Stenographisches Protokoll

175. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 17. Juni, und Freitag, 18. Juni 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier

Stenographisches Protokoll

175. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode

Donnerstag, 17., und Freitag, 18. Juni 1999

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 17. Juni 1999: 9.01 – 24.00 Uhr

Freitag, 18. Juni 1999: 0.00 – 0.19 Uhr

 

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Tagesordnung

1. Punkt: Steuerreformgesetz 2000

2. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 46/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend steuerliche Begünstigung nicht entnommener Gewinne

4. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 48/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Einführung des Luxemburger Modells

5. Punkt: Bericht über den Antrag 277/A der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Vergütung von Energieabgaben (Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996) geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 50/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Senkung der Mehrwertsteuersätze

7. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 82/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Umstellung des Einkommensteuersystems auf ein Familiensplitting

8. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 116/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Privilegien und Belastungspaket

9. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 205/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Entsteuerung von Überstunden

10. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 43/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit durch eine ökologische Reform des österreichischen Steuersystems

11. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 45/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend indirekte Förderung von Risikokapital

12. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 47/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend kalte Progression

13. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 199/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich, Sicherung der internationalen Konkurrenzfähigkeit Österreichs und Reduktion der Arbeitslosigkeit

14. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 83/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Abschaffung der 13. USt-Vorauszahlung

15. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 86/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend § 17 Abs.1 EStG 1988, § 14 Abs. 1 Z 1 UStG 1972, Durchführungserlaß zur gesetzlichen Basispauschalierung, GZ 140602/3-IV/14/94

16. Punkt: Bericht über den Antrag 259/A der Abgeordneten Dkfm. Kurt Ruthofer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 in der geltenden Fassung geändert wird

17. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 261/A (E) der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen betreffend Umsetzung des EU-Rechts

18. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 366/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Änderung des § 116 Abs. 2 EStG – Mietzinsrücklagen

19. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 468/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Familienheimfahrten (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG)

20. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 642/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend steuerliche Entlastung der privaten Pensionsvorsorge

21. Punkt: Bericht über den Antrag 696/A der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kapitalverkehrsteuergesetz geändert wird

22. Punkt: Bericht über den Antrag 489/A der Abgeordneten Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Angestelltengesetz 1921 geändert werden

23. Punkt: Bericht über den Antrag 442/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden (EURO-Bilanzgesetz)

24. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 715/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Bekämpfung der Schattenwirtschaft durch Einführung einer Mehrwertsteuerrückvergütung für private Bauherren

25. Punkt: Bericht über den Antrag 546/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter, Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden (Sanierungsgewinngesetz)

26. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 520/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend PensionistInnenabsetzbetrag

27. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 961/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend faire Steuern, Arbeit schaffen – Steuern senken

28. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 49/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Erhöhung des Investitionsfreibetrages

29. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 88/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Grenzgängerregelung, Doppelbesteuerungsabkommen mit der BRD

30. Punkt: Bericht über den Antrag 1074/A der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralölsteuergesetz 1995 geändert wird

31. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 722/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Deckelung der Energieabgabe für Dienstleistungsunternehmen

32. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 766/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Stärkung der Eigenkapitalbasis österreichischer Unternehmen

33. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 1016/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Neuregelung des Investitionsfreibetrages

34. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 262/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend steuerliche Absetzmöglichkeiten von Spenden an gemeinnützige, humanitäre Organisationen

35. Punkt: Bericht über den Antrag 968/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird

36. Punkt: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen

37. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über grenzüberschreitende Überweisungen (Überweisungsgesetz) und ein Bundesgesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (Finalitätsgesetz) erlassen und mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden

38. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird

39. Punkt: Budgetüberschreitungsgesetz 1999 – BÜG 1999

40. Punkt: 6. BFG-Novelle 1999

41. Punkt: Bericht über die Studie "Die Gestaltung des Straßennetzes im Donaueuropäischen Raum unter besonderer Beachtung des Wirtschaftsstandortes Österreich" (GSD)

42. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden

43. Punkt: Bericht über die Petition (PET-40) betreffend "Die Wiener Nordostumfahrung muß rasch gebaut werden", überreicht von den Abgeordneten Josef Edler, Otmar Brix, Kurt Eder, Anton Gaál, Dr. Kurt Heindl, Dr. Johannes Jarolim, Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Dr. Robert Rada

44. Punkt: Euro-Währungsangabengesetz – EWAG

45. Punkt: Markenrechts-Novelle 1999

46. Punkt: Bericht über den Antrag 1067/A der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kurt Heindl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentanwaltsgesetz geändert wird

47. Punkt: Bericht über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 1998/99

48. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 428/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen erleichtern

49. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 607/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Einrichtung zentraler Anlaufstellen für BetriebsgründerInnen bei Behörden erleichtern

50. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 608/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Kosten-Nutzenanalysen für neue Gesetze auch hinsichtlich der umsetzenden Unternehmen erleichtern

51. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 609/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch horizontale Steuergerechtigkeit zwischen in Finanz- oder Sachkapital veranlagten Geldern erleichtern

52. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 610/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Aufhebung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes bei gleichzeitiger Neukodifikation des ArbeitnehmerInnenschutzes erleichtern

53. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 611/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Aufhebung des Ladenöffnungszeitengesetzes mit dem Ziel einer völligen Freigabe der Ladenöffnungszeiten erleichtern

54. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 612/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch weitere Liberalisierung des Betriebsantrittsrechtes der Gewerbeordnung erleichtern

55. Punkt: Bericht über den Antrag 513/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Abschätzung des Nutzens und der Kosten von Gesetzesvorhaben für die Bereiche außerhalb der staatlichen Verwaltung (Gesetzesfolgenabschätzungsgesetz)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 20

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen, dem Justizausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 490/A betreffend Änderung des Mietrechtsgesetzes gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 9. Juli 1999 zu setzen 42

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 42

Redner:

Mag. Thomas Barmüller 164

Dr. Johannes Jarolim 164

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 165

Dr. Michael Krüger 166

Theresia Haidlmayr 167

Mag. Dr. Heide Schmidt 168

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 170

Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 1115/A betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz der Tiere gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Juli 1999 zu setzen – Ablehnung 42, 255

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 42

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Gebrauchmachen von Zwischenrufen 52

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Benützung des Rednerpultes als Agitationsbühne 62

Wortmeldung der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend eine im Rahmen der Fragestunde vom Bundesminister für Landesverteidigung gegebene Antwort sowie Ersuchen, im Zusammenhang damit eine kurze Präsidiale abzuhalten 120

Feststellung des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder zur Wortmeldung beziehungsweise zum Ersuchen der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic 120

Unterbrechung der Sitzung 121

Verlangen des Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer auf Erteilung eines Ordnungsrufes 147

Antrag der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung folgender Gegenstände:

1. Umgehung des Kriegsmaterialgesetzes beim Export von Gebrauchtwaffen durch den Bundesminister für Landesverteidigung,

2. unrichtige Information des Nationalrats durch den Bundesminister für Landesverteidigung in dieser Angelegenheit, etwa dadurch, daß dieser in der Fragestunde der 175. Sitzung des Nationalrats behauptet hat, daß die Erhebungen der Staatsanwaltschaft in dieser Angelegenheit eingestellt wurden,

gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 256

Bekanntgabe 170

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 170

Redner:

Andreas Wabl 256

Anton Gaál 258

Dr. Karl Maitz 259

Herbert Scheibner 260

Mag. Helmut Peter 261

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 262

Ablehnung des Antrages 263

Fragestunde (38.)

Landesverteidigung 20

Herbert Scheibner (274/M); Mag. Dr. Josef Trinkl, Andreas Wabl, Mag. Thomas Barmüller, Anton Gaál

Anton Gaál (272/M); Elfriede Madl, Dr. Karl Maitz, Andreas Wabl, Mag. Thomas Barmüller

Mag. Helmut Peter (276/M); Anton Leikam, Dr. Harald Ofner, Andreas Wabl, Franz Stampler

Dr. Karl Maitz (270/M); Andreas Wabl, Mag. Thomas Barmüller, Dr. Dieter Antoni, Dipl.-Ing. Leopold Schöggl

Andreas Wabl (277/M); Mag. Thomas Barmüller, Marianne Hagenhofer, Dr. Harald Ofner, Willi Sauer

Ing. Gerald Tychtl (273/M); Dipl.-Ing. Leopold Schöggl, Matthias Ellmauer, Andreas Wabl, Mag. Helmut Peter

Werner Amon (271/M); Mag. Helmut Peter, Arnold Grabner, Andreas Wabl, Mag. Dr. Udo Grollitsch

Ausschüsse

Zuweisungen 38

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Stärkung der Familien durch die Einführung des Kinderbetreuungsschecks zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf (6443/J) 121

Begründung: Dr. Helene Partik-Pablé 126

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 130

Debatte:

Edith Haller 137

Herbert Scheibner (tatsächliche Berichtigung) 139

Dr. Ilse Mertel 139

Maria Rauch-Kallat 142

Dr. Volker Kier 145

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 148

Karl Öllinger 148

Reinhart Gaugg 151

Gabriele Binder 152

Dr. Sonja Moser-Starrach 154

Inge Jäger 155

Johann Schuster 156

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer 158

Mag. Gilbert Trattner 159

Sonja Ablinger 160

Ute Apfelbeck 160

Mag. Herbert Haupt 161

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen betreffend ganzjährige Öffnung der Kinderbetreuungseinrichtungen – Ablehnung 161, 163

Entschließungsantrag der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen betreffend Einführung des Kinderbetreuungsschecks zur besseren Verein-barkeit von Familie und Beruf – Ablehnung 162, 163

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1766 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Investmentfondsgesetz 1993 und die Bundesabgabenordnung geändert werden und mit dem ein Bundesgesetz, mit dem die Neugründung von Betrieben gefördert wird (Neugründungs-Förderungsgesetz – NEUFÖG), eingeführt wird, weiters das Versicherungsaufsichtsgesetz 1978, das Gerichtsgebührengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996 geändert werden (Steuerreformgesetz 2000) (1858 d. B.) 42

2. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird (1859 d. B.) 43

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 46/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend steuerliche Begünstigung nicht entnommener Gewinne (1860 d. B.) 43

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 48/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Einführung des Luxemburger Modells (1861 d. B.) 43

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 277/A der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Vergütung von Energieabgaben (Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996) geändert wird (1862 d. B.) 43

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 50/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Senkung der Mehrwertsteuersätze (1863 d. B.) 43

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 82/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Umstellung des Einkommensteuersystems auf ein Familiensplitting (1864 d. B.) 43

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 116/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Privilegien und Belastungspaket (1865 d. B.) 43

9. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 205/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Entsteuerung von Überstunden (1866 d. B.) 44

10. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 43/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit durch eine ökologische Reform des österreichischen Steuersystems (1867 d. B.) 44

11. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 45/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend indirekte Förderung von Risikokapital (1868 d. B.) 44

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 47/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend kalte Progression (1869 d. B.) 44

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 199/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich, Sicherung der internationalen Konkurrenzfähigkeit Österreichs und Reduktion der Arbeitslosigkeit (1870 d. B.) 44

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 83/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Abschaffung der 13. USt-Vorauszahlung (1874 d. B.) 44

15. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 86/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend § 17 Abs. 1 EStG 1988, § 14 Abs. 1 Z 1 UStG 1972, Durchführungserlaß zur gesetzlichen Basispauschalierung, GZ 140602/3-IV/14/94 (1875 d. B.) 44

16. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 259/A der Abgeordneten Dkfm. Kurt Ruthofer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 in der geltenden Fassung geändert wird (1876 d. B.) 44

17. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 261/A (E) der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen betreffend Umsetzung des EU-Rechts (1877 d. B.) 44

18. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 366/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Änderung des § 116 Abs. 2 EStG – Mietzinsrücklagen (1878 d. B.) 45

19. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 468/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Familienheimfahrten (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG) (1879 d. B.) 45

20. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 642/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend steuerliche Entlastung der privaten Pensionsvorsorge (1880 d. B.) 45

21. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 696/A der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kapitalverkehrsteuergesetz geändert wird (1882 d. B.) 45

22. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 489/A der Abgeordneten Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Angestelltengesetz 1921 geändert werden (1871 d. B.) 45

23. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 442/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden (EURO-Bilanzgesetz) (1881 d. B.) 45

24. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 715/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Bekämpfung der Schattenwirtschaft durch Einführung einer Mehrwertsteuerrückvergütung für private Bauherren (1883 d. B.) 45

25. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 546/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter, Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden (Sanierungsgewinngesetz) (1872 d. B.) 45

26. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 520/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend PensionistInnenabsetzbetrag (1873 d. B.) 46

27. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 961/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend faire Steuern, Arbeit schaffen – Steuern senken (1884 d. B.) 46

28. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 49/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Erhöhung des Investitionsfreibetrages (1885 d. B.) 46

29. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 88/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Grenzgängerregelung, Doppelbesteuerungsabkommen mit der BRD (1886 d. B.) 46

30. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1074/A der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralölsteuergesetz 1995 geändert wird (1887 d. B.) 46

31. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 722/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Deckelung der Energieabgabe für Dienstleistungsunternehmen  (1888 d. B.) 46

32. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 766/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Stärkung der Eigenkapitalbasis österreichischer Unternehmen (1889 d. B.) 46

33. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 1016/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Neuregelung des Investitionsfreibetrages (1890 d. B.) 46

34. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 262/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend steuerliche Absetzmöglichkeiten von Spenden an gemeinnützige, humanitäre Organisationen (1891 d. B.) 46

35. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 968/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (1892 d. B.) 47

Redner:

Hermann Böhacker 47

Dr. Ewald Nowotny 50

Mag. Helmut Peter 55

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 60

Dr. Alexander Van der Bellen 63, 104

Bundesminister Rudolf Edlinger 66, 75

Dr. Alfred Gusenbauer 70

Mag. Gilbert Trattner 72

Mag. Dr. Josef Höchtl 77

Dr. Volker Kier 79

Marianne Hagenhofer 83

Karl Öllinger 84

Jakob Auer 87

Reinhart Gaugg 89

Anna Huber 90

Mag. Gilbert Trattner (tatsächliche Berichtigung) 91

Ing. Wolfgang Nußbaumer 91

Mag. Cordula Frieser 93

Mag. Reinhard Firlinger 94

Manfred Lackner 96

Elfriede Madl 97

Ernst Fink 99

Hermann Mentil 100

Mag. Herbert Kaufmann 101

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 103

 

Annahme der Gesetzentwürfe in 1858 und 1859 d. B. 105, 106

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1858 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Erstellung einer neuen, umfassenden Studie über die Wirkung der öffentlichen Einnahmen und Ausgaben auf die Einkommensverteilung im Zeitablauf (E 190) 105

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1860, 1861, 1862, 1863, 1864, 1865, 1866, 1867, 1868, 1869, 1870, 1871, 1872, 1873, 1874, 1875, 1876, 1877, 1878, 1879, 1880, 1881, 1882, 1883, 1884, 1885, 1886, 1887, 1888, 1889, 1890, 1891 und 1892 d. B. 106

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Einsetzung einer Ausgabenreformkommission – Ablehnung 58, 81, 106

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend unabhängige Finanzgerichtsbarkeit – Ablehnung 92, 106

Gemeinsame Beratung über

36. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1770 d. B.): Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (1893 d. B.) 109

37. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1793 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über grenzüberschreitende Überweisungen (Überweisungsgesetz) und ein Bundesgesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (Finalitätsgesetz) erlassen und mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden (1894 d. B.) 110

38. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (1895 d. B.) 110

Redner:

Mag. Gilbert Trattner 110

DDr. Erwin Niederwieser 111

Mag. Helmut Peter 112

Dr. Alfred Gusenbauer 113

Mag. Reinhard Firlinger 115

 

Annahme der Gesetzentwürfe in 1893, 1894 und 1895 d. B. 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Fischl und Genossen betreffend Beseitigung des bestehenden Verhaltenskartells der österreichischen Banken – Ablehnung 115, 117

Gemeinsame Beratung über

39. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1722 d. B.): Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 1999 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsgesetz 1999 – BÜG 1999) (1907 d. B.) 117

40. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1717 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1999 geändert wird (6. BFG-Novelle 1999) (1908 d. B.) 117

Berichterstatter: Mag. Franz Steindl 117

Redner:

Reinhart Gaugg 118

Ing. Kurt Gartlehner 120

Mag. Helmut Peter 121

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 170

Dr. Alexander Van der Bellen 172

Karl Gerfried Müller 174

Ing. Wolfgang Nußbaumer 175

Mag. Franz Steindl 175

Franz Lafer 176

Mag. Helmut Peter 177

Bundesminister Rudolf Edlinger 179

Annahme der Gesetzentwürfe in 1907 und 1908 d. B. 181, 182

Entschließungsantrag der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen betreffend Erhöhung des Landesverteidigungsbudgets zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft des österreichischen Bundesheeres gemäß § 52 Wehrgesetz – Ablehnung 119, 181

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Vorlage eines Finanzierungskonzeptes für die Technologieförderungsmaßnahmen der Bundesregierung – Ablehnung 178, 182

Gemeinsame Beratung über

41. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Bericht (III-186 d. B.) des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Studie "Die Gestaltung des Straßennetzes im Donaueuropäischen Raum unter besonderer Beachtung des Wirtschaftsstandortes Österreich" (GSD) (1903 d. B.) 182

42. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über die Regierungsvorlage (1853 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden (1904 d. B.) 182

43. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über die Petition (PET-40) betreffend "Die Wiener Nordostumfahrung muß rasch gebaut werden", überreicht von den Abgeordneten Josef Edler, Otmar Brix, Kurt Eder, Anton Gaál, Dr. Kurt Heindl, Dr. Johannes Jarolim, Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Dr. Robert Rada (1905 d. B.) 182

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger 183

Mag. Helmut Kukacka 184

Karl Smolle 186

Kurt Eder 188

Dr. Gabriela Moser 190, 213

Wolfgang Großruck 193

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 195

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 196, 206, 215

Franz Riepl 198

Mag. Helmut Peter 199

Matthias Ellmauer 200

Dr. Gerhard Kurzmann 202

Peter Marizzi 203

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 204

Karlheinz Kopf 205

Anton Blünegger 206

Ing. Erwin Kaipel 207

Hermann Mentil 208

Karl Freund 209

Mag. Herbert Kaufmann 210

Hermann Kröll 211

Dr. Robert Rada 213

Kenntnisnahme des Berichtes III-186 d. B. 216

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1903 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend die Zusammenführung der Projekte des Masterplans des Österreichischen Bundesverkehrswegeplans (BVWP) und der Projekte der Studie "Die Gestaltung des Straßennetzes im Donaueuropäischen Raum unter besonderer Berücksichtigung des Wirtschaftsstandortes Österreich" (E 191) 216

Annahme des Gesetzentwurfes in 1904 d. B. 216

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1905 d. B. 217

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend die Dringlichkeit von Straßenbauvorhaben in Oberösterreich – Ablehnung 196, 216

Gemeinsame Beratung über

44. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1639 d. B.): Bundesgesetz, mit dem Regelungen über die doppelte Preisauszeichnung und andere Angaben von Geldbeträgen erlassen werden (Euro-Währungsangabengesetz – EWAG) (1952 d. B.) 217

45. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1643 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Markenschutzgesetz 1970 und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (Markenrechts-Novelle 1999) (1953 d. B.) 217

46. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 1067/A der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kurt Heindl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentanwaltsgesetz geändert wird (1954 d. B.) 217

Redner:

Helmut Haigermoser 217

Ingrid Tichy-Schreder 219

Mag. Helmut Peter 220

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 221

Peter Marizzi 222

Ing. Wolfgang Nußbaumer 222

Mag. Franz Steindl 223

Mag. Kurt Gaßner 224

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 225

Kurt Wallner 226

Annahme der Gesetzentwürfe in 1952, 1953 und 1954 d. B. 226, 227

Gemeinsame Beratung über

47. Punkt:  Bericht  des  Wirtschaftsausschusses  betreffend  den  Bericht (III-183 d. B.) des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 1998/99 (1955 d. B.) 227

48. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 428/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen erleichtern (1956 d. B.) 227

49. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 607/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Einrichtung zentraler Anlaufstellen für BetriebsgründerInnen bei Behörden erleichtern (1957 d. B.) 227

50. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 608/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Kosten-Nutzenanalysen für neue Gesetze auch hinsichtlich der umsetzenden Unternehmen erleichtern (1958 d. B.) 227

51. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 609/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch horizontale Steuergerechtigkeit zwischen in Finanz- oder Sachkapital veranlagten Geldern erleichtern (1959 d. B.) 228

52. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 610/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Aufhebung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes bei gleichzeitiger Neukodifikation des ArbeitnehmerInnenschutzes erleichtern (1960 d. B.) 228

53. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 611/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Aufhebung des Ladenöffnungszeitengesetzes mit dem Ziel einer völligen Freigabe der Ladenöffnungszeiten erleichtern (1961 d. B.) 228

54. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 612/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch weitere Liberalisierung des Betriebsantrittsrechtes der Gewerbeordnung erleichtern (1962 d. B.) 228

55. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 513/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Abschätzung des Nutzens und der Kosten von Gesetzesvorhaben für die Bereiche außerhalb der staatlichen Verwaltung (Gesetzesfolgenabschätzungsgesetz) (1963 d. B.) 228

Redner:

Helmut Haigermoser 228

Ing. Leopold Maderthaner 231

Mag. Helmut Peter 233

Dr. Kurt Heindl 237

Dr. Gabriela Moser 239

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 240

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 242

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 243

Günter Kiermaier 244

Ing. Wolfgang Nußbaumer 245

Mag. Dr. Josef Trinkl 246

Anton Blünegger 248

Rudolf Parnigoni 249

Heinz Anton Marolt 250

Ingrid Tichy-Schreder 252

Susanne Rieß 253

 

Kenntnisnahme des Berichtes III-183 d. B. 254

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1956, 1957, 1958, 1959, 1960, 1961, 1962 und 1963 d. B. 255

Entschließungsantrag der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Klein- und Mittelbetriebe – Ablehnung 230, 254

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz Anton Marolt und Genossen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft – Ablehnung 251, 254

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 38

1835: Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz

1898: Notifikationsgesetz 1999 – NotifG 1999

1906: Bundesgesetz betreffend die Veräußerung der Anteile des Bundes an der Timmelsjoch-Hochalpenstraße – Aktiengesellschaft

1969: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird

1997: Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird

1998: Fernabsatz-Gesetz

1999: Signaturgesetz – SigG

Bericht 41

III-197: Berufsbildungsbericht 1999; BM f. wirtschaftliche Angelegenheiten

Anträge der Abgeordneten

Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (1145/A)

Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (BGBl. Nr. 189/1955), zuletzt geändert durch das BGBl. I. Nr. 68/1999 und das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz (BGBl. Nr. 560/1978), zuletzt geändert durch das BGBl. l Nr. 16/1999, geändert werden sollen (1146/A)

Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Anpassung der Beitragsgrundlage nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz an das tatsächliche Einkommen (1147/A) (E)

Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Wahlmöglichkeit für Bauern zwischen der Beitragsbemessung aufgrund des Einheitswertes und einer Bemessung anhand des tatsächlichen Einkommens (1148/A) (E)

Ute Apfelbeck und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird (1149/A)

Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz geändert werden (1150/A)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz vom 30.11.1978 über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (1151/A)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, geändert werden soll (1152/A)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung BGBl. Nr. 194/1994, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 59/1999, geändert wird (1153/A)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609/1977, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 172/1998, geändert wird (1154/A)

Friedrich Verzetnitsch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Arbeitsverhältnisgesetz (AVHG) geschaffen wird, die Gewerbeordnung 1994, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Hausbesorgergesetz, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Heimarbeitsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden, sowie das Arbeiter-Abfertigungsgesetz aufgehoben wird (1155/A)

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich (1156/A)

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Aufgaben und Organisation des Österreichischen Rundfunks (1157/A)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Zurückziehung des Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, sowie ein Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz – MBG) eingeführt wird (1158/A) (E)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Allgemeines Behinderten-Gleichstellungsgesetz (Beh-GStG) erlassen wird (1159/A)

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein einheitliches Anlagenrecht (1160/A) (E)

Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XX. GP des Nationalrates vorzeitig beendet wird (1161/A)

Peter Schieder, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (1162/A)

Peter Schieder, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Rundfunkgebührengesetz erlassen wird sowie das Fernmeldegebührengesetz, die Rundfunkverordnung, das Telekommunikationsgesetz, das Rundfunkgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz abgeändert werden (1163/A)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen betreffend Änderung des Bundes-Sportförderungsgesetzes 1969, BGBl. Nr. 2/1970, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 292/1986 (1164/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Stärkung der Familien durch die Einführung des Kinderbetreuungsschecks zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf (6443/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Wien-Schönbrunn – Sanierung des Sonnenuhrhauses (6444/J)

Walter Murauer und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Verkehrssicherheit an der A 9 zwischen Kirchdorf und Windischgarsten (6445/J)

Dr. Sonja Moser-Starrach und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend ungerechtfertigte Begünstigungspraktiken mit Hilfe der Relikte der früher weltweit als österreichisches Paradeunternehmen geltenden Reederei aller Binnenschiffahrtsunternehmungen, der Donaudampfschiffahrtsgesellschaft, hernach als I. DDSG bezeichnet (6446/J)

Robert Wenitsch und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Grenzschutz in Niederösterreich (6447/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Maßnahmen seitens Österreichs bezüglich Blindheitsverhütung in der Dritten Welt (6448/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Leopard II (6449/J)

Karl Gerfried Müller und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Militärmusik (6450/J)

Kurt Wallner und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Gleinalmtunnel (6451/J)

Dr. Robert Rada und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Mißstände in der Direktion der Bundesfachschule für Flugtechnik in Langenlebarn (6452/J)

Jakob Auer und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Anerkennung von österreichischen Führerscheinen im Ausland (6453/J)

Wolfgang Großruck und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Billig-Bierimporte aus den Oststaaten (6454/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (5770/AB zu 6163/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (5771/AB zu 6170/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (5772/AB zu 6197/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5773/AB zu 6080/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (5774/AB zu 6068/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5775/AB zu 6075/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5776/AB zu 6086/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5777/AB zu 6099/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5778/AB zu 6100/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5779/AB zu 6101/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5780/AB zu 6102/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5781/AB zu 6103/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5782/AB zu 6104/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5783/AB zu 6105/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5784/AB zu 6106/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5785/AB zu 6107/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (5786/AB zu 6118/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (5787/AB zu 6127/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (5788/AB zu 6133/J)

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich eröffne – es ist jetzt 9.01 Uhr – die 175. Sitzung des Nationalrates.

Für den heutigen Sitzungstag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Hans Helmut Moser, Schaffenrath, Dr. Gredler, Jung und Dr. Schwimmer.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Fragestunde. Ich beginne um 9.01 Uhr mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Landesverteidigung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die erste Frage wird von Herrn Abgeordneten Scheibner an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung gestellt. Ich bitte, die Frage vorzutragen.

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Minister! Meine Frage lautet:

274/M

Wann werden Sie die Entscheidung über die längst notwendige Beschaffung von neuen Luftraumüberwachungsflugzeugen und Radpanzern treffen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Hohes Haus! Wir haben im Landesverteidigungsrat am 4. November des Vorjahres einen umfangreichen Bericht über die Planungen und die Vorhaben im Bereich Luft gegeben. Er hat mit einem Zwischenbericht geendet, der für die Realisierung – ich zitiere wörtlich – der drei Komponenten Luftraumüberwachung, Fläche, Hubschrauber die Erarbeitung der erforderlichen technischen und kaufmännischen Grundlagen bis Ende 1999 für Systemerneuerungen zur Kenntnis nimmt.

Das heißt, es ist damals bereits in Aussicht gestellt worden, daß bis Ende dieses Jahres die entsprechenden technischen und auch kaufmännischen Voraussetzungen erarbeitet und vorliegen werden, um dann als Grundlage für eine weitergehende Entscheidung zur Verfügung zu stehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Minister! Die meisten wichtigen Beschaffungsvorhaben sind in der letzten Zeit an mangelndem Geld gescheitert. Seit 1995 sollten die Luftraumüberwachungsflugzeuge angeschafft sein. Der Radpanzer Pandur ist schon seit drei Jahren beschlossen, kann aber nicht beschaffen werden. Wie werden Sie sicherstellen, daß diese notwendigen Anschaffungen auch finanziert werden können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wie Ihnen bekannt ist, Herr Abgeordneter, haben wir einen Teil dieses sogenannten Luftpaketes nicht zuletzt aufgrund der Ereignisse und Erfahrungen aus Galtür vorgezogen, das heißt also, die Beschaffung der Hubschrauberkomponente. Es sind dafür bereits finanzielle Mittel im Ausmaß von 2,5 Milliarden und Jahrestangenten von etwa 400 Millionen Schilling vorgesehen. Das heißt, es gibt auch eine budgetäre Vorsorge für die nächsten zwei Jahre, weil das unmittelbar bevorsteht. Zweifellos wird dieser Betrag für die Landesverteidigung in weiterer Folge nicht ausreichen, so wie ich das beurteile, sodaß davon auszugehen ist, daß klarerweise eine entsprechende Vorsorge getroffen werden muß.

Das betrifft selbstverständlich insbesondere Investitionsentscheidungen von großem Ausmaß und auch langer Reichweite. Man muß davon ausgehen, daß militärisches Gerät einen Lebenszyklus von zirka 20 bis 30 Jahren hat.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine Zusatzfrage wünscht Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Bundesminister! Das hat jetzt Auswirkungen im Hinblick auf die in Europa zurzeit stattfindende Diskussion hinsichtlich der Errichtung eines neuen Sicherheitssystems. Hat es auch Auswirkungen auf die Anzahl der zu beschaffenden Luftraumüberwachungsfahrzeuge, ob Österreich in einem Sicherheitssystem eingebunden ist oder nicht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Zweifellos hat die Frage, ob man völlig allein für die gesamte Verteidigung, für den gesamten Sicherheitsbereich aufkommen muß oder ob man im Krisenfall auch auf die Hilfe anderer rechnen kann, große Bedeutung hinsichtlich der Stückanzahl, aber auch hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen. Wir gehen davon aus, daß im Falle des Alleinbleibens zirka 30 bis 36 Luftraumüberwachungsflugzeugen notwendig wären, um halbwegs dem internationalen Standard zu entsprechen.

Wir gehen auch davon aus, daß wir im Falle einer Zugehörigkeit zu einem militärischen System, zu einem Sicherheitssystem, egal, ob das jetzt die WEU oder die NATO ist, mit einer Stückzahl von 18 bis 24 das Auslangen finden würden. Selbstverständlich ist Verteidigung alleine immer die teuerste Variante.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Gehört es zu Ihrer geheimen Strategie eines NATO-Beitritts und zur Vorbereitung des NATO-Stützpunktes Zeltweg, daß die österreichische Bundesregierung, insbesondere das Verteidigungsministerium, an die US-Luftstreitkräfte den Auftrag gegeben hat, eine Studie für Zeltweg zu erstellen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung; Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Ihre Qualifizierung, daß ich eine Geheimstrategie zur Erreichung eines NATO-Beitritts habe, ist recht interessant. Ich kann dazu nur sagen, ich bekenne mich in aller Öffentlichkeit dazu, weil ich einfach die Notwendigkeit sehe.

Wir haben zwei Studien in Auftrag gegeben, eine an Schweden und eine an Amerika. Diese beziehen sich darauf, daß wir Untersuchungen dahin gehend haben wollen, inwieweit Hochtechnologie in Verbindung mit unserer Luftwerft in Zeltweg in Zukunft nach Österreich transferiert werden kann, das heißt, welche wirtschaftlichen Möglichkeiten im Anschluß an unsere bereits vorhandene Wartungsmöglichkeit für Flugzeuge für den Raum der Obersteiermark gefunden werden können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Mag. Barmüller, bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Es hat in bezug auf Zeltweg immer wieder Bestrebungen gegeben, eine private Nutzung des Flughafens möglich zu machen. Ich möchte wissen, wie Sie zu solchen Nutzungen stehen und ob Sie das mit den jetzt eben geschilderten Plänen für vereinbar halten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich habe immer erklärt, daß ich diesbezüglich grundsätzlich offen bin, daß man aber selbstverständlich eine Kosten-Nutzen-Analyse anstellen muß. Dazu kann man nur sagen, daß bei einer etwas großräumigeren Betrachtung zwei Flughäfen in unmittelbarer Nähe liegen. Der eine befindet sich in Graz, der andere in Klagenfurt. Einer davon ist nur sehr gering ausgelastet. Die Frage, inwieweit durch die Eröffnung eines weiteren Flughafens ein besonderer wirtschaftlicher Vorteil erzielt werden kann – noch dazu betragen die Anfahrtszeiten mit einem Kraftfahrzeug in diesem Bereich nicht länger als eine halbe Stunde –, stellt sich zweifellos, insbesondere deshalb, weil natürlich umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen notwendig werden.

Wir haben uns daher auch aufgrund der Anregung der steirischen Landesregierung dazu entschlossen, einen Weg zu finden, welcher der Region helfen soll, indem bei Großveranstaltungen der Flughafen kurzfristig aufgemacht wird, um eben die entsprechenden Möglichkeiten nutzen zu können. In der Zwischenzeit ist auch davon auszugehen, daß an sich nur ein relativ geringer Bedarf vorhanden wäre.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Gaál, bitte.

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Bundesminister! Neben den eben besprochenen infrastrukturellen Maßnahmen halte ich auch die Personalplanung für sehr wichtig. Wie wird von Ihrem Ministerium die Planung des fliegenden Personals, also der Piloten, gestaltet?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Zweifellos kommt der Personalplanung besondere Bedeutung zu, insbesondere deshalb, weil zum Teil jahrelange Ausbildungsvorgänge notwendig sind. Wir haben uns daher auch dazu entschlossen, im Zusammenhang mit der Ankaufsentscheidung für die Bereiche Luftraumüberwachung, Fläche und Hubschrauber unser eigenes Konzept zu überprüfen und in Frage zu stellen, inwieweit sich daraus Auswirkungen ergeben, etwa Verlagerungen in andere Teile, das heißt, von einem Regiment in das andere, notwendig wären oder nicht.

Zurzeit zeichnet sich derartiges nicht ab. Zweifellos müssen wir im Bereich des Luftraumüberwachungsflugzeuges einiges machen. Solange keine Ankaufsentscheidung getroffen ist und die Möglichkeit des Trainings in Schweden am Draken nicht mehr vorhanden ist, müssen wir Zwischenlösungen finden. Das haben wir, indem wir Piloten nach Schweden zur Ausbildung an einer der schwedischen Typen Viggen geschickt haben, und zwar in einem Ausmaß und in einer Qualität, die es ermöglichen, daß unsere Piloten mit Flugzeugen aus der Kategorie 4, das heißt also aus einer neueren Kategorie, als es der Draken ist, bereits Erfahrungen gewinnen können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Damit haben wir das erste Thema, "Luftraumüberwachung", abgehandelt.

Herr Abgeordneter Gaál! Sie formulieren die zweite Frage, bitte.

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

272/M

Welche Maßnahmen wurden seit der Empfehlung des Landesverteidigungsrates getroffen, damit dem Bundesheer künftig für Katastrophen und humanitäre Einsätze Transporthubschrauber einer größeren Nutzlastklasse und Personentransportkapazität zur Verfügung stehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wie ich bereits gesagt habe, haben wir bei der Frage des bewaffneten Hubschraubers einen Vorgriff auf das sogenannte Luftpaket gemacht und haben versucht, auch die Erfahrungen von Galtür einzubringen, die sich im wesentlichen darauf beziehen, daß wir größere Nutzlastkategorien als ursprünglich beabsichtigt ins Kalkül ziehen, und zwar die Nutzlastklasse von 3 bis 4,5 Tonnen. Es ist so, daß seit diesem Zeitpunkt das Pflichtenheft überarbeitet wurde und bereits so weit fertiggestellt ist, daß es zur Approbation beim Generaltruppeninspektor vorliegt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Herr Abgeordneter Gaál verzichtet auf seine Zusatzfrage.

Frau Abgeordnete Madl stellt die nächste Zusatzfrage. – Bitte.

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Die Antwort, die Sie meinem Klubobmann Herbert Scheibner auf seine Frage gegeben haben, war mir etwas zu vage. Ich frage Sie jetzt dezidiert: An welchen Standorten ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Sie können jetzt nicht mehr Zusatzfragen zum ersten Fragethema stellen. (Abg. Madl: Nein!) Wir sind bei der Frage Gaál.

Abgeordnete Elfriede Madl (fortsetzend): An welchen Standorten – Langenlebarn oder Hörsching – werden die zusätzlichen neuen Transporthubschrauber frühestens zum Einsatz kommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Diese Frage ist okay. – Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wenn ich auch überrascht bin, daß Ihr Klubobmann Herr Abgeordneter Gaál ist, so muß ich trotzdem sagen (Abg. Scheibner: Keine gefährlichen Drohungen bitte!), ich werde mich gerne bemühen, auf Ihre Frage einzugehen, aber ich bin sicher, Herr Abgeordneter Scheibner als Vorsitzender des Landesverteidigungsausschusses könnte es Ihnen genauso gut erklären.

Die Abläufe dabei sind folgendermaßen: Wir stellen das Pflichtenheft fertig. Es werden die Ausschreibungsbedingungen im heurigen Jahr fertiggestellt, und es ist damit zu rechnen, daß ein Zuschlag in einem Angebotsverfahren in der ersten Hälfte des nächsten Jahres erfolgt, und es ist je nach Zuschlagserteilung und der sich damit ergebenden Type ein Zeitraum von zirka zwei bis maximal drei Jahren bis zu Übernahme der entsprechenden Hubschrauber zu erwarten.

Das sind die internationalen Erfahrungen, von denen man ausgehen muß, das heißt, das muß man als Vorlauf rechnen. Es kann natürlich sein, daß sich das auch entsprechend verkürzt, weil man gerade durch Zufall aus einer Produktion, weil irgend jemand zurücktritt, eine vorzeitige Kaufbereitschaft bekommt. Es ist das allerdings nicht von vornherein zu kalkulieren.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Dr. Maitz. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Im Landesverteidigungsrat wurde beschlossen, für die gegenständliche Hubschrauberbeschaffung eine außerordentliche Finanzierung in der Höhe von 800 Millionen vorzusehen. Ist Ihnen, Herr Bundesminister, bekannt, ob der Bundesminister für Finanzen für diese außerordentliche Finanzierung entsprechende Vorsorge getroffen hat?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Da diese Angelegenheit Gegenstand intensiver Parteienberatungen zwischen den Regierungsparteien war, bei denen selbstverständlich auch das Finanzministerium anwesend war, und weil es auf Grundlage dieser Beratungen auch einen Beschluß des Ministerrates gibt, an dem ebenfalls das Finanzministerium teilgenommen hat, gehe ich selbstverständlich davon aus, daß der Finanzminister, der für eine seriöse Gebarung durchaus bekannt ist, bereits Vorbereitungen trifft, um entsprechende Mittel für das nächste Budget bereitstellen zu können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Es hat schon vor Jahren einen Anlauf gegeben, Hubschrauber zu beschaffen. Dieser Beschaffungsvorgang ist aber durch korruptionsverdächtige Vorfälle, in die auch der Wehrsprecher der ÖVP verwickelt war, ins Stocken geraten.

Was werden Sie tun, damit diesmal keine wie immer gearteten Störmanöver seitens korruptionsanfälliger Politiker und Geschäftsleute passieren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich werde zweifellos versuchen, mich von den ständigen Skandalisierungsversuchen der Grünen nicht beeindrucken zu lassen (Beifall bei der ÖVP) und alles unternehmen, um eine gesetzes- und ordnungsgemäße Abwicklung dieser Aufträge durch die Beamten und die Experten meines Hauses zu garantieren. (Abg. Wabl: Hat es Verurteilungen gegeben oder nicht?)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Herr Abgeordneter Mag. Barmüller, bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Unabhängig davon, daß die angesprochene Situation mit einer Verurteilung des Wehrsprechers geendet hat, möchte ich wissen, wie Sie denn diese drei beziehungsweise vier Jahre, die es noch dauern wird, bis die Kapazitäten zur Verfügung stehen, überbrücken werden und ob bereits konkrete Maßnahmen getroffen wurden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wie Ihnen bekannt ist, verfügen wir über eine Hubschrauberflotte, die vom Umfang her durchaus ansehnlich ist. Ich habe in diesem Hause bereits gesagt, daß sie sogar überproportional hinsichtlich der Anzahl, nicht jedoch hinsichtlich der Transportkapazität ist. Man kann sagen, daß wir in jenen Bereichen, in denen Transportkapazität echt zur Verfügung gestellt wird – das sind insbesondere die Typen AB 204 und 212 –, über eine Stückanzahl von 31 verfügen. Diese werden wir auch in der Zukunft, also in den nächsten Jahren, zur Verfügung haben. Allerdings müssen wir die Type AB 204 aus Altersgründen außer Dienst stellen. Wir hoffen, daß wir kurz danach bereits in der Lage sind, mit den neu anzuschaffenden Hubschraubern die entsprechenden Transporterfordernisse bewältigen zu können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals.

Wir kommen jetzt zur 3. Anfrage, die ein ähnliches Thema betrifft. – Bitte, Herr Abgeordneter Peter.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Meine voraus eingeschickte Anfrage betrifft denselben Themenkreis. Ich bitte also, Wiederholungen zu entschuldigen.

276/M

Wie weit sind die Planungen zur Anschaffung von Großraumhubschraubern und Transportflugzeugen für das Bundesheer zur besseren Erfüllung seiner Aufgaben im Katastrophenfall und bei internationalen Einsätzen gediehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es liegt für das Luftraumüberwachungsflugzeug nicht nur ein Pflichtenheft vor, sondern es werden bereits wirtschaftliche Untersuchungen beziehungsweise weitergehende Untersuchungen angestellt, um eben bis Ende dieses Jahres alle Unterlagen zur Verfügung zu haben, um in einen Entscheidungsprozeß hineingehen zu können.

Weiters haben wir jetzt das Pflichtenheft für den Hubschrauber überarbeitet – im Hinblick auf die Transportkapazität aufgrund der Erfahrungen von Galtür. Es ist so, daß zweifellos noch keine Typenentscheidung unmittelbar bevorsteht, sondern daß dies erst eine Frage des Angebots beziehungsweise des Ausschreibungsverfahrens sein kann. Ich gehe aber davon aus, daß wir ohne Zeitverzögerung dieses Programm abwickeln werden können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Haben Sie die Frage geprüft, welcher Kostenunterschied möglicherweise zwischen einer Eigenanschaffung oder dem Zumieten solcher Lufttransportkapazitäten im Krisenfall, wie es vor sechs Monaten in Galtür passiert ist, besteht? Da ergibt sich doch ein wesentlicher Kostenunterschied. Wie weit haben Sie diese Frage geprüft?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Bei der Hubschrauberfrage ist es so, daß wir an sich aufgrund des Alterungsprozesses unserer eigenen Hubschrauberflotte – ich habe gerade gesagt, daß die Type AB 204 im Laufe der nächsten Jahre außer Dienst gestellt werden muß – eine Ersatzkapazität benötigen, daß wir auch aufgrund der sich verändernden taktischen Voraussetzungen den Typus des bewaffneten Hubschraubers brauchen, der ein sogenannter Dual-use-Hubschrauber ist. Das heißt, er entspricht einerseits den militärischen Erfordernissen zur Bekämpfung von Bodenzielen oder auch Luftzielen, und er hat andererseits eine entsprechende Transportkapazität, die auch für zivile Erfordernisse zur Verfügung steht.

Zweifelsohne bedeutet das, daß wir nicht nur eine neue Typenwahl brauchen, sondern daß wir auch darauf achten müssen, daß diese Type beiden Erfordernissen entspricht. Wir glauben, daß wir das in der Nutzlastklasse zwischen 3 und 4,5 Tonnen finden können, bei der es eben auch eine bestimmte Anzahl von Möglichkeiten gibt. Es wäre aber sicherlich falsch, das vorwegzunehmen.

Das Anmieten von Hubschraubern für derartige Fälle für den militärischen Bereich ist ganz unmöglich, beim zivilen Bereich kann es natürlich der Fall sein, daß man es begrenzt macht. Allerdings hat sich bei der Bewältigung der Katastrophe von Galtür auch gezeigt, daß es sehr sinnvoll ist, wenn die Kapazität noch nicht vorhanden ist, eher auf Zusatzkapazitäten aus dem militärischen Bereich aus dem Ausland zu vertrauen. Dies einfach deshalb, weil die ordnungsgemäße Durchführung von Intensiveinsätzen nur unter militärischen Erfahrungsbedingungen möglich ist.

Man muß sich vorstellen, hier sind Dutzende Hubschrauber in einem engen Tal unter schlechten Sichtbedingungen eingesetzt worden. Das ist an sich nur durchführbar, wenn die Piloten eben auf derartige massive Einsätze geschult sind, und das ist üblicherweise bei privaten Firmen nicht der Fall.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen jetzt zu den Zusatzfragen. – Herr Abgeordneter Leikam, bitte.

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Bundesminister! Sie sprechen immer von einem Luftraumüberwachungspaket. Warum bedurfte es eigentlich erst der Katastrophe von Galtür, daß in Ihren Überlegungen auch moderne Großraumtransporthubschrauber mit hoher Kapazität Aufnahme gefunden haben – und das nicht schon früher? (Ruf: Das ist eine gute Frage!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich habe bereits ausgeführt, daß wir schon im Vorjahr im Landesverteidigungsrat entsprechende Beschlüsse gefaßt haben, die bereits damals durchaus die Notwendigkeit von Hubschrauberanschaffungen vorgesehen haben, und zwar nicht für einen unbestimmten Zeitraum, sondern so, daß die Grundlagen bis Ende dieses Jahres erarbeitet worden sind.

Zweifelsohne ist es aus meiner Sicht notwendig, aus ganz konkreten Erfahrungen, etwa auch der Notwendigkeit des Transportes bei zivilen Unglücksfällen, bei Katastrophen allgemeiner Natur, die nicht unmittelbar in den Kompetenzbereich des Bundesheeres fallen, daran zu denken, wie man das mit österreichischen Kapazitäten bewältigen kann.

Ich glaube, daß es richtig ist, auf ganz konkrete Erfahrungen auch ganz konkret einzugehen. Wir haben dieses Konzept daher noch einmal überarbeitet und werden es, mehr als vorher vorgesehen, auch für diesen Transportbereich ausrichten, um damit beiden Zwecken entsprechen zu können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Herr Abgeordneter Dr. Ofner, bitte.

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Zur Problematik der Großraumflugzeuge aktuell und konkret: Mittlerweile ist bekannt, daß es in Albanien Sprit in Hülle und Fülle gibt. Warum startet die angemietete Herkules trotzdem nach wie vor in Langenlebarn mit einer zu kurzen Bahn, sodaß sie nur halb beladen werden kann, und nicht etwa von Zeltweg oder von Hörsching, wo die Lande- und Startbahnen lang genug sind?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich bin kein Spezialist für Beladefragen. An sich ist es so, daß Langenlebarn unser Militärflughafen ist, der für derartige Zwecke vorgesehen ist. Es hat bei den Transporten hinunter bis jetzt keine Engpässe gegeben, sodaß ich erst im Einzelfall überprüfen müßte, ob es tatsächlich einen Konnex gibt. Das kann ich von dieser Stelle aus nicht beantworten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. Ich bitte eventuell um schriftliche Beantwortung. – Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Ist Ihnen bekannt, daß es beim ersten Beschaffungsversuch von Hubschraubern und Transportflugzeugen zu einer gerichtlichen Verurteilung eines ÖVP-Mitgliedes gekommen ist?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das ist mir nicht bekannt, weil es keinen ersten Versuch durch Durchführung eines Ankaufes gegeben hat, sondern das, was es gegeben hat, war, daß sich Parlamentarier über ein Thema verständigt haben, das zu diesem Zeitpunkt außerhalb der Planung des Bundesministeriums für Landesverteidigung gelegen ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Stampler, bitte.

Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Herr Bundesminister! Die Einsätze des Bundesheeres in den letzten Katastrophenfällen wurden von der Bevölkerung positiv zur Kenntnis genommen. Meine Zusatzfrage: Werden nunmehr auch im Rahmen des KFOR-Einsatzes Hubschrauber eingesetzt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir beabsichtigen, auch im Rahmen des KFOR-Einsatzes Hubschrauber zum Einsatz zu bringen, wie das jetzt auch in Albanien der Fall war oder in Katastrophenfällen vorher bereits in Kroatien. Und zwar ist ganz konkret daran gedacht, zwei Hubschrauber für Sanitätsaufgaben für unser vorgesehenes Kontingent im Kosovo zur Verfügung zu stellen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Wir kommen zur 4. Anfrage. Herr Abgeordneter Dr. Maitz formuliert diese. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

270/M

Welche Rolle hat das österreichische Bundesheer in einem modernen Krisenmanagement?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die Frage des Krisenmanagements und die Frage der Beteiligung Österreichs haben zweifellos durch die letzten europäischen Beschlüsse eine besondere Aktualität erfahren. An sich kann man von den sogenannten Petersberger Aufgabenstellungen ausgehen. Das heißt, hier geht es um Einsätze für humanitäre Zwecke, hier geht es um Einsätze für Suche und Rettung und natürlich auch für Friedensschaffung beziehungsweise Friedenserhaltung.

Durch den Amsterdamer Vertrag gibt es jetzt eine Kompetenz der Europäischen Union auf diesem Gebiet und damit auch Verantwortung für ein bestimmtes Ausmaß des militärischen Bereiches. Selbstverständlich gibt es daher auch eine gewisse Verpflichtung, sich darauf vorzubereiten.

Es haben daher etwa die Premierminister und Bundeskanzler der EU-Staaten bei ihrem Treffen in Köln nicht nur beschlossen, daß es notwendig sein wird, die Verteidigungsanstrengungen entsprechend fortzusetzen, sondern auch etwa für einen logistischen Transport vorzusorgen. Das ist eine Schwachstelle im europäischen Verbund. Das ist auch ein Anlaß für uns, die Überlegungen etwa hinsichtlich Transportkapazität, was die Fläche betrifft, zu intensivieren.

Dies geschieht nicht nur aufgrund der konkreten Erfahrungen, die wir in Albanien und in anderen Einsätzen machen, sondern das ist auch langfristig Bestandteil einer gesamteuropäischen Strategie. Wir werden daher auch diese Aufgabenstellungen, die sozusagen auch von uns als EU-Mitglied neu übernommen worden sind, nicht nur sehr ernst nehmen, sondern uns ganz konkret auch bei unseren eigenen Prioritätensetzungen darauf beziehen und vorbereiten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Bundesminister! Spielen die neuen Entscheidungen vom Europäischen Rat in Köln hier eine besondere Rolle, und gehen sie in eine ganz bestimmte Richtung?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sie gehen in die Richtung, daß Europa in der Lage sein muß, einen größeren Teil der Krisenbewältigung in Zukunft selbst und möglicherweise auch eigenständig durchzuführen. Die dafür vorgesehene Organisation wird die Europäische Union sein, die zum erstenmal mit einem Verantwortlichen für eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, aber auch zum erstenmal mit der Einrichtung eines Militärstabes zweifellos ganz neue Wege geht.

Allerdings muß man davon ausgehen – das ist auch in den entsprechenden Dokumenten festgehalten –, daß die Europäische Union für lange Zeit noch nicht in der Lage sein wird, große Krisen allein zu bewältigen, und daß daher eine ganz enge Zusammenarbeit mit der NATO notwendig sein wird.

Das, was zusätzlich ins Auge gefaßt wurde, ist einfach nicht nur eine Übertragung, sondern sogar eine Verschmelzung der Aufgaben der Westeuropäischen Union und damit des rein europäischen Verteidigungsbündnisses auf die Europäische Union. Das ist allerdings ein Prozeß, bei dem die Diskussion noch nicht abgeschlossen ist, bei dem entsprechende Weichenstellungen aber schon bis Ende des nächsten Jahres erfolgen sollen.

