwa unter Punkt fünf heißt, die Bedingungen für die Extensivierung werden in Zukunft strenger ausgelegt, was österreichische Kleinflächenbetriebe voraussichtlich benachteiligen wird, so ist beim Agrarkompromiß auch das Gegenteil der Fall. Wir haben jetzt eine Staffelung, die zu Beginn sogar bis zwei Großvieheinheiten geht, während die Extensivierungsprämie bisher nur unter 1,4 Großvieheinheiten vorgesehen war.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Insgesamt ist bei diesen Verhandlungen einiges für Österreich erreicht worden. Ich sage auch – und das ist auch der Kommentar von ausländischen Bauernvertretern –, daß sich Minister Molterer sehr engagiert in diese Diskussionen eingebracht hat und sehr viele Vorschläge Österreichs zur Durchsetzung gebracht wurden. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Fixierung einer integrierten Politik für den ländlichen Raum ist ein richtungsweisender Schritt; ebenso die langfristige Absicherung von Umweltmaßnahmen, wie etwa das ÖPUL 2000. Hier bitten wir, daß das ÖPUL 2000, das uns bessere Möglichkeiten gibt – etwa eine Aufstockung um eine Milliarde Schilling für Umweltmaßnahmen –, auch die nötige Gegenfinanzierung in Österreich im Budget für das Jahr 2000 findet. Die Bergbauernförderung mit Sockelbeträgen wird in Zukunft möglich sein. Ich habe schon erwähnt, daß Nebenerwerbsbauern bei der Investitionsförderung nicht mehr diskriminiert sind. Aber auch Förderungen von Gemeinschaftsobjekten im gesamten ländlichen Raum sind möglich. Nicht nur in 5b-Gebieten, sondern im gesamten ländlichen Raum können in Zukunft jene Förderungsmaßnahmen, die bisher nur in 5b-Gebieten möglich waren, sozusagen für die Landwirtschaft und darüber hinaus auch für Gemeinschaftsprojekte umgesetzt werden.

Erstmals ist enthalten, daß auch Waldpflegemaßnahmen und Schutzwaldsanierungen förderungsfähig sind. Darin zeigt sich, daß durch die Neubeitritte der skandinavischen Länder und Österreichs im Jahre 1995 Länder mit hohem Waldanteil in die Europäische Union gekommen sind, wodurch auch die Forstwirtschaft die entsprechende Wertigkeit gefunden hat.

Eine Diskussion darüber ist schon aus Gründen der Fairneß gegenüber einer Berufsgruppe notwendig, die jetzt schon unterdurchschnittliche Einkommen hat, aber überdurchschnittliche Leistungen erbringt.

Abschließend, Herr Bundesminister, ersuche ich Sie, bei den morgigen Verhandlungen der Regierungschefs nochmals mit Bundeskanzler Klima Verbindung aufzunehmen, daß, wenn eine Degression vereinbart werden sollte, dies jedenfalls nur eine Größendegression sein kann. Alles andere würde eine Verschlechterung der Situation der kleinen Betriebe oder den Ruin für die kleinen Betriebe bedeuten. Hier ist auch die SPÖ gefordert, Farbe zu bekennen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage erhält nun der Herr Bundesminister das Wort. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister.

15.20

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte die Dringliche Anfrage gerne zum Anlaß nehmen, das Hohe Haus über die Ergebnisse im Rahmen der Agenda 2000 umfassend zu informieren, also über das, was für Österreich, für Österreichs Bauern erreicht wurde, und auch über den weiteren Verlauf der Verhandlungen, insbesondere was die Abschlußfrage heute und morgen in Berlin betrifft.

Die Agenda 2000, wie sie von der Kommission vorgelegt wurde – und das hat Österreich von vornherein klargemacht –, wurde von uns nie pauschal abgelehnt, wurde aber dort, wo es notwendig ist, entsprechend kritisch beurteilt. Ich glaube, daß diese sehr vernünftige Haltung, die Österreich von vornherein eingenommen hat, uns in dieser Frage auch in dieser Verhandlung durchaus die Möglichkeit gegeben hat, das durchzusetzen, was für Österreichs Bauern notwendig ist.

Im Mittelpunkt der Verhandlungen stand von vornherein die Marktordnungsfrage, insbesondere im Milchbereich, und es war erkennbar, daß sich bei dieser Verhandlung im Milchbereich zwei große Gruppierungen innerhalb der Europäischen Union herauskristallisieren: Länder, die einen liberalen Ansatz in der Agrarmarktpolitik haben, das sind insbesondere Großbritannien, Schweden, Dänemark oder auch Italien, und Länder, die der bäuerlichen Landwirtschaft in stärkerem Maße verpflichtet sind, zu denen selbstverständlich Österreich gehört.

Im Mittelpunkt dieser Verhandlungen stand weiters die Kernfrage der Senkung der Interventionspreise, die von Österreich von vornherein sehr kritisch beurteilt wurde, wobei ich allerdings noch einmal festhalten möchte, daß es sich um Interventionspreise respektive um sogenannte verordnete Preise dort handelt, wo sie notwendig sind, etwa bei der Intervention. Keinesfalls geht es aber darum, daß die Senkung der Marktpreise verordnet wird, sondern es muß das agrarpolitische Ziel sein, daß die tatsächlichen Marktpreise, die Erlöse, die die Bauern bekommen, auch in Zukunft über den Interventionspreisen liegen.

Es war weiters ein Schwerpunkt, daß wir bei den Schlüsselbereichen auch in Zukunft mengensteuernde Elemente erhalten müssen, etwa die Milchquote, etwa die Flächenstillegung im Getreidebereich, weil die mengensteuernden Elemente wichtige Bestandteile der agrarpolitischen Konzeption darstellen.

Und es ist klar, daß die Frage der ländlichen Entwicklung von vornherein eine Schlüsselrolle in der Neukonzeption der Agrarpolitik der Europäischen Union spielt. Ich halte diese ländliche Entwicklung auch für Österreich und die spezifisch österreichischen Bedingungen für eine ganz zentrale Weichenstellung.

Meine Damen und Herren! Es ist daher in den Verhandlungen zur Agenda 2000 gelungen, für Österreich einiges zu erreichen, was für die österreichischen Bauern von Bedeutung ist. Es ist gelungen, eine positive Entwicklung zu erreichen, positive Impulse für die ländlichen Regionen zu bringen. Es ist klar, daß es uns gelungen ist, einige gravierende Verschlechterungen zu verhindern. Ich betone aber überall – so auch heute hier –, daß trotz dieser Maßnahmen, die uns gelungen sind, die Agenda und die Reform der Agrarpolitik für die österreichische Landwirtschaft eine massive Herausforderung darstellen wird. Das sei nicht beschönigt, sondern ganz klar gesagt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Nun zu den einzelnen Fragestellungen.

Zur Frage 1:

Das europäische Modell der Landwirtschaft, wie die Agrarminister es im November 1997 verabschiedet haben, bedeutet, eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft zu haben, eine multifunktionale Landwirtschaft zu haben, eine nachhaltige Landbewirtschaftung sicherzustellen und die flächendeckende Bewirtschaftung auch in den benachteiligten Regionen zu sichern.

Diese Elemente der Agenda 2000 sind durchaus interessant, wenn ich etwa an die ländliche Entwicklung denke, wenn ich etwa an die Milchquotenregelung als Sicherung der Bewirtschaftungsmöglichkeit denke, wenn ich etwa an die Umweltorientierung denke, wenn ich an die Maßnahmen im Berggebiet denke, sodaß man durchaus sagen kann, daß der nun vorliegende Kompromißvorschlag einen Beitrag dazu leistet, das europäische Modell der Landwirtschaft zu sichern. Es ist aber klar, daß es auch in Zukunft in der Europäischen Union ständiger Anstrengung bedarf, um das europäische Landwirtschaftsmodell im internationalen Wettbewerb zu verteidigen.

Zu den Fragen 2, 3, 4 und 5, die alle die ländliche Entwicklung betreffen:

Für die österreichische Präsidentschaft war von vornherein klar, daß die ländliche Entwicklung als zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union eine Schlüsselrolle spielen wird. Österreich hat daher auch diesem Thema den informellen Rat in St. Wolfgang, der ein echter Erfolg war, gewidmet. Auf Basis der österreichischen Vorarbeiten und auf Basis der Verhandlungen der österreichischen Präsidentschaft ist nun die Verordnung "Ländliche Entwicklung" abgeschlossen.

Mit der Verordnung wird die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den EAGFL als zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik manifest und fixiert. Diese ländliche Verordnung beinhaltet die bisherigen flankierenden Maßnahmen zur Agrarmarktordnung sowie die neuen Elemente der ländlichen Entwicklung.

Österreich hat sich rechtzeitig im Rahmen des Projektes "Agrarzukunft Österreich" mit dieser ländlichen Entwicklung befaßt, sodaß wir in der Lage sind, wenn sie mit dem Jahre 2000 in Rechtskraft tritt, sie für Österreich optimal ausschöpfen zu können.

Die wichtigsten Schwerpunkte daraus:

die langfristige Absicherung der Umweltprogramme der Landwirtschaft – damit ist die solide Basis für unser österreichisches Umweltprogramm in die Zukunft gesichert (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ) –;

die neue Bergbauernförderung, die es uns ermöglicht, ab dem Jahre 2000 den kofinanzierten Sockelbetrag für die kleineren Betriebe in den Berggebieten einzuführen – eine wichtige Maßnahme zur Erhaltung unserer bäuerlichen Struktur.

Es ist gelungen, die Diskriminierung der Nebenerwerbslandwirte im Bereich der Investitionsförderung zu beseitigen, weil ich es aus der österreichischen Struktur heraus für notwendig gehalten habe, hier zur Gleichbehandlung zu kommen.

Es wird auch in Zukunft Sektorpläne für die Verarbeitungswirtschaft hinsichtlich ihrer Wettbewerbsfähigkeit geben. Es wird neue Projektmöglichkeiten in der Forstwirtschaft geben, ein wichtiges Einkommensstandbein unserer bäuerlich strukturierten Land- und Forstwirtschaft, und es wird – das ist neu – im gesamten ländlichen Raum und nicht nur in den 5b-Gebieten Kooperationsprojekte zwischen Landwirtschaft, Wirtschaft, Tourismus, Gastronomie und Gewerbe geben, die der Stärkung der Lebenskraft des ländlichen Raumes dienen.

Die Finanzierung dieser ländlichen Entwicklung ist sichergestellt. Es stehen etwa 5 Milliarden Euro pro Jahr für diese ländliche Entwicklung insgesamt zur Verfügung. Die Kofinanzierung beträgt bei den Umweltprogrammen fix 50 Prozent, bei allen anderen Programmen zwischen 25 und 50 Prozent.

Zu den Fragen 6, 7, 8 und 9 betreffend Rindfleischmarktordnung:

Die österreichische Haltung in den Verhandlungen war von vornherein klar: Wir wollen eine möglichst geringe Preissenkung, wir wollen mengensteuernde Elemente, wir wollen die Intervention als Sicherheitsnetz auch in Zukunft, und wir brauchen die Beibehaltung unserer Quoten, wie im Beitrittsvertrag verhandelt, sowie die Einbeziehung der weiblichen Rinder ins Prämienregime, insbesondere die Kalbinnenfrage, die in den Berggebieten im Westen Österreichs eine Schlüsselrolle spielt.

Das Ergebnis: Die Interventionspreise werden nicht wie vorgesehen um 30 Prozent, sondern um 20 Prozent abgesenkt. (Abg. Wenitsch: Bravo!) Es ist möglich, auch in Zukunft eine Sicherheitsintervention zu haben. Die Prämien werden für alle Tierkategorien aufgestockt. Die Mutterkuhquote und die Quote für die männlichen Rinder bleiben für Österreich ungekürzt erhalten. Es wird die Extensivierungsprämie verbessert, was wichtig für unsere Betriebe in den benachteiligten Gebieten ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt eine spezifische Lösung für Österreich, was die Kalbinnenfrage in den Berggebieten betrifft. Wir können einen Anteil der Mutterkuhquote für die spezifische Förderung verwenden.

Es wird eine allgemeine Schlachtprämie für alle Tierkategorien im Rinderbereich, also für Stiere, Ochsen, Kühe und Kalbinnen sowie für Schlachtkälber, eingeführt – ein wichtiges Instrument zur Mengensteuerung.

Zu den Fragen 10, 11, 12 und 13 betreffend Milchsektor:

Die Milch ist für Österreich und für Österreichs Landwirtschaft der Schlüsselbereich schlechthin, daher war aus österreichischer Sicht die Verhandlungsposition klar: Sicherung der Milchquote auch für die kommende Periode; weitgehende Möglichkeit, auch in Zukunft einen Einkommensausgleich im Milchsektor einzuführen; Berücksichtigung der Berggebiete im Bereich der Milchproduktion; Regelungen für die aktiven Milcherzeuger sowie auch möglichst geringe Senkung der Preise in diesem Bereich.

Das Ergebnis: Die Milchquote wird bis zum Jahr 2006 in unveränderter Weise fortgeführt. Im Jahr 2003 erfolgt eine Überprüfung dahin gehend, was ab dem Jahre 2006 geschieht. Im Bereich der Reform ist sie nicht, wie geplant war, ab dem Jahre 2000 umzusetzen, da es gelungen ist, diese Frist bis zum Jahre 2003 hinauszuschieben; erst dann wird diese Reform wirksam.

Die 15prozentige Preissenkung wird es, wie von der Kommission vorgeschlagen, ab dem Jahre 2003 geben, allerdings wurde der Einkommensausgleich für die Milchbauern verändert: Er wird nicht, wie vorgeschlagen, auf Basis der virtuellen Kuh, sondern auf Basis der Milchquote erfolgen.

Als Ersatzinstrument für die vorgesehene und nicht realisierte Aufstockung der Milchquote in den Berggebieten konnte die Extensivierungsprämie für Milchkühe in den Berggebieten erreicht werden, was für die österreichische Berglandwirtschaft sehr, sehr wichtig ist.

Es wird zu einer linearen Aufstockung der Milchquote auch für Österreich um 1,5 Prozent ab dem Jahre 2003 kommen; das sind 41 000 Tonnen.

Weiters ist es gelungen, eine spezifisch österreichische Forderung durchzusetzen, nämlich die langjährige Forderung nach Umwandlung von nicht ausgeschöpften D-Quoten im Ausmaß von 150 000 Tonnen in Lieferquoten; eine für die österreichische Milchwirtschaft wichtige und zukunftsweisende Regelung.

Zu den Fragen 14, 15 und 16 betreffend Ackerkulturen:

Ich sage gleich vorweg, daß der Ackerkulturenbereich jener Bereich im Rahmen der Agenda ist, bei dem wir tatsächlich große Probleme erwarten müssen. Da ist nichts zu beschönigen. Das ist ein schwieriger Teil im Rahmen des Gesamtkompromisses der Agenda 2000.

Die Preisreduktion wird, wie ursprünglich vorgeschlagen, 20 Prozent betragen; allerdings nicht auf einmal, sondern in zwei Etappen eingeführt.

Es wird Möglichkeiten geben, die Flächenstillegung auch in Zukunft umzusetzen. In den ersten beiden Reformjahren wird der Regelstillegungssatz bei 10 Prozent liegen.

Es wird eine einheitliche Flächenprämie im Getreidebereich geben, die aufgestockt wird und für alle Kulturpflanzen einheitlich zur Verfügung steht. Es gibt Ausnahmen davon: Für Eiweißpflanzen gibt es einen Zuschlag zu dieser einheitlichen Kulturpflanzenregelung, ebenso für Hartweizen. Die Ölsaaten werden in drei Stufen auf die einheitliche Flächenprämie zurückgeführt.

Es gibt einige Änderungen, die ich für wichtig halte. Es ist beispielsweise so, daß die Auszahlung der Prämien nicht, wie vorgesehen, erst im Folgejahr erfolgt, sondern in jenem Jahr, in dem die Ernte stattfindet. Das ist letztendlich auch wichtig für die Sicherung der Auszahlungspunkte für unsere österreichischen Bauern.

Im Bereich der Stärkekartoffelerzeugung ist die Prämie höher, als sie von der Kommission ursprünglich vorgeschlagen wurde. Als Gegenzug dazu wird die Stärkekartoffelquote in einem geringfügigen Ausmaß gesenkt.

Gerade im Getreidebereich ist es daher wichtig, die schon angesprochenen Antworten aus österreichischer Sicht zu geben. Das betrifft etwa die rasche Genehmigung des Umweltprogramms ÖPUL 2000. Ich möchte Ihnen mitteilen, daß ÖPUL 2000 nunmehr als Entwurf in Brüssel zur Verhandlung liegt, die Notifikation wurde seitens des Landwirtschaftsministeriums vorgenommen.

Zu den Fragen 17 und 18 betreffend Weinmarkt:

Grundsätzlich möchte ich festhalten, daß die Reform der Weinmarktordnung in der Europäischen Union ein sehr vernünftiges Ergebnis gebracht hat; ein sehr vernünftiges Ergebnis insofern, als die Mengendisziplin in der europäischen Weinproduktion grundsätzlich bleibt. Es kommt nur zu einer sehr geringfügigen Auspflanzungsmöglichkeit, die für Österreich etwa 700 Hektar beträgt.

Es gibt neue Instrumente in der Weinmarktordnung zur Sortenumstellung, Flurbereinigung und für verbesserte Bewirtschaftungstechniken. Damit kann die notwendige Modernisierung des Sektors unterstützt werden.

Im Weinbereich haben in Zukunft Erzeugerorganisationen und Branchenverbände eine größere Bedeutung als bisher. Die önologischen Verfahren, das heißt die Verfahren der Weinbereitung, bleiben unverändert aufrecht. Der Status quo in der Weinönologie bleibt erhalten. Wir können daher auch in Zukunft unsere besondere Qualität mit unseren traditionellen Methoden erreichen.

Im Bezeichnungsrecht und im Handel mit Drittländern wurden wichtige österreichische Forderungen durchgesetzt.

Zur Frage 19 betreffend Kosten der Reform:

Die Kommission hat berechnet, daß die Kosten der Reform, wie sie die Agrarminister beschlossen haben, etwa 314 Milliarden Euro für die Periode 2000 bis 2006 betragen werden. Damit liegt dieses Finanzvolumen etwa 0,5 Prozent über dem Niveau, das die Kommission ursprünglich mit 312 Milliarden Euro vorgeschlagen hat.

Es hat in diesem Zusammenhang eine Diskussion über die Degression gegeben. Österreich hat das Modell der betriebsgrößenabhängigen Degression als klare Alternative zur zeitlichen Degression eingebracht. Auf der Ebene der Agrarminister wurde letztendlich ein Ergebnis erzielt, das weder eine zeitliche Degression noch eine Degression nach Betriebsgrößen bedeutet.

Österreich hat in einer Protokollerklärung festgehalten: Sollte die Debatte über die zeitliche Degression neuerlich auf den Tisch der Verhandlungen kommen, wird Österreich das Modell der betriebsgrößenabhängigen Modulation, das heißt der Staffelung nach Betriebsgrößen, politisch selbstverständlich wieder auf den Tisch legen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Wabl: Wann besteht Aussicht darauf? Welcher Zeithorizont für die Modulation?)

Diese Haltung, meine sehr geehrten Damen und Herren, Hohes Haus, ist eine Haltung der österreichischen Bundesregierung und wird daher auf allen Verhandlungsebenen von den jeweiligen Regierungsmitgliedern vertreten.

Zur Frage 20:

Ich halte die Agenda, so wie sie von den Agrarministern beschlossen worden ist, für eine vernünftige Basis für die Verhandlungen der Europäischen Union im Rahmen der nächsten WTO-Runde. Warum?

Erstens: weil mit diesem Beschluß der Agenda Klarheit über die europäische Position gegeben ist. Europa spricht mit einer Stimme und nicht mit mehreren Stimmen.

Zweitens: Die Agenda bedeutet eine Verschiebung von den Interventionspreisen und Exporterstattungen hin zu den direkten Einkommenstransfers.

Drittens: Die Aufwendungen für die Exporterstattungen – ein sehr kritisches Kapitel in der WTO – werden durch die Agenda zurückgehen.

Im Rahmen der horizontalen Verordnung wird es notwendig sein, Marktordnungsprämien mit ökologischen Auflagen zu versehen. Es ist vorgesehen, auch die ländliche Entwicklung im Bereich Umweltstandards oder Tierschutzstandards mit diesen zu "unterfüttern", sodaß es diese Elemente bei der kommenden WTO-Verhandlung ermöglichen, daß die Europäische Union eine offensive Verhandlungsführung in der WTO einnimmt und von den Verhandlern nicht, wie sonst zu befürchten gewesen wäre, in die Defensive gedrängt wird. Ein WTO-Erfolg wird für Europa nur möglich sein, wenn es den Verhandlungspartnern in der WTO offensiv und einheitlich gegenübertritt.

Zur Frage 21:

Priorität hinsichtlich der Erweiterungsdiskussion hatte von vornherein die Sicherung der notwendigen Finanzierung. Es ist daher aus meiner Sicht ein entscheidender Schritt, daß die Agrarleitlinie außer Streit steht; die Agrarleitlinie, die den künftig notwendigen Finanzrahmen sicherstellt.

Im Falle einer Erweiterung während dieser Periode, also zwischen den Jahren 2000 und 2006, ist es notwendig, eine Überprüfung der Finanzperspektive und, wenn erforderlich, notwendige Anpassungen vorzunehmen. Die einzige konkrete Entscheidung im Rahmen der Agenda 2000 besteht darin, daß die sogenannte Vorbeitrittshilfe für die beitrittswilligen Staaten finanziert wird – aus meiner Sicht ein wichtiger Schritt, weil mit diesen Mitteln in diesen Ländern letztendlich auch jene Standards verwirklicht werden, die zu mehr Wettbewerbsgerechtigkeit führen.

Im Zusammenhang mit der Erweiterung darf ich noch einmal auf das österreichische Modell der Betriebsgrößendegression verweisen, das vor dem Hintergrund der in die Europäische Union Wollenden mit ihren Agrarstrukturen – Großbetriebe – eine sehr wichtige Dimension für die zukünftige Gestaltung darstellt.

Zur Frage 22:

Österreich hat nach wie vor das Ziel, für die nachwachsenden Rohstoffe im Bereich der Marktordnung für die Ackerkulturen Regelungen zu verankern. Das war im Zuge dieser Verhandlungen um die Agenda 2000 nicht – in Klammern: noch nicht – möglich.

Gelungen ist es, in die ländliche Entwicklung die Möglichkeit einzubauen, für nachwachsende Rohstoffe insbesondere im investiven Teil Unterstützungen zu gewähren. Wir werden aber auf europäischer Ebene diese Debatte weiter fortführen, und es wird bereits beim Preis-Paket die Möglichkeit geben, daß Österreich gemeinsam mit anderen Partnerstaaten eine neue Initiative in diese Richtung setzt.

Sie wissen, daß es sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt hat, zu einer Beimischung von Biodiesel zu Dieselöl zu kommen – eine wichtige ökologische Maßnahme. Ich kann Ihnen mitteilen, daß es im Zuge der politischen Abschlußverhandlungen betreffend die Steuerreform gelungen ist, für bis zu 2 Prozent Rapsmethylester, wenn sie dem Diesel beigemischt werden, Mineralölsteuerfreiheit zu erreichen – eine wichtige ökologische Facette.

Zur Frage 23, welche nationalen Maßnahmen notwendig sind:

Ich habe klar gesagt: Die Ergebnisse der Agenda erfordern nationale Antworten, weil wir auch in Zukunft den österreichischen Weg der Landwirtschaft fortsetzen wollen. Ich sehe vier große Ansatzpunkte dafür:

Erstens: weitere Schritte zur Entlastung landwirtschaftlicher Betriebe. Ich möchte Ihnen mitteilen – das ist schon gesagt worden –, daß in der Bundesregierung politische Klarheit und Übereinstimmung darin besteht, daß für die umsatzsteuerpauschalierten landwirtschaftlichen Betriebe der Prozentsatz der Steuerpauschale von 10 auf 12 angehoben wird. Das bedeutet 1,2 Milliarden Schilling für die österreichischen Bauern – ein wichtiger Schritt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte ein zweites Beispiel bringen: Kollegin Prammer und ich haben uns darauf geeinigt, daß durch eine Novelle des Tiergesundheitsgesetzes, die demnächst vorgelegt werden wird, bei einigen Tierseuchen die flächendeckende Untersuchung durch eine stichprobenweise Untersuchung ersetzt wird. Da wir einen hohen Gesundheitsstandard haben, können wir uns das leisten. Diese Änderung bedeutet eine Entlastung der Bauern von Untersuchungskosten, ohne die Gesundheit zu gefährden.

Zweiter Schwerpunkt: Sicherung der nationalen Kofinanzierung. Wir brauchen von Bund und Ländern die klaren Signale, die im Rahmen des 40-Milliarden-Paketes gegeben sind, damit die ländliche Entwicklung in optimaler Weise stattfinden kann.

Drittens: Wir werden ein Programm für den ländlichen Raum vorlegen. Das bedeutet: Umwelt, ÖPUL 2000, Sockelbetrag und alle anderen Bereiche, die wir für die österreichischen Bauern offensiv nutzen wollen.

Und viertens: Es muß klar sein, daß es gerade angesichts des Agenda-Ergebnisses von zentraler agrarpolitischer Bedeutung ist, weiterhin massiv dafür zu kämpfen, dafür einzutreten und auch die entsprechenden Spielräume zu schaffen, um die Marktposition der österreichischen Bauern – Stichwort etwa: Erzeugerorganisationen – zu verbessern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zur Frage 24 betreffend Zeitplan:

Wie Sie wissen, finden heute im Rahmen des Europäischen Rates der Staats- und Regierungschefs sowie morgen die Abschlußverhandlungen zur Agenda 2000 statt. Ich gehe davon aus, daß es den Staats- und Regierungschefs gelingen wird, ein Gesamtergebnis der Agenda 2000 vorzulegen. Klar ist, daß dieses Gesamtergebnis nur dann gegeben ist, wenn auch der Agrarteil beinhaltet ist. Die überwiegende Zahl der Mitgliedstaaten hat klar und deutlich gesagt, daß ein inhaltliches Aufschnüren des Agrarpaketes nicht sinnvoll ist. Ich gehe daher davon aus, daß wir morgen im Laufe des Tages ein Ergebnis der Agenda haben werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich noch einmal folgendes festhalten: Mein Ziel und das Ziel der österreichischen Bundesregierung bleibt unverändert: Wir wollen starke bäuerliche Familienunternehmen in einem starken und dynamischen ländlichen Raum. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, daß jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt, wobei ein einzelner Abgeordneter nicht länger als 10 Minuten sprechen darf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schwarzböck. – Bitte.

15.47

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ziel der österreichischen Integrationsbemühungen vor dem 1. Jänner 1995 war es, im Europäischen Binnenmarkt, bei den europäischen Zielsetzungen der Europäischen Union mitzuspielen und nicht durch die Drittlandsposition in eine defensive Rolle gedrängt zu werden. (Ruf: Siehe Schweiz!)

Wir können heute sagen, daß gerade die Agenda 2000 im jetzigen Verhandlungsstand ein deutliches Beispiel und Faktum dafür ist, daß wir dieses Vorhaben umsetzen können. Das bisherige Ergebnis, das dem Ratsgipfel in Berlin zur Entscheidung vorliegt, trägt deutlich eine österreichische Handschrift. Wir konnten in beachtlichem Maße österreichische Positionen in dieses europäische Reformvorhaben, in die Leitlinien der nächsten sieben Jahre einbringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Jung.)

Die Ausgangslage im Bereich Agrarmarktordnung und Gemeinsame Agrarpolitik war alles andere als einfach. Die Konzeption der Verhandlungsgrundlage, die Agrarkommissar Fischler vorgelegt hat, ist aufgrund mehrjähriger Beratungen entstanden. Am Beginn der Beratungen für diese Konzeption gab es eine Reihe von Entwicklungen, die einen weiteren Veränderungsdruck signalisierten, günstige Marktentwicklungen auf dem Weltmarkt. Wir mußten aber gerade im letzten Jahr leider Gottes feststellen, daß sich eine Reihe dieser günstigen Voraussetzungen dramatisch verschlechtert hat.

Minister Molterer konnte soeben in seiner Anfragebeantwortung bei allen 24 Fragen deutlich aufzeigen, daß es möglich war, mit konsequenter Arbeit – und dafür möchte ich ihm sehr herzlich danken – eine Reihe von für die österreichischen Bauern und die gesamte Republik, für Konsumenten, Steuerzahler, für die Weiterentwicklung unseres Landes, wichtigen nationalen Erfolgen in diesem Verhandlungsergebnis unterzubringen, ohne irgendwo unsere Europavision in Frage stellen zu müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Tatsache, daß unsere spezielle, von alpiner Landwirtschaft geprägte Struktur, unsere spezielle Topographie sowohl im Bereich ländlicher Entwicklung als auch in Marktordnungsteilen, vor allem bei Milch und Rindern, Berücksichtigung gefunden hat, ist ein Fundament, auf dem wir weiterbauen können. In den Beratungen, die die Regierungschefs, Finanzminister und Außenminister heute und morgen in Berlin abhalten, geht es vor allem um die Fragen, ob diese informelle Einigung der Landwirtschaftsminister auch tatsächlich formell beschlossen werden kann, ob das Budget gesichert ist und ob dieses Ergebnis politisch finalisiert wird.

Einige Fragen werden hoffentlich morgen beantwortet, nämlich: Hält das Budget, das die Agrarminister für erforderlich ansehen? Bleibt es dabei, daß diese Politik sieben Jahre hindurch kontinuierlich und konsequent auch mit den entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen partnerschaftlich fortgeführt werden kann?

Es gibt ein Land, das das Paket aufknüpfen möchte, um vordergründig und kurzfristig die Situation vor allem seiner Bauern zu verbessern, nämlich Frankreich, um für die französischen Bauern noch höhere Förderungen im Bereich der Mutterkuhprämie und auch eine Verminderung der Getreidepreissenkung zu erreichen.

Ich kann mich darüber gar nicht freuen, weil diese Forderungen damit verbunden werden, daß für die letzten Jahren der Agenda-Periode die Ausgleichszahlungen degressiv gestaltet werden, wobei am Ende ein jährliches Agrarbudget von 40,5 Milliarden Euro erreicht werden soll. Uns geht es vor allem darum, diese Degression abzuwehren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In der Reformkonzeption 1993, in der zu Ende gehenden Periode, sind den europäischen Bauern im Hinblick auf die WTO-Verhandlungen für massive Preissenkungen Ausgleichszahlungen angeboten worden. Meine Damen und Herren! Beim Halten dieser Ausgleichszahlungen, bei neuerlichen Preissenkungen geht es nicht nur darum, daß man den Rechenstift ansetzt – das ist auch wichtig, und dafür haben wir als Bauern und als Österreichische Volkspartei Verständnis; das haben wir vielfach mit unserer verantwortungsvollen Budgetpolitik bewiesen –, sondern vor allem auch um Glaubwürdigkeit und eine Vertrauensbasis. Und das europäische Projekt braucht auch weiterhin Glaubwürdigkeit und Vertrauen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Aumayr: Diese Rede schicken wir an alle niederösterreichischen Bauern! – Abg. Tichy-Schreder: Das können Sie! Wir bitten Sie sogar darum!)

Ich bin daher sicher, daß unsere österreichischen Verhandler, Bundeskanzler Klima, Außenminister Schüssel und Finanzminister Edlinger, dafür eintreten werden, dieses Paket, so wie es vorliegt, zu finalisieren.

Die Budgetbereiche, die in diesem Zusammenhang jetzt noch in Diskussion stehen, bewegen sich im Grunde genommen in einer Größe, die nicht einmal dem Bereich der Inflationsprognosen entspricht. Wir wissen, daß bei verantwortungsvollster Budgetpolitik ein Streuungsbereich von einem halben Prozent im Grunde genommen nicht unterschritten werden kann, alles andere wäre Wortklauberei. Sogar der größere Betrag im Hinblick auf die Größenordnung, die vom ECOFIN vorgegeben wurde, liegt, gemessen am Gesamtsteueraufkommen der Europäischen Union, bei 2 Prozent von 2 Prozent – da ist man auch als geübter Kopfrechner gar nicht mehr in der Lage, spontan die Detailgrößen mathematisch zu errechnen.

Ich glaube daher, es geht in diesem Gesamtproblembereich in dieser schwierigen Phase nach dem Rücktritt der Kommission darum, die Reform abzuschließen, die Agenda 2000 zu beschließen und konsequent umzusetzen. Es ist durchaus erwartbar, daß diese Höherbudgetierung um 0,5 Prozent auf 314 Milliarden Euro für die gesamte siebenjährige Periode gemeinschaftlich und partnerschaftlich beschlossen und getragen wird.

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich habe nicht genug Redezeit, um auf die von der Freiheitlichen Partei bereits ausgeteilten Entschließungsanträge im Detail einzugehen, nur: So leicht sollte man es sich nicht machen, daß man auf der einen Seite darauf hinweist, daß Frankreich budgetär etwas zurücknehmen möchte, und auf der anderen Seite die Bundesregierung auffordert, eher noch das Paket aufzuschnüren, um Verbesserungen herbeizuführen.

Es ist völlig klar, daß das Aufschnüren des Pakets auch für die österreichischen Bauern unkalkulierbare Risken mit sich bringen würde. (Zwischenruf des Abg. Wenitsch.) Daher sind wir dafür, daß wir dieses Paket zum Beschluß erheben und ähnlich, wie es bereits beim Regierungsbeschluß im Zusammenhang mit der Steuerreform bei der Mehrwertsteuer der Fall ist, den ersten Schritt konsequent setzen und die nächsten folgen lassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Salzl: Wie lange habt ihr da die Bauern hingehalten mit der Mehrwertsteuer?! – Abg. Aumayr: Das ist ja unbeschreiblich! Das ist ja Scheinheiligkeit zum Quadrat! Scheinheiligkeit zum Quadrat!)

Ich darf auch auf den zweiten Antrag eingehen: Natürlich werden Sie heute wieder versuchen, uns zur Ablehnung Ihres Entschließungsantrages zur Senkung der Dieselölpreise zu bringen. Wir wissen, was es bedeutet, in den letzten Monaten eines Budgetjahres das Budget einzuhalten. Und Sie können sicher sein: Das, was wir bei der Mehrwertsteuer zusammengebracht haben, werden wir in partnerschaftlicher Art in der Koalition auch fortsetzen. Damit ist dieser Punkt, den Sie heute im Entschließungsantrag fordern, mit dem Sie uns im Grunde genommen kitzeln wollen, eines unserer nächsten Arbeitsvorhaben, das wir genauso umsetzen werden wie die Mehrwertsteuerfrage, die wir im Grunde genommen bereits gelöst haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Für uns wird es angesichts der Interventionspreissenkungen wichtig sein, gemeinsam alles zu versuchen, um für den Markt zu produzieren und möglichst wenig in die Intervention zu bringen. Ihr Vorhaben, mit einem weiteren Entschließungsantrag die AMA zu schwächen (Abg. Aumayr: Was heißt "schwächen"?), brächte gerade das Gegenteil der Sicherung der Bauernexistenzen.

Wir werden uns in unserem Kurs durch nichts beirren lassen und den Erfolg für die österreichischen Bauern mit dieser gemeinsamen, partnerschaftlichen Politik fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Salzl: Plus 20 Prozent ist ein Erfolg!)

15.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Redezeit: maximal 10 Minuten. – Bitte.

15.56

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die heutige Dringliche Anfrage zur Agenda 2000 bietet die Möglichkeit, darüber zu diskutieren, wie sich die Agrarpolitik aus österreichischer Sicht in Zukunft in Europa entwickeln wird.

Herr Kollege Schwarzenberger! Von dir angesprochen und besonders mit den Augen fixiert, als es darum ging, die Größendegression zu unterstützen, darf ich dich an folgendes erinnern: Seit dem Jahre 1995 ist das eine massive Forderung der Sozialdemokratischen Partei. In einer der letzten EU-Hauptausschuß-Sitzungen habe ich bereits, nachdem der Herr Bundesminister diesen Vorschlag in die EU-Ratsberatungen eingebracht hatte, die Unterstützung ausgesprochen. Ich habe nur bemerkt, daß es vielleicht ein wenig spät ist, vor allem vor dem Hintergrund des Jahres 1995, als die Situation eine ziemlich andere war und auch die Österreichische Volkspartei diesen Vorschlägen noch nicht sehr aufgeschlossen gegenübergestanden ist. Um so mehr freut es mich, daß diese Vorschläge aufgenommen wurden und nunmehr auch auf europäischer Ebene diskutiert werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: ... Österreich eingebracht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf auch auf eine der letzten Agrardebatten hier im Hohen Haus verweisen, in der ich darauf hingewiesen habe, daß es eine Grenze gibt, eine gesellschaftliche Toleranzgrenze im Zusammenhang mit der Verteilung und Zuweisung von Geldmitteln. (Demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Gredler. – Abg. Wabl: Vor vier Jahren haben Sie das letzte Mal Druck gemacht in dieser Frage!)

Herr Kollege Wabl! Ich weiß nicht, wie oft du abwesend warst, aber in den letzten vier Jahren ist das einige Male geschehen. Ich bin dir aber gerne behilflich und bringe dir die Anträge und auch die Beschlüsse, die in diese Richtung gehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die abzuschließende Agenda 2000 war und ist daher für die europäische Agrarpolitik und auch für die österreichische Agrarpolitik auf der einen Seite eine Chance, birgt aber auf der anderen Seite auch Risiken in sich. Einige der Risiken, die für mich in diesem Beschluß auch zu erkennen sind, liegen durchaus vor dem Hintergrund der beginnenden WTO-Verhandlungen – ich hoffe, daß die Einigkeit Europas diesmal stärker ist als beim letzten GATT-Abschluß – und auch im Hinblick auf die EU-Erweiterung. Ich glaube, daß hier einige Maßnahmen erforderlich sind, auf die ich später noch zu sprechen kommen werde.

Reform der europäischen Agrarpolitik bedeutet Veränderung, muß Veränderung und muß auch Verbesserung bedeuten. Aus sozialdemokratischer Sicht wären Veränderung und Verbesserung auch mit dem Einziehen einer einzelbetrieblichen Obergrenze, was Förderungen betrifft, verbunden, und auch mit – und darin stimme ich mit Kollegen Schwarzenberger überein – der Einführung von Sockelbeträgen in Berggebieten, in benachteiligten Gebieten und für jene Regionen, in denen schwerste Arbeit geleistet wird, um ein bestimmtes Produkt zu erzeugen, wenn auf dem Markt diese Arbeit nicht bezahlt werden kann.

Ein weiterer Aspekt, über den die Diskussionen immer noch andauern und aus sozialdemokratischer Sicht bereits europaweit geführt werden, ist der Beschäftigungsaspekt. Die Forderung, die Förderungen an die Arbeitsplatzsituation, an die Arbeitsintensität, an den Arbeitsplatz zu binden, wird nicht nur von den Sozialdemokraten erhoben. Ich weiß aus Konferenzen auf europäischer Ebene, an denen teilzunehmen ich die Ehre hatte, daß auch andere Mitgliedstaaten diese Ansätze bereits vertreten und diskutieren. Auch, wie einem Artikel der letzten Ausgabe von "Agrar Europe" zu entnehmen ist, der Dienst auf dem Lande der Evangelischen Kirche und die Katholische Landvolkbewegung Deutschlands meinen – ich zitiere –, daß es im Vergleich zu den bisherigen Förderinstrumentarien sinnvoll wäre, den Arbeitskräftebestand zu Hilfe zu ziehen, denn damit könnte man ihn zumindest halten, wenn nicht sogar aufstocken.

Vor dem Hintergrund der Beschäftigungsdiskussion in Europa glaube ich, daß das einer der wichtigsten Aspekte wäre. Daher bleibt die Forderung der Sozialdemokraten Österreichs auch weiterhin aufrecht, als Förderkriterien nicht die Fläche und die Kopfzahl der Tiere heranzuziehen, Kollege Wabl, sondern die Arbeitskraft, die damit verbunden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch einen Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich ansprechen, nämlich die ländliche Entwicklung. In der ländlichen Entwicklung ist ein absolut positiver Ansatz enthalten. Aber ich würde meinen, die ländliche Entwicklung und der ländliche Raum dürfen nicht nur aus eingeschränkter rein agrarpolitischer Sicht, sondern müssen auch aus gesellschaftspolitischer Sicht betrachtet werden, denn ländlicher Raum ist nicht nur Bauernhof, sondern ländlicher Raum ist Wirtschaftsraum auf dem Lande. Und wenn es uns gelingt, die jetzt vorgesehenen Veränderungen im Strukturbereich, die Veränderungen in den Zielgebietsverordnungen dazu zu benützen, daß diese Mittel tatsächlich gesellschaftspolitisch gesehen in den ländlichen Raum fließen und dort in eine Entwicklung umsetzbar sind, dann bin ich davon überzeugt, daß wir den ländlichen Raum lebendig erhalten können. (Abg. Haigermoser: Das ist eine "saubere" Dringliche, daß nicht einmal die Regierungsparteien da sind, um zuzuhören!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Abschluß gehe ich auf die Punkte ein, die von meinen Vorrednern ebenfalls genannt wurden, etwa auf die Finanzierung auch nationalstaatlicher Natur. Ich bin der Ansicht – und das wurde immer offen gesagt –, man muß zu den Vereinbarungen stehen, die notwendig sind, die österreichische Landwirtschaft in dieser Struktur zu erhalten. Über diverse Erhöhungen von Mitteln, über neue Mittelzuführungen ist aber trotzdem genauer zu diskutieren, denn ohne einen entsprechenden Finanzierungsvorschlag ist es sehr schwierig, dem zuzustimmen. Und ich wiederhole, was ich eingangs erwähnt habe: Alle, die sich ernsthaft mit Agrarpolitik auseinandersetzen, müssen auch daran denken, daß diese Mittel von der Gesellschaft, von den Steuerzahlern aufgebracht werden müssen. Daher geht es auch darum, diese Toleranz und dieses Verständnis zu erhalten.

Ich erhoffe mir von dieser Reform, verbunden mit der Agenda 2000, auch ein besseres Nützen unserer Stärken, unserer agrarischen Stärken im biologischen Bereich, unserer Vermarktungschancen und auch, daß, wie der Herr Bundesminister in seiner Rede auch anführte, die Gemeinschaften, die sich gebildet haben, um die Produkte besser zu vermarkten, in Zukunft unterstützt werden.

Auf dieser Ebene kann die Diskussion stattfinden, und auf dieser Ebene bin ich davon überzeugt, daß wir die Chancen, die diese Agenda in sich birgt, nützen können, die Risken minimieren können und auch dafür sorgen können, daß die österreichische Agrarpolitik für die Bäuerinnen und Bauern zukunftsweisend ist. (Beifall bei der SPÖ.)

16.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr zu Wort. – Bitte.

16.04

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Minister! Hohes Haus! Diese Dringliche Anfrage – das richtet sich auch an die beiden Regierungsparteien – ist wirklich ein Mißbrauch des Parlaments (Beifall bei den Freiheitlichen), denn alle 24 gestellten Fragen sind in dieser Broschüre des Landwirtschaftsministers beantwortet. Alle 24 Fragen!

Also ich muß wirklich sagen: Erstens einmal beschneiden Sie durch dieses Theater, das Sie da aufführen, die Rechte der Opposition. Aber Sie gehen ja mit den Rechten der Bauern genauso um! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Niederwieser: Das ist bei Ihren Anfragen auch immer so!)

Eine einzige Begründung gibt es für diese Dringliche Anfrage: Hier sind die Abgeordneten gezwungen zuzuhören. Die Bauern hören sich diese Stehsätze und diese Allgemeinplätze vom Minister und von den Schwarzen nicht mehr an. Die laufen Ihnen in Scharen davon! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Der Schnell in Salzburg sagt etwas anderes! – Gegenruf bei den Freiheitlichen.)

Bei dieser Politik, Herr Kollege Schwarzenberger, bleiben nur mehr zwei Bauern übrig, die heißen Rosemarie und Holger, denn alle anderen sind kaputt durch diese Landwirtschaftspolitik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Schwarzböck! Es ist wirklich bezeichnend! In allen Zeitungsartikeln, in denen Ihre Ausführungen zur Agenda zitiert worden sind, haben Sie gesagt: Ein Ja zur Agenda 2000 und zu den darin vorgesehenen Preissenkungen nur dann, wenn die Einkommensverluste den Bauern zu 100 Prozent abgegolten werden. Das haben Sie gesagt! Und jetzt stellen Sie sich her und loben dieses Ergebnis, mit dem nicht annähernd die Einkommenseinbußen der Bauern abgegolten werden.

Wenn Sie so zufrieden sind mit dieser GATT-Reform, wieso haben Sie dann in Brüssel demonstriert? Wieso haben Sie dann dieses Theater aufgeführt, wenn sie ohnehin so gut ist? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich muß Ihnen schon sagen: Bei Ihnen stimmt es hinten und vorne nicht mehr. Die Agenda 2000 ist die teuerste Arbeitsplatzvernichtung in der Geschichte, Herr Kollege Schwarzenberger! Und das weiß auch die Kommission. Die Kommission hat eine Studie in Auftrag gegeben, und diese besagt: Ergebnis der Agenda 2000 – 3 Millionen Bauernhöfe wegrationalisiert. Das sind 5 Millionen Arbeitslose, Herr Kollege Schwarzenberger! Das ist das Ergebnis dieser GATT-Reform.

Die Abhängigkeit der Bauern von den öffentlichen Förderungen steigt. Jetzt beträgt die Abhängigkeit von der Bürokratie bereits 70 Prozent, dann wird sie 80 und 90 Prozent betragen.

Herr Minister Molterer! Im übrigen: Das ist keine Reform, und das wissen Sie ganz genau! Denn was haben Sie denn reformiert? Sie haben die Überschüsse weggebracht, indem Sie die Milchquote erhöht haben. Bitte, das ist überhaupt das ärgste! Sie sagen, die Reform ist notwendig, damit wir die Überschüsse reduzieren, und gleichzeitig erhöhen Sie die Milchquote! Für wie dumm halten Sie denn eigentlich die Bauern? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird nach wie vor nach Fläche und Viehbestand gefördert. Die Königin von England wird nach wie vor 60 Millionen Schilling aus dem Brüsseler Agrartopf kassieren. (Abg. Koppler: Das ist eine Sauerei!) Das ist nach wie vor das gleiche. Wer sind die Gewinner? (Abg. Wabl: Der Haider!) – Einzig und allein die Nahrungsmittelkonzerne. Unilever reibt sich schon die Hände. Und das wissen Sie ganz genau! (Abg. Dr. Niederwieser: Nicht Gewinner, Profiteure heißt das!)

Es ist ja gar keine Reform beabsichtigt gewesen, es geht um nichts anderes als um die Finanzierung der Osterweiterung. Und deswegen müssen die Einkommen der Bauern so dramatisch gesenkt werden. Das weiß sogar Herr Präsident Kletzmayr aus Oberösterreich. In der "Oberösterreichischen Rundschau" sagt er am 28. Februar 1999: Die Bauern sind Gegner der Osterweiterung. Aber es kann doch nicht so sein, daß die Bauern sie auch noch selbst bezahlen müssen. – Das heißt, der Herr Präsident weiß das schon. Aber den Bauern sagt er, diese Preiskürzungen seien notwendig, damit man die Überschüsse wegbekommt. Es ist unbeschreiblich, welches Spiel Sie mit den Bauern treiben!

Herr Minister Molterer! Sie sind in Brüssel total über den Tisch gezogen worden. Alles Herumreden nützt nichts mehr. Keine Betriebsdegression! Ja wo ist denn die Betriebsdegression, Herr Kollege? Wo ist sie denn? – Weg ist sie! Keine Milchquote für die Bergbauern, Herr Minister Molterer, keine für die Jungübernehmer, sondern generell für alle, die bereits eine Quote haben! Kein Beschluß hinsichtlich alternativer Energie. Wo ist sie denn? – Nirgends. Auf allen Linien, Herr Minister Molterer, sind Sie umgefallen, und jetzt gehen Sie her und verkaufen es als Erfolg, daß bei den Rinderpreisen nicht um 30 Prozent gekürzt worden ist, sondern nur um 20 Prozent. Gratuliere, Herr Minister Molterer, das ist schon ein tolles Ergebnis! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Molterer.)

Der Beweis für Ihren Mißerfolg ist jetzt der Ruf nach nationalen Maßnahmen. Wenn Sie gut verhandelt hätten, hätten Sie das Geld für die Bauern in Brüssel geholt. Aber nein, Sie haben schlecht verhandelt, sind auf allen Vieren, sind auf dem Bauch hinaus, und jetzt fordern Sie nationale Maßnahmen.

Welche nationalen Maßnahmen meinen Sie denn da, Herr Minister? Meinen Sie die versprochenen Betriebsmittelverbilligungen? Meinen Sie die? Diese haben Sie nämlich in der Vergangenheit sechsmal abgelehnt. Sie werden heute wieder die Möglichkeit bekommen, einem entsprechenden Antrag zuzustimmen, den wir einbringen werden. (Abg. Schwarzenberger: Wo liegt der Gesetzesantrag?)

Sie, Herr Minister, haben zu verantworten, daß die Mehrwertsteueranpassung, die den Bauern seit 1995 versprochen worden ist, bis heute nicht ausbezahlt worden ist. Wie lange wollen Sie eigentlich die Bauern noch hinters Licht führen? Welche nationalen Maßnahmen werden Sie, Herr Minister, oder Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, im sozialen Bereich setzen?

Meinen Sie die sozialen Maßnahmen zum Beispiel bei den Nebenerwerbsbauern? – Die Nebenerwerbsbauern zahlen Arbeitslosenbeiträge ein. Wenn sie aber arbeitslos werden und einen Betrieb mit einem Einheitswert von über 60 000 S haben, bekommen sie keinen Schilling. Diese Ungerechtigkeit halten Sie nach wie vor aufrecht! Sie werden heute wieder die Möglichkeit bekommen, diese Ungerechtigkeit aus der Welt zu schaffen.

Und wie sich das die Kommissare gerichtet haben, das muß man sich einmal vorstellen; jene Kommissare, die jetzt nicht mehr nominiert werden! Herr Kollege Schwarzenberger, Ihr Kollege Fischler bekommt als Nicht-mehr-Kommissar sozusagen 100 000 S netto pro Monat, und das für drei Jahre! Das muß man sich einmal vorstellen! (Abg. Dr. Gredler: Mehr!) Bitte, das ist meine letzte Information. Übergangsgeld für drei Jahre plus Wiedereingliederungsbeträge bekommt er, also eine Entschädigung und eine Pension! Die Nebenerwerbsbauern, Herr Kollege Schwarzenberger, lassen Sie einzahlen, und wenn diese dann arbeitslos werden, bekommen sie keinen Schilling!

Aus diesem Grund bringen wir Freiheitlichen folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Aumayr, Wenitsch und Kollegen betreffend Einkommensverluste für die Landwirte durch die Agenda 2000 versus großzügige Ruhensgehälter für Kommissare

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, in den zuständigen Gremien der Europäischen Union initiativ zu werden, damit die zurückgetretenen EU-Kommissare, die für die Korruption, Mißwirtschaft und Verschwendung verantwortlich sind, keine Ansprüche auf Abfertigung (Übergangsgeld) (Art. 7), Pension (Art. 8ff) gemäß Beschluß des Rates vom 6. Mai 1992 und Wiedereingliederung (gemäß EU-Beamtenstatut) haben."

*****

Ein weiterer Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Aumayr, Koller, Klein, Dr. Salzl, Wenitsch betreffend Beseitigung von Ungerechtigkeiten der AMA gegenüber Österreichs Bauern

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wird ersucht, dem Nationalrat bis 1. Mai 1999 eine Novelle zum AMA-Gesetz vorzulegen und die entsprechenden Verordnungen zu überarbeiten, um folgende Schwerpunkte zu berücksichtigen:

Rechtsanspruch auf ÖPUL-Förderungen,

Zinsanspruch für verspätete Förderungsauszahlungen,

Toleranzgrenzen bei Kontrollen und Fristen,

Ausgleich von Härtefällen."

*****

Der letzte Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Aumayr, Wenitsch, Koller, Klein, Dr. Salzl betreffend Verbilligung des Agrardiesels

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert, der österreichischen Land- und Forstwirtschaft zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen und zur Herstellung von Chancengleichheit gegenüber anderen EU-Staaten verbilligten Dieseltreibstoff zum Heizölpreis zur Verfügung zu stellen." (Abg. Dr. Niederwieser: Da muß man das Christkind sein oder der Osterhase!)

*****

Herr Kollege Schwarzenberger! Das ist wortidentisch genau dieselbe Forderung, mit der der Oberösterreichische Bauernbund jetzt Unterschriften bei den Bauern sammelt. Wir werden heute mit Ihnen wieder einmal die Nagelprobe machen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei den Freiheitlichen: Das war eine Super-Rede, gratuliere!)

16.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Anträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

16.14

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich finde es schade, daß wir nicht über die Agenda 2000 insgesamt reden, sondern nur über das Kapitel Landwirtschaft. Ich finde das deswegen schade, weil es noch viel mehr zu bereden gibt, und zwar auch im Parlament. In Österreich als einem der wenigen Staaten hatten die Parlamentarier nicht die Möglichkeit, mit der Bundesregierung infolge des Rücktritts der gesamten Kommission eine Aussprache zu haben. Weder offiziell noch inoffiziell war es möglich, zumindest die Meinung der Abgeordneten dieses Hauses zu den schwierigen Verhandlungen mitzunehmen, die jetzt in Berlin stattfinden.

Ich halte das deswegen für sehr schade, weil es vieles gibt, was wir hier besprechen sollten. Wir sollten besprechen, daß es die Agenda 2000 deswegen gibt, weil wir auch eine Erweiterung der Europäischen Union haben wollen, eine Erweiterung, die Sinn macht, um Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten, die Sinn macht, um Frieden in Europa dort zu erhalten, wo er vorhanden ist, und die deswegen Sinn macht, weil wir unsere Nachbarinnen und Nachbarn ehren und sie mit in die Familie aufnehmen wollen.

Was hier passiert, ist eine Verkürzung der Problematik auf die Landwirte, die zugegebenermaßen vor einer schwierigen Situation stehen. Die Agenda 2000 geht weit über diesen Rahmen hinaus. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir haben nicht über eine Steuerharmonisierung gesprochen. Wir haben zum Beispiel nicht über eine CO2-Steuer gesprochen, deren Einführung in Brüssel heftig diskutiert wird. Wir haben nicht über eine Mehrwertsteuerharmonisierung gesprochen. All das sind Maßnahmen, die selbstverständlich zur Finanzierung der EU führen sollten. Nein, wir beschränken uns hier auf Wunsch der ÖVP nur auf die Agrarausgaben. Also bitte! Wir beschränken uns auf die Agrarausgaben.

Und was ich nicht verstehe – Herr Bundesminister, wenn Sie mir Ihr Ohr leihen könnten! –, ist, daß Sie stolz darauf sind, daß Sie alle Veränderungen, die die Kommission vorgeschlagen hat, verwässern konnten. Das halte ich wirklich für ein Problem. Die Kommission und die Landwirtschaftsminister haben erkannt, daß die Agrarpolitik so, wie sie bis jetzt erfolgte, nicht finanzierbar ist. Sie rühmen sich, daß Sie Reformen weit, weit nach hinten verschieben, daß Sie den Prozeß verlangsamen, daß Sie die Strukturen, die nach Reform schreien, eigentlich gar nicht reformieren wollen, sondern nur hier und da ein kleines Rädchen verändern wollen. Das Problem, das Sie damit nicht lösen, haben Sie in alle Ewigkeit perpetuiert. Das, Herr Bundesminister, halte ich Ihnen persönlich vor. Probleme muß man lösen, und man darf sie nicht verschieben. Das ist der Ansatz, den Sie hätten wählen sollen, während Sie in Brüssel verhandelt haben.