Das, was man aus meiner Sicht dazu sagen kann, ist, daß es zweifellos notwendig sein wird, sich in diesem Zeitraum, nämlich bis Ende des nächsten Jahres, auch mit dieser Frage auseinanderzusetzen, wenn wir nicht wollen, daß die Frage der europäischen Sicherheit ohne uns behandelt wird, daß sie ohne Berücksichtigung unserer Interessen erfolgt, daß sie erfolgt, ohne daß wir unsere eigenen Vorstellungen dort entsprechend einbringen können, sodaß wir eines Tages ein Modell übernehmen müßten, das andere konzipiert haben, ohne daß wir selbst die Möglichkeit der Mitwirkung gehabt hätten. Das ist eigentlich der Grund, warum wir uns gerade mit dieser Frage wahrscheinlich im nächsten Jahr besonders intensiv auseinanderzusetzen haben werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfragen liegen vor. – Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Die internationalen Einsätze des österreichischen Bundesheeres im Auftrag der UNO bei friedenserhaltenden und friedenssichernden Missionen waren immer sehr positiv.

Meine Frage: Wie viele Personen des österreichischen Bundesheeres sind Ihrer Meinung nach noch für solche internationalen Einsätze verfügbar?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben zurzeit über 1 200 Soldaten im internationalen Einsatz für Missionen, die unter dem Kommando der Vereinten Nationen oder auch unter NATO-Kommando wie in Bosnien stattfinden. Wir sind gerade in Vorbereitung für ein nächstes Kontingent in den Kosovo, und wir gehen davon aus, daß wir in einer Größenordnung von 1 500 bis 2 000 Soldaten in der Lage sein sollten, Einsätze entsprechend durchzuführen. Wir haben dafür ein Gesamtpotential von Freiwilligen in einer Größenordnung von 6 000 bis 7 000 Mann.

Das ist ungefähr die Zahl, die auch nach internationalen Maßstäben auf Dauer bewältigbar ist, nämlich eine Größenordnung von zirka 1 500 bis maximal 2 000 Mann.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Mag. Barmüller, bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Sie haben insbesondere in bezug auf den Amsterdamer Vertrag davon gesprochen, daß es auch friedensschaffende Maßnahmen geben wird, an denen Österreich in der Zukunft teilnehmen wird können. Das wirft natürlich Spannungsverhältnisse zu unserem Status der Neutralität auf.

Meine Frage daher: In welchen Bereichen und bei welchen konkreten Maßnahmen – Überflüge und Durchfahrten zum Beispiel – sehen Sie in den nächsten Jahren Spannungsverhältnisse zur Neutralität auf uns zukommen, wenn ein solches Modell entwickelt wird, wie Sie es jetzt angesprochen haben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Zweifelsohne ist nach dem Ende des Kalten Krieges eine Veränderung der Sicherheitserfordernisse und der Sicherheitssituation insgesamt eingetreten, die sich im wesentlichen dadurch charakterisieren läßt, daß nicht mehr der große Krieg zwischen zwei Blöcken im Vordergrund steht, sondern zweifellos das Bewältigen von lokalen und regionalen Krisen unter Einsatz der Staatengemeinschaft. Da geht es zweifellos auch darum, daß unter dem Gebot der Solidarität jeder einen möglichen Beitrag leistet.

Wie groß und wie stark diese Solidarität ausgeprägt ist, wird in jedem einzelnen Fall von jedem einzelnen Land entschieden. Das ist durchaus auch ein Mißverständnis, das in Österreich sehr häufig vorherrscht, daß man etwa als NATO-Mitglied gezwungen wäre, an einer Aktion automatisch mit einem bestimmten Truppenkontingent teilzunehmen. Das ist nicht richtig. Jedes Land bestimmt in jedem einzelnen Fall selbst, mit welcher Maßnahme und mit welchem Kräfteumfang es in einen Einsatz geht.

Es ist zum Beispiel durchaus so, daß beim jetzigen Kosovo-Einsatz nur ein Teil der NATO-Staaten teilgenommen hat. Ein Teil hat nicht teilgenommen, ist dem sogar, wie etwa das Beispiel Griechenlands gezeigt hat, sehr distanziert gegenübergestanden. Das heißt, diese automatische Verpflichtung gibt es für Kriseneinsätze nicht.

Das, was man aber sagen kann, was von der Staatengemeinschaft erwartet wird, ist zweifelsohne, daß man eine Solidarität aufbringt – zumindest eine Solidarität, die andere nicht behindert.

Ich konnte zum Beispiel feststellen, daß, was den Kosovo-Einsatz betrifft – der kriegerische Einsatz konnte jetzt Gott sei Dank einem Ende zugeführt werden, weil die jugoslawische Regierung bereit war, ihre Truppen, Polizeikräfte und Milizen abzuziehen und damit eine Rückführung der Flüchtlinge wieder möglich zu machen –, bei den Ländern, die auch nicht mit überwältigender Begeisterung in einen derartigen Einsatz hineingegangen sind – wenn ich etwa an die holländischen oder belgischen Streitkräfte denke –, schon Unverständnis darüber herrscht, daß sie von einem Staat, der sich in der gleichen politischen Gemeinschaft befindet, mit dem es sogar die gleiche sicherheitspolitische Ausrichtung geben soll, weil es eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik gibt beziehungsweise diese in Zukunft intensiviert werden soll, für Soldaten, die von einem demokratischen Land im Interesse der Staatengemeinschaft zur Erfüllung humanitärer Zwecke in den Einsatz gehen sollen, nicht auch eine entsprechende Unterstützung zumindest in der Form erhalten, daß sie nicht ein auswärts gelegenes Land, so wie es hier der Fall war, etwa die Slowakei, die nicht Mitglied der EU ist, um Überflüge ersuchen müssen, wenn sie Ersatzteile brauchen oder wenn sie Leute aus dem Einsatzgebiet zurückholen. (Abg. Dr. Schmidt: Das ist nicht die Frage!)

Das ist etwas, das auch im holländischen Parlament sehr intensiv diskutiert wurde. Das sollte auch für uns zweifellos Ansatz sein, über diese neue Form der Solidarität nachzudenken, weil sich herausgestellt hat, daß bei unseren eigenen politischen Partnern in der politischen Gemeinschaft teilweise absolutes Unverständnis dafür herrscht, daß wir diese Solidaritätsleistungen nicht aufbringen können. (Abg. Dr. Schmidt: Es war Ihre Einschätzung gefragt, Herr Minister, nicht die der Holländer!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Dr. Antoni. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Bundesminister! Modernes Krisenmanagement heißt auch, rasch Hilfe anbieten zu können beziehungsweise rasch Maßnahmen umsetzen zu können.

Wie groß schätzen Sie den Zeitraum ein, den Österreich braucht, um vor Ort Hilfestellung anzubieten, beziehungsweise gibt es Maßnahmen, den Zeitraum möglichst kurz zu halten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Selbstverständlich kommt es immer auf die Art und Weise der Unglücksereignisse an. Wir sind in der Lage, innerhalb weniger Stunden im Bereich Search and Rescue tatkräftig Hilfe leisten zu können, und haben das auch wiederholt unter Beweis gestellt, auch im internationalen Bereich. Wir waren in der Lage, etwa als es die Brandkatastrophe an der kroatischen Küste gegeben hat, innerhalb von 24 Stunden ab dem Zeitpunkt, als das Unglück bekannt war, nicht nur alle formalen Erfordernisse einschließlich der Bewilligungen durch die kroatische Regierung et cetera einzuholen, sondern auch alle Voraussetzungen zu schaffen, sodaß unsere Soldaten und Hubschrauberpiloten tatsächlich in der Lage waren, innerhalb weniger Stunden in diesen Einsatz zu gehen.

Bei größeren Einsätzen, wie es etwa jetzt der bevorstehende Kosovo-Einsatz, ein Friedenseinsatz, ist, sind selbstverständlich längere Vorbereitungszeiten erforderlich. Da geht man international davon aus, daß ein Zeitraum von ungefähr sechs Wochen bis drei Monaten in jedem Falle notwendig ist, um die Soldaten auf diese ganz konkreten Einsätze vorbereiten zu können. Denn da geht es nicht nur darum, ihnen ihre militärischen Aufgaben bewußt zu machen, sondern sie auch mit den Gegebenheiten in dem Land entsprechend vertraut zu machen.

Da geht es natürlich auch darum, entsprechendes Material vorzubereiten. Da gehen Tausende Tonnen an Material hinunter. All das muß auch, wenn man den Sicherheitserfordernissen entsprechen will, im vorhinein gewährleistet sein. Da geht man eben davon aus, daß das eine Vorbereitungszeit von sechs bis zwölf Wochen umfassen soll.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl, bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Es ist sicherlich positiv zu sehen, daß Österreich im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten Aufgaben in internationalen Missionen übernimmt. Bekannt sind aber auch die Probleme bei der Aufstellung und Befüllung der entsprechenden Kontingente mit dem geeigneten und bestausgebildeten Personal.

Wie sehen Sie nun die verpflichtende Teilnahme von Berufssoldaten an diesen Kontingenten? Werden Sie verstärkt auf Berufssoldaten zurückgreifen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es zeigt sich durchaus, daß je nach der Art des Einsatzes eine unterschiedliche Quote von Berufs- und Milizsoldaten daran teilnimmt. Klarstellen möchte ich auch in diesem Zusammenhang, daß Grundwehrdiener nicht zu derartigen Einsätzen herangezogen werden, sondern erst dann, nachdem sie von ihrem Grundwehrdienst abgerüstet sind, eingesetzt werden können. Aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage beruht das auf Freiwilligkeit. Alle Länder sind dabei, weil sich die Anzahl derartiger Einsätze in den letzten Jahren enorm erhöht hat, Überlegungen anzustellen, wie man den Erfordernissen besser entsprechen kann; das tun auch wir.

Es zeigt sich allerdings aufgrund der Unterschiedlichkeit der Einsätze, daß etwa bei Einsätzen à la Zypern oder Golan fast 70 Prozent der teilnehmenden Soldaten aus dem Milizbereich und damit nicht aus dem Berufskaderbereich kamen. Bei raschen Einsätzen, insbesondere im Bereich Search and Rescue, müssen hauptsächlich Berufssoldaten vorhanden sein.

Ich habe versucht, dem Rechnung zu tragen, unter anderem auch dadurch, daß wir die erste reine Berufskaderkompanie aufgestellt haben. Das hat sich bereits durchaus bewährt, und zwar in der Form, daß eben derartige Kräfte rascher in den Einsatz geschickt werden können, als das im Normalfall zutrifft.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit haben wir diesen Fragenkomplex beendet.

Die 5. Frage formuliert Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

277/M

Ist Ihnen bekannt, daß 40 000 Sturmgewehre aus Heeresbeständen an einen ausländischen Waffenhändler (B&T.-Schweiz), der weder Lizenz noch Wohnsitz in Österreich hat, verkauft wurden, obwohl nach EU-Recht (Art. 788 der Zollkodex-DVO EWG 2454/93 vom 2. Juli 1993) ein solcher Verkauf eindeutig als Export zu bewerten ist und damit ein Regierungsbeschluß (§ 5 Abs. 2 KMG) notwendig gewesen wäre?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Nein, Herr Abgeordneter. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Sehr gut!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Die Anzeige wegen dieser illegalen Waffengeschäfte wurde im Jänner an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Hat die Staatsanwaltschaft schon Kontakt mit Ihnen aufgenommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Mir wurde bekannt, daß die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen Substanzlosigkeit eingestellt hat, was ich Ihnen bereits in der Debatte im Dezember des letzten Jahres zum Ausdruck gebracht habe. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: 2 : 0!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Barmüller, bitte. (Abg. Wabl: Das ist ja völlig falsch! Das ist ja eine absolut falsche Antwort! Wahrheitswidrig! Wahrheitswidrig!)

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Da solche Verkäufe und Rechtsgeschäfte immer wieder Anlaß zu Diskussionen geben, wäre Transparenz in diesem Bereich sicher hilfreich.

Ich frage Sie daher: Welche Verkäufe von Ausrüstung, Material und Kriegsmaterial sind derzeit in Abwicklung, sind geplant beziehungsweise absehbar?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es wurden im Jahre 1999 keine derartigen Abverkäufe durchgeführt und sind auch nicht in Planung. Es ist so, daß sich die Bundesregierung entschlossen hat, die haushaltsrechtlichen Bestimmungen, die uns ja dazu verpflichten, Material, das nicht mehr benötigt wird, möglichst günstig auch finanziell zu verwerten, einer Überprüfung zu unterziehen. Es ist ja nicht so, daß das Bundesheer davon profitiert, sondern die Mittel fließen ja dem Finanzminister zu, das heißt, sie fließen in das Budget. Es sind Gespräche im Gange, in denen es darum geht, zu überprüfen, inwieweit hier in bestimmten Bereichen eine andere Vorgangsweise gesetzlich möglich ist oder ob überhaupt diesbezüglich Gesetzesänderungen in Erwägung gezogen werden sollten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Hagenhofer, bitte.

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Bundesminister! Anschließend an diese Frage: Gibt es Überlegungen in Ihrem Ressort, Demilitarisierungen von Waffen im eigenen Bereich durchzuführen, zum Beispiel im Heeresmaterialamt oder in ähnlichen Bereichen? Gibt es derartige Überlegungen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: An sich ist es so, daß die Frage, in welchem Zustand Geräte oder Waffen abgegeben werden, auf der einen Seite Teil des Verkaufsvertrages sein kann, auf der anderen Seite aber insbesondere eine Frage darstellt, die für die Erteilung einer Exportgenehmigung von Bedeutung ist oder sein kann. Es ist so, daß man hier in jedem einzelnen Fall überprüfen muß, inwieweit umfangreiche Vorkehrungen getroffen werden müssen, die sehr kosten- beziehungsweise zeitaufwendig sind und möglicherweise im eigenen Bereich nicht durchgeführt werden können.

Grundsätzlich bin ich dafür, daß derartige Verfügungen getroffen werden. In vielen Fällen zeigt sich aber, daß es technisch so nicht abwickelbar ist und daß man daher der Firma entsprechende Auflagen erteilen muß, bevor Waffen außer Landes gebracht werden können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Dr. Ofner, bitte.

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sie haben meine Zusatzfrage zur Frage 3 nicht beantworten können. Ich bitte Sie, dem Haus die Antwort schriftlich zukommen zu lassen, nachdem Sie sich informiert haben.

Nun zu dem Problemkreis, um den es jetzt geht. Wenn ich davon absehe, daß die Truppe sich wünschen würde, Scharfschützengewehre und Maschinengewehre aus überzähligen Beständen für Unterrichts- und Übungszwecke zu erhalten, um die Einsatzwaffen schonen zu können, richte ich an Sie die Frage: Wenn Österreich nicht mit solchen Waffen auf den Markt ginge, gäbe es dann dort ein Defizit und würden die Interessenten für solche Waffen unbewaffnet bleiben, oder gibt es Anbieter in Hülle und Fülle in diesem Zusammenhang?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Zweifelsohne muß man davon ausgehen, daß es einen sehr großen Markt dafür gibt (Abg. Wabl: In den Krisenherden vor allem!), insbesondere auch deshalb, weil ja durch das Ende des Kalten Krieges in vielen Bereichen, global gesehen, Kapazitäten frei geworden sind, die teilweise unter sehr dubiosen Umständen in Krisengebieten landen oder für andere Zwecke zur Verfügung gestellt werden.

Wir haben hier eine andere Vorgangsweise, und zwar eine Vorgangsweise, die auf dem Legalitätsprinzip aufbaut und vorsieht, daß die Abgabe unter entsprechenden Sicherheitskautelen durchgeführt wird. Exportgenehmigungen werden ja nicht durch uns erteilt, sondern durch den Bundesminister für Inneres, und dieser macht das auch nicht alleine, sondern in Zusammenarbeit mit dem Außenministerium, dem Bundeskanzleramt üblicherweise und klarerweise mit uns, sodaß hier ein möglichst hohes Ausmaß an Sicherheit gegeben ist, wobei man sicherlich nicht in jedem einzelnen Fall ausschließen kann, daß auch Mißbrauch getrieben wird. Das gibt es überall. Aber es gibt zumindest eine Vorkehrung dafür, daß das möglichst gut abgewickelt wird.

Leider, muß man sagen, läßt sich feststellen, daß gerade dann, wenn Länder, die auf eine ordnungsgemäße Abwicklung Bedacht nehmen, das nicht tun, von anderer Seite unter wirklich dubiosen Umständen noch viel größere Gefahren und Gefährdungen entstehen können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Sauer, bitte.

Abgeordneter Willi Sauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Aufbauend auf die Frage des Herrn Kollegen Wabl möchte ich Sie fragen: Werden Waffen dieser Art, wie Kollege Wabl in seiner Anfrage betont hat, derzeit – und ich präzisiere: auch im heurigen Jahr – noch verkauft?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Im heurigen Jahr werden keine derartigen Waffen verkauft, Herr Abgeordneter. Wie ich bereits ausgeführt habe, versuchen wir auch hier einen Weg zu finden, indem etwa die derzeitigen haushaltsrechtlichen Bestimmungen einer Überprüfung unterzogen werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Wir kommen zur nächsten Anfrage. – Herr Abgeordneter Haupt ist aber nicht im Saal. Daher rufe ich gleich die 7. Anfrage auf. Herr Abgeordneter Ing. Tychtl, bitte.

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

273/M

Wie ist der Beschaffungsablauf für die bereits im Dezember 1996 im Rahmen des MECH-Pakets für den Schutz und die Sicherheit der österreichischen Soldaten beschlossene Anschaffung von Radpanzern der Type PANDUR?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben uns hinsichtlich der Abwicklung des sogenannten MECH-Pakets, das insgesamt die größte Beschaffungsentscheidung in der Geschichte des österreichischen Militärwesens darstellt, aus Kapazitätsgründen und natürlich auch aus finanziellen Gründen dazu entschlossen, eine Abwicklung Schritt für Schritt vorzunehmen. Das heißt, wir haben die bereits fertigen Geräte, den LEOPARD und den JAGUAR, die uns komplett angeboten wurden, natürlich an die Spitze gesetzt und zuerst übernommen. Es war dann die Frage des Kampfschützenpanzers, die im Vordergrund gestanden ist. Hier konnte mit einem Vertragsabschluß am 7. Mai dieses Jahres eine Fixierung erfolgen, und ab diesem Zeitpunkt beginnt auch die Intensivbeschaffung für den PANDUR zu laufen. Es wurden aber selbstverständlich auch bereits Vorarbeiten geleistet. Es ist die wichtigste technische Frage des Aufklärungspanzers, nämlich die Turmfrage, gelöst worden, und anhand dessen können jetzt auch die Details für die gesamte Radpanzerfamilie bestimmt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Herr Bundesminister! In diesem Zusammenhang würde mich interessieren, da es sich ja um ein Sicherheitselement in der Beschaffung handelt: Wie schaut es mit der Beschaffung von Sanitätsfahrzeugen PANDUR aus? Gerade im Zusammenhang mit der Entsendung von Soldaten in den Kosovo scheint mir das ein sehr wesentlicher Punkt zu sein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die Entscheidung über die Frage der Sanitätspanzer in Form von Radpanzern ist natürlich im Zusammenhang mit der Beschaffung für die sogenannte Radpanzerfamilie zu treffen und ist auch in diesem Paket vorgesehen. Das heißt, neben dem Aufklärungspanzer und dem für reine Mannschaftstransportzwecke vorgesehenen Panzer wird es natürlich auch ein Fahrzeug geben, das für Sanitätszwecke vorgesehen ist.

Selbstverständlich gibt es jetzt auch Vorbereitungen für den Kosovo-Einsatz, um entsprechende Sanitätstransportkapazitäten, die geschützt sind, vorzusehen. Diesbezüglich gibt es durchaus auch recht interessante Kooperationsgespräche, die jetzt gerade mit Nachbarstaaten von uns durchgeführt werden, wobei es noch zu früh ist, darüber zu berichten, weil sie noch nicht abgeschlossen sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Schöggl, bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Minister! Der PANDUR ist insbesondere für Auslandseinsätze beschafft worden. Nun ist bekannt, daß es in Allentsteig zu einem tödlichen Unfall mit dem PANDUR gekommen ist, der darauf zurückzuführen ist, daß der Richtschütze aufrecht im Turm hinter dem MG stehen mußte.

Wie ist nun ein richtiger Einsatz des PANDUR im Ausland gewährleistet, wenn der Richtschütze weiterhin während der Fahrt nicht im Turm stehen darf, sondern, wie es ein Erlaß vorgibt, während der Fahrt im Kampfraum Platz nehmen muß?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Die Qualifikation der Unfallursache ist nicht nur sehr unvollständig, sondern, ich würde sagen, in ihrer Gesamtaussage sicherlich nicht richtig. Hauptgrund für den damaligen Unfall bei der Übung in Allentsteig war eine zu hohe Fahrgeschwindigkeit.

Zweifelsohne wurden alle Sicherheitsfragen, die sich aus der Erprobung des PANDUR für uns ergeben haben, nicht nur in die Überlegungen für die Entwicklung der zukünftigen Radpanzerfamilie eingebracht, sondern sind selbstverständlich auch Gegenstand der Beurteilung, inwieweit wir mit einem derartigen Fahrzeug in einen Einsatz gehen sollen. Und es wurde ganz klar und eindeutig entschieden, daß es eine enorme Verbesserung für den Schutz unserer Soldaten darstellt, wenn wir mit einem derartigen Fahrzeug in den Einsatz gehen. Wir haben uns daher auch dazu entschlossen, mit einer Größenordnung von 20 bis 26 Radpanzern, in Form von zwei Radpanzer-PANDUR-Kompanien, in den Kosovo hineinzugehen, weil wir davon überzeugt sind, daß das nicht nur eine sehr hohe Sicherheitswirkung auf die Bevölkerung haben wird, sondern daß auch unsere Soldaten dadurch einen maximalen Schutz haben werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Ellmauer, bitte.

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Hat es bei der Beschaffung des ULAN auch Gegengeschäfte gegeben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Entschuldigung, ich habe Ihre Frage rein akustisch nicht ganz verstanden.

Abgeordneter Matthias Ellmauer (fortsetzend): Hat es bei der Beschaffung des ULAN auch Gegengeschäfte gegeben? Mir ist bekannt, daß Sie bei Auslandskomponenten von Beschaffungen bemüht sind, Gegengeschäfte zu erwirken.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Selbstverständlich sind bei der Beschaffung des ULAN auch alle finanziellen Grundlagen nicht nur einer eingehenden Untersuchung und Betrachtung unterzogen worden, sondern waren auch ein sehr wesentlicher Bestandteil im Rahmen dieser Gesamtentscheidung, und zwar in der Form, daß wir ein Einverständnis mit der Firma Steyr erzielen konnten, daß für all die Teile, die im Ausland beschafft werden müssen – das heißt für den gesamten Auslandsanteil –, eine Kompensation von 120 Prozent erfolgt. Das heißt, mehr, als der Wert der Beschaffungen aus dem Ausland beträgt, wird uns in Form von Kompensationsgeschäften wieder zur Verfügung stehen.

Das, was man insgesamt sagen kann, ist, daß durch die zu erwartenden Folgeaufträge und durch die zu erwartende Gesamtwirkung der Aufträge, die in diesem Falle ergehen, ein Gesamtnutzeffekt in einer Größenordnung von 4,8 Milliarden Schilling für die österreichische Wirtschaft entstehen wird. Und das ist etwas, was neben der Tatsache, daß wir damit der Firma Steyr geholfen haben, dieses Produkt am internationalen Markt anbieten zu können, selbstverständlich auch unter dem Gesichtspunkt der österreichischen Wirtschaftskraft und Technologieentwicklung von großer Bedeutung sein kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Bei Beschlußfassung des MECH-Paketes im Landesverteidigungsrat durch ÖVP, SPÖ, Liberale und Freiheitliche betrug der Budgetansatz für das gesamte MECH-Paket zirka 6 Milliarden Schilling. Mittlerweile sind die Kosten explodiert und liegen bereits bei 12 bis 13 Milliarden Schilling. Wie ich höre, gibt es neue Entwicklungen bei der Beschaffung des ASCOD. Ist damit zu rechnen, daß diese 12, 13 Milliarden Schilling auch noch überschritten werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Ich bedauere sehr, Sie darauf hinweisen zu müssen, daß Sie offensichtlich von falschen Unterlagen ausgehen.

Tatsache ist, daß die Verträge für den LEOPARD und auch für den JAGUAR genau mit den Ansätzen, wie sie geplant wurden, abgewickelt werden konnten, daß für den Bereich des Radpanzers und des Kampfschützenpanzers damals Schätzwerte angesetzt worden sind, die bis jetzt auch nur unerheblich überschritten wurden, sodaß man sagen kann, daß die Bedingungen des gesamten MECH-Pakets in ihrem Umfang nach wie vor Gültigkeit haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Mag. Helmut Peter, bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Wie ist der Stand der Ausbildung der Truppe an dem neuen Gerät PANDUR, insbesondere mengenmäßig, denn Sie planen ja, die KFOR-Kontingente mit PANDUR auszustatten? Welche Menge an Gerät mit ausgebildeter Mannschaft bleibt in Österreich zurück?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: An sich haben wir zwei Verbände, die sich mit der Ausbildung intensiv beschäftigt haben: Das ist auf der einen Seite das Aufklärungsbataillon in Mistelbach, und das ist auf der anderen Seite das Jägerregiment in Straß. Hiefür vorgesehen ist insbesondere ein Kontingent aus Straß als Kernelement für den Einsatz der Radpanzer. Inwieweit sich auch Leute aus Mistelbach melden werden, ist eine Frage der Freiwilligkeit, sodaß ich die Frage im Detail noch nicht beantworten kann.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Ich möchte jetzt noch die 8. Frage drannehmen, dann hätten wir nämlich sämtliche Fragen erledigt. – Ich bitte um kurze Fragen und kurze Antworten.

Herr Abgeordneter Amon, bitte.

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

271/M

Welche Maßnahmen werden im Rahmen des von Ihnen ausgerufenen Jahres des Sports im österreichischen Bundesheer gesetzt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das "Jahr des Sports" soll dazu dienen, Sport und Körperbewußtsein nicht nur den Grundwehrdienern, sondern auch dem Kaderpersonal und darüber hinaus einer breiteren Öffentlichkeit näherzubringen. Wir haben daher eine ganze Veranstaltungsreihe – ich stelle Ihnen gerne auch einen diesbezüglichen Prospekt zur Verfügung – durchgeplant, die von sportlichen Ereignissen in Zusammenarbeit mit Schulen bis zu Höchstleistungswettbewerben der Sportler unserer ehemaligen HSNS und jetzigen Heeressportschule reicht.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Herr Bundesminister! Können Sie uns einen Überblick darüber geben, welche Erfolge österreichische Sportlerinnen und Sportler, die dem österreichischen Bundesheer angehören, im Rahmen von Weltmeisterschaften, Europameisterschaften und Olympischen Spielen erzielt haben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich suche gerade die entsprechende Unterlage, auswendig kann ich es Ihnen nicht sagen. Ich kann nur sagen, wir haben etliche Weltmeisterschafts-, Olympia- und Europameisterschaftsmedaillen errungen. Ganz konkret haben wir im Jahr 1998 bei Sport-Großveranstaltungen, Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften, 15 Gold-, 7 Silber- und 19 Bronzemedaillen durch Heeressportler gewonnen. Ab dem heurigen Jahr besteht auch die Möglichkeit für Frauen, an diesen Bewerben teilzunehmen. Die ersten Medaillen hat bereits Vera Lischka bei der Militär-WM in Rom gewonnen; sie hat in der Disziplin Rettungsschwimmen über 50 Meter Silber und Bronze errungen. Das heißt, die Teilnahme wird sich in Zukunft nicht nur auf die Männer beschränken, sondern auch Frauen umfassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Mag. Peter, bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Zuvor mein Kompliment an Vera Lischka für ihre Leistung. Daran schließe ich meine Frage an: Wie viele Frauen sind derzeit im Nachfolgeinstitut des HSNS, im Heeressportzentrum, in absoluten Zahlen und wie viele in Prozent der Gesamtauszubildenden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die exakte Zahl werde ich Ihnen gerne noch übermitteln. Soweit ich das jetzt auswendig weiß, sind es, so glaube ich, zurzeit 16 Frauen von insgesamt 180 Mitgliedern der ehemaligen Heeressport- und Nahkampfschule und des jetzigen Heeressport-Zentrums. Ich weiß nicht, ob es immer noch genau 16 sind, vielleicht sind es bereits mehr. Ich werde Ihnen gerne diese Zahl noch persönlich übermitteln.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Grabner, bitte.

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Herr Bundesminister! Im nächsten Jahr finden die Olympischen Spiele in Australien statt. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, viele Spitzensportler werden im September in Australien sein, um die Vorbereitungen durchzuführen. Wie viele Damen und Herren der HSNS sind als Spitzensportler vertreten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich habe bereits gesagt, daß wir gerade bei den olympischen Kontingenten sehr hohe Anteile haben. Es war in der Vergangenheit so, daß wir sowohl bei den Winterspielen als auch bei den Sommerspielen bei den männlichen Teilnehmern einen Anteil in der Größenordnung von 40 bis 50 Prozent gehabt haben – auch bei den Medaillenerfolgen.

Es sind insgesamt – ich korrigiere mich, ich habe vorhin gesagt, es seien 180 – 170 Plätze für Spitzensportler in der Heeressport- und Nahkampfschule vorgesehen, darüber hinaus aber auch noch 130 Plätze für Sportler, die ihren Grundwehrdienst ableisten, mit besonderen Trainingsmöglichkeiten, sodaß man insgesamt von einer Größenordnung von 300 Spitzensportlerplätzen im Bereich des österreichischen Bundesheeres ausgehen kann. Und das wird eigentlich von allen als eine einmalige Gelegenheit bezeichnet, unter besonders guten Bedingungen Spitzensport ausüben zu können als wichtige Voraussetzung für Erfolge bei Olympischen Spielen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Ist das Ihr Beitrag zum "Jahr des Sports", daß Sie nun ausrangierte Scharfschützengewehre auf den internationalen Spotmärkten anbieten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Mein Beitrag zum "Jahr des Sports" ist es, daß ich mich persönlich an die Spitze dieser Initiative gestellt habe. Ich laufe jeden Tag morgens drei Kilometer, wenn Ihnen das als Information dazu, was mein persönlicher Beitrag ist, behilflich ist. Aber auch die Spitzenmilitärs tun so etwas. Der Generaltruppeninspektor etwa hat das ÖSTA in seinem 65. Lebensjahr abgelegt und hat damit ein Beispiel für viele andere gegeben.

Das, was wir tun, ist, keine Gelegenheit auszulassen, die jungen Menschen, aber auch die Kaderleute aufzufordern, etwas für ihre Gesundheit zu tun, denn ich meine, daß es notwendig ist, für den Sport einzutreten und die Jugend von den Drogen wegzubringen, Herr Abgeordneter! Unser Ziel ist es, sie weg von den Drogen und hin zum Sport, hin zu einer körperlichen Betätigung zu bringen! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl – in Richtung ÖVP –: Lieber schießen statt Drogen?)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch, bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Ihren letzten Satz unterstützen wir wärmstens! Nicht unbeträchtliche Mittel des schmalen österreichischen Sportbudgets fließen, das muß man zugeben, in den Leistungssport.

Ich frage Sie, Herr Bundesminister, ob auf der Gehaltsliste des Bundesheeres auch Profisportler mit millionenschweren Sponsorverträgen und ebensolchen Siegesprämien stehen und welche davon den Mittelpunkt ihres Sportlerlebens im Ausland und bei ausländischen Vereinen haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Man muß sagen, daß die Zugehörigkeit zum österreichischen Bundesheer selbstverständlich auch für Leistungssportler Restriktionen und schwierige Aufgabenstellungen mit sich bringt, sodaß die Entscheidung, ob einer diese Berufskarriere wählt, zweifellos üblicherweise gründlich durchdacht ist. Wenn Sportler dann besonders erfolgreich sind, dann passiert es immer wieder, daß sie von der Wirtschaft Sponsorverträge angeboten bekommen. Das ist allerdings immer nur für einen relativ kleinen Teil von absoluten Spitzensportlern der Fall. Verallgemeinern kann man das nicht. Ich kann Ihnen aber jetzt nicht sagen, wie viele von unseren Spitzensportlern einen derartigen Vertrag haben.

Ich jedenfalls habe ein Interesse daran, daß sie Spitzenstellungen einnehmen, und zwar dann, wenn sie auch ihre Leistungen beim Bundesheer entsprechend erfüllen, weil durchaus eine Vorbildwirkung damit verbunden ist.

Wir sind ja stolz darauf, daß gerade die größten Erfolge bei der heurigen Olympiade in der Ramsau von Sportlern des österreichischen Bundesheeres erzielt wurden. Wenn ich nur etwa an Stadlober, der ganz an der Spitze gestanden ist, denke, aber auch an Hoffmann und andere, dann muß ich sagen, ich habe durchaus ein Interesse daran, daß diese Sportler selbst dann, wenn sie etwa einen zusätzlichen Sponsorvertrag haben, eben diese Vorbildwirkung und diese Tätigkeit im Rahmen des österreichischen Bundesheeres erfüllen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Die Fragestunde ist damit beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich nach § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 5770/AB bis 5788/AB.

2. Regierungsvorlagen:

Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz (1835 der Beilagen),

Notifikationsgesetz 1999 – NotifG 1999 (1898 der Beilagen),

Bundesgesetz betreffend die Veräußerung der Anteile des Bundes an der Timmelsjoch-Hochalpenstraße – Aktiengesellschaft (1906 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird (1969 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (1997 der Beilagen),

Fernabsatz-Gesetz (1998 der Beilagen),

Signaturgesetz – SigG (1999 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird (1857 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (57. Novelle zum ASVG) (1909 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum GSVG) (1910 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (23. Novelle zum BSVG) (1911 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (27. Novelle zum B-KUVG) und das Karenzgeldgesetz geändert werden (1912 der Beilagen),

Antrag 1112/A (E) der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat und Genossen betreffend Vermeidung von schwer überbrückbaren Barrieren für behinderte und alte Menschen,

Antrag 1114/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Journalistengesetz geändert wird,

Antrag 1125/A (E) der Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend Änderung des Bundespflegegeldgesetzes im Hinblick auf die Pflegegeldeinstufung,

Antrag 1133/A der Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz und das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert werden,

Antrag 1134/A der Abgeordneten Rudolf Schwarzböck und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden,

Antrag 1143/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz 1976, BGBl. 1976/390, zuletzt geändert durch das BGBl. 1995/832, geändert wird;

Budgetausschuß:

Antrag 1124/A (E) der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder und Genossen betreffend Erweiterung der Pflichten zur Berechnung der Gesetzesfolgekosten im § 14 Bundeshaushaltsgesetz;

Familienausschuß:

Antrag 1116/A (E) der Abgeordneten Dr. Sonja Moser-Starrach und Genossen betreffend Karenzgeld für alle – Ausweitung des Karenzgeldanspruches auf alle Mütter (Väter) sowie Umwandlung des Karenzgeldes zu einer Familienleistung,

Antrag 1117/A der Abgeordneten Dr. Sonja Moser-Starrach und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird;

Finanzausschuß:

Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert werden (1854 der Beilagen),

Bundesgesetz betreffend die Übertragung des Bundesanteils an der Olympia-Eissportzentrum Innsbruck Ges.m.b.H. sowie die Übertragung von unbeweglichem Bundesvermögen (1855 der Beilagen),

Antrag 1122/A (E) der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend Werbeabgabe,

Antrag 1126/A der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, in der geltenden Fassung, geändert wird;

Gesundheitsausschuß:

Bundesgesetz, mit dem das Arzneiwareneinfuhrgesetz geändert wird (1826 der Beilagen),

Antrag 1113/A (E) der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat und Genossen betreffend Sterbebegleitung – Ausbau des Hospiz-Wesens,

Antrag 1123/A (E) der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger und Genossen betreffend Gesundheitsreform;

Justizausschuß:

Strafvollzugsnovelle 1999 (1851 der Beilagen),

Bundesgesetz über Änderungen des Aktiengesetzes, des Handelsgesetzbuchs und des Börsegesetzes zur Erleichterung des Rückerwerbs eigener Aktien – Aktienrückerwerbsgesetz (AReG) (1902 der Beilagen),

Antrag 1137/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozeßordnung vom 1. August 1895, RGBl. Nr. 113, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 21/1999 geändert wird,

Antrag 1138/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozeßordnung vom 1. August 1895, RGBl. Nr. 113, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 21/1999 geändert wird,

Antrag 1144/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch BGBl. 1974/60, zuletzt geändert durch das BGBl. 1998/153, geändert wird;

Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 1110/A (E) der Abgeordneten Georg Schwarzenberger und Genossen betreffend Verbilligung von Dieseltreibstoff für die Land- und Forstwirtschaft,

Antrag 1111/A (E) der Abgeordneten Georg Schwarzenberger und Genossen betreffend Umsetzung des Binnenmarktes für landwirtschaftliche Betriebsmittel,

Antrag 1131/A (E) der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend "Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet";

Umweltausschuß:

Antrag 1120/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz (UFG), BGBl. Nr. 185/1993, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 79/1998, geändert wird;

Unterrichtsausschuß:

Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird (1913 der Beilagen),

Antrag 1127/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen betreffend moderne Erziehungsmittel,

Antrag 1130/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen betreffend Berücksichtigung einer umfassenden Förderung begabter Schülerinnen und Schüler;

Verfassungsausschuß:

Erstes Bundesrechtsbereinigungsgesetz – 1. BRBG (1811 der Beilagen),

Bundesarchivgesetz (1897 der Beilagen),

Antrag 1115/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz der Tiere (Bundes-Tierschutzgesetz – TSchG),

Antrag 1121/A (E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Genossen betreffend Erhöhung und Neuordnung der besonderen Sportförderung,

Antrag 1135/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsstrafgesetz BGBl. 1991/52, zuletzt geändert durch das BGBl. I 1998/158, geändert wird,

Antrag 1136/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsstrafgesetz BGBl. 1991/52, zuletzt geändert durch das BGBl. I 1998/158, geändert wird,

Antrag 1139/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. 50/1991, zuletzt geändert durch das BGBl. 471/1995, geändert wird,

Antrag 1140/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. 50/1991, zuletzt geändert durch das BGBl. 471/1995, geändert wird,

Antrag 1141/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 – EGVG, BGBl. 1991/50, zuletzt geändert durch das BGBl. I 1998/127, geändert wird,

Antrag 1142/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz BGBl. 379/1984, zuletzt geändert durch das BGBl. I 1/1999, geändert wird;

Verkehrsausschuß:

Antrag 1108/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend Ausarbeitung einer familienfreundlichen Regelung bei Personenbeförderungen,

Antrag 1109/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend lenkerfreundlichere Bestimmungen zum Ziehen von Anhängern,

Antrag 1118/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG),

Antrag 1119/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka, Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend die nachhaltige Finanzierung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs,

Antrag 1132/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 – ÖPNRVG 1999);

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Universitäts-Akkreditierungsgesetz – UniAkkG (1914 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsgesetz 1988 geändert wird (1973 der Beilagen),

Antrag 1128/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen betreffend neue Wege in der Forschung,

Antrag 1129/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen betreffend Vollrechtsfähigkeit für die Universitäten;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Wirtschaftsausschuß:

Berufsbildungsbericht 1999 des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (III-197 der Beilagen).

******

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, daß die Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Genossen das Verlangen gestellt haben, die heute eingebrachte schriftliche Anfrage 6443/J der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Stärkung der Familien durch die Einführung eines Kinderbetreuungsschecks zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf dringlich zu behandeln.

Diese Dringliche Anfrage wird um 15 Uhr zum Aufruf gelangen.

Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, daß Frau Abgeordnete Dr. Heide Schmidt beantragt hat, dem Justizausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 490/A der Abgeordneten Dr. Schmidt betreffend Änderung des Mietrechtsgesetzes, BGBl. 81/520, eine Frist bis zum 9. Juli 1999 zu setzen.

In diesem Zusammenhang liegt das von fünf Abgeordneten gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte zu diesem Fristsetzungsantrag durchzuführen. Da soeben die Behandlung einer Dringlichen Anfrage bekanntgegeben wurde, teile ich mit, daß die Kurzdebatte im Anschluß an die Beratungen zur Dringlichen Anfrage stattfinden wird. Unmittelbar danach wird die Abstimmung erfolgen.

*****

Außerdem darf ich mitteilen, daß Frau Abgeordnete Dr. Petrovic beantragt hat, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 1115/A der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz der Tiere eine Frist bis zum 12. Juli 1999 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gelangen.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, von der heutigen Tagesordnung die Punkte 1 bis 35, 36 bis 38, 39 und 40, 41 bis 43, 44 bis 46 sowie 47 bis 55 jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich teile mit, daß in der Präsidialkonferenz Konsens über die Gestaltung der heutigen Debatte in folgender Weise erzielt wurde: Es wurde eine Tagesblockredezeit von 10 "Wiener Stunden" in Aussicht genommen, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 150 Minuten, ÖVP 140 Minuten, FPÖ 130 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 90 Minuten.

Darüber hat der Nationalrat zu entscheiden.

Ich frage daher: Gibt es Einwendungen gegen diesen Vorschlag? – Das ist nicht der Fall. Damit ist einstimmig festgelegt, daß wir in diesem Sinne vorgehen werden.

1. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1766 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Investmentfondsgesetz 1993 und die Bundesabgabenordnung geändert werden und mit dem ein Bundesgesetz, mit dem die Neugründung von Betrieben gefördert wird (Neugründungs-Förderungsgesetz – NEUFÖG), eingeführt wird, weiters das Versicherungsaufsichtsgesetz 1978, das Gerichtsgebührengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996 geändert werden (Steuerreformgesetz 2000) (1858 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird (1859 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 46/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend steuerliche Begünstigung nicht entnommener Gewinne (1860 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 48/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Einführung des Luxemburger Modells (1861 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 277/A der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Vergütung von Energieabgaben (Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996) geändert wird (1862 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 50/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Senkung der Mehrwertsteuersätze (1863 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 82/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Umstellung des Einkommensteuersystems auf ein Familiensplitting (1864 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 116/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Privilegien und Belastungspaket (1865 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 205/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Entsteuerung von Überstunden (1866 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 43/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit durch eine ökologische Reform des österreichischen Steuersystems (1867 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 45/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend indirekte Förderung von Risikokapital (1868 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 47/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend kalte Progression (1869 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 199/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich, Sicherung der internationalen Konkurrenzfähigkeit Österreichs und Reduktion der Arbeitslosigkeit (1870 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 83/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Abschaffung der 13. USt-Vorauszahlung (1874 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 86/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend § 17 Abs. 1 EStG 1988, § 14 Abs. 1 Z 1 UStG 1972, Durchführungserlaß zur gesetzlichen Basispauschalierung, GZ 140602/3-IV/14/94 (1875 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 259/A der Abgeordneten Dkfm. Kurt Ruthofer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 in der geltenden Fassung geändert wird (1876 der Beilagen)

17. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 261/A (E) der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen betreffend Umsetzung des EU-Rechts (1877 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 366/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Änderung des § 116 Abs. 2 EStG – Mietzinsrücklagen (1878 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 468/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Familienheimfahrten (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG) (1879 der Beilagen)

20. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 642/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend steuerliche Entlastung der privaten Pensionsvorsorge (1880 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 696/A der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kapitalverkehrsteuergesetz geändert wird (1882 der Beilagen)

22. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 489/A der Abgeordneten Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Angestelltengesetz 1921 geändert werden (1871 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 442/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden (EURO-Bilanzgesetz) (1881 der Beilagen)

24. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 715/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Bekämpfung der Schattenwirtschaft durch Einführung einer Mehrwertsteuerrückvergütung für private Bauherren (1883 der Beilagen)

25. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 546/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter, Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden (Sanierungsgewinngesetz) (1872 der Beilagen)

26. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 520/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend PensionistInnenabsetzbetrag (1873 der Beilagen)

27. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 961/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend faire Steuern, Arbeit schaffen – Steuern senken (1884 der Beilagen)

28. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 49/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Erhöhung des Investitionsfreibetrages (1885 der Beilagen)

29. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 88/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Grenzgängerregelung, Doppelbesteuerungsabkommen mit der BRD (1886 der Beilagen)

30. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1074/A der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralölsteuergesetz 1995 geändert wird (1887 der Beilagen)

31. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 722/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Deckelung der Energieabgabe für Dienstleistungsunternehmen (1888 der Beilagen)

32. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 766/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Stärkung der Eigenkapitalbasis österreichischer Unternehmen (1889 der Beilagen)

33. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 1016/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Neuregelung des Investitionsfreibetrages (1890 der Beilagen)

34. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag 262/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend steuerliche Absetzmöglichkeiten von Spenden an gemeinnützige, humanitäre Organisationen (1891 der Beilagen)

35. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 968/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (1892 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 1 bis 35 der Tagesordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Es sind dies der Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage in 1766 der Beilagen, Steuerreformgesetz 2000, in 1858 der Beilagen, und der Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird, in 1859 der Beilagen.

Ferner stehen all jene Anträge zur Verhandlung, die Sie in der Tagesordnung der heutigen Sitzung vorfinden. Ich glaube, ich erspare es mir jetzt, mehr als 30 Anträge im einzelnen vorzulesen. Ich darf dazu auf die schriftlich vorliegende Tagesordnung verweisen, in der alle Anträge im einzelnen aufgezählt sind, die wir unter den Tagesordnungspunkten 1 bis 35 gemeinsam verhandeln.

Berichterstatterin des Finanzausschusses ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. Sie hat aber nicht um eine mündliche Berichterstattung ersucht, und das ist ja nach der Geschäftsordnung möglich.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich erteile das Wort dem ersten Kontraredner, Herrn Abgeordnetem Böhacker. Er hat eine freiwillige Redezeit von 15 Minuten vorgeschlagen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.08

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, zunächst ein wenig auf das Procedere der parlamentarischen Behandlung dieses sogenannten Steuerreformgesetzes 2000 einzugehen.

Erstens: Wieder einmal hat diese Bundesregierung nicht davon Abstand genommen, 23 verschiedene Gesetze in einem Sammelgesetz zusammenzufassen. Daß damit der Zugang zum Recht, sozusagen die Rechtszugangssicherheit gefährdet ist, scheint dieser Bundesregierung egal zu sein. Ich verweise darauf, daß nicht zuletzt der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Herr Professor Adamovich, solche Sammelgesetze mehrfach massiv kritisiert hat.

Zweitens: Die Regierung war nicht bereit, auch nur einen einzigen Beistrich an diesem sogenannten Reformgesetz über Antrag und nach dem Willen der Opposition zu ändern. Die gesamten Verhandlungen – beginnend beim informellen Ausschuß über den Finanzausschuß bis zum Unterausschuß – waren daher seitens der Bundesregierung und seitens der Regierungsparteien reine Alibiverhandlungen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Peter.)

Drittens: Die vom Herrn Präsidenten im Zuge der Tagesordnung nicht vorgelesenen 33 Oppositionsanträge, die heute auch in Behandlung stehen, sind in überwiegender Zahl seit fast dreieinhalb Jahren im Parlament eingebracht. Die meisten Anträge stammen von Jänner 1996. Das zeigt das Demokratieverständnis dieser Bundesregierung und dieses Parlaments, es zeigt, wie man mit der Opposition umgeht, wenn man deren Anträge dreieinhalb Jahre lang in der Schublade liegenläßt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Viertens: Angesichts der nicht enden wollenden Kritik an diesem Steuerreformgesetz 2000 haben wir Freiheitlichen im Unterausschuß beantragt, man möge doch unabhängige Experten, Fachleute aus der Wissenschaft und aus den rechtsberatenden Berufen einladen, um ein Hearing durchzuführen.

Die Bundesregierung, die Regierungsparteien waren nicht bereit, diesem Ansinnen nachzugeben. Wahrscheinlich haben sie ein schlechtes Gewissen gehabt (Beifall bei den Freiheitlichen), wahrscheinlich haben sie befürchten müssen, daß die Experten dieses Steuerreformpapier in der Luft zerreißen würden.

Zusammenfassend gesagt: Die parlamentarische Behandlung dieser 33 Oppositionsanträge und dieses Steuerreformgesetzes 2000 ist eine demokratiepolitische Farce gewesen!

Es zeigt sich ja, Herr Bundesminister, wie "wohlvorbereitet" dieses Steuerreformgesetz 2000 ist. Heute um 9.11 Uhr kam der letzte Abänderungsantrag der Abgeordneten Nowotny und Stummvoll zu diesem Steuerreformgesetz. Rund 45 Minuten vor Eingang in die Debatte hat die Regierungsfraktion immer noch eine Änderung an diesem Reformgesetz durchzuführen gehabt! Das ist ein klassisches Beispiel für die schlechte Vorbereitung einer Regierungsvorlage. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Es blieb der sozialdemokratischen Koalitionsregierung vorbehalten, durch eine verfehlte Steuer-, Wirtschafts- und Budgetpolitik Österreich zu einem Hochsteuerland zu machen. Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, tragen die ausschließliche Verantwortung dafür, daß Österreich in die Steuer- und Abgabenfalle getappt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Jahr 1989, dem Jahr der letzten großen Steuerreform, betrug die Abgabenquote noch 41,9 Prozent. 1998 betrug sie bereits rund 45 Prozent. Damit liegt Österreich im Spitzenfeld der Steuer- und Abgabenbelastung. Dazu gibt es zahlreiche Kritiken von internationalen Instituten, unter anderem auch vom FRASER Institute, dem namhafte Ökonomen wie Nobelpreisträger Milton Friedman und Gary S. Becker angehören. Die Abgabenquote von 47 untersuchten Staaten ist nur bei sieben Staaten höher als in Österreich.

Was kann die Konsequenz daraus sein? – Die Konsequenz daraus kann wohl nur lauten – und das ist die Forderung der Freiheitlichen –: eine nachhaltige Absenkung der Steuer- und Abgabenquote unter gleichzeitiger Zurückdrängung der Staatsausgaben, der Staatsquote unter dem Titel "schlanker Staat". (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich stehe nicht an, anerkennend festzuhalten, daß bereits im Jahr 1996, genauer gesagt im Oktober 1996, der damalige Finanzminister Mag. Klima dies erkannt und schon für das Jahr 1999 eine umfassende Steuerreform versprochen und angekündigt hat. – Heute müssen wir dazu sagen: Versprochen und gebrochen.

26. Februar 1997, Finanzminister Edlinger im Plenum: "Ich möchte, daß unser Steuersystem einfacher, durchschaubarer und auch gerechter wird." – Versprochen und gebrochen.

18. September 1997, Finanzminister Edlinger: Mit einer Steuerreform im Jahr 2000 sollen für den Steuerzahler, für den Wirtschaftsstandort Österreich und für die Umwelt im Steuersystem neue Wege beschritten werden. Die kostenmäßige Entlastung des Faktors Arbeit, die Ökologisierung des Systems sind dabei wichtige Vorhaben. – Gut. Versprochen und gebrochen. (Abg. Haigermoser: Wer war das?) – Finanzminister Edlinger.

28. Mai 1998: Die ÖVP verspricht eine steuerliche Entlastung des Mittelstandes durch eine Absenkung der Steuersätze um 2 Prozentpunkte, Entlastung 20 Milliarden Schilling. – Versprochen und gebrochen. (Abg. Dr. Stummvoll: Jetzt sind es halt 17 Milliarden!)

12. November 1998: Minister Edlinger spricht davon, daß die Steuerreform 2000 ein Volumen von 40 bis 50 Milliarden Schilling umfassen soll. – Versprochen und gebrochen.

15. November 1998: Die SPÖ verkündet, daß der allgemeine Absetzbetrag um 4 800 S erhöht wird. – Versprochen und gebrochen.

Herr Kollege Stummvoll, ich erinnere Sie daran ... (Abg. Dr. Stummvoll: Woran?) – Herr Kollege Stummvoll, darf ich Ihnen eines sagen: Gerade Sie versprechen in Ihren Kammervollversammlungen immer alles! Da fordern Sie auch alles, etwa die Abschaffung des 13. Umsatzsteuertermines oder die Abschaffung der Getränkesteuer. Ich kann Ihnen nur eines sagen, Herr Stummvoll: Versprochen und gebrochen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Liste ließe sich ellenlang fortführen – ganz zu schweigen von den gegenseitigen Beschimpfungen der Koalitionspartner im Vorlauf zu dieser sogenannten Steuerreform. Nur ein kleiner Auszug aus den "Freundlichkeiten", die sich die Koalitionsparteien in diesem Vorlauf gegenseitig an den Kopf geworfen haben: "Großer Humbug", "Schlag ins Gesicht der Leistungsgesellschaft", "ÖVP-Vorschläge führen zu einem weiteren Sparpaket", "Verteilungspolitisch inakzeptabel, gesamtwirtschaftlich negativ", "Schlag ins Gesicht von Hunderttausenden mittleren Verdienern".