Aber wenn Sie hier sagen, daß Sie wahnsinnig stolz darauf seien oder – wie haben Sie es formuliert?, ich habe mir das aufgeschrieben – es ein Erfolg sei, wenn man eine Reform hinausschiebt, dann ist das, so meine ich, so ähnlich, als wenn ich als Arzt sagen würde: Ich erhalte mir die Kranken, um mein Einkommen zu sichern. Das hat nichts mit der Bewältigung des Problems zu tun, sondern das ist eigentlich eine Schweinerei! Und das finde ich schade, daß das in der Art und Weise hier passiert. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Die Landwirtschaft gehört reformiert, und Sie sind auch dieser Meinung. Sie sehen auch die Probleme. Ich sehe auch die Probleme jener Landwirte, die in ihrer Existenz gefährdet sind. Wir brauchen die Landwirte dort, wo sie unseren ländlichen Raum bewirtschaften und erhalten. Allerdings machen wir das anders als Sie!

Die Liberalen haben den Ansatz, daß sie sagen, ... (Abg. Mag. Stadler: Die politisch Korrekten! Landwirte mit einer Krankheit zu vergleichen!) Ja, Sie haben eine sehr tragende Stimme, die ich leider nicht habe, aber ich werde Sie gerne in einem Privatissimum in die Fragen der Grundsicherung einweisen und auch, wie man diese auf der ländlichen Ebene einführen kann. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Stadler: Sie brauchen kein Privatissimum zu geben! Ihre Partei würde niemals akzeptieren, wenn wir Landwirte mit einer Krankheit vergleichen!)

Grundsicherung für Bauern ist die Devise und nicht Förderungen dort, wo sie eigentlich nur in Töpfe verschwinden, was nicht nachvollziehbar ist. (Abg. Mag. Stadler: Sie sollen nur passende Vergleiche machen! Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!)

An einem, so muß ich sagen, Herr Landwirtschaftsminister, gilt es auch noch Kritik zu üben. Es ist eine Anmaßung, zu sagen, daß Herr Kommissar Fischler völlig unschuldig ist und daß Herr Kommissar Fischler überhaupt keine Probleme in seinem Bereich hat, was Korruption und Mißwirtschaft anbelangt, was Fehlkanalisationen anbelangt. Es ist nachgewiesen, daß mit zirka 5 Prozent der Gelder in der Landwirtschaft Mißbrauch getrieben wird. Es ist nur Herr Kommissar Fischler vom Weisenrat nicht geprüft worden, und deshalb ist auch keine Anklage erhoben worden. Aber wenn behauptet wird, daß Herr Kommissar Fischler völlig unschuldig ist, dann würde ich einmal in den Raum stellen, daß das so nicht stimmt. Es gibt im Landwirtschaftsbereich innerhalb der EU viel, viel Geld, das verschwindet und in dunkle Kanäle versickert. Das sollte er in den Griff bekommen!

Aber wenn er sagt: Ich habe eine weiße Weste, und daher kann ich sowieso in die neue Kommission eintreten!, so muß ich dem entgegenhalten: Das gilt erst, wenn der Weisenrat für seinen Bereich das bestätigt hat, was er behauptet, nämlich daß er alle Maßnahmen ergriffen hat, die nur menschenmöglich sind, um diese Fälle in den Griff zu bekommen. Er hat eine Mißwirtschaft, die er gekannt hat, nicht in Ordnung gebracht. Er hat dadurch eine Mittäterschaft, daß er die Kommission nicht zu einem weit früheren Zeitpunkt gezwungen hat, sich selbst aufzulösen. Und das muß sich die Bundesregierung sehr wohl als Kritik von seiten der Opposition gefallen lassen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn wir Strukturen innerhalb von Österreich nicht verändern wollen, sondern eigentlich nur die Abhängigkeit der Bäuerinnen und Bauern vergrößern wollen, heißt das mit anderen Worten, daß der Konsument zweimal zur Kasse gebeten wird: im Wege der direkten Förderung und im Wege der Subventionen, die ausbezahlt werden, um jene Produkte zu stützen, die auf dem Weltmarkt verkauft werden und erst in Form von Subventionen einen ordentlichen Preis erzielen.

Das ist falsch. Man kann nicht den Konsumenten doppelt zur Kasse bitten und sagen, daß das eine großartige Reform ist. Das ist keine Reform, sondern bestenfalls ein Andenken dessen, wie es in Zukunft anders sein sollte!

In diesem Zusammenhang möchte ich mir erlauben, einen Entschließungsantrag der Liberalen einzubringen, der genau auf diese Problematik eingeht, zum Beispiel langfristiger Entfall der festgelegten Produktionsquoten für Milch und andere landwirtschaftliche Produkte. Der Strukturwandel wurde gebremst beziehungsweise verzögert. Ich lese vor:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gredler, Hans Helmut Moser betreffend Agenda 2000

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Im Bereich der Agrarpolitik sind die Interventionspreise als erster Schritt auf das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Niveau zu senken, um sie, davon ausgehend, langfristig dem Weltmarktpreisniveau anzupassen. Alle Maßnahmen, die dazu geeignet sind, das Weltmarktpreisniveau für Getreide, Milch und Rindfleisch negativ zu beeinflussen, sind zu vermeiden. Weiters sind die Agrarförderungen degressiv (über einen Zeitraum von mehreren Jahren) zu gestalten, wobei eine Staffelung nach Betriebsgröße weder zu einer Zerschlagung größerer, noch zu einer Verhinderung effizient und nachhaltig wirtschaftender Betriebe führen darf. Langfristig ist weiters auf einen Entfall der Produktionsquoten für Milch und andere landwirtschaftliche Produkte hinzuarbeiten. Alle Agrarförderungen sind an ökologische Mindestkriterien und (im Falle von Tierhaltung) an tierschutzgerechte Haltungsformen zu knüpfen." – Ein Punkt, der bis jetzt nicht gegolten hat. – "Schließlich" (Abg. Schwarzenberger: Warum wollen Sie alle österreichischen Bauern umbringen? – Abg. Mag. Stadler: Es genügt, wenn die ÖVP zwei Drittel davon umbringt!) – das ist eine Anmaßung, das müßten Sie zurücknehmen! – "sind alle vorgeschlagenen Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raumes zu unterstützen.

Im Bereich des Finanzrahmens sind die Aufwendungen für die Landwirtschaft in der Periode 2000 – 2006 auf 40,5 Milliarden Euro jährlich auf Preisbasis 1999 (mit Inflationsausgleich) einzufrieren. Die Struktur- und Kohäsionsfondsmittel sind in derselben Periode auf 200 Milliarden Euro festzuschreiben. Die durch diese Einsparungen freiwerdenden Mittel sind für die EU-Erweiterung und für eine Aufstockung der zurzeit unterdotierten Politikbereiche Forschung und Entwicklung, Transeuropäische Netze, Bildung, Ausbildung und Jugend sowie Außenbeziehungen zu verwenden." (Abg. Schwarzenberger: Nach Ihrem Antrag werden nur mehr Bauern mit über 200, 300 Hektar übrigbleiben!)

*****

Ich glaube, daß wir versucht haben, über einen Entschließungsantrag, der zukunftsweisend ist, jene Bereiche in eine Regelungsform zu bekommen, daß wir weder die Bauern umbringen noch die Konsumenten schröpfen, sondern es muß einen Ausgleich zwischen den Personen geben – 5 Prozent der Arbeitnehmerschaft Europas sind ja in der Landwirtschaft tätig –, und zwar einen gesellschaftlichen Ausgleich, daß man auf der einen Seite diese 5 Prozent sehr wohl stützt, aber auf der anderen Seite die anderen 95 Prozent nicht vergißt, nämlich dort, wo Arbeitslosigkeit ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Dr. Gredler, Ihre Redezeit ist erschöpft, und Sie haben den ersten Satz des Entschließungsantrages nicht vorgelesen, nämlich vor "Im Bereich der Agrarpolitik ...".

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (fortsetzend): Entschuldigen Sie, Herr Präsident, den habe ich vorgelesen, da bin ich mir ganz sicher: "Im Bereich der Agrarpolitik sind die Interventionspreise als erster Schritt auf das von der Europäischen Kommission ..."

Präsident Dr. Heinz Fischer: Und davor steht der entscheidende Satz der Entschließung. Auf diesen mache ich Sie aufmerksam.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (fortsetzend): Entschuldigen Sie, Herr Präsident, Sie haben völlig recht – wie immer! Ich muß mich daher korrigieren:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Berlin, möge sich für folgende Reformen im Rahmen der Agenda 2000 einsetzen: ..."

*****

Entschuldigen Sie, Herr Präsident, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist beendet!

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (fortsetzend): Damit beende ich meine Rede. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Abgeordneter Wabl. – Bitte.

16.25

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Gredler, der Landwirtschaftssprecher der Liberalen hat heute nicht gesprochen. Ich weiß nicht, welche Zahlen er hier dargeboten hätte. Wenn die Prognose stimmt, daß die Agenda 2000 eine Reduzierung der Zahl der Bauernhöfe um ein Drittel nach sich ziehen wird, dann bedeutet Ihr Programm nicht eine Reduzierung der Bauernhöfe um ein Drittel, sondern gemäß Ihrem Programm bleibt nur mehr ein Drittel der Bauern übrig. Das, was Sie heute hier dargelegt haben, mag ein "liberales" Programm sein – unter Anführungszeichen –, es verkennt aber völlig die Situation, da das, was Sie unter Liberalität verstehen, mit Landwirtschaft und mit der Vielschichtigkeit einer ökologischen Dimension wenig zu tun hat.

Meine Damen und Herren! Ich habe mir bei der letzten Debatte, als wir über die Agenda 2000 diskutiert haben, gedacht, es gibt kaum noch eine Steigerung der skurrilen Situation in diesem Haus. Ich habe bereits das letzte Mal darauf hingewiesen: Was ist das für eine parlamentarische demokratische Welt, in der der Landwirtschaftsminister aus der ÖVP kommt, der Landwirtschaftskommissar in Brüssel aus der ÖVP kommt und die hochrangigen Bauernvertreter in Brüssel demonstrieren müssen und dort mit Wasserwerfern empfangen werden? (Abg. Mag. Stadler: Die PKK darf demonstrieren, aber die Bauern nicht!) Was ist das für eine Welt?

Ich habe mir gedacht, es gibt keine Steigerung dieser absurden demokratischen Situation mehr. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Heute, meine Damen und Herren, gibt es noch eine Zulage. Die ÖVP-Fraktion stellt eine Dringliche Anfrage an ihren eigenen Minister und befrägt ihn ganz dringlich und scharf, was denn letztendlich für die Bauern getan werde. (Ruf bei den Freiheitlichen: Der Schwarzenberger weiß es wirklich nicht!)

Es ist an sich ein scharfes Instrument, Dinge auf die Tagesordnung zu bringen, die an sich sonst nicht zugänglich sind, bei denen die Opposition kaum Möglichkeiten hat, Antworten auf bestimmte Fragen zu bekommen. Aber heute benützen Schwarzenberger und Schwarzböck dieses scharfe Oppositionsinstrument offensichtlich als Retorsionsmaßnahme gegen den nassen Empfang in Brüssel.

Meine Damen und Herren! Ich verstehe schon, denn sollte einmal das, was Herr Gradwohl und Herr Molterer vor vier Jahren in "Zur Sache" heftig diskutiert haben, nämlich die soziale Gerechtigkeit bei der Verteilung von Zulagen, bei der Verteilung von Marktordnungsausgaben, ... (Bundesminister Mag. Molterer: Kostelka!) – Es war Kostelka. Entschuldigung, es war nicht Gradwohl; noch nicht Gradwohl, er wird es vielleicht noch werden. Mit dem Part ist es allerdings schwierig in der Sozialdemokratie. (Heiterkeit.)

Damals ist dem Herrn Kostelka richtig die sozialdemokratische Zornesröte ins Gesicht gestiegen, als es darum ging, welche Ungerechtigkeit da passiert. Und jetzt kommt der Herr Landwirtschaftsminister Molterer mit einem Vorschlag bezüglich sozialer Gerechtigkeit. Und damit Sie sehen, was hier offensichtlich im koalitionären Klima möglich war: Es ging um Prämienkürzungen ab einer Förderungshöhe – raten Sie von den Sozialdemokraten einmal, damit Sie sich ein bissel rosarot beruhigen können! – von lediglich 1,032 Millionen. Ab dieser Höhe der Förderungen sollte eine soziale Staffelung, eine Degression erfolgen.

Meine Damen und Herren! Sie sollten meinen, das war ein moderater Vorschlag des Herrn Molterer in Brüssel, akkordiert mit den Sozialdemokraten, die ihr Herz in der sozialen Gerechtigkeit verankert haben. Nein, nicht einmal das ist durchgegangen! Diese soziale Frage ist völlig ignoriert worden. Und heute verkündet der Landwirtschaftsminister: Wenn die Frage der sozialen Staffelung im Bereich der Förderungen, der Marktordnungsausgaben wieder einmal aufs Tapet kommt, dann werden wir wieder unser Modell einbringen.

Meine Damen und Herren! 1 Million Schilling an Förderungen – erst ab dieser Grenze soll gekürzt werden? – Nicht einmal das, Herr Gradwohl! Vor vier Jahren hat Ihre Fraktion hier in diesem Haus, auf der Straße und in Fernsehsendungen vollmundig und kampfbereit dokumentiert: Nein, diesem Budget stimmen wir nicht zu! Da gehen wir Sozialdemokraten nicht mit! Wenn die Grünen diese ungerechten Sachen wollen, bitte schön! Aber wir von den Sozialdemokraten wollen soziale Gerechtigkeit!

Heute stehen Sie mit Ihrem wunderschönen Fischler-Bart hier und sagen: Wir wollen eigentlich soziale Gerechtigkeit, aber es ist noch nicht soweit! Wir haben nur den Kommissär in Brüssel, wir haben nur einen Sozialdemokraten in Paris an der Regierung, wir haben nur einen Sozialdemokraten in Bonn an der Regierung, wir haben nur einen Sozialdemokraten (Abg. Mag. Stadler: London!) in London an der Regierung, wir haben nur einen in Rom – oje, da haben wir noch zuwenig! Das sozialdemokratische Herz braucht die Mehrheit in ganz Europa, und zwar die absolute! Nur dann können wir endlich die soziale Gerechtigkeit durchsetzen – und jenen Menschen, die aus Förderungsgeldern mehr als 1 Million bekommen, diese ein bißchen kürzen! – Das ist das Credo der Sozialdemokratie.

Herr Gradwohl, ich sage Ihnen folgendes: In den letzten Wochen ist politisch so viel passiert, und die demokratiepolitische Lektion, die vor allem die sozialdemokratische Bewegung lernen mußte, sollte Ihnen zu denken geben.

Ein Sozialdemokrat, der zumindest den Respekt jener verdient, die meinen, daß er sich zeit seines Lebens für soziale Gerechtigkeit eingesetzt hat, nämlich Herr Lafontaine, wurde auf allen Linien bekämpft: von der Wirtschaft, von den Konservativen, vom Geldsektor, von den Kuponschneidern, von den Börsenspekulanten und so weiter. Als er zurücktrat – ein Sozialdemokrat nicht von Leichtgewicht, nicht so wie viele in anderen Regierungen –, ist sofort der Euro gestiegen. Da habe ich mir gedacht: Wer hat in Europa das politische Sagen? – Der Herr Molterer, der Herr Fischler, der Herr Schwarzböck, die demonstrierenden Bauern in Brüssel – oder andere, die die europäische Landwirtschaft auf einen Weltmarkt hin trimmen wollen, auf dem kein Bauer unter redlichen sozialen Bedingungen mehr etwas produzieren kann?

Von diesem Einkommen kann weltweit kein Bauer leben, außer er lebt in Südamerika oder in Afrika! Dort bekommen die Bauern noch weniger. Dort bekommen sie nicht einmal das, was bei uns auf dem Hauptplatz oder im Hauptbahnhof fürs Klogehen bezahlt werden muß. Soviel bekommen sie dort nicht einmal als Tageslohn. Wenn Sie aber für solch einen Markt Ihre sozialdemokratischen Regierungen anspornen, damit sie nicht einmal diese lächerlichen Dinge durchsetzen können, dann frage ich Sie: Was hat die Politik, was hat der Parlamentarismus in so einem Europa noch zu tun? (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Die Grünen haben im Zusammenhang mit der Reduzierung der Förderungen einen sehr seriösen Vorschlag erarbeitet, nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland. Es ist ein sozial gestaffelter, ausgewogener Vorschlag. Er wurde sogar von den Beamten der Kommission durchgerechnet, und man hat dabei befunden, daß er nicht nur ausgewogen wäre, sondern letztlich auf die gesamten Produktionsbedingungen und auf die soziale Komponente der Arbeitsplätze einen positiveren Einfluß hätte.

Wir haben den Vorschlag gemacht, bis zu einem Prämienanspruch in Höhe von 210 000 S einen Zuschlag von 15 Prozent zu geben. Warum hat das nicht Ihre Unterstützung gefunden?

Weiters lautet der Vorschlag dahin gehend, im Bereich von 210 000 S bis 420 000 S gleich zu bleiben und keinen Prämienabzug vorzunehmen. Damit sind bereits 90 Prozent der österreichischen Bauern erfaßt.

In weiterer Folge sollte bei Prämienansprüchen im Ausmaß von bis zu 700 000 S ein Abzug in Höhe von 15 Prozent erfolgen, darauffolgend bis zu 1,4 Millionen Schilling ein Abzug von 30 Prozent, und bei Prämienansprüchen im Bereich von 1,4 Millionen bis 2,8 Millionen Schilling sollte ein Abzug von 45 Prozent vorgenommen werden. Das sind dann bereits 0,0 Prozent an sogenannten Landwirten. Darunter sind auch Bauern, das ist keine Frage, aber da geht es um Bauern, die zeit ihres Lebens wohlhabendst und reich waren.

Für Prämienansprüche über 2,8 Millionen Schilling ist ein Prämienabzug im Ausmaß von 60 Prozent vorgesehen. Förderungen im Ausmaß von mehr als 2,8 Millionen Schilling! – Und Sie, Herr Gradwohl, sind nicht in der Lage, hier etwas zu erreichen! – Weil Sie ja niemanden in der Regierung sitzen haben! Sie sitzen ja auf Oppositionsbänken, so wie auch die ÖVP!

Die ÖVP muß eine Dringliche Anfrage stellen, damit sie endlich ein bißchen an Informationen von der erlauchten Regierungsbank erheischen kann, sodaß dann einer von der Regierungsbank – oder zwei; da jetzt der Herr Finanzminister draußen in Berlin verhandelt – etwas über die politische Realität erfahren kann.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Die grüne Fraktion wird verstärkt für weitere Demokratisierung in all diesen Bereichen kämpfen müssen. Es ist schwieriger geworden, es ist härter geworden seit dem EU-Beitritt. (Abg. Mag. Stadler: Ihr seid ja auch dafür gewesen!) Denn der EU-Beitritt wurde benützt als Vehikel (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) für eine weitere Dezentralisierung und Entpolitisierung sämtlicher gesellschaftlicher Bereiche. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Wer hat denn dafür gestimmt? – Abg. Wabl – das Rednerpult verlassend –: Ich nicht!)

16.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. Gleiche Redezeit. – Bitte.

16.36

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Aumayr, Sie haben zu Beginn Ihrer Ausführungen erklärt, die Einbringung dieser Dringlichen Anfrage sei Mißbrauch des Parlaments und Theater. (Abg. Wenitsch: Das wurde auch von Wabl bestätigt!) Wenn Ihrer Ansicht nach eine Diskussion über Agrarprobleme im Parlament Mißbrauch und Theater ist, dann ist das bezeichnend dafür, was Sie von den Problemen der Bauern überhaupt halten. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben weiters einen Antrag auf Renationalisierung der Agrarpolitik eingebracht. Wissen Sie, was das bedeuten würde? – Daß jedes Land seine eigenen Produktionsgesetze festlegt, so wie zum Beispiel Italien und Deutschland. (Abg. Aumayr: Na und?) Das würde auch bedeuten, daß die Milchquoten aufgehoben würden. Was das für die Milchpreise bedeutet, können Sie sich wahrscheinlich nicht vorstellen. Deshalb sind wir gegen den Entschließungsantrag, der hier eingebracht worden ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Salzl: ... Mehrwertsteuer-Anpassung!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Agrarminister der EU haben sich nach langen und zähen Verhandlungen auf die Reform der europäischen Agrarpolitik geeinigt. (Abg. Aumayr: Gratuliere!) Zahlreiche emotionsgeladene Bauerndemonstrationen in Brüssel und in vielen Ländern der EU haben diese Verhandlungen begleitet. Eine große Delegation des österreichischen Bauernbundes – einschließlich meiner Person – hat an der großen Demonstration am 22. Februar in Brüssel teilgenommen. (Abg. Aumayr: Und gegen sich selber demonstriert!) Dies deshalb, weil die vorgeschlagenen Maßnahmen der Kommission einfach nicht zu akzeptieren waren, zum Beispiel die Höhe der Preissenkungen und die zeitliche Degression bei den Ausgleichszahlungen, um nur einige zu nennen. Denn es geht um die Zukunft unserer Bauern und damit um die Entwicklung des ländlichen Raumes. (Abg. Aumayr: Und jetzt seid ihr zufrieden mit dem Ergebnis?)

Schließlich ist es gelungen, vieles, was den österreichischen Bauern massive Probleme bereitet hätte, zu verhindern. Im Gegenzug konnten in manchen Bereichen neue Perspektiven eröffnet werden. Zum Beispiel konnte erreicht werden, daß in Zukunft die ländlich Entwicklung als zweite Säule der EU-Agrarpolitik zur Verfügung steht. Das gibt insbesondere den österreichischen Bauern zahlreiche Chancen, auch im Milchbereich. Das ist ein besonders wichtiger Punkt. (Abg. Aumayr: Mein Gott! Wieder der Feinkostladen!)

Denn das Instrument der Mengensteuerung ist die Milchquote, die von vielen EU-Ländern in Frage gestellt wurde. Bis zuletzt wurde darum gerungen, daß die Milchkontingentierung erhalten bleibt. Sie ist für Österreich so dringend notwendig, weil die Milchproduktion ein wichtiger Produktionszweig ist. Ohne Quotenregelung würden aber die Preise in den Keller fallen.

Die Milchmarktregelung wird überdies erst im Jahre 2003 wirksam, nicht, wie ursprünglich vorgesehen, bereits im Jahre 2000. Weiters ist ab 2003 eine Quotenaufstockung von 1,5 Prozent für alle Mitgliedstaaten vorgesehen. Für Österreich bedeutet dies eine Quotenaufstockung um 41 000 Tonnen. Zusätzlich erhält Österreich mit 1. April 1999 eine Umschichtung von der D-Quote auf die A-Quote im Ausmaß von 150 000 Tonnen. Dieses Problem haben wir des öfteren angezogen, und wir haben uns um diese Lösung bemüht. (Abg. Aumayr: Ausgelöst habt ihr es, nicht angezogen!) Jetzt wird das Wirklichkeit. Diese zusätzliche Quote wird an die Erzeuger verteilt. (Abg. Aumayr: Die Bauern angeschwindelt!) Sie ist letztlich auch ausgleichsfähig. (Beifall bei der ÖVP.)

Um allerdings die Milchquote als mengensteuerndes Instrument erhalten zu können, mußte leider eine Interventionspreissenkung im Ausmaß von 15 Prozent in Kauf genommen werden. (Zwischenruf der Abg. Aumayr.) Es muß dazu angemerkt werden, daß die Liberalisierer in Europa eine noch weitaus größere Senkung gefordert haben. Wir konnten das verhindern. (Abg. Aumayr: Es hätte noch viel "ärger" kommen können, freilich!) Genauso ist es, ganz genau!

Der Ausgleich für die Preissenkungen erfolgt über die Milchquote. In den Verhandlungen wurde erreicht, daß das ursprüngliche Berechnungsmodell – die sogenannte virtuelle Kuh – nicht eingeführt worden ist. (Abg. Aumayr: Kollege Freund! Jeder Innviertler Bauer bekommt ...!) Die Basis ist vielmehr die tatsächliche einzelbetriebliche Milchquote, womit den österreichischen Verhältnissen letztlich besser entsprochen werden kann. Der Ausgleich macht 35 Groschen pro Kilogramm Milch aus.

Im Rinderbereich bringt die Reform leider ebenfalls eine Preissenkung von 20 Prozent mit sich. (Abg. Aumayr: Aber zustimmen tut ihr!) Österreich hat damit verhindert, daß die von der Kommission vorgeschlagene Senkung im Ausmaß von 30 Prozent in vollem Umfang umgesetzt wurde. (Abg. Aumayr: Von Fischler vorgeschlagen!) Entscheidend war auch – das wurde von österreichischer Seite immer gefordert –, daß es eine Prämie für weibliche Zuchtrinder geben wird. Auch Sie haben das immer wieder erwähnt.

Daneben steht fest, daß pro Rind – das heißt für Stiere, Ochsen, Kühe und Kalbinnen – eine allgemeine Schlachtprämie in der Höhe von 1 100 S als zusätzliche Ausgleichsmaßnahme zur Verfügung steht. Mit der neuen Extensivierungsprämie für Milchkühe wurde auf ausdrücklichen Wunsch Österreichs eine weitere Berggebietsregelung aufgenommen.

Jetzt brauchen wir innerösterreichische Antworten auf die Agenda. In Richtung der Kollegen von den Freiheitlichen möchte ich folgendes sagen: Ihre Kritik ist unqualifiziert und teilweise ... Ich möchte das nicht weiter beurteilen. (Abg. Dr. Ofner: Ist eh besser!) Von Ihnen kamen während der ganzen Verhandlungen und kommen auch jetzt keine konkreten und in die Realität umzusetzenden Vorschläge. Wo sind Ihre Vorschläge? (Abg. Dr. Ofner: Wer stellt den Kommissär?) Wo sind Ihre reellen Vorschläge dafür, wie das alles hätte anders kommen sollen?

Wir – der Bauernbund und die ÖVP mit Bundesminister Molterer – haben zäh und hart verhandelt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: Mit sich selber!) Damit konnte letztlich dieses Ergebnis erzielt werden. (Abg. Dr. Ofner: Wer is stärker: i oder i? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Wir haben innerösterreichisch einiges erreicht, und das tut Ihnen wahrscheinlich weh. Denn wir haben die Mehrwertsteueranpassung gefordert, und wir haben eine Anpassung von 10 auf 12 Prozent umgesetzt. Das zieht selbstverständlich eine Preiserhöhung bei den Milchprodukten nach sich. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ihr habt immer nur etwas versprochen!)

Wir haben die Familiensteuerreform gefordert, und wir haben sie umgesetzt. Wir haben die Bäuerinnenpension gefordert, den Krankenschein für die Bauern und die 2prozentige Steuer für Treibstoffbeimischung. (Abg. Aumayr: Erhöhung der sozialen Sicherungsbeiträge! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wir haben das umgesetzt, oder wir werden es umsetzen. All diese Punkte wurden von uns immer wieder angesprochen, und wir werden sie erfolgreich umsetzen. (Zwischenruf der Abg. Aumayr.) Außerdem wird es einen Sockelbetrag für jene Betriebe geben, die in geringerem Ausmaß mit Flächen ausgestattet sind.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auch das Karenzgeld für alle muß kommen, weil es gerecht ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Den Kinderbetreuungsscheck muß man einführen!) Es wird auch das österreichische Umweltprogramm 2000 kommen, das ist für die Bauern sehr wichtig. Es liegt jetzt in Brüssel und muß dort notifiziert werden. Wir haben erreicht, daß das 40-Milliarden-Paket bis zum Jahr 2002 für die Bauern umgesetzt und letztlich eine Stabilisierung der Ausgleichszahlungen für unsere Bauern gewährleistet wird. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Deshalb seid ihr bei den Wahlen so erfolgreich! – Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger.)

Meine sehr geschätzte Damen und Herren! Wer von den Bauern erwartet, daß die Lebensmittel zu wettbewerbsfähigen Europapreisen produziert werden, der muß dafür sorgen, daß unsere Bauern auch bei den Betriebsmitteln EU-Preise haben. Das ist für unsere Produktion äußerst wichtig.

Besonders vordringlich ist die Herstellung von Binnenmarktbedingungen bei den Honorarnoten für Tierärzte, bei den Kosten für Tierarzneimittel, bei den Verfahren zur Zulassung von Landmaschinen und insbesondere bei den Pflanzenschutzmitteln. Denn dort sind wir noch immer benachteiligt. In diesem Zusammenhang darf ich die Beschlüsse von Bad Aussee einfordern und darauf aufmerksam machen, daß diese Beschlüsse letzten Endes auch umgesetzt werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Ihr braucht nur dem Antrag der Freiheitlichen zuzustimmen!)

16.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Anna Huber. – Bitte.

16.44

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mein Vorredner hat mich ein bißchen herausgefordert. Er hat gerade – wie auch viele andere – erklärt, Karenzgeld für alle wäre gerecht. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger.) Ich gebe ihm recht: Es wäre genauso gerecht wie gleich hohe Subventionen für alle in der Landwirtschaft Tätigen. (Beifall des Abg. Dr. Nowotny. – Abg. Dr. Khol: Da applaudiert nur ein Sozialist! – Abg. Dr. Nowotny: Immerhin!) – Das macht überhaupt nichts. Deswegen ist die Aussage nicht weniger wert. (Abg. Schwarzenberger: Warum können Sie dem Karenzgeld für alle nicht zustimmen? Warum ist das so schwer? – Weitere Zwischenrufe.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: So, jetzt ist hoffentlich endgültig Frau Abgeordnete Huber am Wort! (Abg. Dr. Khol: Sind Sie auch so neidig wie Frau Mertel? Das werden wir den Steirerinnen sagen!)

Abgeordnete Anna Huber (fortsetzend): Ich möchte jetzt auf die Agenda 2000 und ihre Auswirkungen zurückkommen. Denn wir diskutieren über die Auswirkungen dieses Agrarkompromisses auf die Landwirtschaft, auf die Struktur der Landwirtschaft, auf die Wettbewerbsfähigkeit, auf die Einkommen – und das ist nicht unwesentlich – der Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, damit wohl auch die Auswirkungen auf die Zukunft des ländlichen Raumes, auf den Fremdenverkehr und so weiter, aber auch – ich meine, das ist ebenfalls ein sehr wichtiger Punkt – die Auswirkungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher.

Ich muß hier sagen und kritisch anmerken, daß die fortgeschriebene Förderungspraxis nicht den Vorstellungen der Verbraucherinnen und Verbraucher entspricht. (Abg. Zweytick: Warum nicht?) Denn nur nach der Fläche und nach der Stückzahl der Tiere zu fördern, bringt Bergbauern, kleinere und kleinste Landwirtschaft ins Hintertreffen. Es ist gerade jener Teil der Landwirtschaft – das sind immerhin 90 Prozent der österreichischen Bauern –, in dem in hohem Maße ökologisch und nachhaltig produziert wird, und zwar so produziert wird, wie es sich der größte Teil der österreichischen Verbraucherinnen und Verbraucher vorstellt. Das sind Betriebe, die unter sehr schwierigen Bedingungen arbeiten müssen, die nicht zuletzt die österreichische Kulturlandschaft in ihrer ganzen Schönheit erhalten und pflegen helfen und damit zum Beispiel zum Erfolg des Fremdenverkehrs beitragen.

Was wünschen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher, was erwarten sie von der Agenda 2000, wenn man diesen Zusammenhang herstellt? – Ich denke, das ist auf der einen Seite eine gesunde Landwirtschaft, das sind aber auch niedrige Preise sowie gute und natürlich produzierte Lebensmittel, von denen man weiß, wo und vor allem wie sie produziert werden. Daß die Einnahmenausfälle für die Landwirtschaft und für die Menschen, die dort hart arbeiten, auszugleichen sind, wenn es auf der anderen Seite Interventionspreise gibt, ist klar und selbstverständlich. Es wird in Österreich auch so gehandhabt.

Ich stelle aber fest, daß der Zwischenhandel oder wer auch immer kräftig absahnt, weil die Preissenkungen, die den Produzenten, den Bauern abgegolten werden, also die niedrigen Preise absolut nicht an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben werden. Wenn man sich anschaut, wie sich der Schweinepreis entwickelt hat und wie sich der Fleischpreis in den Geschäften gestaltet, dann zeigt sich ein sehr deutliches Beispiel dafür, daß es dazwischen offensichtlich eine große Kluft gibt.

Wenn 6 Prozent des Budgets für Umweltschutz ausgegeben werden, dann ist das meiner Ansicht nach für die österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten sehr wenig. Da Sie, Herr Minister, angedeutet haben, daß es auf innerösterreichischem Weg noch zusätzliche Subventionswünsche der Landwirtschaft gibt, möchte ich sagen, daß die Akzeptanz der entsprechenden Subventionierung in hohem Maße auch davon abhängt, daß der Zusammenhang von den Konsumentinnen und Konsumenten gesehen und für sie spürbar wird.

Ich bringe dazu ein Zitat aus dem "Mittagsjournal" vom 8. Februar. Damals sagte Kommissar Fischler in bezug auf die Agenda 2000, allein was zum Beispiel die Ausgleichszulage für die Bergbauern betrifft: Der Spielraum, den die neue Konzeption der Bergbauernförderung eröffnet, würde es zulassen – wenn man will –, die Bergbauernförderung in Österreich mehr als zu verdoppeln.

Ich denke, das ist ein wesentlicher Punkt, und ich bedauere es, daß diese Chance vertan wurde. Es ist ein für mich sehr wichtiger Punkt, und das ist eben ... (Abg. Schwarzenberger: Das ist mit dem Sockelbetrag ab dem kommenden Jahr vorgesehen, erfordert aber mehr Budgetmittel!) Es erfordert mehr Budgetmittel. Ich frage mich, wieso es nicht gelingen konnte, unter Umständen auch vor dem Beschluß der Agenda 2000 innerösterreichisch umzusetzen, daß man zu dem Sockelbetrag die Subventionen auch oben deckelt und nicht jenen Fehler begeht, kleine Landwirte und Bergbauern nicht im notwendigen Ausmaß zu fördern, nur weil sonst zusätzliche Mittel erforderlich wären. (Abg. Schwarzenberger: Die Ausgleichszulage ist mit 120 Hektar gedeckelt! Die Degression beginnt bei der Ausgleichszulage bereits mit 40 Hektar!)

Es ist meiner Ansicht nach – wir können uns noch zusammensetzen und darüber diskutieren – trotzdem die soziale Gerechtigkeit nicht im notwendigen Ausmaß durchgesetzt worden. Ich bedauere es, daß dieser wichtige Ansatz – und es ist der einzig richtige Ansatz, Herr Kollege Schwarzenberger – nicht durchgesetzt wurde. Denn wir alle – der Minister hat das auch gesagt – wollen gesunde landwirtschaftliche Betriebe in einem gesunden und starken landwirtschaftlichen Raum. (Beifall bei der SPÖ.)

16.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wenitsch. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

16.51

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schwarzenberger, man hat heute in Ihrer Rede gemerkt, daß die ÖVP aufgrund der Wahlergebnisse in den letzten Jahrzehnten sehr geübt darin ist, ein Minus als Erfolg verkaufen zu wollen. Aber ich bin überzeugt davon, daß Ihnen die Bauern das sicherlich nicht abnehmen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: In meinem Bezirk hat bei der Landtagswahl die ÖVP 2 Prozent zugelegt und die FPÖ ein halbes Prozent verloren!)

Herr Kollege! Sie erkennen hier plötzlich – das ist fast schon wie in Disneys Wunderland –, daß vom Konsumenten bloß 17 S pro Tag beim Bauern ankommen. Herr Kollege, ich frage Sie: Wer ist dafür verantwortlich? Wer stellt seit mehr als 13 Jahren den Landwirtschaftsminister? Wer, bitte, stellt den Kommissar in der EU? – Das sind doch Sie selbst, der Bauernbund, die ÖVP-Fraktion, und sonst niemand! Dort ist Ihre Adresse, dorthin müssen Sie demonstrieren gehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber hier im Hohen Haus die Allgemeinheit mehr oder weniger für dumm verkaufen zu wollen – das ist wirklich lächerlich, was Sie heute hier aufgeführt haben!

Das nächste, was ich Ihnen vorhalten möchte, ist, daß Sie mit Ihrer Rede heute hinsichtlich der Wahlen am 3. Oktober bereits einen Klassenkampf eröffnet haben. Sie wollen hier ÖBB-Bedienstete gegen Bauern aufrechnen. Bitte, wir sind froh, daß diese Zeiten vorüber sind, Herr Kollege! Ich möchte davon nichts mehr hören. Wir brauchen uns nicht davor zu fürchten, aber ich weiß, daß das die ÖVP-Manier war. Das weiß ich aus Erzählungen meines Vaters. Es hat beim Bauernbund immer geheißen: Freunde, seid froh, wenn wir euch ein bißchen etwas geben! Denn sonst kommen die bösen Roten, zünden euch die Häuser an, nehmen euch die Felder weg, und so weiter und so fort! – Wir brauchen uns heute nicht mehr zu fürchten, Herr Kollege. Sie werden die Bauern nicht mehr einschüchtern können, denn die Bauern werden von uns aufgeklärt werden, Herr Kollege Schwarzenberger! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das nächste, was Sie hier mehr oder weniger in den Raum gestellt haben: Der Erfolg des Herrn Ministers war offenbar großartig, jetzt müssen wir dafür sorgen, daß die nationalen Mittel bereitgestellt werden. Anscheinend kann nur eine starke ÖVP mehr oder weniger garantieren, daß die Mittel für das ÖPUL 1998 auch in Zukunft ausbezahlt werden. – Dazu sage ich Ihnen nur eines, Herr Kollege: Sie persönlich waren derjenige, der den Bauernstand bereits vor vier Jahren verraten hat! Die zugesagten Gelder für das ÖPUL 1995 wurden auf Ihren Antrag hin gekürzt, nicht aber auf einen Antrag von Sozialdemokraten, von Freiheitlichen, von Grünen oder von Liberalen hin. Nein, auf Antrag des ÖVP-Bauernbundpräsidenten Georg Schwarzenberger sind den Bauern die versprochenen Mittel weggenommen worden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Trotz all Ihrer Beteuerungen und trotz Ihres Versuches, den Bauern diese Agenda schmackhaft zu machen, sage ich Ihnen eines: Sie haben in den Verhandlungen zur Agenda 2000 völlig versagt! Ihre Verhandlungsweise, Herr Minister, beschert den österreichischen Bauern jährlich einen Einkommensverlust von zirka 2 Milliarden Schilling! Das sind keine Berechnungen, die ich erfunden habe, sondern das wissen Sie selbst sehr genau. Sie kennen die entsprechenden Presseaussendungen, teilweise stammen sie sogar von ÖVP-Politikern, von Politikern des Bauernbundes.

Außerdem, Herr Minister, haben Sie damit auch den Steuerzahler in Österreich benachteiligt. Denn aufgrund unserer Nettozahlerposition – diese wird sich noch verschlechtern, wenn die Bauern weniger Geld bekommen – wird folgendes eintreten: Der nationale Spielraum für Agrargelder wird selbstverständlich noch weiter eingeengt werden. Das könnte aber zum Desaster für die Bauern werden, und das wird es auch werden, wie sich zeigt, wenn ich mir die Zahlen anschaue.

Frau Kollegin Huber, Sie haben von sozialer Gerechtigkeit gesprochen. 3 Millionen Bauern werden in den nächsten Jahren von den Höfen weichen müssen! Das ist keine soziale Gerechtigkeit. (Abg. Schwarzenberger: Das werden wir euch in drei Jahren vorhalten!) Das ist hier in Österreich ein Versagen des ÖVP-Bauernbundes und selbstverständlich auch ein Versagen des ÖVP-Bauernbundkommissars Fischler! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Die EU setzt mit Ihrer Mithilfe auf den totalen Wettbewerb. Wollen wir dorthin kommen? – Nehmen wir als Beispiel die Kontingentierung bei den Zuckerrüben her. Bei den Zuckerrüben ist es dem Bauern heute noch möglich, über den Produktverkauf sein Einkommen zu erzielen. Das freut mich, das ist ein Punkt, in dem der Bauer – Gott sei Dank – nicht vom Staat und von öffentlichen Geldern abhängig ist. Da geht es sich noch aus. Sie aber gehen her und reden von einer Mengensteuerung, die in der Agenda 2000 enthalten sein soll.

Herr Minister! Sie strafen sich selbst mehr oder weniger Lügen, wenn Sie sagen, daß Sie einen Beschluß machen, mit dem Sie die Milchquote EU-weit um 1,5 Prozent erhöhen – und in manchen Ländern sogar noch deutlich höher; in Italien, Irland und Griechenland oder wo auch immer wird eine deutlich stärkere Erhöhung vorgenommen –, und wenn Sie dann sagen: Wir haben zurzeit EU-weit einen Milchüberschuß von 11 Millionen Tonnen. – Das kann doch nicht wahr sein, wenn Sie bei einem Überschuß von 11 Millionen Tonnen die Quote noch erhöhen und damit mehr oder weniger riskieren, daß der Überschuß in den kommenden Jahren faktisch weitaus höher sein wird (Abg. Aumayr: Und die Preise sinken!) und wir noch mehr als bisher auf den Export dieser Milchprodukte angewiesen sind!

Herr Minister, es stehen auch die WTO-Verhandlungen vor der Tür. Was ist das für eine Position, wenn man faktisch gezwungen ist, seinen Überschuß zu exportieren, und daher mit diesem Druck in die Verhandlungen geht? – Sie werden in den WTO-Verhandlungen genauso auf den Bauch fallen wie in allen anderen Verhandlungen, die Sie im Rahmen der Agenda 2000 für Österreich geführt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Ich sage Ihnen von dieser Stelle aus: Sie sollten diesem falschen Spiel und dieser Agrarpolitik ein Ende machen. Sie sollten sich darauf besinnen, daß die Bauern unter allen Umständen auf ihren Höfen gehalten werden sollten, allein schon in Anbetracht der Arbeitsmarktlage. Darüber hinaus sollten Sie, mehr oder weniger aufgrund Ihrer fehlgegangenen Verhandlungen, endlich die Konsequenzen ziehen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.57

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen, vor allem Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Ich würde Ihnen nie den Vorwurf machen, daß Sie die Geschäftsordnung mißbräuchlich verwenden oder beugen. Solche Worte sind, denke ich, heute schon da oder dort gefallen. Es ist legitim, daß Sie eine Dringliche Anfrage machen. Es ist, wie Sie festgestellt haben, durchaus richtig, daß das eine aktuelle Situation ist. Warum also sollen wir das nicht im Parlament diskutieren?

Aber eines verblüfft mich trotzdem: Von Ihrer Anfrage hätte ich mir ein etwas höheres Niveau erwartet. Wenn ich mir den Text anschaue, sehe ich, daß er sich wie der Auszug aus dem Sachregister liest. Wenn es Ihnen mit der Zukunft der Bauern und der ländlichen Entwicklung ernst ist, dann sollten Sie – das hätte ich mir erwartet – im Vorspann oder im Text Ihrer Anfrage so etwas wie einen Befund abgeben, einen Befund aus Ihrer Sicht darüber, wie sich die Situation in den letzten zehn Jahren entwickelt hat. Wie hat sich die Situation entwickelt, seit wir in der EU sind? Sind Ihre vollmundigen Versprechungen beim Beitritt zur EU eingehalten worden oder nicht? Haben Sie Ihre Vorschläge wirklich in Brüssel deponieren können, und sind diese auch entsprechend beachtet worden?

Aber nichts dergleichen läßt sich finden, nicht einmal ein Befund über die letzten Jahre, seit wir in der EU sind, geschweige denn ein Befund über die ländliche und bäuerliche Entwicklung überhaupt. Statt dessen liegt so etwas wie ein Auszug aus dem Sachregister vor, und zwar über das, was beschlossen worden ist, und das, was jetzt Verhandlungsgegenstand ist. Dem wird dann als Clou die Frage aufgesetzt: Wie sieht das Ergebnis "im Detail" aus? – Nämlich das, was Sie vorweg bereits dargestellt haben!

Das entlarvt Ihre Anfrage. Es geht Ihnen offensichtlich nicht um das Ergebnis. Es geht Ihnen offensichtlich überhaupt nicht darum, das zu diskutieren, sondern darum, die Gunst der Stunde zu nutzen. Auch das ist legitim, das möchte ich Ihnen nicht absprechen. Nur ist das ein sehr niedriges Niveau, Herr Kollege Schwarzböck!

Dabei fällt mir nur auf ... (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger.) Was mir hinsichtlich Ihrer Stellungnahmen, Herr Kollege Schwarzenberger, am 11. März auch aufgefallen ist, ist folgendes: Es muß Interessenvertretern einmal gelingen, daß sie ein Verhandlungsergebnis, das voll zu Lasten jener Bevölkerungsgruppe geht, die sie vertreten, in Presseaussendungen geradezu euphorisch begrüßen, nämlich mit noch mehr Euphorie und Begeisterung als der Minister. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Üblicherweise ist es so, daß Interessenvertreter eher etwas kritisch betrachten, vielleicht sogar ein wenig kritischer als der Minister, der das verhandeln mußte. Aber daß Sie das geradezu euphorisch begrüßen, wundert mich. Herr Kollege Schwarzböck, Sie haben damals am 11. März gesagt: Es ist alles erfüllt worden, wofür die österreichischen Bauern seit Jahren kämpfen. (Abg. Schwarzböck: Sie müssen ein dumpfes Gefühl haben! ...! Das ist eine Unterstellung!) – Das ist ja ein Witz! Das wissen Sie genausogut wie wir. Sie wissen sogar noch viel besser als wir, daß das ein Witz ist, was Sie am 11. März verkündet haben. Da hat ja sogar der Minister, den Sie eigentlich hier ... (Abg. Schwarzböck: Woher haben Sie das Zitat? Das ist eine klare Unterstellung! Das ist unwahr! Was zitieren Sie hier? – Abg. Dr. Khol: Was zitieren Sie? Sagen Sie uns das!) – Ihre Presseaussendung vom 11. März.

Ihr eigener Minister hat das Ergebnis noch weitaus distanzierter betrachtet. Er hat selbst zu diesem Thema folgendes gesagt – das ist in der Zeitung nachzulesen –: Es ist eine schwierige Situation für die Bauern. (Abg. Schwarzenberger: Wir waren nicht euphorisch! Die Presseaussendung war nicht euphorisch!) – Auch das ist zwar eine müde Erklärung zu diesem Ergebnis der Agenda 2000, aber Ihre Erklärung als Interessenvertreter der Bauern schlägt wirklich alles. Ihre beiden Haltungen, Ihre beiden Meinungen, die Sie in der Öffentlichkeit wiedergegeben haben, schlagen alles. Und ähnlich ist ja diese heutige Debatte verlaufen.

Ich kann Ihnen das auch an zwei Beispielen aufzeigen. Es gab vor Abschluß der Beratungen über die Agenda eine Hauptausschußsitzung, und zwar zum Bereich Landwirtschaft. Minister Molterer hat damals zwei Punkte erwähnt, die ihm in diesen Beratungen besonders wichtig waren, um diese zum Abschluß zu bringen. Dabei handelte es sich um die betriebsbezogene Modulation und die ländliche Entwicklung.

Schauen Sie sich an, was jetzt daraus geworden ist! (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger.) Erstgenannte gibt es nicht mehr, zweitgenannte spielt nach Ihrer Aussage jetzt eine "Schlüsselrolle". Dabei nennen Sie Maßnahmen, die es immer schon gegeben hat, aber früher waren diese eher im Bereich des Strukturfonds angesiedelt. (Abg. Schwarzenberger: Dann kennen Sie sich in der EU nicht aus!) Das würde mich ja nicht stören, wenn Sie Maßnahmen, die es schon gegeben hat, jetzt unter dem Stichwort "ländliche Entwicklung" zusammenbündeln. Darin bin ich ja mit Ihnen einer Meinung, daß wir ein Schwergewicht auf die ländliche Entwicklung legen sollten. Keine Frage! Das haben wir auch im Hauptausschuß gesagt. (Abg. Schwarzenberger: ... nur in 5b-Gebieten!) Darin unterstützen wir Sie, da sollten wir viel mehr tun!

Aber schauen Sie sich folgendes an: 10 bis 15 Prozent des Agrarbudgets macht Ihre zweite Säule aus, Ihre "Schlüsselrolle", wie Sie das genannt haben. 10 bis 15 Prozent! Finden sie das nicht erbärmlich angesichts der Tatsache, daß der Herr Minister vorher gesagt hat, das seien seine zwei Anliegen, die er unbedingt weiterbringen wolle? Das sind zwei Anliegen, die uns Österreichern wichtig sind, hat er gesagt.

Ich frage mich nur eines, Kollege Schwarzböck, Kollege Schwarzenberger: Wo ist denn der österreichische Einfluß bei diesem Ergebnis? Wo ist dieser Einfluß, von dem Sie gesprochen haben? Wissen Sie, wo ich den sehe? – Ich sehe ihn schon in zwei Bereichen, aber diese haben Sie nicht gemeint und nicht zitiert. Das ist nämlich genau dort, wo es um die Obergrenzen der Förderungen beziehungsweise um die Streichung der Silomais-Prämie gegangen ist. Da haben Sie Ihren Einfluß geltend gemacht, aber in einem negativen Sinn – nämlich in dem Sinn, daß er genau jenen Bauern schadet, die Sie in Österreich zu vertreten hätten. Und das sind nicht die großen Bauern, das sind nicht die Agrarindustrien, wie Sie wissen, sondern das sind eher die mittleren und kleinstrukturierten Bauernhöfe, die wir in Österreich haben.

Die Ergebnisse, die wir heute auf dem Tisch haben und die jetzt in Berlin in die Endverhandlung kommen – und das wissen Sie auch –, sind desaströs für die österreichischen Bauern und für die Struktur, die wir in Österreich haben. Ich frage mich, und ich frage Sie: Was haben Sie da vertreten? Und was vertreten Sie eigentlich, wenn Sie hier beim Rednerpult stehen und eine Dringliche Anfrage einbringen? – Wirklich nicht die österreichischen Bauern! Das ist das Resümee, das ich ziehen kann. (Abg. Zweytick: Fragen Sie den Joschka Fischer! ...!)

Ein Punkt, den Sie gerne anführen und auch der Minister gerne anführt, ist die Ökologisierung. Die Umweltmaßnahmen, die umweltbezogenen Förderungen wurden größtenteils in den Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten verlagert. Was bedeutet das? Schauen wir uns das an! Sie haben versprochen, Österreich werde sozusagen ein Delikatessenladen in der EU werden, wir würden besonders feine und besonders ökologische Produkte herstellen. (Abg. Schwarzenberger: Das machen wir auch schon! Wir haben eine Vielfalt von Produkten!)

Was bedeutet es denn, wenn die Agenda jetzt beschlossen wird? – Das bedeutet einen immensen Preisdruck, das bedeutet ein Hinunterlizitieren der ökologischen Auflagen in einer Wettbewerbssituation, und das bedeutet vor allem, daß Sie europaweit keine Mindeststandards haben. Sie haben keine tatsächlich nachprüfbaren Mindeststandards. Das ist besonders bedenklich im Zusammenhang mit der Osterweiterung, da dieses Thema heute schon gefallen ist. Denn hinsichtlich des Agrarpaketes im Zuge der Osterweiterung wäre es in diesem einen Punkt – es gäbe ja viele – ganz wichtig und notwendig gewesen, zu tatsächlich überprüfbaren Mindeststandards zu kommen. Ansonsten können Sie sich Ihre Aussagen über Ökologisierung und umweltbezogene Förderungen, ich weiß nicht, wohin schreiben. Aber bitte tun Sie sie nicht dem Wählervolk kund, denn es stimmt einfach nicht, was Sie da sagen und behaupten! (Beifall bei den Grünen.)

Der einzige Weg, den Sie an und für sich richtigerweise eingeschlagen haben, ist und bleibt das, was Minister Molterer in der Sitzung des Hauptausschusses gesagt hat, was Sie aber nicht durchziehen konnten. Der einzig richtige Weg ist, die betriebsbezogene Modulation, den sozialen Faktor, einzuführen und die ländliche Entwicklung zu stärken – aber nicht mit nur 10 bis 15 Prozent des Budgets, sondern mit einer ganz klaren Ökologisierung hinsichtlich der Mindeststandards. Dann können wir über ein Agrarbudget reden. Das aber, was Sie hier vorgelegt haben, Herr Minister, was Sie als Vertreter der Bauern begrüßen, ist erbärmlich! (Beifall bei den Grünen.)

17.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte.

17.07

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man dieser Debatte folgt, hat man den Eindruck, es wird von zwei gänzlich unterschiedlichen Ausgangspositionen oder auch Wahrnehmungen aus argumentiert. Auf der einen Seite gibt es die Einschätzung, die Verhandlungen über die Agenda 2000 sind gut ausgegangen. Das erwartete oder befürchtete Katastrophenszenario für die österreichischen Bauern ist nicht eingetreten. Minister Molterer als der zweite Held von Brüssel hat irgendwie das Schlimmste für die österreichischen Bauern verhindert. Auf der anderen Seite aber gibt es Wahrnehmungen folgenden Inhalts: Alles falsch! In Wirklichkeit hat das massivste Auswirkungen auf die österreichische Landwirtschaft und auf die österreichischen Bauern, nämlich forciertes Bauernsterben, massive Einkommensverluste und so weiter.

Da diese beiden Einschätzungen so weit auseinanderliegen, hat man fast den Eindruck, es wird nicht auf Basis desselben Ergebnisses diskutiert und argumentiert, sondern es wird eher auf Basis einer politischen Wunschvorstellung argumentiert: Den einen wäre es recht, einen Verhandlungserfolg zu verkaufen, den anderen wäre es recht darzustellen, daß der Minister in Wirklichkeit die Bauern verraten hat. – Und in jedem Fall steht letztendlich eine politische Zielsetzung dahinter und nicht eine Bewertung dessen, was tatsächlich vorliegt. Denn in Wirklichkeit kann man die Agenda 2000 im Agrarbereich nach verschiedensten Kriterien einschätzen.

Kriterium Nummer eins: Wenn man fragt, was das für die österreichischen Bauern bedeutet, muß man auch fragen, ob die Reform so gravierend ist, wie sie dargestellt wurde. Mehrere Redner haben ausgeführt, die Reform sei nicht gravierend, manche haben sogar gemeint, das sei überhaupt keine Reform. – Ich würde also sagen, man kann in verschiedenen Bereichen Reformen feststellen, aber in großen Bereichen ist die Agenda 2000 die Fortsetzung dessen, was bereits bisher in der EU-Agrarpolitik vorhanden war.

Wenn man das Ganze jetzt von der Seite her einschätzt, was das kostet, kann man feststellen, daß der Kompromiß, den die Agrarminister geschlossen haben, um 7 Milliarden Euro mehr als das Ziel der realen Ausgabenstabilisierung und auch mehr als der ursprüngliche Kommissionsvorschlag kostet.

Jetzt stellt sich mir die Frage: Was bedeuten diese 7 Milliarden Euro mehr? Bedeuten sie, daß die österreichischen Bauern jetzt besser aussteigen, als das bisher der Fall war? – Dafür habe ich kein Argument gehört. Bedeutet das, daß sich der Steuerzahler Geld ersparen würde? – Das wird wohl niemand behaupten mögen. Wer bekommt aber diese zusätzlichen 7 Milliarden Euro, die über dem Ziel der realen Ausgabenstabilisierung liegen? – Wenn die Struktur der Agrarpolitik nicht geändert wurde, heißt das, daß von diesen zusätzlichen 7 Milliarden Euro offensichtlich die großorientierten Agrarproduktionen in Europa den Löwenanteil bekommen werden. (Zwischenruf des Abg. Schwarzböck.) Bitte? (Abg. Schwarzenberger: Und das verlangt die SPD ... in Europa!)

Da muß man auch dazusagen, wieso das so verhandelt wurde. Es gibt ganz offensichtlich in Deutschland – und nicht nur dort – eine agrarische Struktur in den neuen Bundesländern mit den riesigen LPGs, die natürlich in Vertretung deutscher Interessen versuchen, das Maximum für ihre Betriebe herauszuholen. Da muß man aber klar sagen: Das ist nicht unsere Lesart, denn unsere österreichische Lesart ist aufgrund der Struktur der Landwirtschaft eine andere.

Aber, Herr Kollege Schwarzböck: Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß das 7 Milliarden Euro mehr kostet, offensichtlich bringt es jedoch uns beziehungsweise den kleineren Bauern nicht mehr. (Abg. Schwarzböck: Selbstverständlich!) Das heißt, das Geld fließt unserer Auffassung nach in die falschen Kanäle. Da muß man sich schon die Frage stellen: Welche Möglichkeiten hat denn nun der Berliner Gipfel, um mit diesem Problem umzugehen? – Es gibt im wesentlichen zwei Möglichkeiten. Man sagt, man akzeptiert diese 7 Milliarden Euro an Mehrausgaben. Dann gibt es wiederum zwei Möglichkeiten: Entweder man erhöht einfach den Bruttobeitrag, das heißt, die einzelnen Mitgliedstaaten zahlen mehr ein, um diese zusätzlichen 7 Milliarden Euro finanzieren zu können – das würde heißen, mehr Geld des Steuerzahlers nach Brüssel –, oder, wenn man diesen Betrag von 7 Milliarden so akzeptiert, daß man in anderen Ausgabentöpfen der Europäischen Union einspart, so zum Beispiel bei den Regionalfonds, in der Forschung, in der Wissenschaft, in anderen Bereichen. Und da muß man sich eben die Frage stellen: Will man das?

Man kann aber auch sagen: Naja, diesen Betrag von 7 Milliarden Euro haben jetzt einmal die Landwirtschaftsminister festgesetzt, wir wollen das aber nicht. – Dann gibt es mehrere Möglichkeiten, wie man damit umgehen kann. Die Franzosen fordern ein Aufschnüren des Paketes. Das wäre, so glaube ich, innerhalb von zwei Tagen relativ schwer bewältigbar. Ein weiterer Vorschlag geht in Richtung zeitlicher Degression, das heißt, daß diese Maßnahmen ab einem bestimmten Zeitpunkt auslaufen und diese 7 Milliarden nicht schlagend werden. Da stellt sich natürlich auch die Frage: Welche Auswirkungen hätte eine solche Regelung in erster Linie für die österreichische Landwirtschaft?

Was ich damit verdeutlichen will, ist, daß das, was dabei herauskommt – und das ist auch eine Debatte, die wir führen müssen –, folgendes ist: Es gibt Länder, die überproportional vom Agrarhaushalt der Europäischen Union profitieren – unter anderem Frankreich, unter anderem Dänemark. Was für uns Österreicher schwer erträglich ist, ist, daß wir uns dazu bekennen, daß es in der Europäischen Union Solidarität geben soll, nämlich dahin gehend, daß die reicheren Länder ärmeren eine Unterstützung bieten. Wenn wir aber dieses Prinzip haben, so ist es für uns kaum zu "derpacken" und kaum zu akzeptieren, daß Länder, die ebenso reich wie Frankreich sind, oder Länder, die noch reicher sind als Österreich, nämlich Dänemark, durch diese Dotierung weiterhin Nettoempfänger der Europäischen Union sein werden. (Abg. Aumayr: Das haben Sie aber beschlossen!) Ich glaube, das ist die Grundcrux, die hinter dieser Agenda 2000 steht, daß nämlich Finanzstrukturen, die in Europa demokratisch schwer akzeptabel sind, durch diese Agenda perpetuiert werden. (Abg. Aumayr: Sie haben es beschlossen! – Abg. Dr. Ofner: Ich habe immer geglaubt, du bist Außenminister! Jetzt wirst du Landwirtschaftsminister!) – Das hat nicht nur mit Landwirtschaft zu tun.

Nächster Punkt: Wieso ist die Agenda überhaupt gemacht worden? (Abg. Aumayr – in Anspielung auf die englische Aussprache des Redners beim Wort "Agenda" –: Wieso sagst du immer "Ätschenda"?) Es hat letztendlich zwei Begründungen gegeben. Die eine Begründung war, man müsse die Europäische Union auf die Osterweiterung vorbereiten. – Dazu stelle ich fest, daß in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" heute folgendes zu lesen ist: Das eigentlich Ziel des Reformpakets, die Vorbereitung der Gemeinschaft auf die Osterweiterung, spielt im Streit über Budgetarithmetik und Nettosalden nur noch eine Nebenrolle. – Zitatende.

Das heißt, in Wirklichkeit wurde mit der Form der Diskussion über die Agenda das große historische Projekt Osterweiterung zumindest einmal für einen längeren Zeitraum verschoben, weil es mit diesen Vorgaben relativ schwer erreichbar sein wird.

Zweite Zielsetzung: Man wollte für die WTO-Verhandlungen gewappnet sein, um in den gesamten Debatten über die Weltwirtschaft dementsprechend besser dazustehen. Ich habe erhebliche Zweifel daran, daß das, was von den Landwirtschaftsministern ausgehandelt wurde, bei der nächsten WTO-Runde bestehen kann.

Ich sage noch dazu, man soll nicht geringschätzen, in welchem Ausmaß sich die Auseinandersetzungen in handels- und industriepolitischen Konflikten zwischen den USA und Europa verschärfen. Ich weise nur darauf hin, daß in der Frage des Verbotes der Einfuhr von amerikanischem Hormonrindfleisch – einer vergleichsweisen Bagatelle – die Amerikaner mit Retorsionsmaßnahmen und Strafzöllen antworten, die letztendlich allein für die österreichische Exportwirtschaft rund 900 Millionen Schilling ausmachen. Jetzt möchte ich mir nicht ausmalen, was das, was jetzt in der Agenda steht ... (Abg. Schwarzböck: Wollen wir Hormonfleisch?) – Nein! Ich nehme das als Beispiel dafür, was wir bei der nächsten WTO-Runde auf Basis dieser Vorgaben erwarten können, wenn bereits bei einer solchen vergleichsweisen Bagatelle die Retorsionsmaßnahmen so scharf sind.

Daher zusammenfassend: Ich sehe diese legitimen Interessen völlig ein, es stellt sich jedoch schon die Frage, ob es, wenn man die Agenda WTO-fähig machen würde, nicht intelligentere Lösungen gegeben hätte. Ich bringe dazu ein Beispiel: Wenn man in die Förderung des ländlichen Raumes via Regionalförderungsprogramme mehr Geld investiert hätte, dann wäre diese Art von Förderung, die übrigens in bezug auf die Bauern eine sehr große Treffergenauigkeit hat, viel resistenter gegen eine Auseinandersetzung innerhalb der WTO als die jetzt getroffenen Regelungen. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen. – Abg. Schwarzböck: Von den Sozialdemokraten bekämpft!)

Letzter Satz, Herr Präsident: Wenn sich der österreichische Landwirtschaftsminister, der meiner Auffassung nach in der Endphase der Verhandlungen eine richtige Haltung eingenommen hat, und zwar was die Frage der sozialen Kriterien betrifft, schon etwas früher dazu entschlossen hätte, diesen Weg einzuschlagen, wäre es unter Umständen möglich gewesen, mehr Bündnispartner für dieses Konzept in der Europäischen Union zu gewinnen, als das letztendlich jetzt der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Die Sozialdemokraten sind so schwer umzustimmen!)

17.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Koller. – Bitte.

17.17

Abgeordneter Franz Koller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Agenda 2000, die unter der Federführung von EU-Agrarkommissär Fischler entstand, ist ein Agrarvernichtungskonzept. Jeder dritte Arbeitsplatz am Bauernhof wird verschwinden. Ziel der freiheitlichen Agrarpolitik ist aber die Erhaltung des Arbeitsplatzes Bauernhof. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Das haben Sie vor dem EU-Beitritt auch gesagt: In drei Jahren wird es keine Bergbauern mehr geben!) Nur so kann eine flächendeckende Landwirtschaft sichergestellt werden. Die EU-Ost- und Süderweiterung bringt den Bauern weitere massive Preiseinbrüche sowie eine Umverteilung der Strukturmittel vom ländlichen Raum in städtische Ballungszentren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir verlangen, daß Minister Molterer und die Regierung so lange ein Veto gegen diese Erweiterung einlegen, solange der Arbeitsplatz Bauernhof nicht ausreichend gesichert ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Am 31. März 1998 sagten Sie beim Agrarministerrat: Die Preissenkungen schießen bei weitem übers Ziel. Ich muß darauf hinweisen, daß mein Land, die Bauern im Zuge des EU-Beitrittes Preissenkungen zwischen 20 und 50 Prozent hinnehmen mußten. Wir haben diese schwierige Phase nunmehr überwunden. Ich kann Ihnen versichern, daß es mich in eine politisch extrem schwierige Situation bringt, wenn wir nunmehr den Bauern neuerliche Preissenkungen zumuten sollen. Dies ist eine extrem schwierige Situation, die für die politische Stabilität meines Landes eine große Belastung darstellt. Ich muß Sie darauf aufmerksam machen, wir können daher dem vorgeschlagenen radikalen Preissenkungskonzept in dieser Form nicht zustimmen. – Zitatende.

Herr Minister! Diese Rede war heiße Luft. Das Ergebnis kennen wir. Jetzt versuchen Sie, Herr Minister, das Ergebnis schönzureden. Von den neuen Milchquoten profitieren andere EU-Länder. Österreich bekommt eine Strafzahlung von über 500 Millionen Schilling wegen einer Überlieferung der Milchquote aufgebrummt. Italien hat das Kontingent zum Beispiel immer überzogen. Italien hat keine "Superabgabe" bezahlt, wie diese Strafzahlung genannt wird. Und schon im nächsten Jahr bekommen Italien mit 600 000 Tonnen, Spanien mit 550 000 Tonnen, Irland mit 150 000 Tonnen und Griechenland mit 70 000 Tonnen Quotenerhöhungen. Österreich wurde erst ab dem Jahr 2003 eine minimale Aufstockung von 41 200 Tonnen zugestanden. Das ist Ihr Verhandlungsergebnis, Herr Minister! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist ein Skandal!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bedingungen, besonders aber die Einkommenssituation in der heimischen Landwirtschaft werden sich durch diese sogenannte Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik wesentlich verschärfen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wenitsch, Aumayr, Klein, Koller, Dr. Salzl betreffend Renationalisierung der agrarischen Einkommenspolitik

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die österreichischen Vertreter bei den Abschlußverhandlungen zur Agenda 2000 werden aufgefordert, dabei eine Renationalisierung zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Einkommenspolitik bei gleichzeitiger massiver Senkung der österreichischen Beitragszahlungen an die Europäische Union zu erreichen."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Europäische Kommission fördert mit ihren Agrarprogrammen die bäuerliche Seidenraupenzucht, den Tabakanbau, für den sie dann die Werbung verbietet, und den Export von reinrassigen Zuchtkaninchen in den französischen Überseeraum mit immerhin 120 D-Mark pro Tier. Diese "Schmankerln" kann man der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" entnehmen. Und dem ist nichts mehr hinzuzufügen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Herrn Abgeordneten Koller vorgetragene Entschließungsantrag wurde geschäftsordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt, wurde überreicht und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Ich erteile jetzt Herrn Abgeordneten Dr. Salzl das Wort. Sie haben für Ihren Debattenbeitrag noch 6 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

17.22

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer die heutige Debatte verfolgt hat, konnte deutlich sehen, daß diese Dringliche Anfrage der ÖVP ein weiterer Schritt dahin gehend ist, sich aus der Verantwortung für die mißliche Lage der Bauern zu stehlen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter: Ganz das Gegenteil!)

Diese Dringliche, Frau Fekter, ist genauso eine Alibiaktion wie damals, als Ihre Bauernbündler zum Demonstrieren nach Brüssel zum Bauernbündler Fischler gefahren sind. Das hätten Sie viel einfacher haben können. (Abg. Dr. Fekter: Ihr wollt nur polemisieren!) An der Spitze waren Schwarzböck, Schwarzenberger und Co. Glauben Sie mir, Herr Präsident Schwarzböck: Wenn Sie als oberster Bauernvertreter Einkommensverluste von bis zu 20 Prozent hier als "Erfolg" bezeichnen, so ist mir klar, warum unsere Bauern in Österreich einkommensmäßig gerade noch vor den Notstandsbeziehern rangieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ein Zeichen von Realitätsverlust und Realitätsverweigerung, sich hier herzustellen und im Rahmen einer Märchenstunde so zu tun, als ob diese Agenda 2000 etwas Positives für unsere Bauern wäre. Sie negieren einfach eine Studie der Kommission, die besagt, daß die Agenda 2000 bis zum Jahre 2006 Auswirkungen auf die Beschäftigung in ganz gravierendem Maße haben wird. Diese Studie besagt weiters, daß es lediglich dann zu einem bescheidenen Einkommenszuwachs, zu einem Einkommensplus in Höhe von 3 Prozent kommen wird, wenn 2,5 bis 3 Millionen Bauern aufhören und ihre Flächen anderen zur Verfügung stellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Derartige "Zukunftsperspektiven" sind durch eine ÖVP-Regierungsbeteiligung möglich geworden. Bauernvertreter, die diese bedrohliche Situation negieren, die diese massiven Einkommensverluste für unsere Bauern als Verhandlungserfolg preisen, sind Helfershelfer einer Bauernvernichtungspolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Gestatten Sie mir noch ein paar Bemerkungen zu einer weiteren Studie, die ebenfalls vorliegt, weil jetzt soviel von der Stärkung des ländlichen Raumes gesprochen wurde. Dabei handelt es sich um eine Studie über den ländlichen Raum, über die Armut im ländlichen Raum.

In den letzten Jahren – sogar ohne Agenda 2000! – ist die Armut im ländlichen Raum enorm angestiegen, und zwar unter Mithilfe der ÖVP, unter Mithilfe dieser Bundesregierung. In dieser Studie heißt es, daß fast die Hälfte der Armutsgefährdeten in ländlichen Gemeinden mit unter 20 000 Einwohnern lebt. Die Gefährdetenquote für Armut erreicht in Landgemeinden 29 Prozent. Die höchste Gefährdetenquote gibt es im Burgenland mit 29 Prozent, in der Steiermark beträgt sie 25 Prozent und in Niederösterreich 23 Prozent. Weiters heißt es, daß in Österreich, und zwar österreichweit, 30,6 Prozent der bäuerlichen Haushalte armutsgefährdet sind. (Abg. Aumayr: Ein Armutszeugnis für Ihre Politik!) Das ist wohl kein Renommee für diese Bundesregierung und für die Bauernvertreter, die hier im Saal sitzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aus dieser Studie, Herr Schwarzenberger, geht auch eindeutig hervor, daß die Hauptbetroffenen von Armut Frauen sind. Die Armut, insbesondere bei den Frauen, ist in diesen Regionen ein soziales Problem geworden. Fehlende Zukunftsperspektiven führen zu Resignation und Frust. Die Folge davon ist, daß jährlich bis zu 10 000 Bauern aufhören, daß sie aus der Landwirtschaft abwandern. Das sind die Folgen Ihrer Bauernvernichtungspolitik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! In den letzten Jahren wurde unseren Bauern viel an Hoffnung und Zukunftsperspektiven genommen. Ihre Versprechen von einer umfassenden Existenzsicherung für die österreichische Landwirtschaft waren nichts als heiße Luft, wie heute bereits gesagt wurde. Ihr Slogan, Ihr Motto, war anscheinend: versprochen – gebrochen. – Daran haben Sie sich gehalten, aber Sie haben nichts für die Bauern getan. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freiheitlichen werden jedenfalls nicht müde werden, die Diskrepanz zwischen Ihren Sonntagsreden und Ihren tatsächlichen Handlungen aufzuzeigen. Wir werden nicht müde werden, die Bauern darauf hinzuweisen.

Wir Freiheitlichen bekennen uns zu einer existenzabsichernden, flächendeckenden Landwirtschaft in Österreich mit Zukunftsperspektiven für unsere Bauern.

Zum Schluß kommend, möchte ich noch einen Entschließungsantrag einbringen, den Frau Abgeordnete Aumayr bereits in bezug auf die Nebenerwerbslandwirte begründet hat.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wenitsch, Aumayr, Koller betreffend Leistungen nach den AlVG für Nebenerwerbsbauern

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der Leistungen nach dem AlVG für Nebenerwerbsbauern unabhängig vom Einheitswert ihrer Landwirtschaft gewährleistet, wenn Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet wurden."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie können hier zeigen, daß Ihnen die Bauern am Herzen liegen, daß Ihnen die Nebenerwerbsbauern am Herzen liegen, wenn Sie diesem Antrag zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, der soeben verlesen wurde, ist ausreichend unterstützt, wurde überreicht und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Sie haben noch eine Redezeit von 7 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

17.28

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man diese Diskussion verfolgt und zum Beispiel den Redebeitrag des Abgeordneten Gusenbauer ernst nimmt, dann könnte man meinen, er wäre in der Opposition. Herr Gusenbauer! An all dem, was Sie gesagt und zu Recht kritisiert haben, sind Sie und die SPÖ sehr wohl mitbeteiligt. (Beifall bei den Grünen.) Sie sind mit der ÖVP in einer Regierungskoalition! Vergessen Sie das nicht! Ihre Selbstkritik – so habe ich das letztendlich verstanden – war hundertprozentig richtig, und ich hoffe, daß Sie daraus etwas lernen. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen. – Ruf bei den Freiheitlichen: Das glaube ich nicht!)

Herr Minister Molterer! Sie haben am Ende Ihres Debattenbeitrages gesagt, Sie möchten, daß die kleinen bäuerlichen Betriebe erhalten bleiben und Familienbetriebe bleiben. Herr Minister! Dann haben Sie aber vom Mühlviertel Ihren Blick nur nach Wolfern und vielleicht noch in die Welser Heide geworfen.

Aber Sie haben zum Beispiel nicht mehr Ihren Blick ins Mostviertel schweifen lassen, weil Sie wissen, daß es diese Betriebe dort schon längst nicht mehr gibt. Und die ehemaligen Bauern, die kleinen Bauern, die es dort gab, fühlen sich eigentlich schon als "Hobbygärtner", aber nicht mehr als Bauern, weil Sie nicht mehr als Bauern, sondern als "Landschaftspfleger" bezeichnet werden. Bei uns im Mostviertel geht die Diskussion bereits darum, daß man, je mehr Weißwurzen man am Feld stehen läßt, desto eher eine Chance hat, Mittel von der EU zu bekommen. – Das ist sicherlich keine befriedigende Lösung für die Bauern!

So haben zum Beispiel nur jene Bauern im Mostviertel eine realistische Chance, zu überleben, wenn sie bereits in Pension sind. Sie wissen ganz genau, daß es im gesamten Mostviertel kaum Hauserben gibt, daß niemand mehr auf dem Bauernhof bleibt, und zwar deshalb nicht, weil er sich das existentiell nicht mehr leisten kann. (Abg. Steibl: Kollegin Haidlmayr, übertreiben Sie da nicht ein bißchen?)

Die Bauernhäuser dort verfallen, wo immer sie durchfahren, werden Sie sehen: Da stehen halbe Ruinen, weil niemand mehr da ist, der es sich tatsächlich leisten kann, den Hof zu bewirtschaften. Die wenigen Höfe, die übriggeblieben sind, sind Großbetriebe, die die Grundstücke sozusagen abgehauster Bauern zum Nulltarif gepachtet haben; damit werden diese jetzt noch einmal ausgenutzt. – So schaut die Situation im ländlichen Bereich aus!

Das, von dem Sie sprechen, Herr Minister Molterer, betrifft die Situation von Wolfern und jene der Welser Heide, aber das ist niemals die "kleiner" Bauern, die wirklich von ihren eigenen Produkten gelebt haben. Zuerst haben Sie die Bauern vom Lagerhaus, dann vom Maschinenring und dann von der Raiffeisenkassa abhängig gemacht. Und jetzt wollen Sie Ihnen auch noch erklären, daß sie mit der Agenda 2000 überleben können! Sie haben aber keine Überlebenschance mehr, sie haben schon vorher sozusagen abgedankt und ihren Hof aufgegeben. Die Großen haben zugeschlagen, aber diese liegen jetzt wiederum abends im Bett und haben, wenn sie Schweine oder Stiere zu verkaufen haben, den Angstschweiß auf der Stirn, denn sie wissen nie im vorhinein, wie hoch der Schweine- oder der Stierpreis ist und ob sie ihr Zuchtvieh vielleicht nicht teurer eingekauft haben, als sie es letztendlich verkaufen dürfen. Das ist bitte die Situation der österreichischen Bauern!

Machen Sie sich nichts vor: Auch mit der Agenda 2000 wird sich die Situation der Bauern nicht bessern; die Bauern glauben Ihnen das ohnehin schon lange nicht mehr! Was haben Sie Ihnen nicht alles versprochen, als wir der EU beigetreten sind? Damals haben Sie so getan, als ob die Bauern jener Berufsstand werden würde, der den "Feinkostladen Österreich" bedient, aber Sie haben nicht dazugesagt, wer das alles bezahlen soll!

Und jetzt möchten Sie den Bauern – zumindest jenen, die vielleicht noch ein wenig Hoffnung haben – erklären, daß sie mit der Agenda 2000 überleben können. Das können Sie aber nicht! Es wird einige wenige, immer größer werdende Industrie- und landwirtschaftliche Großunternehmen geben, die vielleicht existieren können – die Bauern aber können nicht mehr existieren, und zwar schon länger nicht mehr! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt Herr Abgeordneter Mag. Steindl zu Wort gemeldet. Restliche Redezeit: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.34

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns jetzt zirka zweieinhalb Stunden lang mit der Agenda 2000, einige Stunden vorher mit dem Sozialbericht 1997 beschäftigt. Zwischen diesen beiden Bereichen kann man sehr viele Parallelen ziehen, aber auch Unterschiede aufzeigen.

Es sind – und das muß mit aller Deutlichkeit gesagt werden – folgende gravierende Unterschiede zu den Bauern, zur Landwirtschaft feststellbar: Es gibt bei den Bauern keine 40-Stunden-Woche, es gibt bei den Bauern kein freies Wochenende, und es gibt auch keinen konstanten Monatslohn, den man im Sackerl vorfindet. Die Bauern leisten mehr, als sie müßten, und das sollte auch einmal entsprechend gewürdigt werden! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Peter: Weil die Bauern Unternehmer sind!)

Gerade die Landwirtschaft ist es, durch die der ländliche Raum gestützt, unsere Landschaft entsprechend gepflegt und vor Verödung bewahrt wird. Die Bauern tragen auch zur Gemeinschaftspflege bei, und das, Frau Kollegin Aumayr, muß auch einmal deutlich gesagt werden, da Sie meinen, es sei eine "Frechheit", daß wir uns heute hier mit Anliegen der Bauernschaft beschäftigen. (Abg. Aumayr: Sie beschäftigen sich mit sich selber!) Wir von der ÖVP werden das zu jeder Zeit tun, denn unsere Bauern sind uns ganz einfach so wichtig, daß wir uns über deren Probleme zu jeder Zeit unterhalten. (Beifall bei der ÖVP.) – Daher ist diese Dringliche Anfrage auch gerechtfertigt.

In Richtung SPÖ, Herr Abgeordneter Gusenbauer, sei gesagt: Sie haben das rhetorisch sehr geschickt verpackt, aber Sie kommen nicht aus der Landwirtschaft und kennen daher auch die Probleme der Landwirtschaft nicht. (Abg. Dr. Gusenbauer: Woher nehmen Sie dieses Wissen?) Ich hingegen komme aus der Landwirtschaft, Herr Kollege, und weiß von den tagtäglichen Problemen! (Abg. Dr. Gusenbauer: Ich habe einen sehr agrarischen Wahlkreis!) Ein einziger Satz Ihres Redebeitrages sagt alles, nämlich der, daß das Geld in die "falschen Kanäle" fließe! Wen meinen Sie damit eigentlich? (Abg. Dr. Gusenbauer: Die Großbetriebe!) Meinen Sie damit den "Konsum", die frühere Verstaatlichte mit der VOEST, die Ostförderung der Stadt Wien, oder wen sonst? (Abg. Dr. Gusenbauer: Die Großbetriebe!) – Ich kann nur anmerken: Wie der Schelm denkt, so ist er! (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist heute bereits sehr viel über die Situation der Bauern gesagt worden. Zweifellos ist es unserem Agrarminister Willi Molterer nach einem monatelangen Verhandlungspoker gelungen, endlich eine gewisse Klarheit über die zukünftigen Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft zu schaffen. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.) Fraglos konnten einige Giftzähne gezogen und einige Härten vermieden werden. Selbstverständlich bedarf es nun, wie der Herr Minister in seiner Beantwortung schon gesagt hat, der Anstrengung aller und einer österreichischen Antwort! Wir müssen auf nationaler Ebene die entsprechenden Rahmenbedingungen setzen, dürfen jedoch nicht verkennen, daß in dieser Agrarministerrunde einiges gelungen ist. So ist es zum Beispiel Herrn Minister Molterer zu verdanken, daß es keine Prämiendegression geben wird, und das muß auch einmal deutlich gesagt werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Es war sein taktischer Zug: Hätte er nicht von der österreichischen Situation her das betriebsgrößenbezogene Degressionsmodell hineingebracht, dann hätten wir die Prämiendegression nicht verhindern können. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Es wurde schon sehr viel über Milch, Ackerkulturen und Rindfleisch gesprochen. Ich komme aus einer Weinbaugegend; der Weinbau wurde heute noch nicht erwähnt. Im Weinbaubereich konnten wir uns durchsetzen, und wir Weinbauern, Herr Minister, sind dir dankbar dafür, daß es gelungen ist, sehr vieles auf österreichischer Seite zu retten. Ich denke dabei etwa an die önologischen Verfahren, die nun beibehalten werden können, das ist ganz wichtig für uns und unseren Weinmarkt. Ich denke dabei auch an die Stillegungen, ein Modell, das im Jahre 2003 ausgelaufen wäre. Sehr viele Landwirte in meinem Heimatbezirk wüßten nicht, was sie danach machen sollten. Nun gibt es die Möglichkeit, daß man um weitere fünf Jahre verlängern kann, danach kommen diese Flächen Gott sei Dank in einen Reservefonds, und man kann sich genauestens überlegen, was damit geschehen soll.

Ein weiterer Erfolg: Burgenland wird wieder Ziel-1-Gebiet, das ist für die weitere wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes sehr wichtig. Wir bekommen dadurch auch höhere Förderungen, die wir brauchen, weil wir einen ganz großen Aufholprozeß zu absolvieren haben. Daher sind die Umstrukturierungsmaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft, die zu 50 Prozent gefördert werden – im Burgenland als Ziel-1-Gebiet sogar zu 75 Prozent –, sehr wichtig. Wir brauchen Möglichkeiten, um die Weingärten von schlechten Lagen auf Hanglagen, auf bessere Lagen zu verlegen. Das ist Ihr Verdienst, und das muß auch gesagt werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich kann mit Stolz sagen, daß unsere landwirtschaftlichen Nutzflächen allein im Burgenland zu 80 Prozent über ÖPUL-Programme gefördert werden. Das muß hier auch einmal betont werden. In Richtung der Grünen ist zu sagen, daß wir sehr wohl in all diesen Bereichen, auch bei den Förderungen, Maßnahmen zur Ökologisierung gesetzt haben.

Deshalb meine ich, daß Herr Minister Molterer in diesen Agrarrunden taktisch geschickt verhandelt hat und manches zu unseren Gunsten abwehren konnte. Diese Agenda ist eine Reform, die eine finanzielle Sicherheit für künftige Rahmenbedingungen bringt. Daher können sie mit diesem Paket angenommen werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, jetzt die Plätze einzunehmen, denn wir kommen zur Abstimmung über die eingebrachten Entschließungsanträge.

Wir stimmen zunächst ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Aumayr und Genossen betreffend Einkommensverluste für die Landwirte durch die Agenda 2000 versus großzügige Ruhensgehälter für Kommissare.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Aumayr und Genossen betreffend Verbilligung des Agrardiesels.

Wer für diesen Antrag ist, der möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Ruf bei den Freiheitlichen – in Richtung ÖVP –: Das ist Ihr eigener Antrag!)

Jetzt stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Aumayr und Genossen betreffend Beseitigung von Ungerechtigkeiten der AMA gegenüber Österreichs Bauern.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen betreffend Agenda 2000.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Jetzt stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wenitsch und Genossen betreffend Renationalisierung der agrarischen Einkommenspolitik.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, der möge ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wenitsch und Genossen betreffend Leistungen nach dem AlVG für Nebenerwerbsbauern. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wer hat denn ein Herz für die Nebenerwerbsbauern?)

Wer für diesen Antrag ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Kurze Debatte über Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächstes kommen wir jetzt zur Durchführung einer kurzen Debatte über den Antrag des Abgeordneten Mag. Peter, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 421/A der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen betreffend Novellierung des Urlaubsgesetzes eine Frist bis zum 19. Mai 1999 zu setzen.

Die Abstimmung über diesen Antrag wird nach Schluß der Debatte durchgeführt werden.

Sie kennen die Redezeitbeschränkung: der Erstunterzeichner hat als Antragsteller 10 Minuten zur Verfügung, alle anderen Abgeordneten 5 Minuten. Mitglieder der Regierung sind nicht anwesend, sie sollten sich ebenfalls auf etwa 10 Minuten beschränken.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

17.44

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich darf Ihnen einen guten alten Bekannten vorstellen – einen guten alten Bekannten, den wir am 20. März 1997 hier im Hohen Hause eingebracht haben. Es geht um das Thema Urlaubsaliquotierung.

Herr Feurstein! Eigentlich hat mir die Österreichische Volkspartei vor zwei Jahren Mut dazu gemacht, diesen Antrag wieder einmal einzubringen und zu sehen, ob es nicht doch gelinge, das, was auch die Volkspartei fordert, zumindest in Form eines Antrages im Ausschuß zu plazieren und über eine Fristsetzung eine wirkliche Behandlung dieses Antrages zu erreichen.

Am 11. März 1999 – es dauerte also gar nicht lange – war der Sozialausschuß mit diesem Antrag beschäftigt, er wurde aber leider vertagt. Warum eigentlich? – Wir reden in Österreich richtigerweise von Beschäftigungspolitik, wir reden richtigerweise davon, mehr Möglichkeiten zu schaffen, Menschen zu beschäftigen. Wir haben auch erkannt, daß Arbeitskosten dabei offensichtlich eine große Rolle spielen. Denn anders wäre es nicht erklärbar, daß wir über die Höhe von Lohnnebenkosten debattieren, um dadurch zu günstigeren Arbeitskosten zu kommen, ohne Bruttolöhne senken zu müssen.

Urlaub ist nun einmal eine unbezahlte Ausfallzeit. Ich möchte jedoch gleich feststellen, daß ich die Ansicht des Präsidenten der Wirtschaftskammer nicht teile, der im Februar 1998 gemeint hat, für junge Leute müßten vier Wochen Urlaub genug sein. Diese Ansicht, Frau Reitsamer, teile ich nicht. Ich meine, daß unser Urlaubsrecht, das im europäischen Vergleich zwar im oberen Mittelfeld – aber doch im Mittelfeld – liegt, absolut angepaßt ist, halte aber überhaupt nichts davon, daß man den Urlaub so aufteilt, daß jemand, der sechs Monate in einem Betrieb arbeitet, Anspruch auf – wenn Sie den Samstag dazuzählen – 15 Urlaubstage hat, sobald er jedoch nur einen einzigen Tag länger arbeitet – also sechs Monate und einen Tag –, aus diesem einen Arbeitstag auf einmal Ansprüche auf drei Wochengehälter werden. Sie können das genau ausrechnen!

Daher heißt es selbstverständlich in den Unternehmungen: sechs Monate und keinen Tag länger! Dadurch wird die Beschäftigungsdauer verkürzt und die Arbeitslosigkeit verlängert. Das kann ja so nicht sein! Oder glauben Sie wirklich, Frau Reitsamer, daß es sich ein Unternehmen leisten kann, für den ersten Arbeitstag nach sechs Monaten drei Wochengehälter zu bezahlen?

Lassen Sie mich noch ein weiteres Argument einbringen. Die Summe der Arbeitskosten, die ein Unternehmen insgesamt tragen kann, hängt meiner Auffassung nach von vier Faktoren ab.

Der erste Faktor ist die Nachfrage, also die Kunden. Wieviel Nachfrage kann das Unternehmen auf sich konzentrieren?

Die zweite Frage ist: Wie produktiv kann das Unternehmen sein? Wie produktiv ist es gemeinsam mit seinen Mitarbeitern?

Der dritte Faktor ist: Welche Qualität kann es auf dem Markt anbieten? – Und diese Qualität wird wiederum den Preis bestimmen.

Es gibt also vier Faktoren – externe und interne Faktoren – in einem Unternehmen, die die Gesamtsumme der Arbeitskosten, die ein Unternehmen tragen und dabei trotzdem wirtschaftlich arbeiten kann, offensichtlich begrenzen.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie nun einzelnen Mitarbeitern zum Beispiel über eine falsche Urlaubsaliquotierung hinaus zusätzliche Gehaltsteile geben, üben Sie damit Druck auf jene Mitarbeiter aus, die im Unternehmen verbleiben, und auf deren Bruttolöhne. In aller Bescheidenheit: Das Dukatenscheißerl hat noch niemand erfunden. Also, meine ich, kann es doch sinnvoll sein, den Urlaub insgesamt zu aliquotieren.

Wir gehen in unserem Antrag nur den ersten Schritt, da wir es Ihnen hier im Hohen Hause leichtmachen wollten, zumindest einmal diesen Antrag zu behandeln und ihm im Ausschuß zuzustimmen, und zwar indem wir festgelegt haben, daß es uns zunächst einmal nur um den Urlaub im ersten Jahr geht. Ich bin der Überzeugung, daß selbstverständlich der Urlaub insgesamt zu aliquotieren ist. Aber jener Antrag, den ich Ihnen heute vorstellen darf, dieser gute alte Bekannte vom 20. März 1997, der schon zwei Jahre in den Schubladen der großen Koalition schlummert, bezieht sich wirklich nur auf das erste Jahr, in dem der Mitarbeiter beschäftigt ist.

Meine Damen und Herren! Es ist zwar eine kleine, aber doch eine Lösung. Ich fordere Sie daher auf, zumindest einer Fristsetzung – um mehr geht es heute nicht – zuzustimmen. Wir haben für den Bericht des Sozialausschusses an das Hohe Haus eine Fristsetzung bis zum 19. Mai gewählt. Der Sozialausschuß tagt am 12. Mai. Es spricht also wirklich nichts dagegen, daß Sie einen guten alten Bekannten, einen richtigen Antrag, den insbesondere die Abgeordneten der Volkspartei immer unterstützt haben, den aber auch die Abgeordneten der Sozialdemokratischen Partei letztlich im Sinne ihrer Beschäftigungspolitik – das wurde hier gesagt – unterstützen müssen, einer weiteren Behandlung zuführen, sodaß dieser hoffentlich beschlossen wird. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Reitsamer. Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

17.49

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Peter, da Sie mich mit Ihrem "alten Bekannten" direkt angesprochen haben: Ich habe noch einen "älteren Bekannten", einen wesentlich älteren Bekannten. (Abg. Mag. Peter: Dabei sind Sie jünger als ich!) Lieber Herr Kollege Peter, dieser ist sogar noch älter als ich – und das will etwas heißen! –, nämlich ein Bundesgesetzblatt vom 2. Juni 1921. Hören Sie zu, Sie werden schon merken, worauf ich hinauswill!

Im §17 steht – ich zitiere –: "Hat das Dienstverhältnis ununterbrochen sechs Monate gedauert, so ist dem Angestellten in jedem Jahr ein ununterbrochener Urlaub in der Dauer von mindestens zwei Wochen zu gewähren." – Zitatende. Der Urlaubsanspruch hat sich nur von seiner Länge her verbessert!

Gehen wir weiter in der Reihe der "alten Bekannten", die ich noch ausgegraben habe! Es gibt einen Kommentar von Dr. Pigler mit dem Titel "Aus dem geltenden Arbeitsrecht", und zwar vom April 1952.

In diesem steht unter der Überschrift "Erstmaliger Urlaubsanspruch" – ich zitiere –: "Der erstmalige Anspruch auf Urlaub entsteht nach einer ununterbrochenen Dienstzeit von 6 Monaten. In den folgenden Dienstjahren hingegen entsteht der Urlaubsanspruch sofort mit Beginn des jeweiligen Dienstjahres." – Zitatende.

Alles klar! Aber angesichts dessen, was im Jahre 1921 auf dieser Welt los war – wir haben ja alle Geschichte gelernt –, was im Jahre 1952 los war, wage ich zu behaupten, daß es damals allen viel schlechter gegangen ist, und zwar den Arbeitgebern ebenso wie den Arbeitnehmern. Damals hat man das aber nicht bestritten. Jetzt haben wir zwar auch einige wenige Probleme, es geht uns aber allen noch sehr gut. Und was wird gemacht, was ist sozusagen die bewährte Masche? – Es soll bei den Dienstnehmern wieder einmal etwas gekürzt werden, und zwar mit der Ausrede, daß das Arbeitsplätze sichern wird, und und und. (Abg. Mag. Peter: Beschäftigung ermöglichen!)

Herr Kollege Peter, so kann es nicht gehen! Ich lehne Ihren Antrag inhaltlich ab, werde auch keiner Fristsetzung zustimmen, und meine Fraktion trägt das mit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Peter: Also Beschäftigung verhindern!)

17.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Feurstein, Sie sind der nächste Redner. 5 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.51

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Peter, wären Sie vor 14 Tagen im Sozialausschuß gewesen, so hätten wir uns diese Debatte hier ersparen können, denn dort haben wir Gedanken und Überlegungen zu diesem Antrag ausgetauscht. Sie waren aber leider nicht anwesend. (Abg. Mag. Peter: Es war Herr Volker Kier dort, er ist unser Mandatar im Sozialausschuß!)

Ich kann das aber für Sie wiederholen: Wir haben, wie Sie wissen, im Jahre 1993 für 1994 eine Aliquotierung des Urlaubes für die ersten sechs Monate beschlossen. Für die ersten sechs Monate eines Dienstverhältnisses gilt die Aliquotierung. Das ist damals allerdings nicht so gemacht worden, daß man einseitig einen Antrag eingebracht hat. Das wurde in ein Gesamtpaket von Änderungen im Arbeits- und Sozialrecht gepackt.

Ich erkläre Ihnen daher ganz klar: Wir sind dagegen, daß man durch einseitige Maßnahmen, durch Veränderungen neue Belastungen für Arbeitgeber beziehungsweise für Arbeitnehmer schafft. Wir haben daher auch einen umfassenden neuen Antrag eingebracht, aus dem Sie ja zitiert haben, einen Antrag, der die gesamte Abfertigungssituation verbessern helfen soll. Ich hoffe, daß Sie diesem Antrag, wenn er zur Beschlußfassung hier im Hohen Hause steht, zustimmen werden.

Ich darf Ihnen weiters mitteilen, daß die Gespräche über beide Anträge zur Neuregelung der Abfertigung, also sowohl über den SPÖ- als auch über den ÖVP-Antrag, bereits begonnen haben. Wir werden in diesem Zusammenhang die notwendigen Expertengespräche und Expertenuntersuchungen durchführen lassen müssen. Ich bin überzeugt davon, daß in absehbarer Zeit eine Lösung dieser Gesamtproblematik herbeigeführt werden kann. Das heißt, daß wir einen weiteren Schritt zu einer Erneuerung des Arbeitsrechtes setzen können. Ich hoffe, daß das sehr bald der Fall sein wird. Und dann wird natürlich auch diese Frage, die Sie angeschnitten haben, mitbehandelt.

Ich bin jedoch dagegen, einseitig Maßnahmen zu setzen, die jetzt einmal nur zu Lasten der Arbeitnehmer gehen würden. Ich bin der Meinung, wir müssen das gesamthaft sehen. Aus diesem Grunde bin ich auch gegen diesen Fristsetzungsantrag und kann Ihrem Vorschlag, Ihrer Anregung in diesem Fall in keiner Weise beitreten. (Beifall bei der ÖVP.)

17.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haller. Gleichfalls 5 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.54

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wie wir bereits vernommen haben, geht es bei diesem Fristsetzungsantrag der Liberalen um eine Novellierung des Urlaubsrechtes. Man muß einmal vorausschicken, daß die österreichischen Arbeitnehmer insgesamt gesehen eine sehr großzügige Urlaubsregelung in Anspruch nehmen können, eine der großzügigsten in Europa. Das steht ihnen auch zu, und ich glaube, daran will wirklich niemand in diesem Hohen Hause rütteln.

Im Gegenzug dazu muß man allerdings auch beachten, daß eine solche großzügige Urlaubsregelung natürlich Auswirkungen auf die Lohnnebenkosten hat, die wir hier fast alle als zu hoch betrachten.

Es ist auch Tatsache – Herr Kollege Feurstein, darin gebe ich Ihnen recht –, daß sich das geltende Urlaubsrecht im großen und ganzen bewährt hat. Es gibt jedoch Teilbereiche, und zwar gerade dort, wo es starke saisonale Schwankungen gibt – da hat Kollege Peter vollkommen recht –, in denen es auch Kritikpunkte gibt, wobei die Wirtschaft nach unserem Dafürhalten einfach zu stark und ungerecht belastet wird.

Wir Freiheitlichen haben bereits im Jahre 1993 einen diesbezüglichen Antrag eingebracht, der über den nun vorliegenden Antrag Peter hinausgeht. Wir wollten diese aliquote Regelung nicht nur im ersten Jahr haben, sondern insgesamt eine aliquote Urlaubsregelung: vom ersten Tag des Dienstantrittes an fortlaufend. Das würde ja auch – Herr Kollege Feurstein, das bitte ich schon zu bedenken – eine Verwaltungsvereinfachung bedeuten, und das wäre nicht zum Nachteil der Arbeitnehmer, wie Kollegin Reitsamer hier behauptet hat.

Wenn nämlich aus einem Arbeitsverhältnis von sechs Monaten und einem Tag ein Urlaubsanspruch von einem Jahr besteht, so ist das zwar die derzeit geltende Gesetzeslage, aber doch eigentlich durch keine Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gerechtfertigt. Es schlägt sich doch nur auf die Lohnnebenkosten.

Deshalb sind wir Freiheitlichen absolut der Meinung, daß der Antrag Peter gerechtfertigt ist, vor allem deshalb, weil man über diese Situation reden, sich Gedanken darüber machen muß, da ja auch immer die hohen Lohnnebenkosten, die wir in Österreich haben, zur Diskussion stehen.

Betrachten Sie bitte diesen Fristsetzungsantrag, dem wir natürlich zustimmen werden, nicht nur als Prinzip, sondern eben auch inhaltlich als Aufforderung, und zwar als dringende Aufforderung der beiden Oppositionsparteien, daß in diesem Bereich etwas weitergehen muß! Betreiben Sie nicht immer diese Verzögerungstaktik, die in dieser Regierung gang und gäbe ist, nämlich Lösungen von Problemen über die Nationalratswahlen hinauszuschieben und erst danach vielleicht etwas zu machen!

Überlegen Sie es sich! Ich würde Sie wirklich ersuchen, diesem Fristsetzungsantrag zuzustimmen, weil er absolut ein Schritt in die richtige Richtung ist. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Peter.)

17.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich noch Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. 5 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.58

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mir richtig gut vorstellen, wie dem Kollegen Peter seine eigene Rede auch geschmerzt haben muß, denn er als Hotel- und Tourismusmanager lebt ja davon, daß die Leute entsprechende Freizeit haben und diese Freizeit wahrscheinlich nicht nur im "Weissen Rössl", sondern auch in anderen Hotels, im Gastgewerbe, im Tourismus insgesamt konsumieren. – Das ist die eine Seite. Diese hat Kollege Peter jetzt zwar nicht dargestellt, es ist aber auch eine legitime Seite, von der das Ganze, die Urlaubsthematik insgesamt, betrachtet werden kann.

Die zweite Seite, die Kollege Peter sehr wohl dargestellt hat, ist sozusagen die Sicht des Unternehmens, der betriebswirtschaftliche Blick. Und ich halte einen solchen durchaus für legitim, glaube aber, daß es nicht nur die Goldmünze oder der Dukaten ist, den Kollege Peter hier bildlich angeführt hat, sondern daß das Ding noch mehr Seiten hat: Diese Goldmünzen funkeln alle für sich genommen zwar wunderbar, aber wenn man sich das genau anschaut, merkt man, daß es auch noch andere Seiten gibt.

Die dritte Seite nämlich wäre bei einer Betrachtung der Urlaubsthematik die gesamtwirtschaftliche: Arbeitszeit, Beschäftigungsproblematik. So, wie Kollege Peter das von der betriebswirtschaftlichen Seite, von den Kostenauswirkungen für den einzelnen Betrieb betrachtet, hat der Urlaub natürlich auch noch eine andere Seite, nämlich die Auswirkung auf die Arbeitszeit insgesamt. Längerer Urlaub heißt auch Verkürzung der Arbeitszeit, und es ist eine völlig legitime Sache, das auch von daher zu sehen. Dabei geht es um Jahresarbeitszeit, wobei der beschäftigungswirksame Effekt dieser Verlängerung eines Jahresurlaubes durchaus nicht unbeträchtlich ist.

Die vierte Seite des Ganzen wäre, sich folgendes anzuschauen – und das ist im bestehenden Urlaubsrecht eigentlich sehr klar geregelt –: Der Urlaub hat ja auch eine regenerative Funktion, das heißt, er soll der Erholung dienen. Und damit bin ich bei dem Punkt, bei dem ich sage, ich teile zwar die einseitige Argumentation des Kollegen Peter nicht, aber wenn man sich die Urlaubspraxis in Österreich anschaut und mit dem Urlaubsrecht vergleicht, dann erkennt man sehr schnell, daß das nicht zusammenpaßt, denn das Konsumieren von einzelnen Urlaubstagen ist nicht möglich. Es ist aber sehr wohl die Regel, weil viele Beschäftigte – nicht nur, weil sie sich nicht trauen, Pflegeurlaub zu nehmen, oder weil sie ihn schon konsumiert haben, oder aber weil es andere Gründe als die Pflege gibt – schnell einmal einen Urlaubstag brauchen und auch erhalten. An diesem Punkt also stimmt die sehr häufige Urlaubspraxis mit dem Urlaubsrecht gar nicht mehr überein.

Jetzt könnte man hergehen, sich die Betriebe ansehen und könnte unter Umständen feststellen, daß die einzelnen Beschäftigten ihren Urlaub nur mehr in Form von einzelnen Urlaubstagen konsumieren – für die Zwickeltage und so weiter –, und so auch zu einem Urlaub kommen. Man könnte zum Beispiel auch sagen, das Konsumieren in einzelnen Urlaubstagen, so wie das Urlaubsrecht es vorschreibt, ist verboten. Man könnte aber auch gegenteilige Konsequenzen ziehen.

Was ich damit sagen will, ist folgendes: Die Sache mit dem Urlaub ist nicht so einfach, das Recht entspricht nicht der tatsächlichen Praxis in den Betrieben, und es gibt viel mehr Dinge, die man sich bei einer Betrachtung der Urlaubsthematik genauer anschauen müßte, unter anderem auch – ich erwähne das, weil Sie, Herr Kollege Feurstein, das vorgebracht haben – die Interessen der Arbeitnehmer und die Interessen der Arbeitgeber.

Unter anderem könnte ein Fortschritt im Urlaubsrecht auch darin bestehen, daß die Dauer des Mindesturlaubs pro Jahr auf sechs Wochen ausgeweitet und gleichzeitig auf der anderen Seite eine Regelung getroffen wird, die in Richtung des Vorschlages des Kollegen Peter geht. Darüber sollte man nachdenken, darüber sollte man diskutieren! Das allein ist zwar auch noch zu wenig, weil es eben noch viele andere Facetten in der Urlaubsthematik gibt, aber ich halte es für richtig und wichtig, darüber zu reden und nicht so zu tun, als ob beim bestehenden Urlaubsrecht und bei der bestehenden Urlaubspraxis alles passen würde. (Abg. Dr. Feurstein: Das habe ich nicht gesagt!)

Was wir einfordern, ist auch die gesamtwirtschaftliche Sicht, die Sicht auf die Beschäftigung – und zwar nicht nur die des einzelnen Arbeitgebers, die ja sozusagen ihren Widerspruch durch den Tourismusmanager erfährt, der etwas anderes will – und auf die vielen anderen Facetten. Ich denke, es wäre eine spannende Debatte, die wir um den Urlaub führen könnten und müßten. Wir sollten sie führen, daher stimmen wir der Fristsetzung zu. (Beifall bei den Grünen.)

18.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen. Wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Antrag, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 421/A der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen betreffend Novellierung des Urlaubsgesetzes eine Frist bis 19. Mai 1999 zu setzen.

Wer für diesen Antrag ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 7 und 8 der Tagesordnung wieder auf.

Als nächstem Redner zu diesen Punkten erteile ich Herrn Abgeordnetem Dr. Krüger das Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.04

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Interesse an einer starken Anwaltschaft müßte erheblich sein, denn wir wissen aus den Beobachtungen, daß der Grad und die Reife einer Demokratie durchaus parallel mit der Stärke der Anwaltschaft in einem Land läuft.

Das heißt mit anderen Worten: Dort, wo die Demokratie unterentwickelt ist oder gar eine diktatorische Staatsform besteht, gibt es traditionellerweise auch einen schwachen Stand der Anwaltschaft. In jenen Demokratien hingegen, die über eine ausgeprägte Reife verfügen, ist die Rechtsanwaltschaft stark präsent und vertreten. Das heißt, es müßte im Interesse des Gesetzgebers liegen, daß eine starke Anwaltschaft auch in Österreich ihre Existenzberechtigung hat.

Mit der Änderung der Rechtsanwaltsordnung, die heute zur Beschlußfassung ansteht, wird diesem Erfordernis nur zum Teil Rechnung getragen. Insgesamt – das hat mein Kollege Graf schon ausgeführt – ist es leider nur bei einem kleinen Schritt in Richtung Öffnung, in Richtung Modernisierung geblieben. Von einem großen Wurf kann nicht die Rede sein.

Es geht zum Beispiel um eine Öffnung der sehr rigiden Werbebeschränkungen. Das, was etwa der Präsident der Anwaltskammer, Hoffmann, an die Frau Vorsitzende des Justizausschusses schreibt, ist nicht wahr. Er schreibt, es gibt ja gar kein Werbeverbot.

In Wirklichkeit ist das Werbeverbot nur in Randbereichen gelockert worden. Früher hat es ja nicht einmal Publikationen gegeben, in denen veröffentlicht werden durfte, wer worauf spezialisiert ist. – Das soll nun die Ermöglichung einer angemessenen Werbung für einen freien Beruf sein? Das soll genügen? – Keine Rede davon!

Ich glaube auch, daß die Autonomie von den Anwaltskammern nicht immer im Interesse der Anwaltschaft, noch weniger im Interesse der Klienten und schon gar nicht im Interesse einer Öffnung in Richtung Europa wahrgenommen wird.

Tatsächlich ist auch die Ausbildungszeit – auch das wurde schon angeführt – in Österreich unangemessen lang. Ich habe mich vor einigen Tagen mit einem Konzipienten meiner Kanzlei unterhalten. Wir hatten eine Aussprache. Dieser Konzipient absolvierte nach dem Jusstudium in Unterbrechung der Rechtsanwaltsanwärtertätigkeit die London Business School, und er sagte mir folgendes: Die Kollegen aus den anderen europäischen Ländern, die dort studieren, sind im Vergleich zu den Österreichern sehr, sehr jung. Wieso? – Weil sie eben kürzere Ausbildungszeiten haben.

Ich lasse das österreichische Argument nicht gelten, das da lautet: Je länger die Ausbildungszeit, desto besser die Qualifikation. – Das ist nicht wahr! Denn jene Anwälte, die international den Ton angeben – das muß man leider sagen –, sind nicht die Österreicher, das sind keine österreichischen Anwälte. Und die Anzahl der österreichischen Anwälte, die international tätig sind, und zwar nicht nur für ausländische Klienten am Markt Österreich, sondern wirklich international tätig sind, ist gering. Man kann sich aber nicht einfach abschotten und sagen: Wir bauen Barrieren auf, so weit es geht, und schotten uns gegenüber der Internationalität ab. – Das ist der falsche Weg! Daher bin ich auch für eine Verkürzung der Ausbildungszeit.

Wenn jemand Jus studiert, das Gerichtsjahr absolviert und dann mehrere Jahre bei einem Anwalt tätig ist, dann muß das genügen, denn wenn er es dann noch nicht kann, ist er ohnedies nicht geeignet und wird sich auch am Markt nicht durchsetzen.

Wenn man heute 30, 31, 32 Jahre alt sein muß, um sich selbständig zu machen, ohne daß man auch nur ein halbes Semester lang im Ausland tätig war, etwa in einer International Business School, dann wird man am Markt nicht bestehen! Insgesamt ist das eine negative Reglementierung! Sie mag zwar im Interesse von manchen Anwälten von heute sein, ist aber nicht im Interesse der Anwälte von morgen und schon gar nicht im Interesse des Wirtschaftsstandortes Österreich. – Der große Wurf ist also leider nicht geglückt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Justizminister! Wir hatten im Ausschuß auch noch eine Debatte über die Autonomie. Als freier Anwalt bekenne ich mich zu dieser Berufsautonomie, die nicht zuletzt ein Ausfluß der revolutionären Bestrebungen des Jahres 1848 ist. Aber eine Autonomie darf sich nicht auf einen Selbstzweck reduzieren, so wie das schon einmal der Fall war, als die Anwaltschaft die Ausbildungszeit ganz einfach auf sieben Jahre angehoben hat, um den Zugang zum Anwaltsberuf prohibitiv zu gestalten. Das kann nicht im Sinne der Autonomie sein!

In einem Punkt sind wir uns einig: Wenn man einer Berufsgruppe – und ich bekenne mich zur Autonomie, das habe ich bereits erwähnt – die Autonomie gibt, dann muß diese Autonomie nach den Spielregeln der Demokratie wahrgenommen werden. Denn nur dann ist diese Autonomie gerechtfertigt.

Herr Bundesminister! Diese Spielregeln, so scheint es mir, werden durch die revolvierende Besetzung der Ausschußpositionen in den einzelnen Länderkammern verletzt. Lassen Sie mich das anhand eines Beispieles darlegen.

In Oberösterreich wird die Anwaltschaft durch den Ausschuß vertreten. Der Ausschuß besteht aus 15 Mitgliedern, darunter ein Präsident und zwei Vizepräsidenten. Es kommt bei den Kammerwahlen aber nicht etwa dazu, daß sich in einem Wahlgang alle der Wahl oder der Wiederwahl zu stellen haben, sondern es kommt durch die revolvierende Nachbesetzung zu dem kuriosen Ergebnis, daß zwar in jedem Jahr eine Wahl stattfindet, zu der aber nicht etwa alle zur Wahl oder Wiederwahl antreten, sondern nur die jeweils Ausgeschiedenen oder jene, die nicht mehr antreten wollen.

Das heißt, es sind etwa ein Präsidiumsmitglied und drei Ausschußmitglieder neu zu wählen. Und die anderen empfehlen natürlich die Kollegen. Das ist nichts anderes als ein wechselseitiges Empfehlungskartell! Das hat aber mit einer Demokratie, mit einer Basisdemokratie, nicht das geringste zu tun.

Wir Freiheitlichen stellen daher einen entsprechenden Antrag, und es wird sich weisen, ob die große Koalition oder die Kollegen von den anderen Oppositionsparteien auch diese Einstellung zur Demokratie aufbringen, die notwendig ist.