Schlußendlich hat sich aber herausgestellt, daß das wieder einmal nur ein Scheingefecht war, um im Vorlauf zu den Landtagswahlen die Bürger ruhigzustellen, zu beruhigen und hinters Licht zu führen. Wenn man die gestrige Debatte über die innere Sicherheit, über die Neutralität verfolgt hat, dann hat man gesehen, das Spiel beginnt von vorne! Auch darüber werden wieder Scheingefechte zwischen den Koalitionsparteien geführt, aber nach dem 3. Oktober werden Sie schlußendlich wieder im Faulbett der großen Koalition landen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Noch nie war die Kritik an einem Steuerreformgesetz so massiv und so nachhaltig. (Abg. Edler: Na geh! Böhacker! Hast du schon einmal mit den Arbeitern geredet?) Dieses Reformgesetz verdient in keiner Weise die Bezeichnung "Reform". Selbst die regierungsfreundlichen Gazetten schreiben darüber: Das ist kein großer Wurf. – Kollege Edler, wenn es um Dinge geht, von denen du nichts verstehst, sei bitte etwas ruhiger. Ich bin aber gerne bereit, dir das dann draußen zu erklären, wenn du Zeit hast und willens bist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Was von diesen großspurigen Ankündigungen der Roten und Schwarzen übriggeblieben ist, ist schlicht und ergreifend bestenfalls eine geringfügige Abänderung des Steuertarifs. Und auch dabei hat man noch die komplizierteste aller Optionen gewählt. Was Sie da bieten, ist eine Tarifreform, angereichert mit ein paar steuerpolitischen Placebos – nicht mehr und nicht weniger. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben daher in keiner Weise die von der Bundesregierung selbst gesteckten Ziele erreicht. Dieses Gesetz bringt keine Entlastung bei den Lohnnebenkosten, wie immer wieder gefordert und versprochen wurde. (Abg. Edler: Ich habe geglaubt, ihr seid für die Arbeiter!)

Dieses Gesetz bringt keine Senkung im Bereich der Lohn- und Einkommenssteuer zur Abgeltung der kalten Progression und der Lohnminderung. Dieses Gesetz bringt keine Entrümpelung der Steuerbürokratie. Dieses Gesetz bringt keine Ökologisierung des Steuersystems. Dieses Gesetz bringt keine Investitionsanreize für die Unternehmer, etwa durch die Steuerfreistellung des nichtentnommenen und reinvestierten Gewinnes.

Dieses Gesetz bringt keine Vereinfachung der Steuergesetze, ganz im Gegenteil. Dieses Steuerreformgesetz 2000 ist ein Bürokratiemonster erster Qualität. Dieses Gesetz bringt aber auch keine Verbesserungen für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Ich erinnere etwa an die eingeführte Spekulationssteuer für Aktiengewinne. Alle Experten sagen, das ist ein volkswirtschaftlicher Schwachsinn! Damit wird der österreichische Kapitalmarkt, der Markt, der das Risikokapital beschafft, mit Füßen getreten! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das sollten auch Sie von der linken Reichshälfte zur Kenntnis nehmen. Das ist nämlich nur das sozialdemokratische Placebo, um die Linken in Ihren Reihen zu beruhigen, nicht mehr und nicht weniger!

Dieses Gesetz bringt auch keine Stimulierung der Inlandsnachfrage. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich werde Ihnen das gleich erklären. Dieses Gesetz bringt auch keine effektive Förderung der Eigenkapitalbildung. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie haben das falsche Manuskript!) – Herr Kollege Stummvoll, Sie sagen immer, Sie senden Signale, Sie wollen Zeichen setzen. – Das machen Sie seit Jahrzehnten. Ich weiß nicht, wie viele Signale Sie schon gesendet, wie viele Zeichen Sie schon gesetzt haben. Umgesetzt haben Sie natürlich nichts.

Meine Damen und Herren! Mit einem Satz: Dieses Steuerreformgesetz 2000 ist ein systemloses Flickwerk, ist eine Ansammlung von wohlklingenden Überschriften mit wenig materieller Substanz. Dieses Steuerreformgesetz 2000 ist ein Werk von Zögerern und Zauderern, ist das Ergebnis eines Kollektivs von Mutlosen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ! Sie versuchen in diesem Steuerreformgesetz mit den Methoden von gestern die Probleme von morgen zu lösen. Damit werden Sie aber nachhaltig scheitern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was ist denn nun von den großspurigen Versprechen der Bundesregierung übriggeblieben? – Eine Steuerentlastung zwischen 1 500 und 7 000 S. Aufgepaßt, meine Damen und Herren von den sogenannten Arbeitnehmervertretern (Zwischenruf des Abg. Eder): Ein Durchschnittsverdiener, der im Jahr 1989 20 000 S brutto verdient hat, müßte heute 25 800 S verdienen. Damals hatte er einen Nettobezug von 14 156 S, heute einen von 17 237 S. (Abg. Marizzi: Da war der Haigermoser besser als Wirtschaftssprecher!) Die Bruttobezüge sind demnach um 28,25 Prozent gestiegen, die Nettobezüge jedoch nur um 22 Prozent, die Abzüge allerdings um 44 Prozent. Das ergibt beim Nettolohn einen monatlichen Verlust von 918 S und somit einen Jahresverlust von etwa 11 000 S! Und von diesen 11 000 S geben Sie dem Bürger wieder 4 000 S zurück. Sie sollten sich für eine derart arbeitnehmerfeindliche Steuerpolitik schämen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder: der Bereich der Eigenkapitalzuwachsverzinsung. Herr Kollege Stummvoll! Soll ich Ihnen die Bestimmungen darüber, wie das zu berechnen ist, einmal vorlesen? – Es ist ein schlechter Scherz: Wenn Sie 100 000 S Eigenkapitalzuwachs haben, ersparen Sie sich 800 S an Steuer, die Kosten jedoch machen 3 000 S aus. – Das ist Ihre Politik, Ihre angeblich wirtschaftsfreundliche Politik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder: Abschaffung des 13. Umsatzsteuertermines bei einer Zahllast von 10 000 S. (Abg. Marizzi: Jetzt wird es schön langsam fad!) Das betrifft ein paar kleine Vermieter und Verpachter. Sie aber haben die gesamte Abschaffung des 13. Umsatzsteuertermines versprochen – versprochen und gebrochen, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei!

Ich sage Ihnen folgendes: Wir Freiheitlichen wollen hier einen anderen Weg geben. (Abg. Dr. Lukesch: Das wissen wir!) Wir treten für ein Steuersystem ein, das ... (Abg. Dr. Stummvoll: Eine gefährliche Drohung!) – Das ist keine gefährliche Drohung! Herr Kollege Stummvoll, Sie werden sehr bald draufkommen, daß mit den Methoden von gestern die Probleme von morgen nicht gelöst werden können; absolut nicht. Sie werden noch draufkommen, daß es neuer Wege in Österreich bedarf, um das Steuerproblem in Österreich zu lösen, die ständig steigende Steuer- und Abgabenquote zu senken. (Zwischenruf des Abg. Marizzi.)

Was haben wir denn davon? – Wir haben die höchste Staatsverschuldung, die höchste Steuer- und Abgabenquote (Abg. Hagenhofer: Wir haben das beste Sozialsystem!), die höchsten Arbeitslosenzahlen, nicht finanzierbare Pensionen und ein Ansteigen der Staatsschulden. – Das ist Ihre Politik, und dafür sollten Sie sich schämen! (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Marizzi: Da war der Rosenstingl noch besser! – Abg. Kiss: Der Rosenstingl war besser, eindeutig! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

10.24

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Böhacker war zwar stark in bezug auf die Lautstärke, inhaltlich aber leider wirklich nicht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Offensichtlich haben Sie noch nicht gelernt, daß das rein negative, das undifferenzierte Verurteilen nichts bringt! (Abg. Haigermoser: Vortrag aus dem Bankenbereich! Wie ist das mit der Bankenaufsicht?) Ich glaube, Sie sollten doch auch eine Lehre daraus ziehen, daß Sie am vergangenen Wochenende immerhin 4 Prozent verloren haben. Das muß Ihnen doch zu denken geben und Ihnen zeigen, daß dieser Weg nicht der richtige ist. Nur negativ zu sein wird von den Menschen nicht anerkannt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Einen Vortrag bitte: Wie bewerbe ich mich richtig? Wie fülle ich meine Taschen am besten?)

Im Gegensatz dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren, legen wir heute etwas Positives vor. Die Steuerreform 2000 steht heute zur Beschlußfassung (Abg. Haigermoser: Ja, das wissen wir!), und damit wird in Österreich ein Reformwerk beschlossen werden, das sowohl politisch als auch wirtschaftlich richtig angelegt ist! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Halleluja! – Abg. Böhacker: Glauben Sie das wirklich? Glauben Sie das?) Wirtschaftlich richtig, weil es Impulse in die richtige Richtung bringt. Politisch richtig, weil das eine Steuerreform ist, die auch hält – und das ist sehr wichtig. (Abg. Gaugg: Alle Experten sind dumm!) Das ist eine Steuerreform, bei der wir das Vertrauen der Österreicher und Österreicherinnen nicht mißbrauchen.

Wir können sagen: Diese Steuerreform ist eine ehrliche Steuerreform, die nachher nicht wieder rückgängig gemacht werden muß – wie das bei Ihren Vorschlägen der Fall wäre. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Steuerreform ist eindeutig ein politischer Erfolg dieser Koalitionsregierung! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Haigermoser: Herr Vizepräsident in spe! Hoffentlich hören Ihre zukünftigen Brötchengeber diese Rede!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stehe nicht an zu sagen: Sie ist insbesondere auch ein politischer Erfolg des Finanzministers, der mit Klugheit und mit Festigkeit agiert hat. (Abg. Dr. Krüger: Diese Rede müssen Sie bei der Bewerbung verschweigen!) Ich möchte ihm namens meiner Fraktion ganz besonders für seinen Einsatz danken. Ebenso danke ich den Beamten und Beamtinnen, den Expertinnen und Experten. Sie haben in diesem Bereich viel Arbeit geleistet, die sich für Österreich auszahlt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Diese Rede nicht in den Bewerbungsbogen einlegen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Erfolgsgeheimnis dieser Steuerreform liegt darin, daß man eben nicht versucht hat, allen Wünschen nachzugeben. (Abg. Haigermoser – ein Schriftstück zeigend –: Was sagen Sie dazu, jetzt kommt der Abänderungsantrag?! Das ist Parlamentarismus! – Weitere Zwischenrufe.) Wunschlisten aufstellen, das können sich Oppositionsparteien leisten. Abgeordneter Böhacker hat ja gerade ein Beispiel für lange Wunschlisten geliefert.

Es ist schon interessant, daß die FPÖ von der Hoffnung auf das schlechte Gedächtnis der Wähler und Zuhörer lebt. Es ist auffallend, daß heute zum Beispiel Ihr alter Schlager der "Flat tax" nicht gekommen ist. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist auch eine Totgeburt!) Das freut mich, denn es zeigt, daß Sie lernfähig sind. Sie haben erkannt, daß sie ein Irrweg ist. Das soll anerkannt, aber auch festgehalten werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Haigermoser: Abwarten und Tee trinken! – Weitere Zwischenrufe.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während Oppositionsparteien legitimerweise Wunschkataloge festlegen können (Abg. Haigermoser: Können Sie mir diesen Abänderungsantrag erklären, Herr Professor?), muß eine Regierung Schwerpunkte setzen. Die Schwerpunkte dieser Steuerreform sind: erstens: der Bereich der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen (Abg. Haigermoser: Abkassieren!); zweitens: der Bereich Familie; drittens: der Standort Österreich. (Zwischenruf des Abg. Gaugg.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Bereich der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen kommt es bei der Lohn- und Einkommensteuer zu einer Entlastungswirkung im Ausmaß von 17 Milliarden Schilling. Hören Sie genau zu: Von diesen 17 Milliarden Schilling werden 11 Milliarden Schilling für Personen mit einem Bruttoeinkommen unter 20 000 S verwendet. Das heißt: 70 Prozent der Entlastungswirkung kommen den Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen zugute, über die Negativsteuer auch den Beziehern der kleinsten Einkommen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Böhacker. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Der zweite Schwerpunkt ist die Familienförderung. Bei der Familienförderung wurde eingewandt, daß wir hier dem Urteil ... (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie können nicht Argumente durch Lautstärke ersetzen! Sie müssen auf jeden Fall hier konsequent bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben im Bereich der Familienförderung eine neue Regelung ausgearbeitet, die für jedes Kind in Österreich deutliche Verbesserungen bringt. Ab 1. Jänner 2000 wird es gegenüber dem Jahr 1998 für jedes Kind in Österreich 500 S mehr an Familienförderung geben. Für einkommensschwache Familien, für Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher wird es noch höhere Beträge geben. (Abg. Böhacker: Aber das steht heute nicht zur Debatte! Das ist schon beschlossen! Wo steht das im Steuerreformgesetz? – Präsident Dr. Fischer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Insgesamt ist das ein Aufwand von 12 Milliarden Schilling.

Es ist das, das können Sie doch nicht bestreiten, eine Entlastung der Familien, eine Entlastung der Menschen. (Abg. Böhacker: Sie verkaufen jede Aktion dreimal! Das ist unehrlich!) Und wenn Sie dagegen sind, ist das Ihre Sache! Wir stehen dazu, daß die Menschen in Österreich, gerade die Familien, jetzt massiv entlastet werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich hatte den Eindruck, daß Kollege Böhacker seine Ausführungen darlegen konnte – es hat Zwischenrufe gegeben, das ist in Ordnung. Kollege Nowotny und jeder andere hat das gleiche Recht, seine Ausführungen darlegen zu können. Dabei kann es auch Zwischenrufe geben, aber ein systematisches permanentes Niederschreien, daß man nichts mehr verstehen kann, sollte, glaube ich, nicht toleriert werden. Machen Sie Ihre Zwischenrufe, aber lassen Sie diesen und jeden anderen Redner so reden, daß eine Argumentation möglich ist. Darum darf ich herzlichst bitten.

Herr Abgeordneter Nowotny, setzen Sie bitte fort!

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! Aber wir alle wissen: Es ist ein Zeichen der Schwäche, wenn man nur Lautstärke hat statt Argumenten. Das kennen wir ja bereits. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um Ihnen hier ein ganz konkretes Beispiel zu bringen: Wir werden für die Österreicherinnen und Österreicher dadurch zusätzliche Realeinkommen im Ausmaß von insgesamt 29 Milliarden Schilling kreieren. (Abg. Haigermoser: Gehen Sie mehr in die Tiefe, Herr Kollege!) Für eine Familie mit zwei Kindern, in der ein Verdiener 20 000 S, der zweite 15 000 S erhält, bedeutet das eine jährliche Entlastung von 22 235 S, also von fast 2 000 S im Monat! Das ist konkrete Hilfe für die Familien, für die Menschen in Österreich, und dazu stehen wir! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der dritte Bereich ist die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur zwei Punkte herausgreifen, die mir besonders wichtig sind. Der erste Punkt ist die Anhebung des steuerlichen Forschungsfreibetrages, womit wir, glaube ich, einen wichtigen Akzent gesetzt haben.

Der zweite Punkt ist die Anhebung des Lehrlingsfreibetrags von 20 000 auf 60 000 S – eine massive Prämie für Unternehmen, die Lehrlinge ausbilden.

In dem Abänderungsantrag, den wir jetzt eingebracht haben und der Ihnen schriftlich vorliegt, geht es genau darum, hier noch weitere Verbesserungen durchzuführen. Ich ersuche, diesen Abänderungsantrag in die Verhandlungen mit einzubeziehen. (Abg. Gaugg: Da kommen Sie aber spät drauf!)

Insgesamt geht es hier um ein enormes Programm für die jungen Menschen in Österreich. Ich gebe zu: Es ist das ein teures Programm!

Kollege Böhacker hat hier liberal-konservative Ökonomen zitiert, die alle für einen schlanken Staat sind, die alle dafür sind, daß man möglichst viele Staatsausgaben abbaut. Dazu kann ich nur sagen: Schauen Sie sich an, wie dort die Jugendarbeitslosigkeit ausschaut. In vielen Staaten gibt es Jugendarbeitslosigkeitsraten von 20 Prozent, 15 Prozent – in Österreich liegt sie bei 4,6 Prozent. Das bedeutet, die jungen Menschen in Österreich haben durch unsere konkrete Politik eine Perspektive bekommen. Wir haben ein Abgleiten in die Jugendarbeitslosigkeit verhindert (Zwischenruf des Abg. Böhacker) und damit für Zehntausende junge Menschen Schritte gesetzt, die für ihr gesamtes Leben wichtig sind, und darauf können und sollten wir gemeinsam stolz sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann zusammenfassen: Diese Steuerreform ist gerecht; gerecht, weil sie den Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen zugute kommt. Diese Steuerreform ist wirtschaftlich vernünftig. Diese Steuerreform ist solid finanziert, das heißt, es ist eine dauerhafte Steuerreform.

Andere Parteien mögen Wunschkataloge aufstellen, wir haben mit dieser Steuerreform konkret gehandelt. Wir haben damit einen Schritt für Österreich gesetzt, für die Österreicher und Österreicherinnen und für die österreichische Wirtschaft. (Anhaltender Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Haigermoser: Halleluja!)

10.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll zum Bericht des Finanzausschusses, auf den der Redner Bezug genommen hat, ist schriftlich verteilt worden, steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen zum Bericht des Finanzausschusses (1858 der Beilagen) betreffend die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Investmentfondsgesetz 1993 und die Bundesabgabenordnung geändert werden und mit dem ein Bundesgesetz, mit dem die Neugründung von Betrieben gefördert wird (Neugründungs-Förderungsgesetz – NEUFÖG), eingeführt wird, weiters das Versicherungsaufsichtsgesetz 1978, das Gerichtsgebührengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten- Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996 und das Normverbrauchsabgabegesetz geändert werden (Steuerreformgesetz 2000) – (1776 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Das Gesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Investmentfondsgesetz 1993 und die Bundesabgabenordnung geändert werden und mit dem ein Bundesgesetz, mit dem die Neugründung von Betrieben gefördert wird (Neugründungs-Förderungsgesetz – NEUFÖG), eingeführt wird, weiters das Versicherungsaufsichtsgesetz 1978, das Gerichtsgebührengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten- Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996 und das Normverbrauchsabgabegesetz geändert werden (Steuerreformgesetz 2000) – (1776 der Beilagen), in der Fassung des Ausschußberichtes (1858 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel I Z 28 lautet § 124b Z 31 letzter Satz:

"Die vorstehenden Bestimmungen sind ab 1. Jänner 2000 und nur für Lehrverhältnisse anzuwenden, die vor dem 1. Jänner 2003 begonnen haben."

2. In Artikel I Z 30 tritt im § 124b Z 43 an die Stelle der Zitierung "§ 25 Abs. 1 Z 1 lit. a, Z 2 lit. a und Z 3 lit. a" die Zitierung "§ 25 Abs 1 Z 2 lit. a und Z 3 lit. a".

3. In Artikel XIII Z 7 lit. c wird in § 42 Abs. 4 folgender Satz angefügt:

"Der Abzug unterbleibt, wenn der Steuerpflichtige dem Kreditinstitut eine Bestätigung der Abgabenbehörde vorlegt, daß er seiner Offenlegungspflicht in Bezug auf den Anteil nachgekommen ist."

4. In Artikel XIV wird als Z 1a eingefügt:

"1a. In § 158 Abs. 4 lautet der erste Satz:

,Für Zwecke der Abgabenerhebung sind die Abgabenbehörden berechtigt, auf automationsunterstütztem Weg Einsicht in das automationsunterstützt geführte Grundbuch, in das automationsunterstützt geführte Firmenbuch, in das automationsunterstützt geführte Zentrale Melderegister, in das automationsunterstützt geführte zentrale Gewerberegister und in das automationsunterstützt geführte zentrale Zulassungsregister für Kraftfahrzeuge gemäß § 47 Absatz 4 des Kraftfahrgesetzes 1967 zu nehmen.‘"

5. In Artikel XV erhält der bisherige § 7 die Bezeichnung § 8 und es wird folgender § 7 samt Überschrift eingefügt:

"Amtshilfe

§ 7. (1) Die gesetzlichen Berufsvertretungen und die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sind verpflichtet, Abschriften der amtlichen Vordrucke, auf denen Bestätigungen im Sinne des § 4 angebracht worden sind, herzustellen und sieben Jahre ab Ende des Jahres, in dem die Bestätigung angebracht worden ist, aufzubewahren.

(2) Die gesetzlichen Berufsvertretungen und die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sind verpflichtet, den für die Erhebung der in § 1 genannten Abgaben, Gebühren und Beiträge zuständigen Institutionen auf Verlangen Auskünfte zu erteilen, die zur Vollziehung dieses Gesetzes erforderlich sind.

(3) Die für die Erhebung der in § 1 genannten Abgaben, Gebühren und Beiträge zuständigen Institutionen sind berechtigt, den jeweils zuständigen Institutionen Umstände mitzuteilen, die dafür sprechen, daß die Voraussetzungen für eine geltend gemachte Befreiung nicht oder nicht mehr vorliegen."

6. In Artikel XVII lautet die Z 5:

"5. In § 25 Abs. 1 lit a entfällt die Wortfolge ,im Falle des § 38 lit. c GBG 1955 derjenige, gegen den sich die Eintragung richtet,‘"

7. In Artikel XXIV werden nach der Z 2 folgende Z 2a und 2b eingefügt:

"2a. Im § 8 Abs. 1 wird die Zeile

,Umsatzsteuer69,05018,57712,373‘

durch die Zeile

,Umsatzsteuer69,05218,57712,371‘

ersetzt.

2b. § 15 Abs. 4 lautet:

,(4) Das Entgelt im Sinne des Abs. 3 Z 2 ist nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 zu bemessen. Nicht zum Entgelt gehören die Umsatzsteuer, das tatsächlich bezahlte Bedienungsgeld, soweit es 12 vH des speiseeis- bzw. getränkesteuerpflichtigen Restaurationsumsatzes exkl. Umsatzsteuer nicht übersteigt, und die Getränkesteuer. Soweit bei Restaurationsumsätzen eine Berücksichtigung von Bedienungsgeld nicht möglich ist, weil die Entlohnung des Personals nicht über ein Bedienungsgeld erfolgt, sind von dieser Bemessungsgrundlage 12 vH des speiseeis- bzw. getränkesteuerpflichtigen Restaurationsumsatzes exkl. Umsatzsteuer abzuziehen.‘"

8. In Artikel XXIV lautet die Z 4:

"4. Nach dem § 23 Abs. 3f wird folgender Abs. 3g eingefügt:

,(3g) § 8 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/1999 tritt mit 1. Jänner 1999, § 6 Abs. 1 Z 1, § 7 Abs. 1, § 15 Abs. 4 und § 21a Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/1999 treten mit 1. Jänner 2000 in Kraft. Die Leistung der Vorschüsse auf die Ertragsanteile der Länder und Gemeinden gemäß § 11 Abs. 1 ist ehestmöglich auf die Berechnung der Ertragsanteile gemäß § 8 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/1999 umzustellen.‘"

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Helmut Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.34

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Professor Nowotny, ich weiß nicht, ob Sie sich im Lob Ihres eigenen Werkes nicht ein bißchen überstiegen haben. Sie waren nahe daran, von einem Markstein der europäischen Finanzgeschichte zu sprechen, und das ist doch ein bißchen dick aufgetragen. (Abg. Dr. Nowotny: Nur habe ich es nicht getan!)

Sie bezeichnen es als Reformwerk. Ich mache Ihnen jetzt einen Vorschlag: Wir beide lesen nach, was im "Brockhaus" zum Begriff "Reform" steht. Solche Wortspiele sind ja ganz interessant.

Der "Brockhaus" sagt uns, daß eine Reform eine planmäßige Umgestaltung, Verbesserung und Neuordnung des Bestehenden ist. "Brockhaus" läßt uns weiter wissen, daß staatliche Reformpolitik in der Regel das Ziel hat, ein bestehendes politisches System an politische oder gesellschaftliche Veränderungen anzupassen.

Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Genau das ist aber leider mit dem von Nowotny so gerühmten Reformwerk nicht geschehen. Selbstverständlich handelt es sich um eine Tarifkorrektur, die zu einer Steigerung der privaten Nettoeinkommen führt – das ist ja gar keine Frage! –, jedoch um eine Tarifkorrektur, die nur einen Teil der kalten Progression weitergibt, wenn man die Belastung der Masseneinkommen in den letzten zehn Jahren verfolgt.

Es ist nicht mehr und nicht weniger, meine Damen und Herren, als eine Systemkosmetik, die das Ziel hat – was ich aus Ihrer parteipolitischen Sicht verstehe; Sie sind an der Macht, in der Regierung, aber für das Land ist es nicht gut –, sich am 3. Oktober Dankbarkeit von allen Bevölkerungsgruppen abzuholen. Die Landwirte bekommen 1,2 Milliarden, 500 Millionen bekommen diese, 500 Millionen jene, und jeder, vom Wirtschaftsbund bis zur Arbeiterkammer, kann dann zu irgendeiner Versammlung gehen und sagen: Schaut, liebe Freunde, welche Geschenke ich euch mitgebracht habe!

Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Ist das wirklich Ihr einziger Anspruch an die Politik? Glauben Sie wirklich, daß das das von Nowotny so gerühmte Reformwerk ist? – Ich bin nicht dieser Auffassung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie haben sich die Aufgaben, die Sie erledigen wollten, selbst gesetzt, Herr Professor! Sie haben eine Steuerreformkommission eingesetzt, und Sie haben dieser Steuerreformkommission auch eine begleitende Kontrolle mitgegeben, eine begleitende Kontrolle in Form von zwei anerkannten Fachleuten: Professor Lukesch und Professor Nowotny, als "Bremsfallschirme" der Koalition, damit Ihnen die Steuerreformkommission nicht Vorgaben macht, die Sie nicht erfüllen können. Auch dafür habe ich noch Verständnis, aber können Sie, Herr Professor Lukesch oder Herr Professor Nowotny, mir sagen, welche der Anregungen der Steuerreformkommission wirklich von Ihnen umgesetzt wurden? (Abg. Dr. Lukesch: Na selbstverständlich! – Abg. Dr. Höchtl: Professor Lukesch wird das im einzelnen erklären!) – Dann kommen Sie hier heraus und sagen Sie, was die Steuerreformkommission vorgeschlagen hat und was Sie davon umgesetzt haben! Wenn Sie dann immer noch den Mut haben, zu sagen, das wäre ein Reformwerk, dann zeihe ich Sie der Realitätsverweigerung – und das mit gutem Recht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir haben aus dem "Brockhaus" gehört – es ist gar nicht schlecht, ab und zu einmal in einer Enzyklopädie zu lesen –, daß eine Reform die Anpassung an einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel ist. Haben Sie nicht bemerkt, daß wir eine neue Arbeitswelt haben, wo die Belastung des Faktors Arbeit eine große Rolle spielt? Finden Sie irgendeine Form der Entlastung des Faktors Arbeit in Ihrer sogenannten Reform?

Ich habe hier das "WirtschaftsBlatt" vom 3. März 1999: "Keine Steuerreform ohne Senkung der Lohnnebenkosten". – Ich verstehe schon, warum Leopold Maderthaner heute nicht hier ist, er müßte ja dagegen stimmen, denn Leopold Maderthaner hat allen Unternehmern Österreichs deutlich versprochen: Keine Steuerreform ohne Senkung der Lohnnebenkosten! – Herr Bundesminister (der Redner zeigt Bundesminister Edlinger die Überschrift im "WirtschaftsBlatt"), für Sie zur Prüfung. (Bundesminister Edlinger: Ich lese die Zeitung nicht!) – Er darf also nicht zustimmen, oder er hat seine WählerInnen falsch informiert.

Dieses sogenannte Reformwerk gibt keine Antwort auf den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel der neuen Arbeitswelt, keine Antwort auf die steigende Finanzierungsproblematik der sozialen Netze, insbesondere in der Frage der Gesundheits- und der Altersvorsorge.

Glauben Sie wirklich, daß Sie jetzt, nachdem Sie die Absetzbarkeit der privaten Pensionsvorsorge mit dem Steuerreformpaket 1996 nahezu auf Null reduziert haben, mit einem Prämiensystem in der Höhe von 619 S im Jahr die Altersvorsorge auf eigene Beine stellen werden? – Sie werden mir sagen: ein erster Schritt. Ich sage Ihnen: Das ist nicht einmal ein Schrittchen! Das ist nur der gute Wille – ich möchte, aber ich kann nicht.

Die ungelöste ökologische Aufgabe ist ein gesellschaftliches Problem. Die Ökologisierung des Steuersystems kommt schlicht und einfach nicht vor.

Herr Bundesminister! Sie waren es, der uns mehrfach Hoffnung gemacht hat, daß Sie in der Lage sein werden, hier Reformschritte einzuleiten. Aber Sie legen hier ein Steuerpaket vor, das kein Reformpaket ist, weil es keinen Wandel mit sich bringt, und Sie haben keine Antwort auf ein unkontrolliertes Wachsen der Finanzmärkte, das uns Liberalen große Sorge macht, außer einer sogenannten Gemeindebausteuer. Ich bin überzeugt davon, Herr Bundesminister: Sie werden sie jetzt schlummern lassen bis zum 4. Oktober, da hat sie ihre Aufgabe erfüllt, und dann werden Sie sie sterben lassen, weil Sie als gescheiter Mensch wissen, daß sie nicht erfüllbar ist. Eine Steuer, deren Einhebung mehr kostet, als sie bringt, werden nicht einmal Sie einführen.

Sagen Sie doch: Das ist eine Wahlkampfsteuer, die wir bis zum 3. Oktober brauchen, dann ist der Gemeindebau zufrieden, und dann schaffen wir sie wieder ab. – Das wird der Weg sein, den Sie gehen.

Sie haben also auf alle vier wesentlichen Fragen – Arbeitswelt, soziale Netze, Ökologisierung, Finanzmärkte – keine Antwort gehabt. Und wenn Sie, Herr Professor Nowotny, das Reform nennen, dann bewundere ich Ihren Mut oder fürchte mich eigentlich vor Ihrer Selbstüberschätzung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Es fehlt nicht an internationalen Beispielen dafür, was man im Umfeld der Europäischen Union tun könnte, an positiven Beispielen, an Vorbildern, an Vorreitern, die zeigen, wie man Beschäftigung erhöht, wie man Ausgaben reduziert und Defizite abbaut.

Nehmen Sie Holland! Anhand dieses Beispiels können wir im Drittvergleich hinsichtlich der Arbeitswelt lernen, etwa bei Best Practice. Nehmen Sie Dänemark! Da können wir lernen ... (Abg. Dr. Lukesch: Die haben eine höhere Arbeitslosenrate als wir, sie haben sie nur abgeschwächt!) – Ich weiß nicht, ob wir zwei jetzt darüber diskutieren müssen, wie hoch die Arbeitslosenrate in Österreich wirklich ist. Dieter, du weißt und ich weiß, daß man angesichts von 214 000 Frühpensionisten natürlich eine andere Form gewählt hat, Arbeitslose zu "parken". Aber das Problem besteht nach wie vor. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist momentan auch der Fall!)

In Dänemark können wir uns Vorbilder bezüglich der Ökologisierung des Steuersystems nehmen. Deutschland hat trotz der Wiedervereinigung, trotz dieser vielen 100 Milliarden an Aufwendungen eine niedrigere Staatsquote als Österreich. Großbritannien kann uns ebenfalls als Vorbild dienen. (Abg. Dr. Nowotny: Und was haben sie davon?) – Herr Professor! Ich komme noch dazu. Sie haben größere Spielräume ... (Abg. Dr. Nowotny: Höhere Arbeitslosigkeit! Doppelt so hoch!)

Herr Professor! Nehmen Sie doch endlich einmal zur Kenntnis, daß es eine absolute Desinformation der österreichischen Bevölkerung ist, wenn Sie aus Arbeitslosenstatistiken vorlesen, die nicht drittvergleichsfähig sind. 214 000 Frühpensionisten, mittlerweile sind es an die 220 000, sind drittvergleichsfähig (Abg. Dr. Nowotny: Die Erwerbsquote ist ja höher!) selbstverständlich der Arbeitslosigkeit zuzurechnen. Das wissen Sie. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Lukesch: Skandalös!)

Es ist nicht skandalös, wenn man anderer Meinung ist, Herr Professor Lukesch! Der hohe Thron des Professors sollte nicht zu Überheblichkeit animieren.

Gehen wir weiter im Drittvergleich! Irland hat sicherlich viele EU-Förderungen bekommen. Beim Wirtschaftswachstum kann es uns ein Vorbild sein. Finnland und Schweden sollten uns Vorbilder beim Defizitabbau sein. Ich glaube, ... (Bundesminister Edlinger: Höhere Steuerquote!) – Herr Finanzminister! Sie haben recht, diese Länder haben eine hohe Steuerquote, aber sie haben die Steuerquote gesenkt und das Defizit abgebaut. Diese zwei Länder haben beides geschafft. Sie haben das Defizit jedoch noch nicht abgebaut, es steigt weiter, und Sie haben die Steuer- und Abgabenquote in den letzten zehn Jahren – für die letzten drei Jahre der Finanzpolitik sind Sie verantwortlich – laufend angehoben.

Das ist ja das Problem, daß wir Anfang der neunziger Jahre eine Steuer- und Abgabenquote in Österreich in der Höhe von etwas über 40 Prozent hatten, diese aber heute bei 45 Prozent liegt. Da ist leicht wirtschaften, Herr Finanzminister, wenn man laufend neue Einnahmen erschließt. Es ist wohl die Kunst Ihrer Politik, dies zu tun, ohne daß es einen Aufstand in der Bevölkerung gibt.

Ich meine, daß man nach der Steuerreformkommission, der es verboten war, über Ausgabeneinsparungen nachzudenken, eine Ausgabenreformkommission einsetzen sollte. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich bringe daher den Entschließungsantrag betreffend Einsetzung einer Ausgabenreformkommission ein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Peter! Dieser Entschließungsantrag liegt dem Präsidium nicht vor. Ich kann daher die Ordnungsgemäßheit der Einbringung nicht kontrollieren. Ich bitte, sogleich den Antrag vorzulegen. Setzen Sie fort, bitte!

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (fortsetzend): Danke.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und PartnerInnen betreffend Einsetzung einer Ausgabenreformkommission

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, ehebaldigst, spätestens aber bis zum 1. September 1999 eine Ausgabenreformkommission einzusetzen. Diese soll aus Steuer- und Budgetexperten sowie Experten des Verwaltungsmanagements bestehen. Die Kommission soll Vorschläge zu folgenden Themenbereichen erarbeiten:

Senkung der Ausgaben des Bundes, um bis zum Jahr 2005 die Abgabenquote auf das Niveau der beginnenden neunziger Jahre zurückführen zu können.

Schaffung von budgetären Spielräumen, um eine substantielle Entlastung des Faktors Arbeit zu ermöglichen.

Einarbeitung und Weiterentwicklung der Ergebnisse der Steuerreformkommission als Voraussetzung für eine Neuordnung der staatlichen Einnahmen in den nächsten fünf Jahren."

*****

Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Bundesminister! Es geht einfach darum zu verstehen, daß dieses Land Österreich funktioniert. Es ist nicht selbstverständlich, daß ein Land eine funktionierende Verwaltung hat. Aber Sie müssen sich die Frage gefallen lassen, zu welchen Kosten dieses Land funktioniert. Der Drittvergleich bezüglich des Anteils der öffentlich Bediensteten an den Beschäftigten beträgt nun einmal 22 je 100 in Österreich, 16 je 100 in Bayern und 11 je 100 in der Schweiz. Dabei sind immer Länder, Bund und Kantone drittvergleichsfähig zusammengefaßt. Sie müssen doch einmal den Mut haben zu hinterfragen, warum die wirklich gute Leistung der Verwaltung, die sie erbringt, so viel kostet.

Wir können uns auch folgende Fragen stellen: Warum kosten Transfers in ihrer nicht sozialen Staffelung so viel? Welche Möglichkeiten gibt es, Förderungen einzuschränken, wenn man über eine Senkung der Ausgaben auch eine Senkung des Steuerniveaus erreicht und damit den Menschen mehr reale Kaufkraft, mehr Nettokaufkraft gibt? – Sie tun das ja mit Ihrer Tarifsenkung, aber eben nur zum Teil und erreichen nicht annähernd das, was möglich wäre.

Die gesamte Gesetzesvorlage im Detail durchzugehen, erlaubt weder die Zeit, noch ist es sinnvoll. Dennoch wenige Punkte:

Die Tarifkorrektur habe ich angesprochen; sie müßte eigentlich mit der Familienreform in der Größenordnung von rund 42 Milliarden Schilling liegen, wenn Sie die Belastung der Masseneinkommen auf jenes Niveau zurückführen wollten, das Sie prozentmäßig im Jahre 1990 hatten. Natürlich wird auch diese Reform mit 17 beziehungsweise 12 Milliarden kaufkraftstärkend wirken. Das ist keine Frage und selbstverständlich, denn sonst müßten Sie die Steuer- und Abgabenquote laufend weiter erhöhen.

Die Eigenkapitalförderung, die Sie vorschlagen, kann ich wirklich nur als Scherz bezeichnen. Sie ist ein Scherz, sie ist ein bürokratischer Wildwuchs, und sie ist einfach unbrauchbar. Das wissen Sie doch selber.

Über die Spekulationssteuer habe ich mich schon geäußert.

Das NEUFÖG halte ich für interessant. Das NEUFÖG halte ich deswegen für interessant, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, weil Sie erstmals anerkennen, daß es einen direkten Zusammenhang zwischen Steuern und Abgaben auf Arbeit und Beschäftigung gibt. Ansonsten würden Sie das NEUFÖG ja nicht beschließen. Zweitens erkennen Sie erstmals zu, daß ein Zusammenhang zwischen staatlichen Gebühren und Belastungen und Unternehmenserfolg besteht, denn sonst würden Sie ja die Jungunternehmen nicht davon entlasten.

Aber glauben Sie wirklich, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, daß das nur im ersten Jahr der Unternehmensgründung gilt? Glauben Sie das wirklich? Haben Sie einmal die Größenklassen der österreichischen Unternehmungen untersucht? Österreichische Unternehmungen mit 5 bis 9 Mitarbeitern wachsen eigentlich unterproportional. Offensichtlich haben sie keinen Anreiz zu wachsen. Es entstehen viel zu wenige Mittelbetriebe aus den Kleinbetrieben, die man durch zu viele Vorschriften und Bürokratie letztlich frustriert.

Ob das NEUFÖG Wirkungen zeigen wird, weiß ich nicht. Es ist sicherlich ein positiver Ansatz, aber ich meine, wir sollten es zum Anlaß nehmen, prinzipiell über die Frage der Arbeitskostenbelastung nachzudenken. Sie wissen ja, in Österreich betragen die direkten Steuern auf die Arbeit 2,8 Prozent des BIP. Der Durchschnitt in der Europäischen Union liegt bei 0,7 Prozent. Herr Bundesminister! Da wäre Reformbedarf gegeben, wenn Sie ein Paket vorlegen, das den Namen "Steuerreform" verdienen soll. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Positive Ansätze sind selbstverständlich in diesem Paket enthalten – gar keine Frage. Das müssen sie ja sein, das ist anders gar nicht möglich. Freibeträge für Forschung, Ausbildung und Lehrlingsausbildung sind positive Ansätze. Aber Sie müssen eben folgendes wissen: Ein hohes Steuerniveau verlangt Ausnahmen, die dort und da fördernd eingreifen. Ich kann mich daran erinnern, daß uns Finanzminister Klima vor vier Jahren noch wissen ließ, daß es viel sinnvoller wäre, die Ausnahmen zu streichen und die Steuersätze zu senken.

Herr Bundesminister! Sie wissen, daß der Weg, Ausnahmen zu streichen, Förderungen zu reduzieren, dafür aber das Steuerniveau insgesamt zu reduzieren, nicht nur bürokratieentlastend ist, sondern daß das auch jener Weg ist, den viele Ihrer Kollegen in Europa gehen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.) Ich glaube, die Harmonisierung des Steuersystems wird in Europa nicht auf einem hohen Level von Steuern mit vielen Ausnahmen und Dankbarkeiten stattfinden, sondern ich bin davon überzeugt, daß die Harmonisierung des Steuersystems, die Entwicklung in der Zukunft in die Richtung gehen wird, daß man niedrigere Sätze unter Weglassung von Förderungen und Transferleistungen haben wird. Allerdings – ich betone das noch einmal – verstehe ich schon, daß Sie sich dann weniger politische Dankbarkeiten abholen können.

Es wird Sie daher nicht wundern, wenn wir dieses Steuerreformpaket insgesamt ablehnen. Ich möchte aber trotzdem noch einen Dank bezüglich des Abänderungsantrages aussprechen. Herrn Kollegen Stummvoll ist es in Verhandlungen mit dem Herrn Finanzminister gelungen, diese Unsinnigkeit im Bereich der Besteuerung der Bedienungsentgelte im getränkesteuerlichen Bereich zu eliminieren. Dabei ging es ganz einfach darum, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, daß, wenn Betriebe von Garantielöhnen auf Festlöhne umgestellt haben, sie auf einmal mehr Getränkesteuer bezahlen mußten. Das macht keinen Sinn. Das wurde repariert. Ich möchte mich dafür ausdrücklich bei Ihnen bedanken.

Was soll ich Ihnen zu den übrigen 34 Punkten, die auf der Tagesordnung stehen, sagen? – 33 davon sind Oppositionsanträge. Ich weiß schon, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, die Opposition stört, aber dazu ist sie in der Demokratie da. Sie stört Sie. (Abg. Tichy-Schreder: Sie stören überhaupt nicht! Im Gegenteil!) Und diese Opposition denkt sogar noch nach. Sie zerbricht sich sogar noch den Kopf und überlegt sich auch ... (Abg. Tichy-Schreder: Vielleicht stören wir Sie! Das wird der Fall sein!)

Da gibt es offensichtlich Abgeordnete der Grünen, der Freiheitlichen und der Liberalen, die sich den Kopf zerbrechen, die sagen, welche Reformschritte in Österreich gesetzt werden sollten. Ihre Strategie ist aber dieselbe wie früher: Sie sammeln die Anträge über drei Jahre hinweg, hudeln sie in einem Unterausschuß durch, arbeiten sie im wahrsten Sinne des Wortes in einem Ausschuß ab und stellen sie gelegentlich zur Diskussion, in der dann 35 Tagesordnungspunkte unter einem verhandelt werden.

Ich weiß nicht, ob die Oppositionsabgeordneten lauter einfallslose, bösartige und verantwortungslose Gesellen sind, die nur dazu da sind, die Regierung zu ärgern. Ich glaube, ganz im Gegenteil: Auch da wäre einiges an qualitativem Geistespotential zu heben.

In diesem Sinne lassen Sie mich humorvoll mit Ludwig Thoma schließen – aus der Sicht des Oppositionsabgeordneten. Josef Filser hat in seinen Landtagsbriefen seiner Frau nach Hause geschrieben, wie es ihm im Königlichen Bayerischen Landtag geht. Er war bei der Christlichen Volkspartei, und die "bösen" Liberalen haben ihn immer geärgert. Daraufhin hat er seiner Frau heim geschrieben: "Waßt was: Die Bleder’n samma scho – aber die Mehrer’n a!" – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte. (Abg. Dr. Stummvoll begibt sich zum Rednerpult und plaziert auf diesem – unter dem Beifall der ÖVP-Abgeordneten – ein großes weißes Porzellansparschwein, aus dem 1 000- und 5 000-S-Scheine herausragen. Das Sparschwein trägt die Aufschrift: "22 000 S netto mehr für eine Familie". – Ruf: Jetzt kommt Schwung in die Bude!)

10.51

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute die Steuerreform 2000 hier im Plenum diskutieren, dann gibt es zwei Ansätze für diese Diskussion. Man kann diese Steuerreform nämlich auf Basis der Definition des "Brockhaus" diskutieren – oder aber aus der Sicht des Steuerzahlers. – Ich jedenfalls fühle mich viel mehr als Anwalt des Steuerzahlers denn als Anwalt eines Lexikon-Herausgebers, Herr Kollege Peter! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny. – Zwischenruf des Abg. Smolle.)

Ich weiß schon, daß es Finanzwissenschafter und Finanztheoretiker gibt, die sagen: Ist das überhaupt eine Reform? Ist das eine große, eine mittlere oder eine kleine Reform? – Ich muß ganz ehrlich sagen: In vielen Gesprächen mit den Bürgern habe ich jedenfalls die Erfahrung gemacht: Das einzige, was den Bürger und Steuerzahler interessiert, ist: Was zahle ich weniger an Steuern? Und die Antwort auf diese Frage lautet, daß diese Steuerreform 2000 das größte Steuersenkungsprogramm in der Geschichte der Zweiten Republik ist! (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Zusammenhang darf ich an die große Steuerreform 1988 erinnern. Senkungsvolumen:14 Milliarden Schilling. Ich darf weiters an die große Steuerreform 1993 erinnern. Senkungsvolumen: 17 Milliarden Schilling. – Das heißt, die nunmehrige Steuerreform, inklusive Familienpaket, bringt soviel steuerliche Entlastung wie die beiden zuvor genannten großen Reformen zusammen. Das ist ein Steuersenkungsprogramm, wie es in Österreich noch nie eines gegeben hat, Herr Kollege Peter! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich freue mich auch darüber, daß mit dieser Steuerreform 2000 eine Reihe fundamentaler Grundsätze der ÖVP berücksichtigt wird. Erster Grundsatz: mehr Geld in der Hand des Bürgers – und weniger Geld in der Hand des Staates. Dazu bekennen wir uns, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweiter Grundsatz: mehr Steuergerechtigkeit für die Familie. Der Hauptgewinner dieser Steuerreform sind die Familien. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Dazu folgendes Beispiel, meine Damen und Herren: eine Familie mit zwei Kindern, und zwar 16 und 20 Jahre alt. Die Mutter verdient 15 000 S brutto, der Vater 20 000 S brutto. – Das ergibt eine jährliche Steuerersparnis in der Höhe von 22 000 S durch die Steuerreform! Das ist ein echtes Steuersenkungsprogramm! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haller: Protzen Sie nicht damit! Das haben Sie nicht freiwillig gemacht!)

Dritter Grundsatz: Wir von der ÖVP bekennen uns dazu – auch steuerpolitisch –: Leistung muß sich lohnen! Leistung muß sich lohnen, meine Damen und Herren! Es ist uns von der ÖVP gelungen, hinsichtlich dieses ursprünglich gleichmacherischen Ansatzes der Steuerreform – jeder bekommt 4 000 S! – eine Entzerrung zu erreichen. Das heißt, es gibt nun eine Bandbreite von 1 500 bis 7 000 S im Steuertarif.

Wir sind überzeugt davon, meine Damen und Herren, daß der Staatsbürger einfach mehr Spielraum für die Verwendung seines Arbeitseinkommens haben soll und wir ihn nicht bevormunden sollten. Wir verschenken aber dabei gar nichts, sondern geben dem Bürger und Steuerzahler nur jenes Geld zurück, das er sonst bezahlen müßte, wenn wir diese Reform nicht machen würden. Das ist mir wichtiger, Herr Kollege Peter, als eine Definition à la "Brockhaus". (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.)

Vierter Grundsatz – wir haben ihn immer wieder getrommelt, möchte ich fast sagen –: Nur Wirtschaft schafft Arbeit! Daher wird jetzt eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, die ganz wichtige Signale und Schritte für die Wirtschaft sind. Ich führe nur als Beispiel folgendes an, Herr Kollege Peter – das ist der Unterschied zwischen Oppositionsforderungen und Realität, die Balance zwischen Budgetkonsolidierung und Steuersenkung –: Jungunternehmer haben im ersten Betriebsjahr 7 Prozent an Lohnnebenkosten weniger. Natürlich wäre mir ein höherer Prozentsatz lieber! Mir wäre noch lieber, wenn Jungunternehmer überhaupt keine Lohnnebenkosten zahlen müßten. Aber man muß doch bitte auf dem Boden der Realität bleiben! Jedenfalls ist das ein erster wichtiger Schritt: für Jungunternehmer 7 Prozent an Lohnnebenkosten weniger. Wir brauchen mehr junge Unternehmer! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Marizzi. – Abg. Mag. Peter: Und das ist selbst zuwenig!)

In Österreich gibt es – ich bekenne mich dazu – immer noch zu wenige Unternehmer und zu viel Bürokratie. Da müssen wir ansetzen, und diese Steuerreform ist ein ganz wichtiger Schritt dazu.

Sie, Herr Kollege Peter, haben die Eigenkapitalverzinsung ins Lächerliche zu ziehen versucht. (Ruf bei den Freiheitlichen: Es ist auch lächerlich!) – Ich sage Ihnen dazu ganz ehrlich: Auch ich hätte da gerne viel mehr gehabt. (Abg. Mag. Peter: Sie sind in der Regierung!) Erstmals in der Steuergeschichte unseres Landes ist es doch so, daß der Steuergesetzgeber überhaupt anerkennt, daß Eigenkapital auch verzinst werden muß.

Zurückkommend auf den Lehrlingsfreibetrag von 20 000 S. Dazu haben Sie, Herr Kollege Peter, auch gesagt: Na 20 000 S Lehrlingsfreibetrag! (Abg. Mag. Peter: Habe ich nicht gesagt!) – Mit dieser Reform wird dieser Betrag verdreifacht werden! Also: erster Schritt – und dann erst der zweite.

Herr Kollege Peter! Von allen EU-Ländern haben wir in Österreich die geringste Jugendarbeitslosenrate, und das ist doch ein klares Verdienst unserer Betriebe und unseres dualen Ausbildungssystems. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Was machen Sie mit den Lehrlingen?)

Im jüngst publizierten OECD-Bericht gibt es die schöne Passage, in der es heißt, daß der Grund für die Tatsache, daß die Überlebensdauer neuer Unternehmen in Österreich über dem europäischen Durchschnitt liegt, in der soliden Berufsausbildung und in der Qualifikation derer zu suchen ist, die letztlich Unternehmer werden. – Ich sehe das als durchaus richtiges Lob einer internationalen Organisation – wohl wissend, daß es natürlich da oder dort auch Kritikpunkte gibt, aber insgesamt können wir, so meine ich, stolz darauf sein, daß die OECD die Steuer- und Wirtschaftspolitik unseres Landes im Vergleich zu Gesamteuropa derart hervorhebt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Fünfter Grundsatz, für den ich mich persönlich immer sehr engagiert habe: Ich habe immer gesagt, wir dürfen nicht den Fehler machen, all unseren Wohlstand heute zu verbrauchen. Daher der Grundsatz: Wir müssen mehr in die Zukunft unserer Kinder investieren. Und auch dieser Grundsatz wird mit diesem Steuerpaket verwirklicht. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie?)

Erstes Beispiel dazu: Verdoppelung des Forschungsfreibetrages. Meine Damen und Herren! In Zukunft wird es Arbeitsplätze nur dann geben, wenn geforscht wird, wenn es Innovation gibt, denn nur das sind letztlich die Erfolgsgarantien für die Zukunft. Daher: Verdoppelung des Forschungsfreibetrages. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben erstmals in der Geschichte der Steuerpolitik Österreichs einen unglaublich innovativen Ansatz: Es gibt erstmals einen Investitionsfreibetrag für Humankapital, für die menschlichen Ressourcen, die das wertvollste Kapital unseres Landes darstellen. Bildung ist der Produktionsfaktor der Zukunft. Und mit dieser Steuerreform wird es einen Investitionsfreibetrag für Bildungsinvestitionen der Betriebe geben; also nicht nur für Investition in Sachanlagen, sondern auch für Investition in Bildung! Ein unglaublich innovativer Ansatz! Ich bin wirklich stolz darauf, daß uns das gelungen ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll, darf ich Sie bitte kurz unterbrechen.