Wir stellen den folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Krüger, Dr. Graf, Dr. Ofner zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden (Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999) (1638 d.B.) in der Fassung des Ausschußberichtes (1681 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

In Artikel I (Rechtsanwaltsordnung) wird dem bisherigen Inhalt von Ziffer 15 die Bezeichnung "a)" vorangestellt; am Ende des bisherigen Textes wird folgende lit. b angefügt:

"b) § 25 Abs. 4 entfällt."

*****

Das heißt, dies wäre eine kleine Gesetzeskorrektur.

Herr Bundesminister! Wir waren uns ja auch darin einig, daß die Anwaltskammern, soweit sie diese Bestimmungen so auslegen, daß sie sich revolvierend nachbesetzen können, nicht im Interesse des Gesetzgebers handeln und daß dies nicht in der Absicht des Gesetzgebers ist.

Ich lade Sie daher ein, eine Gesetzeslage zu schaffen, die ohnedies in der Absicht des historischen Gesetzgebers gelegen war, um diesen Mißbrauch der Autonomie – und ich sage das im vollen Bewußtsein der Tragweite dieses Wortes – zu Lasten der Demokratie abzustellen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Krüger vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Ich erteile jetzt Herrn Abgeordnetem Dr. Jarolim das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.13

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Krüger! Vielleicht gleich zu den Einwendungen, die Sie hier zuletzt erhoben haben. Ich glaube, grundsätzlich kann man davon ausgehen, daß die Anwaltschaft und auch die einzelnen Anwälte erstens Individualisten und zweitens relativ stark in der Argumentation sind und in der Durchsetzung ihrer eigenen Wünsche durchaus selbst vorstellig werden können.

Ich meine das jetzt insbesondere angesichts des letzten Punktes, den Sie erwähnt haben, nämlich daß wir mit dem Gesetzeswortlaut den Umstand abschaffen sollten, daß eine revolvierende Nachbestellung bei den Kammerfunktionären erfolgen kann.

Ich will das hier nicht bewerten. Man kann sicherlich darüber diskutieren. Ich meine allerdings, daß man gerade aus der Sicht der Autonomie, die den freien Berufen an sich sehr am Herzen liegt – und das nicht nur den Standesvertretungen, sondern auch den Mitgliedern –, auch ein wenig darauf achten sollte, was aus dem Berufsstand selbst kommt.

Ich bin keiner, der ununterbrochen in Anwaltsklubs sitzt, habe allerdings bei jenen Gelegenheiten, bei denen ich diese Kommunikation betreibe, dieses Anliegen bis dato noch nicht gehört. Das soll aber nicht heißen, daß dieses Anliegen nur hier in der Debatte geboren wurde und kein tatsächliches ist. Ich denke nur, daß wir uns, bevor wir mit Gesetzen in die freien Berufe eingreifen und deren Autonomie etwas einschränken, wirklich ernsthaft damit auseinandersetzen sollten.

Damit will ich nicht sagen, daß das nicht unter Umständen ein Bedürfnis ist, habe es jedoch bis dato nicht geortet. Ich betone jedenfalls, daß wir dem nur zustimmen werden, wenn wir wirklich davon überzeugt sind, daß dieses Anliegen innerhalb der Anwaltschaft sehr breit getragen wird. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Das Werbeverbot. Auch da gilt das, was man insgesamt zu dieser Novelle sagen muß, nämlich daß man sie nicht nur im Lichte des derzeit vorliegenden Gesetzentwurfes betrachten darf, sondern darüber hinaus auch im Hinblick auf die weitere Entwicklung. Daß der Gesetzentwurf jetzt zur Diskussion steht, liegt – und das ist Ihnen bekannt – hauptsächlich daran, daß sowohl die Anwaltskammer – das ist ein Anliegen der Anwälte – als auch die Notare den Wunsch hatten, noch im ersten Halbjahr 1999 infolge dieses § 5 GSVG die Möglichkeit zu erhalten, eigene Versorgungseinrichtungen zu schaffen, und daher so schnell wie möglich mit einem Gesetzentwurf hier im Hohen Haus durchzukommen.

Sie wissen aber auch – und es ist auch die Ausschußfeststellung in diese Richtung gegangen –, daß die Rechtsanwaltskammer von sich aus angeboten oder mitgeteilt hat, was weit über das hinausgeht, was wir heute hier im Bereich des Werbeverbots beschließen wollen. Das neue Werbeverbot wird so ausgerichtet, daß erstens grundsätzlich das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gilt und zweitens ein Klientenschutz normiert wird, sprich: daß es nicht möglich sein soll und darf ... (Abg. Dr. Krüger: Das steht aber nicht im Gesetz! Gar nichts!) – Nein, nicht im Gesetz, aber es steht in der Ausschußfestellung, und es ist eine Bekanntgabe der Anwaltskammer.

Man kann auch nicht das andere, das auch noch drinnensteht, nämlich die transparenteren Tarife, von heute auf morgen umsetzen, sondern das ist etwas, von dem ich meine, daß wir es innerhalb des nächsten halben Jahres diskutieren und auch abschließen sollten.

Zu berücksichtigen ist jedenfalls, daß die Niederlassungsrichtlinie bis März 2000 umzusetzen ist und wir jedenfalls spätestens bis zu diesem Zeitpunkt hier neuerlich eine Änderung des Berufsrechtes diskutieren und beschließen müssen. Ich denke also, daß es wichtig ist, zu berücksichtigen, daß der vorliegende Entwurf, den wir heute diskutieren und beschließen werden, nicht das einzige ist, das zur Diskussion steht, sondern daß darüber hinaus noch wesentliche Verbesserungen kommen werden.

Kollege Maier wird heute auch noch zum Tarif etwas sagen. Es ist ganz einfach notwendig, daß wir den Rechtsanwaltstarif transparenter machen und daß der Klient, der zum Anwalt kommt, eine ungefähre Vorstellung davon bekommt, wie die Tarifgestaltung erfolgt und was auf ihn zukommt. Bei den meisten Anwälten geschieht das bereits. Es gibt aber immer wieder schwarze Schafe, das ist halt leider Gottes ein Pech und ein Grund dafür, warum es immer wieder zu Diskussionen kommt. Solche Ausreißer machen derartige Regelungen eben notwendig.

Grundsätzlich möchte ich noch zusammenfassend feststellen: Mit dem, was heute hier diskutiert wird, wird einem Wunsch der Rechtsanwälte und Notare nachgekommen. Darüber hinaus ist das, was heute hier gefordert wurde, durch die Diskussion in der Vergangenheit und auch durch die bisherigen Bekanntgaben eigentlich abgesichert worden. Daher muß man sagen: In Summe ist diese Reform eine tatsächliche Verbesserung.

Abschließend möchte ich sagen: Was das Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz anlangt, wird großes Augenmerk darauf zu richten sein, daß die darin vorgesehenen Instrumente – damit meine ich insbesondere das Urkundenregister – nicht so verwendet werden, daß es zu Wettbewerbsvorteilen für einen Berufsstand zu Lasten der anderen Berufsstände kommt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.19

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Sie haben jetzt, wenn ich richtig mitgezählt habe, zu diesem Tagesordnungspunkt vier Rechtsanwälte gehört, und Sie müssen den Eindruck gewonnen haben, jeder gehört in Wahrheit einem anderen Berufsstand an. Das ist ein bißchen richtig, denn Anwalt ist nicht gleich Anwalt. Wenn etwa mein Vorredner Krüger vor allem die Internationalität beschworen und ins Auge gefaßt hat, so darf ich dazu sagen, daß nach der Statistik und auch nach den Erwartungen für die Zukunft nie mehr als 3 Prozent der Anwälte in internationalen Geschäften tätig sein werden – und zwar nirgends!

Natürlich sind das, absolut gerechnet, in den größeren Ländern mehr als in Österreich, aber 97 Prozent werden auch in Zukunft – so wie ich in Ottakring – das lokale Geschäft zu machen haben. Das ist kein Nachteil! Ich sehe es als einen Vorteil und als eine wesentliche Komponente, und ich sage das nur, damit man unterschiedliche Positionen, die es in Einzelheiten gibt, auch in ein und demselben Berufsstand, entsprechend beurteilen kann.

Insgesamt habe ich den Eindruck, daß die Freiberufler, und unter diesen vor allem wieder die Juristen, speziell die Anwälte, in der derzeitigen Bundesregierung keine Freunde haben. Ich darf ein Beispiel bringen und erläutern, daß es mir weniger darum geht, ob jetzt jemand ein Jahr kürzer oder ein Jahr länger Konzipient sein muß – ich war noch einer von denen, die sechs Jahre lang Konzipient sein mußten, und ich behaupte nachträglich, daß es mir nicht geschadet hat –, aber ich glaube, es geht vor allem darum, welche Verdienstmöglichkeiten der einzelne Anwalt hat.

Das ist nicht nur für den Anwalt selbst wichtig. Es ist auch für den Rechtsstaat wichtig, vor allem aber für den Klienten. Denn wenn es so wie in Deutschland ist – in München allein gibt es ungefähr 10 000 Anwälte, in ganz Österreich relativ gleichbleibend seit Jahrzehnten 3 500 –, dann führt das dazu, daß Anwälte, so wie in München, halt in der Nacht als Taxifahrer tätig sind.

Es ist in diesem Zusammenhang auch zu einem kuriosen Prozeß gekommen, der in Bremen in irgendeinem Sozialinstanzbereich geführt wurde und bei dem ein Anwalt erklärt hat, zur Ausübung seines Berufes gehöre ein Talar. Leider könne er sich keinen Talar kaufen, und es habe daher der Staat über die Fürsorgeeinrichtungen die Pflicht, ihm einen Talar anzuschaffen. – So weit wollen wir es ja wirklich nicht kommen lassen, denn der Anwalt, der nicht weiß, wovon er die Miete zahlen soll, ist ja käuflich und bestechlich in jeder Richtung! Wir wünschen uns einen auch wirtschaftlich unabhängigen und freien Anwaltsstand.

Dazu, warum wir wenig Freunde in der Regierung haben, warum vielleicht überhaupt kein Verständnis für die Freiberufler besteht, ein Beispiel: Die Wirtschaftstreuhänder müssen einen Teil ihres Arbeitsbereiches, auch ihres Kammerbereiches, nämlich des Bereiches der Wirtschaftstreuhänderkammer, an die Wirtschaftskammer abgeben, und zwar – in Form eines neu entstandenen Gewerbes – den Bereich der Buchhalter. Damit sie sich aber nicht allzu sehr darüber aufregen – sie haben das ohnehin gegenüber jedem von uns in zahlreichen Briefen getan –, nimmt man einem anderen Berufsstand, der damit überhaupt nichts zu tun hat, nämlich den Rechtsanwälten, einen Teil ihrer Vertretungsbefugnis vor den Höchstgerichten und auch im Insolvenzverfahren weg.

Das heißt, die Wirtschaftstreuhänder, ein freier Berufsstand, müssen etwas hergeben, und um sie halbwegs zu entschädigen, nimmt man den Rechtsanwälten, die in dieser Auseinandersetzung keine Rolle spielen und auch keine Rolle zu spielen haben, einen Teil ihrer Befugnis weg.

Das ist die Problematik, vor der wir stehen. Und das ist kein Einzelfall, sondern wir alle haben das hier in Form von Abstimmungen zu Gesetzesvorlagen bereits erlebt. Den freien Berufen nimmt man weg, was geht. Man gliedert sie, soweit man das schafft, in die Ingerenz der klassischen Kammern ein, der Wirtschaftskammer et cetera, die Vertretungsbefugnis auch in die Arbeiterkammer und in die Wirtschaftskammer. Wenn ich heute jemanden vor dem Arbeits- und Sozialgericht vertrete, dann steht oder sitzt mir in 90 Prozent der Fälle kein Freiberufler mehr, sondern ein Jurist der Arbeiterkammer oder ein Jurist der Wirtschaftskammer gegenüber.

Es geht auch darum, wie ich höre, die Honorare durchsichtiger zu gestalten. Das ist schon richtig! Man wird nur aufpassen müssen, denn viele Leute sagen: Was kostet mich das? – Dem gegenüber kann man nur den Tarif zücken und sagen: "Schauen Sie, pro Schriftsatz soundso viel, pro Verhandlung soundso viel. Wahrscheinlich kostet das zwei Verhandlungen." – Natürlich kann es am Schluß auch fünf kosten. Man wird das nur anhand des Tarifes als Parameter sagen können.

Dazu, daß man jetzt stolz darauf ist, daß man bei einvernehmlichen Scheidungen auf ein Pauschalhonorar von 15 000 S kommt, kann ich nur sagen: Das ist eine Illusion! Denn da kommen zwei Leute, die ja in Auseinandersetzung leben, und die wollen geschieden sein. Nun geht es darum, die Scheidungsproblematik unter einen Hut zu bringen, die Vermögensproblematik unter einen Hut zu bringen, die Obsorgeproblematik für die Kinder unter einen Hut zu bringen und die Unterhaltsfrage für den Ehepartner und für die Kinder zu klären. Und dafür gibt es dann 15 000 S. Nach der Statistik, die die Kammer errechnet, bleiben davon, nach Abzug der ständigen Regien, 30 Prozent für den Anwalt, also etwas mehr als 4 000 S vor Steuer.

Bitte, wer hat die Illusion, daß eine vernünftige Ehescheidung mit dem Engagement und dem Interesse, das man beim Anwalt in solchen Dingen erwartet, für etwas mehr als 4 000 S brutto über die Bühne gebracht wird – mit Besprechungen, Korrespondenz, Telefonaten und zumindest einer Verhandlung vor Gericht? – Ich glaube, man wird sehr aufpassen müssen, der Versuchung zu widerstehen, die Freiberufler noch deutlicher, als es ohnehin schon der Fall ist, einzuschränken und sie vor allem wirtschaftlich in den Griff zu bekommen.

Dieser Versuchung wird man widerstehen müssen, und wir Freiheitlichen werden alles tun, um bei diesem Widerstand dagegen, sie zu vereinnahmen, eine entsprechende Rolle zu spielen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt Herr Bundesminister Dr. Michalek zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

18.25

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit den beiden Novellen zum Berufsrecht der Rechtsanwälte und Notare liegen nun wichtige Gesetzentwürfe vor, die weitreichende Änderungen in den Rechtsgrundlagen dieser beiden klassischen rechtsberatenden Berufe herbeiführen.

Ich möchte die Gelegenheit nützen, aus diesem Anlaß als, wie ich betone, zuständiger Ressortminister auf die unverzichtbare Schlüsselstellung hinzuweisen, die gerade auch im heutigen modernen Rechts- und Wirtschaftsleben den Rechtsanwälten und Notaren im Hinblick auf die Sicherung und Bewahrung des demokratischen Rechtsstaats, die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger und das gute Funktionieren der Rechtspflege, auch das muß man sagen, zukommt.

Meine Damen und Herren! Die freien Rechtsberufe sind – und man muß das immer wieder in Erinnerung rufen – Garanten für die Durchsetzung der Rechte der Bürger sowohl gegenüber dem Staat und seinen Organen als auch gegenüber anderen kollektiven Mächten und übermächtigen Wirtschaftsunternehmen. Sie gewährleisten in unserer immer anonymer werdenden Massengesellschaft dem einzelnen Bürger durch persönlichen Rat, durch persönliche Hilfe die notwendige Individualität und Menschlichkeit bei der Wahrung seiner Rechte und Interessen.

Durch die verstärkten internationalen Wirtschaftsbeziehungen wurde das Betätigungsfeld der freien Rechtsberufe im Wirtschaftsbereich erheblich erweitert und ihnen neue Aufgaben gestellt. Zugleich ist die Tätigkeit der freien Rechtsberufe aber auch eine Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren dieser internationalen Wirtschaftsbeziehungen und der damit verbundenen wirtschaftlichen Möglichkeiten der Marktteilnehmer.

Bei aller Offenheit und Vorsorge für eine Internationalisierung auch der anwaltlichen Berufsausübung darf aber – und da teile ich durchaus die Meinung des Herrn Abgeordneten Ofner – nicht übersehen werden, daß auch in Zukunft die rechtsberufliche Beratung und Vertretung ganz überwiegend dem heimischen Klienten durch den Rechtsrat, die Rechtsvertretung quasi "ums Eck", "in der Nebengasse", gelten wird.

Damit die freien Rechtsberufe jetzt und in Zukunft ihre wichtigen Aufgaben erfüllen können, bedarf es bestimmter Rahmenbedingungen, die in den gesetzlichen Berufsordnungen niedergelegt sind und kontinuierlich an die sich ändernden Erfordernisse anzupassen sind.

Wenn den freien Rechtsberufen der Vorwurf zu weitreichender berufsrechtlicher Regulierungen gemacht wird, darf nicht übersehen werden, daß in den letzten Jahren vieles zur Modernisierung dieser Berufe geschehen ist und sie sich keineswegs sinnvoller Liberalisierung und Deregulierung verschließen.

Liberalisierung und Deregulierung dürfen aber nicht zu einem Identitätswandel im Kernbereich des Selbstverständnisses der freien Rechtsberufe, zu einer Aushöhlung der für die Tätigkeit der freien Rechtsberufe geltenden Grundprinzipien oder zu einem Qualitätsverlust ihrer Leistungen zu Lasten ihrer Klienten führen. Das Vertrauen der Bürger in die seinen fundamentalen Interessen dienenden Leistungen der freien Rechtsberufe, deren Unabhängigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Verschwiegenheit sowie ein hoher Qualitätsstandard ihrer beruflichen Leistungen müssen ungeschmälert gewährleistet bleiben.

Dabei ist auch zu beachten, daß sich die Dienstleistungen der freien Rechtsberufe von denen anderer Dienstleistungsberufe wesentlich unterscheiden und nicht an den Maßstäben des gewerblichen Marktes allein gemessen und sie auch nicht auf bloße Serviceeinrichtungen für Wirtschaft und Industrie reduziert werden können.

Vor allem im Interesse der Klienten, die in der Regel Qualität und Preisangemessenheit der freiberuflichen Leistung nicht beurteilen können, sind der Liberalisierung und Deregulierung Grenzen gesetzt, und es bedarf – sozusagen als Konsumentenschutzmaßnahme – der erforderlichen Berufsausübungsvorschriften und der Kontrolle ihrer Einhaltung.

Eines der Grundprinzipien der freiberuflichen Dienstleistung ist die unabhängige und persönliche Berufsausübung. Zu deren Stärkung trägt auch eine Reihe von Regelungen in den beiden Gesetzentwürfen bei.

So wurde auch bei Schaffung der neuen Form der Rechtsanwalts-GmbH, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Rechtsanwaltschaft zweifellos stärkt, das Prinzip der persönlichen Berufsausübung berücksichtigt. Die sonst bei der GmbH zulässige Möglichkeit der Bestellung von Fremdgeschäftsführern und Prokuraerteilung soll daher ebenso ausgeschlossen sein wie – zumindest vorerst – eine bloße Sachfirma und jedenfalls die Beteiligung von Fremdkapitalgesellschaftern.

Daß durch diese Einschränkung die Wettbewerbsfähigkeit der Rechtsanwaltsgesellschaften vermindert wird, glaube ich nicht. Viel eher meine ich, daß dadurch das notwendige enge Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Klient gestärkt wird.

Ein Aspekt der Unabhängigkeit der freien Rechtsberufe ist auch die Sicherstellung der erforderlichen ökonomischen Basis für die Berufsausübung. Um diese aufrechtzuerhalten, bedarf es auch weiterhin der Sicherstellung einer angemessenen Honorierung rechtsanwältlicher und notarieller Leistungen, die freilich auch auf soziale Gesichtspunkte Bedacht zu nehmen hat. Diesem Grundgedanken wurde auch bei den im Gesetzentwurf vorgenommenen Änderungen des Rechtsanwaltstarifgesetzes Rechnung getragen.

Eine weitere unverzichtbare Grundlage der Tätigkeit der freien Rechtsberufe ist die absolute Seriosität und das Vertrauen der Bürger in die Integrität der rechtsanwaltlichen und notariellen Berufstätigkeit. Unter diesem Aspekt sind die in der Rechtsanwaltsordnung vorgesehene gesetzliche Grundlage für Richtlinien des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages über die Ausübung von Treuhandschaften und die in der Notariatsordnung vorgesehenen gesetzlichen Regelungen der bisher durch Richtlinien festgelegten Pflichten des Notars im Zusammenhang mit Treuhandschaften und dem elektronischen Treuhandregister zu sehen.

Die deutliche Anhebung der Mindestversicherungssumme für die Berufshaftpflichtversicherung in der Rechtsanwalts- und Notariatsordnung dient primär den berechtigten Rechtsschutzinteressen der Mandanten, sie bietet aber auch einen gewissen Schutz des Rechtsanwalts und Notars für wirtschaftliche Katastrophenfälle.

Ein weiteres wesentliches Merkmal für die freien Rechtsberufe und ihre berufliche Unabhängigkeit ist die schon von Herrn Abgeordneten Krüger angesprochene demokratisch legitimierte berufliche Selbstverwaltung mit Regulierungs-, Kontroll- und Disziplinierungsbefugnis.

Gerade eine effiziente Disziplinargerichtsbarkeit, die dafür sorgt, daß nicht einige wenige schwarze Schafe den Ruf eines gesamten Berufstandes in Frage stellen können, ist nicht nur im Interesse des Berufsstandes, sondern auch im Interesse der Klienten und damit unabdingbare Voraussetzung für eine allgemeine Akzeptanz dieser beruflichen Selbstverwaltung. In diesem Sinne sind die im Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter vorgesehenen zusätzlichen Möglichkeiten, insbesondere die neue Maßnahme zum Schutz anvertrauten fremden Vermögens, zu sehen.

Um die freien Rechtsberufe in die Lage zu versetzen, ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit gerecht zu werden, bedarf es mehr denn je auch eines hohen beruflichen Qualitätsstandards, der nur durch eine umfassende berufliche Ausbildung erreicht werden kann. Gerade weil mir bewußt ist, daß es europaweit große Unterschiede in der Berufsausbildung gibt, es aber, wie ich glaube, im Hinblick auf die weitgehende Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit in der Europäischen Union doch auch einer gewissen Harmonisierung der Ausbildungsstandards der freien Rechtsberufe bedarf, habe ich diese Problematik auch zum Gegenstand einer während der österreichischen EU-Präsidentschaft in Wien veranstalteten Konferenz zum Thema "Die Bedeutung der freien Rechtsberufe im integrierten Europa" gemacht, und ich hoffe, daß diese Veranstaltung entsprechende Früchte tragen wird.

Jedenfalls halte ich es mit dem Erfordernis des hohen Qualitätsstandards der freien Rechtsberufe unvereinbar, überhastet und unreflektiert Nivellierungen nach unten und – wie oft gefordert wird – möglichst auf den niedrigsten Level das Wort zu reden, etwa die jeweiligen Ausbildungszeiten unangemessen zu verkürzen oder gar die Berufsprüfungen zu beseitigen. Optimale Aus- und Fortbildung der Berufsanwärter sind die besten Garanten für das im Interesse der Klienten und im Interesse der eigenen Karriere und Wettbewerbsfähigkeit erforderliche Fachwissen.

Was die von Herrn Abgeordneten Graf angesprochene Stellung der Rechtsanwaltsanwärter, insbesondere deren soziale Absicherung anlangt, habe ich für dieses Anliegen grundsätzlich Verständnis und meine, daß man sich damit näher wird auseinandersetzen müssen, wobei die mit der Novelle vorgesehenen Verbesserungen bei den Versorgungsleistungen dieses Anliegen begünstigen werden.

Was die von Ihnen, Herr Abgeordneter Krüger, angesprochene anwaltliche Werbung anlangt, so vertraue ich auf die Zusage des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, daß die diesbezüglichen Richtlinienbestimmungen in Anlehnung an die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb weiter liberalisiert werden.

Hohes Haus! Ich bin mir dessen sicher, daß wir mit den beiden heute zur Beschlußfassung vorliegenden Gesetzentwürfen einen wesentlichen Schritt in Richtung sinnvoller Modernisierung der Berufsrechte der Rechtsanwälte und Notare tun, durch den diese beiden Berufe in die Lage versetzt werden, ihre verantwortungsvolle Tätigkeit für den demokratischen Rechtsstaat und für den einzelnen Bürger voll und ganz auch in Zukunft erfüllen zu können. Ich bitte Sie daher, diesen beiden Vorlagen die Zustimmung zu erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

18.37

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zuerst gleich zum Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz. Ich freue mich, daß hier nicht mehr die Meinung vertreten worden ist, daß es solch ein großer Wurf ist, denn in Wahrheit werden darin keine fundamentalen Neuerungen gemacht, sondern es werden nur entsprechende Entwicklungen, die schon seit Jahrzehnten funktionieren, jetzt auch gesetzlich nachvollzogen. Daß die Sammlungen und Register gesetzlich sanktioniert werden, ist okay, aber es ist insgesamt keine besondere Neuerung. Auch der Umstand, daß sie in Zukunft elektronisch geführt und betrieben werden, ist nicht das, was jetzt überbordend fröhlich macht.

Die Regelung im Zusammenhang mit der Haftpflichtversicherung und die neuerlichen Verschärfungen im Bereich der Treuhandschaften sind sinnvoll, vor allem angesichts dessen, was diesbezüglich in letzter Zeit wieder passiert ist, und sind insbesondere dazu geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Notare, aber auch in der Folge in die Rechtsanwälte – dort gibt es ähnliche Regelungen, die heute beschlossen werden sollen – zu verstärken.

Wir halten es auch für positiv, daß man jetzt endlich im Bereich der Notariatsprüfung – aber auch der Rechtsanwaltsprüfung – der Meinung ist, daß auch Europarecht dabei einen Stellenwert einnehmen muß, und wir werden daher diesen Bestimmungen zustimmen.

Im Bereich der Rechtsanwälte sieht es aus unserer Sicht, Herr Bundesminister, ein wenig anders aus. Ich möchte aber auch hier mit dem Positiven beginnen. Daß es für Rechtsanwälte endlich die Möglichkeit geben wird, GmbHs zu machen, das halten wir für sinnvoll. Wir verstehen nicht und teilen nicht Ihre Auffassung, daß es notwendig ist, die Versicherungssumme so apodiktisch mit über 33,5 Millionen Schilling festzusetzen, weil das etwas wäre, was man in Relation zum einzelnen Rechtsanwalt regeln könnte. Man könnte sagen, je nachdem, wie viele Rechtsanwälte in einer solchen GmbH sind, muß die Versicherungssumme dementsprechend sein. Aber das ist eine Kleinigkeit.

Was wir in diesem Zusammenhang als nicht konsequent erachten, Herr Bundesminister, ist, daß es zwar in Zukunft möglich sein wird, daß Rechtsanwälte, die einer solchen Rechtsanwalts-GmbH angehören, parallel ihre eigene Kanzlei betreiben dürfen, aber keiner weiteren Rechtsanwalts-GmbH angehören dürfen. Denn wenn es so ist, daß man seine ganze Kraft im Rahmen einer GmbH einbringen muß, dann wäre die Regelung mit der eigenen Rechtsanwaltskanzlei in sich nicht logisch begründbar. Aber wenn man sagt, die eigene Rechtsanwaltskanzlei kann parallel dazu betrieben werden, dann wäre es zumindest von der Logik her notwendig, zu sagen, daß man auch in einer zweiten Rechtsanwalts-GmbH sein kann. In diesem Bereich sehen wir zumindest einen unlogischen Aufbau.

Im Bereich der Teilzeitbeschäftigung, die jetzt für Konzipientinnen und Konzipienten kommen wird, sehen wir das ebenso. Es wird zwar in Zukunft eine Teilzeitbeschäftigung erlaubt sein, aber sie wird auf den Bereich des Mutterschutzgesetzes und des Karenzurlaubsgesetzes eingeschränkt, obwohl ohnehin jede Beschäftigung eines Konzipienten letztlich auch noch von der Kammer als anrechenbare Beschäftigung akzeptiert werden muß, die Kammer sagt also, das war ausreichend. Der Umstand, daß jemand selbst ganztägig bei einem Rechtsanwalt angestellt ist, bedeutet nicht automatisch, daß die Kammer das akzeptiert, sondern es kommt darauf an, was tatsächlich dort passiert ist.

Daher halten wir es für nicht sinnvoll und sachlich nicht gerechtfertigt, daß zwar auf der einen Seite die Teilzeitbeschäftigung ermöglicht wird, sie aber auf der anderen Seite auf den Mutterschutzbereich und Karenzbereich eingeschränkt wird.

Ich darf daher auch einen Abänderungsantrag einbringen, der lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Barmüller und PartnerInnen betreffend die Regierungsvorlage (1638 d.B.) in der Fassung des Ausschußberichts (1681 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage (1638 d.B.) in der Fassung des Ausschußberichts (1681 d.B.) wird wie folgt geändert:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage (1638 d.B.) in der Fassung des Ausschußberichts (1681 d.B.) wird wie folgt geändert:

Im Artikel 1 Ziffer 4 entfällt im § 2 Abs. 1 die Wortfolge:

"nach dem Mutterschutzgesetz 1979, BGBl. Nr. 221, oder dem Eltern-Karenzurlaubsgesetz, BGBl. Nr. 651/1989,".

*****

Noch einmal: Wir halten es vor dem Hintergrund, daß jemand praktisch diesen Beruf erlernt und kennenlernt und es dann immer noch die Kammer gibt, die am Ende sagen muß, daß diese Beschäftigung als Ausbildungszeit akzeptiert wird, für nicht sinnvoll, dies so eng einzugrenzen. Wenn man sich schon dazu entschließt, es aufzumachen, dann meinen wir von seiten der Liberalen, daß man es gleich ganz aufmachen sollte – unter Berücksichtigung der ohnehin notwendigen Grenzen, die es gibt und die von der Kammer zu beachten sind.

Auch im Bereich des Disziplinarstatuts, Herr Bundesminister, meinen wir, daß man ein wenig über das Ziel geschossen hat. Schauen Sie sich § 19 neu an. Gemäß § 19 neu kann in Zukunft der Disziplinarrat – wiewohl es eine Kann-Bestimmung ist, möchte ich trotzdem drauf hinweisen – gegen einen Rechtsanwalt einstweilige Maßnahmen beschließen, wenn – das war bisher schon so – gegen den Rechtsanwalt ein gerichtliches Strafverfahren anhängig ist oder – das ist jetzt neu – von der Staatsanwaltschaft Vorerhebungen durch die Sicherheitsbehörden geführt werden.

Natürlich ist es nur eine Kann-Bestimmung, daß der Disziplinarrat solche einstweilige Maßnahmen beschließen kann. Doch es ist aus unserer Sicht problematisch, daß die Rechtsanwälte – Sie haben das bereits angeschnitten –, die der natürliche funktionale Widerpart in einer funktionierenden rechtsstaatlichen Struktur gegenüber den Staatsanwälten sind, allein dadurch, daß Vorerhebungen gegen sie eingeleitet werden, der Gefahr ausgesetzt sind, daß es auch von seiten des Disziplinarrats Maßnahmen gibt.

Jetzt weiß ich zwar, daß das in der Regel nicht der Fall sein wird. Aber wahr ist, Herr Bundesminister, daß es auch in Österreich Fälle gegeben hat, bei denen Rechtsanwälte zwei Wochen unschuldig in Untersuchungshaft gesessen sind. Diese waren in der Folge wirtschaftlich ruiniert, obwohl dann herausgekommen ist, daß von seiten der Polizei – nicht zuletzt mit der Staatsanwaltschaft – ein übles Zusammenspiel geübt worden ist. Vor dem Hintergrund einer sich zuspitzenden, gerade auch im Bereich der Sicherheitsbehörden sich zuspitzenden und stärker verbreitenden Einstellung, die da lautet, die Rechtsanwälte sind ohnehin nur die mit den Verbrechern verbandelten Rechtskundigen, halte ich es für falsch, daß man hergeht und jetzt auch noch eine solche Bestimmung einführt. Sie wissen, daß gerade mit Rasterfahndung und Lauschangriff auch vor den – wie Sie selbst sagen – wichtigen Berufen, nämlich den freien Rechtsberufen nicht halt gemacht worden ist, und daher meinen wir, daß eine solche Bestimmung überbordend ist.

Ich bringe auch dazu einen Abänderungsantrag ein, der da in seinem Inhalt lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Barmüller und PartnerInnen betreffend die Regierungsvorlage (1638 d.B.) in der Fassung des Ausschußberichts (1681 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage (1638 d.B.) in der Fassung des Ausschußberichts (1681 d.B.) wird wie folgt geändert:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage (1638 d.B.) in der Fassung des Ausschußberichts (1681 d.B.) wird wie folgt geändert:

Im Artikel IV Ziffer 4 entfällt im § 19 Abs. 1 Ziffer 1 die Wortfolge

"oder von der Staatsanwaltschaft Vorerhebungen durch die Sicherheitsbehörden geführt werden".

*****

Meine Damen und Herren! Insgesamt werden wir letztlich aber auch den Änderungen im Bereich der Rechtsanwälte zustimmen, weil sie fürwahr – beispielsweise mit der Einführung der Kapitalgesellschaften und den anderen Neuerungen, die gemacht worden sind – positive Aspekte mit sich bringen.

Zu den Abänderungsanträgen, die von den anderen Fraktionen eingebracht worden sind, bitte ich, diese auch an alle Fraktionen auszuteilen, damit man sich darüber eine Meinung bilden kann. Wenn wir sie nicht bekommen, werden Sie wohl Verständnis dafür haben, daß wir Dinge, die wir nicht kennen, auch nicht positiv beurteilen können und ihnen nicht zustimmen werden. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die beiden Abänderungsanträge, die Herr Abgeordneter Mag. Barmüller überreicht und soeben verlesen hat, sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Es hat sich Herr Bundesminister Dr. Michalek noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.44

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will Sie jetzt nicht mehr länger aufhalten und bin froh, daß Herr Kollege Barmüller trotz des Abänderungsantrages gemeint hat, seine Fraktion werde den Vorlagen zustimmen. Ich will aber gerade, weil Sie die Konsequenz in anderen Fragen betont haben, replizieren.

Schon jetzt waren gerichtliche Vorerhebungen ein Anknüpfungspunkt für Maßnahmen nach § 19 Abs. 1 Disziplinarstatut. Es ändert sich nur der Umstand, daß nicht nur gerichtliche, sondern auch sicherheitsbehördliche Vorerhebungen ein Anknüpfungspunkt sind. (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt.) Nein, es besteht überhaupt kein Qualitätsunterschied, Frau Abgeordnete! Das ist rein aus der Zweckmäßigkeit heraus gegeben, und gerade bei Wirtschaftsstraftatbeständen wird sehr häufig nicht der Weg der gerichtlichen Vorerhebungen, sondern der der wirtschaftspolizeilichen Vorerhebungen gewählt.

Zwischen einer gerichtlichen Vorerhebung und einer sicherheitsbehördlichen Vorerhebung besteht überhaupt kein Qualitätsunterschied. Konsequenterweise müßten Sie keines oder beides akzeptieren. Ich glaube aber, daß beides gerechtfertigt ist und daß überdies die materiellen Bedingungen, unter denen die Standesbehörde einschreiten kann, ohnehin so eng geregelt sind, daß nicht gesagt werden kann, es könnte über das Ziel geschossen werden – auf jeden Fall nicht mehr als bei jeder anderen Maßnahme, die eingeleitet werden kann, auch. – Danke. (Beifall der Abg. Dr. Hlavac.)

18.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.46

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Bundesminister, ich möchte gleich an Ihre Ausführungen anknüpfen, weil Sie die Rechtsanwälte als letztes erwähnt haben. Es ist mir zwar nicht ganz einsichtig, was Sie Herrn Mag. Barmüller zu erklären versucht haben, weil auch ich glaube, daß es dabei einen Unterschied gibt. Aber sei es, wie es sei. Ich glaube nur nicht, daß er sich mit seinem Abänderungsantrag durchsetzen wird, wiewohl ich eher geneigt bin, ihm die Zustimmung zu geben. Nichtsdestotrotz halten die Grünen die beiden jetzt zur Debatte stehenden Gesetzesvorlagen für überwiegend positiv.

Erlauben Sie mir, daß ich jetzt vor allem auf einen Bereich noch kurz eingehe, der noch nicht so im Detail erwähnt wurde. Selbstverständlich ist die Tatsache, daß die Berufsausübung für Rechtsanwälte jetzt in Form von GmbHs möglich ist und daß es nun die Möglichkeit gibt, im Sinne von mehr Deregulierung auch neue Wege zu beschreiten, positiv. Aber für mich ist vor allem die Änderung des Tarifrechts sehr entscheidend. Ich freue mich, daß das Justizministerium eine Anregung der Grünen aufgenommen hat.

Vorletztes Jahr, 1997, konnten wir uns noch nicht durchsetzen, doch ist inzwischen die Einsicht gewachsen, und zumindest ein Teil unserer seinerzeitigen Anregungen wird jetzt – 1:1 kann man sagen – umgesetzt. Das betrifft die Pauschalhonorarregelung für einvernehmliche Scheidungen, die ich für sehr wesentlich halte. Aber viel wesentlicher ist noch, daß die Bemessungsgrundlage für die Ansprüche auf Leistung von Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt verringert wurde. Das ist in der Tat in den letzten Jahren ein wesentliches Problem gewesen.

Schlicht und einfach war es so, daß jemand, der Unterhalt einklagen wollte, oft daran gescheitert ist, daß die Bemessungsgrundlage für den Rechtsanwaltstarif so hoch war, daß es ihm unmöglich war, zu klagen, weil es einfach zu teuer geworden wäre. Ich freue mich, daß Sie diese Anregung, die sozusagen aus der Praxis gekommen ist und vor allem von Familienrichtern und Familienrichterinnen eingefordert wurde, die dieses Dilemma tagtäglich gesehen haben, aufgenommen haben. Daran erkennt man, daß die Opposition nach dem Motto "Steter Tropfen höhlt den Stein", also mit einer gewissen Beharrlichkeit, zumindest im Justizministerium Einsichtige und auch Umsetzende findet. Herr Bundesminister! Herzlichen Dank dafür! Ich bedanke mich nicht im eigenen Namen, sondern als Volksvertreterin für jene, die davon profitieren.

Die Stichworte Tarifreform und Tarifrecht veranlassen mich zu einer zweiten Bemerkung. – Entschuldigung, ich habe etwas vergessen. Ich bedauere es, daß die zweite Anregung nicht aufgenommen wurde, bei der es um das Aufteilungsverfahren nach dem Ehegesetz geht, nämlich eheliches Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse. Das ist vor allem ein Problem, das am Land sehr häufig auftritt, wo sich die Eheleute – dort gibt es ja kaum eine andere Wohnmöglichkeit – ein Einfamilienhaus bauen, das mit Krediten schwer belastet ist. Die Ehe geht dann in Brüche, das eheliche Vermögen wird aufgeteilt.

Es ist eine Tatsache, daß betreffend den Streitwert am Ende manchmal nichts übrigbleibt, und zwar für beide Parteien nichts übrigbleibt, und nicht einmal ein Teil der Restfamilie hat dann eine Existenzgrundlage. Ich meine, daß das etwas ist, was in einem nächsten Schritt überlegenswert wäre, weil es auch einem Bedürfnis der Praxis entspricht.

Eine letzte Bemerkung zum Tarifrecht: Ich habe im Ausschuß schon den Herrn Bundesminister und die Frau Vorsitzende des Justizausschusses gefragt, was eigentlich ein Brief des Präsidenten des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages wert ist, wenn in ihm eine Versprechung abgegeben wird. Beide haben mir übereinstimmend versichert: Viel! Ich hoffe, daß Sie beide recht behalten, daß das stimmt und daß das, was Präsident Hoffmann Frau Dr. Fekter geschrieben hat – ich sehe ihn, er sitzt hier oben, darum sage ich es auch –, auch tatsächlich umgesetzt wird.

Meine Damen und Herren! Soziale, transparente und nachvollziehbare Tarifgestaltung wird nämlich vom Kunden – der Kunde ist der Klient – gewollt. Es geht mir jetzt in erster Linie nicht darum, zu sagen, die Anwälte verdienen zu viel, sie sind zu teuer. Die Anwälte sind ein Dienstleistungsberuf und sollen auch Geld für die Leistung, die sie bringen, bekommen. Es ist jetzt keine grundsätzliche Frage, ob das zu viel ist oder nicht, die Frage ist nur, ob das, was sie verlangen und zu bekommen haben, auch für den Kunden nachvollziehbar ist.

Im Brief des Herrn Präsidenten geht es darum – ich möchte das jetzt nicht alles im Detail vorlesen –, rechtzeitig zu informieren, geht es darum, zu verlangen, daß Zwischenabrechnungen gelegt werden, geht es darum, daß der Kunde das Recht hat, Informationen über das in einem Verfahren zwischenzeitlich schon angelaufene Honorar zu bekommen und geht es darum, daß es auch oft falsche oder nicht exakte Kosteneinschätzungen gibt und daß der Kunde ein Recht hat, zu wissen, das kostet jetzt so viel, um auch handeln zu können. Das halte ich für sehr sinnvoll. Ich habe nicht nur Vertrauen in den Rechtsstaat, sondern auch Vertrauen in jene Berufe, die die rechtsschutzsuchende Bevölkerung vertreten, und deshalb harren wir jetzt der Dinge, die sich da entwickeln werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Letztes: Wie schon seit dem Beitritt Österreichs zur EU wird auch jetzt wieder ein mir wesentliches Thema unbeachtet gelassen, nämlich die Tatsache, daß es zu einer massiven Diskriminierung von sogenannten Drittstaatsangehörigen kommt, was die Ausübung bestimmter Berufe in Österreich anlangt. In Österreich kann jemand, der nicht EU- respektive nicht EWR-Bürger ist, nicht Rechtsanwalt sein.

Jetzt frage ich Sie: Ist das einsichtig? – Niemand hätte Verständnis dafür, daß beispielsweise ein türkischer, ein jugoslawischer, ein ungarischer, ein tschechischer, slowakischer Staatsangehöriger in Österreich nicht Chirurg sein darf. Wenn er ein guter Chirurg ist, dann zählt vor allem die Qualität, die er hinsichtlich seiner Berufsausübung aufweist. Bei den Rechtsanwälten gibt es einen "close job". Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht nur eine Diskriminierung, sondern es ist auch völlig unverständlich, daß die Ausübung eines solchen Berufes, den ich als einen Dienstleistungsberuf sehe, an eine Staatsangehörigkeit geknüpft ist.

Aber der Herr Bundesminister wurde – jetzt komme ich auf die Beharrlichkeit der Opposition zurück – schon so oft darauf aufmerksam gemacht, daß ich glaube, daß es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis auch das geändert wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Maier. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.54

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte bei meinen Ausführungen jetzt ein besonderes Problem anschneiden, nämlich das Problem der Klienten. Ich möchte aber gleichzeitig auch auf Argumente der Opposition eingehen.

Kollege Ofner hat gemeint, es gäbe kein Verständnis für die Rechtsanwälte. – Ich widerspreche ihm. Herr Kollege Ofner! Wir haben nur kein Verständnis für schwarze Schafe, kein Verständnis für Kostenschinder und Millionenbetrüger. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Graf hat gemeint, der Wind wehe den Rechtsanwälten ins Gesicht. – Ich meine, das ist notwendig, weil bestimmte Entwicklungen eingetreten sind, die auch von der eigenen Berufsgruppe unterschätzt und auf die nicht adäquat reagiert worden ist. Daher halte ich es für absolut notwendig, hier auch mittels Gesetz einzugreifen, und verhehle nicht, daß ich mir eine klarere Regelung im Bereich der Rechtsanwälte erwartet hätte. Ich habe die Hoffnung natürlich nicht aufgegeben, da noch ein weiterer Reformschritt im Bereich dieses Berufsrechts zu erwarten ist.

Den beiden Vorlagen ist grundsätzlich zuzustimmen. Das ist der erste Schritt. Es wurde darin den Wünschen beider Berufsgruppen entsprochen. Aber nun geht es auch um andere Fragen. Wenn Kollege Graf die Winkelschreiberei beklagt hat, wenn er davon gesprochen hat, der wirkliche Anwalt, der Anwalt der Bürger sei der Rechtsanwalt, dann frage ich Sie: Warum kommen zu mir, dem Winkelschreiber in der Arbeiterkammer, Konsumenten, die übervorteilt werden, deren Treuhandgelder unterschlagen worden sind und die nicht wissen, warum sie eine Honorarnote in diesem Umfang bezahlen müssen? – Ich bekenne mich daher zu dieser Winkelschreiberei und halte sie für notwendig.

Es geht meiner Ansicht nach um vier Bereiche, die in diesem Zusammenhang diskutiert werden müssen. Da sind zunächst einmal die Information und die Aufklärung, die zum Teil kläglich vernachlässigt werden. Es gibt beispielsweise bei den Immobilienmaklern besondere Aufklärungspflichten, die einzuhalten sind, und wenn sie nicht eingehalten werden, kommt es zu einer Minderung des Honoraranspruches. Ich frage mich nun: Warum gibt es eine solche Regelung in Zukunft nicht auch bei den Rechtsanwälten? – Wenn ich mir die Kostenbeschwerden ansehe, dann muß ich grundsätzlich sagen, daß ich das Kostenrecht, wie es sich hier darstellt, als ein anwaltliches Beteiligungsrecht ansehe. (Abg. Dr. Graf: Sie wollen selbst Rechtsanwalt werden!) Je höher der Streitwert, je länger das Verfahren und je nach Verrechnungsart, umso höher sind die Honorarnoten, und das wird noch durch die Tatsache verstärkt, daß der Anwalt auf jeden Fall zu seinem Geld kommt. Kann der Verurteilte nicht zahlen, dann holt er sich das Geld eben bei seinem Auftraggeber. (Abg. Dr. Graf: Zu mir kommen Klienten, die von der Kammer weggeschickt wurden!)

Ein weiteres Problem gibt es im Bereich der Haftung bei Kunstfehlern. Wir haben hier das Problem – das gestehe ich zu –, daß Konsumenten, genauso wie bei Ärzten, nicht bereit sind, zu prozessieren.

Ich begrüße die Treuhandschaften, wie sie derzeit vorgesehen werden können, die Ermächtigung durch Gesetz für die Rechtsanwaltskammer. Ich begrüße die gesetzliche Verankerung im Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz, glaube aber, daß wir noch mehr machen müßten. Wir müßten besondere Aufklärungs- und Informationspflichten im Gesetz festlegen und das Kostenrecht generell diskutieren. Wir brauchen einheitliche, und zwar bundeseinheitliche Regelungen für die Abwicklung von Treuhandgeschäften, und zwar für alle Treuhandberufe, nicht nur für die Rechtsanwälte, sodaß die Jetzelsbergers, Itzlingers, Jeannées und wie sie alle heißen diese Millionenbetrügereien nicht mehr begehen können. Wir brauchen aber auch eine Vertrauensschadenversicherung, die derzeit nur im Bereich des Notariats gegeben ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesen Gesetzesvorlagen und mit einer weiteren Diskussion können wir mehr Rechtssicherheit für die rechtsuchende Bevölkerung in Österreich garantieren. Andererseits können wir damit aber auch das Vertrauen in die rechtsberatenden Berufe wieder stärken. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die über jeden Ausschußantrag getrennt durchgeführt wird.

Zunächst stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1638 der Beilagen.

Dazu gibt es Abänderungsanträge der Abgeordneten Mag. Barmüller und Genossen sowie der Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen.

Ich werde so vorgehen, daß ich über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lasse.

Die Abgeordneten Mag. Barmüller und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Z 4 eingebracht.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Wer dafür ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil des Gesetzentwurfes ist in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen worden.

Die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Z 15 eingebracht.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse jetzt sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Ich bitte um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil ist in der Fassung der Regierungsvorlage mehrheitlich angenommen worden.

Die Abgeordneten Mag. Barmüller und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 19 Abs. 1 in Artikel IV Z 4 eingebracht.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Abänderungsantrag ist abgelehnt.

Ich lasse jetzt über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Wer dafür ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Dieser Teil des Gesetzentwurfes ist in der Fassung der Regierungsvorlage mehrheitlich angenommen worden.

Ich komme jetzt zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dem zustimmt, der möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen jetzt zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf die Zustimmung gibt, der möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1681 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Wer für diese Entschließung ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Diese Entschließung ist mehrheitlich angenommen worden. (E 164.)

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf und Genossen betreffend Beglaubigung durch alle einem Disziplinarrecht unterstellten freien Rechtsberufe.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf und Genossen betreffend Absicherung der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter für den Versorgungsfall, aktives und passives Wahlrecht für Rechtsanwaltsanwärter sowie Einführung der Briefwahl in den Rechtsanwaltskammern.

Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1633 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Graf und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde auch hier so vorgehen, daß ich zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lasse.

Die Abgeordneten Dr. Graf und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Ziffern 15 und 19 in Artikel I vorsieht.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Abänderungsantrag ist abgelehnt worden.

Ich lasse jetzt über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Wer hier zustimmt, der möge ein Zeichen geben. – Der genannte Teil des Gesetzentwurfes ist in der Fassung der Regierungsvorlage mehrheitlich angenommen worden.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, der soll ein Zeichen der Zustimmung geben. – Dieser Teil ist einstimmig angenommen worden. Einstimmige Annahme.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Der Entwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf und Genossen betreffend Einführung neuer österreichweiter Register und Urkundenarchive.

Wer für diesen Antrag ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt.

9. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1553 der Beilagen): Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 7 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 6 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 2 (1677 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1526 der Beilagen): Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr samt Anhang (1678 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr kommen wir zu den Punkten 9 und 10 der Tagesordnung. Darüber wird die Debatte unter einem durchgeführt.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht begehrt.

Ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Dr. König das Wort mit einer gewünschten Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

19.06

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit den beiden gegenständlichen Vorlagen beseitigt der Nationalrat Lücken bei der Bekämpfung des international organisierten Verbrechens. Es ist heute ja eine bekannte Tatsache, daß die großen Mittel, die die Europäische Union an Förderungen verwaltet, naturgemäß das Interesse der international organisierten Kriminalität in besonderem Maße wecken und man versucht, durch Bestechung und Korruption und auf andere Weise an diese Mittel heranzukommen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

So steht etwa im Übereinkommen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaft die Feststellung, daß der Betrug im Zusammenhang mit den Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaften in vielen Fällen grenzüberschreitende Formen annimmt und häufig von kriminellen Organisationen begangen wird. Die beste Maßnahme dagegen ist zweifelsohne die Vorbeugung, nämlich eine saubere Verwaltung und wirksame Kontrollen.

Aber dort, wo man nun feststellt, daß kriminelle Handlungen begangen wurden, gibt es derzeit Lücken, weil die strafrechtlichen Bestimmungen entweder nicht vorhanden oder unterschiedlich sind und daher eine Verfolgung nicht möglich ist. Diese Lücken wollen die beiden Vorlagen schließen, und zwar die Konvention bezüglich der Bekämpfung von Bestechung und Korruption – nun weitergehend, nämlich für alle OECD-Staaten – und das Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union für den Bereich der Europäischen Union.

Dabei geht es nun im wesentlichen darum, daß man Mindeststraftatbestände einheitlich normiert, daß man dafür sorgt, daß es auch eine Verfahrenshilfe gibt, und daß dann, wenn es notwendig ist, auch eine Auslieferung erfolgen kann. Das heißt, all das, was man jetzt so schmerzlich vermißt, soll auf diese Weise geschaffen werden.

Ich glaube, daß das ein ganz wichtiger Schritt ist, der dazu beitragen wird, daß man in diesem Kampf gegen die internationale organisierte Kriminalität tatsächlich auch Erfolge haben wird.

Von Nachrednern wird ein Entschließungsantrag der beiden Regierungsparteien eingebracht werden, in dem wir die Marschroute für die Reformen in Brüssel als Unterstützung der Forderungen des Europäischen Parlaments in diesem Bereich festlegen. Dazu gehört nach dem Bericht der unabhängigen Kommission über die Anschuldigungen betreffend Betrug, Mißmanagement und Nepotismus in der Europäischen Kommission vor allem natürlich die rasche Einsetzung einer handlungsfähigen neuen Kommission.

Die heute erfolgte Einigung der Regierungschefs auf den früheren italienischen Ministerpräsidenten Prodi als Kandidaten für den Vorsitz ist nun eine Chance, daß tatsächlich nach dem Amsterdamer Verfahren dann mit dem Europäischen Parlament rasch eine Einigung erfolgen kann und daß es sehr schnell zu solch einer neuen Kommission kommt, in der natürlich jene Kommissare, denen gegenüber die unabhängige Kommission Vorwürfe erhoben hat, nicht wieder aufscheinen können.

Es geht aber nach den Vorschlägen der Sachverständigen noch um viel mehr. Es geht nämlich darum, daß man eine persönliche Verantwortung für die Kommissare festlegt, damit nicht immer die ganze Kommission zurücktreten muß, wenn es ein Verfahren geben soll. Es geht auch darum, daß die Beamten bei Amtsdelikten nicht immun sind. Es geht darum, daß die UCLAF, die Betrugseinheit, unabhängig ist und auch die Mittel bekommt, sich entsprechend einsetzen zu können, und es geht vice versa darum, daß dem Europäischen Rechnungshof die Möglichkeit gegeben wird, auch besser über die Verwendung dieser Förderungsmittel in den nationalen Mitgliedstaaten Nachforschungen und Kontrollen durchzuführen.

Das ist, glaube ich, das Wesentliche, was wir hier erreichen müssen. Ich meine, wir können gemeinsam feststellen: Transparenz und wirksame Kontrollen stellen die beste Voraussetzung dafür dar, daß Europas Bürger auch wieder Vertrauen in eine saubere Verwaltung der EU haben können. (Beifall bei der ÖVP.)

19.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.12

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege König hat schon alles Wesentliche zu den beiden Übereinkommen gesagt. Sie sind durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen. Zum Teil ist das bereits durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1998 erfolgt, zum Teil wird es in naher Zukunft geschehen.

Was die beiden Übereinkommen so aktuell macht, ist vor allem die aktuelle Situation in der Europäischen Union, die Krise, die durch den Rücktritt der gesamten Kommission ausgelöst worden ist oder, besser gesagt, nicht durch den Rücktritt, sondern durch das Verhalten einzelner Kommissare, das gekennzeichnet war durch Mißwirtschaft, durch Vetternwirtschaft und Korruption, was dann dazu geführt hat, daß das Europäische Parlament Forderungen gestellt und der Weisenrat einen Bericht erstattet hat, der eine sehr deutliche Sprache spricht und der gesamten Kommission, wenn auch nicht allen Kommissaren, nicht gerade Mißwirtschaft, aber doch schwere Mängel vorwirft.

Ich möchte in diesem Zusammenhang die Tätigkeit unseres Kollegen, des sozialdemokratischen Mitglieds des Europäischen Parlaments Herbert Bösch sehr würdigen, der sich schon seit langer Zeit, seit Beginn seiner Tätigkeit im Europäischen Parlament als Mitglied des Haushaltsausschusses sehr genau mit dieser Betrugsbekämpfung auseinandergesetzt hat, der anfangs sogar belächelt wurde, weil er so akribisch genau in den Akten geforscht und untersucht hat, dem aber jetzt die Ergebnisse eindeutig recht geben.

Ich finde daher, daß es ein richtiges Zeichen war, daß die gesamte Kommission zurückgetreten ist. Ich halte es auch für sehr positiv, daß heute im Europäischen Rat eine Einigung über den Kandidaten für den Präsidenten der Kommission gefunden worden ist. Dies zeigt, daß der Europäische Rat das Problem ernst nimmt, daß ein Neubeginn gestartet werden soll und – was auch sehr wichtig ist – daß es möglich war, eine Einigung im Hinblick auf die Kommission zu erzielen. Ich hoffe daher, daß dem Europäischen Parlament bald ein Vorschlag betreffend die erneuerte Kommission vorgelegt werden kann.

Für das Europäische Parlament ist das sicher eine sehr positive Entwicklung, die die gestärkte Rolle zeigt, die es in Europa nach Maastricht und Amsterdam spielt. Diese Stärkung des Europäischen Parlaments ist zweifellos gerechtfertigt und hat auch in den letzten Wochen ihre Rechtfertigung gefunden.

Es geht aber nicht nur um neue Gesichter, sondern um eine Strukturreform, es geht darum, vorhandene Mängel zu beseitigen, die Kontrolle zu verbessern und auch die Möglichkeit zu schaffen, daß auch einzelne Kommissare abgelöst werden können.

Da wir Österreicherinnen und Österreicher sehr daran interessiert sein müssen, daß die Europäische Union funktioniert, daß korrekt vorgegangen wird, daß die Mittel sinnvoll und ordnungsgemäß eingesetzt werden, möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption und für mehr Transparenz in der Europäischen Union

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung:

Die Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, alle schon eingeleiteten Maßnahmen auf europäischer Ebene intensiv fortzusetzen,

1. um eine politisch voll handlungsfähige Kommission nach dem Verfahren des Vertrages von Amsterdam möglichst rasch zu bestellen, wobei jedenfalls zu berücksichtigen ist, dass dieser neuen Kommission keinesfalls Personen angehören dürfen, deren Verantwortlichkeit in den vom Ausschuss unabhängiger Sachverständiger geprüften Fällen festgestellt wurde;

2. um schnellstmöglich ein Verfahren festzulegen, nach dem es möglich ist, einzelne Kommissare zur Verantwortung zu ziehen;

3. um die unabhängige Anti-Betrugsbehörde mit den notwendigen Kompetenzen und Einschaurechten sowie den notwendigen Ressourcen auszustatten, die für die Erreichung des Zieles dieser Behörde notwendig sind;

4. um das Immunitätenprotokoll in die Richtung abzuändern, dass Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaft keine Immunität bei Amtsdelikten zukommt;

5. damit die Anstellungsverfahren der Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaft regelmäßig auf die Korrektheit des Verfahrens überprüft werden und eine Anstellung außerhalb dieses Verfahrens nicht mehr möglich ist;

6. um die Ansätze für strukturelle Reformen – etwa im Rahmen einer interinstitutionellen Vereinbarung zwischen Parlament, Kommission und Rat – zu unterstützen, wobei folgende Punkte hervorzuheben sind:

eine Änderung der Haushaltsordnung, wonach auch die persönliche Verantwortung einzelner Kommissionmitglieder zu berücksichtigen ist;

die Stärkung der Position der Kommissare gegenüber ihrem Beamtenapparat, damit sie ihrer politischen Verantwortung gerecht werden können;

Stärkung der parlamentarischen Kontrollrechte;

unverzügliche und ausnahmslose Information der nationalen Justizbehörden über Fälle von vermuteten Betrug, Korruption oder anderen Delikten, wo der Verdacht besteht, dass EU-Beamte verwickelt sind;

7. um dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rechnungshof durch einen erleichterten und erweiterten Informationszugang die Erfüllung ihrer Kontrollaufgaben in einem qualitativ besseren Maß zu ermöglichen;

8. um einen Verhaltenskodex für die Kommissare und EU-Beamte zu erarbeiten, wonach unter anderem außergewöhnliche Vermögenszuwächse transparent gemacht werden müssen und klare Unvereinbarkeitsregelungen definiert sind.

*****

Herr Präsident! Ich ersuche Sie, diesen Entschließungsantrag in die Verhandlungen mit einzubeziehen, und möchte nochmals betonen, daß es sich hier um sehr wichtige Punkte handelt und es im Interesse aller Österreicherinnen und Österreicher liegt, daß es in der Europäischen Union zu einer grundlegenden Reform kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

19.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Da der Antrag ordnungsgemäß eingebracht und entsprechend unterstützt ist, komme ich Ihrem Wunsche gerne nach. Der Antrag steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.19

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst noch ein Wort zu einem Vorredner zum vergangenen Tagesordnungspunkt: Was einem da von seiten eines kammerbeamteten Rechtsvertreters an Haß und Neid entgegenschlägt, einem ganzen Berufsstand und jedem Vertreter dieses Berufsstandes, das macht einen frösteln. Ich bin nur dankbar dafür, daß mit so offenem Visier gekämpft wird, denn da werden alle Freiberufler und alle, die wissen, was die freien Berufe in der Demokratie bedeuten, erkennen, daß sie in Zukunft vor dieser Ecke, aus der diese frösteln machenden Worte kommen, sehr auf der Hut sein werden müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zum Thema. Ein altes Sprichwort sagt, daß der Gesetzgeber den Straftätern immer nachhinkt, und zwar um längere Zeiträume. Das ist auch bei der gegenständlichen Vorlage zweifellos der Fall. Wenn man die Präambel liest, dann erkennt man das deutlich. Und es ist alles sehr aktuell, man braucht nur die Zeitungen der letzten Tage aufzuschlagen.

Darin heißt es unter anderem:

"In Anbetracht der Tatsache, daß der Betrug im Zusammenhang mit den Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaften in vielen Fällen grenzüberschreitende Formen annimmt und häufig von kriminellen Organisationen begangen wird,

in der Überzeugung, daß der Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften es erfordert, betrügerische Handlungen zum Nachteil dieser Interessen strafrechtlich zu verfolgen und zu diesem Zweck eine einheitliche Definition festzulegen", und so weiter.

Das heißt, das Sittenbild der Kommission und aller ihrer Gliederungen liegt offen. Spät, aber doch – immer mit einer gewissen Verzögerung, es kann gar nicht anders sein – reagiert der Gesetzgeber.

Ich behaupte, daß es sich dabei nicht um Ausreißer in Brüssel und Umgebung handelt, sondern daß die Kriminalität nahezu systemimmanent geworden ist. Es findet dort, zumindest was die Beamten anlangt, keine echte Auswahl und überhaupt keine Kontrolle statt. Und wozu hat es geführt? – Daß vor ein paar Tagen die ganze Kommission den Hut nehmen hat müssen.

Ein systemimmanenter Vorgang, und der Gesetzgeber reagiert. Auch die Freiheitlichen werden zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.21

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Erstens einmal freue ich mich sehr darüber, daß wir im Hohen Haus in dieser Angelegenheit eigentlich alle die gleiche Meinung haben, daß nämlich das Übereinkommen, das in Österreich großteils ohnehin schon umgesetzt worden ist, absolut notwendig ist.

In diesem Zusammenhang möchte ich ein Wort zurücknehmen, das ich anläßlich der Dringlichen verwendet habe, und das ist das Wort "Schweinerei". Ich möchte mich ausdrücklich für diese unangemessene Ausdrucksweise im Hohen Haus entschuldigen.

Nun zur Rede der Vertreterin der SPÖ: Herr Kollege Bösch, Vertreter im Europäischen Parlament, hat die Kontrolle nicht erfunden. Es hat schon, bevor wir Mitglied der Europäischen Union geworden sind, einige Budgets gegeben, die nicht endabgestimmt worden sind, weil der Ausschuß für Budgetkontrolle seine Zustimmung lange verweigert hat, weil die Kommission Umsetzungen, die dringend notwendig waren, nicht getätigt hat. Deshalb glaube ich, daß nicht wir uns das an die Fahnen heften sollten, sondern das ist ein Mechanismus, den es in der Europäischen Union schon länger gibt. Die Effizienz dieses Mechanismus ist allerdings in Frage zu stellen.

Was die Kontrollbehörde der Kommission, die UCLAF, anbelangt, so muß gesagt werden, daß dort ungefähr 960 bis 970 Verfahren anhängig sind. Bei 90 Prozent dieser Verfahren liegt es in der Hand der jeweiligen Regierungen, Betrugsbekämpfungen vor jenes Gericht zu bringen, das dafür zuständig ist. 90 Prozent der bekannten Betrugsfälle werden von den Regierungen der jeweiligen Staaten nicht gerichtsanhängig gemacht. Da sollten wir ansetzen. Das ist der Punkt, wo wir sagen müssen: Herr Finanzminister! Herr Justizminister! Wenn Sie das nicht einem ordentlichen Verfahren unterziehen, dann bekommen Sie nächstes Jahr in der entsprechenden Budgetzeile um den strittigen Wert weniger ausgezahlt. Das wäre eine faire Sache. Dann könnte man sagen, sobald es dem Staatsanwalt übergeben worden ist, ist die Sache für die Europäische Union erledigt, und die Justizbehörden der jeweiligen Länder sollen sich damit auseinandersetzen.

Aber zu diesem Punkt kommt es gar nicht. Ich war im Jahre 1996 selbst Berichterstatterin in finanziellen Angelegenheiten für das damals größte Umweltprogramm der EU. Es war ein Betrugsfall in Italien, der nicht einmal gerichtsanhängig gemacht worden ist, obwohl man genau gewußt hat, da handelt es sich um Vetternwirtschaft, da sind keine Leistungen erbracht worden und so weiter und so fort. Damals wurde mir gesagt, daß es keine Handhabe gibt. Wenn die italienische Regierung nicht aktiv wird, dann sind uns die Hände gebunden, und wir können nichts machen.

Deshalb: Der Ansatz sind die Regierungen. Wenn die Sozialdemokraten sich brüsten, an der Spitze der Mehrheit der Regierungen in Europa zu stehen, dann muß ich sagen: In puncto Betrugsbekämpfung haben sie vieles nachzuholen. Sie sollten nämlich dort ansetzen, wo sie es können, und den Finanzminister zwingen, einen Kuhhandel zu machen: Du klagst an, daher bekommst du die Gelder, wenn du nicht anklagst, dann bekommst du um diesen Prozentsatz weniger. – Aber das wird nicht gemacht.

Im übrigen muß ich sagen: Wenn das Europäische Parlament jetzt eine Betrugsbekämpfungseinheit bekommt, wobei der Vorsitzende dieser Einheit eine Person sein wird, die von der Kommission nominiert worden ist, dann ist das meiner Ansicht nach absurd! Das ist doch in diesem Fall überhaupt keine Kontrolle. Es sollte doch in der Hand des Parlaments sein, wer die Kommission kontrolliert, aber die Personen sollten sicherlich nicht über einen Vorschlag der Kommission bestellt werden.

Es gibt weltweit Unternehmen, die sich dieser Kontrollen angenommen haben, die weltweit aktiv werden und überall ihre lokalen Büros haben. Warum nimmt man nicht private Institutionen für die Kontrolle? Warum muß man sich dafür eine Verdoppelung und eine Verdreifachung der Mechanismen überlegen, die es ohnehin schon gibt? Wofür gibt es einen Europäischen Rechnungshof? Warum muß man jetzt noch eine Einheit erfinden?

Zu dem von der Sozialdemokratischen Partei hier mit dem Heading "Die Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, alle schon eingeleiteten Maßnahmen auf europäischer Ebene intensiv fortzusetzen" eingebrachten Entschließungsantrag möchte ich sagen: Es ist doch lachhaft, was bis jetzt gemacht worden ist! Das ist nicht eine intensive Fortsetzung, sondern das ist einmal eine grundsätzliche Überlegung, was gemacht werden soll. Im Prinzip hätten wir Mechanismen, aber sie funktionieren noch nicht.

Ich komme zum nächsten Punkt. Daß jetzt Herr Prodi bestellt worden ist, halte ich für eine sehr gute Sache. Das heißt allerdings, daß Herr Santer in den nächsten Tagen zu gehen hat. Die Kommissare, die der Grund für die Kippung der gesamten Kommission waren, bleiben aber im Amt. Wie lange sie im Amt bleiben, wissen wir nicht. Wir hoffen, daß sie bis Ende Mai ihren Abschied genommen haben. Aber sicher sind wir uns dessen nicht. Sie können selbstverständlich auch bis Dezember amtsführend sein. Das ist doch kein Neuanfang, der da deklariert wird, sondern eigentlich ein stotternder Motor, der nicht weiß, wie er weiterzufahren hat. Das kreide ich an. Wir sollten eine neue Kommission verlangen, und zwar sollten alle Kommissionsmitglieder neu bestellt werden.

Ich möchte keine persönlichen Unterstellungen gegen den Herrn Kommissar Fischler tätigen. Da bin ich vielleicht mißverstanden worden. Er hat sich sicherlich nicht einer persönlichen Bereicherung schuldig gemacht. Aber er hat gewußt, daß es in großen Bereichen der Kommission nicht zum besten bestellt war. Die Betrugsbekämpfung ist nicht in Ordnung. Es werden eigentlich die Bestellungen nicht nach den Standards der EU vorgenommen. Die gesamte Kommission hat dieses Verhalten abgedeckt, und die gesamte Kommission war im Jänner nicht bereit, zu gehen, als sie vor dem Europäischen Parlament die Möglichkeit bekommen hat, diesen Schritt zu setzen. Und das kreide ich an!

In einem Bereich, von dem wir wissen, daß wir zwischen 4 und 5 Prozent an Korruptionsfällen zu erwarten haben, zu sagen, ich bin völlig unschuldig – das ist eben der Punkt, der nicht in Ordnung ist. Persönlich ist Herr Fischler ein sehr wertvoller Politiker. Allerdings gibt es in der Betrugsbekämpfung auch in puncto Landwirtschaft mehr als nur einiges nachzuholen. Ich bedauere, daß man das nicht in Angriff nehmen will. Ich bedauere, daß der Neuanfang der Kommission so starten soll, daß ungefähr die Hälfte der Kommissionsmitglieder im Amt verbleibt. Das sollte eigentlich nicht so sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Neuanfang heißt, daß selbstverständlich die Errungenschaften des Amsterdamer Vertrages als Grundlage für die Bestellung dieser neuen Kommission herangezogen werden sollten. Da dieser Amsterdamer Vertrag aber erst ungefähr im Juni dieses Jahres in Kraft treten wird, glaube ich, man sollte, wenn man eine neue Kommission im Mai bestellt, tunlichst unter Vorwegnahme dieses Vertrages die Bestellungen nach diesen Kriterien vornehmen und sie nicht außer acht lassen.

Ich glaube, wir haben in der Europäischen Union viel nachzuholen. Die Tatsache, daß unter Umständen beinahe jeder 20. Schilling in falsche Taschen gelangt, muß uns wirklich alle aufrütteln. Und da sind insbesondere alle Regierungen Europas aufgefordert – nicht nur die Parlamente, sondern alle Regierungen Europas –, alle Betrugsfälle gerichtsanhängig zu machen. Ansonsten gibt es kein Geld von der EU. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.30

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Protokoll und zum Abkommen und vor allem auch zum Übereinkommen bezüglich der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr – was jetzt nicht auf die EU beschränkt ist –, gäbe es eigentlich nicht viel zu sagen, außer daß alle dafür sind und das für sinnvoll halten.

Ich war natürlich etwas überrascht von diesem Entschließungsantrag, den Frau Dr. Hlavac hier vorgelesen hat. Da muß ich ein bißchen lachen. (Abg. Dr. Mertel: Dann lachen Sie halt ein bißchen!) Der Herr Bundeskanzler und der Herr Vizekanzler sitzen zurzeit im Europäischen Rat, und wir hoppeln da im Parlament so irgendwie hintennach und segnen das, was Klima und Schüssel schon längst sozusagen absichtsmäßig verkauft haben, hier ab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist jetzt keine Kritik an den inhaltlichen Punkten. Es müßte ja jeder mit Blindheit geschlagen sein, wenn er nicht sagte, daß das abgestellt gehört, was jetzt öffentlich geworden ist, was aufgedeckt wurde – und zwar auch unter Beteiligung österreichischer Abgeordneter; da schließe ich mich Ihrem Lob bezüglich des Herrn Bösch durchaus an, nicht, weil er ein SPÖler ist, sondern weil er ein österreichischer Abgeordneter ist, der Österreich Ehre gemacht hat –, aber daß wir jetzt so quasi die Presseaussendungen von Klima und Schüssel absegnen, nein, also bitte, das geht ein bißchen zu weit!

Das, was Frau Dr. Gredler zuletzt gesagt hat über die wirklich heiklen Dinge, was das Vertrauen der Bevölkerung in die Institutionen der Europäischen Union – auch und vor allem im Hinblick auf den 13. Juni und auf die EU-Wahlen – angeht, ist etwas, was selbstverständlich extrem ernst zu nehmen ist. Wenn Verschwendungswirtschaft, Freunderlwirtschaft, unkontrollierte Geldflüsse etwas sind, was nach den Szenarien der letzten Woche nicht wirklich ernsthaft in Angriff genommen wird – und eine Nagelprobe wird sein, ob man sich bei der Bestellung der neuen EU-Kommission, obwohl es rein rechtstechnisch nicht notwendig wäre, an das Procedere des Amsterdamer Vertrages halten wird, das ja demokratiepolitisch einen höheren Standard als das bisherige Verfahren hat –, dann zeigt sich für mich darin, wie überzeugend jemand ist in dem, was er deklariert, egal, ob das in Entschließungsanträgen, in Presseaussendungen oder in Interviews ist.

Das ist etwas, was für die Wähler und Wählerinnen auch am 13. Juni ein Gradmesser sein wird: Wie kehrt Demokratie in die Europäische Union ein? Und eine ganz wesentliche Frage ist die der Stärkung der parlamentarischen Kontrolle. Das wird sich weisen. Ich glaube, das ist es, was der Nationalrat jetzt tun sollte: Klima und Schüssel auffordern, beim Europäischen Rat Schritte zu setzen und initiativ zu werden, damit das auch tatsächlich passiert, sodaß es keine Formalausreden gibt.

Aber, Frau Dr. Hlavac, ich habe kein Problem damit, dem Entschließungsantrag zuzustimmen. Ich glaube nur nicht, daß er wirklich von ganz ehrlichen Absichten des Einmischens des österreichischen Parlaments getragen ist. Damit meine ich nicht, daß er unehrlich wäre, aber ich formuliere es halt so: Wir stimmen ausnahmsweise auch gerne den beiden Presseaussendungen, nämlich der der "Sozialistischen Korrespondenz" und der des ÖVP-Pressedienstes, zu. Wenn es der Sache dient, ist es gut. Vielleicht machen wir Ihnen einen Gefallen, aber so ganz überzeugt bin ich nicht. Es riecht sehr nach Show. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Mertel: Sie wirken verlegen!)

19.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Konrad.

Vielleicht dürfte ich die Ordner der Klubs, so sie da sind, darauf aufmerksam machen, daß das Präsenzquorum für die anschließende Abstimmung bis jetzt noch nicht erreicht ist.

Bitte, Frau Abgeordnete.

19.34

Abgeordnete Dr. Helga Konrad (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute über Schutzmechanismen in der EU gegen Betrug, Bestechung und Mißbrauch reden und entsprechende Übereinkommen zur Beschlußfassung vorliegen, dann geschieht das natürlich vor dem Hintergrund der Entwicklung in der EU, die vorige Woche im Rücktritt der Kommission gegipfelt hat.

Ich bin überhaupt nicht sarkastisch und schon gar nicht EU-feindlich, wenn ich behaupte, daß die vorliegenden Übereinkommen indirekt ausdrücken, daß der Bericht, der zum Rücktritt der Kommission geführt hat, nur Hinweise auf das gibt, was in einem so großen und schwer überschaubaren Verwaltungsbetrieb passieren kann.

Aber, meine Damen und Herren, all jenen, die komplexe Systeme gerne einfach wegsimplifizieren und differenzierte Strukturen wegleugnen wollen, möchte ich gleich den Wind aus den Segeln der Zustimmung nehmen. Weder die Abschaffung der EU, noch die Abschaffung der Kommission sind die Lösung. (Abg. Dr. Maitz: Die Abschaffung der Frau Cresson!) Ich halte diese dauernden Rufe nach Abschaffung, nach Wegmachen überhaupt für Signale einer fragwürdigen Problemlösungsstrategie. Abschaffen ist sehr oft eine schwache Lösung und oft ist es gar keine.

Gerade angesichts der weltweiten Vernetzung wirtschaftlicher Interessen und Unternehmungen kann die Abschaffung großer politischer und verwaltungstechnischer Netze keine sinnvolle Lösung sein, zumindest keine Lösung im Interesse der Demokratie und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Wer die Europäische Gemeinschaft als politisches und wirtschaftliches Netzwerk ansieht und bewertet, der erkennt, der muß erkennen, daß ihre strukturellen Probleme nicht durch Zerschlagung der Strukturen gelöst werden, sondern durch akkordierte Normen, durch strukturelle Kontrolle und durch überprüfbare Kontrollmechanismen.

Eine Normenübereinkunft wird eben beispielsweise mit dem vorliegenden Abkommen getroffen. Zwischen den nationalen Rechtsordnungen soll somit eine Kompatibilität hergestellt werden, die sicherstellen soll, daß Straftaten zu Lasten der Gemeinschaft, bei denen mehrere Mitgliedstaaten involviert sind, besser verfolgt werden können.

Meine Damen und Herren! Aus den erkannten Fehlern und Schwächen müssen und werden auch Konsequenzen gezogen werden. Die politischen Kontrollmechanismen müssen verbessert und differenzierter werden, die Rechte der Abgeordneten müssen erweitert und die Verwaltung muß in ihren Aufgaben entsprechend, das heißt eben besser ausgestattet werden.

Der heute hier eingebrachte Entschließungsantrag zielt in diese Richtung. Mißstände im Netzwerk sind nicht durch die Auflösung des Netzes, sondern durch eine bessere Knüpfung der Maschen, durch besseres Material, durch Schutzeinrichtungen und durch aufmerksame Nutzerinnen und Nutzer reduzierbar.

Die vorliegenden Übereinkommen begrüßt meine Fraktion als eine solche Schutzeinrichtung, die für das Funktionieren des Netzwerkes notwendig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

19.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Es liegen dazu keine Wortmeldungen mehr vor. Die Debatte ist damit geschlossen.

Es wird auch kein Schlußwort vom Berichterstatter gewünscht.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir über jeden Ausschußantrag getrennt ab.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluß des vorliegenden Vertragswerkes in 1553 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Genehmigung ist stimmeneinhellig erteilt.

Ich lasse nun über den Antrag des Justizausschusses abstimmen, wonach das Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 7 Abs. 2 und das Protokoll zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 6 Abs. 2 aufgrund des Artikels 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen sind.

So Sie dem zustimmen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einhellig der Fall. Angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, daß gemäß Artikel 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes dieses Übereinkommen und die Protokolle in dänischer, englischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, italienischer, niederländischer, portugiesischer, schwedischer und spanischer Sprache dadurch kundgemacht werden, daß diese zur öffentlichen Einsichtnahme während der Amtsstunden im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Diese Zustimmung erfolgt einhellig. Angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption und für mehr Transparenz in der Europäischen Union.

So Sie diesem Antrag beitreten wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. (E 165.)

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Anhang in 1526 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist stimmeneinhellig der Fall. Die Genehmigung ist erteilt.

Ich lasse nun über den Antrag des Justizausschusses, wonach der vorliegende Staatsvertrag gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassen von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

So Sie dem zustimmen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einhellig der Fall. Angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, daß gemäß Artikel 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes die Kundmachung der französischen Sprachfassung des Übereinkommens durch Aufliegen zur öffentlichen Einsichtnahme während der Amtsstunden im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

So Sie dem zustimmen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einhellig der Fall. Dieser Antrag ist somit angenommen.

11. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1571 der Beilagen): Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption samt Erklärung der Republik Österreich (1676 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun den 11. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete,

19.42

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Eine der wichtigsten und, wie ich meine, auch vornehmsten Aufgaben der Politik ist es, für einen bestmöglichen Schutz von Kindern einzutreten, und zwar weltweit. Jedes Kind soll das Recht haben "zur vollen und harmonischen Entfaltung seiner Persönlichkeit in einer Familie und umgeben von Glück, Liebe und Verständnis" aufzuwachsen. – So steht es in der Präambel des Übereinkommens.

Und weiters heißt es: Vorrangig sollen angemessene Maßnahmen getroffen werden, die es dem Kind ermöglichen, im Herkunftsland zu bleiben. – Das heißt, Vorrang vor der Adoption haben all jene Maßnahmen, die die Situation des Kindes im Heimatland, im Heimatstaat verbessern.

Wenn nun für ein Kind im Herkunftsland, im Heimatstaat keine geeignete Familie gefunden werden kann, kann eine internationale Adoption für das Kind den Vorteil bieten, in eine dauerhafte Familie zu kommen. So wichtig aber die Möglichkeit einer internationalen Adoption für ein Einzelschicksal auch sein mag, ist es dennoch aus meiner Sicht kein Ersatz für geeignete sozialpolitische Maßnahmen in den Herkunftsländern.

Festgelegt ist in diesem Übereinkommen auch, daß internationale Adoptionen zum Wohle des Kindes durchgeführt werden müssen, aber auch unter Wahrung der Grundrechte des Kindes stattfinden sollen. Kernpunkt dieses Übereinkommens für internationale Adoptionen ist also die ausdrückliche Verankerung des Kindeswohles, das zu fördern die Aufgabe jedes Adoptionsverfahrens ist.

Absolut zu verhindern sind Kindesentführung, Handel mit Kindern und der Verkauf von Kindern. Ich denke, daß der Kinderhandel eines der fürchterlichsten und schlimmsten Phänomene ist, denen wir heute begegnen. Schon deshalb unterstütze ich die Ratifizierung, weil ich denke, daß dieses Übereinkommen ein Instrumentarium ist, das die internationale Adoption regelt und nicht zum Zwecke des Kinderhandels mißbraucht werden wird.

Das Interesse an internationalen Adoptionen ist in den letzten Jahren enorm gestiegen, gleichzeitig hat aber auch der Mißbrauch zugenommen. In reichen Ländern ist die Bereitschaft größer, Kinder aus ärmeren Ländern zu adoptieren, und da regelt sich der sogenannte freie Markt nach Angebot und Nachfrage; das fördert aber auch die Zunahme des Mißbrauchs.

Private Vereine, religiöse Organisationen und auch Anwälte machen sich weltweit zu Vermittlern von Adoptionen ins Ausland, die häufig nicht das Wohl des Kindes im Auge haben, sondern das Geschäft mit der Not und dem berechenbaren Mitleid zum Ziel haben. Diesem Phänomen müssen wir mit allen geeigneten Mitteln, mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, entgegentreten, denn es darf keinen Kinderhandel geben, und es darf keine Kindesentführung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher hält auch Artikel 4 des Übereinkommens ausdrücklich fest, daß die Zustimmung zur Adoption nicht durch eine Zahlung oder andere Gegenleistungen veranlaßt sein darf, und Artikel 32 untersagt ausdrücklich jeden unstatthaften Gewinn im Zusammenhang mit der Vermittlung und der Abwicklung internationaler Adoptionen.

Ich halte aber auch die Schutzvorschriften des Übereinkommens für sehr wichtig.

Weiters halte ich für wichtig, daß die internationale Zusammenarbeit der Behörden des Heimatstaates und des Aufnahmestaates sichergestellt ist. Sichergestellt ist auch die zentrale Zuständigkeit von Behörden, denn diesbezüglich gab es ein echtes Regelungsdefizit. Das heißt, daß es auch höchste Zeit war, die Ratifizierung nicht länger zu verzögern.

Für ebenso wichtig halte ich es, daß dem Wohl des Kindes höchste Bedeutung zugemessen wird, womit klargestellt ist, daß auch die Interessen anderer Personen zu berücksichtigen sind, zum Beispiel die Rechte der biologischen Eltern und der vorgesehenen Adoptiveltern. Es ist in diesem Sinne zwischen den Interessen aller beteiligten Personen ein Gleichgewicht herzustellen.

Internationale Adoptionen können und sollen, wenn sie nach den Normen dieses Übereinkommens durchgeführt werden, dazu führen, daß Kinder aus einer höchst bedauernswerten Situation, aus aussichtslosen Lebenslagen in eine sichere Lebensumwelt kommen. Es soll aber alles getan werden, um allfällige Mißbräuche absolut zu verhindern.

Dafür bietet das vorliegende Übereinkommen ein taugliches Instrumentarium an, und deshalb unterstützt meine Fraktion im Interesse der Kinder dieses Übereinkommen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schrefel. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.47

Abgeordneter Josef Schrefel (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Das Interesse an internationalen Adoptionen, also Adoptionen über die österreichische Staatsgrenze hinaus, ist in den letzten Jahren in hohem Maße angestiegen. Die auf der heutigen Tagesordnung stehende Regierungsvorlage regelt nun das Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption, wenn das Wahlkind und die künftigen Adoptiveltern ihren Aufenthalt in unterschiedlichen Staaten haben.

Das Interesse an Adoptionen ausländischer Kinder ist auch in Österreich sehr groß. Gerade in den vergangenen Jahren wurden viele Kinder speziell aus Rumänien in Österreich adoptiert. Da nun aber Rumänien dem im Rahmen der Haager Konferenz ausgearbeiteten Übereinkommen zum Schutz der Kinder schon im Jahre 1993 beigetreten ist und es auch unterzeichnet hat, kam es ab diesem Zeitpunkt immer wieder zu Problemen mit jenen Aufnahmestaaten, darunter auch Österreich, die diesem Übereinkommen noch nicht beigetreten waren.

Meine Damen und Herren! Einige unter Ihnen können sich vielleicht an die "help-tv"-Sendung mit Barbara Stöckl erinnern – ich glaube, sie fand im vergangenen Jahr statt –, in der ein derartiges Problem behandelt wurde. Es ging damals um sechs Fälle rumänischer Kinder, für die die Adoptiveltern bereits bekannt waren und auch die Kinder die Eltern bereits kannten, die Adoption aber formell nicht durchgeführt werden konnte.

Damals hat Außenminister und Vizekanzler Schüssel persönlich beim rumänischen Außenamt interveniert und konnte das Problem positiv für die Kinder und die Adoptiveltern erledigen. Diese damalige Initiative Schüssels hat im Vorfeld dazu geführt, daß die Notwendigkeit des Beitritts Österreichs zum Übereinkommen erkannt und rasch in die Tat umgesetzt wurde.

Sehr rasch reagiert wurde auch vom Justizministerium in seiner Eigenschaft als österreichische Zentralbehörde. Bereits im Dezember 1998 wurde im Ministerrat ein Antrag vorgelegt, dem gemäß das Übereinkommen am 18. Dezember unterzeichnet wurde. An dieser Stelle möchte ich dem Herrn Bundesminister für Justiz und seinen Beamten nochmals herzlich dafür danken. (Beifall bei der ÖVP.)

Erklärtes Ziel des Übereinkommens ist es, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption zu verbessern und zu gewährleisten, daß internationale Adoptionen nur zum Wohl des Kindes und unter Wahrung seiner Grundrechte stattfinden dürfen und daß Adoptionen zum Zweck des Kinderhandels ausgeschlossen werden.

Grenzüberschreitende Adoptionen von Kindern erfordern, daß deren Wohlergehen geschützt wird. Kinder werden am besten geschützt, wenn ihre neuen Adoptiveltern die vollen Rechte und Pflichten innehaben, die sie brauchen, um ihre Elternrolle auch richtig ausführen zu können.

Weiters wird eine internationale Zusammenarbeit zwischen den Behörden des Heimatstaates und den Aufnahmestaaten gewährleistet. Die örtlich zuständige Landesregierung als Trägerin der Wohlfahrten und der Jugendwohlfahrt werden als österreichische Zentralbehörden mit der räumlichen Zuständigkeit für das jeweilige Bundesland bestimmt. Die Landesregierungen haben auch darauf zu achten, daß nur ordnungsgemäß zugelassene Organisationen oder Vereine die Genehmigung zur Adoption erhalten. Sie müssen die Befähigung nachweisen, daß sie die ihnen aufgetragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen.

Der Justizausschuß hat deshalb diese Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 17. März in Verhandlung genommen und vollinhaltlich gebilligt. Seitens meiner Fraktion kann ich dem Übereinkommen die volle Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haller. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.52

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Auch ich bekenne mich zur Präambel dieses Übereinkommens, in der so wunderschön steht, daß "das Kind zur vollen und harmonischen Entfaltung seiner Persönlichkeit in einer Familie umgeben von Glück, Liebe und Verständnis aufwachsen sollte."

Aber wissen Sie, was ich mir wünschen würde? – Ich würde mir wünschen, daß der Schutz von Kindern bereits am Beginn der Entstehung des Lebens beginnen könnte (Abg. Amon: Könnte oder sollte!), daß man schwangeren Frauen in Bedrängnis besser als bisher beistehen könnte, daß man es ihnen besser als bisher ermöglichen könnte oder daß man ihnen helfen könnte, nicht abtreiben zu müssen (Abg. Amon: Könnte oder sollte!), und daß man, wenn es wirklich nicht anders geht, diese Kinder dann zur Adoption freigeben könnte. Denn ich weiß es und ich erfahre es immer wieder, wie schwierig es für österreichische Paare mit Kinderwunsch ist, Kinder adoptieren zu können. Es gibt irrsinnig lange Wartezeiten, und das ist sicherlich einer der Gründe, der jetzt dazu geführt hat, daß man sich zur Ratifizierung dieses Übereinkommens auch in Österreich bekennt, denn im Vorblatt, das mit der Problemstellung beginnt, steht als erster Satz: "Das Interesse an internationalen Adoptionen (Adoptionen über die österreichischen Staatsgrenzen hinaus) ist in den letzten Jahren in besonderem Maße angestiegen." Und weiters: "Damit besteht nunmehr das praktische Bedürfnis, daß Österreich das Übereinkommen rasch ratifiziert."

Sicherlich ist das einer der Gründe, und ich bekenne mich natürlich auch dazu, daß man dieses Abkommen, so rasch es nun geht, ratifiziert, denn es hat ja wirklich eine sehr lange Vorlaufzeit gehabt. Bereits im Jänner 1989 hat sich die Haager Konferenz mit diesem Thema befaßt. Nach langen Verhandlungen und intensiver Ausarbeitung der Präambel wurde es in der 17. Session der Haager Konferenz im Mai des Jahres 1993 einstimmig angenommen.

Man hat sich, glaube ich, wirklich sehr ausführlich und intensiv Gedanken darüber gemacht – das ist auch in diesem Übereinkommen dokumentiert –, und trotzdem war wieder ein langer Weg zurückzulegen, ehe das Übereinkommen nach Österreich gekommen ist und wir uns in Österreich dazu entschlossen haben, über das Übereinkommen nachzudenken und zu beraten, denn bereits seit dem Jahre 1994 liegt es auch in deutsch auf.

Es ist ein offenkundiger Wunsch der österreichischen Paare, die Kinder haben wollen, daß man, vor allem dann, wenn die In-vitro-Fertilisation nicht möglich ist, erfolglos ist, Kinder adoptieren kann. Ich glaube, wir sollten dem nicht im Wege stehen, deshalb werden wir diesem Übereinkommen natürlich auch unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Motter. – Bitte.

19.55

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir stimmen dem Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption samt Erklärung der Republik zu.

Frau Kollegin Mertel, ich gehe konform mit Ihren Ausführungen, und ich möchte mir aus zeitökonomischen Gründen ersparen, Wiederholungen hier noch einmal zu bringen. Sie haben vollkommen recht damit, was das Wohl des Kindes betrifft.

Gestatten Sie mir aber doch, meine Damen und Herren, noch eine kurze Anmerkung – auch meine Vorrednerin hat dies bereits angemerkt –: Fünf Jahre hat es gedauert, bis nun Österreich die Unterzeichnung des vorliegenden Übereinkommens vollzieht. Ich glaube, daß durch diese lange Zeit sicherlich einiges in der Adoption versäumt wurde, was sicherlich nicht dem Wohle zahlreicher Kinder und deren adoptionswilliger Eltern gedient hat. Ich hoffe, daß wir das jetzt baldigst nachholen können und daß wirklich zum Wohle betroffener Kinder mehr geschehen kann.

Das Übereinkommen wird jetzt zwar ratifiziert, doch anstatt, wie vorgesehen, eine zentrale Behörde zu nominieren, will man alle neun Landesregierungen zu zentralen Behörden machen, obwohl wir wissen, daß es eines der Ziele des Übereinkommens ist, für jeden Staat eine zentrale Behörde – entweder eine öffentliche oder private Einrichtung – zu installieren. Ich meine, Österreich ist ein so kleiner Staat, daß er es sich leisten könnte, eine zentrale Stelle einzurichten, wurde doch zum Beispiel in Deutschland ein privater Verein, und zwar der Internationale Sozialdienst, zur zentralen Behörde bestimmt.

Weiters wissen wir auch, meine Damen und Herren, daß sich die rumänische Behörde für eine zentrale Behörde aussprach. Dieses sinnvolle Ziel wird aber, wie im Artikel 6 Abs. 1 ersichtlich, nicht erreicht, da eben nicht, wie vorgesehen, eine zentrale Behörde zur Wahrnehmung der sich aus diesem Übereinkommen ergebenden Aufgaben bestimmt wird, sondern alle neun Landesregierungen – meine Damen und Herren, Sie haben richtig gehört – werden in Österreich zur zentralen Behörde erklärt – und dies wirklich ohne zwingenden Grund!

Meine Damen und Herren! Föderalismus ja, aber in diesem Fall ist für uns nicht nachvollziehbar, warum. Die Größe unseres Staatsgebietes kann es wohl nicht sein. Auch besteht in Zukunft nicht die Gefahr, daß ein enormes internationales Adoptionsaufkommen Platz greifen wird, das nicht von einer Stelle aus zu bewältigen wäre.

Es ist für uns auch nicht nachvollziehbar, warum nicht schon aus Gründen der wesentlich höheren Effizienz eine zentrale Stelle bestimmt wird, die sich auch der Hilfe einer im Artikel 9 genannten Organisation, wie zum Beispiel des Vereins "Initiative Pflegefamilie", bedienen könnte, deren MitarbeiterInnen aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit sicherlich höchst qualifiziert wären, dies zu verrichten. Seit dem Jahre 1990 arbeitet der Verein "Initiative Pflegefamilie" auf vertraglicher Basis, und die MitarbeiterInnen sind die AnsprechpartnerInnen für das rumänische Adoptionskomitee.

Ich bin der Meinung, daß ein solches Vorgehen wohl auch am ehesten der Forderung des Artikels 35 gerecht würde, wonach die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten im Adoptionsverfahren mit gebotener Eile handeln können sollten. Das ist, glaube ich, nicht gegeben, wenn neun Landesregierungen ihr Süppchen kochen und es vielleicht auch wieder verzögern können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Abschließend stellt sich daher für mich die Frage: Warum wurde wieder einmal eine Chance für ein sinnvolles Unterfangen vertan? – Herr Minister, ich erwarte mir von Ihnen darauf eine Antwort! (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister für Justiz. – Bitte, Herr Bundesminister.

20.00

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dazu befragt, daß in Österreich als zentrale Behörde die neun Landesregierungen genannt sind, antworte ich: Das entspricht der österreichischen verfassungsrechtlichen Kompetenzsituation, weil die Landesregierungen die Träger der Jugendwohlfahrt für ihr Bundesland sind. (Zwischenruf der Abg. Motter.) Für eine Verfassungsänderung bin ich nicht zuständig und sind die Länder auch nicht zu haben. Die zentrale Behörde muß – auch darüber ist heute gesprochen worden – durchaus nicht alle Aufgaben selbst erfüllen. Sie kann sich dabei auch anderer staatlicher Stellen, etwa der Jugendämter, oder auch anderer privater Organisationen, die sie landesrechtlich zuläßt, bedienen.

Daß wir einen gewissen Beobachtungszeitraum bis zum Vorschlag der Ratifizierung verstreichen ließen, habe ich im Ausschuß damit begründet – ich möchte das hier wiederholen –, daß durch diese neuen Bestimmungen die traditionellen internationalen Adoptionen sozusagen aus den europäischen Kernländern nunmehr einer gewissen Bürokratisierung unterworfen werden und daher beobachtet werden sollte, welche praktischen Auswirkungen die Anwendung dieses Übereinkommens bei jenen Ländern, die es ratifizieren, hat; außerdem wird dieses Übereinkommen auch von den Herkunftsländern in entsprechendem Ausmaß ratifiziert.

Ich darf darauf hinweisen, daß derzeit von den namhaften europäischen Ländern nur die Niederlande und Frankreich eine Ratifizierung vorgenommen haben, insbesondere unsere unmittelbaren Nachbarländer Deutschland, Schweiz und Italien eine Ratifikation aber noch nicht vorgenommen haben. Ich glaube aber, daß vor allem die Erfahrungen mit Rumänien – auch wenn die Verfahren, wie wir gehört haben, im Einzelfall positiv erledigt werden konnten – gezeigt haben, daß es sinnvoll ist, besonders im Hinblick auf die Vielzahl von Adoptionen aus entfernteren Herkunftsländern den Weg dieses Übereinkommens zu gehen und bei internationalen Adoptionen aus den europäischen Nachbarländern eher eine gewisse Bürokratisierung durch dieses Übereinkommen in Kauf zu nehmen. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.03

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Ausschuß haben schon alle Fraktionen ihre Zustimmung zu diesem Haager Übereinkommen erklärt, wie dies auch heute der Fall sein wird.

Mir ist es ein Bedürfnis, hier nur etwas zu der Problematik zu sagen, warum Adoptionen über die Staatsgrenze hinweg immer bedeutsamer werden, und zu dem Argument, daß es so schwierig ist, in Österreich zu einem Adoptivkind zu kommen, weil die Anmeldefristen so lang und die Auflagen so groß seien und so weiter. – Das ist eine Tatsache, die wirklich zutrifft. Sie ist aber zum Teil auch dadurch bedingt, daß dieses föderative Prinzip – da hat jetzt Ihre Beantwortung auf die Ausführungen von Kollegin Motter schon einiges vorweggenommen – natürlich mit einem Abkommen dieser Art nicht aufgehoben werden kann. Und wenn die Jugendwohlfahrtsträger heute in den jeweiligen Ländern residieren und auch die Länderkompetenz so festgelegt ist, dann bedürfte das einer weit größeren Umstrukturierung.

Nichtsdestotrotz meine ich, daß der Nationalrat Verantwortung für dieses, gesellschaftlich betrachtet, ernsthafte Problem hat, warum es einen so großen Mangel an beziehungsweise eine so große Nachfrage nach Babys gibt, die in Österreich adoptiert werden könnten. Ich meine, daß es nicht nur an den Schikanen durch die Bürokratie liegt, sondern daß das eine Frage des gesellschaftlichen Bewußtseins ist. Es ist für eine Frau unglaublich schwierig, sozusagen die Hürden der Entscheidung zu überwinden und ihr Kind zur Adoption freizugeben. Denn das unterliegt nach wie vor einer ganz starken gesellschaftlichen Ächtung. Diesbezüglich hat noch eine lange Diskussion und eine Veränderung der Einstellung in den Köpfen stattzufinden.

Ich glaube, daß der Gesetzgeber dazu nur einen ganz kleinen Beitrag leisten kann. Wenn es bürokratische oder sonstige Hindernisse gibt, beispielsweise die Absurdität, die man immer wieder zu hören bekommt, daß man, wenn man über 35 ist, kein Kind mehr adoptieren kann, dann ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Michalek.) – Darüber gibt es keine Vorschrift. Trotzdem ist es Praxis! Mir ist das durchaus bekannt. Das entspricht eben nicht mehr den heutigen Vorstellungen darüber, wann Familien gegründet werden sollen und in welchem Alter. Ich weiß nicht, ob der Justizausschuß dafür das befugte Gremium ist. Ich meine, daß es auch im Familienausschuß aus Sicht der betroffenen Mütter Diskussionen darüber geben sollte, wie Barrieren überwunden werden könnten, wenn es um die Problemstellung geht, Kinder zur Adoption freizugeben.

Das ist eine Erfahrung, die ich jetzt unter anderem auch im Zusammenhang mit den ständigen Nachfragen gemacht habe, wann in bezug auf Rumänien das Haager Übereinkommen in Österreich endlich in Kraft treten wird. Denn Kinder im Ausland zu adoptieren, ist für viele Paare der einzige Ausweg, Kinder zu bekommen. Und die Verbesserung dieser Möglichkeit ist nicht nur ein kurzfristiges Ziel, sondern wäre als längerfristiges Ziel durchaus auch eine Aufgabe des Hohen Hauses. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Michalek. – Bitte.

20.07

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein paar kurze Anmerkungen zu den Ausführungen von Frau Abgeordneter Stoisits.

Es gibt in Österreich weder Barrieren betreffend die Freigabe von Kindern zur Adoption noch Schikanen im Hinblick auf den Wunsch nach Adoption. Vielmehr besteht in Österreich das Problem darin, daß es zu wenige Kinder und zu viele Nachfragende gibt, und das führt zu einem – wie ich sagen möchte – Bedarf an ausländischen Kindern.

An der österreichischen Rechtslage ist nichts auszusetzen. Es gibt auch keine Höchstgrenze für das Adoptionsalter bei den Annehmenden, auch wenn das manchmal irrtümlich gesagt wird. Natürlich wird man eher jenen Elternanwärtern, die optimale Voraussetzungen mitbringen, die nur beschränkt vorhandenen zu adoptierenden Kinder zur Adoption überlassen als Ehepaaren schon fortgeschrittenen Alters. Aber wenn ein Eltern-Kind-Verhältnis hergestellt wird, dann wird kein Gericht das ablehnen, wenn nicht besonders gelagerte Umstände gegeben sind.

An der österreichischen Rechtslage selbst wird sich durch dieses Übereinkommen nichts ändern. Denn das Übereinkommen ändert nicht das materielle Adoptionsrecht, wenn es auch gewisse Mindeststandards zum Wohle des Kindes vorsieht, sondern es stellt sicher, daß Adoptionen, die unter dem Regime dieses Übereinkommens geschlossen werden, auch überall unter den Vertragsstaaten anerkannt werden.

Das wirkliche Problem ist – wie gesagt –, daß wir zu wenige Kinder im Verhältnis zu den nachfragenden Eltern haben. – Danke.

20.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Bures. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.09

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich begrüße die heutige Ratifizierung des Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption. Herr Bundesminister! Ich meine auch, daß die Ratifizierung dieser Konvention – wie Sie das ausgeführt haben – im Zusammenhang mit den nationalen Regelungen, nämlich einerseits dem österreichischen Adoptionsrecht, andererseits aber auch im Zusammenhang mit der von diesem Haus Anfang der neunziger Jahre ratifizierten Kinderrechtskonvention zu sehen ist.

Auch ich bin davon überzeugt, daß es notwendig ist, ganz konkret internationale Maßnahmen zu treffen, bei welchen man vor allem das Wohl des Kindes im Auge behalten sollte. Ich habe bei den vergangenen Redebeiträgen den Eindruck gehabt, daß es eher darum geht, Maßnahmen gegen den unerfüllten Kinderwunsch zu setzen. Ich möchte das jetzt sozusagen von der anderen Seite betrachten.

Mir geht es bei diesem Übereinkommen vor allem darum, daß dafür Sorge getragen wird, daß Mütter aus ärmeren Ländern dieser Welt nicht aus Geldnot in die Situation kommen, ihre Kinder in Wahrheit ungewollt zur Adoption freigeben zu müssen. Denn ich möchte nicht, daß damit sozusagen Kinderhandel betrieben wird, andere damit großes Geld machen und Frauen in diesen Ländern, die aus Armut dazu gezwungen sind, mit ihren psychischen Nöten und Problemen übrigbleiben.

Ich bin sehr froh darüber, daß mit dieser Konvention, auch wenn deren Ratifizierung im materiellen Recht bei uns keine konkreten Maßnahmen und Änderungen erfordert, wieder ein weiterer Schritt in die Richtung gemacht wird, daß es zu einer Ächtung des Phänomens des Kinderhandels kommt. Denn der Kinderhandel stellt gerade aus der Perspektive des Kindes eine Zwangsadoption dar.

Wenn ich das auch insgesamt im Zusammenhang mit unseren nationalen Rechten wie dem Adoptionsrecht sehe, finde ich es dennoch von Kollegin Haller völlig absurd, das im Zusammenhang mit der Fristenregelung zu diskutieren. Aber offensichtlich wird kein Thema ausgelassen, um auch das wieder anzusprechen.

Ich möchte mich auch bei Kollegin Tegischer und bei Kollegin Hlavac bedanken, die bereits im Jahre 1997 eine Petition eingebracht haben, in welcher es um Reformen im Adoptionsrecht insgesamt geht, für die auch die Ratifizierung dieser Haager Konvention ein wesentlicher Punkt ist. Ich freue mich, daß wir diese heute und hier ratifizieren werden. (Beifall bei der SPÖ.)

20.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

20.12

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Aus dieser Vereinbarung, die heute einstimmig beschlossen werden wird, sehe ich besonders zwei Aspekte hervorstrahlen oder hervorleuchten, nämlich erstens den Stellenwert des Kindes und zweitens den Stellenwert der Familie.

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, daß auch durch ein noch so gutes Gesetz Mißbrauch und Verbrechen nicht verhindert werden können. Aber sie können mit Hilfe des Gesetzes rigoros bestraft werden, und das Gesetz kann die öffentliche Meinung bilden und beeinflussen, eine Haltungsänderung herbeiführen oder allgemein Sensibilität bewirken.

Wir alle wissen, daß Gesetze so gut sind, wie sie vollzogen werden, und nur wirken, wenn es auch Strafen gibt. Wir haben vor kurzem das Antipersonenminen-Gesetz beschlossen, auch als Zeichen dafür, daß sich die internationale Staatengemeinschaft zusammenschließen wird, um zu verhindern, daß gerade Kinder diesen Mörderinstrumenten zum Opfer fallen. Wir wissen aber, daß dies nach wie vor passieren wird. Wir können es nicht verhindern, aber wir können Meinungsbildung betreiben und unsere Entschlossenheit durch eine Beschlußfassung auch bekräftigen.

Es geht aber auch um die Ächtung des internationalen Kinderhandels und um die Ächtung der verbrecherischen Kinderhändler, denen das Handwerk gelegt werden soll. Meine Damen und Herren! Sie alle wissen, wie unglaublich schaurig es ist, was an Kindern weltweit verbrochen und was ihnen angetan wird: Kinderhandel, Kinderarbeit, Kinderprostitution. Und besonders gräßlich ist die Tatsache – wir haben es diese Woche auch via Medien gehört –, daß Kinder vor allem in Entwicklungsländern der Dritten Welt als Organspender verwendet werden. Kinder werden in manchen Ländern geradezu als Ersatzteillager für Organe gehalten, sie werden "ausgeschrottet" wie ein Gebrauchtwagen. Wenn wir das hören, annehmen oder wissen, dann müssen wir mit allen Mitteln dagegen kämpfen! Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, Meinung bilden und Sensibilität bewirken, damit diese gräßlichen Verbrechen verhindert werden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein kleiner, aber wichtiger Schritt in diese Richtung ist heute die Beschlußfassung über das Übereinkommen betreffend die internationale Adoption. Es ist dies ein Bekenntnis zum Stellenwert des Kindes.

Ein weiterer Punkt ist für mich aber auch der Stellenwert der Familie, der in diesem Übereinkommen ebenfalls eindeutig und ganz klar zum Ausdruck kommt. Die Erkenntnis, daß das Kind zur vollen und harmonischen Entfaltung seiner Persönlichkeit in einer Familie und umgeben von Glück und Liebe und Verständnis aufwachsen sollte, ist schon zitiert worden. Die Bedingung, zu der ein Kind zur Adoption freigegeben wird, ist, daß es nur in eine solche Familie kommen darf. Und die internationale Adoption kann für ein Kind, für das in seinem Heimatstaat keine geeignete Familie gefunden werden kann, den Vorteil bieten, eine dauerhafte Familie zu finden und in dieser zu leben. – Auch das ist ein wesentliches Bekenntnis zur Vorstellung von Familie, wie wir sie haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben viele familienpolitische Maßnahmen gesetzt. Mit der Steuerreform, die beschlossen werden und ab dem Jahre 2000 in Kraft treten soll, wird beispielsweise eine Familie mit drei Kindern um insgesamt 30 000 S netto im Jahr entlastet. Das ist eine Nettoentlastung in Höhe eines eineinhalbfachen Monatsgehaltes eines Normalverdieners! Auch die Steuersenkung ist also eine Leistung, mit der wir ein Bekenntnis zur Familie abgeben!

Frau Kollegin Haller hat auch die In-vitro-Fertilisation, die künstliche Befruchtung, erwähnt. Der Herr Minister hat vorhin gesagt, daß es viele kinderlose Paare in Österreich gibt, die Kinder adoptieren wollen, es aber zu wenig Kinder im Inland gibt. – Auch auf diese Weise könnten wir Maßnahmen setzen, die es jenen ermöglichen, die auf natürliche Weise keine Kinder bekommen können, mit Hilfe der Medizin ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Das könnten wir forcieren! Und es gibt bereits Anträge, daß das auf Krankenschein möglich sein soll. Auch das wäre eine Maßnahme in Richtung Kinderfreundlichkeit für jene Menschen, die sich Kinder wünschen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir von der Österreichischen Volkspartei stimmen diesem Übereinkommen selbstverständlich und freudig zu. Die Beschlußfassung dieser Vereinbarung ist ein klares Ja zum Kind im allgemeinen, ein klares Ja zur Persönlichkeit der Kinder im besonderen, ein klares Ja zum Familienverband, in dem Kinder aufwachsen sollen, und ein klares Ja zu den Wertvorstellungen über die Familie, wie sie die Österreichische Volkspartei vertreten hat, vertritt und immer vertreten wird! (Beifall bei der ÖVP.)

20.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort der Frau Berichterstatterin.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Erklärung der Republik Österreich in 1571 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese Genehmigung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einhellig der Fall.

Dem gegenständlichen Staatsvertrag wurde damit die Genehmigung erteilt.

12. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1589 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz – IVEG) (1680 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1588 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Firmenbuchgesetz geändert wird (1679 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 12 und 13 auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Debattenredner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.19

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Zu den beiden Regierungsvorlagen in aller Kürze, zunächst zum Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz: Die Absicht des Gesetzgebers, eine bundeseinheitliche Entlohnung für Masseverwalter und Ausgleichsverwalter zu schaffen, ist uneingeschränkt zu begrüßen. Die Partikularentscheidungen der einzelnen Landesgerichte in ihrer Funktion als Insolvenzgerichte haben zu großen Ungerechtigkeiten in der Entlohnung von Masseverwaltern geführt, die dadurch entstanden sind, daß es davon abhing, in wessen Sprengel oder in welchem Sprengel es zu einer Insolvenz kam und wo die Insolvenz zu administrieren war. Diese neue Regelung ist uneingeschränkt zu befürworten.

Kritik ist allerdings betreffend die Ansprüche eines bevorrechteten Gläubigerschutzverbandes bei Vertretung von Anspruchsberechtigten anzubringen: Es handelt sich um die schon im Ausschuß diskutierte Bestimmung des § 13c der Regierungsvorlage. Diese Bestimmung ist zwar abstrakt formuliert, stellt aber konkret auf den neuen Insolvenzschutzverband für Arbeitnehmer ab. Diese Bestimmung haben sich ausschließlich die Arbeiterkammer und der ÖGB bestellt. In dieser Bestimmung geht es darum, daß dieser neue Verband, der so wie die anderen Gläubigerschutzverbände entsprechend einer Quote entlohnt wird, die der Masseverwalter oder der Ausgleichsverwalter bekommt, darüber hinaus noch im Verfahren zur Anmeldung von Dienstnehmeransprüchen vor dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen entlohnt wird.

Dieser Gläubigerschutzverband soll 750 S pro anzumeldendem Anspruch bekommen. Wir haben uns das ausgerechnet. Es kommt, wenn man das mit dem Anwaltstarif vergleicht, zu einer höheren Tarifierung für den Verband als für Anwälte in Bereichen bis zu 250 000 S. – Das ist das eine. Zweitens geht es in Wahrheit darum, daß Institutionen, die eigentlich eingerichtet wurden, um ihre Mitglieder kostenlos zu vertreten, durch die Hintertür eine Entlohnung erhalten. Das ist nichts anderes, als daß die Arbeiterkammer und der ÖGB ein gemeinsames Profitcenter gründen und dieses Profitcenter dann offensichtlich nach betriebswirtschaftlichen Erwägungen ausstatten, und zwar im konkreten Fall zu Lasten des Fonds. – Das ist abzulehnen!