Meine Vorsitzführung geht in wenigen Sekunden zu Ende, und ich will ein Problem nicht meinem vorsitzführenden Nachfolger überlassen. Ich bitte daher einen Beamten, das, was Sie, Herr Abgeordneter Stummvoll, hier beim Rednerpult präsentiert haben, jetzt wieder in die Bankreihen zurückzutragen, und ich bitte Sie, dann Ihre Rede fortzusetzen. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Leiner: Warum?)

Das wäre präjudiziell! Heute ist das, was zum Rednerpult mitgebracht wird, so groß, morgen noch größer und so weiter. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Leiner: Die Grünen tun das auch! Laufend!)

Ich nehme mir auch die Freiheit, den Grünen gegenüber die Bitte zu äußern – selbstverständlich auch allen anderen Fraktionen gegenüber –, das Rednerpult nicht als irgendeine – und sei sie auch noch so sympathische – Agitationsbühne über ein Minimum hinaus zu verwenden. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Bitte, überlassen Sie diese Entscheidungen mir! Ich weiß, daß das nicht einfach ist, aber ich habe mich so entschieden, noch dazu, wo mich Herr Kollege Dr. Neisser jetzt gleich hier am Präsidium ablösen wird, und ich will ein, wie man sieht, nicht angenehmes Problem nicht meinem Nachfolger überlassen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. – Ein Bediensteter des Hauses bringt das Sparschwein zum Platz des Abg. Dr. Stummvoll zurück.)

Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll, Sie sind wieder am Wort!

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (fortsetzend): Herr Präsident! Ich bedanke mich dafür, daß Sie jetzt besonders auf dieses Sparschwein aufmerksam gemacht haben. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Mein letztes Beispiel: Wir müssen mehr in die Zukunft investieren, mehr an die Zukunft denken. Mit dem Erfolgsmodell des Bausparens schaffen wir erstmals einen Ansatz, diesen Gedanken des Bausparens auch auf die private Altersvorsorge zu übertragen. Ein erfolgreiches Modell, das auf dem Bausektor, das in bezug auf Wohnen gewirkt hat, wird jetzt auf das Gebiet der Altersvorsorge übertragen – ein ebenfalls innovativer Ansatz dieser Steuerreform.

Meine Damen und Herren! Man kann alles krankjammern, man kann, wie die Opposition, hier Trauerreden halten, aber um eines kommen wir nicht herum: Es ist das das größte Steuersenkungsprogramm in der Geschichte der Zweiten Republik, ein Programm, das wichtige Weichen ins nächste Jahrtausend stellt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

11.01

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Dr. Stummvoll! Sie haben ein sehr schönes Schwein mitgebracht, und jetzt nehmen Sie es wieder mit – das ist ein Jammer!

Ich habe für Herrn Dr. Stummvoll auch etwas mitgebracht. (Der Redner hält die leere Rückseite eines Sitzplanes des Nationalrates in die Höhe – Heiterkeit – Abg. Steibl: Haben Sie gedacht, Sie bekommen heute ein Taggeld?) – Ja, vor allem die Tausender, die in dem Schwein stecken, würden mich sehr interessieren. Aber es ist egal.

Ich habe Ihnen auch etwas mitgebracht (der Redner hält neuerlich den Sitzplan in die Höhe – lebhafte Heiterkeit) – das ist, glaube ich, eine Art von Aktionismus, die der Präsident auch bei Grünen noch durchgehen läßt. (Abg. Dr. Höchtl: Das ist der "Ideenreichtum" der Grünen! – Neuerliche Heiterkeit.) Man könnte natürlich schon etwas draufschreiben. (Abg. Auer: Das ist der Sitzplan!) Es ist der Sitzplan von hinten. (Ruf bei der ÖVP: Da sind nur die Hinterbänkler drauf!) Ich habe eine kleine Zahl draufgeschrieben: "40 Milliarden Schilling" – für den Fall, daß Sie es nicht lesen können. (Abg. Mag. Haupt: Das ist sehr klein!) Das ist sehr klein, ja, das macht aber nichts. Das soll einen Scheck darstellen. Wir schreiben dann drauf: Wien, Datum, Unterschrift: Van der Bellen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Damit dann auch klar ist, an wen diese Summe geht, schreiben wir "Dr. Stummvoll" drauf. Van der Bellen schuldet Dr. Stummvoll 40 Milliarden Schilling – mit diesem stilisierten Scheck. Wie würden Sie solch einen Scheck nennen? – (Ruf bei der ÖVP: Ungedeckt bei Ihnen!) Ungedeckt, sehr richtig! (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei den Grünen, den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum.) Kein Mensch würde von mir solch einen Scheck annehmen.

Zu dem, was uns Herr Dr. Stummvoll hier vorgetragen hat, muß ich schon sagen: Eines der Probleme dieser Steuerreform ist, daß sie einen ungedeckten Scheck darstellt. Heute teilen Sie die Wohltaten aus, die wir im nächsten Jahr mit dem Budget 2000 finanzieren müssen. Darüber schweigen Sie sich aber völlig aus.

Es mag schon sein, daß das ein großes Steuersenkungsprogramm ist, ja. 20 Milliarden plus Familienprogramm, 30 bis 35 Milliarden sind ein großes Steuersenkungsprogramm. (Abg. Tichy-Schreder: Na immerhin sagen Sie das! Danke für die Bestätigung! Sie sind wenigstens in dieser Richtung ehrlich!) Die Frage ist nur: Warum nicht 50 Milliarden, warum nicht 100 Milliarden? Drucken wir das Geld seit neuestem, meine Kolleginnen und Kollegen von der Volkspartei und von den Sozialdemokraten?

Von den Wohltaten, die Sie hier ausschütten, würde ich einige durchaus unterschreiben; im Detail kann man sich immer streiten. Die Tarifreform ist von der Idee her in Ordnung – nur hätten wir sie anders gemacht. Die Begünstigungen der Lehrlinge, die Erhöhung des Forschungsfreibetrages, die bessere Absetzbarkeit von Bildungsausgaben – das hätten wir im Detail anders gemacht, aber vom Grundsätzlichen her kann man das alles unterschreiben. Nur: In Summe gesehen muß man doch auch dazusagen, wie diese Wohltaten im Jahre 2000 finanziert werden.

Ich bin nicht allein mit dieser Sorge. Jeder, der die monatlichen Berichte des Wifos studiert oder sie am Computer abfrägt, weiß, daß das Wifo schlagartig seine Defizitprognose für das Jahr 2000 aufgrund des voraussichtlichen Steuerreformprogramms erhöht hat. Das Wifo hält derzeit bei 2,5 Prozent des BIP für das Jahr 2000. Das Ziel laut Stabilitätsprogramm der Bundesregierung – nicht der Grünen, der Bundesregierung – war 1,7 Prozent des BIP. Das allein sind 20 Milliarden. Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, daß ich persönlich nicht glaube, daß 2,5 Prozent eine realistische Schätzung sind, wenn man alle anderen Effekte noch berücksichtigt.

Ich komme da locker auf den Betrag, den ich auf diesem ungedeckten Scheck eingetragen habe, auf diesem Scheck, den Sie von mir nicht annehmen würden. Ich komme auf jene 40 Milliarden Schilling, die wir für das Jahr 2000 noch irgendwie hereinbringen müssen – entweder auf der Steuerseite oder auf der Ausgabenseite. Beides ist im Prinzip denkbar, und 1996 haben wir erlebt, wie man das macht. Nach den Wahlen. Das ist der alte, wohlbewährte Grundsatz: Sei zu den Wählern nett vor den Wahlen, sei grausam unmittelbar nach den Wahlen. (Heiterkeit bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Ein altbewährter, vorzüglicher Grundsatz, den die Bundesregierung mit einer gewissen Entschiedenheit verfolgt, mit dem Kurzzeitgedächtnis der Wähler rechnend. Drei Jahre ist es jetzt her, daß wir das erlebt haben – oder vier, je nachdem, wie Sie es rechnen: 1994, 1995, 1996.

Gerade die Geschichten, die Herr Stummvoll über den Steuerausfall 1988/89 erzählt hat, den Steuerausfall aufgrund der Steuerreformen 1992/93 und die Maßnahmen 1994, lassen bei uns die Alarmglocken schrillen, wenn Sie nicht dazusagen, wie Sie das finanzieren.

Oder Sie machen wieder einen Canossagang nach Brüssel, um Weihnachten herum, wie Italien, und sagen: Na ja, wir haben uns bemüht. 1,7 haben wir in das Stabilitätsprogramm geschrieben, 1,4 für das Jahr darauf, aber es ist leider nicht möglich gewesen. – Das ist eine Blamage! Zuerst haben wir schon ... (Abg. Dr. Krüger: Das wird mit dem Euro sicher anders!) – Für den Euro, glaube ich, ist das kleine Österreich nicht so bedeutend, aber eine Blamage ist es schon, wenn einem die Kommission zuerst bestätigt: Euer Budgetprogramm ist nicht sehr ehrgeizig!, und man dann hingeht und sagt: Es war nicht sehr ehrgeizig, aber dafür haben wir es nicht erfüllen können! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Das war der erste wichtige Punkt: Wenn man solch ein Programm macht, muß man auch über die Finanzierung etwas sagen.

Der zweite Punkt ist natürlich, daß in einer zentralen Frage, die, hätte man meinen können, sowohl den Sozialdemokraten als auch der Volkspartei hätte einleuchten können, Zusagen, Versprechen, Absichtserkärungen gegeben wurden, die nicht eingehalten wurden. Ich meine damit natürlich eine Steuerreform, die die Arbeitskosten senkt und dafür Energie und Ressourcen stärker belastet, also eine ökosoziale Steuerreform.

Nach jahrelangem Lobbying in dieser Beziehung – ich möchte die Podiumsdiskussionen, die ich vor allem mit Ewald Nowotny führen durfte, führen mußte, nicht abzählen – ist es uns letztes Jahr doch gelungen – diesen Eindruck mußte man gewinnen –, daß SPÖ und ÖVP erkannt haben: Da ist eine Chance drinnen für die Beschäftigung und für die Umwelt beziehungsweise die Klimavorsorge. (Abg. Dr. Krüger: Erkennen ist zuwenig!)

Ich glaube schon, daß sie es erkannt haben, aber aus irgendwelchen Gründen hat sie dann so um Weihnachen der Mut total verlassen – total verlassen! Trotz Steuerreform-Kommission, trotz verschiedener verbindlicher Erklärungen des Finanzministers und anderer Regierungsmitglieder ist es nicht dazu gekommen, obwohl sich – das muß ich auch sagen, denn es ist oft unbedankt – die Opposition bemüht hat, der Regierung ein bißchen Arbeit abzunehmen. (Abg. Tichy-Schreder: Ach so?)

Es gibt eine Broschüre zur ökosozialen Steuerreform, in der Sie nachlesen können, wie es zumindest von der Idee her, von der Struktur her gehen kann. Und namentlich an Sie, Frau Tichy-Schreder, und auch Herrn Stummvoll, der im Moment leider nicht im Saal ist: Wir haben uns der Mühe unterzogen, anhand vieler, vieler Fallbeispiele zu prüfen, wie die Wirtschaft auf diese Art von Steuerreform reagieren würde, wie sie belastet, entlastet würde, was der Nettoeffekt wäre.

Es gibt eine hübsche DIN-A-4-Broschüre – sie ist nicht zu lang, man kann sie in einer halben Stunde oder auch in mehreren Stunden durchlesen, wenn man sich wirklich damit befaßt –, genannt "Praxistest Wirtschaft: Auswirkungen der ökosozialen Steuerreform anhand konkreter Fallbeispiele aus der österreichischen Wirtschaft". Die Ergebnisse sind zum Teil durchaus überraschend.

Und in diesem Zusammenhang folgendes an die Adresse der SPÖ: Die VOEST-ALPINE-Stahl würde von unserer Steuerreform netto profitieren, um einmal dieses alte Vorurteil loszuwerden, daß die sogenannte Grundstoff- oder Stahlindustrie ... (Abg. Dr. Nowotny: Das ist zu isoliert gesehen, das wissen Sie genau!) – Isoliert gesehen. Okay.

Ich werde jetzt aber nicht die 123. Podiumsdiskussion hier wiederholen. Wir nehmen zu Protokoll, daß Kollege Ewald Nowotny, den ich sonst natürlich schätze (Abg. Dr. Nowotny: Was auf Gegenseitigkeit beruht), in diesem Punkt wahrscheinlich noch immer nicht überzeugt ist, und es vielleicht sogar auf ihn zurückzuführen ist, daß dieser Punkt in der Steuerreform nicht berücksichtigt wurde. Diese Reform sind Sie uns schuldig geblieben, diese Chance hat Österreich meines Erachtens vertan.

Diese Chance haben Sie vertan, obwohl das internationale Umfeld derzeit für diese Diskussion, für diese Reform günstig wäre – nach den Reformen in Deutschland, nach den Reformen in Skandinavien, nach dem Nachziehen der Niederlande. Sogar Italien, ein nicht gerade klassisches Land für eine Vorreiterrolle in diesem Zusammenhang, tritt in Etappen der ökosozialen Steuerreform ein. Und so wird man eben von einem, der den "first mover advantage" hätte haben können, zu einem, der aufgrund seiner Trägheit und Nachlässigkeit die Nachteile des Schlußlichts auf sich zu nehmen hat.

Es ist natürlich nicht der Finanzminister allein, den dieser Vorwurf trifft, das möchte ich schon deutlich sagen, es ist genauso die Volkspartei; die Volkspartei in Form ihres Umweltministers, der die Senkung der Lohnnebenkosten durch seine Blockade im Rahmen der Finanzierung des Familienlastenausgleichs de facto hintertrieben hat, und natürlich auch der Wirtschaftskammer, die bis heute nicht verstanden hat, daß diese Art der Arbeitskostenentlastung vor allen dem Gewerbe, dem Dienstleistungssektor, jenen Hunderten, Tausenden von Unternehmen zugute käme, die Mitglied der Wirtschaftskammer sind. Das Skurrile ist ja, daß ich bei Mitgliedern der Industriellenvereinigung für diese Reform viel mehr Verständnis gefunden habe als in Bereichen der Wirtschaftskammer. (Abg. Tichy-Schreder: Herr Professor! Unterschätzen Sie nicht die Wirtschaftskammer und die Unternehmen! Die schauen, daß die Wirtschaft läuft!) – Die unterschätze ich ganz bestimmt nicht, aber irgend etwas kann bei den Funktionären nicht ganz stimmen. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Es bleibt also von dieser Steuerreform – das wurde schon gesagt – eine Tarifreform und darunter ein Dutzend Maßnahmen übrig. Die Tarifreform ist vom Grundsatz her in Ordnung, nur hatten wir verlangt – und Sie hatten das zugesichert, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten – vor allem eine Entlastung der unteren und mittleren Einkommen.

Und wenn Kollege Nowotny sagt: Die kriegen ja eh 70 Prozent quasi des Steuerausfalls!, dann sage ich: No na, das sind ja auch die "Mehreren". Erstaunlich wäre es, wenn es nicht so wäre. Aber erklären mußt du uns immer noch, warum wir hier, die wir in diesem Saal sitzen, die Gutverdienenden in diesem Lande, mit netto 7 000 S aussteigen und die Textilarbeiterin mit netto – ich habe es jetzt vergessen – 2 000 S oder vielleicht 3 000 S.

Ich höre dann immer: Ja, aber in Prozenten des Einkommens gewinnen die, die am schlechtesten verdienen, am meisten. Dazu kann ich nur sagen: Bitte verschont mich mit diesem Argument! Seit wann leben die Leute von Prozenten? (Beifall bei den Grünen.) Meines Wissens leben sie immer noch von den Groschen und Schillingen, die sie in der Tasche haben.

Diese falsche Politik, diese verteilungspolitische Schlagseite verstärkt sich auch in anderen Punkten.

Mit der Reform der Erbschaftssteuer, mit der weiteren Bagatellisierung der Erbschaftssteuer bin ich überhaupt nicht einverstanden, und ich frage mich wirklich, ob das dem Gleichheitsgrundsatz entspricht. Man hätte das auch anders regeln können. Ich bin schon lange Zeit dafür eingetreten, die Zahlungsfristen bei der Übernahme von Unternehmen auf viele Jahre zu erstrecken, damit es in diesem Zusammenhang zu keinem Liquiditätsproblem kommt. Aber so frage ich mich wirklich: Was soll das? Die Erbschaftssteuer degeneriert zu einer Grunderwerbsteuer – und das war’s im wesentlichen.

Wenn jemand so blöd ist, Bargeld zu vererben, und der Erbe so ehrlich ist, das auch anzugeben, dann unterliegt das immer noch der Erbschaftssteuer. Alle anderen Formen des Erbes werden ja nicht mehr erfaßt – und das nach 50 Jahren sozialdemokratischer Finanzpolitik! Minus vier, sagen wir einmal – nein, seien wir großzügig: nach 30 Jahren sozialdemokratischer Finanzpolitik.

Auf die anderen Details gehe ich jetzt nicht mehr ein. Ich habe schon gesagt: Die Begünstigung der Lehrlinge, die Begünstigung der Ausbildung, die Begünstigung der Forschung zum Beispiel gehören zu jenen Punkten, die wir im wesentlichen unterstützen, auch wenn es bei jedem dieser Punkte Details gibt, die man anders, einfacher, richtig machen hätte können. (Abg. Böhacker: ... eine Förderung von WIFI und BFI!) So ist mir zum Beispiel nicht verständlich, warum Sozialdemokraten bei der Begünstigung der Fort-, Weiter- und Ausbildung das Nachholen des Hauptschulabschlusses ausschließen. Gerade für jene Leute, bei denen es darauf ankommt, sich weiter zu qualifizieren, sich weiterzubilden, ist diese Form einer weiteren formalen Qualifikation nicht steuerlich begünstigt. Aber das müssen Sie vertreten und nicht ich.

Im übrigen hat Kollege Peter – ich glaube, er war es – schon recht, wenn er sagt, wir haben 35, 38 oder so etwas weitere Tagesordnungspunkte, die so gut wie ausschließlich Oppositionsanträge sind, die irgendwann gestellt wurden, manche schon zu Beginn der Legislaturperiode, die dann vertagt, vertagt, vertagt wurden und heute halt formal abgelehnt werden. Vielleicht verdienen wir aus Sicht der Regierungsparteien, Herr Kollege Peter, nichts Besseres. – Ich bin natürlich anderer Meinung. (Beifall bei den Grünen.)

11.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich Herr Bundesminister Edlinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

11.16

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der Verlauf der Debatte ist für mich nicht überraschend. Die Sprecher der fünf Parlamentsparteien sind – das wird niemanden besonders erstaunen – nicht einer Meinung.

Es gibt zunächst einmal die politischen Positionen jener beiden Parlamentsparteien, die diese Steuerreform tragen. Weiters gibt es unterschiedliche und äußerst differenzierte Positionen der Oppositionsparteien, die sich aber in einem einig sind, nämlich darin, die Steuerreform abzulehnen. Aber ich möchte mir nicht ausmalen, was herausgekommen wäre, müßten die drei Oppositionsparteien eine Steuerreform vorschlagen, und zwar aufgrund der unterschiedlichen Inhalte ihrer Diskussionsbeiträge.

Selbstverständlich ist auch diese Steuerreform der Koalitionsregierung ein Kompromiß, ein Kompromiß von Vorstellungen der beiden Koalitionsparteien, die sich allerdings in einigen sehr wichtigen Fragen gefunden haben – das muß man ganz deutlich sagen.

Meiner Meinung nach ist es ein Akt der Untertreibung, wenn man meint, daß diese Steuerreform keine Effekte für die Steuerzahler hat. Eine Steuerentlastung von 30 Milliarden – es wurde darauf hingewiesen –, also ein Entlastungseffekt, der insgesamt genauso hoch ist wie der Entlastungseffekt der beiden – von Ihnen zum Teil sehr positiv qualifizierten – Steuerreformen 1989 und 1994, ist zumindest bemerkenswert. Das möchte ich in aller Deutlichkeit feststellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, daß es ganz wesentlich war, diese Steuerreform auch vor dem Hintergrund zu machen, der letztendlich die Finanz- und Budgetpolitik dieses Staates prägt. Natürlich haben wir über diese Steuerreform geraume Zeit diskutiert, und es ist hochinteressant, daß sich manche Wirtschaftsprognosen – Herr Professor Van der Bellen ist ja auf einige eingegangen –, Prognosen für die Zukunft, während des Diskussionsprozesses dieser Steuerreform gravierend geändert haben.

Wir waren heuer mit einem Wirtschaftswachstum von 2,25 Prozent konfrontiert. Ich erinnere mich daran, daß ich, als ich das Budget 1999 hier in diesem Saale referiert habe, kritisiert wurde, weil ich dem Budget ein Wachstum von 2,8 Prozent zugrunde gelegt habe, mit einer 0,2prozentigen Sperre. Die Wirtschaftsforscher, die Sie jetzt auch zitiert haben, sehr geehrter Herr Professor, haben uns damals für das Jahr 1999 ein Wirtschaftswachstum von 3,3 Prozent in Aussicht gestellt. (Abg. Böhacker: Das sind nicht die Zehn Gebote Gottes!) Nein, das sind sie nicht, aber ich habe den Eindruck, daß manche Wissenschafter – ohne ihnen nahetreten zu wollen; sie können es ja auch gar nicht besser wissen – es leichter haben, Prognosen zu revidieren, als es ein Finanzminister hat, das Budget zu revidieren.

Daher ist in allen Bereichen Vorsicht geboten; auch das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen. Ich glaube auch, daß hier zumindest festgehalten werden muß, daß wir trotz der unterschiedlichen Prognosen und trotz der anderen Realität, die dann eingetreten ist, sowohl mit dem Budget 1997 im Vollzug kein Problem hatten, als auch im Jahr 1998 die Diskussion über ein Budgetloch gar nicht erst aufgetreten ist. Ich kann Ihnen auch jetzt sagen, daß wir mit dem Budget 1999, mit dem Ergebnis, das dem Voranschlag zugrunde gelegt ist, nach menschlichem Ermessen – nachdem die Mai-Daten ja vorliegen, wage ich das hier durchaus auch schon öffentlich zu behaupten – kein Budgetloch zu decken haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sie brauchen sich daher auch gar nicht zu bemühen, im kommenden Wahlkampf eine Argumentationslinie zu verfolgen, die die Frage stellt, wie hoch das Budgetloch ist. Es ist nämlich keines vorhanden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr wohl ist aber die Überlegung angebracht – ich gebe es durchaus zu: diese Fragestellung ist legitim –: Wie wird die Steuerreform des Jahres 2000, die für den Steuerzahler immerhin eine Entlastung im Ausmaß von 30 Milliarden Schilling bringt, finanziert? – Herr Professor Van der Bellen hat in diesem Zusammenhang auf den Stabilitätspakt, die Budgetprognosen und die Wachstumsprognosen hingewiesen. Ich gebe zu, daß das in der Tat ein sehr ernsthaftes Problem ist, das er damit angeschnitten hat.

Aber da Sie, sehr geehrter Herr Professor, hier vor wenigen Minuten gemeint haben, daß die Wirtschaftsforscher aufgrund der Steuerreform ein Budgetdefizit von 2,5 Prozent prognostizieren, und das mit den 1,7 Prozent des Stabilitätspaktes verglichen haben, möchte ich Sie in aller Bescheidenheit darauf aufmerksam machen, daß das Wifo vom Bundesbudget spricht, das einen Abgang von 2,5 Prozent haben wird, und daß wir im Stabilitätspakt in der Tat einen Wert von 2,2 Prozent stehen haben. Es ist richtig, daß sich eine Differenz zwischen den prognostizierten Werten und dem Wert im Stabilitätspakt auftut. Aber ich möchte auch darauf hinweisen, daß doch niemand außer acht lassen kann, daß eine Kaufkraftstärkung im Ausmaß von knapp 30 Milliarden Schilling, sozial gerecht verteilt mit dem Schwerpunkt auf Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen, die ja primär die Inlandsnachfrage auslösen, budgetäre Effekte hat, und diese muß man eben gegenrechnen.

Ich betone hier noch einmal, daß es selbstverständlich neben der Sparsamkeit im Vollzug des Jahres 2000 wesentlich darauf ankommen wird, daß wir die Stabilitätskriterien erfüllen, um letztendlich auch Handlungsspielräume zu haben. Die Stabilitätskriterien sind ja kein Selbstzweck, sondern sie sind Kriterien der Fiskalpolitik, die dazu geeignet sein sollen, den entsprechenden Rahmen, nämlich innerhalb der "11" in erster Linie, zu bilden, sodaß der Euro als gemeinsame Währung jenen fiskalpolitischen Hintergrund hat, den er braucht, um als starke und stabile Währung, vor allem innerhalb des Binnenmarktes, dazustehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Mag. Firlinger: Was er ja wirklich nicht ist!)

Ich sage noch etwas – mir ist durchaus bewußt, was ich damit sage –: Natürlich glaube ich, daß die Verantwortung der Politik darin besteht – ich bin überzeugt davon, daß die Regierung diese Verantwortung in Zukunft übernehmen wird, wie sie das auch in der Vergangenheit getan hat –, bei der Entwicklung von politischen Vorstellungen, die budgetäre Beanspruchungen nach sich ziehen, mit jener Vorsicht vorzugehen, die dem Stabilitätskurs unserer Republik nicht abträglich ist. Ich bin überzeugt davon, daß diese Politik auch gefunden wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht im einzelnen all jene Positionen wiederholen, die dargestellt sind, sondern mich nur auf drei wesentliche Bereiche beschränken.

Erstens: Die Lohnsteuersenkung macht ein Volumen von 17 Milliarden Schilling aus. Diese werden sozial gerecht verteilt. 11 Milliarden Schilling der 17 Milliarden Schilling erhalten die Lohn- und Einkommensbezieher mit Einkommen unter 20 000 S, nur 2 Milliarden Schilling der 17 Milliarden Schilling jene Lohn- und Einkommensbezieher, die über der Höchstbeitragsgrundlage verdienen. Wenn das keine sozialpolitisch gerechtfertigte Proportion ist, dann weiß ich eigentlich nicht mehr, was Sie von mir wollen. Es ist das eine sozial gerechte Lohnsteuersenkung. Darauf bin ich sehr stolz! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zweitens: Das, was immer wieder behauptet wird, ist falsch, nämlich daß uns der Verfassungsgerichtshof ein Familienbesteuerungspaket im Ausmaß von 12 Milliarden Schilling eingebrockt hätte. Nein! Die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes erwirkte Korrektur hätte bedeutet, daß man die Änderung mit einem Aufwand von 700 Millionen Schilling hätte durchführen können – allerdings mit dem Effekt, daß nur Spitzeneinkommensbezieher mit einem Einkommen von 700 000 S und mehr im Jahr für Jugendliche über 19 Jahren ein Mehr an Familienbeihilfe hätten bekommen müssen.

Ich sage Ihnen aus der Ecke, aus der ich Gesellschaftspolitik betrachte – ich bin sehr froh darüber, daß das auch innerhalb der Regierung so gesehen wurde –: Wir wollten ganz einfach auch öffentlich nicht vertreten, weil es ungerecht ist, daß der Direktor mit einem Studenten 6 000 S im Jahr mehr an Familienbeihilfe bekommt und die Alleinerzieherin mit 9 000 S die Hand. Das geht nicht! Daher ist aus der Überlegung heraus, daß jedes Kind dem Staat gleich viel wert sein muß, letztendlich dieses Volumen entstanden, und ich bekenne mich dazu, weil es natürlich jenen, die zu den Beziehern niedriger Einkommen gehören, nicht nur proportional, sondern auch absolut mehr hilft. Das ist die Politik, die ich eigentlich machen möchte, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Gaugg: Das ist Ihre Erfindung! Das ist immer so!)

Drittens: Es sind in dieser Steuerreform eine Reihe von Strukturmaßnahmen vorgesehen. Herr Professor Nowotny hat ebenso darauf hingewiesen wie Herr Dr. Stummvoll, und selbst Herr Abgeordneter Peter konnte es sich nicht verkneifen, zu erwähnen, daß er doch den einen oder anderen positiven Aspekt aus dieser Steuerreform herauslesen konnte. Natürlich wird mit dieser Steuerreform eine Reihe von Dingen, die den Wirtschaftsstandort verbessern, vollzogen. Vor allem geht es dabei auch um gesellschaftspolitische Bereiche. Das sind keine klassenkämpferischen Maßnahmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn wir beispielsweise haben wollen, daß das duale Ausbildungssystem in Österreich, zu dem ich mich bekenne und das in Europa als eines der besten anerkannt wird, funktioniert, dann müssen wir den ausbildungswilligen Unternehmen einen Teil der ihnen dadurch entstandenen Kosten ersetzen, denn sonst funktioniert das nicht. (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das ist keine Hilfe für die Unternehmer, sondern das ist ein gerechter Ausgleich für Kosten, die eigentlich deshalb entstehen, weil wir haben wollen, daß Lehrlinge ordentlich ausgebildet werden. Dazu bekenne ich mich, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Grollitsch: Endlich!)

Es ist zuwenig, in Sonntagsreden festzustellen, daß ein Mensch, der seinen Beruf mit 18 oder 25 Jahren erlernt hat, diesen wahrscheinlich nicht sein Leben lang wird ausüben können, sondern sich ununterbrochen wird weiterbilden müssen. Wenn wir haben wollen, daß sich Arbeitnehmer mit Hilfe geeigneter Dritter weiterbilden, so soll das steuerlich begünstigt werden. Aber auch jenen Arbeitnehmern, die sich in externen Einrichtungen ein Mehr an Qualifikationen aneignen und faktisch in ihre eigene Ressource investieren, soll der Staat, sprich der Steuerzahler, das entsprechend honorieren. Ich glaube, daß das ein ganz wesentlicher struktureller Bereich ist, und das wird mit dieser Steuerreform auch realisiert. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es nützt nichts, wenn wir die niedrige Forschungsquote in Österreich nur beklagen. Diese Bundesregierung hat beschlossen, mit einem sehr gezielten Programm die Forschungsquote bis zum Jahr 2005 auf 2,5 Prozent anzuheben. (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das ist nicht mit nur einer Maßnahme zu erreichen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es ist ein großes Spektrum von Maßnahmen erforderlich, damit das auch geschehen kann. Eine dieser Maßnahmen ist die Verdoppelung bis Verdreifachung von Forschungsfreibeträgen.

Ich war in der letzten Zeit in einigen hervorragenden österreichischen Unternehmungen, und zwar in Unternehmungen, die einen Exportanteil von bis zu 97 Prozent haben, die 500 bis 600 hochqualifizierte Menschen beschäftigen, und diese Unternehmen investieren hohe Anteile des Gewinns in Forschung und Entwicklung, da sie sonst nicht am Ball bleiben. Diese Firmen müssen wir auch steuerlich bestärken, daß sie diesen Weg weitergehen, denn Forschungsförderung allein durch öffentliche Mittel ist nicht möglich. Wenn Sie das versprechen, dann tun Sie das wider besseres Wissen, denn Sie wissen – das hoffe ich zumindest –, daß ein solches Versprechen nicht realisierbar ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Grollitsch: Lange Versäumnisse!)

Diese wesentlichen Maßnahmen, die im Strukturbereich getroffen werden, sind es wert, auf sie hingewiesen zu werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wende mich aber auch dem zu, was an Kritik geäußert wurde. Ja, es ist richtig, diese Steuerreform klammert eine Reihe von notwendigen Veränderungen, die wir in nächster Zeit vornehmen müssen, aus, so zum Beispiel die Senkung der Lohnnebenkosten. Ich habe jedoch von Anfang an gesagt, daß ich als Finanzminister dieser Republik nicht bereit bin, den Finanzausgleich einseitig aufzukündigen. Das wäre unfair! Das geht nicht! Eine Veränderung im Bereich der Lohnnebenkosten ist ohne Zusammenarbeit der drei Gebietskörperschaften ganz einfach nicht möglich! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir werden im nächsten Jahr den Finanzausgleich verhandeln, und das wird harte Arbeit werden, das ist überhaupt keine Frage!

Sie, Herr Abgeordneter Böhacker, haben die Steuerquote kritisiert. Sie kennen ja meine Argumentation, daß man nicht alles vergleichen kann. Wir in Österreich haben nämlich im Gegensatz zu vielen unserer europäischen Partnerstaaten überproportional hohe Anteile an Transfers. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Das ist auch ein Ausdruck angewandter Sozialpolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren, denn wenn wir dieselben Dinge über Steuerabsetzbeträge regeln würden, würde mit einem Mal die Steuerquote sinken, ohne daß sich für die Österreicher irgend etwas verändern würde. Das heißt, daß die Steuerquote allein kein Diskussionsmerkmal ist. (Zwischenruf des Abg. Böhacker.)

Aber ich möchte schon auch darauf hinweisen – weil gesagt wird, daß der Herr Finanzminister das kassiert –: Von den 45 Prozent kassiert der Herr Finanzminister 13 Prozent, Länder und Gemeinden 10 Prozent! – Vielleicht setzen Sie (in Richtung Freiheitliche) die Kreativität Ihrer Kärntner Landesregierung dazu ein, mir dabei zu helfen, diese Quote zu senken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Böhacker: Das kommt noch! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Aber wir werden das ja bei den Finanzausgleichsverhandlungen sehen. Allerdings glaube ich, daß man dort ohnehin schon bei der Realisierung von Versprechen absolute Liquiditätsprobleme bekommt, sodaß ich nicht glaube, diesbezüglich mit besonderer Unterstützung Ihrerseits rechnen zu können. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18 Prozent macht die Sozialversicherung aus. Sagen Sie, wir sollen die Renten oder die Sozialversicherungsbeiträge oder irgendwelche anderen Kosten kürzen! Sagen Sie es, aber verlangen Sie von mir nicht, daß ich das allein verhandle. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich bekenne mich zu dem Sozialsystem, das wir in unserem Staat haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich glaube nicht, daß wir eine Politik gegen die alten Leute oder gegen die Kranken machen sollten. Wenn Sie das von mir verlangen, dann sagen Sie, mit welchen Mitteln das geschehen soll.

Was die Fonds betrifft, über die dauernd Klage geführt wird: Wohnbauförderungsfonds, Familienlastenausgleichsfonds und Wasserwirtschaftsfonds – 3 Prozent! Soll ich die Wohnbauförderung kürzen, meine Herren? Soll ich den Familienlastenausgleichsfonds kürzen? – Ich höre keine Vorschläge! Soll ich den Wasserwirtschaftsfonds kürzen? – Ich höre keine Vorschläge! – Das sind die 45 Prozent, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Graf: Wenn Sie nichts machen können, wozu sind Sie dann Finanzminister?)

Ich halte es für legitim, daß Sie das kritisieren, aber dann machen Sie bitte einmal einen konkreten, realisierbaren Vorschlag und bekennen Sie sich dazu auch in der Öffentlichkeit, wenn der Wind ein bißchen dagegenbläst! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte nur noch zwei Bemerkungen machen, und dabei lasse ich es dann bewenden. Bedauerlicherweise ist Herr Abgeordneter Peter, der ja an und für sich immer sehr moderate Diskussionsbeiträge liefert, jetzt nicht hier im Saal. Ich möchte nur eines sagen: Der niederländische Arbeitsmarkt ist jener, den ich mir nicht zum Vorbild nehme. Dort gibt es nämlich nicht nur eine höhere Arbeitslosenquote, als wir sie in Österreich haben, sondern auch 40 Prozent Teilzeitbeschäftigte. Vielleicht haben wir zuwenig Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeiten, aber in Holland bekommt man ja gar keinen Vollzeitarbeitsplatz! 40 Prozent der Holländer arbeiten Teilzeit!

Da gibt es den Witz: Zwei Holländer treffen sich. Sagt der eine zum anderen: Was sagst du zu dieser Regierung? Die hat 100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen! Sagt der andere: Weiß ich eh, drei davon habe ich. – Sehen Sie, das ist nicht die Politik, die ich in Österreich machen möchte! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dolinschek: Mit demselben Schmäh arbeitet ihr auch!)

Eine solche Situation möchte ich in Österreich nicht haben! Für mich, sehr geehrter Herr Peter, ist der niederländische Arbeitsmarkt kein Vorbild für den österreichischen.

Herr Abgeordneter Peter! Ich bedauere – ich hoffe, daß ich Sie mißverstanden habe –, daß Sie gemeint haben, daß die Spekulationsertragsteuer – wie haben Sie das gemeint? – eine Gemeindebausteuer ist. (Abg. Mag. Peter: Das habe ich nicht gesagt!) – Der Gemeindebau wird nicht besteuert. Sie haben gemeint, daß das faktisch auf die intellektuelle Struktur der Gemeindebaumieter abgestimmt ist. (Abg. Mag. Peter: Ich habe es so nicht gemeint!) Das ist eine überhebliche Formulierung, die ich zurückweise! – Wenn Sie das so gemeint haben, ist es ein Skandal, wenn Sie es nicht so gemeint haben, entschuldige ich mich für die Unterstellung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ein weiterer Punkt, sehr geehrter Herr Peter: die Bundesrepublik Deutschland. – Ich möchte alles sein, nur nicht deutscher Finanzminister – das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen! Die Probleme, die mein Kollege Eichel zu lösen hat, der nämlich die Steuerreform beziehungsweise die Konsolidierung noch nicht abgeschlossen hat, der letztendlich Vorschläge macht, die das Sparpaket Nummer I und II vom Volumen her ausmachen, möchte ich nicht haben. (Abg. Mag. Peter: Die haben die Wiedervereinigung finanziert!)

Da sind wir in Österreich strukturell weiter, denn wir haben eine bessere, moderatere Unternehmensbesteuerung – das ist ja ein zusätzliches Problem, das die Deutschen haben, das muß man schon ganz eindeutig sagen –, und da bin ich eigentlich froh darüber, daß wir in unserer kleinen, lieblichen Alpenrepublik mit einer guten Politik leben. – Ich danke Ihnen. (Anhaltender Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. 8 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.36

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die bisherige Debatte hat gezeigt, daß es zwar nicht einfach war, die Steuerreform zu verhandeln und zu einem Ergebnis zu bringen, daß es aber noch bedeutend schwieriger ist, diese Steuerreform ordnungsgemäß zu kritisieren. – Das ist der Saldo, den wir nach einigen Debattenbeiträgen zu ziehen haben.

Was bringt diese Steuerreform zum Ausdruck? – Sie, Herr Professor Van der Bellen, haben eine pessimistische Note für die Zukunft der Budgetentwicklung in die Debatte eingebracht. Wenn wir uns die weltwirtschaftlichen Umstände ansehen, wenn wir sehen, daß die Wachstumsraten der Exporte nicht mehr zweistellig sein werden, was wäre dann die normale Antwort darauf? – Daß man einen Beitrag dazu leistet, die Inlandsnachfrage zu stärken, um eine solide Wachstumsentwicklung aufrechtzuerhalten.

Wenn man sich die Steuerreform ansieht und zur Kenntnis nimmt, daß durch die Tarifänderung gerade die Masseneinkommen wesentlich entlastet werden, dann kann man sagen: Das ist der geeignete Beitrag dazu, die Inlandsnachfrage zu stärken und damit das Wachstum zu stabilisieren. Eine wirkliche Alternative zu dieser Maßnahme wurde in der gesamten Debatte nicht präsentiert, weil es offensichtlich auch keine Alternative zu diesem sinnvollen Weg gibt. (Abg. Mag. Peter: Ausgabenreform!)

Ja, jetzt kommt das Beispiel mit der Ausgabenreform. Das ist immer das Allerbeste! Ich finde, da ist der Herr Finanzminister gerade zur Hochform aufgelaufen. Es wird immer die Ausgabenreform strapaziert. Herr Kollege Peter! Als allgemeines Wort ist "Ausgabenreform" das Allerherrlichste, aber immer dann, wenn ein konkreter Punkt diskutiert wird, wo Ausgaben gekürzt oder gestrichen werden sollen, dann heißt es: Um Gottes willen, gerade da nicht! – Und da ist es genau dasselbe! (Abg. Mag. Peter: Das hat die Wirtschaft schon längst getan! Der Staat soll lernen!)

Herr Kollege Peter! Genauso ist es übrigens auch bei den von Ihnen angesprochenen Ausnahmen. Sie haben heute wieder gesagt, wir sollten doch die Ausnahmen streichen, damit wir generell zu niedrigeren Steuersätzen kommen. Das ist genauso eine "wunderbare" Parole wie alle anderen. (Abg. Mag. Peter: Das ist der Vorschlag Klima!) – Nein!

Die politische Praxis zeigt: Immer dann, wenn eine spezifische Ausnahme gestrichen wird, treten alle Interessengruppen geschlossen auf und sagen: Um Gottes willen, wenn diese Ausnahme gestrichen wird, dann ist ein gesamter Berufsstand in Gefahr, dann treten wirtschaftspolitische Katastrophen ein! Das geht so weiter. (Abg. Mag. Peter: Wenn Sie das Steuerniveau nicht senken, schon!) Daher merken wir, daß sich dieser simplifizierte Zugang, zu sagen: Generell Ausgaben kürzen, generell Ausnahmen streichen!, zwar nett anhört, aber der Hund wie immer im Detail liegt. Und genau dieser Hund, der im Detail liegt, ist, so meine ich, mit dieser Steuerreform in einer ordnungsgemäßen Art und Weise begraben worden, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Peter: Aber Sie wissen schon, daß Sie jetzt provozieren!)

Der nächste Punkt, der mir doch sehr wesentlich erscheint – es hat Herr Professor Van der Bellen darauf hingewiesen –, ist die Verteilungswirkung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Van der Bellen.) – Nein, darauf möchte ich eingehen! Man kann natürlich sagen: Auch wenn zwei Drittel die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen bekommen, ist das zuwenig, weil nach wie vor diejenigen, deren Einkommen über der Höchstbeitragsgrundlage liegt, auch einen Anteil von 2 Milliarden Schilling bekommen. Das kann man kritisch reflektieren. (Abg. Dr. Van der Bellen: Das habe ich nicht gesagt! Die 700 habe ich kritisiert!) – Ja, die sind über der Höchstbeitragsgrundlage.

Wieviel zahlen diejenigen, die 13 000 S brutto im Monat verdienen, nach dieser Steuerreform überhaupt noch an Steuern, Herr Professor Van der Bellen? – Diejenigen, die 13 000 brutto im Monat verdienen, zahlen in Zukunft rund 1 400 S an Steuern im Jahr. Das bedeutet, sie haben bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 13 000 S in etwa 100 S an Steuerbelastung pro Monat. Es ist, wenn man eine massive Entlastung der kleineren Einkommen durchführt und bei diesen de facto bereits bei null Steuerbelastung angekommen ist, relativ schwierig, letztendlich auch das noch zu beseitigen, aber wie Sie wissen, haben wir in einzelnen Bereichen bereits Elemente von Negativsteuern.

Ich glaube, dieser Punkt war insofern wichtig, als wir ja wissen, daß es durch die gesamte Globalisierung und Liberalisierung zu einer stärkeren Lohnspreizung kommt. Und gerade, da wir darüber diskutieren, wie wir im Bereich der niedrigeren Einkommen Arbeitsplätze erhalten können, ohne daß es zu einer zusätzlichen Belastung der Unternehmen kommt, war es entscheidend – auch als beschäftigungspolitische Maßnahme –, in diesem Bereich der niedrigsten Einkommen den Großteil der Tarifentlastung anzusiedeln, damit auch Menschen auf geringer bezahlten Arbeitsplätzen aufgrund einer geringeren Besteuerung ein gewisses Monatseinkommen generieren können, ohne daß die Betriebe dadurch zusätzlich belastet werden. Daher ist meiner Meinung nach gerade dieser Punkt – neben den vielen Qualifikationspunkten der Steuerreform – ein wesentlicher Beitrag dazu, im Bereich niedrigerer Einkommen Beschäftigung in Österreich nicht nur zu stabilisieren, sondern auch zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was die sogenannte Aktiengewinnbesteuerung betrifft – ich bin in dieser Frage Pragmatiker –, so ist mir natürlich eine Steuer, die von Anfang an ordentliche Erträge bringt, am allerliebsten. In der Tat hat es aber eine Reihe von Debattenbeiträgen gegeben, die besagten, diese Aktiengewinnsteuer sei relativ schwierig zu administrieren, die bisherige Börsenumsatzsteuer wäre bedeutend einfacher und so weiter.

Aber da gerade der europäische Gleichklang angesprochen wurde ... (Abg. Mag. Firlinger: Der ist nicht gegeben!) Kollege Firlinger, zuhören, und dann darauf reagieren! (Abg. Mag. Firlinger: Ich kenne Ihre Reden!) Nicht immer gleich a priori im Pawlowschen Reflex zu kläffen beginnen, sondern zuerst zuhören und dann kritisieren. (Abg. Mag. Firlinger: Ich kenne Ihre Reden bis zum Exzeß!)

Wenn wir über den europäischen Gleichklang reden, dann müssen wir klar feststellen: Überall in der Europäischen Union, wo es eine Debatte zu diesem Thema gibt, gibt es keine Debatte über die Einführung einer Steuer, die unserer bisherigen Börsenumsatzsteuer entspricht, sondern wenn es Debatten gibt, dann sind es solche über Aktiengewinnbesteuerungen.

Daher ist es natürlich sinnvoll, wenn sich Österreich in diese Debatte einklinkt und wir uns fragen, was unter Umständen in Europa in den nächsten Jahren absehbar ist. So gesehen ist es günstiger, einen Weg in Richtung Aktiengewinnbesteuerung einzuschlagen und nicht einen Weg weiterzugehen, der in Europa keine Zukunft hat. (Abg. Mag. Firlinger: Das ist Ihre Ideologie, Herr Kollege!)

Deshalb bin ich der Auffassung, daß die jetzt getroffene Form der Aktiengewinnbesteuerung nicht der Weisheit letzt Schluß für die nächsten 20 Jahre sein wird, aber sie ist die Weichenstellung auf eine richtige Schiene, weg von der alten Schiene, die in Europa keine Zukunft hat. (Abg. Mag. Firlinger: Das ist schwach argumentiert, Herr Kollege!)

Wenn man also diese Steuerreform im Detail analysiert, so sieht man, daß viele der Punkte, die darin enthalten sind, zwar nicht alles lösen – keineswegs! –, aber in vielen Bereichen den ersten wichtigen Schritt setzen.

Und letztendlich: Wenn man Reform auch im brockhausschen Sinn versteht, muß man dazusagen, daß nichts über die Geschwindigkeit drinsteht – aber die Reform, jede Reform, beginnt mit dem ersten Schritt oder gar nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung 9 Minuten. – Bitte.

11.44

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Finanzminister, Sie brauchen gar keine Witze über die Holländer zu machen, denn das trifft in Österreich genauso zu. Obwohl Kanzler Klima und seine Sozialministerin Lore Hostasch die große Trendwende auf dem Arbeitsmarkt ausrufen, sagt das IHS dazu, daß die Zahl der Vollbeschäftigten weiter im Sinken ist und die Zahl der Teilzeitjobs explodiert. Über die Holländer lachen Sie, und in Österreich haben wir das gleiche Problem. So geht es ja wirklich nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir erleben mittlerweile immer das gleiche Spiel. So hat Ihr Vorgänger, Finanzminister Klima, ein Belastungspaket für Österreich geschnürt. Er ging damals in die Presse und sagte: Das Budgetdefizit halten wir ein. Vielleicht unterschreiten wir es sogar um 500 Millionen Schilling. Es ist alles in Ordnung. Nebenbei sagte er noch in einer Fernsehsendung, daß 7 000 Postler ihren Arbeitsplatz nicht verlieren würden – aber sie haben ihn verloren. Sie gehen jetzt her und sagen: Das Budget ist in Ordnung. Wir halten im Budgetvollzug die Daten ein. Im Jahr 1998 wird das Defizit sogar um eine Milliarde Schilling geringer sein als prognostiziert. – Lesen Sie Ihre Einnahmen- und Ausgabenrechnungen nicht durch?

Das Glücksschwein, das Herr Kollege Stummvoll hier aufs Rednerpult gestellt hatte, hätte er Ihnen hinstellen müssen, denn Sie haben im Jahr 1998 mit dem Budgetvollzug mehr Glück als Verstand gehabt, und ich werde Ihnen ganz ehrlich sagen, warum. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Er war günstiger!) Sie haben für das Jahr 1998 Budgeteinnahmen in einer Größenordnung von 686 Milliarden Schilling prognostiziert, eingenommen haben Sie 711 Milliarden Schilling. Das heißt, Sie haben den Österreichern um 25 Milliarden Schilling mehr aus der Tasche gezogen, daher hätten Sie eigentlich das Budgetdefizit um 25 Milliarden Schilling reduzieren müssen. Aber nein! 24 Milliarden Schilling haben Sie zusätzlich ausgegeben. Damit ist beim Budgetvollzug ein nur um eine Milliarde Schilling geringeres Defizit übriggeblieben. Was ist denn das für ein Budgetvollzug!? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie werden doch überall wegen der Ausgabenexplosion in Österreich kritisiert. Im Jahr 1997 war der Zuwachs nur 0,2 Prozent, im Jahr 1998 sind Sie bereits bei 3,2 Prozent Ausgabenzuwachs angelangt. Nur sieben Staaten sind schlechter als wir, und da gehen Sie her und sagen: Der Budgetvollzug ist in Ordnung, die Steuerreform ist klaß, die österreichische Bevölkerung wird in einer Größenordnung von 30 Milliarden Schilling entlastet. Mehr habe ich nicht, und ich kann auch nicht mehr tun, denn ich will nicht in den Finanzausgleich mit den Ländern eingreifen!

Was tun Sie denn hier? – Sie greifen ja auch in den Finanzausgleich gegenüber den Ländern ein. Sie nehmen ja den Ländern Geld weg beziehungsweise überweisen Sie ihnen weniger. (Abg. Mag. Schweitzer: Da schau her!) Zum Glück gibt es die Beilage in der Regierungsvorlage für das Jahr 2000: Einkommensteuer: 15,1 Milliarden Schilling, Umsatzsteuer: 1 Milliarde Schilling, Kapitalverkehrssteuer: 0,2 Milliarden Schilling, sonstige Abgaben: 0,1 Milliarden Schilling. Summe: 16,4 Milliarden Schilling. Davon nehmen Sie den Ländern 2,7 Milliarden Schilling, den Gemeinden noch einmal 2,3 Milliarden Schilling weg. Außerdem reduzieren Sie die Bedarfszuweisungen an die Länder um 1,4 Milliarden Schilling. (Bundesminister Edlinger: Und wieviel weniger hat der Bund?) Der Bund hat 10 Milliarden Schilling. Und da wollen Sie sagen, das sei die große Steuerreform? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Ein Wegelagerer!)

Wir haben Ihnen schon damals beim Budgetvollzug 1998 gesagt, daß dieses Budget keine strukturellen Maßnahmen beinhaltet. Sie haben sich beim Budget 1998 damit beholfen, daß Sie Steuerguthaben in der Größenordnung von 15,6 Milliarden Schilling einfach auf Einnahmen umgebucht haben. Das heißt, Forderungen, Steuerforderungen des österreichischen Steuerzahlers Ihnen gegenüber haben Sie, obwohl Sie genau wissen, daß Sie diese wieder zurückzahlen müssen, als Einnahmen verbucht. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist ein Trickser!) Okay, das ist maastrichtkonform. (Abg. Mag. Schweitzer: Ein Taschenspieler!)

Durch all diese Einmalmaßnahmen haben Sie Steuereffekte erzielt. Wir haben Ihnen damals vorgehalten, daß Sie Bedarfszuweisungen für die Pensionen, für das Arbeitsmarktservice viel zu niedrig angesetzt haben. Wir haben Ihnen damals all das vorgerechnet, und summa summarum ist etwas herausgekommen, was zeigt, daß nicht wir Freiheitlichen damals die Blöden waren, sondern daß wir die Ansätze richtig interpretiert haben. Sie haben das Budget falsch dargestellt. Und deswegen haben Sie keinen Platz! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer – in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Edlinger –: Das ist ja ein Wahnsinn! Stimmt das?)