Nun ganz kurz zum Bundesgesetz, mit dem das Firmenbuchgesetz geändert wird. Dazu haben wir bereits im Ausschuß eine ablehnende Haltung eingenommen und nehmen diese auch jetzt ein. Ich nenne Ihnen zwei Argumente gegen die zu rasche Löschung von Firmen, die, trotz Aufforderung, zweimal hintereinander die Firmenbuchabschlüsse nicht vorlegen.

Zum einen geht es aus der Sicht der Firma ganz einfach zu rasch. Es handelt sich ja bei der Vorlagepflicht der Jahresabschlüsse um eine neue Verpflichtung, die nicht nur bei mittleren und großen Kapitalgesellschaften besteht, sondern auch bei kleinen Gesellschaften, sogar bei Gesellschaften, die bloße Beteiligungsfunktion haben. Es ist dies eine neue Rechtspflicht für die Geschäftsführer, und zwar eine teilweise unangenehme, weil sie durch die Anmeldung auch Geld kostet. Dazu wird noch ein Antrag des Kollegen Haigermoser eingebracht werden. Wenn der Verantwortliche also zweimal vergißt, den Jahresabschluß vorzulegen, dann ist die Firma – schwuppdiwupp! – draußen aus dem Firmenbuch. (Abg. Dr. Fekter: Nein! Nein! Nur wenn kein Vermögen da ist!) So schnell kann das nicht gehen! Das ist für die betroffene Firma sicher nicht zumutbar.

Das zweite Argument: Auch hinsichtlich des Schutzes von Gläubigern ist das ganz einfach abzulehnen, weil diese Bestimmung auch mißbraucht werden kann, und zwar von Firmen, die sich ein aufwendiges Liquidationsverfahren ersparen wollen. Wir wissen, daß man für eine Liquidation einen Auflösungsbeschluß, ein Liquidationsverfahren und einen Liquidationsbeschluß braucht. Die Ediktpflicht – also die Pflicht zur Veröffentlichung – ist eine sehr aufwendige Geschichte. Viele Firmen werden jetzt auf diese Bestimmung zurückgreifen, den Anwendungsfall provozieren und daher rasch gestrichen werden. Auch das ist nicht im Sinne der Sache! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.24

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegen! Hohes Haus! Anläßlich der Insolvenzrechtsnovelle haben wir initiiert, daß die bis dahin oder bis heute geltenden Bestimmungen über die Masseentlohnung ein bißchen transparenter gestaltet und vor allem österreichweit einheitlich geregelt werden. Mir ging es bei der Anregung zu diesem neuen Gesetz auch darum, daß man die Masse verstärkt und in Insolvenzverfahren nicht nur danach trachtet, daß die Masseverwalter adäquat entlohnt werden und dann für die Masse nichts mehr übrigbleibt.

Es hat sich in der Vorbereitung zu dieser Novelle auch gezeigt, daß es österreichweit gravierende Unterschiede gibt. Teilweise haben Richter den Masseverwaltern ihre Entlohnung bevorrechtet zugesprochen. Diese Divergenzen in ganz Österreich hat man jetzt beseitigt und eine einheitliche und zugleich transparente Linie geschaffen, die – was mich besonders freut – leistungsorientiert gestaltet wurde. Es wird eine Regelentlohnung geben, und ich möchte von hier aus sagen, daß sich der Gesetzgeber vorstellt, daß diese Regelentlohnung tatsächlich zur Regel wird und es nur in ganz besonders außergewöhnlichen Fällen zu Zu- und Abschlägen kommt, insbesondere wenn wirklich dargetan wird, daß sich der Masseverwalter besonders intensiv um die Verbesserung des Massevolumens bemüht, oder im anderen Fall, wenn der Masseverwalter nicht wirklich verdienstlich tätig ist.

Wir haben im Ausschuß noch eine Änderung gegenüber der Regierungsvorlage vorgenommen, indem wir klargestellt haben, daß es uns doch beachtenswert zu sein scheint, wenn die Sondermasseverwertung besser entlohnt wird, wenn sie frei vergeben wird und nicht nur über das Gericht erfolgt. Das heißt, die gerichtliche Verwertung führte bisher zu einer geringeren Entlohnung als die anderen Verwertungsarten. Ich möchte hier klarstellen, daß das nur und ausschließlich gelten kann, wenn sich der Masseverwalter auch tatsächlich Verdienste um die Verwertung von Sondermassen erwirbt. Wenn sich also der Sondermasseberechtigte – denken Sie nur an das Pfandrecht einer Bank, das im Grundbuch eingetragen ist! –, etwa eine Bank, selbst um die Verwertung bemüht und der Masseverwalter gar keinen Aufwand hat, dann soll er natürlich nicht diese höhere Entlohnung bekommen. Daher gelten auch da die Regelungen über Zu- und Abschläge.

Im Vorfeld der Ausschußberatungen und der heutigen Beschlußfassungen haben natürlich auch die Gläubigerschutzverbände besonders intensiv interveniert, weil sie ja von der neuen Regelung auch betroffen sind. Das heißt, auch das, was Gläubigerschutzverbände zu Lasten der Masse vorweg bevorrechtet bekommen, ist jetzt österreichweit einheitlich geregelt und unterliegt einer einheitlichen Betrachtungsweise. Das war bisher nicht so. Das heißt, daß Gläubigerschutzverbände in gewissen Gerichtsbezirkssprengeln sehr wohl besonders günstig und in anderen wieder weniger günstig ausgestiegen sind.

Wir haben uns auf 20 Prozent der Masseverwalterentlohnung als Bemessungsgrundlage auch für die Gläubigerschutzverbände geeinigt. Ich weiß, daß man grundsätzlich darüber diskutieren kann, ob ein solcher Verband aus der Masse überhaupt bevorrechtet Geld erhalten soll, wenn er ohnehin von den Gläubigern ein Honorar verlangt. Wir erachten es aber als eine Unterstützung des Gerichtes in Richtung größere Effizienz im Insolvenzverfahren, wenn sich Gläubigerschutzverbände darum bemühen, daß im Insolvenzverfahren doch eine einheitliche Meinungsbildung bezüglich aller widerstrebenden Interessen der Gläubiger zustande kommt.

Daher war es für uns auch selbstverständlich, danach zu trachten, daß die Entlohnung der Gläubigerschutzverbände möglichst gerecht vor sich geht. Da beide wesentlichen Gruppen, die bei uns Politikern massiv interveniert haben, sehr unzufrieden mit der gesetzlichen Regelung sind und widerstreitende Interessen geltend gemacht haben, das jetzige Gesetz aber in der Mitte einen Kompromiß fand, mit dem beide Gruppen zufrieden sind, glaube ich, daß wir diesen Kompromiß als adäquat beschließen können. Ich meine, es ist gerecht, daß den Gläubigerschutzverbänden vorweg ein Fixbetrag gegeben wird und die darüber hinausgehenden Beträge pro Kopf aufgeteilt werden.

Daß wir uns nicht dazu entschließen konnten, die Gläubigerschutzverbände nach der Höhe ihrer Forderungen zu entlohnen, hat damit zu tun, daß die Großforderungen in einem Konkurs nicht die kleinen mittelständischen Lieferanten sozusagen überfahren können sollen. Darüber hinaus ist ja der Hintergedanke bei den Gläubigerschutzverbänden nicht die Durchsetzung der Einzelforderung, sondern die Finanzierung einer Grundstruktur, damit diese Verbände ihre Arbeit zum Vorteil der Gerichte und zum Vorteil der Masse insgesamt durchführen können.

Bezüglich des Firmenbuchgesetzes ist es mir ein Anliegen, darauf hinzuweisen, daß wir im Hinblick auf die Publizität, was die Hinterlegung der Bilanzen betrifft, keine zeitgemäßen Normen mehr haben. Es ist unbestritten, daß wir uns zur Publizität bekennen, daß wir die Hinterlegung der Bilanzen als ein positives Instrument sehen. Aber es ist nicht wirklich einzusehen, warum Kleinunternehmen, also Klein-GmbHs, ein Inserat schalten müssen, noch dazu in der "Wiener Zeitung" (Abg. Haigermoser: Dazu gibt es heute einen Entschließungsantrag von uns!), die in den Bundesländern gar nicht wirklich gelesen wird. Es ist auch nicht praxisnah, zu glauben, daß sich irgend jemand seitenweise diese Inserate aufhebt und dann irgendwann zu blättern beginnt, um herauszufinden, ob denn das betroffene Unternehmen, von dem er wissen will, ob die Bilanz hinterlegt ist – ja oder nein –, da irgendwann einmal inseriert hat.

Bedauerlicherweise sind wir dabei auch an das EU-Recht, welches die Publikation in einem Printmedium noch vorschreibt, gebunden. Ich ersuche daher den Herrn Minister, diesbezüglich doch auf EU-Ebene die Erkenntnis voranzutreiben, daß unsere – nämlich in Österreich entwickelten – elektronischen Register, wie etwa das Firmenbuch, die Publizität garantieren, die wir im Sinne des Gläubigerschutzes brauchen. Wenn sich die EU in dieser Frage unserer Position anschließt, dann müßten wir rasch entbürokratisieren (Abg. Dr. Graf: Wenn die ÖVP an die Regierung kommt, dann setzt sie alles um!) und die Betriebe von Kosten entlasten.

Ich glaube, daß beide Gesetze, sowohl die Firmenbuchgesetznovelle als auch das Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz (Abg. Haigermoser: Frau Fekter ist die erste "Regierungs-Oppositionsrednerin"!) einen Meilenstein auf dem Weg zu einer effizienten Abwicklung im Wirtschaftsleben darstellen, und ich bin sehr zufrieden damit, daß hier eine ÖVP-Initiative zu einem guten Ergebnis gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

20.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.33

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Fekter, es wird Sie nicht verwundern: Für einen Meilenstein halten wir das, was hier geschieht, insbesondere auch in bezug auf das Firmenbuch, nicht. Angesichts der Vielzahl von Unternehmen, deren Vermögenslosigkeit evident ist, ist es für uns aber einen Versuch wert, hier eine Bereinigung zu bewerkstelligen und damit die Übersichtlichkeit wiederherzustellen. Es ist im Ausschuß angemerkt worden, daß es dabei durchaus auch zu Schwierigkeiten kommen wird. Es wird daher vernünftig sein, in der Folge nachzufragen, wie denn etwa von seiten der Rechtsanwaltskammer im Rahmen des Wahrnehmungsberichtes solche Fälle aufgezeigt werden, um zu überprüfen, ob die im Ausschuß vorgebrachten Einwendungen begründet waren. Insgesamt werden wir aber der Novelle zum Firmenbuchgesetz, über die heute hier abgestimmt werden wird, zustimmen.

In bezug auf das Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz meinen wir, daß der politische Succus ein anderer ist. Es gibt einen neuen bevorrechteten Gläubigerverband. Man hat sich innerhalb der politisch zuständigen Freunde und Freundinnen ausgemacht, wieviel von dem Volumen diesem einen Verband zukommen soll. Daß er von Arbeiterkammer und ÖGB initiiert wird, läßt uns – sage ich einmal – vermuten, von wo der besondere Druck gekommen ist. Es hat am Anfang geheißen, man wird nicht so sehr in das Wettbewerbsverhältnis der bestehenden zwei Verbände eingreifen. Das ist nach unserem Dafürhalten mit diesem Entwurf aber schon geschehen. Daher werden wir diesen Entwurf auch ablehnen, wiewohl ich Ihnen dahin gehend zustimme, daß das Bedürfnis, eine einheitliche Entlohnungsbasis zu schaffen, da ist. Wir finden aber, daß durch die Art und Weise, in welcher das in concreto umgesetzt worden ist, zu stark in die Wettbewerbssituation eingegriffen wird und halten daher diesen Entwurf nicht für unterstützungswürdig.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren: Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.35

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich auf das Bundesgesetz, mit dem das Firmenbuchgesetz geändert wird, beziehen.

Der vorliegende Gesetzentwurf hinsichtlich einer Änderung des Firmenbuchgesetzes ist ein zeitgerechter Schritt zu einer Qualitätsverbesserung und zu einer Effizienzsteigerung. Bei den Firmenbuchgerichten und Steuerbehörden ist eine Vielzahl von Gesellschaften registriert, deren Vermögenslosigkeit evident und an die eine Zustellung nicht möglich ist. Dies bewirkt einen unnötig hohen Arbeitsaufwand. Durch eine Neufassung des Amtslöschungsgesetzes und dessen Überführung in das Firmenbuchgesetz soll die amtswegige Löschung vermögensloser Gesellschaften effizienter gestaltet und zugleich eine gewisse Rechtsbereinigung erreicht werden.

Da das Gesetz, das die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften regelt, vom Oktober 1934 stammt, also ein reichsdeutsches Gesetz ist, und in Österreich im Jahre 1938 eingeführt wurde, ist der Schritt zu einer Neuregelung unumgänglich. An dieser Stelle wäre auch anzumerken, daß noch weitere Gesetze aus dieser Zeit in Kraft sind und ebenfalls der heutigen Zeit angepaßt und überarbeitet werden müssen.

Vor der Löschung sind die nach dem Sitz der Gesellschaft zuständigen Interessenvertretungen und die Steuerbehörde zu hören. Gerichte und Steuerbehörden haben einander die erbetenen, für die Vollziehung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Wenn sich nach der Löschung das Vorhandensein von Vermögen herausstellt, das der Verteilung unterliegt, so findet die Abwicklung statt, wobei die Abwickler auf Antrag eines Beteiligten vom Gericht zu ernennen sind.

Da immer wieder auf das Erfordernis einer Verwaltungsvereinfachung, einer Effizienzsteigerung, aber auch auf die Notwendigkeit der Lesbarkeit von Gesetzen hingewiesen wird, ist dieses Bundesgesetz gerade aus diesen Überlegungen heraus ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der von mir zitierten Zielsetzungen.

Bei allen Bekenntnissen zu einer zeitgemäßen Gestaltung des Firmenbuches unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung, des Einsatzes von modernen Medien wie des Internets, kann unser vordringliches Ziel nicht die Schwächung der "Wiener Zeitung" sein, wie dies in der letzten Ausschußsitzung augenscheinlich wurde. Ebenso ist der Aufbau von Doppelstrukturen nicht sinnvoll. Darüber hinaus wäre dringend zu prüfen, ob die "Wiener Zeitung" diese Dienstleistung nicht billiger anbieten kann.

Ich darf Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, ersuchen, dieses Thema sachlich und inhaltlich zu prüfen und zu behandeln, und bin überzeugt, daß wir dieses Problem gemeinsam einer Realisierung zuführen können.

Ich möchte aber auch die Gelegenheit nützen, meine geschätzten Damen und Herren, Ihnen, Herr Bundesminister, Ihren Beamtinnen und Beamten für die geleistete Arbeit sehr herzlich zu danken. Wir von der sozialdemokratischen Fraktion stimmen diesem Gesetz sehr gerne zu. (Beifall bei der SPÖ.)

20.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

20.39

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Das Stimmverhalten der Grünen ist genau gegenteilig zu jenem der Liberalen. Wir werden dem Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz deswegen unsere Zustimmung geben, weil ich die Bedenken, die Herr Kollege Barmüller hier formuliert hat – er hat sie im Ausschuß auch schon formuliert –, nicht teile, da ich dieses Gesetz aufgrund dessen, was ich auch aus dem Begutachtungsverfahren ersehen konnte, und vor allem auch aufgrund der Interventionen, die brieflich von den Kreditschutzverbänden gekommen sind und auch an uns gerichtet waren, durchaus für eine Lösung halte, bei der man sich in der Mitte getroffen hat und die mir sinnvoll erscheint.

Nicht zustimmen werde ich – und sofern die Kolleginnen und Kollegen von der grünen Fraktion noch kommen, auch diese nicht – dem Firmenbuchgesetz. Denn es hat mich auch die lange Diskussion im Ausschuß nicht davon überzeugen können, daß es eine sinnvolle Maßnahme ist, einfach – und ich sage es jetzt ein bißchen populär – eine Sanktion für das mangelhafte Vorlegen von Bilanzen auszuteilen. Denn als eine solche verstehe ich dieses Gesetz immer noch, Herr Bundesminister, auch wenn Sie ganz ungläubig den Kopf schütteln.

Wenn eine Kapitalgesellschaft kein Vermögen besitzt, dann wird sie von Amts wegen gelöscht. (Bundesminister Dr. Michalek: Wenn sie kein Vermögen hat?) – Wenn sie kein Vermögen besitzt! Wenn eine Kapitalgesellschaft zweimal trotz Urgenz unvollständige Bilanzen legt, auch dann wird sie gelöscht! Das ist mir wirklich nicht einsichtig, Herr Bundesminister. Denn das riecht ja geradezu nach einer Sanktion für jene, die dem nicht nachkommen. Ich habe für diese Bestimmung noch keine für mich plausible Erklärung gefunden, außer die, daß das natürlich – wie es ja auch im Vorblatt zu lesen ist – eine Rationalisierungs- und Kosteneinsparungsmaßnahme ist.

Ich frage mich: Inwiefern dient diese Maßnahme dem Interesse des Rechtsschutzes? – Das sehe ich nicht, und deshalb, Herr Bundesminister, tut es mir leid. Ich halte das in gewisser Hinsicht einfach für eine Beweislastumkehr, die ich für unakzeptabel halte, und deshalb werde ich dem Firmenbuchgesetz nicht meine Zustimmung geben. (Beifall der Abgeordneten Smolle und Motter.)

20.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun der Herr Bundesminister für Justiz Dr. Michalek. – Bitte, Herr Bundesminister.

20.41

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz ist der vorerst letzte Schritt einer sukzessiven Erneuerung des Insolvenzrechtes in den letzten Jahren, die mit der Einführung des Privatkonkurses durch die Konkursordnungsnovelle 1993 begann und mit der Weiterentwicklung des Unternehmensinsolvenzrechtes durch die Insolvenzrechtsänderungsgesetze 1994 und 1997 ihre Fortsetzung fand. Ziel der Neuregelung ist es, um es nochmals zusammenzufassen, eine österreichweit einheitliche, leistungsorientierte Entlohnung der Insolvenzverwalter und der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände zu schaffen. Sie soll für alle Beteiligten, also die Gerichte, die Insolvenzverwalter, die Gläubigerschutzverbände, vor allem aber für die Gläubiger transparent und nachvollziehbar sein.

Die Neuregelung baut auf den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung auf. Der Masseverwalter soll einen degressiv gestaffelten Prozentsatz des Verwertungserlöses im Konkurs beziehungsweise des Ausgleichserfordernisses erhalten. Bei der Festlegung der Höhe der Prozentsätze und der Degressionsstufen wurde versucht, einen Mittelwert zwischen den von den einzelnen Gerichten sehr unterschiedlich zugesprochenen Entlohnungen zu finden. In besonderen Ausnahmefällen kann unter Berücksichtigung der Umstände dieses Einzelfalles von der Regelentlohnung anhand bestimmter Kriterien nach oben und nach unten abgewichen werden.

Diese Grundsätze sollen auch für die Belohnung der Gläubigerschutzverbände und deren Tätigkeit, nicht als Vertreter der Gläubiger, sondern für jene Tätigkeit, die sie im Interesse aller Gläubiger und zur Unterstützung des Gerichtes erbringen, gelten. Sie erhalten, wie es der bisherigen Praxis entspricht, einen Prozentsatz der Entlohnung des Insolvenzverwalters. Bei der Festlegung dieser Prozentsätze und bei der Aufteilung unter den Gläubigerschutzverbänden haben wir einen Mittelweg zwischen den zum Teil recht unterschiedlichen Berechnungen und Aufteilungsmethoden der Gerichte eingeschlagen. Damit stellt dieser Weg auch eine vermittelnde Lösung zwischen den Modellen dar, die von den beiden derzeit bestehenden bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden jeweils präferiert werden.

Mit den Regelungen über die Entlohnung der Insolvenzverwalter und die Belohnung der Gläubigerschutzverbände beschreiten wir Neuland. Das Bundesministerium für Justiz wird daher die Entwicklung der Vollziehung des neuen Rechtes besonders im Auge behalten.

Was die Ansprüche eines bevorrechteten Gläubigerschutzverbandes bei Vertretung von Anspruchsberechtigten nach dem in die Kompetenz des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales fallenden Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz anlangt, möchte ich aus der Sicht meines Ressorts nur darauf hinweisen, daß die diesbezüglichen Zahlungen nicht zu Lasten der Konkurs- oder Ausgleichsmasse gehen.

Die Überarbeitung und Aktualisierung des Amtslöschungsgesetzes 1934 anläßlich seiner Einarbeitung in das Firmenbuchgesetz berücksichtigt das Faktum, daß bei den österreichischen Firmenbuchgerichten eine Vielzahl – Frau Abgeordnete Stoisits, ich betone: eine Vielzahl! – von Gesellschaften, vor allem Gesellschaften mit beschränkter Haftung, registriert sind, die vermögenslos sind und großteils auch de facto überhaupt nicht mehr existieren. Nicht zuletzt auch wegen der Schwierigkeiten bei der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke bewirkt dies großen unnötigen Arbeitsaufwand, und die Löschung solcher Gesellschaften ist damit nicht nur eine Frage der Verläßlichkeit und Übersichtlichkeit des Firmenbuches im Interesse der Benützer, sondern auch eine Frage der Arbeitsökonomie und der Effizienz gerichtlicher Tätigkeit.

Die Zeit für unser Vorhaben ist insofern günstig – das gebe ich schon zu –, als die durch das EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz erweiterten Offenlegungspflichten für Kapitalgesellschaften im Laufe des Vorjahres sozusagen schlagend geworden sind. Die qualifizierte Nichterfüllung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen wird Anknüpfungspunkt sein, die Löschung solcher Gesellschaften, soweit sie nicht offenkundig Vermögen besitzen, ohne allzu großen Aufwand vorzunehmen.

Die von Ihnen, aber auch von Herrn Abgeordneten Krüger geäußerten Befürchtungen, die Löschung könne zu rasch vor sich gehen, es könnten da durchaus nicht vermögenslose Gesellschaften gleichsam mit dem Löschungsvorgang "überfahren" werden, teile ich ganz und gar nicht, und sie stellen meines Erachtens auch keinen Grund für eine Ablehnung dieses Gesetzes dar. Es ist ja beileibe nicht so, daß die Löschung einem bloß zweijährigen Untätigsein, einer mangelhafter Erfüllung der Vorschriften durch die Gesellschaft oder einem Untätigsein des Gerichtes folgt. Nach § 283 ff Handelsgesetzbuch hat das Gericht die Nichtvorlage der Jahresabschlüsse nicht einfach untätig hinzunehmen, sondern muß das dort vorgesehene Zwangsstrafverfahren gegen die Gesellschaft einleiten und betreiben, und auch in diesem Zusammenhang wird es nähere Kenntnis von den tatsächlichen Gegebenheiten bei dieser Gesellschaft erhalten.

Auch nach § 18 des Firmenbuchgesetzes muß das Gericht versuchen, mit der Gesellschaft Kontakt aufzunehmen und auf die mögliche Löschungsfolge aufmerksam machen, bevor es in ihre firmenbücherlichen Rechte eingreift. Darüber hinaus sind nach dem neuen § 40 Abs. 2 Firmenbuchgesetz die einschlägige Interessenvertretung und die Steuerbehörde zu befassen, und auch diese werden sagen, die Gesellschaft ist nicht löschungsreif, wenn dort Vermögen vorhanden ist.

Schließlich kommt es – und das ist das wichtigste – bei Offenkundigkeit eines Vermögens – das kann sich auch aus einem unvollständig vorgelegten Jahresabschluß ergeben, Frau Abgeordnete – von vornherein nicht zur Einleitung des Löschungsverfahrens.

All dies stellt meines Erachtens hinreichend sicher, daß wirklich nur die sogenannten Karteileichen, die in der Tat keinerlei operative Tätigkeit mehr entfalten und jedenfalls kein Vermögen haben, vom Löschungsverfahren betroffen sein werden. Sollte tatsächlich einmal ausnahmsweise eine nicht vermögenslose Gesellschaft betroffen sein, kann es unschwer zur Wiedereintragung kommen, zumal ja durch die Löschung die Gesellschaft nicht zu existieren aufgehört hat, sondern nur aufgelöst ist.

Insgesamt glaube ich, daß die Neugestaltung des ehemaligen Amtslöschungsgesetzes spürbar zur Erhöhung der Transparenz und Aussagekraft des österreichischen Firmenbuches beitragen können wird und daß wir damit auch einen kleinen Beitrag zur Rechtsbereinigung leisten, was hinsichtlich der großen Aktivitäten zur Rechtsbereinigung ebenfalls zu begrüßen ist.

Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu der Entschließung sagen, die im gegenständlichen Zusammenhang zur Debatte steht.

Das an mich gestellte Ersuchen stellt eine Bestätigung und erhebliche Unterstützung unserer diesbezüglichen Anstrengungen dar. So arbeitet ja eine Expertengruppe in enger Kooperation mit der Kammer der Wirtschaftstreuhänder an einem Projekt, das die elektronische Übermittlung von Jahresabschlüssen an das Firmenbuch ermöglichen soll. Die elektronische Einbringung bei Gericht würde naturgemäß die elektronische Publikation der entsprechenden Daten mit deutlichen Einsparungsmöglichkeiten für die betroffenen Unternehmungen erheblich erleichtern. (Beifall bei der ÖVP.) Diesbezüglich sollen die Arbeiten bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Darüber hinaus möchte ich erwähnen, daß unser Bestreben, auf eine Anpassung der EU-Publizitätsrichtlinie an die neuen technischen Möglichkeiten hinzuwirken, in der Europäischen Union auf Expertenebene positive Aufnahme gefunden hat, sodaß damit gerechnet werden kann, daß unsere Vorstellungen, mit denen Österreich eine gewisse Vorreiterrolle eingenommen hat, in absehbarer Zeit verwirklicht werden können. Dann muß die Eintragung der Einreichung des Jahresabschlusses nicht mehr papieren veröffentlicht werden, weil auch dies ja elektronisch beim Grundbuch abgefragt werden kann.

In diesem Sinne hoffe ich, daß ich dem Hohen Haus schon in absehbarer Zeit über positive Ergebnisse im Sinne der Entschließung berichten werde können. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.52

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Änderung des Firmenbuchgesetzes geht es um die Löschung infolge offensichtlicher Vermögenslosigkeit mit dem Ziel, die Verläßlichkeit des Firmenbuches entsprechend zu erhöhen. Davon war heute schon mehrere Male die Rede. Das ist in jenen Fällen offensichtlich kein Problem, in denen bestehende Löschungstatbestände in das österreichische Firmenbuchgesetz rezipiert werden, was mit dieser heute zur Beschlußfassung vorliegenden Novelle passiert. Diskutiert wird die Aufnahme der widerlegbaren Vermutung, daß die Nichtvorlage von Geschäftsabschlüssen auf Vermögenslosigkeit schließen läßt.

Frau Kollegin Stoisits und Herr Kollege Krüger, ich sehe Ihr Problem nicht, gleich, wie auch der Herr Bundesminister eben hier ausgeführt hat. Es gibt so viele Schutzmechanismen für die eingetragene Firma, daß eine unvorbereitet erfolgende Löschung quasi denkunmöglich ist. Es ergeht zweimal die Aufforderung, die Bilanz vorzulegen, und es werden die Interessenvertretungen eingesetzt.

Ich möchte hiermit auch noch einmal öffentlich erklären, wie das passiert: Die Interessenvertretung hat die Pflicht, in solchen Fällen Kontakt aufzunehmen, ebenso auch das Firmenbuch. Gelingt das nicht, wird auf Indizien hin gearbeitet, und erst dann wird ein Bericht dahin gehend verfaßt, daß es die Firma gibt oder nicht. Wenn die Firma tatsächlich noch Vermögen hat, so kann man das Vermögen ja nicht im geheimen halten, sondern es wird offenkundig im Rahmen dieses Verfahrens. Ich glaube, man sollte nicht unterstellen, daß irgend jemand eine Erhebung oder einen Bericht so macht, daß er die Unwahrheit oder Schlampigkeit zutage treten läßt.

Meiner Meinung nach ist es aufgrund des Verfahrens denkunmöglich, daß gelöscht wird, ohne daß feststeht, daß tatsächlich Vermögenslosigkeit vorliegt. Das heißt, die zweimalige Nichtvorlage der Bilanz ist zwar der Ausgangspunkt eines Verfahrens, kann aber nicht als alleiniger Grund für die Löschung dienen. Ich glaube, das ist jetzt aus vielen Redebeiträgen zutage getreten, und ich sehe darin auch die Möglichkeit, die Bedenken, die zum Beispiel auch seitens der grünen Fraktion noch existieren, zu zerstreuen.

Ich freue mich, daß der Herr Bundesminister heute hier eine Erklärung darüber abgegeben hat, daß die Veröffentlichung in der "Wiener Zeitung" in Zukunft eventuell doch auch gemeinsam mit der EU über elektronische Medien passieren wird. Zurzeit ist es wirklich so, daß da Kosten entstehen, daß Bürokratie entsteht, für die die Betriebe kein Verständnis haben.

Letztendlich dient diese Veröffentlichung nur dazu, Auskunfteien und Gläubigerschutzverbände mit Informationen zu versorgen. Es sollte eine andere, effektivere und effizientere Möglichkeit geschaffen werden, diesem Bedürfnis Rechnung zu tragen. Uns geht es wirklich um eine Entbürokratisierung und auch um eine Kostenentlastung in diesem Bereich. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dem Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz betreten wir in Österreich tatsächlich Neuland, und wir sind sehr stolz darauf, daß diese Novelle sehr stark auf die Initiative unserer Justizsprecherin Maria Fekter zurückgeht. Uns geht es um die Verbesserung der Situation der Gläubiger, aber auch um die Stärkung der Masse, und das kann nur erreicht werden, wenn man erfahrene und initiative Masseverwalter bestellen kann, die auch entsprechend entlohnt werden.

Was uns besonders gefällt, ist die Verpflichtung des Masseverwalters, eine Vorschau zu legen, sodaß die Schritte, die er setzen wird, auch entsprechend in der Öffentlichkeit dargestellt werden müssen. Dies dient der Transparenz: der Transparenz für den Richter im Hinblick darauf, was der Masseverwalter tatsächlich tut, aber auch der Transparenz für die Gläubiger, die bisher – vor allem bei Klein- und Mittelbetrieben war das der Fall – oft nicht wußten, warum letztendlich nichts zur Verteilung gelangt ist, während der Masseverwalter aber doch ein beachtliches Honorar bekommen hat.

Insgesamt, so meine ich, ist die Vorlage gut geeignet, die bisherige unbefriedigende Situation, was die Entlohnung der Masseverwalter betrifft, zu beseitigen und eine höhere Effizienz der Insolvenzverfahren zu erreichen. – Ich danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

20.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

20.57

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister! Kollege Trinkl hat ja die ganze Geschichte um die nunmehrige Gesetzwerdung im Bereich der Masseverwalter schon geschildert. Diese Maßnahme wird ja auch von den Freiheitlichen grundsätzlich begrüßt und unterstützt. Da gehören klare Regelungen her. Auch mein Vorredner Dr. Krüger hat das bereits gesagt.

Unter dem Deckmantel des Gläubigerschutzes passiert allerdings wiederum das, was in Österreich immer wieder passiert. Man ertappt dann hin und wieder auch die ÖVP, und auch der Minister hat das ja indirekt in seinen Ausführungen gesagt. Ich möchte insbesondere auf die Einrichtung des dritten Gläubigerschutzverbandes, der natürlich auf Intervention der sozialistischen Seite dieser Regierung eingerichtet worden ist, verweisen. Man ist wieder einmal dabei, quasi Behörden zu installieren, die Interessen wahrnehmen. Daß das natürlich auch wieder zu Lasten der rechtsberatenden Berufe in der Vertretung von Mandanten vor Gerichten geht, kümmert ja die Sozialisten in diesem Haus überhaupt nicht mehr. – Aber sei es, wie es sei.

Nun muß man sich natürlich auch die Finanzierung dieses dritten Gläubigerschutzverbandes überlegen. Daß aber die ÖVP der hier gewählten Vorgangsweise auch noch zustimmt, befremdet doch einigermaßen, denn es ist folgendes passiert: Es sind ja Arbeitnehmerforderungen im Insolvenzverfahren an sich privilegierte Forderungen, deren Inhaber ja nie den Totalverlust hinnehmen müssen oder auch nur eine geringe Quote ihrer Forderung erhalten würden, sondern die zumindest bis zur Höchstbemessungsgrundlage zu 100 Prozent abgedeckt werden. Daß auch die Beratung und die Forderungsanmeldung durch diesen dritten Gläubigerschutzverband wahrgenommen wird, mag ja alles noch seine Richtigkeit haben, und dagegen ist vielleicht nichts einzuwenden, zumindest wenn man es aus der Sicht der sozialistischen Regierungspartei sieht, weil von dieser Seite vehementer Druck ausgeübt wurde. Daß dieser Gläubigerschutzverband auch nicht gemäß eventueller Ausschreibungen oder konform mit irgendwelchen sonstigen Vorgaben zustande gekommen ist und daß, allein was sein Zustandekommen betrifft, sehr vieles im argen liegt, sei einmal dahingestellt.

Daß aber dann die Entlohnung dieser rechtsfreundlichen Vertretung vor Gericht pauschaliert mit 890 S in Summe – 750 S plus Umsatzsteuer, pauschal abgeführt – erfolgt, was bei den geschätzten 28 000 Fällen pro Jahr also einen Pott von rund 25 Millionen Schilling jährlich ergibt, und aus dem Insolvenz-Entgeltsicherungsfonds stammen soll, ist unverständlich! Denn das bedeutet, abgesehen davon, daß privilegierte Forderungen ohnehin vorherrschen, daß dann auch noch die Arbeitgeber, sprich, die Unternehmen, die rechtsfreundliche Vertretung bezahlen.

Herr Minister, so leicht kommen Sie aus der Verantwortung nicht heraus, wenn Sie heute von der Regierungsbank aus behaupten, budgetär wirke sich diese Entlohnung nicht aus (Bundesminister Dr. Michalek: Hinsichtlich der Masse!), hinsichtlich der Masse, und sie koste im wesentlichen auch kein Budget. Damit sind Sie in Wirklichkeit auf der Flucht vor der Verantwortung ertappt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist schon richtig, daß es nicht der Masse angelastet wird, wohl aber im wesentlichen der Allgemeinheit der Arbeitgeber, der Unternehmer, die diesen Fonds speisen. Selbstverständlich trifft es dann nicht die einzelnen insolventen Firmen, aber es trifft die Allgemeinheit, und das noch dazu – das, bitte, ist das Schreckliche – bei privilegierten Forderungen. Das ist nicht mehr einzusehen.

Ich meine daher, daß man, wenn schon privilegierte Forderungen vorliegen, sehr wohl auch die rechtsfreundliche Vertretung aus diesem Safe bezahlen lassen kann, daß man in diese Richtung denken kann. Aber daß man dann noch einen Dritten, Unbeteiligten, nämlich die Unternehmergesamtheit, damit belastet, ist nicht einsichtig und entspricht nicht dem, was wir uns als freiheitliches Prinzip vorstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich denke, da hat sich die ÖVP über den Tisch ziehen lassen. Frau Kollegin Fekter hat das Gesetz zwar verhandelt, hat dies aber nicht beachtet oder wahrscheinlich wieder irgendein Tauschgeschäft vollzogen. Das kann durchaus sein.

Wir Freiheitlichen werden diese Bestimmungen jedenfalls ablehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

21.01

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Regierungsvorlage, mit der die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden, enthält einige nicht unwesentliche Neuerungen, zu denen ich hier kurz Stellung nehmen möchte.

Die Entlohnungsbestimmungen für die Insolvenzverwalter und bevorrechteten Gläubigerschutzverbände waren bisher zu unbestimmt und haben in der Praxis zu einem ungleichen und intransparenten Entlohnungssystem geführt. Dieser echte Mißstand wird auch durch die Tatsache deutlich gemacht, daß die Entlohnungspraxis oft von Gericht zu Gericht differiert und weder Übersichtlichkeit gewährleistet noch die Ausrichtung an der erbrachten Leistung nachvollziehbar gemacht werden kann.

Hohes Haus! Der vorliegende Gesetzentwurf sorgt für Transparenz und Leistungsanreize, und zwar erstens durch eine Regelentlohnung, die einen gewissen Prozentsatz des erzielten Verwertungserlöses beziehungsweise des Ausgleichserfordernisses beträgt, zweitens, bei Abgehen von der Regelentlohnung, durch die Bindung des richterlichen Ermessens an Leistungskriterien sowie drittens durch die Kostenvoranschlagspflicht des Masseverwalters bei Unternehmensfortführung.

Sehr verehrte Damen und Herren! Weiters sollen durch die degressive Gestaltung der Regelentlohnung im oberen Bereich unverständliche Entlohnungsexzesse, wie sie bei Großinsolvenzen wiederholt erfolgt sind, und im unteren Bereich eine Unterdeckung des mit der Tätigkeit verbundenen Aufwandes vermieden werden. Außerdem ist festzustellen, daß bis zum heutigen Tag die für die Gesamtgläubigerschaft erbrachten Leistungen im Zusammenhang mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern überhaupt nicht bewertet worden sind. Gerade in diesem Zusammenhang besteht jedoch ein überdurchschnittlich großer Arbeitsaufwand; darin liegt der Schlüssel für die Möglichkeit der dauerhaften oder befristeten Unternehmensfortführung zur besseren Masseverwertung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Interessen der Dienstnehmer sollen im Insolvenzfall künftig jedenfalls besser und effizienter vertreten werden. Dies wird der Insolvenzschutzverband der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Zukunft sicherlich gewährleisten.

Hohes Haus! An dieser Stelle meiner Ausführungen möchte ich hervorheben, daß die den bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden zuzusprechende Belohnung kein Entgelt für Vertretungsmaßnahmen für einzelne Gläubiger darstellt, sondern ausschließlich der Abdeckung jener Kosten dient, die den Gläubigerschutzverbänden im Rahmen der Vertretung der gemeinsamen Interessen der Gläubiger erwachsen. Herr Bundesminister! Hoffentlich ist der von Ihrem Ministerium unterbreitete Vorschlag betreffend die Berechnung der Belohnung für die bevorrechteten Gläubigerschutzverbände auch gerecht und nicht – wie uns bei zahlreichen Interventionen berichtet wurde – sachlich ungerechtfertigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine weitere Neuerung aufgrund dieser Regierungsvorlage ist der Ausbau der Berichtspflicht des Masseverwalters. Bisher ist sehr häufig dadurch Schaden entstanden, daß ohne nachvollziehbare wirtschaftliche Analyse Entscheidungen über Schließung oder Fortführung des insolventen Unternehmens getroffen werden mußten. Die Neuregelung verpflichtet den Masseverwalter nunmehr, seine Empfehlungen für die zutreffende wirtschaftliche Strategie unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Markt-, Unternehmens- und Finanzlage nachvollziehbar zu begründen. Dadurch werden die Möglichkeiten, betriebswirtschaftlich fundierte Entscheidungen zu treffen, deutlich erhöht.

Hohes Haus! Abschließend möchte ich anmerken, daß wir Sozialdemokraten dieser Regierungsvorlage unsere Zustimmung geben, vor allem – wie ich schon eingangs erörtert habe – dazu, daß ein österreichweites und transparentes Entlohnungssystem für die bevorrechteten Gläubigerschutzverbände und Insolvenzverwalter geschaffen wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haigermoser. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Haigermoser – auf dem Weg zum Rednerpult –: 3 Minuten, das ist schwer!)

21.06

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Zuvor erlaube ich mir, das Verlangen nach getrennter Abstimmung zu formulieren, betreffend Artikel I Z 6 Konkursordnung, Artikel II Z 6 Ausgleichsordnung und Artikel III Z 6 Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Ganz kurz: Bei Jubelmeldungen von Frau Fekter bin ich im Zweifel immer sehr vorsichtig, weil Kollegin Fekter meist die Wirtschaft auf dem Altar der sozialistischen Koalition verkauft – außer, es geht um Eigeninteressen. Da ist sie sehr schnell bei der Hand, wenn sie diese einbringt. (Abg. Dr. Fekter: Beim Insolvenzrecht habe ich noch nie Anlaß gehabt! – Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das Gefährlichste an sozialistischen Gesetzen ist meistens das Kleingedruckte. Das ist wie bei einem Versicherungsvertrag. Da muß man höllisch aufpassen, daß nicht irgendwann die Wirtschaft oder andere zahlen müssen. So ist es auch bei Kostenentlastungen, die Sie heute eingemahnt haben, beziehungsweise bei Gesetzen, durch die Sie Kosten entstehen ließen und die Sie auch zuerst bejubelten, zu denen Sie aber heute wieder Einsparungen verlangen, frei nach dem Motto von Nestroy: Wer is’ stärker: i’ oder i’? – Also, die erste pragmatisierte Regierungsoppositionsrednerin haben Sie heute untauglich gespielt, Frau Kollegin Fekter! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter: Im Unterschied zu Ihnen: Ich bin lernfähig! Das stört Sie sehr!)

Wir wollen es Ihnen leichtmachen, eine Entlastung – auch wenn es um sogenannte kleine Beträge geht – für die kleinen und mittelständischen Betriebe durchzuführen. Es geht um die Kosten für Firmen, die derzeit eine Gebühr zahlen müssen, wenn sie die Bilanz hinterlegen. Daraufhin kommt flott eine Vorschreibung ins Haus, lautend auf 2 000 S bei einer kleinen GmbH, obwohl das Interesse, daß die Bilanz vorgelegt und einsichtig gemacht wird, eigentlich auf seiten der Öffentlichkeit liegt, meine Damen und Herren!

Wie gesagt: Unternehmen müssen derzeit unterschiedslos für alle Firmenbucheingaben sowie für die zugehörigen Veröffentlichungen die entsprechenden Gerichtsgebühren und Veröffentlichungskosten tragen, unabhängig davon – wie schon erwähnt –, ob die Eintragung im eigenen Interesse liegt oder ob die Unternehmen, wie etwa im Fall der Veröffentlichung der Bilanz, im Interesse der Öffentlichkeit zu gewissen Publikationen gezwungen sind. Daher geben wir Ihnen die Gelegenheit, Frau Kollegin Fekter, folgenden Entschließungsantrag zuzustimmen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haigermoser, Dr. Graf, Dr. Krüger, Dr. Ofner betreffend finanzielle Entlastung der Betriebe bei Firmenbucheingaben und Publikationen im Interesse der Öffentlichkeit

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der sicherstellt, daß für alle Firmenbucheingaben und Veröffentlichungen, die mehr im Interesse der Öffentlichkeit als der jeweiligen Firma gelegen sind, von den betroffenen Firmen weder Gebühren noch Veröffentlichungskosten getragen werden müssen. Durch die Ausnützung aller schon derzeit erwogenen Einsparungsmöglichkeiten, aber bei Bedarf auch durch eine entsprechende Anhebung der Abfragekosten aus dem Firmenbuch soll die Kostenneutralität dieser Maßnahme für das Justizbudget sichergestellt werden."

*****

(Abg. Dr. Fekter: Sehr gut!)

Wir wollen also auch hier aufkommensneutral arbeiten (Abg. Dr. Fekter: Noch nicht EU-konform!) und, wie gesagt, Möglichkeiten eröffnen, daß insbesondere die kleinen und mittelständischen Betriebe von Kosten entlastet werden. Da können Sie heute den Offenbarungseid leisten und mitstimmen. Es wird den Klein- und Mittelständlern sicherlich guttun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Gisela Wurm zu Wort. – Bitte.

21.10

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn wir heute über das Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz sprechen, ist es mir als Sozialdemokratin wichtig, vorweg festzustellen, daß wir hier über eine Berufsgruppe reden, die nicht unbedingt am Hungertuch nagt. Masseverwalter sind meist höchst angesehene, wohlbestallte Persönlichkeiten. Deshalb freut es mich sehr, daß wir hier mit großer Mehrheit wieder eine Unebenheit der österreichischen Gesetzgebung beseitigen und der Gerechtigkeit und Gleichheit einen guten Dienst leisten werden. (Abg. Dr. Graf: Das habe ich als Rechtsanwaltsanwärter gemerkt, wie Sie abgestimmt haben, wie Sie Ungerechtigkeiten beseitigen!) – Hören Sie bitte zu, Herr Dr. Graf!

Bereits 1997 haben wir in diesem Haus eine Entschließung gefaßt, in der der Bundesminister für Justiz aufgefordert wird, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Entlohnung des Masseverwalters, des Ausgleichsverwalters und der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände für ihre Tätigkeit im Insolvenzverfahren für Österreich einheitlich neu regelt. (Abg. Dr. Graf: Ein Privileg ist schon ...!) Hintergrund dieser Entschließung war, daß die Landesgerichte die Entlohnung der Masseverwalter völlig unterschiedlich festgelegt haben.

So konnte ich im Justizausschuß vernehmen – Dr. Krüger hat das eingebracht –, daß es einem Masseverwalter bis jetzt, wenn er viel Pech hatte, passieren konnte, daß für ihn bis zu einem Drittel weniger an Entlohnung herausschaute als für einen Kollegen, wenn der Fall in einem Nachbarbezirk zu behandeln war und daher eine günstigere gerichtliche Regelung zur Anwendung kam. Das war eine Ungerechtigkeit, die länger nicht mehr aufrechtzuerhalten war, und ich bin froh darüber, daß sie durch dieses Gesetz ausgemerzt wird. Mit diesem Gesetz wird mehr Gerechtigkeit für die nahezu unbekannte Gruppe der Masseverwalter zum Durchbruch verholfen.

Hohes Haus! Es gibt in Österreich jedoch eine andere Gruppe, und sie ist die Mehrheit in diesem Land, die seit Jahr und Tag für gleiche Leistung um ein Drittel weniger Lohn bekommt. Das sind die Frauen! Kein Entschließungsantrag, kein Gesetz, keine Maßnahme konnten bisher bewirken, daß diese himmelschreiende Ungerechtigkeit endlich aus der Welt geschafft wird. (Abg. Dr. Graf: Wer sitzt in der Regierung?) Haben die der breiten Öffentlichkeit völlig unbekannten Masseverwalter in Österreich eine größere Lobby, eine stärkere Lobby als die Frauen? (Abg. Dr. Graf: Wenn die SPÖ-Regierung kommt, setzt sie es durch!)

Ich möchte dazu sagen, daß ich froh darüber bin, daß österreichweit mehr Gerechtigkeit bei der Entlohnung der Masseverwalter eintritt, da in diesem jetzt schon fast sozialistisch anmutenden Gesetz – es tritt ja noch dazu in diesem Jahr mit 1. Mai in Kraft (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Graf) – eine gut dotierte Mindestentlohnung auf der einen Seite – das hat Herr Haigermoser schon erwähnt – und eine Degressionsregelung auf der anderen Seite vorgesehen ist. (Abg. Dr. Graf: Wenn die Sozialisten an die Regierung kommen, setzen sie es um!) – Hören Sie zu; das ist gut herausgearbeitet! So kann kein Masseverwalter zuwenig, aber auch keiner zuviel verdienen. Das ist Ihnen offensichtlich auch nicht unrecht, sie stimmen ja dem ersten Teil zu, die Herren von der "F". (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Genau das würde ich mir aber auch für die Frauen in diesem Staat wünschen! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zurück zum Gesetz und zur Schwierigkeit des gerechten Lohnes. Es ist wirklich nicht immer einfach zu definieren, welche Tätigkeiten und Aufgaben vergleichbar sind, vor allem dann, wenn – wie bei dieser Berufsgruppe – fast jeder Fall, besser gesagt, fast jeder Insolvenzfall etwas anders gelagert und deshalb auch anders abzuwickeln ist. Aus dem vorliegenden Entwurf geht hervor, daß sich eine Arbeitsgruppe und die Ministerialbeamten sehr viele Gedanken darüber gemacht haben, wie dieses Problem gerecht zu lösen ist. Ich denke, daß die Praxis nach einem gewissen Beobachtungszeitraum zeigen wird, ob Nachjustierungen notwendig sind. Ich persönlich glaube nicht daran, zumal die Gerichte in Einzelfällen von der Regelentlohnung abweichen können.

Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Minister! Ich werde mit Freude diesem Gesetz meine Zustimmung geben, weil es für die Masse- und Ausgleichsverwalter den Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" verwirklicht und dadurch Gerechtigkeit für Masseverwalter bringt.

Ich hoffe und kämpfe weiter dafür, daß auch die Frauen bald gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten. (Beifall bei der SPÖ.) Nach der Gerechtigkeit für die Masseverwalter fordere ich die Gerechtigkeit für die Frauen ein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Bringen Sie einen Entschließungsantrag ein!)

21.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen wird.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1680 der Beilagen.

Hierzu hat Herr Abgeordneter Dr. Graf ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Ich lasse also entsprechend dem Verlangen auf getrennte Abstimmung jeweils über die Z 6 in Artikel I, Artikel II und Artikel III in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich komme zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Die Vorlage ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Als nächstes kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1588 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist in zweiter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Als nächstes gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1679 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese Entschließung ist mit Mehrheit angenommen. (E 166.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag Haigermoser und Genossen betreffend finanzielle Entlastung der Betriebe bei Firmenbucheingaben und Publikationen im Interesse der Öffentlichkeit. Dieser Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht worden und daher mit in Verhandlung gestanden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag Haigermoser zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nichts für die Gewerbetreibenden!)

14. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1614 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden (1672 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Firlinger mit einer freiwilligen Redezeit von 5 Minuten. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist gut!) – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.19

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das Wertpapieraufsichtsgesetz hat in einem Zeitraum von nur eineinhalb Jahren jetzt die zweite Novellierung erfahren. Ich möchte sagen, daß zwei Novellen, also drei Gesetze, in diesem kurzen Zeitraum Ausdruck eines mangelhaften Gesetzes sind. Ich denke, es wird in der Debatte niemand in Abrede stellen, daß die Arbeiten an den Verbesserungen, die in dieses Gesetz eingeflossen sind, nur sehr mühselig und schleppend vor sich gegangen sind.

Zur Novelle selbst möchte ich sagen, daß es darin positive wie auch negative Aspekte gibt, die man berücksichtigen und auch würdigen sollte. Ein positiver Aspekt ist sicherlich, daß damit die Umsetzung der EU-Anlegerschutzrichtlinie in nationales Recht stattgefunden hat. Positiv ist auch hervorzuheben, daß das Konzessionierungsverfahren seitens der BWA in einigen Bereichen erleichtert wurde. Allerdings wurde über diese Punkte, insbesondere über den letzten Punkt, ein Dreivierteljahr lang gestritten, und das Ergebnis ist noch immer nicht befriedigend.

Ich möchte damit gleich zu den Negativpunkten kommen. Der Negativpunkt betrifft eindeutig das Wertpapieraufsichtsgesetz. Man hat ein Dreivierteljahr dahin gehend verhandelt, Herr Kollege Stummvoll, daß die Prüfung der Einhaltung der Wohlverhaltensrichtlinie nicht nur, wie bisher, den Wirtschaftstreuhändern vorbehalten bleibt, sondern daß es dazu kommt, daß auch Rechtsanwälte, Unternehmensberater und normale Steuerberater diese Einhaltung prüfen können. Darüber wurde lange verhandelt, und herausgekommen ist die Zementierung des Status quo. Das ist daher nicht befriedigend.

Zweiter Punkt: Es fehlen die Ausnahmebestimmungen für den Berufszugang von Vermögensberatern, berechtigte Ausnahmen, sodaß die BWA in individuellen Fällen auch prüfen kann, ob ein Verschulden vorgelegen ist. Das gilt für jene Fälle, daß jemandem die Berufsausübung verwehrt worden ist.

Dritter Punkt: Noch viel gravierender ist, daß es zu einer Diskriminierung der Vermögensberater gegenüber den Vermögensverwaltungen gekommen ist. Das halte ich für sehr bedauerlich und auch für bedenklich, denn Vermögensberater müssen, um überhaupt eine Konzessionierung zu erlangen, eine Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung abschließen. Dessenungeachtet hat man den Vermögensberatern jetzt abgerungen, daß sie nicht einem Entschädigungsfonds angehören und daß sie in ihren Geschäftspapieren Werbung praktisch gegen sich selbst betreiben müssen. Herr Kollege Stummvoll, das kann es wohl nicht sein! Ich kann mich daher überhaupt nicht mit der entsprechenden Ausschußfeststellung anfreunden, weil sie sehr weich und zahnlos gehalten ist.

Ich möchte betonen, daß in diesem Gesetzwerdungsprozeß die Rolle der SPÖ durchaus konstruktiv war. Insbesondere Herr Kollege Kaufmann hat gemerkt, daß der radikale Weg nicht der zielführende ist, und hat einen entsprechend moderaten Antrag auf Gesetzesänderung eingebracht. Hingegen war die Rolle der ÖVP und von deren Spitzenrepräsentanten Günter Stummvoll im Ausschuß und auch in den Verhandlungen mehr als dürftig. Herr Kollege Stummvoll! Ich wundere mich, daß du überhaupt noch gehen kannst, denn darüber, wie knieweich du gegenüber der Interessenvertretung der Geld-, Kredit- und Versicherungssektion agiert hast, kann man sich nur noch wundern. Du solltest eigentlich nicht mehr gehen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Stummvoll neigt dazu, daß er immer dem Stärkeren nachgibt, daß er – und so ist es auch in diesem Fall, wie schon so oft – der Sektion Geld-, Kredit- und Versicherungswirtschaft immer nachgibt und immer das macht, was diese Herrschaften wollen. Konkret geht es um das, was ein Herr machen will, nämlich der Herr Syndikus in der Kammer. Das wird ausgeführt, und alle anderen bleiben auf der Strecke. Das ist nicht zum ersten Mal geschehen, deshalb muß ich mich wirklich fragen, ob sich die Vermögensberater von der Wirtschaftskammer Österreich wohl noch richtig vertreten fühlen. Ich hinterfrage das und mache dahinter ein großes Fragezeichen, denn ich bezweifle es mittlerweile.

Daher wird man sich hier noch ausgiebig über diesen Fall unterhalten müssen. Er wird zu einer Generaldebatte über das Kammerwesen führen, denn es kann nicht sein, daß die in der Sektion Allgemeine Gruppe des Gewerbes verankerten Vermögensberater diejenigen sind, die den größten Anteil an den Beiträgen zahlen, aber gleichzeitig diejenige Gruppe bilden, über die man mit dem Besen drüberfährt und deren Wünsche man nicht berücksichtigt. Herr Kollege Stummvoll, da mußt du dir etwas einfallen lassen! So jämmerlich zu agieren und so jämmerlich in die Knie zu gehen, wie du es in den letzten Wochen vorgeführt hast, ist mir wahrlich zuwenig! Darüber hinaus werden wir diesen Prozeß wohl optimieren müssen.

Meine Damen und Herren! Die dritte WAG-Novelle läßt auf sich warten. Sie wird notwendig sein, denn wir sind noch nicht dort, wo wir eigentlich sein sollten. Daher rufe ich alle Betroffenen auf, endlich ein faires und gerechtes Wertpapieraufsichtsgesetz zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll gemeldet. Ich mache auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung und auf die Redezeit aufmerksam. – Bitte.

21.26

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Firlinger hat hier vom Rednerpult aus behauptet, ich hätte in meiner Funktion als Generalsekretär der Wirtschaftskammer in den Verhandlungen über dieses Gesetz dem Druck der Sektion Geld- und Kreditwesen nachgegeben (Abg. Mag. Firlinger: Kann ich beweisen!) und es hätte damit der Interessenausgleich in der Wirtschaftskammer nicht funktioniert. (Abg. Mag. Firlinger: Das kann ich beweisen!)