Das, was Sie hier betreiben, ist keine Steuerreform, obwohl Sie selbst gesagt haben, daß Sie eine Steuerreform machen wollen, die den Titel "Reform" wirklich verdient. Ich denke da zurück, etwa an den 25.3.1998: Bundesminister Edlinger führte im Plenum aus, daß "eine Steuerreform danach zu bewerten ist, in welchem Maß sie Strukturen neu ordnet, vereinfacht, Ungerechtigkeiten beseitigt und zur sozialen Ausgewogenheit beiträgt." (Bundesminister Edlinger: Ist das nicht gut?) Okay, paßt, gut.

Am 15.4.1998 sagten Sie, Herr Finanzminister: "Wir streben eine Steuerreform ... an, eine Steuerreform mit dem Ziel der Entlastung des Faktors Arbeit, eine Steuerreform, die auch die Umschichtungspotentiale auslotet. Denn eine Steuerreform kann und darf nicht ausschließlich nach der Absenkung irgendwelcher Tarifsätze beurteilt werden, sondern nach dem strukturellen Effekt."

Was ist davon übriggeblieben? Wo ist der strukturelle Effekt? Sie haben hier lediglich irgendwelche Tarifanpassungen vorgenommen, Tarifanpassungen, die nichts mit einer Steuerreform zu tun haben, sondern eine reine Absenkung diverser Tarife ist, um vor der Wahl den österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern irgendwelche Geschenke zu geben, aber Sie geben ihnen nicht einmal das zurück, was Sie allein im Jahr 1998 mehr an Steuern eingenommen haben. Das waren nämlich 25 Milliarden Schilling! (Bundesminister Edlinger: Alles von der Lohnsteuer?) Nicht einmal das geben Sie ihnen zurück! (Bundesminister Edlinger: Alles von der Lohnsteuer?)

Sie wissen doch ganz genau, daß allein die Lohnsteuer gegenüber der Prognose um 5 Milliarden Schilling höher war (Bundesminister Edlinger: Mehr Arbeitsplätze!), daß allein die Gewinnsteuer ... – Mehr Arbeitsplätze? Das, was Sie da sagen, ist kompletter Unsinn! (Abg. Dr. Nowotny: Bedenken Sie Ihre Wortwahl! – Zwischenbemerkung von Bundesminister Edlinger.) Wofür haben wir die IHS-Studie? – Die IHS-Studie besagt doch, daß die Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze auf Kosten der Zahl der Vollzeitarbeitsplätze ging. Es wurden in der letzten Zeit viel mehr Teilzeitjobs geschaffen. (Abg. Dr. Nowotny: Aber die Erwerbsquote bei uns ist höher als jene in Holland!) Diese Zahlen verfälschen die Arbeitslosenstatistik; das ist der Grund. Mit diesen manipulierten Daten können Sie heute in der österreichischen Bevölkerung nicht mehr reüssieren (Abg. Dr. Nowotny: Sie verstehen es nur nicht!), denn der österreichischen Bevölkerung ist ganz klar bewußt, daß es eben mehr Arbeitslose in Österreich gibt, als Sie in der Statistik angeben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Das versteht jeder Arbeitslose in Österreich!)

Herr Finanzminister! Sie kommen jetzt mit irgendwelchen strukturellen Effekten daher, wodurch sich die Kaufkraft erhöhen wird. Ja gut, die Kaufkraft wird sich erhöhen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Hoffentlich!) Hoffentlich wird sie sich erhöhen. Aber wir mit unserem Modell der "Flat-tax" haben darauf abgestellt, daß es ein einfaches Steuersystem ist, das überschaubar ist. (Zwischenrufe des Abg. Dr. Nowotny.) Herr Kollege Nowotny, hätten Sie die budgetären Maßnahmen vorher getroffen (Abg. Dr. Nowotny: 70 Milliarden!), dann hätten Sie die Möglichkeit gehabt, eine Steuerreform durchzuziehen.

Wer hat denn mit den Ausgabeneinsparungen angefangen? – Herr Kostelka ging nach der Wahl im Jahre 1994 in die "Pressestunde" und sagte: Beim nächsten Budget gibt es überhaupt kein Problem. Wir werden 100 Milliarden Schilling einsparen! – Kollege Kostelka im O-Ton. (Abg. Dr. Kostelka: Das haben wir auch gemacht!)

Das zweite: Bei der Debatte über die Budgetkonsolidierung ist der damalige Finanzminister hergegangen und hat gesagt, es wird Steuererhöhungen geben, es wird ein Gesamtpaket in der Größenordnung von 100 Milliarden Schilling geben; ein Drittel davon werden Steuererhöhungen, zwei Drittel werden Ausgabeneinsparungen sein. – Sie haben die Worte selbst in den Mund genommen, Kollege Nowotny. Nehmen Sie sich einmal ernst! (Abg. Dr. Nowotny: Ich nehme mich ernst!) Sie können nicht immer irgend etwas anderes sagen als das, was vorher schon Kollegen von Ihnen gesagt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Herr Kollege Kostelka damals in der "Pressestunde" nicht die 100 Milliarden Schilling in den Mund genommen hätte, dann würde ich es hier nicht sagen. (Abg. Dr. Nowotny: Wir haben doch die Konsolidierung durchgeführt!) Wenn ich hier fälschlicherweise etwas anderes sage, dann können Sie, Herr Kollege Kostelka, herausgehen und hier eine tatsächliche Berichtigung machen. Aber diese 100 Milliarden Schilling haben Sie in den Mund genommen, die zwei Drittel Ausgabeneinsparungen haben Sie in den Mund genommen. (Abg. Dr. Nowotny: Wir haben konsolidiert! – Abg. Dr. Kostelka: Ist das Budget konsolidiert worden oder nicht?)

Was ist im Endeffekt herausgekommen? – Genau das Gegenteil! Genau das Gegenteil, und deswegen haben Sie ein Flickwerk gemacht. Statt das Budget zu sanieren, nämlich wirklich zu sanieren, und zwar von Grund auf zu sanieren, haben Sie nur eine Flickarbeit gemacht. Das ist das gleiche, als würde jemand, bei dessen Haus die Fassade schlecht ist und herunterzubröckeln beginnt, statt den Putz herunterzuschlagen und alles neu zu verputzen und neu zu bemalen, den alten Putz oben lassen, nur ein bißchen Malter draufpatzen und ein bißchen Farbe drüberstreichen. Genauso haben Sie es gemacht, aber mittlerweile ist nicht nur die Farbe abgeblättert, sondern es bröckelt der ganze Putz herunter. Und das wird Sie einholen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das wird Sie einholen, und deswegen haben Sie die Kompetenz der Steuerreformkommission mißbraucht. Sie haben die Kompetenz der Steuerreformkommission insofern mißbraucht, als es sich hiebei um ein Expertenkomitee gehandelt hat. Sie haben sie deshalb mißbraucht, weil Sie diesen Experten kein Spielkapital in die Hand gegeben haben. Sie haben gesagt: Ihr müßt eine aufkommensneutrale Steuerreform machen, sie darf keinen Schilling mehr kosten! – Daß Sie überhaupt bereit waren, irgend etwas herzugeben, hat unsere Debatte über die "Flat-tax" bewirkt, denn damit haben wir Sie in Zugzwang gebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Jawohl! – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Dr. Nowotny: Sie sind der letzte, der das glaubt!)

Durch diesen Zugzwang ist der österreichischen Bevölkerung zumindest etwas zugute gekommen, denn mit den Vorgaben, die Sie Ihrer Steuerreformkommission gemacht haben, wollten Sie den österreichischen Steuerzahlern keinen Schilling zurückgeben, sondern ihnen immer mehr das Geld aus den Taschen ziehen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Bravo! Bravo! Ja, ja, da reißen Sie die Augen auf, wie der gut geredet hat!)

11.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer, der Herr Bundesminister hat sich gerade zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister. (Abg. Mag. Schweitzer: Aber jetzt soll er bei der Wahrheit bleiben! – Abg. Dr. Nowotny: Was soll das?! – Abg. Dr. Niederwieser: Das ist eine Frechheit! – Abg. Mag. Schweitzer: Wieso denn? Weil es wahr ist!)

11.54

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ein paar Bemerkungen zu dem soeben Gehörten machen (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), weil man manches nicht so im Raum stehen lassen kann, wobei ich es mir eigentlich, gerade was die Kritik der Wirtschafts- und der Finanzpolitik der letzten Jahre betrifft, wie sie eben von Herrn Abgeordneten Trattner geäußert worden ist, einfach machen kann.

Ich nehme ganz einfach eine international renommierte Organisation, die in den letzten Tagen die österreichische Finanz- und Wirtschaftspolitik analysiert und kritisiert hat, nämlich die OECD. Ich möchte Ihnen einige wenige Passagen zur Kenntnis bringen, die immerhin auch in der renommierten "Neuen Zürcher Zeitung", die normalerweise der österreichischen Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht so positiv gegenübersteht, wiedergegeben wurden:

"In ihrem jüngsten Länderbericht zollt die OECD der österreichischen Bundesregierung Lob für die in den letzten Jahren in verschiedenen wirtschaftspolitischen Teilbereichen vorangetriebenen Strukturreformen. In der Tat ist nicht zu verkennen, daß nach dem EU-Beitritt einiges unternommen wurde, um wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen zu schaffen und den Standort Österreich zu sichern."

Weiters heißt es: Zu den Erfolgen der letzten Jahre läßt sich etwa die Fortführung der finanzpolitischen Konsolidierung auf Bundesebene zählen, die sich in einer Reduktion des Haushaltsdefizits von 5 Prozent im Jahr 1995 auf zuletzt rund 2 Prozent zeigt. Der Gesamtschuldenstand der öffentlichen Hand glitt in derselben Zeit, nicht zuletzt dank der Privatisierung und Ausgliederungen von Staatsbetrieben, von 69 Prozent auf 63 Prozent zurück und soll bis zur Jahrtausendwende die vom Maastrichter Vertrag vorgegebene Quote von 60 Prozent erreichen.

Ich glaube, dem muß man gar nicht viel hinzufügen. Die OECD ist eine eher sehr kritische Organisation. (Abg. Böhacker: Seite 45, zweiter Absatz! Lesen Sie das auch vor! – Abg. Marizzi: Das ist ein Mickymaus-Heft! Klapp es zu!) Ich glaube, daß dieses Resultat wichtig ist.

Wenn mir irgend jemand unterstellen möchte, daß ich meine, daß mit dieser Steuerreform auf alle Zeit alle strukturellen Fragen der Republik Österreich gelöst sind, dann mißversteht er mich. Ich glaube, die Politik ist ständig aufgefordert, Veränderungen vorzunehmen und auf die geänderten Rahmenbedingungen, die es gibt, Rücksicht zu nehmen.

Aber ich möchte Ihnen, sehr geehrter Herr Abgeordneter Trattner – ich wollte es eigentlich nicht, weil ich meine, daß man von der Regierungsbank aus nicht polemisieren soll; das tue ich auch nicht,  das  kann  ich  überhaupt  nicht  (lebhafte  Heiterkeit  bei  der  SPÖ  und  dem  Liberalen Forum) –, doch ein bißchen in gleicher Münze antworten: Was soll ich als Finanzminister tun, wenn ich mir dieses Paket mit von Ihnen urgierten Anträgen, die da liegen, anschaue und sie ein bißchen analysiere? Ich habe ein wenig das Gefühl, daß vor allem Sie, da Sie mehrfach in diesen Anträgen als Antragsteller aufscheinen, unter einer beachtlichen Vergeßlichkeit betreffend den Inhalt Ihrer Anträge, wie sie seit dem Jahre 1996 gestellt wurden, leiden.

Wenn ich mir das anschaue – gestatten Sie mir, daß ich das wirklich in aller Freundlichkeit und völlig unemotionell tue –, so finde ich hier den Antrag 49/A aus dem Jahre 1996 betreffend eine Anhebung des Investitionsfreibetrages um 3 Prozentpunkte, den Antrag 45/A, ebenfalls aus dem Jahre 1996, betreffend die steuerliche Begünstigung der Kapitalaufbringung durch neue Sonderausgaben, den Antrag 259/A aus dem Jahre 1996 betreffend die Einführung mehr als komplizierter Sonderabschreibungen für Bauherrenmodelle, den Antrag 205/A aus dem Jahre 1996 betreffend die völlige Steuerfreistellung von Überstundenzuschlägen, den Antrag 336/A aus dem Jahre 1996 betreffend eine Steuerbegünstigung für die Mietzinsreserve, andererseits aber dann einen Antrag aus dem Jahre 1998 betreffend faire Steuern, in dem eine Radikalvereinfachung des Steuerrechtes, das Streichen sämtlicher Ausnahmebestimmungen, die Sie noch zwei Jahre vorher von uns verlangt haben, insbesondere und ausdrücklich auch der nunmehr plötzlich als sinnlos angesehenen Erhöhung des Investitionsfreibetrages, gefordert und die Kompliziertheit des Steuerrechtes kritisiert wird. – Das ist nur ein Paket.

Oder nehmen wir den Antrag 45/A aus dem Jahre 1996. In diesem wird beklagt, daß der Finanzminister scharf gegen Verlustabschreibegesellschaften vorgeht. Vielleicht lag das am damaligen Mitantragsteller Rosenstingl, der offenbar eine besondere Einstellung zu Verlusten gehabt hat. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Weiters wurden zum Beispiel im Antrag 259/A aus dem Jahre 1996 weitreichende Abschreibungsbegünstigungen für Bauherrenmodelle gefordert. Andererseits wurde 1998 – was ist wohl in den zwei Jahren dazwischen geschehen? – gerade das Bestehen von Steuerschlupflöchern in Form von Abschreibegesellschaften und Bauherrenmodellen gegeißelt. Diese Geißelung hat Abgeordneter Gaugg in einer Fragestunde im November 1998 noch wiederholt.

Zum dritten – damit schließe ich das ab, aber man könnte es beliebig fortsetzen – wird einerseits in Ihrem Antrag 43/A aus dem Jahre 1996 von Abgeordneten Ihrer Fraktion die Einführung von Energiesteuern mit einem Aufkommen von 42 Milliarden Schilling zur Finanzierung einer Absenkung der Lohnnebenkosten gefordert. (Abg. Hagenhofer: Da werden sich aber die Arbeitnehmer freuen!) Andererseits haben Sie einen Vorschlag der Steuerreformkommission, der ein viel kleineres Ausmaß vorsah, massiv kritisiert. Sie haben gesagt, daß dies in erster Linie die Kleinen trifft, obwohl diese Überlegungen der Steuerreformkommission – die wir aus guten Gründen nicht aufgenommen haben – genau für die Absenkung der Lohnnebenkosten vorgesehen waren. (Abg. Mag. Trattner: Jetzt halten Sie mir das vor! Ihre Untätigkeit!)

Sie haben also zwischen 1996 und 1998 in Ihren Anträgen derartige steuerliche Kapriolen aufgeführt, daß man das leider nicht ernst nehmen kann, und das bedauere ich wirklich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Marizzi – in Richtung Freiheitliche –: Sie stellen Anträge und wissen nicht, was Sie wollen! – Abg. Böhacker: Staribacher forderte es, und Sie sind dagegen! Ein ständiges Ändern! – Abg. Dr. Kostelka: Nein, das ist freiheitlicher Steueropportunismus!)

12.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.01

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollegen Böhacker muß ich, wenn er so laut schreit, sagen: Die Wahrheit muß auch Kollegen Böhacker zumutbar sein, auch wenn sie aus dem Mund des Finanzministers kommt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Böhacker: Halleluja!) Nein, das ist nicht Halleluja, es ist aber eine andere Art der Politik. Ich glaube, das gilt es auch in einer derart umfassenden Form der Diskussion der Steuerreform darzustellen.

Kollege Böhacker! Ich habe mir deine Rede selbstverständlich gut angehört. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich habe dir bis jetzt auch zugehört!) Aber es ist immer die Frage, ob man bei jeder einzelnen Maßnahme, die gesetzt wird, prinzipiell dagegen ist (Abg. Böhacker: Warst du im Ausschuß?) – selbstverständlich war ich im Ausschuß! (Abg. Böhacker: Warst du nicht!) – oder ob man Politik als die Kunst des Möglichen auffaßt und gestaltend für etwas eintritt. (Abg. Böhacker: Aha!) Wir haben die Variante gewählt, für etwas zu sein und nicht ganz einfach und simpel dagegen zu sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Gaugg: Das ist eine gefährliche Drohung! Das ist genau der Punkt: steigende Arbeitslosigkeit ...!)

Zweitens: Es ist hier gesagt worden, daß das ein kleines Reförmchen, ein kleines Schritterl ist. (Abg. Böhacker: Das sagen alle!) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Böhacker! Lassen Sie mich hier unser Verständnis davon darlegen. Für uns bedeutet Steuerreform ganz einfach Steuerentlastung und Steuersenkung. Das ist unser Begriff der Reform! Immerhin 30 Milliarden Schilling stellen eine ungeheuer starke Reform dar, eine Senkung, die sich herzeigen läßt und dem einzelnen auch etwas bringt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nächster Punkt: Der eine oder andere hat gesagt, es sei nicht in ausreichendem Ausmaß zu einer Ökologisierung gekommen, es gebe keine ausreichenden Entlastungen im Bereich der Lohnnebenkosten. Auch diesbezüglich haben wir eine andere Vorstellung von sinnvoller Politik. Eine sinnvolle Politik ist aus unserer Perspektive nicht diejenige, die sagt: Wenn nicht alle Wünsche mit einem Schritt erledigt werden können, dann machen wir gar nichts. Statt dessen sagen wir: Sinnvolle und verantwortungsvolle Politik besteht darin, daß man jene Maßnahmen ergreift, die zum gegebenen Zeitpunkt möglich und finanzierbar sind. Wir sind bis zum Letzten des Ausreizbaren gegangen, was wir in dem Volumen an Steuerentlastung unterbringen konnten. Dazu stehen wir auch! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Böhacker: Einen Schritt nach vorn, zwei zurück!) – Blödsinn!

Ich möchte auch etwas dazu sagen, was es bedeutet, wofür wir stehen. Wir stehen eindeutig für folgendes: Wir haben uns im Rahmen dieser Steuerentlastung zwei große Reformschritte vorgestellt. Einerseits wollen wir eine fühlbare, substantielle – Kollege Stummvoll hat gesagt: größtmögliche – Form der Entlastung für den einzelnen Lohn- und Einkommensteuerzahler erreichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! 17 000 Millionen Schilling sind kein Schritterl und auch kein Reförmchen, sondern das ist eine gewaltige Entlastung, die jeder Steuerzahler mit 1. Jänner 2000 als Mehr in seiner Geldbörse empfinden wird. Das ist Politik dieser Regierung, und dazu können die Österreicher, glaube ich, auch ja sagen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Gaugg: Irgendwann habt ihr von einer Lohnnebenkostensenkung gesprochen!)

Außerdem muß Politik immer Werte zum Ausdruck bringen. Ja, ich sage sehr offen: Wir bekennen uns zur Förderung und zur Unterstützung der Familien. Warum? – Weil wir glauben, daß die Familie in unserer Gesellschaft die wesentliche Form des Fundaments des Zueinanders, des Miteinanders und des Füreinanders darstellt.

Wenn wir hier sagen können, daß ein Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern vom 1. Jänner 2000 an pro Monat 1 400 S an Entlastung haben wird oder daß es bei zwei Verdienern zu einer Entlastung in Höhe von rund 1 800 S pro Monat kommen wird, sodaß diese Verdiener pro Jahr netto 22 000 S mehr zur Verfügung haben werden, dann können wir sagen, daß das ein konkreter Ausdruck einer wertorientierten Politik ist. Dazu können wir stehen, das ist eine Umsetzung dessen, wofür wir immer eingetreten sind. Das ist Politik dieser Bundesregierung! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gaugg: 13 Jahre habt ihr gebraucht, um jetzt diese Ergebnisse zu haben!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! 22 000 S netto, das ist mehr als ein zusätzliches Monatsgehalt eines Durchschnittsverdieners in Österreich. Und das soll ein Schritterl sein? Das soll als Reförmchen abgewertet werden? – Meines Erachtens verdient es diese Reform, als größte Steuerentlastung in der Zweiten Republik bezeichnet zu werden. Wir sind stolz darauf, nach echten, langen Diskussionen dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet zu haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In einem Satz ausgedrückt: Wir stehen in der Steuerpolitik für Entlastung und bekämpfen Belastung! Dieses Denken bringt unsere Politik zum Ausdruck.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Laufe der paar Monate, in denen diese Steuerreform diskutiert wurde, sind einige Ideen aufgetaucht, die nicht entlastet, sondern belastet hätten. Das gilt auch für einen Vorschlag des Liberalen Forums; weil wir uns ein bißchen mit den einzelnen Vorrednern auseinandersetzen sollen, nehme ich beispielsweise einen Vorschlag des Liberalen Forums. Es war das Liberale Forum, das im Zuge der verschiedenen Debatten gesagt hat: Ja, das Liberale Forum tritt für die volle Besteuerung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes ein! (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sage hier für die Volkspartei: Das Weihnachts- und Urlaubsgeld muß für die Österreicherinnen und Österreicher voll steuerlich begünstigt erhalten bleiben! Das ist ein klarer Standpunkt, den wir hier verankert wissen wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es sollen Gegensätze aufgezeigt werden. Nur im Gegensatzpaar ist Politik erkennbar. Ich denke, man soll auch dem Liberalen Forum hier in der Öffentlichkeit sagen: Sie hätten wesentliche Belastungen für den einzelnen Steuerzahler hervorgebracht. Dagegen haben wir uns erfolgreich gewehrt, und wir sind froh, das Liberale Forum nicht als gestaltende Kraft in dieser Regierung verankert zu haben! (Beifall bei der ÖVP. – Widerspruch beim Liberalen Forum.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es hat beispielsweise auch Diskussionen über eine wesentliche Erhöhung der Einheitswerte gegeben. Wir haben klar gesagt: Wir wollen nicht haben, daß jede Eigentumswohnung stärker belastet wird, daß jeder Gartenbesitz stärker belastet wird und daß jedes Haus in höherem Ausmaß steuerlich belastet wird! Ich kann am Ende dieser Diskussion sagen, daß wir uns durchgesetzt haben. Die Einheitswerte – und damit auch die Bemessungsgrundlagen für Grundsteuer et cetera – sind gleich niedrig geblieben! Das ist etwas, was wir sämtlichen Hausbesitzern, Eigentumswohnungsbesitzern und Gartenbesitzern sagen können. Es ist das eine klare Botschaft einer positiven Haltung bei dieser Steuerreform. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben neben diesen 17 000 Millionen Schilling an Entlastung für Lohn- und Einkommensteuerzahler und neben diesen 12,6 Milliarden Schilling an realer Entlastung für die Familien eine Reihe von Zukunftsaspekten vorzuweisen, die den Wandel, den Kollege Peter in seiner Definition der Reform gefordert hat, klar zum Ausdruck bringen. Es ist die Frage der sehr starken Entlastung für die Erben von Betrieben enthalten, es ist die Entlastung für Fortbildung und Ausbildung enthalten, es sind die Altersvorsorgeaspekte enthalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir können für dieses Steuervorhaben zum 1. Jänner 2000 zusammenfassend sagen: Damit ist ein großes Paket an Entlastungen möglich geworden, sind Impulse für zukunftsträchtige Neuerungen für das nächste Jahrtausend eingeleitet worden. Insgesamt ist das die größte Steuerentlastungsoffensive der Zweiten Republik. Wir sind froh darüber, daß wir, die Regierungsparteien, gemeinsam die Arbeit dazu geleistet haben. Wir sagen dazu heute ein eindeutiges und klares Ja! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.12

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist wirklich wesentlich einfacher, wenn man das Glück hat, unmittelbar nach Kollegen Höchtl sprechen zu können, denn er liefert so viel an wirklich sachlichen Beiträgen und an Fachkompetenz, daß es einfach eine Freude ist, daran anzuknüpfen (Abg. Dr. Lukesch: Er liefert die richtigen Botschaften!) – allerdings leider, leider mit Unsachlichkeiten, Halbwahrheiten und vielleicht auch in Unkenntnis. (Abg. Dr. Höchtl: Seid ihr nicht für die Abschaffung der steuerlichen Begünstigungen eingetreten?)

Herr Kollege Höchtl! Wir bestreiten das keine Sekunde lang, im Gegenteil, wir fordern geradezu, daß das Jahreseinkommen die Grundlage für die Steuern sein sollte – selbstverständlich bei gesenkten Tarifen! Denn wir halten es für unzweckmäßig, daß es für Sie, Herr Höchtl, einen Grenzsteuersatz von 43 Prozent gibt, hingegen für die sogenannten neuen Selbständigen und alle anderen Selbständigen einen Grenzsteuersatz von 50 Prozent. Das halten wir für untauglich. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Barmüller: Die Abkassierer!)

Wenn man den Unselbständigen eine Kompensation für die geringeren Gestaltungsmöglichkeiten geben muß, dann wird das auch ein Thema sein. Dann wird man sich eben überlegen, inwieweit nicht tatsächlich Fort- und Weiterbildung sowie lebensbegleitendes Lernen auch bei Unselbständigen entsprechende steuerliche oder transfermäßige Anwendung finden. Verstehen Sie mich, Herr Kollege Höchtl?

Ich halte es für zynisch, wenn Sie in einer Zeit, in der die atypischen Beschäftigungsverhältnisse explodieren und die neue Selbständigkeit eine der wenigen Chancen ist, Beschäftigung wirklich flächendeckend darzustellen, die Einkommen dieser Leute mit 50 Prozent besteuern, sich selbst aber Ihre 43 Prozent erhalten wollen. Das finde ich nicht gut, Herr Höchtl! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das ist der falsche Schulterschluß, Herr Kollege Höchtl, das ist der falsche Schulterschluß mit dem Boulevard! Denn auch Sie haben in der "Kronen Zeitung" gelesen, daß das 13. und 14. Gehalt heilig sind, weil den Leuten von Ihnen suggeriert wird, daß man ihnen Einkommen wegnehmen will. In Wirklichkeit aber wollen wir Steuergerechtigkeit herstellen, und das selbstverständlich bei niedrigeren, nicht bei höheren Sätzen. Wenn Sie all das nicht sagen, dann ist das billige Polemik!

Außerdem ist es offenbar auch ein Versuch, die Bürokratie aufrechtzuerhalten, die selbstverständlich viel komplexer ist, wenn mit unterschiedlichen Prozentsätzen ein Mischprozentsatz ausgerechnet werden muß, als wenn einheitliche Prozentsätze angewendet werden können. (Abg. Mag. Barmüller: Höchtl spricht für seine eigene Tasche!) Welchen Sinn macht es denn, daß die Vorstandsdirektoren der großen österreichischen Banken ein Sechstel ihres Jahreseinkommens de facto überhaupt nicht versteuern müssen? Welchen Sinn macht das? Was hilft das den von Ihnen so häufig zitierten Beziehern mittlerer und unterer Einkommen? – Überhaupt nichts! (Abg. Mag. Barmüller: 20 Jahre lang ein arbeitsloses Einkommen kassiert, und das noch dazu begünstigt!)

Daher ist das nichts anderes als das krampfhafte Aufrechterhalten eines Steuerprivilegs, von dem im Effekt ausschließlich die Spitzenverdiener im unselbständigen Bereich etwas haben, also die Bankdirektoren, die Abgeordneten dieses Hohen Hauses und ähnliche Gestalten, deren Beliebtheit in der Bevölkerung aus diesen Gründen zu Recht niedrig ist, Herr Kollege Höchtl – zu Recht! (Abg. Koppler: Wo würden Sie die Grenze ansetzen?)

Die Grenze ergibt sich dadurch, daß wir die unteren Einkommen überhaupt steuerfrei haben wollen und daß dann eine ganz flache Kurve ansetzt. Sie müssen immer das gesamte Ergebnis anschauen, schauen, was jemand wirklich zahlt, der 20 000, 25 000, 15 000 S im Monat hat, und zwar 14mal, unter Anwendung Ihres sehr komplexen Systems. – Das ist der Parameter, die Jahressteuerlast ist der Parameter.

Das ist die These, die wir vertreten. Nur deswegen, weil sie sich dafür eignet, daß man verleumdet werden kann, gehen wir nicht davon ab! Denn es ist sachlich richtig, das gesamte Jahr und nicht nur einen Monat zu betrachten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daher meine ich – da können Sie mit wem auch immer reden, in der Finanzverwaltung oder sonstwo, da wird Ihnen jeder recht geben –, es ist selbstverständlich nicht die Sache der Finanzexperten, Politik zu machen. Sie sagen, was sie für vernünftiger halten würden, aber sie machen dafür keine öffentliche Propaganda. Das ist auch verständlich, weil das nicht das Geschäft der Experten ist. Wenn aber dann diejenigen, die das in den Parlamenten öffentlich vertreten müssen, die Leute sozusagen bewußt irreführen, dann ist das schlecht.

Damit habe ich Kollegen Höchtl hoffentlich zumindest ansatzweise klargemacht, worum es geht. Es wird genug Menschen geben, die diese Argumente nicht glauben werden, Herr Kollege Höchtl! Es wird auch viele geben, die Ihnen darauf hereinfallen werden, denn Sie werden Ihre Anciennität, Ihren ÖAAB, Ihren Wirtschaftsbund und alle Argumente dieser Welt, die nur auf der Oberfläche schwimmen, verwenden. Im Substrat sind Ihre Argumente deswegen um keinen Millimeter besser geworden, allerdings sind sie vielleicht zur Vernebelung geeignet.

Ich komme jetzt zur Steuerreform 2000. Ich möchte dazu sagen, daß im Jahre 2000 – Gott sei Dank – das 20. Jahrhundert endet und nicht das 21. Jahrhundert beginnt. Das 21. Jahrhundert beginnt ja erst 2001; Sie wissen, daß das Jahr 2000 das letzte Jahr des 20. Jahrhunderts ist. Daher ist diese Reform – Gott sei Dank! – nicht unter den Anspruch zu stellen, daß sie eine Jahrhundertreform oder gar eine Jahrtausendreform ist. Dafür haben wir noch alle Chancen dieser Welt.

Wir können nämlich die wirkliche Reform 2001 machen. Diese kann man dann sogar mit dem Finanzausgleich synchronisieren. Sie werden mir darin recht geben, daß eine seriöse, umfassende Reform überhaupt nur dann möglich ist, wenn mit dem Finanzausgleich synchron gefahren werden kann. Sonst können Sie nur kosmetische Dinge machen oder Wahlkampfeffekte generieren.

Das hat auch etwas für sich. Ich verstehe ja, daß Sie mit diesem Papier auch Wahlkampf betreiben müssen. Das verstehe ich, denn wozu sonst würden Sie regieren, wenn Sie nicht mit Steuergeld auch Wahlkampf betreiben würden? – Das ist so, und so machen Sie es auch beim NAP auf den PR-Seiten. Aber eine wirkliche Reform setzt eine Synchronisation mit dem Finanzausgleich voraus, und dieser wird nicht heuer, sondern erst in gut einem Jahr neu verhandelt.

Daher meine ich, daß das jetzt bestenfalls sozusagen ein kleiner Pilotfisch ist, damit Sie vor dem 3. Oktober in die Lage versetzt werden, irgend etwas herzuzeigen. Aber eine wirklich umfassende Reform, Herr Staatssekretär – ich sehe, daß Sie beschäftigt sind, Herr Staatssekretär (Abg. Ing. Langthaler spricht mit dem auf der Regierungsbank sitzenden Staatssekretär Dr. Ruttenstorfer) –, eine wirklich umfassende Reform, ich glaube, das werden Sie mir zugeben müssen, ist das nicht. Sie ist zwar umfangreich, aber umfangreich heißt nicht umfassend. Denn "umfassend" würde auch "strukturell" heißen, und strukturell sehe ich nur sehr wenig.

Daher darf ich zunächst den Entschließungsantrag meiner Fraktion noch einmal zur Verlesung bringen, der lautet:

xxx vgl. Entschließungsantrag

"Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, ehebaldigst, spätestens aber bis zum 1. September 1999 eine Ausgabenreformkommission einzusetzen. Diese soll aus Steuer- und Budgetexperten sowie Experten des Verwaltungsmanagements bestehen. Die Kommission soll Vorschläge zu folgenden Themenbereichen erarbeiten:

Senkung der Ausgaben des Bundes, um bis zum Jahr 2005 die Abgabenquote auf das Niveau der beginnenden neunziger Jahre zurückführen zu können.

Schaffung von budgetären Spielräumen, um eine substantielle Entlastung des Faktors Arbeit zu ermöglichen.

Einarbeitung und Weiterentwicklung der Ergebnisse der Steuerreformkommission als Voraussetzung für eine Neuordnung der staatlichen Einnahmen in den nächsten fünf Jahren."

*****

Denn neben der Synchronisation mit dem Finanzausgleich ist eine der zentralen Voraussetzungen für ein echtes Reformvorhaben, daß Sie strukturelle Effizienzsteigerungen im System anstreben. Effizienzsteigerungen im System, das bedeutet, bei geringeren Ausgaben möglicherweise sogar mehr Leistung zu erbringen oder die gleichen Leistungen bei geringerem Aufwand zu erbringen. Das ist etwas, dem wir uns werden stellen müssen.

Es wird nicht möglich sein, die Aufgaben ad libitum zu finanzieren, ohne zu bedenken, daß eine Überlastung der Bürger und Steuerzahler letztlich das Gesamtsystem der Volkswirtschaft der Republik Österreich weniger leistungsfähig macht und nicht nur die einzelnen Bürger schwer schädigt, weil ihr Nettoeinkommen laufend sinkt, sondern auch die Leistungsbereitschaft allgemein sehr stark beeinträchtigt. (Abg. Dr. Lukesch: Sagen Sie doch wo! Weniger Sicherheitsbeamte – sagen Sie es doch!) Sie sind darauf angewiesen! Herr Kollege Lukesch, gerade Sie müßten es wissen, denn Sie sind, wie ich glaube, habilitiert! (Abg. Dr. Lukesch: Weniger Lehrer – sagen Sie es doch!) Sie als Universitätsprofessor müßten das wissen, also bleiben Sie bitte sachlich! Seien Sie eine Zierde Ihres Standes und nicht eine Schande Ihres Standes, Herr Kollege Lukesch. Bleiben Sie daher sachlich! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich habe nur auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Höchtl polemisch reagiert, denn diese sind eine Einladung dazu. Eine strukturelle Reform setzt voraus, daß man sich auf der Ausgabenseite die Effizienzfrage stellt (Abg. Dr. Lukesch: Was denn genau? Sagen Sie es doch!), und zwar nicht nur die Frage, ob eine bestimmte Aufgabe notwendig ist – diese Frage muß man sich ständig stellen –, sondern, wenn die Aufgabe als notwendig erkannt wurde, auch die Frage, wie löse ich sie am effizientesten, das heißt, mit möglichst geringen Aufwendungen und dem größtmöglichen Output. Das ist eine ganz einfache Sache! (Abg. Dr. Lukesch: Das geht nicht! – Abg. Mag. Peter: Ruttenstorfer weiß, daß das geht!) Da das nicht über Nacht passieren kann, haben wir diesen Entschließungsantrag eingebracht.

Herr Kollege! Wenn Ihnen das nicht paßt, wenn Sie glauben, daß Sie immer so wirtschaften können wie in Ihrem Volkswirtschaftsinstitut in Innsbruck, dann machen Sie das dort, aber lassen Sie die österreichische Volkswirtschaft in Ruhe! Machen Sie das im Volkswirtschaftsinstitut in Innsbruck, aber lassen Sie die österreichische Volkswirtschaft mit Ihren Thesen in Ruhe! Kein Unternehmen dieser Welt könnte funktionieren, wenn es Ihre Denkweise hätte. Es ist halt immer schwierig, wenn sich reine Theoretiker äußern, wenn Leute, die ausschließlich trocken schwimmen, über das Überqueren des Ärmelkanals diskutieren. (Abg. Dr. Lukesch: Sie haben nicht einen Vorschlag gemacht, wie wir sparen sollen!)

Herr Kollege Lukesch! Ich liebe die Theorie, ich lobe die Theorie, aber die Theorie allein ist nicht ausreichend! (Abg. Dr. Lukesch: "Effizienz", "überprüfen" – aber Sie haben nicht gesagt, wie!) Eine der Qualitäten des Herrn Staatssekretärs – ich sage das ungern im Vorlauf eines Wahlkampfes, ungern! – ist, daß er von der realen Wirtschaft etwas versteht. Und das ist einfach angenehmer, denn man kann sich zwar mit ihm auch streiten, aber man hat wenigstens die Chance, auf derselben Faktenebene zu streiten, nämlich auf demselben Kenntnis- und Erfahrungsstand. Das ist schon sehr viel wert! Wenn einem ein Theoretiker sagt, daß man als Praktiker ein Depp ist, hat man das nicht so gerne.

Daher wiederhole ich: Wenn Sie keine strukturellen Hebel zur Effizienzsteigerung ansetzen, wird diese Reform das bleiben, was sie jetzt ist, nämlich zwar umfangreich, aber nicht wohlgelungen.

Ich möchte Ihnen das an folgendem Beispiel zeigen, obwohl ich damit vielleicht wieder in die Falle des Herrn Höchtl – er ist nicht anwesend – gerate: Wir sind der Meinung, daß alle Einkommensarten annähernd gleichartig besteuert werden sollten. Alle! Daher haben wir volles Verständnis dafür, daß man sich auch der Frage zuwenden muß, was mit thesaurierten Einkommen, die sich über Wertpapiere entwickeln lassen, geschehen soll. Was ist mit denen? Diese Frage muß man stellen! Nur, so wie Sie das gemacht haben, ist es weit weg von der Wirklichkeit des Lebens, nämlich ineffizient, teuer, bürokratisch, aufwendig! Außerdem haben Sie durch die Verlängerung der Einjahresfrist auf eine Zweijahresfrist, wenn Sie wirklich dieses Target gehabt haben sollten, dem Dreck eine Watsche gegeben, denn diese zwei Jahre sind auch irgendwann einmal vorbei!

Sie verhindern damit nur, daß sich der Finanzplatz Wien entwickeln kann, weil sich dadurch natürlich bestimmte Rhythmen verlangsamen. Das ist richtig, das schaffen Sie! Wenn Sie aber Verluste und Gewinne gegenrechnen wollen, dann machen Sie jeden Privaten zu seinem eigenen Steuereintreiber und die Banken machen Sie zu Bütteln der Finanzverwaltung. Sie privatisieren also zum Teil in einer ganz merkwürdigen Form, die eher schon an eine Steuerpacht des Mittelalters erinnert, das Steuerwesen. Das finden wir nicht gut! Der Finanzplatz Wien wird dadurch nicht aufblühen! Die Wiener Börse, die ohnedies ein Armutschkerl unter den europäischen und weltweiten Börsen ist, wird dadurch auch nicht wirklich florieren.

Begleitet wird das Ganze davon, daß die österreichischen Banken im Wertpapiergeschäft unverhältnismäßig hohe Spesen kassieren. Das wissen Sie! Sie können sich noch so verzweifelt abwenden, Herr Kollege Lukesch, Sie wissen, daß die Spesen, die die österreichischen Banken im Wertpapiergeschäft kassieren, unverhältnismäßig sind, sodaß man schon nennenswerte Aktiengewinne erzielen muß, damit man sich die Spesen der österreichischen Banken leisten kann.

Diese Spesen darf man zwar gegenrechnen – das ist also noch nicht so arg –, aber Sie sehen, was all das an Aufwand bedeutet! In einem Land, in dem die Wertpapiergesinnung ohnedies unterentwickelt ist, treiben Sie damit die Menschen weiterhin zurück in die konservativsten und unattraktivsten Sparformen. Wenn Sie das gerne hätten, verstehe ich Ihre Vorgangsweise, weil es ein guter Ansatz ist, die Bürger entmündigt zu halten und ihnen weiterhin Autonomie zu nehmen.

Daß die Lohnnebenkostenaspekte in der vorliegenden Reform nicht vorkommen, finde ich schade. Ich finde das schade, weil sie eine der wesentlichsten Schlüsselfragen für den Arbeitsmarkt sind. In der Reform kommen sie jedoch nicht vor!

Da man, weil man auch ein bißchen Sozialpolitik macht, weiß, daß sich die Bundesländer weigern, über neue Mechanismen in der Sozialhilfe mit dem Bund auch nur zu diskutieren – das wäre aber wichtig, um sich überlegen zu können, wie sich das auf den Finanzausgleich auswirken würde –, ist schon heute klar, daß auch im nächsten Finanzausgleich die Frage eines Bundesansatzes zur Angleichung von Sozialhilfestandards wieder nicht auf der Agenda stehen wird. Denn das wird das letzte sein, was Sie dann beim Raufen ums Geld im Finanzministerium interessieren wird, wenn es keine Vorgespräche gegeben hat. Solche Vorgespräche werden aber verweigert.

Das wiederum bedeutet aber, daß Sie keine Chance haben, auf diese Weise die Lohnnebenkosten zu senken, weil sich die Bundesländer mit Händen und Füßen dagegen wehren würden, wenn man sie auf der Sozialhilfeebene in die Pflicht nähme, ohne ihnen zu sagen, wie das finanziert werden soll. letztlich werden wir daher weiterhin so wie bisher traditionell, also völlig zu Lasten der unselbständig erwerbstätigen Arbeit – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – das Sozialhilfewesen über die Notstandshilfe finanzieren.

Es wird weiter zu Aussteuerungen kommen, die Arbeitskosten werden belastet bleiben. Es wird weiterhin eine Lenkungswirkung geben, und zwar hinaus aus dem Arbeitsmarkt und Ersatz durch andere Methoden oder Abwandern von Arbeit in billigere Länder. All das wird fortbestehen, weil kein gesamthafter Ansatz zustande gebracht werden kann. In einer Bundesregierung, die über alles und jedes streitet, ist das soweit auch kein Wunder!

Daher verstehe ich Ihre Euphorie über diese Steuerreform 2000. Denn in Ihren Augen muß es, da Sie doch nichts mehr gemeinsam zustande bringen, gigantisch sein, daß Ihnen überhaupt irgend etwas gelungen ist. Wenn man sich einmal auf irgend etwas geeinigt hat, hält man das dann sicher für großartig! Vor dem Hintergrund dessen aber, was notwendig gewesen wäre, ist das Ergebnis allerdings mehr als bescheiden und bestenfalls deswegen attraktiv, weil es einen interessanten Lehrstoff für die Volkswirtschaftslehre im 1., 2. und 3. Semester abgibt, anhand dessen man den Studenten zeigen kann, wie man es nicht machen soll. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

12.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag betreffend Einsetzung einer Ausgabenreformkommission, den Herr Abgeordneter Dr. Kier soeben verlesen hat, ist geschäftsordnungsgemäß überreicht und steht mit zur Verhandlung.

Ich erteile nun Frau Abgeordneter Hagenhofer das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.28

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Kier, Sie meinten, die Steuerreform sei nicht wohlgelungen. Ich halte die Steuerreform für wichtig und notwendig und meine im Gegensatz zu Ihnen, daß sie belebend, nämlich wirtschaftsbelebend wirken wird. Warum? – Ich werde das im folgenden begründen.

Eine Familie mit zwei Kindern und einem Einkommen von 20 000 beziehungsweise 15 000 S brutto im Monat bekommt nun einschließlich der Erhöhung der Familienbeihilfe im Monat etwa 1 600 S mehr bar auf die Hand. Was wird passieren? – Die Familie wird das Geld für den Konsum aufwenden! (Zwischenruf des Abg. Gaugg.) Konsum bedeutet Arbeitsplätze, und Arbeitsplätze bedeuten Einkommen, meine Herrschaften! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Koppler und Gaugg.)

Den Herren Kollegen Böhacker, Peter und auch Kier, die sich immer wieder insbesondere für die Senkung der Lohnnebenkosten stark machen, möchte ich eine IHS-Studie vom April 1999 zitieren, die besagt, daß Österreichs Betriebe über höchste Konkurrenzfähigkeit im internationalen Vergleich verfügen.

Meine Damen und Herren! Was heißt das? – Sie jammern dauernd und sagen, daß wir die Lohnnebenkosten senken müßten, weil wir international nicht konkurrenzfähig seien. Diese Studie des IHS besagt jedoch genau das Gegenteil. Sie besagt noch etwas anderes. (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Böhacker: Warum senken Sie die Lohnnebenkosten ... neugegründeten Betrieben?) – Wären Sie so freundlich, einmal aufzupassen, was ich Ihnen zu sagen habe? Ich habe auch aufgepaßt! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch etwas besagt diese Studie, nämlich daß die österreichischen Unternehmen in den Jahren 1970 bis 1995 pro Jahr durchschnittlich um 5,7 Prozent mehr produziert haben, in einigen Jahren lag die Erhöhung des Produktionswertes sogar bei 8 Prozent! (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wenn es also mit den gegenwärtigen Lohnnebenkosten eine solche Konkurrenzfähigkeit gibt, dann müssen Sie mir das Gegenteil erst einmal beweisen! (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Koppler und Fischl.)

Ich möchte noch gerne zur Äußerung des Kollegen Böhacker, diese Koalitionsregierung liege sozusagen im Faulbett, etwas anmerken. (Abg. Marizzi: Da war der Rosenstingl ja noch besser als der und kompetenter!) Ich sage Ihnen: Wenn wir eine Inflationsrate von 0,5 Prozent (Abg. Gaugg: Was können denn Sie dafür?) und gleichzeitig einen Beschäftigungszuwachs haben (Abg. Böhacker: Was kann die große Koalition dafür?), dann bedeutet das, daß die Regierung nicht im Faulbett liegt, sondern eine gute arbeitnehmer- und wirtschaftsorientierte Politik betreibt! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gaugg.)

Noch etwas sei erwähnt, weil Sie, Herr Kollege, gefragt haben: Was haben wir von den höchsten Steuersätzen? – Sagen Sie es den Menschen doch: ein Sozialsystem, das seinesgleichen in Europa und in der Welt sucht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Halleluja! Jubel!) Das müssen Sie den Menschen auch sagen, und daß das nicht gratis ist! Es ist doch klar, daß das finanziert werden muß. Aber wenn Menschen in Not sind, sind sie froh, daß es dieses System gibt. (Abg. Böhacker: Warum leben eine Million Österreicherinnen und Österreicher an der Armutsgrenze? Das ist Ihre Sozialpolitik!)

Weiters ist zu sagen, daß mit dieser Steuerreform Arbeit geschaffen und Beschäftigung gesichert werden wird, und zwar insofern, als durch diese Steuerreform die Betriebsübernahmen mit einer Steuerfreistellung in der Höhe von 5 Millionen Schilling für den Übernehmenden geregelt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Koppler: So ist es!) Wenn diese Steuerersparnis als Investitionen in den übernommenen Betrieb fließt, wird es Arbeitsplätze, wird es zusätzliche Arbeit geben! (Abg. Böhacker: Sie haben ja überhaupt keine Ahnung!)

In dieser Reform ist auch noch enthalten, daß die Neugründung von Unternehmen besonders gefördert wird, indem Jungunternehmer von der staatlichen Gebühr anläßlich der Unternehmensgründung befreit und ihre Lohnnebenkosten um 7 Prozent im ersten Jahr nach der Gründung entlastet werden. Wenn Sie nicht zugeben, daß die Bundesregierung damit eine Beschäftigungsinitiative setzt, dann verstehe ich Ihre Politik doppelt nicht.

Die Reform enthält weiters sehr wesentliche Punkte für den Arbeitnehmer, nämlich den Ansatz, daß die Weiterqualifizierung in Zukunft steuerlich absetzbar sein wird. Das ist sozial gerecht, ist standortsichernd und wird von den Menschen in unserem Lande sicher gerne angenommen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Koppler und Fischl.)

12.33

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es tut mir leid, daß Herr Abgeordneter Stummvoll sein schönes Schweinchen, das er auf dem Rednerpult aufgebaut hatte, so schnell wieder entfernt hat, denn an diesem fettgemästeten Schweinchen ließe sich einiges demonstrieren. (Zwischenruf der Abg. Tichy-Schreder.)

Sie haben aber vermutlich das Bild dieses Schweinchens noch vor Augen. Lassen Sie es auf sich wirken, Kollege Feurstein. Es hat eine sehr fahle Hautfarbe gehabt, war eigentlich weißlich, also nicht natürlich. (Abg. Böhacker: Grau!) Man könnte daraus schließen, daß es artwidrig gemästet wurde. Das wäre schon einmal ein Hinweis auf unnatürliche Prozesse, die stattgefunden haben müßten, bevor dieses Schweinchen hier aufgebaut werden konnte. (Abg. Tichy-Schreder: Aus Tierschutzgründen haben wir nicht das Original genommen!)

Ein deutlicher Hinweis darauf ist auch, daß das Schweinchen von oben mit Geld gemästet beziehungsweise gefüttert wurde, also etwas, was nicht der natürlichen Fütterungsmethode von Schweinen entspricht. (Abg. Dr. Feurstein: Ein Sparschwein, kennen Sie kein Sparschwein?) Ich würde daraus weiters schließen, daß das Schwein innen offensichtlich ausgehöhlt ist. (Abg. Dr. Feurstein: Haben Sie als Kind auch ein Sparschwein gehabt?) Das könnte ein Hinweis darauf sein, Herr Kollege Feurstein, daß es sich um so etwas wie ein Trojanisches Schweinchen gehandelt hat, ein Trojanisches Schweinchen, das – mein Kollege Van der Bellen hat diesen Hinweis schon deutlich ausgeführt – möglicherweise einige kleine Sparpakete enthält, die später herausmarschieren werden.

Der Zeitpunkt, zu dem das Schweinchen dann zerschlagen wird, damit man sieht, was drinnen ist, ob sich wirklich die vielen Tausender, die oben draufgesteckt sind, drinnen auch wiederfinden, wird also spannend werden.

Damit bin ich schon beim wesentlichen Teil dieser Steuerreform. Auch ich meine, daß die familienpolitischen Leistungen, die darin enthalten sind, zum überwiegenden Teil positiv sind. Ich will sie jetzt nicht im Detail diskutieren, wir haben das schon zur Genüge getan. Das ist ein wiederholter Aufguß dessen, was Sie schon mehrmals versucht haben, was Sie gleichzeitig aber auch vergessen machen wollen, nämlich daß Sie zuerst den Leuten das Geld aus den Taschen gezogen und familienpolitische Leistungen gekürzt haben, nun aber behaupten: Jetzt geben wir euch das vor der Wahl noch einmal! (Abg. Gaugg: Genau so ist es!)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Es ist zwar schön, daß Sie es vor der Wahl noch einmal verteilen, aber ich befürchte, daß sehr bald der Zeitpunkt kommen wird, zu dem Sie – nach den Wahlen – wieder darangehen werden, eine Debatte zu führen, die wir schon einmal hatten, nämlich über Sozialschmarotzer, über Zielgenauigkeit und Treffsicherheit in der Sozialpolitik. (Abg. Koppler: Wenn es notwendig ist, warum nicht?) Und diese Zielgenauigkeit, Kollege Koppler, war, wie du ganz genau weißt, bei bestimmten Personengruppen, bei den Frauen, bei den Alleinerziehern und so weiter, gegeben, also bei all jenen Gruppen bis hin zu den Arbeitslosen und NotstandshilfebezieherInnen, denen man das eigentlich nicht wegnehmen hätte sollen und dürfen! (Abg. Koppler: Diskutieren kann man ja darüber!)

Das war die Zielgenauigkeit und Treffsicherheit der Koalitionsparteien, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Dietachmayr.) Erschreckend daran ist, daß Sie nicht nur sehr vergeßlich sind – ich hoffe, die Österreicherinnen und Österreicher sind es nicht! –, sondern daß Sie mit Chuzpe den ÖsterreicherInnen glauben machen wollen, daß damit tatsächlich etwas völlig Neues und Positives geschaffen wird, und nicht zur Kenntnis nehmen, daß dieses Geld vorher bestimmten Gruppen, nämlich jenen, die es sich überhaupt nicht leisten können, aus den Taschen gezogen wurde. (Abg. Dietachmayr: Zielgenauigkeit!)

Herr Staatssekretär! Ich komme nun auf einige Bereiche zu sprechen, an denen sich ebenfalls charakterisieren läßt, daß diese Steuerreform nicht nur in weiten Punkten nicht sozial ausgewogen ist, sondern daß Sie damit die möglichen und sehr einfach zu erreichenden Effekte aus mir nicht näher bekannten Gründen verabsäumt haben.

Ein Beispiel dafür ist der PensionistInnen-Absetzbetrag. Das ist eine ganz interessante Sache, aber die Vertreter der Bundesregierung oder der Koalitionsparteien werden vermutlich wieder in die Richtung argumentieren, daß sich das doch nicht lohne, denn das mache wahrscheinlich eine Milliarde oder nicht einmal eine Milliarde Schilling aus – also warum diskutieren wir darüber?

Der PensionistInnen-Absetzbetrag ist dem ArbeitnehmerInnen-Absetzbetrag in der Höhe von 5 500 S nachgebildet, jedoch mit dem Effekt, daß ihn jene PensionistInnen, die ihn besonders notwendig brauchen würden, nicht erhalten, weil sie, da ihre Pension zu niedrig ist, nicht zur Lohnsteuer veranlagt werden, während jene PensionistInnen, die ihn überhaupt nicht brauchen, weil sie etwa über eine ausreichende Eigenpension, öffentliche Pension beziehungsweise über mehrere Pensionen verfügen, die über der Höchstbeitragsgrundlage im ASVG, also etwa über 30 000 S liegt, ihn auch erhalten.

Meine Damen und Herren! Schauen wir uns nun einmal ganz kurz an, wie das die jeweilige Gruppe betrifft. Insgesamt werden über 6 Milliarden Schilling – eine ältere Zahl von 1993/94 – über den PensionistInnen-Absetzbetrag an die PensionistInnen zurückgegeben. Eine halbe Million Personen können diesen PensionistInnen-Absetzbetrag nicht für sich lukrieren, weil sie eine zu niedrige Pension haben, also nicht zur Steuer veranlagt werden. Davon sind zwei Drittel Frauen und ein Drittel Männer. Bei der Gruppe mit den Pensionen über der ASVG-Höchstbemessungsgrundlage ist das Verhältnis genau umgekehrt, Kollege Koppler. Zwei Drittel jener, die den PensionistInnen-Absetzbetrag kassieren, aber nicht brauchen, sind Männer, ein Drittel hingegen nur Frauen.

Wir haben da ein verteilungspolitisches Problem grundsätzlicher Art und auch eines zwischen den Geschlechtern, an dem sichtbar wird, daß da einiges zu machen wäre, wobei aber nur ein Schulterzucken die Antwort ist. Man kann sagen: Was interessiert uns die 1 Milliarde, die wir an PensionistInnen abgeben, die 50 000 S, 60 000 S, 100 000 S Pension haben? Sie sollen es auch bekommen! Es geht dabei um die berühmten Pensionen, von denen wir in der Öffentlichkeit gerne reden – oder manchmal weniger gerne, wenn es Politiker betrifft, die auch schon in der Wirtschaft tätig waren und ebenfalls auf 200 000 S oder 300 000 S Pension kommen können. Auch Wirtschaftskapitäne oder Multifunktionäre können diese Pensionshöhe erreichen.

Dazu kann man sagen: Uns interessiert das nicht. – Mich interessiert das schon! Ich habe jetzt demonstriert, wie der Effekt aussehen würde. Der Effekt wäre neben dieser 1 Milliarde etwas mehr Verteilungsgerechtigkeit und ein Ansatz im Pensionssystem. Die Entwicklungen können im Pensionssystem kaum korrigiert werden, daher könnte man etwa die teilweise – nicht generell – sehr hohen Pensionen im Staatsdienst durch die Streichung dieses Beitrages ein bißchen korrigieren, und zwar so, daß es sozial verträglich erfolgt, weil einem Bezieher von weniger als 30 000 S kein Groschen weggenommen werden soll. Diese Möglichkeit haben Sie verabsäumt, meine Damen und Herren! Daran zeigt sich, wie ernst Sie Verteilungsfragen und soziale Fragen nehmen.

Ein zweites Beispiel dazu, weil die Summe, die ich jetzt angesprochen habe, interessant ist, also diese 1 Milliarde. Bei der Mietzinsbeihilfe, bei der die Grenzen seit Jahren unverändert sind, geht es darum, daß Personen mit niedrigem Einkommen über den Weg der Mietzinsbeihilfe die Möglichkeit bekommen, pro Jahr ein paar tausend Schilling zusätzlich zu erhalten, wenn sie Miete zahlen.

Der Aufwand für die Mietzinsbeihilfe ist seit Mitte der achtziger Jahre, als er 260 Millionen Schilling betrug, auf mittlerweile 100 Millionen Schilling gesunken. Notwendig wäre eine Anhebung der Grenzen, weil jetzt nicht einmal mehr die Ausgleichszulagen-RichtsatzbezieherInnen, wenn sie die Ausgleichszulage 14mal im Jahr erhalten – das tun sie –, in den Genuß dieser Mietzinsbeihilfe kommen können, weil die jährliche Freibetragsgrenze überschritten wird.

Da wird aber nichts verändert. Das haben wir eingefordert, meine Damen und Herren, aber es wird nicht verändert. Man nimmt zur Kenntnis, daß jene Personen, die eine Ausgleichszulage erhalten oder unter der Ausgleichszulage sind, mit diesen Aufwendungen einfach fertigwerden müssen. Das heißt für die Personengruppe, daß sie aufgrund einer Anhebung ihrer sehr niedrigen Pension, die dann über dieser Jahresgrenze von 100 000 S liegt, mehrere tausend Schilling Einkommensverlust erleiden. Diese kleine Anhebung würde schon reichen.

Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Mir und den Grünen ist das nicht egal. Das wäre eine Möglichkeit gewesen, relativ einfach etwas zu verändern, und zwar entweder durch eine generelle Änderung des Systems der Mietzinsbeihilfen, bei dem man einiges ändern könnte, bei dem man das mit den Länderbeihilfen, die in diesem Bereich auch gegeben wären, zusammenlegen könnte, oder durch eine systemimmanente Korrektur, durch die Anhebung dieser Freibetragsgrenzen.

Das hätte nicht viel gekostet. Allein mit der Streichung des PensionistInnen-Absetzbetrages hätten Sie locker das Dreifache dessen, was das kosten würde, hereinspielen können. Es würde aber in erster Linie derselben Gruppe, nämlich den armen Menschen oder ärmeren PensionistInnen, zugute kommen. Das ist eine ganz einfache Maßnahme. Man diskutiert aber nicht darüber, obwohl die entsprechenden Vorschläge auch der Opposition auf dem Tisch liegen.

Ein Punkt noch: Der besondere Freibetrag für Personen mit Opferausweis und Amtsbescheinigung ist seit Mitte der achtziger Jahre nicht erhöht worden. Das ist eine Personengruppe, der man einmal die Hand geschüttelt, die Amtsbescheinigung beziehungsweise den Opferausweis gegeben und gesagt hat: Wir sind dankbar für eure Dienste! Dann hat es noch die Debatte in den neunziger Jahren gegeben, es gab tolle Abzeichen und eine Einmalbelobigung: Ihr habt tolle Leistungen für diese Republik erbracht! – Dafür gibt es die Freibeitragsgrenze, die seit Mitte der achtziger Jahre unverändert ist.

Herr Staatssekretär! Ich hielte es für das mindeste, daß man auch diese Freibetragsgrenzen, die seit 15 Jahren de facto unverändert sind, zumindest valorisiert. Das kostet auch nicht viel, und mit dem PensionistInnen-Absetzbetrag hätte man das locker hereingespielt. – All das sind Maßnahmen, die nicht mehr kosten würden, aber ein Zeichen setzen würden. Man würde damit auch ein soziales Zeichen setzen, nämlich daß diese Bundesregierung gedenkt, in die richtige Richtung zu steuern.

Herr Staatssekretär! Ich spare mir jetzt die Anmerkungen, die ich noch zum Bereich Erbschafts- und Schenkungssteuer machen wollte. Es ist erbärmlich, wie Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, in diesem Bereich versagt haben. In Österreich flotiert immenses Vermögen frei, das jährliche Zuwachsraten hat. Für Österreich läßt sich das nicht einmal mehr erfassen, das ist das Problem, aber im internationalen Vergleich hat es immense Zuwachsraten. Ich antworte Ihnen nur mit einem Zitat eines amerikanischen Stahlmagnaten, des Herrn Carnegy, der die Carnegy Hall gestiftet und im vorigen Jahrhundert gesagt hat: Wer reich stirbt, stirbt unehrenhaft! – Das klingt sehr moralisch, deshalb mache ich es etwas anders und sage Ihnen folgendes: Ich glaube, daß entsprechende Anpassungen im Bereich der Erbschafts- und Vermögenssteuer und nicht die Abschaffung dieser Steuern dringend notwendig wären, denn was wir den zukünftigen Generationen übergeben sollten, sind Lebenschancen, soziale Chancen, sozial intakte Verhältnisse und eine intakte Umwelt, aber nicht private Vermögen, die immer mehr und mehr angehäuft werden und zu einer immer ungerechteren Verteilung und Entwicklung von Lebens- und Zukunftschancen auch in diesem Land führen werden. (Beifall bei den Grünen.)

12.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.47

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war interessant, den ersten vier Rednern, nämlich dem Finanzexperten Nowotny, dem Wirtschaftsexperten Stummvoll, dem Universitätsprofessor Van der Bellen und dem Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder Böhacker zuzuhören.

Beim Anhören der Diskussion wußte man, wer von der Regierung und wer von der Opposition ist. (Abg. Gaugg: Das ist meistens so!) Es war wie bei allen Steuerreformen bisher, Herr Kollege Gaugg! (Abg. Gaugg: Was ist denn los?) Von Ihrer Seite gab es eine negative Beurteilung. Aber interessant war die Beurteilung des Dr. Van der Bellen. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ihm war das Volumen zu hoch, er machte sich Sorgen um die Stabilität des Staatshaushaltes.

Meine Damen und Herren! Halten wir folgendes fest: Diese Steuerreform ist ein großer Wurf. Sie beinhaltet ein großes Volumen zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes, einen Schwerpunkt für Familien, eine Entlastung für Arbeitnehmer und letztlich auch erste Schritte zur Vereinfachung der Verwaltung.

Meine Damen und Herren! Dieses Volumen tragen Bund, Länder und Gemeinden. Es soll auch einmal gesagt werden, daß alle drei Körperschaften mithelfen, diese Entlastung zu fixieren, finanzpolitisch abzusichern und letztlich über die Bühne zu bringen. Es gibt zwar weniger Einnahmen, aber dafür mehr Geld für den einzelnen, damit der Wirtschaft, dem Arbeitnehmer oder dem Landwirt die Zukunft gesichert wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Aus der Sicht der Landwirtschaft sind zwei Punkte anzumerken. Die Anhebung des Vorsteuersatzes von 10 auf 12 Prozent ist für uns positiv. Dies ist eine langjährige und berechtigte Forderung nicht nur der Bauern, sondern auch der §-7-Kommission, die mit 1. Jänner 2000 endlich beseitigt wird. Die Steuerfreistellung der nachwachsenden Energie, der Beimischung und die Möglichkeit der 2prozentigen Biodiesel-Beimischung für Treibstoff sind ebenfalls begrüßenswert.

Es ist dies ein erster Schritt, ein sinnvoller Schritt, eine wichtige Maßnahme gerade im Bereich der nachwachsenden Energie.

Meine Damen und Herren! Dieser Bereich ist für die Zukunft eine große Chance, weil damit mehr Auslandsunabhängigkeit sichergestellt werden könnte. Es ist erfreulich, festzuhalten, daß die Verordnung betreffend die verpflichtende Beimischung in dieser Woche seitens des Umweltministeriums bereits erlassen worden ist.

Weiters positiv zu bemerken ist, daß es zu keiner Erhöhung der Einheitswerte, zu keiner Erhöhung der Grundsteuer und so weiter, wie diskutiert wurde, kommt. Wir von seiten der Volkspartei konnten nach langen schwierigen Verhandlungen auch den Regierungspartner davon überzeugen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Es sei noch einmal festgehalten, daß es äußerst positiv ist – das wurde von vielen Rednern, beispielsweise von Kollegin Hagenhofer, vom Kollegen Stummvoll und vom Kollegen Dr. Höchtl, klar dargelegt –, daß diese Familiensteuerreform eine derart massive Entlastung in Anerkennung der familienpolitischen Leistungen bringt wie bisher noch keine Steuerreform. Das sollte auch einmal klargelegt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Steuerreform tritt mit 1. Jänner 2000 in Kraft und wird gerade auch den Mehrkinderfamilien eine deutliche und spürbare Entlastung bringen. Wir sind auf dieses Gesamtwerk stolz, meine Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Zum Schluß noch einige Sätze, meine Damen und Herren: Mir fehlt – das sei auch offen gesagt – im landwirtschaftlichen Bereich die Reform des Bewertungsgesetzes, vor allem was den Vieheinheitenschlüssel betrifft. Ich bitte, daß die Zusagen, die in den Vorbesprechungen zum Finanzausschuß gemacht wurden, auch eingehalten werden. (Abg. Gaugg: Ist es doch nicht der große Wurf?)

Herr Kollege Gaugg! Bleiben Sie bei Ihrer Klagenfurter Dimension und erklären Sie mir nicht die Landwirtschaft! Das ist für Sie besser, und uns – sagen wir es einmal so – beschäftigt Wesentlicheres als Ihre Zwischenrufe! (Abg. Gaugg: Ich bin "nur" Konsument, der euer verseuchtes Zeug ißt!) Uns beschäftigt Wesentliches! Sie haben sowieso Schwierigkeiten, siehe Sonntag vergangener Woche, das Ergebnis zeigt allerhand. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Madl: 100 000 laut Wählerstromanalyse! Sie müssen sich ganz ruhig verhalten!)

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Madl! Auch wenn Sie noch so schreien ... (Abg. Madl: 100 000! 100 000 ÖVP-Wähler!) – Frau Kollegin Madl! Ich würde an Ihrer Stelle die Lautstärke zurücknehmen, mich in ein stilles Kämmerlein zurückziehen und die Minusprozente der FPÖ betrachten! Das wäre eine gescheite Sache, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich halte am Schluß meiner Ausführungen noch fest, daß das, was mittels Abänderungsantrag Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll ermöglicht wird, positiv ist, nämlich auch dem Gemeindebund und Städtebund die Finanzierung der wichtigen Aufgaben zu sichern.

Insgesamt ist die Steuerreform, die seitens der Regierungsparteien beschlossen werden wird, die in langen Vorbereitungen erarbeitet worden ist (Abg. Haigermoser: Halleluja!), eine positive Maßnahme für die kommenden Jahre. Die OECD bestätigt den bisher erfolgreichen Weg, und Sie werden auch den künftigen nicht verhindern! (Beifall bei der ÖVP.)

12.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.54

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Auer, Hochmut kommt vor dem Fall! Wenn Sie über Kärnten reden, dann darf ich Ihnen nur in Erinnerung rufen, daß es bei der letzten Kärntner Landtagswahl Ihren Parteiobmann und Landeshauptmann Zernatto in der Luft zerrissen hat – dank seiner miesen Politik, die er für die Bürger dieses Landes betrieben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen von seiten der ÖVP folgendes: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Die Abrechnung über Ihre Sozialpolitik erfolgt am 3. Oktober. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Richtig!)

Diese Steuerreform ist eine Steuerreform der Mutlosen. Es ist eine Steuerreform, die weder Akzente in Richtung Beschäftigung setzt, noch mittelfristig Entlastung für die Unternehmen und Arbeitnehmer bringt. Wenn heute die Abgeordneten der Regierungsparteien diese Reform hochjubeln, darf ich daran erinnern, daß allein die Steigerung der Lohnsteuer von 1997 bis 1999 einen Betrag in der Höhe von 17 Milliarden Schilling ausmacht. Nur diesen Teil geben Sie zurück! Ausschließlich die Erhöhungen der letzten beiden Jahre werden refundiert. Da rede ich noch gar nicht davon, daß die letzte Lohnsteuerreform im Jahre 1989 stattgefunden hat, was bedeutet, daß sie wesentlich höher hätte ausfallen müssen. (Zwischenruf der Abg. Huber.) Das war keine Reform, das war eine Anhebung von irgendwelchen Pauschalbeträgen.

Daß Sie jetzt hier herausgehen (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch), obwohl Sie monate-, ja jahrelang die Bevölkerung mit hohen Steuern zusätzlich belastet haben – die Benzinsteuer ist europaweit die höchste; das trifft vor allem die Pendler –, und betonen, daß Österreich ein großartiger Sozialstaat und ähnliches mehr sei, ist der größte Fehler, den Sie begehen. Die früheren Sozialdemokraten haben wenigstens gesagt: Wir versuchen etwas, aber wir haben noch nicht alles erreicht. – Aber ihr seid die Größten, aber das glaubt ihr nur selbst, das glaubt euch nicht einmal mehr die Arbeiterkammer.

Die Arbeiterkammer verschickt flehentlich Briefe ... (Abg. Dietachmayr: Zeigen Sie uns ein anderes Land in Europa, das solche sozialen Leistungen hat!) – Lesen Sie doch nach, Herr Kollege, wie sich die internationale Wirtschaft entwickelt – auch im Interesse der Arbeitnehmer! Wir hinken hinten nach. Sie können doch nicht von der Vergangenheit leben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Davon, was Kreisky einmal eingeführt hat, leben Sie heute noch. Doch daran, was Sie abgeschafft haben, wollen Sie sich nicht erinnern. Die anderen Länder haben aufgrund ihrer wirtschaftlichen Entwicklung eine positive Zukunft – im Gegensatz zu Ihnen. (Abg. Hagenhofer: Gehen Sie einmal nach Deutschland und schauen Sie, ob es dort ein Weihnachtsgeld oder ein Urlaubsgeld gibt!)

Der Herr Finanzminister, der jetzt nicht mehr hier ist, macht der Opposition den Vorwurf, daß die Anträge des Herrn Böhacker und des Herrn Trattner überaltert und ähnliches mehr sind. Es muß einem erst einmal gelingen, Anträge dreieinhalb Jahre liegen zu lassen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wohin soll er gehen? Wohin soll er gehen? – In den Kosovo, haben Sie gesagt?!) Das ist eine unfaire Behandlung, die nur jemand wie ein Herr Nowotny zusammenbringt, der sich von der Politik verabschiedet. Er hat es sich gerichtet. Herrn Nowotny ist es relativ egal, wieviel Lohnsteuer er in Zukunft bezahlt. Er wird so viel Lohnsteuer zahlen, wie Hunderte Notstandshilfebezieher in Österreich von Ihnen erhalten; damit wir die Dimensionen einmal kennen. Er hat es sich gerichtet, und das ist ihm relativ egal. (Abg. Koppler: So wie du!)

Aber Sie haben nicht den Mut, den Ärmsten der Republik endlich einmal eine finanzielle Zubuße zu geben, die ihnen das Überleben sichert. Sie gehen davon aus, daß Ihre Steuerreform jetzt bejubelt wird. Natürlich, freilich, die Medien stehen hinter Ihnen. Die Medien sind begeistert – man hat einen Finanzminister, der alles sehr wolkig und blumig erläutert –, bis hin zur "Zürcher Zeitung".

Aber die Realität schaut anders aus: Kürzung der Sonderausgaben, keine Pensionserhöhungen, keine Gehaltserhöhungen, keine Erleichterungen für die Wirtschaft. Aber es geht noch weiter, es betrifft auch jene Bereiche, die Sie so gerne vergessen: Kürzung des Pflegegeldes. Mit Ihren Beschlüssen haben Sie der Kürzung des Pflegegeldes in Österreich zugestimmt!

Aber Sie haben noch etwas Erbärmlicheres gemacht: Sie haben das Taschengeld der Behinderten gekürzt. Das ist Ihre Form der Sozialpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Angesichts dessen wollen Sie uns erzählen, daß Ihre Steuerreform ein großer Wurf ist? – Ein familienpolitisches Ereignis wurde Ihnen seitens der Gerichte aufoktroyiert. Tun Sie nicht so falsch und behaupten Sie nicht, daß Sie diejenigen sind, die die Sozialpolitik in diesem Land vorantreiben! (Abg. Dr. Partik-Pabl頖 in Richtung der Abg. Hagenhofer –: Warum schütteln Sie den Kopf, Sie Ahnungslose? Sie sind ahnungslos!)

Sie mit Ihrem "Ostblockdenken" sind nicht bereit, nur einen Millimeter in die Zukunft zu schauen und wirklich einmal Maßnahmen zu setzen, die etwas bringen.

Wo ist denn die Regierungsforderung der Kollegin Hostasch? (Zwischenruf des Abg. Koppler.) Darin ist folgendes enthalten: Der Nationale Beschäftigungsplan soll eine entsprechende Wachstumspolitik bringen. – Wo signalisiert die Steuerreform Wachstumspolitik? Technologie- und Exportförderung ... (Abg. Mag. Posch: ... das Trommelfell, Herr Präsident!) – Wenn Koppler leise ist, dann bin auch ich leiser, nur wenn dauernd zwischengerufen wird, dann muß auch ich lauter sein. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Koppler.)

Koppler! Du brauchst dich nicht so zu echauffieren, deine Pension ist mehrfach gesichert. Warum redest du herum? (Abg. Koppler: Leider nicht! Da mußt du viel arbeiten, dann ist sie gesichert!)

Wo ist die Initiative für Betriebsansiedelungen? Wo ist die Bekämpfung der Schattenwirtschaft – groß angekündigt über Monate? – Null! (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Letztlich ist es Ihnen gelungen, die älteren Arbeitnehmer aus den Beschäftigungsverhältnissen zu drängen, und es gelingt Ihnen nur mehr mit hohem finanziellen Aufwand, der Jugend eine Chance zu geben – mit hohem finanziellen Aufwand. Sie müssen die Arbeitsplätze für unsere Jugend mit Bargeld erkaufen. Das ist Ihre Form der Arbeits- und Beschäftigungspolitik. Ein Plakat mit dem Titel "Arbeit" von seiten der Regierung erachte ich als eine gefährliche Bedrohung für die Bevölkerung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Huber. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Mag. Trattner: Siehst du, Koppler, wenn du ruhig bist, ist Gaugg auch leise! – Heiterkeit bei der SPÖ und bei den Freiheitlichen.)

13.01

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich glaube, der Diskussionsbeitrag von Kollegen Gaugg hat bewiesen, welche Bocksprünge man vollführen und worüber man reden muß, um dieses doch sehr gewaltige Steuersenkungsprogramm sozusagen in einem miesen oder schlechten Licht erscheinen zu lassen. (Abg. Haigermoser: Aber ich habe die Befürchtung, Sie glauben das selbst!)

Ich finde es aber doch sehr bemerkenswert, Herr Kollege von den Freiheitlichen (Abg. Haigermoser: Weiters befürchte ich, daß Sie die Rede selbst geschrieben haben!), daß mit Ausnahme eines Redners die ganz große "F"-Steueridee relativ schamhaft – gerade bei dieser Steuerdebatte – verschwiegen worden ist. Monatelang war plakatiert: Einfach und gerecht: Flat-tax! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Sie hätten die Rede nicht gestern schon schreiben sollen!)

Heute tun Sie natürlich ganz gut daran, darüber den Mantel des Schweigens zu breiten. (Abg. Gaugg: Wo ist die Vereinfachung?) Die Flat-tax, offensichtlich irgendwo in Amerika aufgeschnappt, begünstigt massiv – (Abg. Haigermoser: Frau Kollegin Huber! Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?) – Sie können schreien, soviel Sie wollen, ich habe das Mikrophon – hohe, höchste und allerhöchste Einkommen. Die kleineren kommen unter die Räder. Die Flat-tax – Sie wissen das ganz genau – ist weder einfach noch gerecht, sondern einfach ungerecht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Bei Ihrer Form der Politik kommen Sie unter die Räder! – Abg. Haigermoser: Das hat Ihnen Rudas aufgeschrieben! – Abg. Böhacker: Hans-Peter Martin!)

Wenn man nun die vorliegenden Vorschläge anschaut, dann muß ich sagen, ich kann sehr vieles an Kritik von seiten der Wirtschaft verstehen, die vielleicht gerne mehr gewollt hätte, auch von seiten der Grünen, die gerne eine noch stärkere Ausrichtung auf kleine und kleinste Einkommen gehabt hätten.

Daß diese Steuerreform aber sozusagen nur ein Reförmchen wäre, daß sie überhaupt nichts bringt und daher abzulehnen ist, kann ich wirklich nicht ernst nehmen. Ich frage Sie: Reden Sie überhaupt mit den Menschen? Reden Sie mit jenen, die mit kleinen, mit mittleren Einkommen auskommen müssen? Reden Sie mit jenen, die sich vielleicht auch schwerer tun? (Abg. Gaugg: Nur Sie!) Monatlich 1 500, 2 000, 3 000, 4 000 S auf dem Konto zu haben, im Geldtascherl vorzufinden und verbrauchen zu können, nämlich mehr als einen zusätzlichen Monatsbezug im Jahr, das bedeutet für diese Menschen etwas. Es handelt sich um Geld, das auch konjunkturbelebend – davon bin ich sehr überzeugt – in die Wirtschaft fließen wird. (Zwischenruf des Abg. Böhacker.)

Unser Ansatz ist es nicht ausschließlich, der Wirtschaft möglichst große Entlastungen zu bieten, um mehr Beschäftigung zu erreichen, sondern unser Ansatz ist es auch, zu überlegen, daß Konsumentinnen und Konsumenten über das entsprechende Einkommen verfügen müssen, weil die Wirtschaft nur dann tatsächlich florieren kann und dadurch mehr Arbeitsplätze entstehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Steuerreform bedeutet für die Bürgerinnen und Bürger 30 Milliarden Schilling mehr an Einkommen. Das ist eine gewaltige Leistung dieser Regierung. Die Diskussion, die Weiterentwicklung des Steuersystems zum Beispiel, wie ich es mir vorstellen könnte, in Richtung einer wertschöpfungsbezogenen Abgabe wird – ich meine sogar: muß – weitergehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte.

13.05

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Vorrednerin hat gesagt, das Modell der Flat-tax sei sozial unfair. – Ich stelle fest, daß das unrichtig ist. (Abg. Huber: Nein! Zuhören!)

Wir haben pro Erwachsenen einen Freibetrag in der Höhe von 150 000 S, pro Kind von 75 000 S, und diese Freibeträge werden zwischen 600 000 und 900 000 S eingeschliffen. Für die höheren Einkommen gibt es keine Freibeträge. Das heißt, daß dieses System sehr wohl fair ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Das ist eine tatsächliche Berichtigung?)

13.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.06

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte, damit ich es nicht vergesse, im Zusammenhang mit der unabhängigen Finanzgerichtsbarkeit gleich zu Beginn meiner Ausführungen folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Böhacker und Kollegen betreffend unabhängige Finanzgerichtsbarkeit

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird ersucht, umgehend einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den der Rechtsschutz der Abgabenpflichtigen durch die Weiterentwicklung der Berufungssenate in Abgabensachen zu unabhängigen Finanzgerichten gestärkt wird.

*****

Dazu wurde bereits Stellung bezogen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Steuerreformdiskussion, die wir heute führen, macht deutlich, daß Sie Ihre Ziele an sich nicht erreicht haben, und vieles geht auch daneben. Der heute früh vorgelegte Abänderungsantrag zeigt das, Ihre Ausführungen haben es gezeigt, genauso wie die Ausführungen der Abgeordneten Nowotny und Stummvoll. Ich möchte darauf nur ganz kurz replizieren.

Herr Abgeordneter Nowotny unterstützt Sie natürlich, indem er sagt: eine Steuerreform, die hält. Ich halte eher den Vergleich mit Computern der zwei Kategorien für adäquat: Die einen werden zur Jahrtausendwende abstürzen, die anderen überleben es vielleicht. Ich glaube, daß diese Steuerreform in die erste Kategorie fällt, sie wird abstürzen.

Außerdem hat er gemeint, daß die Regierung Schwerpunkte gesetzt hat. – Es gibt einen einzigen Schwerpunkt, das ist das Familiengeld, und das ist, auch wenn Sie erklärt haben, daß es de facto nur 700 Millionen gekostet hätte, trotzdem vom Verfassungsgericht erzwungen.

Wenn Abgeordneter Stummvoll meint, daß die OECD die Steuer- und Budgetpolitik für Österreich heraushebe, dann lese ich in diesen Unterlagen, im Wirtschaftsbericht, den wir von der OECD bekommen haben, in der Überschrift für 1998: Eine Pause im Konsolidierungsprozeß! und für 1999: Keine weiteren Verbesserungen! – Das ist die andere Seite dieses OECD-Berichtes. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Die Steuerentlastung mit 30 Milliarden Schilling ist in ihrer Auswirkung mit etwa 1 Prozent vom BIP natürlich sehr gering, und sie beträgt, Herr Bundesminister, im Maximum die Höhe der kalten Progression dieses und vielleicht des nächsten Jahres – oder eines Teils des nächsten Jahres. Trotzdem üben sowohl die OECD als auch die EZB Kritik an der Budgetkonsolidierung – sowohl 1998 als auch 1999. 1998 war das Jahr der verpaßten Chancen, schreibt der Bericht. Daher ist auch die Kritik der EZB an den fiskalpolitischen Entwicklungen und der spürbaren Verlangsamung der Haushaltskonsolidierung mehr als berechtigt.

Es ist eben – das entnahm man auch Ihren Ausführungen – enttäuschend, keine besseren Ergebnisse im Hinblick auf die niedrigen Zinsen erreicht zu haben. Denn allein die Zinsenersparnis hat Ihnen fast diese kalte Progression gebracht. Die erreichte Verringerung des Budgetdefizits ist allein aus den geringeren Zinsen begründet. Auch die Budgetkonsolidierung für 1999 bringt keine weiteren Fortschritte, obwohl auch dann die Zinsen sehr hoch sind. Legen Sie dar, wieviel an Zinsenersparnis aufgrund der geringen Zinsen 1999 und 1998 gegeben war!

Aber der OECD-Bericht sagt auch, daß die Pläne bis 2002 äußerst weich sind. Darin wird kritisiert, daß keine hinreichenden budgetären Manövrierspielräume gewonnen wurden und keine ausreichenden Sicherheitsmargen zu den im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgeschriebenen Obergrenzen von 3 Prozent vorhanden sind.

Herr Bundesminister! Bevor diese Steuerreform beschlossen wird, ist Ihnen doch bereits klar, daß noch eine Reihe von Verbesserungen in Form von Erlässen notwendig sein wird. Stichwort: Die Spekulationssteuer, die volkswirtschaftlich unsinnig ist, ist jetzt schon einmal auf länger hinaus terminisiert worden und muß noch fixiert werden. Die Zuführung von Eigenkapital durch eine fiktive Verzinsung bringt dem Unternehmen nur wenig ein. Vielleicht ist das, Herr Bundesminister, in die Kategorie einzuordnen: Der Wille gilt, aber nicht die Tat.

Lassen Sie mich, Herr Bundesminister, diese Steuerreform aber auch noch aus der Sicht des Wirtschaftsstandortes Österreich beleuchten. Da ginge es um die Lohnnebenkosten. Sie haben auch selbst gesagt, daß in diese Richtung nichts gemacht worden ist. Das ist meines Erachtens ein Versäumnis im Rahmen dieser Reform, das die Wirtschaft noch schwer treffen wird. Sie haben eben davor haltgemacht.

Natürlich, Herr Bundesminister, begrüße ich die Abschaffung der Börsenumsatzsteuer, die Anhebung des Forschungsförderungsbeitrages, die Ausweitung des Lehrlingsfreibetrages. Gleichzeitig muß ich aber sagen – auch wenn ich mich wiederhole –, daß die Spekulationssteuer volkswirtschaftlich unsinnig ist. Das Aufkommen an lohnsummenabhängigen Abgaben ohne Sozialversicherung mit 2,6 Prozent vom BIP – auch das geht aus diesem Bericht hervor – ist doppelt so hoch wie jenes des nächstfolgenden Landes, nämlich Schweden, mit 1,3 Prozent.

Es gab auch keine Überlegungen hinsichtlich Internationalisierung. So ist beispielsweise für einen international attraktiven Standort eine moderne Gruppenbesteuerung anstatt der Organschaft notwendig. Herr Bundesminister! Ich glaube, das ist auch mit der Grund dafür, warum die Konzerne in Österreich praktisch nicht mehr versteuern.

Herr Finanzminister! Alles in allem ist diese Steuerreform Handwerk, aber ohne Meisterprüfung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Mag. Frieser. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.13

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Meine Vorredner seitens der Koalitionsparteien haben diese Steuerreform zu Recht gelobt, die Opposition hat diese Steuerreform erwartungsgemäß gescholten. Alle meine Vorrednerinnen – auch meine Kollegin Huber – haben angemerkt, daß sie natürlich noch zusätzliche Wünsche an diese Steuerreform gehabt hätten; auch mir würde eine Unzahl von Wünschen einfallen –, aber ich glaube, es ist nun einmal dem Koalitionssystem immanent, daß nicht alle Wünsche erfüllt werden können.

Ich möchte aber doch noch auf die Ausführungen von zwei Kollegen der Opposition eingehen.

Kollege Böhacker hat von diesem Rednerpult aus behauptet, daß mit dieser Steuerreform die Spekulationssteuer eingeführt werde. – Herr Kollege Böhacker! Sie als Berufsgenosse, als Steuerberater müßten doch wissen, auch wenn Sie nur dann und wann in Ihrer Kanzlei vorbeischauen, daß Spekulationsgewinne bei Wertpapieren auch bisher einkommensteuerpflichtig waren. (Abg. Böhacker: Bei einem Jahr! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Bei einem Jahr!) Wir haben lediglich die Spekulationsfrist verlängert und eine andere Einhebungsart beschlossen, und daher ist es falsch, wenn Sie hier sagen, daß die Spekulationssteuer eingeführt wurde. – Punkt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Böhacker.)

Zweitens: Der Herr Finanzminister hat Ihnen schon die Widersprüchlichkeit Ihrer Anträge dargelegt – nicht nur die Fülle Ihrer Anträge, sondern vor allem die Widersprüchlichkeit –, nämlich daß Sie zum einen eine Unzahl von Ausnahmen und einen Ausbau der Ausnahmen fordern und sich dann in der Folge die Flat-tax – sprich: eine Vereinheitlichung – wünschen. (Abg. Böhacker: Kennen Sie den parlamentarischen Ablauf? Wie alt sind denn diese Anträge?) – Entschuldigen Sie, Herr Böhacker, Sie haben das noch immer nicht verstanden: Es geht nicht um das "Alter" – unter Anführungszeichen – Ihrer Anträge, sondern um die Widersprüchlichkeit Ihrer Anträge (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP) und darum (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Böhacker), daß Sie in keinem Ihrer Anträge darlegen, wie Sie diese Reformvorschläge finanzieren wollen! Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Auch Ihr Kollege Gaugg hat das nicht verstanden, aber wie auch immer.

Weiters möchte ich auf die Ausführungen des Kollegen Kier eingehen, der hier im Zusammenhang mit seinem Umverteilungsproblem festgestellt hat, daß das sogenannte Jahressechstel bisher steuerfrei war oder steuerfrei ist. – Das ist falsch, Herr Kollege Peter! 6 Prozent: Das ist ein fester Steuersatz, und das ist nicht steuerfrei. – Das zum ersten. (Abg. Mag. Peter: 6 Prozent! Das weiß ich!)

Wissen Sie, ich erwarte mir von jedem Kollegen, der hier zum Rednerpult geht, einigermaßen Seriosität und Fachkenntnis. Ansonsten würde ich bitten, sich zu diesen Dingen nicht zu äußern. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Haupt: Bitte Sie auch, Frau Kollegin! – Abg. Mag. Peter: Den Oberlehrer können Sie mir ersparen!)

Herr Kollege Peter! Bestellen Sie bitte folgendes Kollegen Kier: Er hat in diesem Zusammenhang gesagt, es sei nicht einzusehen, warum Gestalten wie Politiker und Bankdirektoren dieses Steuerprivileg genießen sollen. – Ich sage Ihnen für alle Kollegen dieses Hauses, daß ich diese abwertende Bezeichnung "Gestalten" für uns und für Bankdirektoren zurückweise. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Peter: Ist Ihnen jetzt leichter?) – Ja, jetzt ist mir wesentlich leichter.

Wie wir wissen, meine Damen und Herren, werden alle Steuergesetze auch mit Erlässen begleitet. Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie, auf diese Erlässe besonderes Augenmerk zu werfen. Es ist mir sehr oft aufgefallen, daß gerade in Erlässen der Wille des Gesetzgebers – ich sage jetzt nicht "verändert", das wäre nicht richtig – doch ein bißchen verwaschen wurde. Ich erinnere etwa an die Erlässe zur Absetzbarkeit der Büroräume oder zum Beispiel an den sogenannten Diätenerlaß. Dazu darf ich ein einziges Beispiel anführen, nämlich den Handelsvertreter.

Für den Handelsvertreter sind die größten und wichtigsten Ausgaben das KFZ – das ist gesetzlich geregelt und die Absetzbarkeit reduziert –, die Diäten – diese wurden jetzt gesondert geregelt; er hat aus dieser Position fast keine Absetzmöglichkeit mehr – und die Ausgaben betreffend Büroraum; das ist hinlänglich bekannt. Ich halte es – gerade am Beispiel des Handelsvertreters aufgezeigt – für eine grobe Ungerechtigkeit, daß dieser Berufsgruppe alle Absetzmöglichkeiten reduziert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Peter! Zum Abschluß: Sie wissen, ich gehöre einer Partei an, die keinen Klubzwang kennt. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und bei den Freiheitlichen.) Sie haben einen Antrag betreffend Reformkommission eingebracht. Der Antrag ist so gut, daß er fast von mir sein könnte, und ich werde ihm zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.18

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Es ist schon so, wie der "Kurier" heute titelt: "Drei Sätze zur Steuerreform". Dann lautet es im Artikel selbst – ich zitiere –:

"Es ist so, wie ein hoher Beamter aus dem zuständigen Finanzministerium erklärte: ,Da hat es drei Sätze gegeben, und daraus mußte ein Gesetz gemacht werden.‘"

Genau das, Herr Bundesminister, ist passiert, und genau das zeigt auch die Unzulänglichkeit dieses gesamten Paketes auf. (Abg. Böhacker: Hut ab vor dem Legisten!) – Also der Beamte wird es wissen, und ich glaube es ihm auch, Herr Bundesminister.

Doch nun gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu den Auswirkungen der Spekulationsertragsteuer – ein Fachaspekt, ein einzelner Aspekt der Steuerreform, das gebe ich zu, aber ein wichtiger. Ich möchte mich auf die Auswirkungen auf den österreichischen Kapitalmarkt beziehen, denn die Diskussion darüber ist noch viel zu oberflächlich verlaufen.

Herr Bundesminister! Sie sind im Ausschuß gesessen, haben Ihr Statement heruntergespult, und als wir Sie dann zu einzelnen Details befragt haben, haben Sie gesagt: Na ja, was soll ich machen? Das ist halt einfach so, wir haben ohnehin die Börsenumsatzsteuer gedanktlich fallenlassen, statt dessen gibt es halt jetzt die Besteuerung von Wertpapieren, Investmentfonds und anderen Wertschriften.

Es wurde heute gesagt – ich weiß nicht, wer es gesagt hat, ich glaube, Kollege Gusenbauer war es –, daß Österreich sowieso nur einem internationalen Trend folgte. Das ist nicht richtig, meine Damen und Herren: Österreich macht genau das Gegenteil, Österreich übt sich schon wieder in vorauseilendem Gehorsam und will schon wieder eine Superregelung, eine Superlösung innerhalb der EU vorexerzieren. Österreich will schon wieder den Musterschüler spielen, denn ... (Bundesminister Edlinger: Da gibt es die Flat-tax!)

Mit der Flat-tax hat sich Herr Kollege Trattner schon ausführlich auseinandergesetzt, aber, Herr Bundesminister, reden wir jetzt über die Spekulationsertragssteuer. Bisher gab es die Regelung: ein Jahr Behaltefrist, und wenn jemand dieses eine Jahr an Behaltefrist unterschritten hat, dann war der Zugewinn steuerpflichtig. Die Deutschen hatten ein halbes Jahr Behaltefrist, haben sich der bisher geltenden österreichischen Regelung angeschlossen und haben nun ein Jahr. Wir haben jetzt zwei Jahre Behaltefrist, und Sie können sich, Herr Bundesminister, ausrechnen, was da passieren wird: Es wird Kapital ins Ausland abfließen. Wenn das der gewünschte Effekt ist, Herr Bundesminister, dann "gratuliere" ich Ihnen recht herzlich dazu. (Bundesminister Edlinger: Die Deutschen verlängern es auf zwei Jahre!) Davon ist doch keine Rede.

Luxemburg und viele andere Länder, in denen die großen internationalen Kapitalanlagegesellschaften sitzen, die wirklich für Performance sorgen und auch in Österreich ihre Produkte verkaufen, haben diesbezüglich überhaupt nichts vorgesehen. Diese Länder haben weder beim Ausschüttungsertrag eine Besteuerung – derzeit noch, gebe ich zu, aber wenn sie hier mit einer Besteuerung anfangen, dann sind es vielleicht 5 Prozent und nicht 25 Prozent –, noch wird der Spekulationsgewinn, der von Ihnen ach so verteufelte Substanzgewinn besteuert.

Ich will damit nur sagen: Wenn man sich in diesem Bereich nicht im internationalen Gleichklang bewegt, dann wird der österreichische Kapitalmarkt, dieses kleine schwache Pflänzchen, Herr Bundesminister, das ohnedies immer wieder mit seinem Image raufen und schauen muß, daß es nicht komplett untergeht, völlig unter die Räder kommen. Und das haben dann Sie, Herr Bundesminister, zu verantworten, denn die Politik, die Sie diesbezüglich betreiben, ist schlichtweg verantwortungslos! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Schwemlein.)

Herr Bundesminister! Sie haben alle Warnungen in den Wind geschlagen. Es gibt mittlerweile Klagen des Verbandes der ausländischen Investmentfonds in Österreich, VAIÖ. Dieser verkörpert eine Reihe höchst angesehener Kapitalanlagegesellschaften und hat eine Klage bei den europäischen Behörden eingereicht, damit die steuerliche Diskriminierung dieser Gesellschaften beseitigt wird.

Herr Bundesminister! Sie haben, mit Verlaub, ein klar EU- und verfassungswidriges Gesetz beschließen lassen. Seien Sie mir nicht böse, aber Sie haben das im vollen Wissen gemacht. Sie haben gesagt: Na gut, was wird passieren? Wir geben jetzt ein paar Wahlzuckerl, schlagen die Wahl, und in einem oder in eineinhalb Jahren wird der Verfassungsgerichtshof oder die Wettbewerbskommission diese Regelung aufheben. (Bundesminister Edlinger: Das habe ich gesagt?) – Nein, Sie haben das nicht gesagt, aber Sie haben so getan, Herr Bundesminister (Bundesminister Edlinger: Sie haben gesagt, das habe ich gesagt!), im vollen Wissen und Gewissen.

Herr Bundesminister! Es ist nicht das erste Mal, daß ein Gesetz beschlossen wird, das verfassungswidrig ist und wo man sagt, soll es halt irgendwer anfechten. Das ist schlichtweg eine Gemeinheit am Bürger dieser Republik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Solche Gesetze brauchen wir in Österreich nicht, auf solche Gesetze können wir gerne verzichten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Schwemlein: Manfred, gib ihm Saures! – Heiterkeit.)

13.24

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Wenn wir uns heute über die Steuerreform 2000 unterhalten, so bietet sich für mich das übliche Bild in diesem Hause: undifferenzierte und nur in der Lautstärke stimmige Kritik seitens der Freiheitlichen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Da haben Sie nicht aufgepaßt!) – ich habe schon aufgepaßt, das müssen Sie mir nicht sagen, ich habe sehr gut aufgepaßt (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das glaube ich nicht! – Beifall des Abg. Schwemlein) –, sehr differenzierte und konstruktive Kritik und auch, das darf ich anerkennend zur Kenntnis nehmen, etwas Lob zu einigen Bereichen dieser Steuerreform seitens der Liberalen und Grünen.

Was sind nun die Grundsätze, die Kernpunkte dieser Steuerreform? Erstens: Diese Lohnsteuerreform soll jenen zugute kommen, die sie benötigen, und nicht jenen, die sich diese bloß gewünscht haben – Stichwort Flat-tax, Frau Kollegin Partik-Pablé.

Zweiter Grundsatz: Diese Steuerreform ist solide ausfinanziert und birgt kein weiteres Sparpaket in sich, und das war für mich ausschlaggebend in der Beurteilung, daß diese Steuerreform ein sehr, sehr gutes Werk ist.

Auf weitere Details möchte ich nur noch kurz eingehen, weil meine Vorredner schon sehr ausführlich zu dieser Steuerreform Stellung genommen haben.

Kernpunkt dieser Steuerreform ist sicherlich die Absenkung des Steuertarifs mit einem Entlastungsvolumen von 17 Milliarden Schilling, wobei – und das ist meiner Ansicht nach sehr wichtig – der Großteil dieses Entlastungsvolumens, nämlich 11 Milliarden Schilling, Beziehern von Einkommen bis zu 20 000 S zugute kommt. Einkommensbezieher mit einem Monatseinkommen zwischen 20 000 und 40 000 S werden mit 4 Milliarden Schilling entlastet. Bei den Einkommen darüber wird noch eine Entlastung im Ausmaß von 2 Milliarden Schilling wirksam.

Zusammen mit der bereits beschlossenen Familiensteuerreform ergibt dieses Paket 29 Milliarden Schilling und wird sicherlich – auch das haben meine Vorredner schon mehrmals bestätigt – die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicher nicht unwesentlich stärken.

Ein weiterer, auch sehr wichtiger Punkt: Der Forschungsfreibetrag wird von derzeit 12 beziehungsweise 18 Prozent auf 25 beziehungsweise 35 Prozent erhöht. Der Lehrlingsfreibetrag wird von 20 000 auf 60 000 S erhöht, also verdreifacht – ein nicht unwesentlicher Beitrag für diesen Bereich. Auch das lebensbegleitende Lernen beziehungsweise die Ausbildung im Bereich der Arbeitgeber wie Arbeitnehmer wird steuerlich gefördert. Auch dies ist ein wesentlicher Beitrag zur Weiterbildung der Arbeitnehmer.

Ein weiterer nicht unwesentlicher Beitrag ist das NEUFÖG, Herr Kollege Peter, das haben Sie angesprochen. Es ist richtig, es bezieht sich derzeit nur auf das Gründungsjahr, aber das Gesetz ist – und das ist zwecks Evaluierung wichtig – auf drei Jahre beschränkt, und ich glaube, wir sollten uns nach drei Jahren anschauen, wie sich das Gesetz ausgewirkt hat, und vernünftigerweise dann darüber reden, wie man dieses System vielleicht doch weiterentwickeln könnte.

Ein weiterer Punkt ist – auch sehr wichtig –: Auch bei Betriebsübergaben wurde ein Freibetrag bis zu 5 Millionen Schilling pro Betrieb eingeräumt, wodurch künftig rund 90 Prozent der Betriebsübergaben steuerfrei gestellt werden.

Es gäbe natürlich dazu noch einiges mehr zu berichten, ich will mich aber auf die bisherigen Ausführungen beschränken.

Aber noch ein paar Worte zu den Ausführungen des Kollegen Böhacker. Herr Kollege Böhacker hat sich wort- und gestenreich darüber aufgeregt, daß seine Anträge im Finanzausschuß erst am 2. Juni behandelt worden sind. Diese Anträge, geschätzte Damen und Herren von den "F", lesen sich wie ein Wunschzettel an das Christkind. Da werden einerseits beträchtliche Absenkungen der Steuern und gleichzeitig eine Ausweitung der staatlichen Transferleistungen – Stichwort: Kinderbetreuungsscheck – gefordert. Wie das zusammenpassen soll, das soll mir einmal einer erklären. (Abg. Madl: Das werden wir dann bei der Dringlichen Anfrage machen!) Aber, Frau Kollegin Madl, das ist halt die Haidersche "Mengenlehre": Eine Menge versprechen und nichts halten! – Siehe Kärnten. Das ist es einfach. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt der Kritik des Herrn Böhacker – ich habe es bereits erwähnt: sehr undifferenziert – bezog sich auf die Standortfrage. Ich glaube, auch in diesem Fall wäre es angebracht, wenn Herr Kollege Böhacker nicht nur die Bärental-News lesen würde, sondern sich vielleicht auch einmal den "Kurier" vom 16. März 1999 zu Gemüte führen würde. Darin heißt es – und das ist meiner Ansicht nach sehr interessant –: Günstiger Standort Österreich: KPMG-Studie belegt: Österreich hat in Kontinentaleuropa unter den Industrieländern die geringsten Standortkosten.

Das ist durchaus erfreulich. – Herr Böhacker sieht das aber etwas anders.

Ich habe noch ein weiteres Indiz für eine positive Entwicklung. Ich zitiere aus dem "Industrie-Magazin"/Beilage Vorarlberg – das ich auch Herrn Böhacker als Lektüre empfehlen würde –: Ein weiterer Unterschied: Allmählich verschwinden auch die letzten, die Jammern auf hohem Niveau als besondere Kunstform gepflegt haben. Sie trauen sich wahrscheinlich nicht mehr. Wenn ringsum ein Umsatzplus ums andere verkündet wird, dann macht das irgendwann ein schlechtes Bild, und man erkennt den Schwindel als prestigeschädigenden ländleinternen Wettbewerbsnachteil. – Zitatende.

Mehr, Frau Kollegin Madl, ist dazu nicht zu sagen. (Zwischenruf der Abg. Madl.) Sie sollten sich nicht nur, wie gesagt, diese Bärental-News zu Gemüte führen, sondern auch eine andere Lektüre, das wäre ganz empfehlenswert und auch sehr wichtig, Frau Kollegin. Sie müssen halt die richtigen Zeitungen lesen, Sie lesen immer die falschen. Ich habe es Ihnen bereits gesagt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich könnte Ihnen natürlich noch einiges mehr berichten. Ich wollte noch auf die Flat-tax eingehen, aber leider ist die Redezeit abgelaufen. (Abg. Madl: Da kennen Sie sich ja nicht aus! Es ist gescheiter, Sie lassen das!) Es gibt auch diesbezüglich sehr viel Interessantes zu berichten, Frau Kollegin. Auch wir haben mittlerweile den Umgang mit dem Internet gelernt, und es ist erstaunlich, was die Amerikaner zum Thema Flat-tax zu sagen haben. Wir werden es Ihnen später zur Kenntnis bringen.

Also, meine Damen und Herren, insgesamt handelt es sich hiebei um ein durchaus solides und gutes Werk, das vielen Österreichern zugute kommen wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Madl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.31

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Auf die Ausführungen meines Vorredners will ich gar nicht replizieren, denn anscheinend kennt er sich bei der Flat-tax wirklich nicht aus, sonst hätte er nämlich diese Dinge nicht gesagt.

Ich möchte eher auf eine Aussage des Herrn Finanzministers eingehen. Herr Finanzminister, Sie haben im Rahmen Ihrer ersten Ausführungen gesagt, Sie machen eine gute Politik in der Alpenrepublik Österreich. – Diese "gute Politik" für die Österreicher schlägt sich so nieder, daß wir in Österreich jetzt die höchste Arbeitslosenrate seit Bestehen der Zweiten Republik haben. Die Arbeitslosenrate ist so hoch, Herr Finanzminister, daß Sie die Arbeitslosen sogar "garagieren" müssen. Das geschieht nicht nur durch Frühpensionierungen, sondern Sie müssen auch an jene denken, die arbeitslos und in Stiftungen untergebracht sind, und an jene, die in den ersten Klassen von berufsbildenden Schulen untergebracht sind und jetzt von der Schule abgehen. Aber auch die Lehrlinge, die Sie im Rahmen des Nationalen Aktionsplans, den Sie so hochgejubelt haben, in Ausbildungskursen untergebracht haben, zählen dazu. (Abg. Schwemlein: Was hätten Sie mit den Lehrlingen gemacht?)

Was Ihre Pläne wert sind, Herr Finanzminister, kann man ja in den Zeitungen nachlesen. In Oberösterreich zum Beispiel wird jetzt das Problem des Nationalen Aktionsplans virulent, ein Problem, auf das wir Freiheitlichen, als dieser beschlossen wurde, aufmerksam gemacht haben. Da steht ganz groß in der Zeitung, Herr Finanzminister: 300 Lehrlinge sitzen in Oberösterreich vorerst in der NAP-Sackgasse. – Das heißt, die haben das erste Jahr hinter sich, haben keinen Arbeitsplatz gefunden und werden von den Betrieben nicht aufgenommen.