Wahr ist vielmehr, daß in bezug auf die in der Sektion Gewerbe vertretenen gewerblichen Vermögensberater die Sektion Gewerbe kein einziges Mal mit der Bitte und dem Anliegen an mich herangetreten ist, daß ein Interessenausgleich zwischen den beiden Sektionen stattfinden soll. (Abg. Mag. Firlinger: Das stimmt nicht!)

Herr Kollege Firlinger! Ich lade Sie ein: Wenn Sie dafür Beweise haben, legen Sie sie auf den Tisch! (Beifall des Abg. Nowotny. – Abg. Mag. Firlinger: Ich lege sie auf den Tisch!)

21.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

21.27

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die vorliegende Novelle zum Bankwesengesetz ist im wesentlichen eine Anpassung an eine EU-Richtlinie, die dem System der Einlagensicherung und Anlegerentschädigung entspricht. Dadurch wird dieses System umgeformt. Anlagen in Höhe von bis zu 20 000 Euro finden damit im Insolvenzfall eine Absicherung.

Einige Aspekte des Konsumentenschutzes sind dadurch mit berücksichtigt. Es ist auch von der Regierungsvorlage her möglich gewesen, noch einiges in das Gesetz einzubringen, insbesondere in bezug auf den Zeitraum, bis zu dem eine Sicherheitseinrichtung beansprucht werden muß und bis zu dem eine Meldepflicht besteht. Dieser Zeitraum ist von 5 Monaten auf 1 Jahr verlängert worden.

Es ist auch eine verbesserte Informationspflicht für die Konsumenten betreffend Sicherungseinrichtungen vorgesehen. Diese Informationen über Sicherungseinrichtungen müssen im Kassaraum ausgehängt werden. Es ist auch notwendig, schriftliche Angaben bezüglich der Institution, die diese Sicherungseinrichtung übernimmt, der Haftung und des Umfanges der Deckung zu machen.

Weiters besteht noch unser Wunsch – aber das kann in der nächsten Novelle verwirklicht werden –, daß diese Elemente auch Vertragsinhalt werden und nicht nur aushängepflichtig sind. Ich denke, daß dadurch eine weitere wesentliche Verbesserung geschaffen werden könnte.

Beim Wertpapieraufsichtsgesetz geht es im wesentlichen ebenfalls um eine Anpassung an EU-Normen in bezug auf Sicherung. Es kommt zu bedeutenden Verbesserungen, die die kleinen Vermögensberater betreffen. Für die kleinen Vermögensberater ist der Verzicht auf die testierte Bilanz vorgesehen. Es ist nicht mehr erforderlich, die Hauptberuflichkeit, die Haupterwerbsfähigkeit nachzuweisen. Es kommt überdies zu einer Verlängerung der Frist zur Erlangung der Gewerbeberechtigung. Ich denke, daß damit wesentliche Schritte gesetzt werden.

Weil Kollege Firlinger den Themenkreis "Konsumentenschutz – Vermögensberater" bereits angesprochen hat, möchte ich dazu folgendes sagen: Das wesentliche Problem sind aus unserer Sicht nicht die kleinen Vermögensberater, sondern die großen Strukturvertriebe, die sehr oft am Rande der Legalität oder schon jenseits des Randes der Legalität arbeiten. Die kleinen Vermögensberater und die Konsumentenschützer sitzen quasi in einem gemeinsamen Boot, und es muß unser gemeinsames Anliegen sein, daß die Strukturvertriebe nicht mit Personen arbeiten, die keine Konzession haben und gar nicht in der Lage wären, eine Konzession zu erlangen. Das führt einerseits zu einem Wettbewerb, den die kleinen Vermögensberater mit Recht als unlauter empfinden, und es ist auch aus der Sicht des Konsumentenschutzes schädlich.

Wir haben versucht, diesen Sachverhalt zu diskutieren, und es ist daraus ein Abänderungsantrag entstanden, der nicht so weit geht, wie wir das in der Ausschußberatung diskutiert haben, der aber doch ein sehr großer Schritt in die richtige Richtung ist. Es geht im Prinzip darum, daß es für Dritte irrelevant ist, ob der, der für ein großes Dienstleistungsunternehmen auftritt, Dienstnehmer oder Werkvertragnehmer ist, denn im Prinzip ist die Rechtsfolge bei der Behandlung durch einen Werkvertragnehmer die gleiche.

Ich darf diesen Abänderungsantrag einbringen und hiemit verlesen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Kaufmann, Dr. Stummvoll, Van der Bellen und Genossen zum Bericht des Finanzausschusses (1672 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden, wird wie folgt geändert:

Der Nationalrat hat beschlossen:

1. In Artikel II lautet die Z 5:

5. § 19 Abs. 2 bis 2b lauten:

"(2) Die Erbringung der in § 1 Abs. 1 Z 19 BWG genannten Dienstleistungen bedarf der Konzession der BWA, soweit nicht Abs. 2a oder § 9 dieses Bundesgesetzes, § 1 Abs. 3 BWG oder § 3 Abs. 3 VAG Anwendung finden.

(2a) Natürliche Personen, die, wenngleich selbständig, eine oder mehrere Dienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 19 BWG ausschließlich im Namen und auf Rechnung eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, eines österreichischen Kreditinstitutes oder eines Kreditinstitutes gemäß § 9 BWG oder einer Wertpapierfirma gemäß § 9a BWG erbringen, brauchen keine Konzession gemäß Abs. 2. Das Unternehmen haftet für das Verschulden der Personen, deren es sich bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen bedient, gemäß § 1313a ABGB. In bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der übrigen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen geltenden Gesetze und Verordnungen ist, unbeschadet der persönlichen Verantwortung gemäß § 27 Abs. 3, das Verhalten der selbständigen Vertreter jedenfalls nur dem Unternehmen selbst zuzurechnen.

(2b) Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die Dienstleistungen auf die im Abs. 2a genannte Weise erbringen möchten, haben dies mit dem Antrag auf Erteilung oder Erweiterung der Konzession ausdrücklich zu beantragen. Im Bescheid, mit dem die Konzession erteilt wird, ist über die Zulässigkeit der Dienstleistungserbringung gemäß Abs. 2a gesondert abzusprechen."

2. Nach der Z 9 wird folgende Z 10 eingefügt. Die bisherigen Z 10 bis 17 erhalten die Bezeichnung Z 11 bis 18.

10. Dem § 24 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

"Die vorstehenden Aufsichtsbefugnisse der BWA erstrecken sich auf die selbständigen Vertreter von Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die Dienstleistungen auf die in § 19 Abs. 2a genannte Weise erbringen."

3. In Z 18 (bisherige Z 17) wird im § 34 Abs. 7 der § 19 Abs. 2 ersetzt durch § 19 Abs. 2 bis 2b. § 24 Abs. 2 wird eingefügt.

*****

Das ist der Abänderungsantrag, und ich ersuche um Zustimmung dazu.

Ein letztes Wort noch zum Wertpapieraufsichtsgesetz: Ich habe einem Presseartikel entnommen, Herr Abgeordneter Firlinger, daß Sie für diesen Bereich eine eigene Kammer gründen wollen. Offensichtlich erkennen auch Sie schön langsam, daß die Interessenvertretung in Form von Kammern auch europaweit ein sehr effizientes und gutes Instrument ist. Es wenden sich auch viele Kolleginnen und Kollegen Ihrer Branche an uns. Es freut mich wirklich, daß auch Sie die Kammer als effizientes Instrument der Interessenvertretung anerkennen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger.)

21.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann gemeinsam mit Herrn Abgeordneten Dr. Stummvoll eingebracht hat, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Helmut Peter. – Bitte.

21.35

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Nach der beeindruckenden Lesung des Herrn Kollegen Kaufmann – er ist nicht gestolpert, ich habe mitgelesen; mein Kompliment dazu! – möchte ich eine kurze Stellungnahme der Liberalen bringen.

Wir haben uns im Klub dazu verstanden, daß wir rückwirkenden Gesetzen nicht mehr zustimmen. – Im Bericht des Finanzausschusses steht wörtlich:

"In zeitlicher Hinsicht ist festzuhalten, daß als Termin für die Umsetzung der Richtlinie 97/9/EG der 26. September 1998 vorgeschrieben ist, was zwar ein ehestmögliches Inkrafttreten erfordert, die Anwendbarkeit auf Sachverhalte, die ab dem 26. September 1998 verwirklicht sind, jedoch im Gesetz sichergestellt ist."

Hier halten Sie im Ausschußbericht fest, daß wieder einmal ein Gesetz, das auch Verfassungsbestimmungen enthält, rückwirkend mit Ihren Stimmen beschlossen wird. Die nicht anwesende Österreichische Volkspartei wird dazu Stellung nehmen müssen – vor allem Frau Kollegin Frieser, Herr Kollege Stummvoll oder der Wirtschaftsbund, die immer wieder die Forderung erheben: Stopp der Gesetzesflut!; ich bekomme als Unternehmer immer wieder Broschüren zugeschickt, in welchen unter anderem steht: Stopp der Gesetzesflut! –, Herr Auer wird dann sicherlich dazu Stellung nehmen. Er ist ja für nachher zu Wort gemeldet. In diesen Unterlagen steht: keine rückwirkenden Beschlußfassungen! – Ich stelle also den Herrn Auer und damit die Abgeordneten der ÖVP, die das immer fordern, auf die Probe und frage, ob sie dieser Vorlage zustimmen. Denn hier wird rückwirkend ein Gesetz beschlossen, und dem werden die Liberalen nicht zustimmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Firlinger zu Wort gemeldet. Redezeit und Geschäftsordnungsbestimmungen sind bekannt. – Bitte.

21.37

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kaufmann hat die Behauptung aufgestellt, ich würde das Instrument der Kammer als taugliche Interessenvertretung anerkennen.

Ich darf tatsächlich berichtigen: Ich anerkenne nicht das Instrument der Kammer, nämlich der Wirtschaftskammer, schlechthin als taugliches Instrument, sondern ich habe in einer Presseaussendung die Schaffung einer eigenen Kammer für Finanzdienstleister gefordert. Und dazu bekenne ich mich auch! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jakob Auer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

21.38

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit der Wissensdurst des Kollegen Peter sozusagen gestillt werden kann: Die ÖVP wird diesem Gesetz und auch dem Abänderungsantrag zustimmen! (Zwischenruf des Abgeordneten Mag. Peter.)

Mich hat besonders die Stellungnahme des Kollegen Firlinger interessiert, der meinem Kollegen Stummvoll weiche Knie vorgeworfen hat. – Das finde ich besonders sonderbar von einem Kollegen, der selbst kein Rückgrat hat. Ansonsten hätte er nicht die Fraktion gewechselt!

Meine Damen und Herren! Das positive an diesem Gesetz ist – und darauf sollten wir uns verständigen –, daß die Vermögenswerte all jener Österreicher, die ihre Gelder nicht auf einem klassischen Sparbuch, sondern im Rahmen lukrativer Wertpapiergeschäfte veranlagt haben, besser geschützt werden, nämlich jene Vermögenswerte, die auf einer Bank oder bei einer Wertpapierdienstleistungsfirma, wie zum Beispiel einem Vermögensverwalter, angelegt wurden. In der Praxis heißt dies: Das positive Instrument der Einlagensicherung, das sich im Bereich der Sparguthaben bestens bewährt hat, wird auch auf das Wertpapiervermögen ausgedehnt.

Meine Damen und Herren! Für die Konsumenten bedeutet das letztlich mehr Sicherheit für ihre Geldanlage, denn es würde, wie aus der Einlagensicherung ja bereits bekannt, ein Schaden bis zu 275 000 S wiedergutgemacht werden. Sinnvollerweise – und das halte ich für positiv – wurde im Bereich der Banken die Aufgabe an die bestehenden sektoralen Sicherungseinrichtungen übertragen. Positiv ist an diesem Gesetz auch, daß keine Kosten für den öffentlichen Bereich anfallen. Entscheidend ist, daß es zusätzliche Hinweise und Informationsverpflichtungen für die Anleger beinhaltet. Weiters wurden für die Dienstleistungsunternehmen im Wertpapierbereich Erleichterungen zur Erlangung einer Konzession vorgesehen.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Durch erhöhten Schutz, mehr Sicherheit für die österreichischen Wertpapieranleger und das gewonnene Vertrauen auf seiten des Sparers kommt es mit Sicherheit zu einer Stärkung des österreichischen Wertpapiersektors. Das sollten wir gemeinsam begrüßen! – Daher stimmt meine Fraktion diesem Gesetz, wie ausgeführt, und den Abänderungsanträgen natürlich gerne zu. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. (Abg. Leikam: So lang?) – Bitte.

21.41

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Eher 8 Sekunden, Herr Präsident, als 8 Minuten!

Meine Fraktion stimmt der Regierungsvorlage zum Bankwesengesetz zu. Im wesentlichen schließe ich mich den Ausführungen von Herrn Kollegen Kaufmann an und brauche das nicht zu wiederholen.

Ich hatte ursprünglich bei einem Punkt leichte Bedenken. Ich habe das schon im Ausschuß gesagt. Es fragt sich, ob die Bestimmung gemäß § 93 Abs. 5 Z 9 nicht dazu führt, daß gerade kleine Sparer, die, was wir ja alle wünschen, zur Bank gehen und sich dort etwas höhere Zinsen herausholen, im Krisenfall nichts bekommen. Aber ich habe mich dann überzeugen lassen, daß ja entweder der kleine Sparer nicht – wie es hier heißt – kausal sein kann für die Verschlechterung der finanziellen Lage des Kreditinstituts oder aber, wenn es sehr viele sind, ohnedies keine Vereinbarung auf individueller Basis vorliegt und daher eine Entschädigung gegeben sein müßte.

Im übrigen – noch einmal gesagt – stimmen wir der Vorlage zu. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Tegischer.)

21.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Anna Huber. – Bitte.

21.42

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich kann mich dem jetzt Gesagten nur anschließen: Gerade aus konsumentenpolitischer Sicht bringt diese Gesetzesnovelle vor allem für die kleinen Anleger sehr viele Vorteile. Ich begrüße es, daß sehr viele Bestimmungen darin enthalten sind, die auf der einen Seite vertrauensbildende Maßnahmen zwischen Anleger und Geldinstitut beinhalten und auf der anderen Seite mehr Sicherheit für den Anleger bedeuten.

Lassen Sie mich kurz einen Vorschlag der Arbeiterkammer aufgreifen. Ich selbst bin Mitarbeiterin in einem Geldinstitut und halte diesen Vorschlag für erwähnenswert: Die Arbeiterkammer schlägt vor, daß jeder Anbieter eines Wertpapiers für jedes angebotene Papier eine sogenannte "Klipp-und-Klar-Information" erstellt, die schriftlich in die Kauforder aufzunehmen ist. Ich weiß ganz genau, daß es später sehr oft sogenannte Auffassungsunterschiede darüber gibt, wie eingehend eine Information beim Beratungsgespräch war. Daher meine ich, daß man anhand einer solchen standardisierten Information über die wichtigsten Eckpunkte eines Papiers, die der Anleger in die Hand bekommt und in welcher die Ertragsaussichten, das Risiko, die Laufzeit, die Liquidität und auch die Kosten angeführt sind, sehr gut solche Auffassungsunterschiede über eine erfolgte gute oder schlechte Beratung im nachhinein klären könnte. – Ich würde mir daher auch als Mitarbeiterin eines Geldinstitutes tatsächlich wünschen, daß ein derartiges Service, das jederzeit auf freiwilliger Basis durchführbar wäre, in Zukunft angeboten wird.

Im übrigen möchte ich die vorliegende Novelle aus der Sicht des Konsumentenschutzes ausdrücklich begrüßen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gemeldet hat sich der Herr Staatssekretär. – Bitte.

21.44

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ein funktionierender Kapitalmarkt, der insbesondere den Unternehmen Zugang zu Eigenkapital ermöglicht, ihnen erlaubt, in Krisen sicherer zu sein, aber auch das Wachstum, das in einer Volkswirtschaft erreicht werden kann, wirklich auszuschöpfen, ist ohne Zweifel für eine Volkswirtschaft von ganz entscheidender Bedeutung. Er ist also für die Beschäftigungssicherung in unserem Land von ganz entscheidender Bedeutung.

Gleichzeitig ist es aber auch keine Frage, daß dem Konsumentenschutz hohe Bedeutung eingeräumt werden und dieser Kapitalmarkt daher fair funktionieren muß, und zwar nicht nur im Sinne der Unternehmen und der dort Beschäftigten, sondern auch im Sinne der Anleger, die ihr Geld über diesen Kapitalmarkt der Wirtschaft zur Verfügung stellen. Daher bin ich sehr froh, daß mit diesem Gesetz die EU-Richtlinie in dieser Sache, die 1997 erlassen wurde, umgesetzt wird.

Wir haben den Verfassungsdienst befragt, ob ein Inkrafttreten für die Vergangenheit in diesem Fall vertretbar ist, und der Verfassungsdienst hat nach sehr eingehender Befassung mit dieser Materie erkannt, daß dieser Weg durchaus gangbar ist. Daher haben wir diesen Vorschlag gemacht.

Ich bin daher sehr froh, daß dieses Gesetz, das auch den Konsumentenschutz einen weiteren Schritt nach vorne bringt, heute hier beraten wird und nun zur Beschlußfassung ansteht. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Wunsch des Berichterstatters nach einem Schlußwort liegt nicht vor.

Wir gelangen nun zu den Abstimmungen.

Zunächst stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1614 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Kaufmann, Dr. Stummvoll, Dr. Van der Bellen und Genossen einen Abänderungsantrag beziehungsweise Zusatzantrag eingebracht.

Ferner hat Herr Abgeordneter Mag. Firlinger ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich Artikel II § 23a Abs. 3 und § 23b Abs. 5 gestellt.

Ich werde zunächst über die vom Abänderungs- beziehungsweise Zusatzantrag sowie über die von dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Änderung des § 38 Abs. 4 BWG kann gemäß § 38 Abs. 5 BWG nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Nationalrats mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Somit stelle ich zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgeschriebenen Anzahl der Abgeordneten fest. Das Quorum ist also gegeben.

Die Abgeordneten Mag. Kaufmann, Dr. Stummvoll, Dr. Van der Bellen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel II Z 5 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit und insbesondere mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur getrennten Abstimmung über Artikel II Z 9 § 23a Abs. 3 und § 23b Abs. 5 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit so beschlossen.

Die Abgeordneten Mag. Kaufmann, Dr. Stummvoll, Dr. Van der Bellen und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Z 10 sowie die entsprechende Änderung der nachfolgenden Ziffernbezeichnungen in Artikel II eingebracht.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, daß dieser Antrag mit Mehrheit angenommen wurde.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Kaufmann, Dr. Stummvoll, Dr. Van der Bellen und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel II Z 17 bezieht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hauses, die dem ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch hier stelle ich fest, daß dies mit Mehrheit angenommen wurde.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ausdrücklich stelle ich bei dieser Abstimmung die erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß die Vorlage in dritter Lesung mit Mehrheit, und zwar mit der verfassungsmäßig vorgeschriebenen Zweidrittelmehrheit, angenommen wurde.

Damit haben wir diesen Punkt erledigt.

15. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1574 der Beilagen): Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes beschäftigten Bediensteten (Bundes-Bedienstetenschutzgesetz – B-BSG) und mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979 und das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz geändert werden (1662 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1632 der Beilagen): Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz (AuslZG) (1663 der Beilagen)

17. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Auslandseinsatzgesetz geändert wird (1664 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen jetzt zu den Punkten 15 bis 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Böhacker. Es wird eine Redezeit von 5 Minuten gewünscht. – Bitte.

21.51

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich komme in aller Kürze auf eine wichtige Materie, nämlich auf das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz zu sprechen.

Ich gehe davon aus, daß alle Fraktionen hier im Hohen Haus mit mir einer Meinung sind, wenn ich sage: Arbeitnehmerschutz ist unteilbar! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wenn wir diesem Grundsatz wirklich Anerkennung zollen wollen, dann muß es für uns ein unhaltbarer Zustand sein, daß es heute und wahrscheinlich auch in Zukunft eine Zweiklassengesellschaft im Bereich des Arbeitnehmerschutzes gibt beziehungsweise geben wird: auf der einen Seite der Arbeitnehmerschutz im privatwirtschaftlichen Bereich mit all seinen Ausformungen, der, wie ich sagen möchte, teilweise auch ein wenig überzogen ist, und auf der anderen Seite der privilegierte Bund, der gegenüber seinen Dienstnehmern massive Privilegien hat, wofür die Bediensteten die Lasten zu tragen haben.

Als ehemaliger und langjähriger öffentlich Bediensteter weiß ich, wovon ich spreche. Kollege Puttinger wird das alte Finanzamt in Salzburg noch kennen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger.) Du wirst auch das alte Finanzamt in Salzburg noch gekannt haben! Es waren wahrlich unzumutbare, teilweise menschenunwürdige Bedingungen, unter welchen öffentlich Bedienstete arbeiten mußten. Erfreulicherweise hat sich das durch einen Neubau des Finanzamtes geändert.

Aber lassen Sie mich jetzt eine positive Anmerkung machen: Nach jahrzehntelangem Schweigen und jahrzehntelanger Säumnis der Bundesregierung ist sie nun endlich tätig geworden, wahrscheinlich unter dem Druck der Umsetzung von EU-Richtlinien, aber vielleicht auch im Lichte heranstehender Personalvertretungswahlen: Die Bundesregierung hat nun endlich ansatzweise den freiheitlichen Antrag aus dem Jahr 1993 umgesetzt!

Herr Staatssekretär! Damit ist es mit dem Positiven aber auch schon vorbei. Denn es muß in aller Deutlichkeit gesagt werden: Mit der vorliegenden Regierungsvorlage werden wir nach Beschlußfassung keinesfalls beziehungsweise auch nicht annähernd jenen Standard erreichen, welcher der Privatwirtschaft auferlegt wurde, auch wenn das Arbeitsinspektorat in Zukunft die Möglichkeit haben wird, unangemeldet und jederzeit Dienststellen zu überprüfen und Mißstände aufzuzeigen, denn – und das ist die Crux an der ganzen Sache – es gibt keine Sanktionsmöglichkeiten!

Wie wird das in der Praxis ausschauen? – Im § 91 ist genau beschrieben, wie das vor sich gehen wird: Ein Arbeitsinspektor stellt einen Mißstand fest. Daher bleibt ihm nichts anderes übrig, als eine Meldung an den Dienststellenleiter zu machen. Wenn das nichts fruchtet, dann kann er die Meldung an die Zentralstelle beziehungsweise an den Zentralstellenleiter weitergeben. Wenn wieder nichts geschieht, dann tritt folgende Situation ein: Es wird nichts getan, wenn nichts getan wird, obwohl etwas getan wurde. Das, Herr Staatssekretär, ist diese Regierungsvorlage, nicht mehr und nicht weniger!

Sie haben uns im Finanzausschuß erklärt, es gebe verfassungsrechtliche Bedenken. Sie haben uns auch ein Gutachten des Verfassungsdienstes zugesagt. Ich weiß nicht, ob Kollege Moser dieses schon bekommen hat. Ich würde nämlich gerne einmal hineinschauen. Vielleicht könnte er so lieb sein und mir dieses zur Verfügung stellen! – Es gibt also verfassungsrechtliche Bedenken. Aber es ist klar: Ein Gesetz ohne echte Sanktionsmöglichkeiten ist ein zahnloser Papiertiger, nicht mehr und nicht weniger! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Gerade die fehlenden Sanktionsmöglichkeiten zeigen den Unterschied zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft. In der Privatwirtschaft gibt es drakonische Strafen bis hin zur Betriebsschließung. Der Bund stiehlt sich hier hingegen aus der Verantwortung und läßt keine Strafen zu. Aus meiner Sicht ist daher diese Regierungsvorlage eher ein Beschwichtigungspapier im Hinblick auf die bevorstehenden Personalvertretungswahlen.

Lassen sich mich zusammenfassend sagen: Diese Situation ist bedauerlich im Lichte der Erkenntnis, daß Arbeitnehmerschutz volkswirtschaftliche Vorteile bringt. Es gibt dazu entsprechende Zahlen in der Privatwirtschaft: Dort ist die Unfallhäufigkeit beziehungsweise sind die entsprechenden Kosten um 25 Prozent zurückgegangen. – Daher ist klar: Solange die Privilegierung des Bundes als Dienstgeber gegenüber seinen Bediensteten aufrecht bleibt, werden wir Freiheitlichen einer derartigen Gesetzesvorlage nicht die Zustimmung erteilen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

21.56

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Der vorliegende Gesetzentwurf hinsichtlich eines neuen Bundesgesetzes über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes beschäftigten Bediensteten, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, öffnet den Weg zu einem einheitlichen Arbeitnehmerschutz und führt uns auf nationaler Ebene zu einer Qualitätsanpassung an die Europäische Union. Man kann feststellen, daß dem Arbeitnehmerschutz in der Europäischen Union ein höherer Stellenwert beigemessen wird. Diesen Standard erreichen wir mit der Beschlußfassung dieses Gesetzes ebenfalls. (Abg. Haigermoser: Herr Kollege! Wo ist Ihre Fraktion?)

Ich wollte, bevor ich in die Materie eingehe, meinem Vorredner noch etwas mitteilen: Wir haben im Vorfeld, bei den Verhandlungen zu diesem Gesetz, sehr oft darüber diskutiert, ob wir ein einheitliches Gesetz schaffen sollen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wir hätten in diesem Gesetz – meine Herren, und das wißt ihr ganz genau! – aber mehr Verweisungen gehabt, und es wäre unleserlicher gewesen als zwei Gesetzeswerke. Es hat europäische Dimension. Wir haben nun einen einheitlichen Arbeitnehmerschutz in Europa, egal ob im öffentlichen oder im privaten Bereich, er bringt einen verstärkten Schutz und sieht eine geteilte Verantwortung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern vor. (Zwischenruf des Abg. Böhacker.)

Für effizienten Arbeitnehmerschutz ist die verantwortliche Ebene die Dienststelle und die verantwortliche Person daher der Dienststellenleiter. Die Neuorganisation im arbeitsmedizinischen Bereich gehört ebenso dazu wie die Einführung von Sicherheitsvertrauenspersonen, die an Dienststellen mit mehr als zehn Bediensteten bestellt werden. Die Sicherheitsvertrauenspersonen haben die Aufgabe, die Bediensteten zu informieren und zu unterstützen. Ebenso haben sie die Personalvertretung zu informieren und in Abstimmung mit der Personalvertretung die Interessen der Bediensteten gegenüber dem Dienstgeber zu vertreten. Sehr wichtig ist, daß die Sicherheitsvertrauenspersonen bei Ausübung ihrer in diesem Bundesgesetz geregelten Aufgaben an keine Weisungen gebunden sind. Die Sicherheitsvertrauenspersonen müssen mit den Sicherheitskräften und den Arbeitsmedizinern eng zusammenarbeiten. Die Bestellung von Sicherheitsfachkräften, die Einrichtung von arbeitsmedizinischen Zentren sowie die Installierung von Arbeitsausschüssen erfolgen für Dienststellen mit einem hohen und mittleren Gefährdungspotential mit 1. Jänner 2000 und für Dienststellen mit einem geringeren Potential mit 1. Jänner 2001, wobei Bedienstete für die Erste Hilfe, für die Evakuierung und Brandbekämpfung, für die Handhabung der Feuerlöschgeräte, Brandschutzbeauftragte sowie Brandschutzwarte zu bestimmen sind.

Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus legistischen Gründen darf ich folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dkfm. Dr. Stummvoll und Genossen betreffend den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1574 der Beilagen): Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes beschäftigten Bediensteten (Bundes-Bedienstetenschutzgesetz – B-BSG) und mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979 und das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz geändert werden (1662 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

In Art. I lautet § 107 wie folgt:

"§ 107. (1) (Verfassungsbestimmung) § 11 Abs. 2 und § 73 Abs. 3 treten mit 1. Juni 1999 in Kraft.

(2) Die übrigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes treten mit 1. Juni 1999 in Kraft, soweit im 9. Abschnitt nicht anderes bestimmt wird.

(3) Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes können bereits vor dem in Abs. 1 und 2 genannten Zeitpunkt erlassen werden, sie treten aber frühestens mit diesem Zeitpunkt in Kraft."

*****

Meine geschätzten Damen und Herren! In Summe kann festgestellt werden, daß das neue Bundes-Bedienstetenschutzgesetz einen Quantensprung (ironische Heiterkeit des Abg. Böhacker – Abg. Böhacker: Ein Quantensprung? "Heiterkeit bei der FPÖ" – für das Protokoll!) zu einem modernen, auf europäischer Ebene einheitlichen Arbeitnehmerschutz darstellt.

Ich möchte an dieser Stelle den Dank an den Herrn Staatssekretär sowie an seine Beamtinnen und Beamten zum Ausdruck bringen. Unsere Fraktion stimmt diesem Gesetzeswerk sehr gerne zu. (Abg. Haigermoser: Das ist höchstens ein Sprung ins Seil! – Abg. Böhacker: Ins kalte Wasser!)

22.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, über den der Herr Abgeordnete berichtet hat, ist ausreichend unterstützt, und er steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. – Bitte.

22.01

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst ganz kurz eine Anmerkung zum Bundesgesetz über Auslandszulagen im Zusammenhang mit der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland und zum Auslandseinsatzgesetz machen.

Wir werden diesen beiden Novellierungen unsere Zustimmung geben, wiewohl festzustellen ist – und ich finde das bedauerlich –, daß man immerhin zwei Jahre gebraucht hat, um eine Anpassung des Auslandszulagengesetzes und des Auslandseinsatzgesetzes an die neuen Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Bundesverfassungsgesetz über die Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland herbeizuführen.

Ich glaube, daß es notwendig sein wird, in Zukunft rascher als in diesem konkreten Fall zu entsprechenden Anpassungen zu kommen. Ansonsten aber meine ich, daß man dem Gesetz inhaltlich zustimmen kann, daß es darin wesentliche Verbesserungen gegenüber den bisherigen Regelungen gibt, wiewohl es notwendig sein wird, einen Bereich in diesem Zusammenhang in Zukunft auch noch gesetzlich zu regeln, nämlich den Einsatz und die Verwendung von Personen und Einheiten im Zusammenhang mit der Prävention, mit dem Krisenmanagement im Vorfeld zu möglichen Einsätzen. Das ist bedauerlicherweise noch nicht gegeben. Wir werden einen entsprechenden Entschließungsantrag oder Abänderungsantrag einbringen, und ich gehe davon aus, daß wir im Zuge der Beratungen noch in dieser Legislaturperiode vielleicht zu einer neuerlichen Novelle zum Auslandseinsatzgesetz kommen. (Abg. Böhacker: Wie ist das mit dem Sockelbetrag?)

Zum zweiten Punkt, zu der Frage des Bundes-Bedienstetenschutzgesetzes. Herr Kollege Pendl, ich muß dir da klar widersprechen. Du hast in diesem Zusammenhang von einem Quantensprung gesprochen. Du hast auch davon gesprochen, daß nun der Weg zu einem einheitlichen Bedienstetenschutz frei sei. – Ich finde: mitnichten, gerade im Gegenteil! Es ist die Chance vertan worden, auf der Grundlage eines einheitlichen Arbeitnehmerbegriffes zu einer für alle Bediensteten, für alle Arbeitnehmer – auch jene, die im Bereich der Privatwirtschaft tätig sind – einheitlichen Regelung zu kommen, weil diese Ausnahmebestimmungen für den öffentlichen Dienst nicht wirklich nachvollziehbar sind.

Ich weiß schon, es wird vermutlich vom Herrn Staatssekretär – weil er das auch im Ausschuß angeführt hat – argumentiert werden, daß heute ja materiell, inhaltlich dieselben Bestimmungen – mit einigen Ausnahmen – beschlossen werden sollen. Aber gerade deshalb, Herr Staatssekretär, weil dieses Bundesgesetz eine Abschreibübung war, hätten wir darauf verzichten können. Es hätte auch die Möglichkeit bestanden, die Adaptierungen oder die notwendigen Änderungen, die sich für den öffentlichen Dienst ergeben, durch einzelne Ausnahmeregelungen als Ergänzung, als Anhang zu den geltenden Bestimmungen festzulegen. (Abg. Böhacker: Was ist jetzt mit dem Verfassungsdienst?)

Meiner Ansicht nach stimmt auch das Argument, das im Zusammenhang mit dem Verfassungsdienst gebracht worden ist, nicht. Herr Staatssekretär! Wenn man sich die Stellungnahme des Verfassungsdienstes durchliest, dann muß man feststellen, daß der Verfassungsdienst eigentlich keine konkrete Aussage trifft.

Er stellt unter Punkt 3 fest: Behördliche Tätigkeiten der Arbeitsinspektorate, die auf eine Kontrolle des für die jeweilige Dienststelle zuständigen Bundesministeriums hinauslaufen, insbesondere wegen Verstoßes gegen das Beamtenschutzgesetz, könnten mit der Stellung des Bundesministers als oberstes Organ der Vollziehung unvereinbar sein. – Er sagt also "könnte", er ist gar nicht sicher, ob sie wirklich unvereinbar sind.

Im darauffolgenden Satz führt er aus, daß nach der Rechtsauffassung von Professor Mayer – wir kennen und schätzen ihn aufgrund seiner Tätigkeit als Verfassungs- und Rechtsexperte – die Berufung auf die Ministerverantwortlichkeit in diesem Zusammenhang unzutreffend ist. – Das heißt, in den Fragen des Arbeitnehmerschutzes hat der öffentliche Dienst die Rolle eines Privaten, genauso wie die Behörde beispielsweise im Zusammenhang mit dem Kraftfahrgesetz ebenfalls wie ein Privater handelt.

Wenn das so ist, daß im Rahmen des Dienstnehmerschutzes die Dienstbehörden als Private agieren, dann müssen auch die Bestimmungen des Bedienstetenschutzgesetzes, wie es für Private, für die Wirtschaft gilt, angewendet werden, sie haben also Gültigkeit.

Das heißt, es besteht überhaupt keine Notwendigkeit, unter Berufung auf verfassungsrechtliche Bedenken zu einem eigenen Gesetz, zu einem Bundes-Bedienstetenschutzgesetz zu kommen. Wir hätten daher, wenn man den Verfassungsdienst entsprechend interpretiert, mit den geltenden Regelungen das Auslangen gefunden, und wir hätten nur ergänzende Bestimmungen gebraucht.

Ich frage Sie nun: Für welche Bereiche brauchen wir ergänzende Bestimmungen oder Ausnahmeregelungen? – Sie haben dies selbst im Ausschuß wie folgt dargestellt: Für den Bereich der Exekutive, für das Bundesheer, für das Militär – also für ganz bestimmte auch von ihrem zahlenmäßigen Umfang her eher begrenzte Bereiche. Wir haben etwa 170 000 Bedienstete im öffentlichen Dienst; Bundesheer, Polizei und Gendarmerie machen vielleicht an die 50 000 aus. Das heißt, es ist nicht einmal für ein Drittel de facto ein eigenes Gesetz geschaffen worden. Ich finde aber, für ein Büro in einem Unternehmen und für ein Büro im Finanzamt oder wo auch immer müßten oder sollten doch dieselben Kriterien, dieselben Maßstäbe gelten. (Abg. Böhacker: So ist es! Es ist aber nicht so!)

Das heißt, wir haben hier eine Regelung getroffen, die nicht wirklich notwendig ist. Wir haben eine Chance vertan, im Nationalrat wirklich nur jene Gesetze zu beschließen, die sinnvoll sind, die auch notwendig sind und für die ein Bedarf gegeben ist, um nicht – worauf es bedauerlicherweise hinausläuft – eine Flut von neuen Regelungen und Bestimmungen (Abg. Haigermoser: Reglementierungsflut!) zu verursachen. Dies trifft bedauerlicherweise auf diese Regierungsvorlage zu.

Darüber hinaus wird durch dieses Gesetz auch der Verwaltungsaufwand ganz wesentlich erhöht. Wir haben bislang mit etwa 13 Paragraphen das Auslangen gefunden. Jetzt geht es darum, daß über 100 Paragraphen anzuwenden sind. Dazu kommt noch, daß entsprechende Durchführungsverordnungen erlassen werden müssen. Das heißt, es ist ein sehr hoher Verwaltungsaufwand mit diesem Gesetz verbunden. Daher sehen wir eigentlich keine Notwendigkeit und auch keine Veranlassung, diesem Gesetz zuzustimmen. (Abg. Böhacker: So ist es!)

Ich möchte auch inhaltlich noch eine Anmerkung machen. Wir haben es hier mit einer Regelung zu tun, die keine Sanktionsmöglichkeiten vorsieht. Da wird, wie man so schön sagt, eine Zweiklassengesellschaft aufgebaut. Im Bereich der Privatwirtschaft gibt es ganz strenge Regelungen, ganz strenge Sanktionen, die für den öffentlichen Dienst aber nicht gelten. Ich meine, daß dadurch auch eine Ungleichbehandlung festgelegt und festgeschrieben wird.

Ich möchte daher vor allem die Mitglieder des Sozialausschusses ersuchen, den Entschließungsantrag, den Kollege Kier eingebracht hat, endlich im Ausschuß zu beraten.

Es handelt sich dabei um einen Entschließungsantrag, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, bei entsprechenden kritischen Anmerkungen der Arbeitsinspektorate innerhalb einer angemessenen Frist Stellungnahmen abzugeben, aber auch durch eine entsprechende Budgetierung für eine ausreichende finanzielle Bedeckung zur Behebung der anstehenden Mängel zu sorgen.

Herr Staatssekretär! Ich verstehe überhaupt nicht, daß man, wie angegeben wurde, aufgrund der budgetären Situation nicht bereit und nicht willens ist, die Verbesserungen, die die Arbeitsinspektoren vorschlagen, durchzuführen, zumal, wie aus den Bemerkungen zum Bundes-Bedienstetenschutzgesetz ja hervorgeht, die Implementierung lediglich 300 Millionen Schilling kostet. Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Bund nicht in der Lage ist, diesen Betrag aufzubringen, um einen Zustand herzustellen, der den öffentlich Bediensteten entsprechende Arbeitsbedingungen gewährleistet und sicherstellt. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

22.12

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß ein paar Worte zum Bundes-Bedienstetenschutzgesetz sagen, und zwar als einer, der viele Jahre lang als Vertreter der Wirtschaft darauf hingewiesen hat, daß es hier eine Ungleichbehandlung gibt, die eigentlich nicht tolerierbar ist, nämlich eine Unterteilung in zwei Klassen von Arbeitnehmern: einerseits die Arbeitnehmer im Bereich der gewerblichen Wirtschaft, für die es seit dem Jahr 1972 ein immer strenger werdendes Arbeitnehmerschutzgesetz gibt, und andererseits die Arbeitnehmer im öffentlichen Bereich, wo ein entsprechendes Gesetz bis jetzt nicht gegolten hat.

Ich bin daher an sich froh darüber, daß wir heute diesen Schritt setzen, daß wir heute auch für den öffentlichen Bereich dieses Bundes-Bedienstetenschutzgesetz beschließen, möchte mich aber durchaus manchen Akzenten anschließen, die einige Vorredner gesetzt haben.

Auch ich bin der Meinung, daß in diesem Bereich noch nicht die völlige Gleichstellung mit der gewerblichen Wirtschaft praktiziert wird. Wir stimmen aber trotzdem zu, weil es ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist, ein sehr wesentlicher Schritt sogar.

Herr Staatssekretär! Die Wirtschaft wird aber in nächster Zeit auch sehr genau die Vollziehung – und zwar beider Gesetze, des Arbeitnehmerschutzgesetzes und des Bundes-Bedienstetenschutzgesetzes – vergleichen, weil wir alle natürlich wissen, daß man die Vollziehung eines Gesetzes praxisorientiert und dem gesunden Menschenverstand entsprechend oder auch penibel bis schikanös gestalten kann.

Ich möchte nicht, daß es zwar formal jetzt für beide Bereiche eine gesetzliche Regelung gibt, aber in einem Bereich wird es sehr streng, rigoros und zum Teil schikanös vollzogen, und im anderen Bereich sieht man über gewisse Dinge hinweg. Dabei gebe ich auch zu, daß die Frage der fehlenden Sanktionen natürlich ein Wermutstropfen in diesem Gesetz ist. Ich gehe aber davon aus, daß genauso, wie das Arbeitnehmerschutzgesetz des Jahres 1972 wiederholt novelliert wurde, auch diesem Gesetz wahrscheinlich in nächster Zeit, wenn wir erste Erfahrungen damit haben, wie die Vollziehung aussieht, entsprechende Novellen folgen werden. (Abg. Böhacker: Das werden wir sehr genau beobachten!)  Das werden wir sehr genau beobachten. Da sind wir einer Meinung, Herr Kollege Böhacker. Da sind wir ausnahmsweise einer Meinung! (Abg. Böhacker: Dann habe ich etwas falsch gemacht!) Auch wir werden das sehr genau beobachten.

Insgesamt, meine Damen und Herren, glaube ich als einer, der sich seit dem Arbeitnehmerschutzgesetz 1972 wirklich sehr oft mit Fragen in den Bereichen Arbeitsmedizin, Arbeitnehmerschutz, Gesundheitsvorsorge, Berufskrankheiten und Prophylaxe beschäftigt hat, daß diese Maßnahmen, wenn sie effizient und richtig angewendet werden, letztlich nicht nur Ausdruck einer sozialen Verantwortung des Dienstgebers und einer humanitären Gesinnung sind, sondern daß damit letztlich auch ein gesundheitsökonomischer Effekt erzielt werden kann.

Umso verwunderlicher war es daher für mich, in den Erläuterungen zu lesen, daß die finanziellen Auswirkungen dieser Maßnahme im ersten Jahr, glaube ich, 32 Millionen Schilling und im zweiten Jahr ungefähr 100 Millionen Schilling betragen werden, also in einer Größenordnung liegen, bei der man sagen muß: Eigentlich hätte sich die öffentliche Hand das für ihre Mitarbeiter schon früher leisten können! (Beifall bei der ÖVP.)

22.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile für ganz kurze Zeit dem Herrn Staatssekretär das Wort. – Bitte.

22.15

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Herr Präsident! Hohes Haus! Auch ich bin der Meinung, daß wir nicht zwei Klassen von Dienstnehmern in diesem Land haben können, daß es keine Zweiklassengesellschaft geben darf, sondern daß wir für den öffentlichen Dienst die gleichen Schutzbestimmungen brauchen, die auch für die Wirtschaft gelten. Ich kann Ihnen nur zusichern, daß wir nicht nur die Bestimmungen übernommen haben, sondern daß ich auch von meiner inneren Einstellung her darauf achten werde, daß in der Umsetzung die gleichen Maßstäbe herangezogen werden wie für die Wirtschaft. (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Dr. Stummvoll und Dr. Feurstein.) Denn es ist nicht einzusehen, daß es da eine Differenzierung geben soll.

Die 300 Millionen Schilling – um das auch klar zu sagen – dienen der Ausbildung, dienen der Evaluierungsphase, um festzustellen, wo wir Aufholbedarf haben, um an die gleichen Standards heranzukommen. Ein etwaiger Baubedarf, der sich daraus ergeben kann, ist in diesen 300 Millionen Schilling selbstverständlich nicht inbegriffen. Die Angaben über den diesbezüglichen Bedarf werden erst nach Abschluß der Evaluierungsphase, also in spätestens drei Jahren, vorliegen, und wir werden bestrebt sein, zügig an die gleichen Bedingungen, wie sie in der Wirtschaft gegeben sind, anzuschließen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: 11 000 Gebäude und 176 000 Mitarbeiter!)

22.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Universitätsprofessor Van der Bellen. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Böhacker: Ordentlicher oder außerordentlicher? – Ruf: Ordentlicher! – Heiterkeit des Abg. Dr. Van der Bellen.) Ganz ordentlicher!

22.16

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte vorweg ein paar Worte zum Bundes-Bedienstetenschutzgesetz sagen, aber dann werde ich mich einem Thema zuwenden, das Herr Brigadier Moser so zustimmend erwähnt hat.

Was das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz betrifft, kann ich Herrn Kollegen Böhacker nur vollinhaltlich zustimmen. Auch wir werden dem Gesetz nicht unsere Zustimmung erteilen. Es war auffallend im Ausschuß, daß die Vertreter beider Regierungsfraktionen betont haben, wie wichtig ihnen doch das einheitliche Arbeitnehmerschutzgesetz ist, aber nichtsdestoweniger bekommen wir jetzt ein separates.

Herr Kollege Stummvoll – er ist im Augenblick leider nicht da – hat uns eine interessante Denksportaufgabe mitgegeben, das wird mir erst heute beim Durchblättern meiner Unterlagen bewußt. Er hat nämlich die Zusatzausgabenschätzung, die im Vorblatt des Gesetzes steht, bezweifelt und gemeint, wenn dieses Gesetz tatsächlich so geringe Zusatzausgaben erfordert, wie dort angegeben, dann kann der Arbeitnehmerschutz im öffentlichen Bereich jedenfalls nicht dem im privaten Bereich gleichwertig sein, denn dort wäre der Arbeitnehmerschutz viel teurer.

Dazu kann ich nur sagen: Wenn die Kostenschätzung falsch ist, dann würde ich dem Gesetz ja von Haus aus nicht zustimmen wollen. Wenn sie aber doch richtig ist und der Arbeitnehmerschutz im öffentlichen Bereich um so viel geringer ist als im privaten, dann würde ich dem Gesetz doch auch nicht zustimmen wollen, aber das müssen die Regierungsfraktionen (Abg. Dr. Stummvoll – auf dem Weg zurück zu seinem Platz –: Falsch!) – ah, Herr Kollege! – unter sich ausmachen. (Abg. Dr. Stummvoll: Ein falsches Urteil! – Abg. Haigermoser: Zwischenrufe nur vom eigenen Sitzplatz aus! – Abg. Dr. Stummvoll: Das war der Überraschungseffekt! – Heiterkeit.)

Die letzte mögliche Schlußfolgerung – aber die werden Sie vielleicht nicht gemeint haben, Herr Kollege Stummvoll – wäre noch die, daß es sich beim Bund eben derzeit im Durchschnitt doch ein bißchen gesünder arbeitet als draußen in der Privatwirtschaft, sodaß dort dann auch die höheren Zusatzausgaben aufgrund des Arbeitnehmerschutzgesetzes entstehen.

Aber lassen wir das alles dahingestellt. Ich möchte mich einem viel amüsanteren Thema zuwenden, wie gesagt, einem, dem Herr Brigadier Moser zugestimmt hat, nämlich dem Auslandszulagengesetz.

Dieses Gesetz löst wieder einmal ein Problem nicht, das es tatsächlich gibt, nämlich die Pensionsversicherung der Milizsoldaten. Das haben wir auch im Ausschuß diskutiert. – Aber soll sein, das steht wieder nicht drinnen. Dafür regelt das Gesetz aber sehr wichtige andere Dinge.

Herr Präsident Fischer! Ich weiß nicht, ob Sie in Ihren Jugendjahren, als Sie versucht haben, zu lernen, was in der Politik und in der Bürokratie vor sich geht, Herzmanovsky-Orlando gelesen haben (Heiterkeit des Abg. Jung) und damals das Gefühl hatten, nun ja, Herzmanovsky versteht wirklich etwas von der österreichischen Bürokratie. – Ich kann nur sagen, unter anderem aufgrund des Studiums dieses Gesetzes: Herzmanovsky-Orlando war zwar dichterisch begabt, hatte aber von der Realität keine Ahnung!

Diese Auslandszulage setzt sich zusammen aus einem Sockelbetrag und aus Zuschlägen. Beide werden gemessen in Werteinheiten, die 4,4 Prozent des Gehaltes und so weiter der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V eines Beamten der Allgemeinen Verwaltung entsprechen. – So weit können Sie mir ja sicherlich folgen, meine Damen und Herren.

Ich erspare Ihnen jetzt die Bemessung der Sockelbeträge und der Zuordnung auf die einzelnen Verwendungsgruppen, deren es ungefähr 50 gibt. Es wäre sehr interessant, herauszufinden, was der "M ZCh" im Vergleich zum "M BUO 2" oder zum "M BO 2" ist, die alle in die verschiedenen Zulagengruppen kommen. (Abg. Jung: Herr Kollege Moser erklärt Ihnen das!) Das ist ja noch völlig in Ordnung, Herr Brigadier – Nachhilfestunde folgt bei Gelegenheit (Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser–, aber die Zuschläge, Herr Kollege, die Zuschläge!

Als Zuschläge kommen in Betracht – das kann ich Ihnen nicht ersparen –: Der Zonenzuschlag (Abg. Jung: Das hört sich nach den Verkehrsbetrieben an!), der Klimazuschlag – das hat nichts mit dem Bundeskanzler zu tun –, der Krisenzuschlag, der Ersteinsatzzuschlag – er hat nichts mit der Erstschlagskapazität der NATO zu tun, hoffe ich zumindest –, der Funktionszuschlag, der Gefahrenzuschlag (Abg. Böhacker: Es fehlt noch der "Schüsselzuschlag" nach dem "Klimazuschlag"!) – als ob das andere ungefährlich wäre –, der Unterkunftszuschlag und der Verpflegszuschlag. – Das sind nur die, die im Gesetz aufgezählt werden. Ich bin sicher, es gibt noch 120 andere. (Abg. Hans Helmut Moser: Aber nicht in diesem Gesetz!)

Beim Zonenzuschlag wird die Welt eingeteilt, und das ist vom Selbstverständnis des Bundesheeres her gesehen wirklich spannend. Denn wenn wir schon einmal ein Gesetz machen, Herr Brigadier Moser, dann richtig, nicht wahr? (Abg. Hans Helmut Moser: Weltumfassend!) Dann fragen wir nicht: Was geht vor, wenn das Bundesheer in Tschechien oder in Südtirol oder in Bosnien oder in Mazedonien eingesetzt wird? – Nein! Wenn schon, denn schon! Es beträgt also der Zonenzuschlag in der Zone 1 – das ist die Arktis, Antarktis und Grönland – sechs Werteinheiten und der Zonenzuschlag in der Zone 2 – Afrika und Asien, mit Ausnahmen, weiters Mittel- und Südamerika, Australien und Ozeanien (Heiterkeit) – drei Werteinheiten.

Darüber, muß ich sagen, habe ich lange gebrütet! (Neuerliche Heiterkeit.) Denn wie kann es sein, habe ich mir gedacht, daß in einem Klima, das zugegebenermaßen unfreundlich ist, wie zum Beispiel in der Antarktis – minus 50 Grad, aber wenigstens immer einheitlich kalt; da setzt man sich eine Kapuze auf und fertig –, sechs Werteinheiten gebühren, daß aber Australien als einheitliche Zone behandelt wird? – Wir wissen ganz genau, in Sydney ist es wunderbar, aber in der Mitte der Gibson-Wüste ist es grauenhaft (Abg. Haigermoser: Und am Ayers Rock?), da mißt man plus 50, vielleicht sogar 60 oder 70 Grad tagsüber und minus 5 Grad in der Nacht. Und dafür gibt es nur drei Werteinheiten? – Das ist doch ungerecht! (Abg. Lackner: Herr Professor ...!)

Aber ich habe den Gesetzgeber wieder einmal unterschätzt. Schon wieder habe ich ihn unterschätzt, weil es im Fall Australien nämlich nicht nur den Zonenzuschlag, sondern auch den Klimazuschlag gibt. Wenn einer etwa in Sydney stationiert ist – ich weiß nicht, was das Bundesheer dort erobert (Heiterkeit der Abg. Ing. Langthaler), aber es kann ja einmal sein –, dann bekommt er nur den Zonenzuschlag von drei Werteinheiten. Wenn er aber in der Wüste Gibson bei den Aborigines stationiert ist, dann bekommt er auch den Wüstenzuschlag (Ruf: Elefantenzuschlag!), denn das ist in § 6 geregelt. Toll! Das macht allerdings nur zwei Werteinheiten aus, sodaß Sie insgesamt immer noch besser dran sind, wenn Sie in Grönland stationiert werden (Heiterkeit bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Ing. Langthaler), denn dort gibt es sechs Werteinheiten, statt in der Wüste Gibson, denn dort gibt es drei plus zwei, also zusammen nur fünf Einheiten. – Und so weiter und so fort.

Wenn man das im Detail studiert, dann versteht man – man versteht es nicht, aber man bekommt ein Gefühl dafür –, wieso sich die Bürokratie speziell in Österreich immer und immer perpetuiert. Dazu brauche ich nicht Herzmanovsky zu lesen, dazu muß ich nur die Regierungsvorlage in 1632 der Beilagen, ausgedruckt am 24. Feber 1999, lesen.

Ich muß sagen, das Ganze macht mir Lust auf eine Recherche. Das ist ja nur das Auslandszulagengesetz. Was aber ist mit dem Inlandszulagengesetz? (Heiterkeit der Abg. Ing. Langthaler.) – Ich frage mich wirklich: Wo bleibt da die Gerechtigkeit? (Zwischenruf des Abg. Jung.)

Stellen Sie sich vor, einer dieser armen Soldaten steht im Burgenland – und ich kenne das ja: wenn man dort an der Grenze steht, die Mücken, grauenhaft! –, der andere hingegen steht in Kufstein und bewacht dort die Grenze. Das ist ja etwas ganz anderes! (Heiterkeit. – Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser.) Also was ist mit der Zulage gegen die Stechmücken und – es sind ja nicht alle Mücken gleich – gegen die anderen Mücken? – Die Unterscheidung zwischen Roßbremsen und normalen Fliegen scheint mir in diesem Zusammenhang wesentlich zu sein, weil das Wohlbefinden des einfachen Unteroffiziers, aber auch des Brigadiers Moser ganz zweifellos in irgendeiner Weise davon abhängig ist! (Allgemeine Heiterkeit.)

Wie sieht es aber zum Beispiel in Tirol aus? – Da gibt es die steilen Berge. Anderswo wiederum gibt es die flacheren Berge. (Neuerliche Heiterkeit.) Es gibt Berge mit Aussicht, und es gibt Berge ohne Aussicht. (Allgemeine Heiterkeit.) Also ich würde sagen, für die Berge ohne Aussicht müßte ich eine halbe Werteinheit abziehen, weil das ist doch etwas anderes als der Berg mit Aussicht. (Abg. Böhacker: Gibt es da einen Genußzuschlag?) Bei Gelegenheit, Herr Kollege Moser, bitte ich daher um die Zurverfügungstellung des Inlandszulagengesetzes. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Hervorragend!)

22.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege Van der Bellen! Was stellen Sie jetzt an Abänderungsanträgen zu den Zuschlägen? (Heiterkeit.)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte.

22.25

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Herr Professor, wir beide hätten nach den Vorfällen in Australien vielleicht noch in bezug auf den Zyklon einen Abänderungsantrag auf eine sogenannte Zyklonzulage stellen sollen. Wir hätten damit heute sicherlich endgültig die Lacher auf unserer Seite gehabt.

Lassen Sie mich nun aber auf das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz eingehen. (Abg. Jung: Wie wäre es mir einer Krisenzulage für den SPÖ-Klub? Die sind alle bei einer Beratung!) – Richtig, das wäre auch noch eine Möglichkeit, aber davon würde ich nicht profitieren.

Meine Damen und Herren! Das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das heute auf der Tagesordnung steht, geht zweifellos im wesentlichen auf etliche Richtlinien der Europäischen Union zurück, die es zum Schutz der Beschäftigten umzusetzen gilt. Dadurch werden die in Österreich vorhandenen Schutzbestimmungen erweitert und durchaus auch deutlich verbessert.

Österreich ist im Bereich des Arbeitsschutzes insgesamt mehr als vorbildlich. Allerdings gilt es auch, Herr Kollege Böhacker, auf neue Erkenntnisse, welche die Lage der Arbeitnehmer in Österreich verbessern, rasch zu reagieren und sie entweder legistisch oder im Verordnungswege zu verarbeiten.