Das sind Ihre Pläne, das sind Ihre hochgejubelten Pläne zur Arbeitsbeschaffung, die einfach nicht greifen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf bei der SPÖ.) Herr Kollege, begreifen Sie das endlich!

Wenn heute kritisiert wird, daß die Opposition, im speziellen die Freiheitlichen, an dieser Steuerreform nichts Positives erkennen kann, dann sage ich Ihnen: Man kann aus einem Negativum einfach nichts Positives herausfiltern, Herr Kollege! (Zwischenruf des Abg. Schwemlein.) Diese Steuerreform wird weitere Arbeitslose schaffen, denn schließlich und endlich braucht es gesunder Betriebe, die Arbeitskräfte anstellen.

In diesem Zeitungsartikel heißt es dann weiters, daß die Insolvenzen noch weiter fortschreiten werden. Das sagt KSV-Präsident Horst Höller.

Auffällig ist auch – weil sich die ÖVP von einer "Gründungswelle" etwas verspricht –, daß die Gründungswelle de facto nicht stattgefunden hat und auch nicht stattfinden wird. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Das kann man auch nachlesen, sogar in Ihrem Jubelblatt "Volksblatt" steht das drinnen, Herr Kollege. Lesen Sie das! Das ist Ihre Parteizeitung, wird von Kollegen herausgegeben. Das müssen Sie lesen!

Weiters heißt es: Auffällig ist, daß erstens die Zahl der Insolvenzen stark ansteigt und daß es sich zweitens bei den jungen Unternehmen zu 80 Prozent um Einmann- oder Einfrau-Betriebe handelt, und weiters ist zu lesen, daß größere Unternehmungen immer weniger neu gegründet werden.

Frau Kollegin Hagenhofer hat gesagt, Unternehmensgründungen werden jetzt leichter möglich sein, es gibt so viele Förderungen, eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten im ersten Jahr. – Und jetzt lese ich: 80 Prozent der neugegründeten Unternehmungen sind Einmann-Betriebe. (Abg. Schwemlein: Na und?! – Abg. Hagenhofer: Was ist daran schlecht?) Wo bleibt da die Förderung? (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Nein, das wird nicht stattfinden, und es findet auch nicht statt, Frau Kollegin.

Sehr viele junge Leute, die vorhatten, einen Betrieb zu gründen, haben diese Steuerreform noch abgewartet. Und ich sage Ihnen: 90 Prozent dieser jungen Leute lassen sich durch diese Steuerreform 2000 abschrecken, selbst Unternehmer zu werden. Das ist der Succus dieses Gesetzes. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Hagenhofer.)

Herr Finanzminister! Da Sie sagen, diese Steuerreform kostet 30 Milliarden Schilling und wird den Steuerzahlern zugute kommen, werde ich Ihnen jetzt ein Schreiben der oberösterreichischen Landtagsdirektion zu Gemüte führen. Das wird dem Steuerzahler nämlich nicht zugute kommen, denn die Länder verlieren massiv, und zwar im Zuge des negativen Finanzausgleichs. Allein das Land Oberösterreich verliert 1 Milliarde Schilling! Und auch die Gemeinden in Oberösterreich – die Bürgermeister hier herinnen werden das bestätigen – verlieren allein im Jahre 2000 470 Millionen Schilling. Na wie werden sich denn die Gemeinden das Geld holen? – Die werden sich doch keines drucken oder sonst irgend etwas. Da hat man schon vorher vorsorglich ein Ermächtigungsgesetz beschlossen, im Land Oberösterreich zumindest, wonach bis zu 200 Prozent des Aufkommens der Kommune beispielsweise für Kanal und Wasser an Gebühren eingehoben werden können. So schaut es aus! (Abg. Schwemlein: Das glauben Sie ja selbst nicht, was Sie da sagen!) Das heißt also, diese Einbußen der Gemeinden im Zuge des Finanzausgleiches werden sie höchstwahrscheinlich – treffender: ganz sicher, wir sind ja alle "gelernte" Österreicher – mit höheren Gebühren und höheren Hebesätzen wieder hereinbringen. Letztendlich ist diese Steuerreform ein Nullsummenspiel. (Abg. Schwemlein: Das glauben Sie ja selbst nicht!)

Herr Stummvoll hat gesagt, das einzige, was die Bürger interessiert, ist, was sie an Steuern weniger zahlen. – Dazu möchte ich Ihnen sagen: Herr Stummvoll, diese Frage können Sie auch nicht beantworten, weil Experten über die Tarifgestaltung sogar sagen: Über die tatsächliche steuerliche Grenzbelastung kann aufgrund der verschiedenen Einschleifbestimmungen ohne umfangreiche Berechnungen überhaupt keine Aussage mehr getroffen werden. – So schaut es aus! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie, Herr Stummvoll – er ist jetzt nicht da –, können dem Steuerzahler nicht sagen, wieviel er sich erspart. (Abg. Schwarzenberger: Sie widersprechen sich ja selbst!) Wie einfach wäre da das Modell der Flat-tax gewesen (Beifall bei den Freiheitlichen), bei dem jeder Bürger, jeder Unternehmer genau weiß, was er am Ende des Jahres an Steuern zu bezahlen hat. 150 000 S Freibetrag pro Person, 75 000 S pro Kind, das wäre auch familienfreundlich gewesen. – Durch dieses Modell aber, das Sie hier vorlegen, wird ein Alleinverdiener steuerlich massiv benachteiligt, im Gegensatz zu den Doppelverdienern, die wesentlich mehr Absetzbeträge als ein Alleinverdiener haben. Das ist sozialistische Familienpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

13.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fink. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.38

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte die Frage des Herrn Finanzministers aufgreifen: Was würde passieren, wenn eine von der Opposition vorgeschlagene Steuerreform realisiert wird?

Ich habe mir den Antrag der Freiheitlichen Partei vom 26. November 1998 angeschaut. Von "fairen Steuern" ist da die Rede – ich zitiere –:

Die Einführung der fairen Steuern wird für die Steuerzahler im Endeffekt eine jährliche Entlastung in Höhe von zirka 50 bis 70 Milliarden Schilling bringen.

Sie schreiben in Ihren Antrag hinein: zirka 50 bis 70 Milliarden Schilling. Da können Sie auch "zirka 40 bis 80 Milliarden Schilling" hineinschreiben. Sie wissen nicht einmal selbst, wieviel Ihr Steuermodell bringen soll, sagen aber, bei der Flat-tax würde sich der Unternehmer auskennen und genau wissen, was er sich erspart. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Lackner.) So ist es! Also rechnen sollte man zumindest können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Steuerreform ist eine große Reform. Die Freiheitlichen beziehungsweise die Opposition spricht von einer kleinen Reform, aber ich glaube, daß das ziemlich unerheblich ist. Ich als Steirer sage ganz einfach: Wichtig für die Menschen ist, daß sie weniger Steuern zahlen, und das wird durch diese Steuerreform bewirkt. Es sind nach eurer Diktion "nur" 30 Milliarden Schilling. Für uns ist das sehr viel, es ist ein großes Volumen, und es war das Maximum, das man aus dem Budget herausholen konnte. 30 Milliarden Schilling an Nettoentlastung, das ist doch ein Betrag, der nicht gerade klein ist. Mit der Steuerreform im Jahre 1993 – das wurde heute schon gesagt – hat es eine Entlastung im Ausmaß von nur 17 Milliarden Schilling gegeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tatsache ist: Es wird heute eine Steuersenkung beschlossen, die die Familien begünstigt. Sie bekommen mehr Geld, was unmittelbar die Kaufkraft stärkt. Ab 1. Jänner 2000 erhält jedes Kind im Monat zusätzlich 500 S; das sind im Jahr 6 000 S.

Dritte Tatsache ist, daß die Tarife gesenkt werden. Unter Einrechnung der Tarifsenkung bedeutet das für einen Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern ein zusätzliches Nettoeinkommen von 22 000 S. In meinem Gebiet, der Oststeiermark, beträgt der Durchschnittsverdienst 12 000 S. 22 000 S sind also kein "Lapperl", sondern sehr viel! Somit wird eine Steuerreform beschlossen, die sich sehen lassen kann! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Tatsache ist weiters, daß aufgrund dieser Steuersenkung kleine und mittlere Einkommen entlastet und die klein- und mittelständischen Unternehmer gefördert werden. Es hat heute noch niemand davon gesprochen, was bei Betriebsübergaben geschieht; niemand hat die Erbschaftssteuer und die Schenkungssteuer erwähnt. Bei einem Betrieb, der einen Firmenwert von 8 Millionen Schilling hat und der an den Sohn oder die Tochter übergeben wird, beziffert sich die Entlastung mit zirka 500 000 S für den Betrieb. Das ist auch ein schöner Betrag. In dieser Steuerreform ist also auch eine große Förderung für die Unternehmer enthalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Vierte Tatsache ist, daß durch diese Steuerreform der Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt wird.

Fünfte Tatsache ist, daß die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicher erhöht wird. Dadurch erhöht sich die Inlandsnachfrage, wodurch wirksam die Arbeitslosigkeit bekämpft werden wird.

Heute haben viele versucht, die Steuerreform schlechtzumachen: ob das der Hinweis auf den "Brockhaus", auf ungedeckte Schecks oder auf das Glück von Mag. Trattner war. Ich sage Ihnen: Glück hat nur der Tüchtige! Diese Bundesregierung ist tüchtig, und die Steuerreform wird das eindrucksvoll beweisen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mentil. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.42

Abgeordneter Hermann Mentil (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um auf die Ausführungen meines Vorredners zurückzukommen: Herr Kollege, daß die Opposition keine Tarifanpassung macht, das verstehe ich schon, dafür ist die Regierung zuständig. Nur finde ich es trotzdem nicht fair, wenn unter dem 1. Tagesordnungspunkt 35 – das heißt, zusätzlich noch 34 – Tagesordnungspunkte abgehandelt werden, worunter sich auch Anträge befinden – siehe Tagesordnungspunkt 16, Antrag 259/A –, die bereits Ende 1995/Anfang 1996 eingebracht wurden, und zwar von meinem ehemaligen Kollegen Dkfm. Kurt Ruthofer.

Die Tatsache, daß Anträge drei Jahre lang schubladisiert werden und dann irgendwann, wenn genehm, knapp vor der Wahl sozusagen mit auf der Reise abgehandelt werden, zeigt, wie die Regierung mit den Rechten der Opposition in diesem Haus umgeht. Das ist sicher eine Vorgangsweise, die der Opposition gegenüber nicht seriös, nicht korrekt ist. Auch die Tatsache, daß Mangel an Bereitschaft kritisiert und der Opposition vorgeworfen wird, sie wäre nicht konstruktiv mit dabei, wenn derlei Gesetze beschlossen werden, halte ich für unseriös und unfair. Ich meine, diese Vorgangsweise ist demokratiepolitisch gesehen nicht gut und auch nicht sinnvoll.

Herr Minister! Sie haben ja selbst gesagt, daß Sie heute auf Grundlage der Ihnen vorgegebenen Sachzwänge eine Tarifanpassung vorschlagen. Anhand einer Tafel haben Sie selbst dokumentiert, daß Sie nur über 13 Prozent des Gesamtvolumens verfügen können. 87 Prozent sind Ihnen so quasi schon vorweg abgeknöpft, stehen also nur beschränkt zur Verfügung. – Dazu muß ich sagen: Es ist ja Ihre Reformverzögerung, die Sie in diese Situation bringt. Wenn Sie in dieser Legislaturperiode eine echte Steuerreform angestrebt hätten, dann hätten Sie sich ja diesen Spielraum beziehungsweise diese Gestaltungsmöglichkeit schaffen können. Sie haben es eben nicht geschafft und haben daher aufgrund der gegebenen Voraussetzungen eine Tarifanpassung durchgeführt.

Da muß ich schon Herrn Professor Van der Bellen meine Hochachtung aussprechen, der zum Unterschied von Herrn Kollegen Stummvoll, der es mit einem Sparschweinderl probiert hat, mit einem DIN-A4-Zettel wirklich wunderbar demonstriert hat, wie die Situation ausschaut, beziehungsweise hat er dokumentiert, daß Ihre sogenannte Steuerreform – oder, wie ich sage: Tarifanpassung – ja in Relation zum Budget noch nicht durchgestanden ist. Es gibt doch keinen Finanzminister, der eine Budgetentwicklung hundertprozentig voraussehen kann. Es gibt Einflüsse, die auch der Finanzminister nicht steuern kann. Er kann zwar einiges durch neue Abgaben kompensieren, aber ob diese Tarifanpassung in Harmonie zum Budget stehen wird, das wird sich grundsätzlich erst später herausstellen. Sie wurde vor allem deswegen durchgeführt, weil wir eben vor Wahlen stehen.

Herr Kollege Stummvoll hat wirklich wirksam demonstriert, daß das eine Wahlkampfstrukturanpassung ist, und er hat diese Wahlkampfsteuerreform, wie er sie bezeichnet, mit Beispielen argumentiert, die auch wieder nichts mit einer echten Steuerreform zu tun haben. Eine strukturelle Veränderung unseres Steuerwesens, sprich die Ökologisierung unseres Steuersystems, wird unumgänglich notwendig sein. Maßnahmen im Hinblick auf Jungunternehmer oder die Förderung der Lehrlinge werden nicht das Gelbe vom Ei sein. Sinnvolle Maßnahmen für die Klein- und Mittelbetriebe werden nur in der Form zu treffen sein, indem ein grundsätzliches Umdenken in diesem Bereich herbeigeführt wird.

Was meine ich damit? – Die Lage der Klein- und Mittelbetriebe ist zurzeit derart schwierig, daß auch mit Maßnahmen wie Begünstigung von Jungunternehmern ein Jahr lang oder Begünstigung von Lehrlingen die Existenz nicht abgesichert ist. Wir alle wissen, welche Probleme uns da ins Haus stehen. Wir werden wegkommen müssen davon, daß diese Dienstleistung, die die Unternehmer, die Klein- und Mittelbetriebe organisieren, mit derartigen Kosten behaftet ist, daß sie nicht mehr überwälzbar sind. Dort liegt das Problem. Bei den Konzernen, beim Handel funktioniert es, dort läuft es, aber der Klein- und Mittelbetrieb, der Dienstleister ist nicht mehr in der Lage, seine Belastungen auf die Dienstleistungskosten zu überwälzen.

Da bin ich bei Tagesordnungspunkt 24, der leider auch in einem mit anderen Tagesordnungspunkten abgehandelt wird. In diese Richtung wird sich das bewegen müssen. Man wird sich bei der Erstellung von Mehrwertsteuermodellen oder sonstigen Maßnahmen wirklich aufraffen und darauf achten müssen, daß man die Lohnbegleitkosten – ich nenne sie bewußt nicht Lohnnebenkosten, denn sonst reize ich Sie – oder diese Dienstleistungsbegleitposten drastisch reduziert, denn das sehe ich als einzige Möglichkeit dafür, die Klein- und Mittelbetriebe überleben zu lassen.

13.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.49

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Am Ende dieser Debatte kann man feststellen, daß es eigentlich an den Maßnahmen, die wir heute beschließen, sehr wenig Kritik gegeben hat und daß sich in Wirklichkeit die Kritik an dem bündelt, was in dieser Reform nicht beinhaltet ist.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, es hat auch niemand behauptet, daß alles, was denkbar ist, und alles, was die Steuerreformkommission auch sinnvollerweise erarbeitet hat, in dieser Reform nun beinhaltet ist. Es hat auch niemand behauptet, daß nun ein Stopp im Hinblick auf neue Steuergesetze ausgerufen wird, sondern die Steuerreform versteht sich als wertvoller Beitrag, der derzeit kleine und mittlere Einkommen entlastet und somit einen wertvollen Impuls für die Wirtschaft in Form von Nachfragesteigerung mit sich bringt. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Finanzminister selbst hat gesagt, daß im Rahmen des Finanzausgleiches wertvolle neue Maßnahmen gesetzt werden müssen. Frau Abgeordnete Madl, es ist auch völlig klar, daß die Länder und Gemeinden, die aufgrund des erhöhten Lohnsteueraufkommens auch höhere Einnahmen zu verzeichnen hatten, in Zukunft weniger erhalten werden, wenn aufgrund der Steuerreform die Lohnsteuer und somit auch die Einnahmen daraus gesenkt werden. Das ist ja der Kern des Finanzausgleiches, und um diesen wird es nächstes Jahr gehen.

Zum Thema Entlastung der Arbeit, Wertschöpfungsabgabe, Ökologisierung des Steuersystems: Klarerweise ist noch nicht der letzte Schritt gesetzt, sondern es werden neue, weitere Schritte folgen.

Zum Thema Effizienzsteigerung, das Abgeordneter Kier immer mit einbringt. Es kann ja nicht alles in ein einziges Steuergesetz hineingepackt werden. Natürlich sind auch wir für effizientere Abläufe im Staatsgefüge; insbesondere das Finanzministerium, der Finanzminister und der Staatssekretär tragen ja auch einiges dazu bei. Das wird auch Raum für weitere Steuersenkungsmaßnahmen schaffen. Aber es ist völlig unfair, alles auf einmal und gleichzeitig zu verlangen.

Manche haben gemeint, daß das Volumen der Steuerreform mit 30 Milliarden einschließlich Familienpaket zu gering wäre. Manche wiederum haben gemeint, es sei zu hoch. Herr Abgeordneter Van der Bellen hat überhaupt gefragt, wieso es sich nicht um 20, 30, 40 oder 50 Milliarden handelt. Die Antwort ist ganz einfach: Diese 30 Milliarden Schilling sind genau jener Betrag, der möglich ist, ohne ein neues Konsolidierungspaket schnüren zu müssen. Das ist genau jener Betrag, der mit der jetzigen Budgetpolitik konform geht und garantiert, daß es eben kein neues Konsolidierungspaket aufgrund dieser Steuersenkungsmaßnahmen geben muß.

Man muß schon sagen, daß mit dieser Steuerreform insgesamt sehr wesentliche neue Impulse gesetzt werden: neue Impulse zum Beispiel beim Lehrlingsfreibetrag, neue Impulse bei der Förderung der Aus- und Weiterbildung, neue Impulse bei der Erleichterung der Betriebsfortführung. Wesentlich ist insbesondere die Lohnsteuerreform, und wesentlich ist, daß gemeinsam mit dem Familienpaket 30 Milliarden Schilling in die Taschen der Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen gelangen und dadurch ganz entscheidende neue Nachfrageimpulse für die Wirtschaft mitausgelöst werden. Wesentlich ist weiters, daß diese Reform auch sozial gerecht ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Da oft die Meinung vertreten wurde, das Ganze sei zu kompliziert, möchte ich dem entgegenhalten: Es ist überhaupt nicht kompliziert. Ein einfaches Beispiel: Ein Arbeitnehmer, der 16 000 S brutto verdient und zwei Kinder hat, wird nächstes Jahr, eben aufgrund der Lohnsteuerreform, eine Einsparung von 4 000 S zu verzeichnen haben und zweimal 6 000 S zusätzlich aufgrund des Familienpaketes bekommen. Das heißt, er wird 16 000 S – das ist immerhin netto ein Bruttolohn pro Jahr mehr, was sehr viel ist – mehr in der Tasche haben. Die Rechnung ist also sehr einfach, für den einzelnen sehr verständlich und auch sehr wirkungsvoll.

Oder wenn Sie es anders darstellen wollen: All jene, die bis 13 000 S verdienen, werden keine Steuer mehr bezahlen und sogar 1 500 S dazubekommen, eben aufgrund der Negativsteuer. All jene, die mehr als 13 000 S verdienen, werden zumindest einen Vorteil von 4 000 S – es ist sehr einfach, sich diesen Betrag zu merken – allein aufgrund der Lohnsteuerreform haben.

Daher meine ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß diese Lohnsteuerreform, daß diese Steuerreform ein wichtiger Schritt in einem Gesamtpaket einer sehr erfolgreichen Wirtschaftspolitik ist. Es ist völlig klar, daß wir ein ständiges Beschäftigungswachstum in Österreich haben und daß wir die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt insofern geschafft haben, als derzeit auch die Zahl der Arbeitslosen sinkt – und das auf einem international sehr niedrigen Niveau. Daher wird diese Steuerreform einen wesentlichen Beitrag im Konzert, im Rahmen sehr wertvoller wirtschaftspolitischer Maßnahmen in Österreich sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.56

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bin Augenzeuge der Arbeit der Steuerreformkommission. Eineinhalb Jahre lang hatte ich, genauso wie Kollege Nowotny, die Ehre, in der Steuerreformkommission mit den Experten zu arbeiten. Auch Kollege Van der Bellen war zum Teil direkt, zum Teil indirekt in Unterkommissionen der Steuerreformkommission vertreten. Ich bin also ein Augenzeuge ihrer Arbeit und kann daher mit Fug und Recht behaupten: Das, was heute von der Opposition behauptet worden ist, nämlich daß ihre Arbeit vergebens gewesen wäre, stimmt ganz und gar nicht. Wesentliche Ergebnisse der Steuerreformkommission sind wir heute umzusetzen in der Lage. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist schon richtig, wie ich das einmal bei einem Fernsehauftritt formuliert habe, als ich gefragt wurde, wer denn die Gewinner und die Verlierer der Reform sein werden. Ich habe damals gesagt: Alle sollen gewinnen. Das ist die ÖVP-Linie bei der Steuerreform 2000. (Beifall bei der ÖVP.)

Es kommt zu einer breiten Entlastung der Steuerzahler. Wir haben dabei auch nicht auf die Leistungsträger unserer Gesellschaft vergessen. Die Steuerreform ist sozial ausgewogen und setzt einen Schwerpunkt bei den Familien. Es sind auch deutliche Akzente zur Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich gesetzt worden, und es sind eine Reihe echter finanzpolitischer Innovationen darin enthalten, die ihresgleichen suchen.

Was wir nicht getan haben – das mögen die Oppositionsparteien bedauern, aber es ist eben so –, ist folgendes: Wir haben uns nicht dafür zur Verfügung gestellt, daß wir das, was wir mit der rechten Hand in das Tascherl des Steuerzahlers hineingesteckt haben, ihm mit der linken Hand wieder herausziehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben auch nicht – das sage ich jetzt an die Adresse der Freiheitlichen Partei gerichtet – die Republik neu erfunden. Wir brauchen die Republik nicht neu zu erfinden. Wir lieben unser Land zu sehr, als daß wir mit einem Flat-tax-Experiment den sozialen Konsens in unserem Lande riskieren oder aufs Spiel setzen wollen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollege Van der Bellen hat in seinem Minderheitsbericht festgestellt, es handle sich um eine vertane Chance in bezug auf die Ökologisierung, und er hat dies sehr bedauert. Man sollte aber auch den Mut haben, den Menschen die Wahrheit zu sagen. Sie wissen ja, sie vertragen die Wahrheit; diese ist den Menschen zumutbar. Da soll man sagen, daß man für eine drastische Erhöhung der Benzinpreise eintritt. Da soll man sagen, daß man für eine drastische Erhöhung etwa des Strompreises ist. – Das alles steckt in diesem ökologischen Ansatz ja drinnen. Dann soll man bitte auch sagen, wie sich der Abtausch Energiesteuern, Ökosteuern gegen Lohnnebenkosten auswirkt. Zum Beispiel soll man dann sagen, daß bei diesem Modell die Landwirtschaft um 1 Milliarde Schilling netto mehr belastet würde. Das soll man den Menschen sagen! Man soll sagen, daß etwa die ÖBB mit 200, 300 Millionen Schilling an zusätzlicher Belastung übrigbleiben.

Das gehört auch zur Wahrheit; natürlich gehört das dazu. Und man soll auch sagen, daß die Tourismuswirtschaft – weil besonders Dienstleistungen von dir angetönt wurden – durch ein solches Abtauschmodell, Ökosteuern gegen Lohnnebenkosten, netto belastet wird. – Ja, Herr Kollege Van der Bellen, so ist es einfach. (Abg. Ing. Langthaler: Das ist aber falsch!)

Man soll vor allem noch etwas sagen, und zwar, daß die privaten Haushalte im Umfang von 16 Milliarden Schilling netto zur Kassa gebeten würden! Und dafür stehen wir nicht zur Verfügung! Das tun wir nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe gesagt, wir setzen ganz neue Innovationen beim Humankapital. Endlich soll es zur Gleichstellung von Humankapitalförderung und Realkapitalförderung kommen. Das ist eine Forderung, die ich 1993 von diesem Pulte aus erhoben habe. Auch bei der Berücksichtigung der Eigenkapitalverzinsung ist das eine Innovation. Herr Kollege Van der Bellen! Ich verstehe nicht, wie man den Versuch, den betriebswirtschaftlichen Gewinnbegriff dem volkswirtschaftlichen Gewinnbegriff anzunähern, verurteilen kann. Da läßt mich einfach mein Fachwissen – aber wahrscheinlich auch deines – im Stich.

Lassen Sie mich zusammenfassen. Erstens: Diese Steuerreform hätte es nicht gegeben, wenn die ÖVP nicht – und das seit 1995 – auf Budgetkonsolidierung bestanden hätte! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens: Es hat der Zurufe und Warnungen wahrlich nicht wenige gegeben. Es hat geheißen, eine Steuerreform macht man nicht in einem Wahljahr oder vor Wahlen. Auch der Herr Finanzminister hat hie und da – vielleicht auch, weil er das Konsolidierungsziel nicht aus dem Auge lassen wollte – in diese Richtung argumentiert. Erst als Wolfgang Schüssel die Steuerreform 2000 zur "Chefsache" erklärt hat, konnten wir unseren Koalitionspartner mitnehmen. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Marizzi: Halleluja!)

Wir machen das Richtige. Wir sagen vor den Wahlen, was wir politisch vorhaben. Ich meine, das ist eine überzeugende Politik des ehrlichen Weges. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Abg. Smolle: Wahlkampf ist!)

14.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Es ist seine zweite Wortmeldung, daher 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

14.02

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Kollege Lukesch hat gerade jede Menge Behauptungen in den Raum gestellt, die sich angeblich auf das Programm für eine ökosoziale Steuerreform der Grünen beziehen. Deine Anmerkungen werden sich schon auf irgendein Programm bezogen haben, lieber Kollege Lukesch, aber ganz sicher nicht auf das ökosoziale Steuerreformmodell der Grünen. Lies es halt bitte einmal! (Beifall bei den Grünen.)

Daß die ÖBB unter dem Strich negativ aussteigen, ist einfach unwahr! Bitte, schau dir das an (der Redner hält eine Broschüre in die Höhe): Die ökosoziale Steuerreform der Grünen – Praxistest Wirtschaft. Darin sind 50, 60 Firmen durchgerechnet, darunter unter anderem die ÖBB, die unter dem Strich mit 660 Millionen Schilling positiv aussteigen. – Ich weiß nicht, woher du deine Zahlen hast.

Wenn man natürlich eine solche ökosoziale Steuerreform angeht, dann muß man es schon einigermaßen intelligent machen. Daß es da jede Menge Fallstricke und Schwierigkeiten gibt, daß da Fehler passieren können, ist klar. Wenn du aber ein Modell konstruierst, bei dem sowohl die Wirtschaft schlechter aussteigt als auch die Privathaushalte schlechter aussteigen, dann, bitte sehr, mußt du das verantworten – und nicht wir. (Abg. Dr. Lukesch: Das waren deine Experten in der Untergruppe!) Unser Steuermodell ist sowohl im Bereich der Wirtschaft als auch im Bereich der Haushalte aufkommensneutral.

Wenn du sagst, da müsse man die Wahrheit sagen und dazusagen, daß der Benzinpreis steigt und die Strompreise steigen, dann muß ich dir entgegenhalten: Das ist bitte nur die halbe Wahrheit! Und jemand wie du sollte wissen, daß die halbe Wahrheit haarscharf an einem Wort vorbeischrammt, das Präsident Fischer in diesem Haus nicht genannt haben möchte.

Das, was die privaten Haushalte laut unserem Steuermodell mehr ausgeben müssen für höhere Steuern – selbstverständlich: höhere Energiesteuern heißt, daß die Energiepreise steigen –, das bekommen sie fast im gleichen Atemzug monatlich in Form einer Entlastung bei anderen Steuern zurück. Also hör bitte auf mit diesen Horrormodellen! Wenn man es blöd macht, dann kommt das heraus, was du sagst. Wenn man es gescheit macht, dann kommt das (der Redner hält zwei Broschüren in die Höhe) heraus. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Kollege Van der Bellen! Jenes Wort, das Sie im Auge hatten, würde das Präsidium insgesamt rügen, nicht nur der erste Präsident. (Heiterkeit.)

Jedenfalls ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Da auch kein Schlußwort seitens der Berichterstatterin verlangt wurde, treten wir jetzt – es sei erwähnt – in ein etwas längeres Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die über jeden Ausschußantrag getrennt vorgenommen wird.

 

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Steuerreformgesetz 2000 samt Titel und Eingang in 1858 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Böhacker und Genossen vor.

Wir werden daher zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend die Artikel XIV, XV und XXIV sowie die entsprechende Änderung der Paragraphenbezeichnung in Artikel XV eingebracht.

Ich ersuche für den Fall Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht betreffend Artikel I Ziffer 28 und Ziffer 30, Artikel XIII Ziffer 7, Artikel XVII Ziffer 5 sowie Artikel XXIV Ziffer 4.

Für den Fall Ihrer Zustimmung dazu ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. Angenommen.

Wir gelangen nun zu den restlichen, noch nicht abgestimmten Teilen der Artikel I, XIII, XVII und XXIV in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit, daher angenommen.

Nunmehr gelangen wir zur getrennten Abstimmung über die Artikel II, IV Ziffer 9, V, VI, XI, XV, XVI sowie XVIII bis XXIII in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung erfolgt durch die Mehrheit, daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1858 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen. (E 190.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen betreffend Einsetzung einer Ausgabenreformkommission.

So Sie dem zustimmen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Böhacker und Genossen betreffend unabhängige Finanzgerichtsbarkeit.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich auch hiezu um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1859 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies erfolgt durch die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1860 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1861 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Auch dieser Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1862 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1863 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte Sie für den Fall Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist gleichfalls zur Kenntnis genommen.

Weiters stimmen wir ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1864 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen ferner ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1865 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. Angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1866 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1867 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. Angenommen.

Weiters stimmen wir ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1868 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Weiters stimmen wir ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1869 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch diese Kenntnisnahme erfolgt durch die Mehrheit. Ich stelle fest, der Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1870 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1874 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit. Angenommen.

Weiters stimmen wir ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1875 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1876 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1877 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Weiters stimmen wir ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1878 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt zustimmend durch die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1879 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie zustimmen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1880 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1882 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1871 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1881 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1883 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1872 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1873 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1884 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1885 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1886 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1887 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1888 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1889 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1890 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1891 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich stimmen wir ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1892 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. Angenommen.

Das Abstimmungsverfahren ist damit beendet.

36. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1770 der Beilagen): Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (1893 der Beilagen)

37. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1793 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über grenzüberschreitende Überweisungen (Überweisungsgesetz) und ein Bundesgesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (Finalitätsgesetz) erlassen und mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden (1894 der Beilagen)

38. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (1895 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen zu den Punkten 36 bis 38 der Tagesordnung. Die Debatte darüber wird unter einem durchgeführt.

Es gibt keine mündliche Berichterstattung. Wir treten daher in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als erster Debattenredner Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.19

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht um die Behandlung der Regierungsvorlage 1770: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen. Wir von der frei-heitlichen Fraktion werden dieser Regierungsvorlage unsere Zustimmung geben.

Wir haben uns bei der letzten Ausschußsitzung intensiv darüber unterhalten. Es geht darum, daß der Bund einmal feststellen muß, welches unnotwendige sogenannte Betriebsvermögen er im Bestand hat. Wir erleben es immer wieder: Wir bekommen Regierungsvorlagen, wir erfahren, irgendwelche Liegenschaften werden verkauft. Aber man weiß im Grunde genommen nicht, welches Potential da vorhanden ist.

Ich meine, für eine künftige Budgetplanung, für eine künftige Veräußerungs-beziehungsweise Privatisierungsplanung wäre es dringend notwendig, den Umfang des nicht notwendigen Betriebsvermögens festzustellen und es bestmöglich zu veräußern, damit man eben für die nächste Zeit planen kann und auch ein gewisses Pouvoir, einen Spielraum für künftige steuerliche Maßnahmen hat.

Der zweite Bereich betrifft das Finalitätsgesetz, und dabei geht es um unsere derzeitigen Gebräuchlichkeiten bei Inlandsüberweisungen beziehungsweise Kontoüberziehungen.

Es gibt in Österreich nach wie vor ein sogenanntes politisches Bankenkartell. Das wird nicht nur seitens der Oppositionsparteien kritisiert, sondern auch seitens der EU-Kommission. Es gibt auch ein anhängiges Verfahren gegenüber den Banken bezüglich Zinsabsprachen, Konditionenabsprachen, Spesenabsprachen. Gerade in diesem Bereich sollte man einmal dahin gehend einwirken, daß zumindest Überweisungen innerhalb Österreichs nicht länger dauern dürfen als zwischen Österreich und Deutschland beziehungweise den anderen EU-Staaten.

Mittlerweile ist es so, daß Überweisungen von Österreich in andere EU-Staaten zwischen zwei und drei Tagen dauern, daß aber Überweisungen innerhalb Österreichs, innerhalb Wiens, vier Tage dauern, und wenn ein Wochenende dazwischen ist, sogar sieben Tage.

Ich verstehe nicht, daß die Kollegen der Arbeiterkammer dagegen nichts unternehmen. Sie haben das in einer Studie beziehungsweise Untersuchung festgestellt und kritisiert, und ich meine, seitens der Arbeiterkammer wäre es dringend notwendig, mit dem Finanzministerium diesbezüglich Kontakt aufzunehmen, sodaß eine entsprechende Änderung des Bankwesengesetzes vorgenommen wird, wonach eben innerösterreichische Überweisungen innerhalb von zwei Tagen durchzuführen sind.

Der zweite Kritikpunkt am derzeitigen Verhalten von Banken ist: Wenn ich vom Konto Geld behebe, so ist der Betrag mit dem gleichen Tag fällig, zahle ich aber auf das Konto Geld ein, wird der Betrag erst am nächsten Tag valutarisch auf das Konto gestellt. Das heißt also, ein Tag liegt dazwischen, und damit machen die Banken einen Zinsgewinn in enormer Höhe. Keine Bank prescht in diesem Bereich vor, indem sie konsumentenfreundlich agiert. Es liegt daher die Vermutung sehr nahe, daß es gerade in diesem Bereich in Österreich aufgrund des politischen Bankenkartells nach wie vor Absprachen gibt, und zwar dahin gehend, diese Überweisungen nicht früher durchzuführen, die Valutaerstellung nicht am Tag der Einzahlung zu machen, die Bankspesen in exorbitanter Höhe festzusetzen.

Wir wissen auch ganz genau – gerade bei der Einführung des Euro hat es eine Debatte darüber gegeben –, mit welchen Umstellungskosten die österreichischen Konsumenten belastet werden. Es gab die herrliche Sendung "Zur Sache", in der der Generaldirektor der Raiffeisenbank Oberösterreich, Herr Dr. Scharinger, gesagt hat – und das hat es auch immer geheißen –: Der Konsument wird überhaupt nicht belastet!

Mittlerweile hat die Euro-Umstellung stattgefunden, die Überweisungskosten sind um ein Vielfaches gestiegen. Weiters sind auch die Umwechslungskosten um ein Vielfaches gestiegen. Im Grunde genommen bedeutet das, daß das, was vorher versprochen wurde, nämlich daß es eine spesenlose Umstellung geben wird, nicht eingetreten ist, sondern diese Umstellung auf dem Rücken der Konsumenten durchgeführt wird. (Abg. Dr. Nowotny: Die kommt ja erst! Natürlich wird sie spesenlos sein!) Nein, nein, das wird nicht spesenlos sein, da es die Differenzen zwischen An- und Verkaufspreis von Devisen beziehungsweise von Valuten mit den Euro-Ländern nicht mehr gibt. (Abg. Dr. Nowotny: Das ist ja etwas anderes als die Umstellung! – Das weiß jeder! Sie sollten das wissen!) Erkundigen Sie sich!

Sie sind doch mittlerweile Vizepräsident der EZB, oder? Sind Sie das? Haben Sie eine gewisse Vorbildung auch für diese Funktion? Ich glaube, Sie waren immer nur Universitätslehrer, und jetzt werden Sie auf einmal Banker. Ich weiß nicht, wie dort die Ausschreibungskriterien sind, aber es gibt seitens der Europäischen Kommission Kritik, daß in Österreich die Bestellungen nicht nach fachlichen Qualifikationen durchgeführt werden, sondern aus rein politischen Gründen. Und dort wollte man offensichtlich einen Roten haben. (Abg. Dr. Nowotny: Bleiben Sie sachlich!) – Ich bin sachlich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist Ihnen, Herr Dr. Nowotny, damals nicht gelungen, in die Nationalbank zu kommen, darum hat man Ihnen dann die EZB angeboten. Uns ist es eigentlich ohnehin lieber, Sie sind in der EZB, dort sind Sie mehr in Europa und können in Österreich keinen Schaden anrichten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Sachlichkeit ist schwierig für Sie, nicht?)

14.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.24

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zu den Ausführungen des Kollegen Trattner, nicht nur in diesem Debattenbeitrag, sondern auch in vorangegangenen, kann man eigentlich nur sagen: Der Neid ist etwas wirklich Schlimmes! (Abg. Haigermoser: Geh, na geh!) Es muß Ihnen wirklich sehr, sehr weh tun, wenn Sie mit derartigen "Argumenten" hier beim Rednerpult auftreten. (Abg. Haigermoser: Wenn man reagiert, dann soll man ein bißchen witzig sein!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich mit der Vorlage 1770 der Beilagen beschäftigen, mit den Verkäufen von Bundesheerkasernen und anderen Liegenschaften, die auf dieser Liste stehen. – Ich denke, daß Kollege Haigermoser irgendwann noch ein bißchen Redezeit bekommen wird – Herr Präsident, ist das möglich? –, denn dann muß er nicht dauernd reden, während ich rede. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haigermoser.) Zwischenrufe sind schön und gut, Kollege Haigermoser, aber ununterbrochen reden müssen Sie wirklich nicht. Das hat mit einem Zwischenrufen nichts mehr zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Grundverkäufe werden einstimmig über die Bühne gehen. Sie bringen dem Bund erhebliche Mittel, aber sie sind auch Anlaß, wenn man sich im Detail damit beschäftigt hat, Herr Bundesminister, doch einmal darüber nachzudenken, ob das so wie in diesem Fall ablaufen muß.

Der Grundverkauf der Speckbacherkaserne in Hall geht auf ein Papier des Verteidigungsministeriums zurück: Heeresgliederung-Neu 1992 . 1992 bitte! Darin ist diese Kaserne, deren Verkauf wir heute beschließen, als "entbehrlich" bezeichnet worden; also ein Objekt, das das Bundesheer nicht mehr braucht.

Damit hätten eigentlich die Verhandlungen für den Verkauf beginnen können. 29 700 Quadratmeter, und es bestand großes Interesse des anliegenden Krankenhauses und Interesse der Gemeinde, dort günstige Wohnungen für junge Familien zu bauen. Wer aber meldete plötzlich, als es um den Verkauf ging, Bundesbedarf an? – Das Bundesministerium für Landesverteidigung meldete Eigenbedarf an, obwohl in der Heeresgliederung-Neu 1992 gesagt wurde, diese Kaserne sei entbehrlich.

Seit 1992 sind dann verschiedene Briefe, parlamentarische Anfragen, die wir zu diesem Thema eingebracht haben, nach Wien ergangen und gestellt worden, bis es uns einmal zu bunt wurde und wir, die Vizepräsidentin des Landtages, Gangl, ich und noch eine Reihe anderer Personen, vor dieser Kaserne demonstriert und gesagt haben: Hier könnten eigentlich schon längst Wohnungen gebaut sein und müßte nicht mehr ein fast leeres Kasernenareal stehen.

Da wurde dann sehr schnell gehandelt: Innerhalb von fünf Minuten waren die Exekutive und das Heeres-Abwehramt dort, um all diese Vorgänge zu photographieren und festzuhalten. Das Ganze hat sich dann noch einmal rund zwei Jahre lang hingezogen. Der Bürgermeister hat Briefe geschrieben und dergleichen mehr.

Ich denke, wir müssen bessere Instrumente finden, damit tatsächlich entbehrlich gewordenes Bundeseigentum schneller verkauft werden kann und man nicht mit nicht sehr stichhältigen Argumenten viele, viele Jahre hindurch einen solchen Verkauf blockieren kann.

Der Verkauf findet jetzt statt, er geht nun über die Bühne, die Sache ist also gut ausgegangen. Ich hoffe, daß mit diesem Verkauf auch die Aufzeichnungen des Heeres-Abwehramtes verkauft worden sind.

Wir können dieser Sache jedenfalls sehr gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.28

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Meine Damen und Herren! Die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen ist auf der Positivseite der Aktivitäten des Bundesministeriums für Finanzen zu verbuchen. 1998 waren es 2 Milliarden Schilling, 1999 sollen es 3 Milliarden Schilling sein. Ich glaube, das Reservoir ist viel größer, wenn nicht gar unerschöpflich. Trattner hat völlig recht, wenn er meint, es wäre sinnvoll, einmal aufzulisten, worum es überhaupt geht.

Entscheidend ist die Mittelverwendung. Herr Bundesminister! Sie bevorzugen es natürlich, dieses Geld in Ihr Budget fließen zu lassen, das mildert Ihre Nöte. (Bundesminister Edlinger: In das Budget der Österreicher!) – Ja, natürlich, danke für den Hinweis, mir war das vorher nicht klar.

Ich glaube, es wäre sinnvoll, Herr Bundesminister, das zu tun, was wir schon öfter zu diskutieren versucht haben, nämlich einen Vermögenstausch vorzunehmen und dieses Geld in Investitionen zu stecken. Es stimmt nicht, daß wir in Österreich keinen riesigen Nachholbedarf an Investitionen hätten. Immerhin haben wir 55 Jahre nach Beginn der Zweiten Republik das höchstrangige Straßennetz noch immer nicht fertiggebaut. Der Verkehrssprecher Parnigoni hat sich einmal damit berühmt: 92 Prozent haben wir schon fertiggebaut. – Nach über 50 Jahren Wohlstand halte ich das für keinen großen Erfolg.

Es wurden viele Ortsumfahrungen noch nicht gebaut. Ich bringe Ihnen nur ein Beispiel, Herr Bundesminister für Finanzen: Die Ortsumfahrung von Traunkirchen ist jetzt endlich zur Gänze geplant, es ist aber kein Geld vorhanden, und sie soll erst im Jahre 2005 gebaut werden.

Privatisieren wir doch in größerem Umfang, und nehmen wir dann die dadurch lukrierten Mittel, um solch sinnvolle Infrastrukturmaßnahmen wie zum Beispiel die Umfahrung von Traunkirchen zu bauen!

Privatisieren Sie also nicht, um Familiensilber zu verhöckern und damit das Budget abzudecken, sondern um vielmehr einen Vermögenstausch, Investitionen durchzuführen!

Der zweite jetzt in Verhandlung stehende Tagesordnungspunkt ist das Überweisungsgesetz. – Da ist Ihnen nichts Gutes eingefallen, Herr Minister. Wenn ich Sie zuerst loben durfte, so muß ich Sie jetzt kritisieren. Die Regierungsvorlage war schlicht und einfach unbrauchbar, sie war eine Zumutung! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Stellungnahmen, die Sie dazu bekommen haben, waren entsprechend vernichtend. Sie haben danach einen Abänderungsantrag gebracht, der alles praktisch neu gemacht hat. Okay, aber auch darin fehlen die inländischen Überweisungen – es ist nicht einzusehen, warum die Umsetzung einer EU-Richtlinie nur minimalistisch sein muß –, und vor allem fehlt der Streitbeilegungsmechanismus. Im Ausschuß wurde uns in diesem Zusammenhang erzählt, dazu gebe es ja Gerichte. – Das ist doch bitte einfach zum Wiehern, ist lächerlich!

Für die 25 S oder die 100 S, um die es bei Überweisungen im Streitfall geht, kann man sich auch über die Arbeiterkammer vertreten lassen – in einer Sammelklage –, viel sinnvoller wäre aber doch ein Streitbeilegungsmechanismus. Herr Dr. Khol, dann müßten wir wegen so kleiner Dinge nicht die Gerichte bemühen.

Das Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes wird unsere Zustimmung finden, jedoch verbunden mit der Bitte, mit dem Appell an Sie: Wertpapieraufsicht, Bankenaufsicht, Versicherungsaufsicht – sie tun dasselbe. Sie sind letztlich die Überwachungsinstrumentarien für die Finanzdienstleister unseres Landes. Und wir bräuchten eine Allfinanzaufsicht, die sowohl Wertpapier-, Banken- als auch Versicherungsaufsicht in einer Hand hätte und die – ich beeile mich, das hinzuzufügen – unabhängig sein sollte, werter Herr Bundesminister! (Beifall beim Liberalen Forum. – Bundesminister Edlinger: Kein Problem!)

14.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.32

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Drei kurze Bemerkungen zum Überweisungsgesetz; die erste betrifft die Legistik oder die Technik dieses Gesetzes. Wir sind ja zu diesem Überweisungsgesetz veranlaßt worden durch die Umsetzung der Transparenzrichtlinie der Europäischen Union. Interessant an dieser Umsetzung ist, daß ursprünglich vorgesehen war, diese Materie durch eine Regierungsvorlage sofort und quasi wortidentisch unmittelbar umzusetzen. Daraufhin hat sich eine interessante verfassungsrechtliche Diskussion entsponnen, ob sich nämlich diese direkte und unmittelbare Anwendbarkeit der vorgeschriebenen Richtlinien im Rahmen des EU-Vertrages bewegt. Der Charakter einer Richtlinie besteht ja darin, daß sie zwar hinsichtlich ihres Zieles verbindlich ist, sich aber die einzelnen Nationalstaaten aussuchen können, in welcher Art und Weise sie das umsetzen. Wenn man sie fast wortidentisch umsetzt, stellt sich die Frage, ob die unmittelbare Anwendbarkeit eine Ausnützung des tatsächlichen Freiraumes ist oder ob das der gestatteten Wahrnehmung des Freiraumes widerspricht.

Diesbezüglich hat es eine interessante verfassungsrechtliche Diskussion mit dem Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes gegeben. Das wurde nun bundesgesetzlich gelöst, und zwar durch den relativ umfassenden Abänderungsantrag, der sich inhaltlich aber nicht von dem unterscheidet, was bereits vorher in der Richtlinie unserer Auffassung nach ausreichend vorhanden war.

Zweiter Punkt: die inhaltlichen Komponenten, die ja Kollege Peter bereits angesprochen hat. Natürlich wäre es auch der Arbeiterkammer und den Konsumentenschützern lieber gewesen, wenn man den Anwendungsbereich auch auf inländische Überweisungen hätte ausdehnen können, wenn höhere Schadensersätze vorgesehen worden wären, wenn es eigene Verfahren zur Streitbeilegung gegeben hätte und weitere Kundenschutzbestimmungen eingeführt worden wären. Aber leider konnte man sich im Vorfeld vor allem mit den Kollegen von der Wirtschaftskammer auf diese weitergehenden Dinge nicht einigen; daher war eine weitergehende Vorlage politisch nicht erreichbar. Dieses Thema bleibt aber meiner Meinung nach für weitere Diskussionen auf der Tagesordnung.

Dritter Punkt – das ist ein formaler –: Ich habe einen Abänderungsantrag einzubringen, weil es im Artikel 1, Überweisungsgesetz, § 4 Abs. 1 einen doch sehr sinnstörenden Redaktionsfehler gibt. Es wurde nämlich im letzten Satz von § 4 Abs. 1 einmal irrtümlich der Begriff "Auftragnehmer" statt richtigerweise "Auftraggeber" verwendet. Und das stellt doch einen fundamentalen Unterschied dar.

Der diesbezügliche Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dkfm. Dr. Stummvoll und Genossen ist bereits schriftlich eingebracht worden. Herr Präsident, soll ich ihn trotzdem vortragen?

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ja, bitte.

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (fortsetzend): Dieser Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dkfm. Dr. Stummvoll und Genossen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Artikel 1 (Überweisungsgesetz) § 4 Abs. 1 lautet:

"§ 4. (1) Der Auftragnehmer hat den Überweisungsauftrag fristgerecht auszuführen. Wurde in einem Überweisungsauftragsvertrag keine andere Ausführungsfrist vereinbart, hat die Überweisung so rechtzeitig zu erfolgen, daß der gesamte Überweisungsbetrag spätestens am fünften Bankarbeitstag, der dem Bankarbeitstag, an dem der Auftragnehmer den Auftrag angenommen hat und sämtliche vom Auftraggeber zu erfüllenden Bedingungen hinsichtlich finanzieller Deckung und der für die Ausführung erforderlichen Angaben erfüllt sind, folgt, dem Empfängerinstitut zur Verfügung steht."

*****

Ich bedanke mich sehr herzlich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.37

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst den Formvorschriften Genüge tun und den Entschließungsantrag einbringen, auf den Kollege Trattner bereits Bezug genommen hat:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Fischl, Mag. Firlinger, Dr. Krüger und Genossen betreffend Beseitigung des bestehenden Verhaltenskartells der österreichischen Banken

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich Maßnahmen zur Beseitigung des im Bereich der Kreditwirtschaft bestehenden Verhaltenskartells zu setzen – mit dem Ziel einer dem freien Wettbewerb unterliegenden Tarifgestaltung durch die österreichischen Kreditinstitute."

*****

Meine Damen und Herren! Dieser Entschließungsantrag hat nach wie vor große Aktualität, denn in Brüssel ist die Verhaltenspraxis österreichischer Banken immer wieder Gegenstand von Auseinandersetzungen, Auseinandersetzungen, die es eigentlich in kaum einem Land gibt, außer eben in Österreich.

Sie alle erinnern sich noch daran, daß vor nicht allzu langer Zeit der Verdacht auf Kreditabsprachen in Österreich zu einer Hausdurchsuchung geführt hat. Sie erinnern sich daran, daß auch internationale Investmenthäuser wie die Firmen Morgan Stanley oder Goldman Sachs dem österreichischen Kreditapparat kein allzu gutes Zeugnis ausgestellt haben, weil die staatliche Einflußnahme auf den Kreditsektor nach wie vor viel zu groß ist. Einerseits tritt die Republik Österreich als starker Nachfrager auf, andererseits gibt es immer wieder dieses Unbehagen in den großen "monitoring agencies", möchte man sagen, die darauf schauen, daß in Österreich möglichst freier Wettbewerb stattfindet. Aber tatsächlich findet ein solcher nicht statt.

Meine Damen und Herren! Aus aktuellem Anlaß, weil heute das Überweisungsgesetz und das Finalitätsgesetz verabschiedet werden sollen, möchte ich folgendes Beispiel nennen: Einem Rechtsanwalt, der in Deutschland einen Prozeß geführt hat und der einem Gericht 5 D-Mark geschuldet hat, nämlich der Klient, für den er das abgewickelt hat, wurden für diese 35 S, die er an Abgaben zu entrichten hatte, vom Bankinstitut 120 S an Überweisungsgebühren verrechnet! – Das kann wohl nicht im Sinne des Erfinders sein, und das kann auch nicht den Grundsätzen eines freien und liberalisierten Marktes entsprechen, meine Damen und Herren!

Es ist daher schon sehr verwunderlich, daß man die Chance, mit dem Überweisungsgesetz ein ordentliches Gesetz zu machen, nicht genutzt hat, denn die Richtlinie schreibt Österreich nur vor, im grenzüberschreitenden Vergleich tätig zu werden.

Die Richtlinie schweigt sich über Österreich aus, aber gerade da, Herr Bundesminister, wäre Handlungsbedarf gegeben. Sie haben in der Ausschußsitzung den Kopf geschüttelt, als wir Ihnen gesagt haben, es kommt eben doch sehr häufig vor, daß eine Überweisung von A nach B im Inland sechs bis sieben Tage lang dauert, daß es aber fast schon Praxis ist, daß eine Überweisung von Wien an eine Bank in München in drei Tagen erledigt ist.