Nun ist es richtig, daß mit diesem Gesetz – und es lagen viele Wünsche vor – nicht alles verwirklicht worden ist. Jedoch ist diese Gesetzesvorlage ein durchaus akzeptables Werk zum Schutz der Dienstnehmer in Österreich. Allerdings müssen diesem Werk – und das ist ja auch geplant, meine Damen und Herren – ehestens die entsprechenden Durchführungsverordnungen folgen, und zwar in den Bereichen Arbeitsstätten, Arbeitsmittel, Gesundheitsüberwachung und dergleichen. Wesentlich bei diesem Gesetzeswerk ist die Prävention, die gewährleisten soll, daß es gar nicht erst zu arbeitsbedingten Erkrankungen kommt.

Ich möchte nun nicht weiter darauf eingehen, welche konkreten Bestimmungen das neue Bundes-Bedienstetenschutzgesetz beinhaltet oder nicht beinhaltet. Das haben meine Vorredner durchaus zur Genüge getan.

Lassen Sie mich nunmehr einen kleinen Blick in mein Heimatland, nach Vorarlberg werfen, wo vor nicht allzu langer Zeit ebenfalls ein Landes- und Gemeinde-Bedienstetenschutzgesetz verabschiedet wurde, das ebenfalls auf diese heute zur Beschlußfassung anstehenden EU-Richtlinien zurückgreift.

Herr Kollege Böhacker! Es wäre ja an und für sich nicht besonders erwähnenswert, daß in Vorarlberg ebenfalls ein Landes- und Gemeinde-Bedienstetenschutzgesetz beschlossen worden ist. Das wäre ja an sich etwas ganz Normales. Was mich aber irritiert hat, war der Umstand, daß Ihr Kollege, Herr Dipl.-Ing. Beck, im Ausschuß erläutert hat, daß es dieses Gesetzes eigentlich überhaupt nicht bedürfe (Abg. Böhacker: Keine Landessachen auf Bundesebene behandeln!), es werde uns seitens der EU aufoktroyiert. Das widerspreche dem Grundsatz der Deregulierung.

Herr Kollege Böhacker! Ich bin offengestanden ein bißchen irritiert, da ich doch gehört habe, wie Sie sich heute hier heraußen sozusagen als Retter der Entrechteten aufgespielt haben, während Ihr Kollege Beck, der als Mitglied der Regierungsparteien in Vorarlberg agiert, überhaupt keinen Dienstnehmerschutz für notwendig erachtet. (Abg. Böhacker: Das ist eine Unterstellung, die durch nichts bewiesen ist!) Aber das wird er ja wohl ... (Abg. Böhacker: Wann hat er das gesagt? Wo hat er das gesagt?)

Das kann ich Ihnen gern sagen: In der Rechtsausschußsitzung vom 20.1.1999. Ich weiß ja, Herr Kollege Böhacker (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Zitieren Sie!), daß Ihnen das nicht recht ist. Das ist eben das klassische Doppelspiel Ihrer Partei: Hier, wo Sie in der Opposition sind, da kann es gar nicht weit genug gehen. Wo Sie aber an der Macht sind, da wollen Sie vom Arbeitnehmerschutz im Prinzip nichts wissen, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär! Lassen Sie mich zum Abschluß ganz kurz erwähnen, daß dieses Gesetz sicherlich ein guter Anfang in diesem Bereich ist, und wir werden diesem Gesetz natürlich gerne zustimmen.

Abschließend möchte ich noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lackner, Dkfm. Dr. Stummvoll und Genossen betreffend den Bericht des Finanzausschusses (1663 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (1632 der Beilagen): Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz (AuslZG)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

"Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In § 18 Abs. 1 entfällt die Wortfolge ,und des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 38/1997‘."

*****

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

22.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Lackner, Dr. Stummvoll und Genossen wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lafer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

22.30

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lackner, da Sie vorhin behauptet haben, daß die FPÖ vom Arbeitnehmerschutz nichts wissen wolle, muß ich Ihnen entgegenhalten: Ich denke, das dürfen wir an Ihre Adresse zurückschicken! Denn die FPÖ wollte ein Gesetz haben, das den Arbeitnehmer tatsächlich schützt, und nicht auf der einen Seite ein Gesetz, das keine Sanktionen für den öffentlichen Dienst vorsieht, und auf der anderen Seite ein Arbeitnehmerschutzgesetz für Private, in dem die strengsten Bestimmungen enthalten sind. So kann es nicht sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eines kann ich Ihnen garantieren: Wenn für die FPÖ einmal die Zeit kommt, in der wir Regierungsverantwortung übernehmen, dann werden wir aus unserer Sicht für den öffentlichen Dienst sorgen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist ja interessant, sich heute die Argumente anzuhören, wenn hier ein Bundes-Bedienstetenschutzgesetz beschlossen werden soll, das keine Sanktionen enthält. Es ist wirklich interessant, dieses Gesetz, wie schon gesagt, im Gegensatz zum Arbeitnehmerschutzgesetz zu sehen.

Jetzt aber kommt es: Wenn man sich etwa die Bestimmungen des § 88 im Zusammenhang mit der Verantwortlichkeit ansieht, dann zeigt sich, daß zwar den Bund bei einem Fehlverhalten keine Schuld trifft und gegen ihn auch keine Sanktionen möglich sind, daß sich aber der Dienststellenleiter, der dazu angehalten ist, darauf zu achten, daß Ungereimtheiten aufgezeigt werden, sehr wohl gemäß seiner besoldungsrechtlichen Stellung, aber auch nach den disziplinarrechtlichen Bestimmungen strafbar macht, wenn er sich – und zwar laut Abs. 2 und Abs. 3 – bei festgestellten Mängeln nicht dezidiert an dieses Gesetz hält.

Wie ich das verstehen soll, weiß ich nicht. Wenn den Bund ein Verschulden trifft, dann passiert nichts, wenn aber den Dienststellenleiter ein Verschulden trifft – obwohl ohnehin nichts abgeändert wird –, dann trifft ihn sehr wohl das Disziplinarrecht. Ich halte es für eine sagenhafte Einrichtung eines Gesetzes, wenn man zwar den Dienststellenleiter für das, was ohnehin nicht gemacht wird, verantwortlich macht, während auf der anderen Seite der Bund überhaupt keine Konsequenzen zu tragen hat.

Daher muß ich meinem Kollegen Böhacker recht geben, wenn er sagt: Arbeitnehmerschutz ist unteilbar! Zu dieser Aussage stehen wir Freiheitlichen in vollem Umfang, denn es darf nicht sein, daß man zwei Kategorien von Bediensteten oder Arbeitnehmern schafft: auf der einen Seite derart, daß die Privatwirtschaft wegen der finanziellen Belastungen durch die Bundesregierung arg in Mitleidenschaft gezogen wird, und auf der zweiten Seite im öffentlichen Dienst dadurch, daß man den Beamten quasi als – sagen wir es einmal so – zweitklassig bezeichnet.

Eventuell könnte man sogar sagen: Der Beamte wird einfach nicht ernst genommen. Denn es klingt durch, daß nicht unbedingt etwas für den öffentlichen Dienst getan werden muß. Wenn man das umdreht, könnte man auch sagen: Das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz wird deshalb ohne Sanktionen beschlossen, weil man einfach kein Geld dafür hat, die Bundesdienststellen mit jenen Mitteln und Ausstattungen zu versehen, die nötig sind, damit dort in entsprechender Weise und nach unseren Vorstellungen Dienst gemacht werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. – Bitte.

22.33

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daß auch die Debatte über ein derartiges Gesetz durchaus unterhaltsam sein kann, hat Kollege Van der Bellen demonstriert. Ich glaube, für viele war das, was er vorgebracht hat, zweifellos etwas, was aus der allgemeinen Debatte etwas ziemlich Lustiges gemacht hat.

Unabhängig davon hat das Gesetz schon etwas Ernstes zum Hintergrund. Wenn nämlich 170 000 Bedienstete in rund 3 600 Dienststellen (Abg. Böhacker: 11 000 Gebäude, 176 000 Mitarbeiter!) und 11 000 Gebäuden betroffen sind und die Sicherheit und die Gesundheit dieser Kolleginnen und Kollegen erstmals einer Regelung von Schutzbestimmungen zugeführt werden, dann ist das etwas, was prinzipiell ein Anliegen sowohl eines Arbeitnehmers als auch eines Arbeitgebers zu sein hat.

Man kann natürlich jede Stufe eines Gesetzes, das nicht hundertprozentig ist, als "noch nicht ausreichend" bezeichnen, oder man kann sich, von der anderen Seite kommend, darüber freuen, daß es gegenüber dem bisherigen Rechtszustand einen bedeutenden Fortschritt gibt. Ich gehe von dem zweiten Standpunkt aus und sage: Für die 170 000 Betroffenen ist diese heutige Regelung ein bedeutender Fortschritt. Daher sagen wir von der Volkspartei ein Ja zu dieser gesetzlichen Regelung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Madl: Daran darf man zweifeln!)

Frau Kollegin! Ob Sie Zweifel haben oder nicht, ist mir relativ egal – wenn ich das so offen sagen darf. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Madl.) Aber im Prinzip ist es folgendermaßen, Frau Kollegin. Ich kann mir vorstellen – denn ich habe mir darüber Gedanken gemacht, als ich Ihrem Kollegen zugehört habe –, warum Sie nicht zustimmen können. Ein wichtiges Moment dafür, daß diese Regelung jetzt eingeführt wird, besteht darin, daß wir durch die Richtlinien der EU dazu gezwungen werden, es zu tun. Wenn Sie aber nicht für die EU sind, dann kann ich mir vorstellen, daß Sie all das, was von der EU kommt und uns die entsprechende Verpflichtung auferlegt, nicht gern haben und auch in seinen Auswüchsen nicht akzeptieren wollen. (Abg. Jung: Sehr richtig! In den Auswüchsen wollen wir es nicht akzeptieren!)

Herr Kollege Jung, hören Sie zu! (Abg. Jung: Ich habe zugehört!) Sie haben sich, wenn Sie da nein sagen, ganz einfach auch gegenüber den Kolleginnen und Kollegen zu verantworten, wenn Sie ihnen de facto die Verbesserungen, die durch diese Regelung erzielt werden, nicht vergönnen. (Abg. Jung: Hätten Sie das gewollt, dann hätten Sie 50 Jahre dafür Zeit gehabt!) Das ist genau derselbe Schluß, den ich von meiner Warte aus ziehen kann, Herr Kollege. Mir ist es lieber, wenn diesen 170 000 Kolleginnen und Kollegen mit diesem Gesetz eine Verbesserung zugestanden wird, als daß sie vielleicht in ihrem Zustand blieben und dazu nein gesagt wird. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das ist unsere Haltung dazu: Eine Verbesserung ist uns allemal lieber, als bei dem Zustand zu bleiben, der bisher gegeben war. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen selbstverständlich weiterhin an der Erarbeitung künftiger gemeinsamer Regelungen mitwirken. Denn es ist für uns überhaupt nicht einsehbar, daß die Arbeitnehmer im privaten und im öffentlichen Bereich nicht die gleichen Schutzbestimmungen haben. Für uns ist aber sehr wohl einsehbar, daß für gewisse Bereiche der Exekutive – und Sie, Herr Kollege Jung, stammen ja meines Wissens aus einem Teilbereich, nämlich aus dem Militär – andere Bestimmungen notwendig sind.

Aus meiner Sicht ist – im Gegensatz zur Ansicht des Kollegen Moser – die Zahl von 50 000 betroffenen Personen nicht sozusagen eine kleine Quantité négligeable (Abg. Jung: Das Gesetz betrifft nicht nur das Bundesheer!), sondern eine Dimension von Personen, die um ein Vielfaches größer ist als wesentlich kleinere Gruppen, für die wir manchmal eigene Gesetze schaffen. Was uns für diese kleineren Gruppen recht ist, muß uns auch für 50 000 Personen billig sein, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich komme zum Schluß. Für uns von der Volkspartei ist dieses Gesetz eine wesentliche Verbesserung. Wir hoffen, daß es mit derselben Art von Genauigkeit durchgezogen wird, wie es im privaten Bereich kontrolliert wird. Das verdienen sich die 170 000 öffentlich Bediensteten, die von diesem Bedienstetenschutzgesetz betroffen sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

22.38

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Von Herrn Kollegen Höchtl habe ich gerade gehört, daß man sich auch der kleineren Gruppen annehmen sollte. Außerdem hat der Herr Staatssekretär davon gesprochen, daß jetzt der öffentliche Dienst in die Vorzüge des Arbeitnehmerschutzes kommt. Vielleicht wäre es einmal an der Zeit, auch die Abgeordneten unter diese Vorzüge fallen zu lassen, damit wir ergonomisch richtige Sessel bekommen und nicht auf den vorhandenen, die jeder Arbeitnehmerschutzbestimmung Hohn sprechen, so lange sitzen müssen wie heute. Ich finde, es wäre höchste Zeit, auch dafür etwas zu tun!

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lafer, Scheibner, Jung, Böhacker und Kollegen zur Regierungsvorlage 1632 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz (AuslZG)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel bezeichnete RV wird wie folgt geändert:

1. § 3 lautet:

"§ 3. Der Sockelbetrag beträgt 21 Werteinheiten."

2. § 9 Abs. 1 lautet:

"§ 9. (1) Der Funktionszuschlag beträgt für eine dauernde Tätigkeit als

1. Vorgesetzter und/oder Kommandant der in das Ausland entsandten Einheit 8 Werteinheiten,

2. Stellvertreter des Vorgesetzten und/oder Stellvertreter des Kommandanten der in das Ausland entsandten Einheit 6 Werteinheiten,

3. Kompaniekommandant, sofern nicht eine Funktion gemäß Z 1 oder 2 ausgeübt wird, 6 Werteinheiten,

4. Kompaniekommandantstellvertreter oder Zugskommandant 4 Werteinheiten,

5. Dienstführender Unteroffizier, Kommandogruppenkommandant oder Zugskommandantstellvertreter 3 Werteinheiten,

6. Gruppenkommandant, sofern nicht eine Funktion gemäß Z 5 ausgeübt wird, 2 Werteinheiten,

7. Administrator einer Einheit 2 Werteinheiten,

8. Arzt, Truppenpsychologe oder gleichwertige Tätigkeit 6 Werteinheiten."

*****

Die Begründung dafür wurde heute zum Teil schon angesprochen. Wir kennen grundsätzlich zwei Arten von Zahlungsverbesserungen, die zum Tragen kommen können, nämlich den Sockelbetrag und die Zuschläge. Darin erblicken wir eine ungerechte Systematik.

Der Sockelbetrag soll grundsätzlich die aus der Auslandsverwendung entstehenden höheren Kosten abgelten, zum Beispiel im Hinblick auf die Trennung von der Familie und die dadurch entstehenden Heimreisekosten, Telephonkosten, Kosten für zwei Haushalte und ähnliches mehr.

Diese Kosten müßten aber im Prinzip für alle Bediensteten gleich sein. Denn die anderen Bereiche, zum Beispiel Abgeltungen für Kommandanten und so weiter, werden mit den Zuschlägen, die Kollege Van der Bellen angesprochen hat – dafür habe ich leider keine Zeit mehr –, ausdrücklich in anderer Form abgegolten. Er war übrigens im Irrtum damit, zu glauben, daß es dies nur beim Bundesheer gibt. Es gibt für Bundesbedienstete eine Unmenge von Zuschlägen, von der Schreibzulage für Schreibkräfte bis hin zur Milchzubuße und ähnliches mehr. Wenn er hier also in komischen Sachen wühlen möchte, sei ihm gesagt, daß es noch andere Plätze gibt, an denen er fündig werden kann.

Es stimmt aber wirklich – und das ist einer der Gründe dafür, daß wir nicht zustimmen –, daß dieses Gesetz in einer geradezu lächerlich komplizierten Art und Weise geregelt wurde, in einer Form, die es praktisch in jeder normalen Armee lächerlich machen würde. Das entspricht dem Bürokratiedenken der österreichischen Spitzenbürokratie in den Ministerien.

Wir sind damit nicht einverstanden und werden daher auch nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Lafer, Scheibner, Jung und Kollegen zur Regierungsvorlage wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Frieser. – Bitte.

22.42

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wie meine Fraktionskollegen schon ausgeführt haben, werden wir dieser Gesetzesvorlage zustimmen. Wir alle hier haben uns einhellig gewünscht, daß es ein einheitliches Arbeitnehmerschutzgesetz gibt und keine Unterscheidung zwischen dem öffentlichen und dem privaten Dienst.

Es wurde der Wunsch zum Ausdruck gebracht, daß sich der Arbeitnehmerschutz für den öffentlichen Dienst jenem des privaten Dienstes, der gewerblichen Wirtschaft anpaßt. Ich würde mir wünschen, daß der Arbeitnehmerschutz für den gewerblichen Bereich überarbeitet wird und viele Schikanen, die es dort gibt, eliminiert werden. Ich erachte die Arbeitnehmerschutzbestimmungen im privaten Bereich de facto als arbeitnehmerfeindlich und erblicke darin eine Gefährdung der Arbeitsplätze.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einmal überlegen, was ein Arbeitsinspektor, der hier durch das Haus gehen würde, alles feststellen könnte. Ich teile zwar nicht die Meinung des Kollegen Jung, daß der Arbeitsinspektor besonders viel Mitleid mit uns Abgeordneten hätte, möchte Sie, Herr Präsident, jedoch darauf hinweisen, daß es zum Beispiel im 3. Stock dieses Hauses – dort verrichten unsere Referenten ihre Arbeit – nicht einmal Hinweise auf Notausgänge gibt. Wenn unsere lieben und sehr fleißigen Referenten oft bis spät in die Nacht hinein arbeiten, steht ihnen auch keine entsprechende Beleuchtungsanlage zur Verfügung, damit sie den Ausgang finden.

Würden wir weiters die Arbeitsbedingungen in den angeschlossenen Häusern kontrollieren, dann könnten wir feststellen, daß unsere parlamentarischen Mitarbeiter – so wurde es mir berichtet – EDV-Anlagen beziehungsweise Bildschirme haben, die auch nicht den einschlägigen Vorschriften entsprechen. Meine Damen und Herren! Da frage ich mich, ob wir uns durch dieses Gesetz sozusagen selbst kriminalisieren oder ob wir hier im Haus als erste mit gutem Beispiel vorangehen und unseren Mitarbeitern die entsprechenden Voraussetzungen schaffen werden.

In diesem Sinne fordere ich Sie alle auf, daß wir gerade hier und im Lichte des Beschlusses dieses Gesetzes den einschlägigen Bestimmungen auch gerecht werden! (Beifall bei der ÖVP.)

22.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

22.44

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wenn wir heute über die Besoldung von Präsenzdienern und Soldaten, die im Auslandseinsatz ihren Dienst machen, diskutieren, dann sollten wir auch darüber reden, wie die Pensionsabsicherung dieser Soldaten – vor allem der Soldaten der Miliz – aussieht.

Es gibt da eine eklatante Ungleichbehandlung, einen Unterschied zwischen jenen, die diesen Dienst im Ausland als Berufssoldaten ableisten – sie sind ganz normal weiter pensionsversichert –, und jenen anderen, die als Milizsoldaten, also herausgerissen aus ihrem Beruf, diesen wichtigen Dienst für die Republik Österreich leisten. In dieser Hinsicht ist mit dem letzten Sparpaket eine eklatante Schlechterstellung eingeführt worden. Diese Dienstzeiten, für die das Verteidigungsministerium angeblich sogar einen Beitrag geleistet hat, werden nur noch als Ersatzzeiten für die Pension angerechnet.

Meine Damen und Herren! Durch diese Maßnahme sind viele Milizsoldaten eklatant benachteiligt. Besonders zu kritisieren ist, daß diese Regelung rückwirkend eingeführt worden ist. Das heißt, alle, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten einen derartigen Auslandseinsatz für die Republik geleistet haben, bemerken jetzt, daß ihnen Jahre für ihre Pensionsbemessung fehlen und daß sie vielleicht überhaupt keine Pension bekommen werden.

Meine Damen und Herren! Ich denke, als Parlamentarier tragen wir eine Verantwortung gegenüber denjenigen, die diesen wichtigen Dienst geleistet haben, die zwar sicherlich gut verdient haben, aber damals eine falsche Information bekommen haben. Und wir tragen Verantwortung dafür, daß man diesen Fehler jetzt korrigiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Liberale Forum hat einen in diese Richtung gehenden Antrag eingebracht, und wir haben ihn im Ausschuß behandelt. Als Ausschußvorsitzender habe ich versucht, diesen Antrag heute auf die Tagesordnung zu bringen, damit darüber diskutiert werden kann. Denn es sollte nicht nur darum gehen, eigene Anträge auf die Tagesordnung zu bringen, sondern wir sollten uns auch für andere wichtige Anträge einsetzen.

Es ist für mich daher etwas verwunderlich gewesen, daß nicht einmal der Vertreter oder, besser gesagt, die Vertreterin des Liberalen Forums in der Präsidiale dazu zu bewegen war, diesen Antrag der eigenen Fraktion auf die Tagesordnung zu setzen. (Abg. Haigermoser: Wer war das?) Anscheinend ist dort die Bundesheerabschaffungsdiskussion bereits so weit gediehen, daß man hier nicht einmal über die eigenen Anträge – über deine Anträge, Kollege Moser! – diskutieren darf. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir bringen jedenfalls einen entsprechenden Entschließungsantrag ein. Ich hoffe, daß Sie ihn unterstützen werden, denn er würde diese Benachteiligung aufheben.

Dieser Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Scheibner, Böhacker, Jung und Kollegen betreffend ausreichende Pensionsvorsorge für Präsenzdiener des österreichischen Bundesheeres

"Die Bundesregierung wird aufgefordert:

1. umgehend alle notwendigen legistischen und sonstigen Maßnahmen zu ergreifen, die gewährleisten, daß für alle Präsenzdiener die während ihrer Wehrdienstzeit erworbenen Versicherungszeiten als pensionswirksame Beitragszeiten in vollem Umfang in die Bemessungsgrundlage der Pensionsversicherung einbezogen werden, und

2. für eine Regelung Sorge zu tragen, mit der alle bisherigen Präsenzdienstzeiten, die im Rahmen von Auslandseinsätzen oder als Zeitsoldat erworben wurden, nachträglich als beitragswirksame Versicherungszeiten anerkannt werden."

*****

Ich denke, wir sind diesen Antrag all jenen schuldig, die einen so wichtigen Dienst für die Republik im Ausland leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich weise darauf hin, daß der Entschließungsantrag der Abgeordneten Scheibner, Böhacker, Jung und Kollegen betreffend ausreichende Pensionsvorsorge für Präsenzdiener des österreichischen Bundesheeres geschäftsordnungsgemäß eingebracht worden ist und daher auch darüber abgestimmt wird.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

*****

Ich nütze jetzt die gute Präsenz aus, um zu sagen, daß ich zur Vorbereitung der Zuweisungssitzung beziehungsweise der morgigen Tagesordnung für 23 Uhr zu einer kurzen Präsidialsitzung bitte. Dies wird es voraussichtlich ermöglichen, daß wir die Vorbereitungen ohne Sitzungsunterbrechung abschließen. Der Herr Parlamentsdirektor wird auch telefonisch dazu einladen.

*****

Ein Wunsch des Berichterstatters nach einem Schlußwort liegt nicht vor.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen wird.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1574 der Beilagen unter Berücksichtigung der dem Ausschußbericht in 1662 der Beilagen angeschlossenen Abänderungen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Nowotny und Dr. Stummvoll einen Abänderungsantrag hinsichtlich Artikel I § 107 eingebracht. Da nur dieser eine Abänderungsantrag vorliegt, werde ich über den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des erwähnten Abänderungsantrages abstimmen lassen.

Ich weise darauf hin, daß der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält. Daher stelle ich im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung zunächst fest, daß das Quorum, das für die Beschlußfassung von Verfassungsbestimmungen erforderlich ist, gegeben ist.

Ich lasse also über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1574 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Dr. Nowotny und Dr. Stummvoll sowie der dem Ausschußbericht angeschlossenen Abänderungen abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür stimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß dies mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit beschlossen ist.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit, und zwar wiederum mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit, in dritter Lesung beschlossen.

Wir gelangen als nächstes zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1632 der Beilagen.

Hierzu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Lafer und Genossen vor.

Weiters haben die Kollegen Lackner, Dr. Stummvoll und Genossen ebenfalls einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Abgeordneter Lafer hat einen Abänderungsantrag betreffend die §§ 3 und 9 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag des Kollegen Lafer zu § 3 und § 9 zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Nunmehr lasse ich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Lackner, Dr. Stummvoll und Genossen haben, wie erwähnt, einen Abänderungsantrag betreffend § 18 Abs. 1 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, ein diesbezügliches Zeichen durch Erheben von den Plätzen geben. – Der Antrag ist mehrheitlich in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1664 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Scheibner und Genossen betreffend ausreichende Pensionsvorsorge für Präsenzdiener des österreichischen Bundesheeres.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag Scheibner zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

18. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1625 der Beilagen): Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen im Rahmen der 5. allgemeinen Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank (1673 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1558 der Beilagen): Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur zweiten Wiederauffüllung des Globalen Umweltfazilität-Treuhandfonds (GEF 2) (1665 der Beilagen)

20. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1559 der Beilagen): Bundesgesetz über die Leistung weiterer Beiträge zur Weltbank-Konsultativgruppe für internationale landwirtschaftliche Forschung (CGIAR) für die Jahre 1999 bis 2001 (1666 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (612 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (1667 der Beilagen)

22. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (893 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Chile über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen samt Protokoll (1668 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1477 der Beilagen): Vereinbarung über die Interpretation bestimmter Artikel des zwischen der Republik Österreich und der Republik Paraguay am 13. August 1993 unterzeichneten Abkommens über die Förderung und den Schutz von Investitionen (1669 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir verhandeln nunmehr die Punkte 18 bis 23 der Tagesordnung. Die Debatte darüber wird unter einem durchgeführt.

Da mir kein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung vorliegt, gehen wir in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Trattner. – Bitte.

22.55

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es geht um drei Zuwendungen für die Entwicklungshilfe beziehungsweise Kapitalbeteiligung an der Afrikanischen Entwicklungsbank.

Insgesamt geht es um ein Volumen von 834 Millionen Schilling, wovon ein Teil direkt zu bezahlen ist; den anderen Teil stellen Haftungsübernahmen dar. Die Direktzahlungen teilen sich folgendermaßen auf.

Erstens ist in den Globalen Umweltfazilität-Treuhandfonds – den GEF-2-Fonds – eine Leistung von insgesamt 231 Millionen Schilling zu zahlen, und zwar in fünf jährlichen Raten von 2001 bis 2005. Dabei handelt es sich um einmalige Zahlungen, für die es keine Rückzahlungen gibt. Daraus werden Umweltförderungen für Klimaänderungen, biologische Vielfalt, internationale Gewässer, Ozon und dergleichen mehr bestritten.

Der zweite Beitrag geht an die Weltbank-Konsultativgruppe für internationale landwirtschaftliche Forschung für die Jahre 1999 bis 2001. Es geht um eine Größenordnung von 51,9 Millionen Schilling, zahlbar in drei Raten zu je 17,3 Millionen Schilling.

Dazu ist zu sagen, daß diese landwirtschaftliche Forschung grundsätzlich richtig ist, da sie in den Entwicklungsländern innerhalb der letzten Jahrzehnte eine deutliche Ertragssteigerung in der Größenordnung von 80 Prozent mit sich gebracht hat. Dies ist ein großer Erfolg, und das ist sicherlich auch auf diese internationale Agrarforschung zurückzuführen.

Man muß sich allerdings auch dessen bewußt sein, daß die Bevölkerungszahl in den nächsten Jahren pro Jahr um 90 Millionen steigen wird und daß bis zum Jahr 2025 insgesamt ein Bevölkerungszuwachs von 2,5 Milliarden Menschen zu erwarten ist. Andererseits sind aber die Bodenressourcen in den Entwicklungsländern im großen und ganzen erschöpft. Auch hat sich diese Agrarforschung nicht mehr auf die Entwicklungsländer zu beschränken, sondern sie soll auch auf die Industrieländer ausgedehnt werden. Dazu werden geeignete Maßnahmen zu ergreifen sein.

Der dritte Beitrag betrifft die allgemeine Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank. Es geht insgesamt um 3 780 Anteile, wovon 227 Anteile einzahlbar sind und 3 553 Anteile ein Haftkapital darstellen. Es geht im Grunde genommen darum, daß die einzahlbaren Anteile in der Größenordnung von 33,1 Millionen Schilling zu bezahlen sind.

Bei diesen drei Entwicklungszuschüssen beziehungsweise Kapitalbeteiligungen geht es auch darum, daß man künftig erstens den Verwendungszweck stärker kontrollieren muß. Zweitens muß gesichert sein, daß alle Länder sich aliquot daran beteiligen. Es geht etwa nicht an, daß die Vereinigten Staaten sich auf den Standpunkt zurückziehen, sich an dieser Aktion nicht mehr oder nur in geringerem Ausmaß zu beteiligen, und daß andere Staaten wie Deutschland, Frankreich oder Italien daraufhin irgendwelche Ausreden finden, weil die Amerikaner nicht bezahlen, sodaß Finanzierungslücken entstehen, die dann wieder aufgefüllt werden müssen.

Wenn es sich um einen Solidaritätsbeitrag handelt – als solchen sehen wir ihn, wenn auch kritischerweise –, dann müssen auch alle Länder im gleichen Rahmen mitziehen. Weil dies aber noch immer nicht gesichert ist und weil ein ordentlicher Verwendungszweck durch die einzelnen Kontrollinstanzen nach wie vor nicht nachgewiesen worden ist, werden wir Freiheitliche diesen drei Regierungsvorlagen nicht die Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

22.59

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In aller gebotenen Kürze: Obwohl jede einzelne dieser Vorlagen es wert wäre, detaillierter darauf einzugehen, möchte ich mich im wesentlichen auf drei Bemerkungen beschränken.

Punkt eins: Was die Frage der Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank betrifft, halten wir das für eine sinnvolle Maßnahme, und zwar deswegen, weil nach der Krise der Afrikanischen Entwicklungsbank vor drei bis vier Jahren zum einen die Sanierungsmaßnahmen erfolgreich über die Bühne gegangen sind und es zum zweiten in einer Reihe von afrikanischen Staaten ein positives wirtschaftliches Wachstumspotential gibt, das auch für eine Reihe von österreichischen Firmen nicht uninteressant ist, wie angesichts des Besuches des Präsidenten der Afrikanischen Entwicklungsbank deutlich geworden ist.

Das heißt aber noch nicht, daß der Kontinent insgesamt prosperierende wirtschaftliche Perspektiven hat, solange es in einzelnen Ländern eine Reihe von militärischen Konflikten gibt. Bei all der Dramatik einzelner dieser militärischen Konflikte sollte man aber nicht übersehen, daß einzelne Länder doch über Wachstumsraten verfügen, die weltweit ziemlich einzigartig sind. Für ein Land wie Österreich wäre es nicht gescheit, sich von diesen Wachstumsperspektiven auszuschließen. Und daher halten wir es erstens für sinnvoll, daß der Handlungsspielraum dieser Afrikanischen Entwicklungsbank erweitert wird, und erachten es zweitens für sinnvoll, wenn von diesen Möglichkeiten auch seitens Österreich Gebrauch gemacht wird. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Zweitens: Wir haben eine Reihe von Investitionsschutzabkommen zu beschließen, wobei die Beachtung gewisser Kriterien in unterschiedlichem Ausmaß ganz wesentlich ist: Zum einen sind die Investitionsschutzabkommen erforderlich, um dem Handel und den Investitionen entsprechend Vorschub zu leisten. Zum anderen darf aber durch diese Investitionsschutzabkommen keine Hintertür geöffnet werden, durch die es zur ungewollten Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte auf den österreichischen Arbeitsmarkt kommt.

Aus diesem Grund haben wir im Ausschußbericht eine Anmerkung vorgenommen, die ich für wesentlich halte, nämlich daß es aufgrund dieser Investitionsschutzabkommen nicht zu Interpretationen kommen soll, die uns zu Maßnahmen verpflichten, die über die bereits eingegangenen GATT- oder WTO-Verpflichtungen hinausgehen würden. Ich erachte das im Sinne der Solidität des österreichischen Arbeitsmarktes für eine notwendige Ergänzung; mit dieser Anmerkung sind diese Investitionsschutzabkommen eine sinnvolle Angelegenheit.

Auf die Erhöhungen einzelner Fonds, die bei den Vereinten Nationen angesiedelt sind, wie zum Beispiel des Globalen Umweltfazilität-Treuhandfonds, möchte ich jetzt nicht im Detail eingehen. Ich weise nur darauf hin, daß dieser gerade betreffend Umweltfragen einer der erfolgreichsten Fonds ist, vielleicht auch einer der wesentlichsten Reste der Konferenz von Rio hinsichtlich der Bekämpfung der internationalen Treibhauseffekte. Und es ist wichtig, daß wir dazu unsere Unterstützung leisten.

Vom Standpunkt des österreichischen Steuerzahlers aus ist zu sagen, daß die Kapitalerhöhung, die wir nun durchführen, unterhalb unserer Quote liegt, das heißt, es handelt sich um eine außerordentlich sparsame Maßnahme. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ.)

23.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. Sie wollen eine Redezeit von 3 Minuten; die Restredezeit für Ihre Fraktion beträgt 4 Minuten, das ist also das absolute Limit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.03

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte in aller Kürze einige Anmerkungen zu den Abkommen zum Schutz von Investitionen machen. Wir werden zwar unsere Zustimmung geben, ich möchte aber wegen fehlender Antworten auf Fragen im Ausschuß und im Zusammenhang mit dem Inhalt der Ausschußfeststellungen doch einige Kritik äußern.

Erstens: Es wurden keine Erfahrungswerte aus früher abgeschlossenen Abkommen vorgelegt, obwohl es an der Zeit gewesen wäre, vor Abschluß neuer Abkommen wenigstens den Erfolg früherer Abkommen zu beurteilen, um auch feststellen zu können, wie wichtig diese für die Unternehmen sind und welchen Schutz die Unternehmen tatsächlich genießen oder ob es zu Streitfällen kommt beziehungsweise gekommen ist.

Zweitens: Die Ausschußfeststellung zum Abkommen mit Kroatien weist nämlich auf solche Streitfälle hin, die seitens Kroatiens zur Lösung anstehen. Herr Staatssekretär! Wir bekamen keine Antwort auf die Frage, um welche und um wie viele Streitfälle und um welche Beträge es sich dabei handelt.

Drittens gab es keine klare Antwort in bezug auf das Abkommen mit Paraguay über die Interpretation, was alles unter dem Begriff "soziales Interesse" zu verstehen ist. Wir haben zwar spekuliert, was es bedeuten könnte, eine klare Feststellung und Interpretation sind jedoch nicht erfolgt.

Viertens wurde im Zusammenhang mit der Fehlinvestition der Firma Zumtobel in China, die wir angesprochen haben, die dort mit dem Aufbau einer Kaffeerösterei etwa 100 Millionen Schilling verloren hat, deutlich, daß solche Abkommen letztlich doch nicht in allen Fällen den notwendigen Schutz gewährleisten.

Herr Staatssekretär! Die strikte Einhaltung durch den Vertragspartner Österreichs wurde in diesem Fall eigentlich nicht eingefordert. Ich bedauere sehr, daß Österreich in diesem Zusammenhang nicht aktiv geworden ist!

Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß mit diesen Abkommen ein Schutz von Investitionen nicht in jedem Fall gewährleistet ist. Daher meine ich, daß wir nicht zuviel fordern, Herr Staatssekretär, wenn wir der Regierung nahelegen, darüber nachzudenken, wie der Schutz von Investitionen im Rahmen solcher Abkommen nachhaltig verbessert werden kann.

Noch ein Wort zu den Ausführungen des Abgeordneten Gusenbauer: Ich hatte den Eindruck, daß Ihnen bei Ihrer Zustimmungserklärung zur Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank und Ihrer Begründung dazu nicht ganz wohl war. Mir wäre es recht, wenn man solche Abkommen betreffend Kapitalerhöhungen wesentlich intensiver untersuchte und darüber nachdächte beziehungsweise prüfte, wie die Gelder an Ort und Stelle tatsächlich eingesetzt werden. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

23.07

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da wir jetzt über einige Investitionsschutzabkommen diskutieren, möchte ich anmerken, daß es, wie ich glaube, durchaus zielführend ist, daß im Ausschuß diesbezüglich Einstimmigkeit geherrscht hat. Warum? – Weil es wichtig ist, daß wir prinzipiell erkennen, daß solche Investitionsschutzabkommen die Förderung von gegenseitigen wirtschaftlichen Kontakten unterstützen beziehungsweise zu diesen beitragen und daß die Förderung derartiger wirtschaftlicher Zusammenarbeit von Vertragsstaaten umso leichter ist, je stärker der Schutz von Investitionen ist.

Der Grund dafür, daß ich zu diesem Thema Stellung nehme, ist, daß es gilt, derartige Abkommen wie beispielsweise jenes betreffend die Zusammenarbeit zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien – ich habe das schon im Ausschuß betont – für die Zukunft auch im wirtschaftlichen Bereich zu forcieren.

Ich möchte allerdings sehr wohl betonen, daß das in der Vergangenheit nicht in allen Fällen zum beiderseitigen Vorteil vor sich ging. Ich habe im Ausschuß auch den konkreten Fall – ohne den Namen jetzt zu nennen – einer Firma zitiert, zu welchem ich die Unterlagen habe, in dem sich ein Streitfall schon seit Jahren hinzieht. Und deswegen habe ich es sehr begrüßt, daß alle Fraktionen einer Ausschußfeststellung zugestimmt haben, wonach der Erwartung Ausdruck verliehen wird, daß die bereits anhängigen bilateralen Streitfälle seitens Kroatiens raschest einer Lösung zugeführt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht nicht an, daß wir versuchen, neue Formen von Abkommen zum Schutz von Investitionen zu beschließen, ohne wirklich mit Nachdruck darauf zu bestehen, daß bisherige Fälle auch zur Zufriedenheit jener österreichischen Firmen, die dort Millionen investiert haben, gelöst werden. Ich bin froh darüber, daß unmittelbar nach unserer Beschlußfassung auch seitens des Außenministeriums die notwendigen Schritte unternommen wurden, und ich hoffe und appelliere an die zuständigen Stellen Kroatiens, daß sie diesen Intentionen, die wir einstimmig beschlossen haben, entsprechen. Denn nur auf der Basis von Vertrauen ist intensiveres wirtschaftliches Zusammenarbeiten in Zukunft möglich! (Beifall bei der ÖVP.)

23.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

23.10

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Wir beschließen heute drei Gesetze, mit denen wir internationale Verpflichtungen eingehen. Das finanzielle Gesamtvolumen dieser Bundesgesetze beträgt 300 Millionen Schilling, das Haftkapital 500 Millionen. Solche Verpflichtungen, die mittlerweile ausgesprochen zahlreich sind, werden in diesem Haus stets mit einem Flüssigmachungsgesetz quittiert. Mittlerweile scheint in diesem Zusammenhang aber schon der Überblick verlorengegangen zu sein. Ich würde mir für dieses Haus wünschen, daß für uns Abgeordnete mehr Transparenz besteht.

Herr Staatssekretär! Ich bitte Sie daher, als Anregung für Ihr Ministerium folgendes mitzunehmen: Es dürfen keine neuen Verpflichtungen ohne plausible und konkrete Aufschlüsselung der Mittelverwendung eingegangen werden und keine neuen Verpflichtungen, bei denen Evaluierungen nicht sichergestellt sind.

Herr Staatssekretär! Sie werden sich daran erinnern, daß wir von der Fraktion der Volkspartei uns gewünscht haben, daß uns in diesem Zusammenhang bereits vorab Aufschlüsselungen über die Mittelverwendung vorgelegt werden. Ich fordere eine detaillierte Aufschlüsselung aller österreichischen Verpflichtungen dieser Art, und ich würde anregen, daß dieses Haus eine parlamentarische Diskussion über die Auswahl künftiger derartiger Hilfsprogramme abführt.

Wir stehen aber nicht an, festzuhalten, daß wir selbstverständlich solidarisch mit ärmeren Ländern sind und daß die Bereitschaft zur Hilfe und Unterstützung auch weiterhin besteht. Wir sind aber der Ansicht, daß eine verstärkte Kontrolle der Mittelverwendung stattfinden muß. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort wurde von den Berichterstattern nicht verlangt.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, wir haben eine Reihe von Abstimmungen durchzuführen, wobei wir über jeden Ausschußantrag getrennt abstimmen.

Wir stimmen zunächst ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1625 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, der möge ein Zeichen geben. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1558 der Beilagen.

Wer dafür ist, der möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Ich bitte jetzt um ein Votum für die dritte Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, der möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1559 der Beilagen.

Wer dafür ist, der möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist in zweiter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir kommen jetzt zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, der möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages in 612 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Wer für die Erteilung der Genehmigung ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Die Genehmigung erfolgt einstimmig.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages samt Protokoll in 893 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Wer für diese Genehmigung ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist Einstimmigkeit. Die Genehmigung ist einstimmig erteilt.

Wir kommen jetzt noch zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages in 1477 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Wer für die Genehmigung dieses Staatsvertrages ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Diese Genehmigung ist einstimmig erteilt.

24. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nationalbankgesetz 1984 geändert wird (1012/A)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zunächst gelangt der Antragsteller zu Wort. – Herr Abgeordneter Mag. Peter! Sie müssen sich jetzt vom Charme der Frau Kollegin Dr. Konrad losreißen, denn Sie müssen vom Rednerpult aus sprechen! Ich erteile Ihnen jetzt als dem Erstredner das Wort.

23.16

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich darf Ihre Aufmerksamkeit auf einen Antrag des Liberalen Forums lenken, der sich mit dem Nationalbankgesetz auseinandersetzt.

Sie wissen, daß das österreichische Nationalbankgesetz in Verbindung mit dem österreichischen Bankwesengesetz vorsieht, daß die Organe der Oesterreichischen Nationalbank eine sehr wichtige Aufgabe in der Kontrolle des österreichischen Bankenapparates haben, und daß es hiebei auch um eine Informationspflicht des Bundesministeriums für Finanzen geht.

Die Organe der Oesterreichischen Nationalbank, insbesondere das Direktorium, wissen selbstverständlich über die wirtschaftliche Lage und auch über Details der wirtschaftlichen Lage des österreichischen Bankenapparates Bescheid. Der Generalrat als Aufsichtsrat der Oesterreichischen Nationalbank ist mit hochkarätigen Persönlichkeiten besetzt. Und es muß einen Grund dafür geben, daß das bestehende Nationalbankgesetz normiert, daß nur vier Mitglieder des Generalrates hauptberuflich der Verwaltung von Kreditinstituten angehören dürfen.

Am 8. September hat die Bestellung des Herrn Generaldirektors Kommerzialrat Herbert Schimetschek zum Vizepräsidenten des Generalrates stattgefunden. Meine Damen und Herren! Geben Sie mir die Gelegenheit, hier klar festzustellen, daß ich Herrn Generaldirektor Schimetschek für eine hervorragende Persönlichkeit des österreichischen Wirtschaftslebens halte, der für den Generalrat natürlich ein Gewinn ist. Bei der Bestellung zum Vizepräsidenten handelt es sich aber um eine glatte Fehlbesetzung!

Meine Damen und Herren! Wenn man dem Generalrat als Präsidiumsmitglied der Oesterreichischen Nationalbank angehört, dann nimmt man laut Geschäftsordnung der Oesterreichischen Nationalbank an den Direktoriumssitzungen teil, und bei diesen Direktoriumssitzungen hat der Vizepräsident bei Abwesenheit des Präsidenten sogar den Vorsitz zu führen. Er verfügt damit über alle Informationen, die heute über den österreichischen Kreditapparat im Bereich der Oesterreichischen Nationalbank und auch des Finanzministeriums vorhanden sind, weil es ja eine wechselseitige Informationspflicht gibt. Wenn dieselbe Persönlichkeit nun auch Aufsichtsratspräsident der Ersten Österreichischen Sparkasse ist, dann weiß sie natürlich Bescheid über die wirtschaftliche Gestion und wirtschaftliche Lage einer Bank Austria, einer Raiffeisenzentralbank et cetera.

Meine Damen und Herren! Das ist im höchsten Maße inkompatibel und ein Fehler im Gesetz, den wir durch diesen Antrag beseitigen wollen. Denn es ist nicht denkbar, daß eine Persönlichkeit aus dem Wirtschaftsleben die Informationen, die sie in der Sitzung des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank bekommen hat, auf einmal wieder vergißt, weil sie dann als Aufsichtsratspräsident der Ersten Österreichischen Sparkasse fungiert.

Lassen Sie mich aus dem § 33 des österreichischen Aktiengesetzes zitieren. Darin heißt es unter lit. c "Interessenkollision" wörtlich: "Aus der anderwärtigen Interessenbindung können sich vielfältige Interessenkonflikte ergeben. Zur sorgfältigen Amtsausübung des Aufsichtsratsmitgliedes gehört es, Interessenkollisionen zu vermeiden oder, wenn sie unvermeidlich sind und zu Pflichtenkollisionen werden, entsprechend seiner vorrangigen Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse zu lösen."

Weiter heißt es betreffend Pflichtenkollisionen: "In einem solchen Fall kann sich das Aufsichtsratsmitglied nicht mit dem Argument entlasten, die Pflichterfüllung gegenüber der einen Gesellschaft rechtfertige die Pflichtverletzung gegenüber der anderen. Das Aufsichtsratsmitglied muß, um den Konflikt zu lösen, eines der beiden Ämter aufgeben."

Ich zitiere weiter aus dem Kommentar von Reich-Rohrwig, ebenfalls betreffend die Frage organschaftliche Treuepflicht und Interessenkollisionen – wörtliches Zitat –:

"Darüber hinaus ist anzunehmen, daß das Aufsichtsratmitglied dem Unternehmensinteresse stets den Vorrang geben muß. Findet sich keine andere Lösung, muß es, wenn sich die Interessenkollision zum andauernden Pflichtenwiderstreit verdichtet, eines der kollidierenden Ämter niederlegen." – Ich könnte weitere Fachleute aus der Rechtsliteratur zitieren.

Das heißt: Wenn Generaldirektor Kommerzialrat Heribert Schimetschek seine Informationen, die er als Mitglied des Direktoriums der Nationalbank, dem er als Vizepräsident angehört, als Aufsichtsratspräsident der Ersten Österreichischen Sparkasse nicht verwendet, dann hat er eine grobe Pflichtverletzung begangen. Wenn er diese Informationen aber verwendet, dann wiederum verstößt er gegen die Verschwiegenheitspflicht gemäß Nationalbankgesetz.

Es handelt sich also meiner Ansicht nach um eine ganz klare Pflichtenkollision, und ich bedauere, daß Herr Bundeskanzler Mag. Klima, obwohl ich ihn am 4. September auf diese Interessenkollision und Pflichtenkollision hingewiesen habe, die Bestellung am 8. September vorgenommen und mir auf meinen Brief leider erst am 11. Dezember geantwortet hat.

Was bedeutet das nun für uns, meine Damen und Herren des Hohen Hauses? – Wir müssen im Nationalbankgesetz meiner Auffassung nach eine Änderung vornehmen, indem wir ein einziges Wort streichen. In § 22 Abs. 4 dritter Satz der alten Fassung heißt es: "Von den Mitgliedern des Generalrates dürfen nicht mehr als vier hauptberuflich der Verwaltung von Kreditinstituten angehören." – Dieses Wort "hauptberuflich" ist zu streichen, denn wie ich Ihnen eben anhand der zitierten Gesetzesstellen und des Kommentars nachgewiesen habe, ist ein Präsident eines Aufsichtsrates selbstverständlich verpflichtet, all sein Können und Wissen dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Denn er kommt sonst auch in die Haftung des Aufsichtsrates. Auf der anderen Seite können Sie von keinem Menschen erwarten, daß er das Wissen, das er als Vizepräsident des Generalrates und damit Mitglied des Direktoriums über andere Institute erhalten hat, und das, was er an Konkurrenzinformationen bekommen hat, nicht verwendet. Das kann kein Mensch auseinanderhalten! Daher schlage ich Ihnen vor, daß wir ehebaldigst die Änderung des Nationalbankgesetzes in dieser Form vornehmen, um zu verhindern, daß es wieder zu solchen Interessenkollisionen kommt.

Weiters sollte sich der Herr Bundeskanzler den Kopf darüber zerbrechen, ob der Nationalbank nicht besser gedient wäre, wenn die hervorragende Wirtschaftspersönlichkeit Kommerzialrat Schimetschek ein einfaches Generalratsmitglied wäre und die Position des Vizepräsidenten von jemand anderem wahrgenommen würde.

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich – ich gehe jetzt nicht so weit; oder sollte ich es vielleicht doch? – die Frage in den Raum stellen, ob diese Bestellung nicht vielleicht doch etwas mit der rot-schwarzen "Farbenlehre" zu tun hat. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.24

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden diesen Antrag noch im Detail im Ausschuß diskutieren.

Herr Abgeordneter Peter! Ein paar Dinge möchte ich aber doch im Rahmen der ersten Lesung erwähnen – ich beschränke mich auf drei Punkte.

Erstens: In Ihrem Antrag wird im wesentlichen von Mitgliedern der Verwaltung gesprochen. Daher müssen wir darüber diskutieren, ob ein Aufsichtsrat nicht in erster Linie ein Aufsichts- beziehungsweise Kontrollorgan eines Unternehmens ist, wie weit wir den Begriff "Verwaltung" fassen, ob unter Verwaltung im eigentlichen Sinn nicht nur Vorstandsmitglieder und leitende Angestellte einer Unternehmung zu verstehen sind und durch den Terminus "Verwaltung" zum Beispiel die von Ihnen in der Begründung angeführten Aufsichtsräte gar nicht erfaßt sind.

Zweitens: Man muß sich die Frage stellen, wo die Grenze des von Ihnen erwähnten Personenkreises in bezug auf die Inkompatibilitäten liegt. Sie haben hier in erster Linie von Kreditinstitutionen gesprochen. Wenn diese Inkompatibilitäten Ihrer Meinung nach vorliegen, dann stellt sich die Frage, ob diese Analysen gemäß § 79 bis § 81 Nationalbankgesetz nicht auch für andere Wirtschaftstreibende von großem Interesse sein könnten, etwa für Versicherer oder Manager des realen Sektors, und ob man nicht aufgrund der von Ihnen vorgetragenen Intention tendenziell überhaupt Personen aus der Privatwirtschaft aus dem Kreis der zu Erwählenden für eine solche Funktion in der Nationalbank ausschließen sollte. Denn offensichtlich sind diese Analysen nicht nur für Kreditinstitute interessant, sondern auch für Angehörige vergleichbarer Wirtschaftskreise.

Drittens muß ich dazu sagen: Rechtstheoretisch haben Sie recht, daß diese Inkompatibilität bestehen kann, in der Praxis aber haben wir bisher festgestellt, daß sich die Angehörigen des Generalrates und des Präsidiums an die ihnen auferlegte Verschwiegenheitspflicht gehalten haben. Mir ist kein einziger konkreter Fall bekannt, in welchem das zu einem Problem geworden wäre. Ich gebe Ihnen aber darin recht, daß wir keine Anlaßgesetzgebung zu betreiben haben und nicht darauf warten dürfen, bis unter Umständen ein unangenehmer Sachverhalt eintritt, sondern als Gesetzgeber Vorsorge zu treffen haben.

Ich möchte aber doch darauf hinweisen, daß Ihr Antrag, wenn man diesem Anliegen Rechnung tragen möchte, meiner Meinung nach nicht korrekt formuliert ist und sich eine Reihe von Folgefragen stellt, wo die Grenze zu ziehen ist.

Zum Schluß: Glauben Sie wirklich, daß der Erkenntnisgehalt der Analysen, die in der Nationalbank gemacht werden, bedeutend über das hinausgeht, was im Sinne der allgemeinen Marktbeobachtung Konkurrenten auf dem österreichischen Markt ohnehin wissen? – Auch diese Frage werden wir bei der Ausschußberatung noch im Detail debattieren müssen. Ich sehe diesen Diskussionen mit großem Interesse entgegen! (Beifall bei der SPÖ.)

23.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich noch Herr Abgeordneter Dkfm. Mühlbachler zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.27

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Peter, ich glaube, daß das von Ihnen aufgezeigte Problem ein eher akademisches ist. Denn die Vergangenheit hat bewiesen, daß die Nationalbank sowohl durch das Präsidium als auch durch den Generalrat sehr gut und eigentlich untadelig geführt wurde. Daher meine ich, daß die Befürchtungen, die Sie aufgezeigt haben, in der Theorie sicher zu Recht erwähnt werden, in der Praxis allerdings hat sich ein anderer Weg gezeigt, der kein schlechter war.

Noch etwas möchte ich erwähnen: Ich denke, daß man, würde man den Bankenapparat aus dem Präsidium beziehungsweise dem Generalrat der Nationalbank ausschließen, auch einen ganz wesentlichen Teil des Vollzugs der Geldmarktpolitik ausschließen würde. Daher frage ich mich, ob nicht der Vorteil, daß die Banken in den Vollzug der Geldmarktpolitik eingebunden sind und diese daher auch mittragen, wenn sie mitbestimmend sind, dieses Manko, das Sie in der Theorie aufgezeigt haben, überwiegt. Daher sollte man meines Erachtens genau abwägen.

Es wird sich im Finanzausschuß ganz sicher herausstellen, ob Ihre Befürchtungen allein schon Grund genug sind, den gesamten Bankenapparat aus diesen beiden Institutionen auszuschalten. Für meine Begriffe wäre das wirklich ernsthaft abzuwägen und zu überprüfen. Ich hoffe, daß dies im Finanzausschuß so geschieht. – Danke sehr.

23.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 1012/A dem Finanzausschuß zu.

25. Punkt

Wahl in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nun zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Im Hinblick auf das Ausscheiden von Dr. h.c. Manfred Mautner Markhof aus dem Bundesrat ist die Wahl eines Ersatzmitgliedes der Parlamentarischen Versammlung des Europarates durchzuführen. Diese Wahl ist vom Nationalrat vorzunehmen.

Es liegt mir der schriftliche Vorschlag vor, Frau Abgeordnete Dr. Hlavac zu wählen.

Es liegt nur dieser eine Wahlvorschlag vor, sodaß ich im Sinne des § 87 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht mit Stimmzetteln, sondern durch Erheben von den Sitzen abstimmen lasse.

Erhebt sich dagegen ein Einwand? (Zwischenbemerkungen von Abgeordneten der ÖVP.) – Herr Abgeordneter Dr. Maitz! Sind Sie einverstanden mit dieser Vorgangsweise? (Abg. Dr. Maitz: Ja!) – Das Erheben von den Sitzen ist daher die Abstimmungsform.

Ich ersuche daher jene Damen und Herren, die für die Annahme des von mir bekanntgegebenen Wahlvorschlages sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung erfolgt einstimmig.

Frau Dr. Hlavac ist damit zum Ersatzmitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates gewählt. – Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich, Frau Abgeordnete. (Allgemeiner Beifall.)

Die Tagesordnung ist erschöpft. (Unruhe im Saal.) – Bitte bleiben Sie auf Ihren Plätzen, ich habe noch etwas mitzuteilen.

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1035/A bis 1049/A eingebracht wurden.

Weiters sind die Anfragen 5943/J bis 5994/J eingelangt.

Schließlich wurde eine Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht.

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Meine Damen und Herren! Es findet im Anschluß an diese Sitzung eine weitere Sitzung statt, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird. Allerdings ist es für diese Sitzung wichtig, zu wissen, was die gerade im Gang befindliche Präsidiale jetzt noch vereinbart. Ich bitte daher um Verständnis dafür, daß ich diese Sitzung schließe, Sie aber ersuche, hierzubleiben, denn ich werde die Zuweisungssitzung sofort durchführen, wenn die Präsidiale zu Ende ist.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 23.33 Uhr