Dann treten natürlich immer wieder Probleme im Zusammenhang mit den Verzugszinsen oder sonstigen Spesen auf. Es ist gängige Praxis in Österreich, daß Verzugszinsen für geringfügige Überziehungen, Herr Bundesminister, in der Größenordnung von 11, 12 und 13 Prozent verrechnet werden.

Die EU-Richtlinie besagt, das darf es nicht geben, das heißt, im Zahlungsverkehr mit dem Ausland wird das ausgeschlossen; im Zahlungsverkehr mit dem Inland ist es aber weiterhin möglich. Der Umstand, daß es eine Richtlinie gibt, die besagt, man muß das im grenzüberschreitenden Verkehr regeln, hätte nicht davon abhalten dürfen, eine entsprechende Regelung vorzubereiten, also das Ganze in ein Gesetz zu gießen, das auch für das Inland gilt.

Daher werden wir dieser Vorlage unsere Zustimmung nicht erteilen – nicht erteilen auch aus einem zweiten Grund, weil unserer Meinung nach im Finalitätsgesetz ein gravierender Mangel enthalten ist. Auch da schreibt die Richtlinie vor, daß sich der Kreditapparat – sei es direkt oder indirekt – in einem Clearing- und Abrechnungssystem oder in mehreren zu organisieren hat. Tatsächlich wird dann das Gesetz viel restriktiver und schreibt ganz konkrete Normierungen vor. Da sagt auch völlig zu Recht das Bundesministerium für Justiz, diese Regelung ist über das Ziel geschossen, denn es gibt auch eine indirekte Teilnahme an einem Clearing- und Abrechnungssystem, und man hätte nicht so weit gehen müssen. Diesbezüglich greift man wieder zu sehr in den Markt ein, auf der anderen Seite läßt man jedoch wichtige Dinge offen.

Das alles sind Gründe dafür, warum wir bei bestem Wissen und Gewissen dieser Vorlage keine Zustimmung erteilen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort der Berichterstatter, und wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, und zwar über jeden Ausschußantrag getrennt.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen samt Titel und Eingang in 1770 der Beilagen.

Für den Fall der Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt einhellig. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies erfolgt einhellig. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1894 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Abänderungsantrag vorliegt, werden wir sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des eben erwähnten Abänderungsantrages abstimmen.

Ich bitte Sie für den Fall Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte Sie gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen für den Fall Ihrer Zustimmung in dritter Lesung. – Auch dies ist die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Fischl und Genossen betreffend Beseitigung des bestehenden Verhaltenskartells der österreichischen Banken.

Für den Fall Ihrer Zustimmung zu diesem Antrag Fischl bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. (Die Abgeordneten der Freiheitlichen erheben sich nicht von ihren Sitzen.) Es ist dies der Antrag des Abgeordneten Fischl. (Allgemeine Heiterkeit.) – Für diesen Antrag findet sich keine Mehrheit. Er ist daher abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz ... (Zwischenrufe bei der SPÖ und bei den Grünen. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Wir setzen im Abstimmungsverfahren fort, und zwar stimmen wir jetzt ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1895 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist eine einhellige Zustimmung. Ich stelle fest, dieser Antrag ist angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

So Sie auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Abermals einhellige Zustimmung. Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung angenommen.

39. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1722 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 1999 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsgesetz 1999 – BÜG 1999) (1907 der Beilagen)

40. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1717 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1999 geändert wird (6. BFG-Novelle 1999) (1908 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nun gelangen wir zu den Punkten 39 und 40 der Tagesordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ein Wunsch auf Berichterstattung zum Tagesordnungspunkt 39 liegt nicht vor, allerdings gilt es, eine Druckfehlerberichtigung zum Tagesordnungspunkt 40 vorzutragen.

Ich erteile daher Herrn Abgeordneten Mag. Steindl das Wort.

Berichterstatter Mag. Franz Steindl: Herr Präsident! Ich darf zum Tagesordnungspunkt 40 eine Druckfehlerberichtigung vornehmen. Das ist der Bericht des Budgetausschusses über die 6. BFG-Novelle, 1908 der Beilagen.

In der Anlage A, Stellenplan 1999, S. 286, lautet bei: Justizanstalten, Exekutivdienst, Verwendungsgruppe E 2a, Funktionsgruppe 1, die Zahl richtig "1163" statt "1183". – Danke schön.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Abgeordneter.

Wir kommen nun zur Debatte. Als erster Redner gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaugg. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.47

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Beim Beschluß von Regierungsvorlagen, die sich mit überbudgetären Ausgaben und Überschreitungen befassen – wie auch die Regierungsvorlage 1722 –, fällt ein Punkt besonders auf, der von wenig Koordinierung und wenig Planung zeugt. Dieser betrifft die Finanzierung der Kosten der Lagerhaltung für Getreide und Fleisch. Dafür sind nämlich zusätzlich 45 Millionen Schilling notwendig. Es würde mich interessieren, warum das nicht schon ursprünglich in den Budgetverhandlungen berücksichtigt worden ist.

Der zweite und wesentlichere Punkt ist die Aufwendung für das Internationale Zentrum Wien. Da sind Reparaturkosten in der Höhe von rund 11 Millionen Schilling erforderlich. Wie man den Medien entnehmen kann, soll eine Generalsanierung ins Haus stehen. Ich würde Sie daher bitten, Herr Finanzminister, dazu Stellung zu beziehen, auf welche Summe sich die Gesamtkosten für die Renovierung der UNO-City belaufen werden, weil es nicht unwesentlich ist, wie intensiv das Budget in den nächsten Jahren belastet wird.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mühlbachler und Gartlehner betreffend 1717 der Beilagen befaßt sich mit mehreren Bereichen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Wünsche an das Christkind, die festgeschrieben werden. Da sind zum Beispiel für die Ausstattung des Vereins "Zentrum für sichere Informationstechnologie" 8 Millionen Schilling vorgesehen, unter anderem sind 10 Millionen Schilling für die Gründung und Errichtung der "Donau Transport Entwicklungsgesellschaft m.b.H." vorgesehen, und – sage und schreibe! – 122 Millionen Schilling gibt es zum Zwecke der Frauenförderung, der Infrastrukturverbesserung im Forschungsbereich und für Zwecke der Durchführung von Projekten der internationalen Wissenschafts- und Forschungskooperationen.

Das Ganze hat aber immer einen kleinen Schönheitsfehler. Überall steht dabei, daß durch Mehreinnahmen die Bedeckung gegeben ist. Das heißt also, Sie haben einen solch großen Spielraum in Ihrem Budget, daß Sie doch über beträchtliche Summen verfügen können, die dann letztlich Vereinen, die gefällig sind oder ähnliches mehr – bis hin zum Geruch der Wahlversprechen – zugewiesen werden. Das beinhaltet diese Gesetzesmaterie ... (Abg. Dr. Kostelka: Was ist mit der Kläranlage Donnerskirchen? 1 Million Schilling! Kinderbetreuungsscheck!) Herr Klubobmann Kostelka, es ist schon interessant, was sich im Bereich der Gendarmeriebeamten tut. (Zwischenruf des Abg. Smolle.) Diese erfahren jetzt eine wundersame Vermehrung, nachdem Sie jahrelang die Posten demontiert und nicht nachbesetzt, sondern sogar reduziert haben. (Abg. Dr. Kostelka: Wir haben die Posten reduziert, aber nicht das Personal!)

Aber bald sind Nationalratswahlen, bald sind Personalvertretungswahlen, daher entdeckt auf einmal die Regierung ihre Sympathien für Gendarmerie und Polizei. Das ist die Realität! Jahrelang haben Sie demontiert (Abg. Dr. Kostelka: Wir haben ständig erhöht!), Posten geschlossen und Personalabbau betrieben, aber zum Zeitpunkt der Eröffnung der Sitzung war von 223 neuen Mitarbeitern die Rede – das war um 9 Uhr –, und um 9 Uhr 20 waren es plötzlich schon sage und schreibe 263.

Das ist Ihre "seriöse" Art von Politik. Das ist Politik per Zufall, per Zuruf, und Politik, die den Steuerzahler letztlich viel Geld kostet, aber unkoordiniert ist. Denn es kann ja nicht so sein, daß man während einer Sitzung innerhalb von 20 Minuten draufkommt, daß man um 40 Gendarmeriebeamte mehr braucht. – Ich glaube nämlich, das ist Ihr .... (Abg. Kiermaier: Ist das ein Fehler? Seien wir froh!)

Nein, das ist überhaupt kein Fehler, das ist in Ordnung! Sie erfüllen damit ja nur die Forderungen der Oppositionspartei, der FPÖ. (Nein!-Rufe bei der SPÖ.) Wir haben nämlich jahrelang gesagt, daß Sie die Gendarmerie, was die Sicherheit der Bevölkerung betrifft, aushöhlen. Und jetzt auf einmal – innerhalb von 20 Minuten – werden es um 40 Posten mehr. Das ist Ihre "seriöse" Politik!

Das geht bis hin zu Zahl 4, wo Sie aufgrund der Verlängerung des SFOR-Einsatzes in Bosnien und der Verlängerung des Kosovo-Einsatzes 589,5 Millionen Schilling zur Verfügung stellen. Ich betone: 589,5 Millionen Schilling – und das ohne irgendeine Auflage! Das steht im Gegensatz zur Position von Präsident Clinton, der sehr deutlich erklärt hat: Bevor Herr Milošević nicht entmachtet ist, gibt es seitens der USA keinerlei Unterstόtzungen. (Bundesminister Edlinger: Das ist ein Unsinn!) – Nein, das ist kein Unsinn! Das ist nachzulesen, Herr Minister.

Sie agieren auf Zuruf und verschenken 600 Millionen Schilling, damit Sie auf dem Balkan ein System ruhighalten, aber es ist Ihnen vφllig Wurscht, ob Herr Milošević an der Macht ist oder nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesminister Edlinger: Sind dort amerikanische Soldaten, ja oder nein?) – Ja, das mag schon sein, das ist ja die zweite Geschichte.

Sie sind auch bereit, 50 Millionen Dollar nach Brasilien zu schicken – das sind umgerechnet auch rund 600 Millionen Schilling –, sind aber nicht in der Lage, unser Bundesheer so auszustatten, daß es bei Katastropheneinsätzen auch entsprechend helfen kann. Wir haben das in Galtür erlebt, wir haben das auch in Lassing erlebt: Es hat Tage gedauert, bis endlich einmal Hilfstrupps vor Ort waren, weil niemand gewußt hat, wer das jemals zahlen wird. Und wir erleben dasselbe auch bei allen Bundesheer-Einsätzen. Wir haben uns ja international ein wenig blamiert, als wir den Kosovo-Einsatz beginnen wollten. Es hat zwar anscheinend Kooperationsmöglichkeiten mit dem serbischen Heer gegeben, aber nicht mit der NATO, da unsere Funksysteme und ähnliches mehr technisch nicht auf dem letzten Stand waren.

Daher stellen wir im Hinblick auf die Situation, wie sie sich jetzt darstellt, folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gaugg, Scheibner, Mag. Haupt, Dr. Ofner, Dipl.-Ing. Schöggl und Kollegen betreffend Erhöhung des Landesverteidigungsbudgets zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft des österreichischen Bundesheeres gemäß § 2 Wehrgesetz

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert,

1. budgetäre Maßnahmen vorzubereiten, die es ermöglichen, dem Bundesministerium für Landesverteidigung alle zusätzlichen Kosten der Assistenz- und Auslandseinsätze des Bundesheeres aus dem Jahr 1998 und des ersten Quartals 1999 zu refundieren; und

2. dem Nationalrat bis zum 30. Juni 1999 eine diesbezügliche Regierungsvorlage zuzuleiten."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Dr. Petrovic hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.53

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich melde mich zur Geschäftsbehandlung, da wir gerade in Erfahrung gebracht haben, daß der Herr Bundesminister für Landesverteidigung auf die Frage des Abgeordneten Wabl nach einem strafrechtlichen Verfahren im Zusammenhang mit illegalen Waffengeschäften geantwortet hat, daß dieses Verfahren wegen "Substanzlosigkeit" eingestellt worden sei.

Wir wissen mittlerweile, daß das die glatte Unwahrheit ist und daß das auch dem Herrn Bundesminister in dieser Art bekannt ist.

Ich meine, daß eine derart eklatante Unwahrheit vor dem Hohen Haus dazu führen sollte, daß wir die Sitzung unterbrechen und eine kurze Präsidiale abhalten, um zu beraten, wie wir in dieser Angelegenheit vorgehen.

14.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Frau Abgeordnete Petrovic! Ich würde die gestrige Vorgangsweise vorschlagen. Da es sich ja nicht um eine solch dringliche Angelegenheit handelt, daß wir die Sitzung jetzt unterbrechen müssen, schlage ich vor, daß wir – ich werde das auch Herrn Präsidenten Fischer, der bald den Vorsitz übernehmen wird, mitteilen – im Laufe des heutigen Tages hier eine Stehpräsidiale abhalten und bei dieser Gelegenheit weiterberaten.

Sind Sie mit dieser Vorgangsweise einverstanden? Sie hat, wie ich meine, gestern auch zum Erfolg geführt. (Abg. Dr. Petrovic nickt zustimmend.) – Danke schön.

Die nächste Wortmeldung stammt von Herrn Abgeordnetem Ing. Gartlehner. Es sind noch 5 Minuten bis 15 Uhr. – Bitte.

14.55

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Gaugg kann man wirklich nur so interpretieren, daß kurz vor Wahlen auch die Interpretationsfähigkeit der Oppositionsabgeordneten schon eine gewisse Willkür annimmt, denn sich heute hier zum Rednerpult zu stellen und zu behaupten, daß man die Gelder für den Kosovo-Einsatz – 500 Millionen Schilling! – so mir nichts, dir nichts über den Kosovo verstreut, basiert ja auf keinerlei Faktum.

Faktum ist, daß wir heute das Bundesfinanzgesetz, das Budgetüberschreitungsgesetz 1999 novellieren und daher Vorsorge für allfälligen Bedarf treffen, der im Kosovo möglicherweise entstehen wird. Dieser Bedarf wurde von österreichischen Experten, die Hilfestellung leisten und aktive Neutralitätspolitik betreiben, in dieser Höhe als erforderlich angesehen.

Insgesamt behandeln wir mit diesen Novellen natürlich die Schwerpunktpolitik der österreichischen Bundesregierung der letzten Jahre. Aus dem Budgetüberschreitungsgesetz ist ersichtlich, daß wir weitere 100 Millionen Schilling für Forschung und Entwicklung, für Forschungs- und Technologiepolitik einsetzen. Es ist im Bundesfinanzgesetz auch eine weitere Erhöhung um wiederum 122 Millionen Schilling für Forschung und Entwicklung ersichtlich, was von der Opposition hier so dargestellt wurde, als wäre das irgendein Remmidemmi. Das ist aber in Wirklichkeit die glaubwürdige Realisierung der forschungs-, entwicklungs- und technologiepolitischen Ziele dieser Bundesregierung auf dem Weg zu einer 2,5prozentigen Forschungsquote.

Darüber hinaus gibt es für die Arbeitsmarktpolitik im aktiven Sinne zusätzliche Mittel, und es gibt natürlich für den Bedarf des Innenministeriums auch die entsprechenden Planstellen und Personalstellen, um die der Herr Innenminister bis zur letzten Sekunde überzeugend gekämpft und sich erfolgreich dafür eingesetzt hat, damit jene Bedürfnisse, die sich aus den Strukturreformen bei Gendarmerie und Bundespolizei ergeben, mit entsprechend effizienten Personalressourcen befriedigt werden können und damit adäquates Personalmanagement betrieben werden kann.

In diesem Sinne werden wir diesen Antrag zur Bundesfinanzgesetz-Novelle und zum Budgetüberschreitungsgesetz wohlwollend unterstützen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. Sie haben bis 15 Uhr knappe 3 Minuten Zeit. – Bitte. (Abg. Rauch-Kallat: Das ist ohnehin genug! – Bundesminister Edlinger: Zahlt sich nicht aus!)

14.57

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Hohes Haus! Das Budgetüberschreitungsgesetz ist sicherlich für den Budgetvollzug nötig. Da wir Ihre Budgetpolitik aber insgesamt ablehnen, werden wir auch dem keine Zustimmung erteilen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte mich allerdings bei Herrn Staatssekretär Ruttenstorfer bedanken, der uns folgende Frage beantwortet hat: Wieviel wurde 1998 für die Durchführung der Asylverfahren und die nachfolgende Flüchtlingsbetreuung ausgegeben? – Das bezog sich auf den Voranschlagsatz, der hier mit 11 Millionen Schilling neu dotiert wird. Insgesamt belief sich der Betrag im Jahre 1998 auf 458 Millionen Schilling, das sind also weniger als 0,2 Promille unseres Bruttoinlandsproduktes.

Ich meine daher, daß wir alleine aus dieser Zahlensituation heraus sehen, wie wenig wir für die humanitäre Verpflichtung Österreichs als wohlhabender Staat in einer unruhigen Welt ausgeben. 0,2 Promille des BIP bedeutet: Von je 5 000 S, die in Österreich verdient werden, geht ein einziger Schilling für humanitäre Zwecke an Flüchtlinge, die sich in Österreich aufhalten und um Asyl ansuchen. – Ich glaube, dieser Betrag ist zumindest gerechtfertigt, wenn nicht zu gering.

Mir ist jetzt ein Abänderungsantrag zum 2. Tagesordnungspunkt, zur 6. Bundesfinanzgesetz-Novelle, bekannt geworden, wobei die Gelder, die dafür freigegeben werden, von 472 Millionen auf 955 Millionen Schilling erhöht werden. Ich behalte mir meine Meinung und mein Abstimmungsverhalten dazu noch vor. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile jetzt Herrn Abgeordnetem Mag. Mühlbachler nicht mehr das Wort, denn für 1 Minute, so glaube ich, zahlt sich das nicht aus – außer Sie würden nur 1 Minute reden wollen. – Nein, das ist nicht der Fall.

Daher unterbreche ich die Sitzung bis 15 Uhr, was in wenigen Sekunden der Fall sein wird.

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Stärkung der Familien durch die Einführung des Kinderbetreuungsschecks zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf (6443/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 6443/J.

Der Text ist schriftlich verteilt worden, sodaß sich eine Verlesung erübrigt.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Der damalige Finanzminister Klima hat in seiner Budgetrede 1996 ausgeführt, daß lediglich die Steigerung der Treffsicherheit der familienpolitischen Transferleistungen und die Vermeidung von Leistungskürzungen ein zentrales Anliegen der Politik der Bundesregierung in den folgenden Jahren sein werde. Dies, obwohl der VfGH bereits 1992 ausgesprochen hat, daß die Familien im Steuerrecht in gleichheitswidriger Weise benachteiligt werden und ihnen dadurch entsprechende Förderungen in Milliardenhöhe vorenthalten werden; der VfGH hat dies im Jahr 1996 erneut bekräftigt. Der Umstand, daß die Familien benachteiligt werden, ist umso verwerflicher, als die Bundesregierung durch diese Vorgangsweise u.a. auch den Intentionen des Generationenvertrages widerspricht, wonach die Solidarität zwischen den Generationen selbstverständlich sein muß und die Schaffung einer Mindestabsicherung die Gewähr für bessere Entwicklungschancen der Kinder bedeutet. So ist es inkonsequent, daß die Bundesregierung auf der einen Seite der älteren Generation durch die Einführung des Bundespflegegeldes eine Existenzsicherung bietet, auf der anderen Seite jedoch der Jugend bisher vergleichbare Maßnahmen wie zum Beispiel die Einführung des Kinderbetreuungsschecks vorenthält.

Diese Versäumnisse zeigt der Bericht der Expert/innenarbeitsgruppe ‚Einbinden statt Ausgrenzen – Neue Strategien gegen die Armut‘, der durch das BMAGS vor wenigen Tagen vorgestellt wurde, deutlich auf: Personen in Haushalten mit Kindern machen zwei Drittel der armen Bevölkerung aus. Auffallend ist dabei die Situation der Frauen: Die Frauenerwerbsquote, die überproportional stark von unterschiedlichen regionalen Situationen wie Anzahl und Art der angebotenen Arbeitsplätze und der öffentlichen Infrastruktureinrichtungen betroffen ist, nimmt nicht nur mit steigender Kinderzahl ab, sondern ist auch in den Bundesländern unterschiedlich hoch. So besteht zum Beispiel ein starkes Gefälle zwischen Wien und Kärnten, wo die Frauenerwerbsquote um 14 Prozent unter der der Bundeshauptstadt liegt. Die Möglichkeit für Frauen, am Er-werbsleben teilzuhaben, ist stark an eine kinder- und elternfreundliche Infrastruktur von Kinderbetreuungseinrichtungen geknüpft. So heißt es etwa in dem Expertenbericht, daß trotz ‚Kin-dergartenmilliarde‘ laut Mikrozensus noch immer ein zusätzlicher Bedarf von 120 000 bis 145 000 Betreuungsplätzen besteht, wobei der größte Reformbedarf beim Angebot von Betreuungsplätzen für Kinder bis zum dritten Lebensjahr gegeben ist (siehe Expertenbericht Seite 15).

Niedriges Familieneinkommen und familiäre Verpflichtungen sind sichere Wege in die Armut. Rund 1,1 Millionen Menschen in Österreich sind potentiell von der Armut bedroht, das bedeutet, daß ihr verfügbares Pro-Kopf-Einkommen unter der Hälfte des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens von netto 15 000 S liegt. Wird Armut nach Altersgruppen differenziert, so zeigt sich, daß zirka 140 000 Kinder der Armutsgefährdungsquote zuzurechnen sind und in Familien leben, in denen das Pro-Kopf-Einkommen nicht einmal 7 500 S beträgt (siehe Expertenbericht Seite 18).

In der Phase der Elternschaft, in der kleine Kinder betreut werden müssen, ist das Sozial- und Verarmungsrisiko besonders hoch: Das Erwerbseinkommen der meisten Eltern in dieser Zeit ist geringer als das anderer Erwachsener ohne Kinder, da sie sich in der beruflichen Einstiegsphase befinden und aufgrund des jungen Alters ihrer Kinder im Berufsleben benachteiligt werden. Bezeichnend ist die niedrige Erwerbsquote von Müttern mit Kleinkindern überhaupt und die Tatsache, daß Karenzgeld zu einem Zeitpunkt bezogen wird, wo einerseits auf ein Erwerbseinkommen verzichtet werden muß und das vorhandene geringere Haushaltseinkommen für die zusätzlichen Belastungen der vergrößerten Familie und der Kinderbetreuung aufgeteilt werden muß (siehe Expertenbericht Seite 25). Zu erwähnen ist auch, daß zirka 10 Prozent der Mütter, das sind Frauen, die während ihrer Ausbildung ein Kind bekamen beziehungsweise Mütter, die wegen der Betreuung mehrerer Kinder seit längerem nicht mehr im Erwerbsleben stehen, Bäuerinnen und Selbständige, derzeit überhaupt nicht anspruchsberechtigt sind, Karenzgeld zu beziehen, wodurch die vielfach vorhandene angespannte ökonomische Situation dieser Frauen noch zusätzlich verstärkt wird.

Die Effektivität der österreichischen Familienförderung weist grobe Mängel auf. Es ist evident, daß das Armutsrisiko in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen ist. Die Bundesregierung trifft seit Jahren keine wirksamen Maßnahmen gegen die Benachteiligung der österreichischen Familien, vielmehr haben die Sparpakete der vergangenen Jahre die ökonomische Situation der Familien erheblich verschlechtert, wie folgendes Pressezitat (Wirtschaftsblatt, 14.1.1999) treffend beschreibt: ‚Die Sparpakete der Jahre 1995 und 1996 haben die soziale Treffsicherheit weiter verschlechtert. Gut ein Viertel der Familienförderung fließt ins obere Einkommensdrittel. Die Kürzung der Familienbeihilfe, die Streichung der Geburtenbeihilfe und die Senkung des erhöhten Karenzgeldes haben die Bezieher niedriger Einkommen am stärksten getroffen.‘

Angesichts der dargestellten bedrohlichen Situation für Österreichs Familien ist eine Trendwende der österreichischen Familienpolitik dringend angezeigt. Reformen, die den Eltern eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch mehr individuellen Gestaltungsspielraum und die Entscheidungsfreiheit bei der Wahl der Kinderbetreuung ermöglichen und dadurch auch zur Verminderung der Familienarmut, vor allem bei den Alleinerziehenden, beitragen, sind längst überfällig.

Die freiheitlichen Abgeordneten fordern bereits seit 1992 die Einführung eines Kinderbetreuungsschecks, wodurch Jungfamilien gleichermaßen die Möglichkeit erhalten, ohne unzumutbaren finanziellen Druck die Betreuung ihrer Kinder bis zum 6. Lebensjahr des Kindes nach eigenen Vorstellungen – das bedeutet entweder die Betreuung durch die Eltern, durch öffenliche Einrichtungen oder Tageseltern – zu organisieren.

Die vom BMUJF im Mai 1998 präsentierte Machbarkeitsstudie zur ‚Entwicklung von Modellen eines Kinderbetreuungsschecks und Analyse der Auswirkungen‘ des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF) belegt, daß die Forderung der freiheitlichen Abgeordneten auf Einführung eines Kinderbetreuungsschecks eindeutig positive Auswirkungen hätte: Diese Maßnahme würde die Armut bei Kindern durch eine Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens, insbesondere bei Alleinerziehenden, entscheidend reduzieren. In der Studie wird auch klargestellt, daß ab dem Jahr 2005 der jährlich zu erwartende FLAF-Überschuß die Finanzierungserfordernisse für den Kinderbetreuungsscheck großteils decken würde. Darüber hinaus wird auch festgestellt, daß die Mehrheit der im Rahmen einer empirischen Untersuchung befragten Personen die Einführung des Kinderbetreuungsschecks als Verbesserung ihrer Situation für erstrebenswert halten (siehe Rohbericht der Machbarkeitsstudie zur ‚Entwicklung von Modellen eines Kinderbetreuungsschecks und Analyse der Auswirkungen‘, Österreichisches Institut für Familienforschung, Seite 4). Die in den Familien unbezahlt erbrachte Produktivleistung, darunter auch die Betreuungsleistung für die Kinder, sind von enormer volkswirtschaftlicher Bedeutung. Namhafte Experten schätzen die in den Familien unbezahlt erbrachten Leistungen sogar auf 35 - 55 Prozent des BIP.

Das freiheitliche Modell des Kinderbetreuungsschecks würde die von der Bundesregierung zu verantwortende Diskriminierung der Betreuungsarbeit deutlich reduzieren und zu einer wirtschaftlichen Mindestsicherung der Frauen beitragen (Rohbericht der Machbarkeitsstudie, Seite 9). Der Kinderbetreuungsscheck sieht vor, daß jede Familie für ein Kind bis zum sechsten Lebensjahr 5 700 S und für jedes weitere Kind 2 850 S erhält, wobei ein Teil des Betrages ab dem vierten Lebensjahr zweckgebunden für eine öffentlich anerkannte Kinderbetreuungseinrichtung (zum Beispiel Kindergarten, Tageseltern etc.) verwendet werden muß. Außerdem schafft das freiheitliche Modell des Kinderbetreuungsschecks die Möglichkeit, daß Familien frei von ökonomischen Zwängen entscheiden können, ob sie ihr Kind selbst betreuen, einer öffentlichen Betreuungseinrichtung oder einer Betreuung durch Tageseltern anvertrauen wollen.

Dieses Modell ist auch – wie die zuletzt genannte Studie des ÖIF nachweist – aus dem FLAF finanzierbar, sofern das Guthaben des FLAF nicht wieder die aus der Vergangenheit bekannten Begehrlichkeiten weckt und zur Finanzierung von Budgetlöchern herangezogen wird. Diese Vermutung wird auch in einem Artikel der Broschüre der Katholischen Sozialakademie Österreichs (KSÖ) geäußert, in dem es heißt, daß im Zuge der Sparpakete zwischen den Regierungsparteien Vereinbarungen getroffen wurden, wodurch künftige Mehreinnahmen des Familienfonds wieder an den Finanzminister abzuführen seien. So sei zwar im Koalitionsübereinkommen, das die Zweckbindung von Fonds prinzipiell einschränken wollte, der FLAF noch nicht erwähnt, jedoch sei die Absicht von Finanzpolitikern sich auf diese Einnahmequellen einen leichteren Zugriff zu schaffen, hinlänglich bekannt (A. Kresbach, Spielraum für Familienpolitik sichern, in: KSÖ, 20.2.1999).

Auch die Koalitionsparteien haben mittlerweile erkannt, daß die freiheitlichen Forderungen nach einer Verbesserung der Situation der Familien berechtigt sind. Allerdings ist die Regierung nicht bereit, wirksame Maßnahmen in dieser Richtung zu setzen, sondern versucht sich mit Slogans wie ‚Karenzgeld für alle‘ (ÖVP) und ‚Karenzgeld für alle, die es brauchen‘ (SPÖ) über die Zeit des Wahlkampfes hinwegzuretten: den Familien kann damit aber nicht geholfen werden.

Nachdem eine weitere Verzögerung von wirksamen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Familien nicht mehr zu rechtfertigen ist, richten die unterfertigten Abgeordneten gemäß § 93 Abs. 1 GOG-NR an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie nachstehende

Dringliche Anfrage:

1. Welche konkreten Maßnahmen werden Sie zur Anerkennung der in den Familien unbezahlt erbrachten Produktivleistung, die auf 35 – 55 Prozent des BIP geschätzt wird, setzen?

2. Worauf führen Sie den Umstand zurück, daß zwei Drittel der armen Personen in Haushalten mit Kindern leben und inwieweit tragen Sie als Familienminister dafür die Verantwortung?

3. Teilen Sie die Ansicht, daß die Politik im Hinblick auf das Wohl und die Förderung der jungen Menschen und im Zuge der Intentionen des Generationenvertrages Verantwortung dafür trägt, daß in der Existenzsicherung eine Symmetrie zwischen älterer und junger Generation bestehen muß und wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?

4. Wann und in welcher Form werden Sie Ihre Forderung, daß die Familie in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion neu verankert werden muß, konkretisieren?

5. Wann und in welcher Form werden Sie Initiativen ergreifen, um eine verfassungsrechtliche Absicherung von Ehe und Familie entsprechend dem Antrag 352/A der Abgeordneten Dr. Khol und Kollegen zu erreichen?

6. Unterstützen Sie die Forderung der Freiheitlichen auf Einführung eines Kinderbetreuungsschecks und wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?

7. Welche Komponenten erachten Sie als unverzichtbare Bestandteile eines Kinderbetreuungsschecks?

8. Teilen Sie die Ansicht, daß der Kinderbetreuungsscheck einen eigenständigen Beitrag zur Mindestsicherung der wirtschaftlichen Existenz – insbesondere der Frau – im Konzept des Leistungsausgleichs leistet und wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?

9. Unterstützen Sie die Ansicht, daß der Kinderbetreuungsscheck eine generelle finanzielle Unterstützung von Kindern darstellt und wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?

10. Unterstützen Sie die freiheitliche Forderung nach einer Geldleistung im Rahmen des Kinderbetreuungsschecks in der Höhe von 5 700 S pro Monat und wenn nein, warum nicht?

11. Teilen Sie die Ansicht von DI Dr. Schattovits, wonach bei Kindern zwischen zwei und vier Jahren ein Defizit in der finanziellen Unterstützung im Ausmaß von 8 -9 Milliarden vorliegt und wenn ja, was werden Sie zur Beseitigung dieses Defizits unternehmen und wenn nein, warum nicht?

12. Unterstützen Sie im Zuge der öffentlichen Förderung außerfamilialer Kinderbetreuung eine Subjektförderung und somit die Entscheidungsfreiheit der Eltern in bezug auf die Kinderbetreuung und wenn nein, warum nicht?

13. Wie stehen Sie zur Einführung eines für außerfamiliale Betreuung zweckgebundenen Betrages ab dem vierten Lebensjahr und welche Auswirkungen erwarten Sie sich auf die öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen hinsichtlich Auslastung und Finanzierung?

14. Wie können Sie sich erklären, daß die Kosten der außerfamilialen Betreuung von Kindern, getragen durch Bund, Länder, Gemeinden pro Kind, Jahr und Bundesland eine enorm hohe Schwankungsbreite aufweisen und wie hoch sind die durchschnittlichen Elternbeiträge pro Kind, Jahr und Bundesland?

15. Teilen Sie die Ansicht, daß gerade in Bundesländern mit fehlenden Betreuungsplätzen durch den zweckgebundenen Betrag ein Anreiz zur Schaffung weiterer Betreuungsplätze geschaffen würde und wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?

16. Unterstützen Sie die Forderung der FPÖ nach einer Koppelung der Gewährung des Kinderbetreuungsschecks an die Absolvierung der vorgeschriebenen Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen und wenn nein, warum nicht?

17. Unterstützen Sie die Ansicht, daß durch die Einführung des Kinderbetreuungsschecks Auswirkungen auf die Erwerbssituation, auf die soziale Bedürftigkeit und auf eine sozialpolitische Treffsicherheit zu erwarten sind und wenn ja, in welcher Form, und wenn nein, warum nicht?

18. Wie stehen Sie einer progressiven oder regressiven Ausgestaltung des Kinderbetreuungsschecks gegenüber?

19. Teilen Sie die Ansicht der Verfasser des Rohberichts zur Machbarkeitsstudie, daß eine Bedeckung der Kosten des Kinderbetreuungsschecks aus dem FLAF möglich sei und wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?

20. Haben Sie sichergestellt bzw. werden Sie sicherstellen, daß die Rücklagen des Reservefonds des FLAF ausschließlich für familienpolitische Zwecke und nicht zur Sanierung des Budgets zur Verfügung stehen und wenn ja, in welcher Form, und wenn nein, warum nicht?

21. Teilen Sie die Einschätzung der Verfasser des Rohberichts zur Machbarkeitsstudie, daß das Barvermögen des Reservefonds des FLAF bis Ende des Jahres 2005 mehr als 35 Milliarden Schilling betragen wird?

22. Welche Maßnahmen halten Sie für erforderlich, um die oft ausweglose Situation von Personen zu verbessern, die ihre Kinder zu betreuen haben, und wegen mangelnder oder nicht ausreichender Betreuungsmöglichkeiten vom Arbeitsmarktservice vermittelte Arbeitsplätze nicht annehmen können und in der Folge die Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz verlieren?

23. Ist Ihnen bekannt, daß das BMAGS an das AMS eine ‚Durchführungsweisung zur Beurteilung der Verfügbarkeit bei Vorliegen von Betreuungspflichten‘ erlassen hat, die nach sechs Monaten eine freie Verfügbarkeit des Arbeitslosen ohne Rücksicht auf Betreuungspflichten unter Androhung des Entfalls der Leistung vorsieht und wenn nein, warum nicht und wenn ja, seit wann und was haben Sie dagegen unternommen bzw. werden Sie dagegen unternehmen?

24. Ist Ihnen bekannt, daß durch die restriktive Vorgangsweise des BMAGS aufgrund eines Erlasses seit 1998 österreichweit um 1 500 Kinderbetreuungsbeihilfen weniger ausbezahlt wurden und wenn ja, seit wann und was haben Sie dagegen unternommen bzw. werden Sie dagegen unternehmen?

25. Unterstützen Sie die Maßnahmen, die auf eine regionale Einführung des Kinderbetreuungsschecks ausgerichtet sind und wenn ja, in welcher Form, und wenn nein, warum nicht?

26. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß zwecks Einführung des Kinderbetreuungsschecks zwischen den Gebietskörperschaften Artikel 15a-Vereinbarungen abgeschlossen werden?

27. Teilen Sie die Ansicht der Verfasser des Rohberichts zur Machbarkeitsstudie, daß durch die Einführung des Kinderbetreuungsschecks in anderen Bereichen des Bundes Ersparnisse erzielt werden und wenn ja, in welchen Bereichen?

28. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß die ersparten Beträge zur Finanzierung des Kinderbetreuungsschecks eingesetzt werden und wenn ja, in welcher Form, und wenn nein, warum nicht?

29. Aus welchem konkreten Grund wurde der Ergebnisbericht zum Projekt ‚Entwicklung von Modellen eines Kinderbetreuungsschecks‘ noch nicht publiziert und wann beabsichtigen Sie dessen Publikation?

30. Inwieweit und in welchen konkreten Punkten unterscheidet sich der Ergebnisbericht inhaltlich vom Rohbericht?

In formeller Hinsicht wird beantragt, diese Anfrage zum frühestmöglichen Zeitpunkt dringlich zu behandeln."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Begründung der Dringlichen Anfrage erhält Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé das Wort. Die Redezeit ist mit 20 Minuten begrenzt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.01

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Vor einigen Wochen, Mitte Mai, hat es einen sozialdemokratischen Aktionstag im Burgenland gegeben, wobei der Ort eigentlich nebensächlich ist. Bei diesem Aktionstag ist es im Zusammenhang mit der EU-Wahl wieder einmal um Frauenstimmen gegangen. Und weil man ja annimmt, daß man Frauen am besten dann ansprechen kann, wenn man ihnen verspricht, daß sich in der Beschäftigungssituation, in ihrer finanziellen Situation etwas verbessern wird, hat Frau Frauenministerin Prammer folgende visionäre Aussage gemacht: "Ich glaube, in den nächsten Jahren wird für die Frauen viel weitergehen."

Ich weiß nicht, was die Frau Frauenministerin zu dieser Aussage veranlaßt hat, außer daß die Wahlen vor der Tür stehen, denn ein Rückblick auf die Vergangenheit rechtfertigt eine solche Aussage nicht, und eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situation ebenfalls nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben nämlich nach wie vor dieselbe Situation: Es ist der großkoalitionären Beschäftigungspolitik nicht gelungen, die Arbeitslosenzahlen bei den Frauen zu verringern. Noch immer beträgt der Anteil der Frauen bei den Langzeitarbeitslosen 40 Prozent. Die Frauenarbeitslosigkeit beträgt 7,5 Prozent, die der Männer um ungefähr eineinhalb Prozent weniger.

Auch die Kluft zwischen den Einkommen der Frauen und jenen der Männer ist noch immer sehr groß, ja sie wächst ständig und beträgt derzeit 29 Prozent.

Die Kinderbetreuungseinrichtungen, ein Bereich, in dem so viel versprochen worden ist, gehen an den Bedürfnissen der Eltern vorbei. Da gibt es Öffnungszeiten, die überhaupt nicht übereinstimmen mit den Arbeitszeiten, mit den Notwendigkeiten von Vätern oder Müttern.

Wir können eindeutig feststellen, daß sich die Situation der Frauen nicht gebessert hat, und ebensowenig die Situation der Familien. Derzeit leben viele Familien, insbesondere solche mit zwei und mehr Kindern, an der Armutsgrenze. 420 000 Personen in Österreich leben direkt in Armut, und 1,1 Millionen Menschen sind von Armut bedroht. – Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, obwohl es seit 30 Jahren einen sozialistischen Bundeskanzler gibt, obwohl es seit fast 30 Jahren einen sozialistischen Sozialminister beziehungsweise eine sozialistische Sozialministerin gibt! Seit vielen, vielen Jahren sitzen SPÖ und ÖVP in einer großkoalitionären Regierung, und das ist die Bilanz, die Sie sich nach so vielen Jahren vorhalten lassen müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie von SPÖ und ÖVP hätten lange genug die Möglichkeit gehabt, wirklich etwas zu ändern für die Frauen und für die Familien. Sie haben die Möglichkeit, weil Sie in der Regierung sitzen, Sie können all das, was Sie während der Wahlen versprechen, auch nachher durchsetzen, nur bleiben Sie die Umsetzung dieser Ihrer Versprechen den Wählern immer wieder schuldig, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es trifft das zu, was mein Kollege Böhacker heute schon zur Steuerreform gesagt hat, und zwar in mindestens zehn Punkten: Alles versprochen, aber nichts gehalten, sondern alles gebrochen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) – Ich komme noch darauf zurück, Herr Familienminister.

Ich möchte mich noch einmal ein wenig mit der SPÖ beschäftigen. Der SPÖ ist es nicht einmal in den ureigensten Bereichen gelungen, eine Besserstellung der Frauen zu erreichen. Vor kurzem hörten wir beim ÖGB-Frauentag von der neuen Präsidentin, Frau Csörgits, daß in den obersten Gremien nahezu keine Frauen vertreten sind. Und nach wie vor gilt das Eingeständnis der Frau Dohnal von vor 15 Jahren: "Die Frauen sitzen nach wie vor im Vorzimmer der Macht." – Offensichtlich bleiben sie dort sitzen, wenn es weiterhin nach Ihrer Politik geht, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieser Einflußlosigkeit in den hohen Gremien, in den Gremien, in denen wirklich entschieden wird, steht die schlechte finanzielle Situation der Frauen gegenüber, insbesondere der Alleinerzieherinnen, aber auch die schlechte finanzielle Situation der Familien. Ich meine, das müssen Sie sich endlich einmal eingestehen! Herr Minister, Sie sind derjenige, der das verteidigen muß. Sie haben die Familien im Regen stehenlassen, nämlich damals, als es bei den Sparpaketen wieder um eine Belastung der Familien gegangen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben gerade diejenigen in Österreich zur Kasse gebeten, die ohnehin am allerwenigsten haben. 4 Milliarden Schilling für das Sparpaket haben Sie sich von den Behinderten abdecken lassen, und 20 Milliarden Schilling sind dafür von den Familien eingebracht worden. Daher haben Sie überhaupt keinen Grund, sich in irgendeiner Weise positiv dazu zu äußern, sehr geehrter Herr Minister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben nämlich völlig cool die Familienbeihilfe gesenkt, und wenn Sie jetzt sagen, daß es zu einer Erhöhung der Familienbeihilfe gekommen ist, dann möchte ich Sie an das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes erinnern, das Sie dazu gezwungen hat. Das, was Sie den Familien vor ein paar Jahren aus der Tasche gezogen haben, das geben Sie ihnen jetzt wieder zurück und behaupten, das sei der Fortschritt in der Familienpolitik. – Bitte, Herr Minister, das müssen Sie den Familien einmal nachweisen, daß das eine fortschrittliche Politik ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben, und zwar SPÖ und ÖVP zusammen, die Selbstbehalte für Schulbücher eingeführt, Sie haben die Schulfreifahrten gestrichen (Bundesminister Dr. Bartenstein: Was haben wir gestrichen?), Sie haben, um nur einige Dinge zu nennen, die Karenzzeit gekürzt. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Die Schulfreifahrten haben wir ganz sicher nicht gestrichen!) Sie haben die Schulfreifahrten gekürzt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben aber auch, und da möchte ich jetzt ... (Abg. Dr. Mertel: Das hat alles der Haider gefordert!)

Sie brauchen sich gar nicht aufzuregen! Wissen Sie, was im Sozialbericht steht, von Ihrer Sozialministerin verfaßt? – Im Sozialbericht steht, ab 1995 sei ein Rückgang der Gesamtausgaben für die Familien feststellbar. Und jetzt können Sie sich einmal selber bei der Nase nehmen und sich fragen, ob das die Politik ist, die Sie dem Wähler versprochen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie unsensibel und wie realitätsfern Sie diskutieren, wenn es um die finanzielle Situation der Familien geht, möchte ich Ihnen auch anhand einiger Beispiele darstellen.

Da sagte beispielsweise Frau Abgeordnete Hlavac – sie ist jetzt leider nicht da –, als es darum ging, daß wir unsere Forderung durchsetzen wollten, den Familien mit dem Familienscheck eine Besserstellung zu ermöglichen, bei einer parlamentarischen Diskussion: Unsere Aufgabe ist es nicht, den Familien ein paar Jahre lang ein paar tausend Schilling zuzustecken, sondern unsere Aufgabe ist es, ein kinderfreundliches Klima zu schaffen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das zeigt doch wirklich eine ungeheuere Arroganz und ein ungeheures Mißverständnis bezüglich dessen, wie es den Familien wirklich geht. Denn natürlich brauchen die Familien ein paar tausend Schilling! Das ist es, was die Familien am allerdringendsten brauchen: eine finanzielle Unterstützung. Daß auch die Rahmenbedingungen stimmen sollen, ist ja ohnehin klar! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Viele Frauen und viele Familien könnten ihre Position entscheidend verbessern, wenn sie über einen Kinderbetreuungsscheck in der Höhe von 5 700 S verfügen könnten. Aber Sie lassen sich, um diesen Kinderbetreuungsscheck nur möglichst weit wegzuschieben, alle möglichen Absurditäten einfallen, und zwar ganz besonders Sie von der sozialistischen Seite. Ich möchte Sie konfrontieren ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.) – Sie können dann Stellung nehmen, ich bin schon sehr neugierig darauf.

Frau Buder sagte hier, die Frauen würden, gäbe es den Kinderbetreuungsscheck, auf Berufstätigkeit und Selbständigkeit verzichten. Dieses Taschengeld würde nur eine unaufholbare Benachteiligung bedeuten, denn die Zukunftsvorstellung der jungen Frauen sei, Beruf und Familie vereinbaren zu können.

Andere sagen wieder, das ist ein Zurück-an-den-Herd-Rufen. Der Herr Bundeskanzler versteigt sich sogar zu der Aussage, ein Kinderbetreuungsscheck wäre ein Verführungsinstrument für Frauen, um sie aus dem Arbeitsmarkt zu drängen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sehe wirklich ein und stehe dazu, daß Frauen berufstätig sein sollen und daß man selbstverständlich auch Beruf und Tätigkeit in der Familie verbinden können muß. Aber Sie wissen doch genausogut wie ich, daß nicht alle Frauen berufstätig sein wollen, und daß es außerdem das Bestreben vieler Frauen ist, zumindest die ersten Jahre bei ihrem Kind zu sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jene Frauen, die kleine Kinder haben und trotzdem arbeiten wollen, müssen über einen halbwegs passablen Job verfügen, denn Sie können mir nicht erzählen, daß die Frauen, die an irgendeiner Supermarktkassa sitzen und im Monat 8 000 S oder 9 000 S bekommen, oder die Frauen, die Fließbandarbeit leisten, den Beruf mit der Familie vereinbaren wollen. Das stimmt ganz einfach nicht, weil es nicht erstrebenswert ist, um 9 000 S arbeiten zu gehen und sich abzustrudeln, damit man daheim dann auch noch den Haushalt und die Kinderbetreuung machen kann.

Verschließen Sie doch nicht immer die Augen vor der Realität, sondern schauen Sie doch einmal, wie es in der Praxis wirklich ausschaut! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und was das Argument angeht, man wolle durch den Kinderbetreuungsscheck Abhängigkeit schaffen: Gerade wenn man den Frauen 5 700 S gäbe, würde man ihre Unabhängigkeit fördern, und das ist es ja, was die Frauen wollen.

Die Sozialministerin sagt, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei für Frauen eine Grundvoraussetzung für stabile und erfolgreiche Berufskarrieren. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frau Minister lebt offensichtlich in einer Scheinwelt, denn sie tut so, als ob Berufskarrieren allen Frauen offenstünden. Sie vergißt ganz einfach, daß sehr viele Frauen, insbesondere im ländlichen Bereich, überhaupt keine Chance auf eine Berufskarriere haben. Wir haben gerade gehört, daß die Arbeitslosigkeit ungeheuer groß ist.

Schauen Sie sich doch bitte einmal Ihren Bericht über den Gleichbehandlungsausschuß an! Schauen Sie sich doch einmal an, wo die Karrieren der Frauen sind, dann sehen Sie, daß es selbst im öffentlichen Bereich kaum Frauen gibt, die als Gruppenleiterinnen, als Ministerialrätinnen tätig sind. Die Frauen sind in den unteren Beschäftigungsgruppen vertreten, aber nicht in den oberen.

73 Prozent aller geringfügig Beschäftigten, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind Frauen. Diese Frauen drängen nicht in den Beruf, sondern machen aus der Not eine Tugend und gehen arbeiten, weil sie auf die paar tausend Schilling angewiesen sind. Und nicht einmal die wollen Sie ihnen vergönnen, sondern Sie stellen sich gegen den Kinderbetreuungsscheck! (Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie versprechen doch immer vor den Wahlen, daß es den Familien, daß es den Frauen besser gehen soll. Lassen Sie doch einmal die Frauen frei entscheiden, in welchem Umfang sie berufliche Verpflichtungen übernehmen wollen und in welchem Umfang sie zu Hause bleiben wollen. Dabei wird eben der Betrag von 5 700 S, den wir den Frauen mit dem Kinderbetreuungsscheck zukommen lassen wollen, wirklich eine große Rolle spielen.

Sehr geehrter Herr Minister, jetzt zu Ihnen. – Auch von Ihnen hat es im Parlament schöne Worte gegeben: Wir wollen Mut zum Kind machen. Wir wollen das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt unserer Familienpolitik stellen. Das Wohl des Kindes steht im Mittelpunkt unserer Politik. Das ist unser Ziel, das streben wir an, sagten Sie.

Sehr geehrter Herr Minister! Tatsächlich setzen Sie nicht einmal Ihre ureigensten Forderungen durch. Sie schauen völlig hilflos dem Zickzackkurs der SPÖ zu, und das Wohl des Kindes ist bei Ihnen wirklich nur ein Schlagwort, das überhaupt keinen Inhalt hat und dem Sie nicht zum Leben verhelfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Ich fordere Sie auf: Belassen Sie es doch nicht bei diesem Schlagwort "Wohl des Kindes", sondern tun wir uns doch zusammen! Sie haben ja selbst gesagt, Sie sind in der Gesellschafts- und in der Familienpolitik mit der Freiheitlichen Partei auf einer Linie. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Was hindert Sie daran, mit uns zusammen eine gute Lösung für eine bessere Familienbetreuung zu schaffen?

Sie brauchen ja jetzt auch gar keine Angst mehr davor zu haben, aus der Koalition zu fliegen, weil die Legislaturperiode ohnehin schon zu Ende ist. Das heißt also, Sie könnten im Interesse der Familien wirklich eine gute Regelung schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Also keine Angst mehr, Herr Minister!)

Derzeit schaut Ihre Position ja nicht sehr gut aus. Sie können ja nicht einmal Ihrem Antrag zum Durchbruch verhelfen, den Sie eingebracht haben, daß die Besserstellung der Familie in der Verfassung als Verfassungsgesetz festgelegt wird, denn dieser Antrag liegt schon – ich weiß nicht genau – jahrelang herum, und nicht einmal diesen Antrag können Sie durchsetzen, offensichtlich aus lauter Angst davor, daß die SPÖ Ihnen den Hahn abdreht, böse auf Sie ist und Sie nicht mehr in die Koalition aufnimmt. Aber das sollten Sie sagen, das sollten Sie den Familien ganz ehrlich sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie setzen wirklich nur Scheinhandlungen, Alibihandlungen. So haben Sie zum Beispiel eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, um herauszufinden, wie es aussieht mit der Finanzierung des Karenzgeldes für alle und auch für den Kinderbetreuungsscheck. Diese Machbarkeitsstudie sagt: Ja, dieses Karenzgeld, dieser Kinderbetreuungsscheck ist finanzierbar. Also: Was hindert Sie an der Umsetzung? Ich frage Sie noch einmal, und ich bitte Sie wirklich, mir darauf zu antworten, Herr Minister.

Wie gesagt, fürchten, immer nur fürchten, das ist wirklich nicht gescheit. Sie bekommen dann bei den Wahlen die Rechnung präsentiert, denn der Wähler honoriert es nicht, daß Sie nur in der Regierung sitzen wollen, ohne auch etwas durchzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Wie war das letztes Wochenende? – Abg. Gaugg: Herr Minister! Zu Tode fürchten, ist auch gestorben!)

Herr Minister! Ich würde nicht in den eigenen offenen Wunden rühren, denn Sie haben bei der letzten Wahl ungefähr 250 000 Wählerstimmen verloren, und die Sozialisten genauso. Also Sie haben überhaupt keinen Grund, stolz zu sein! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: 400 000! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie werden schon sehen! Sie haben wirklich keinen Grund, auf diese Wahl hinzuweisen. (Abg. Tichy-Schreder: Warum tun Sie es dann?)

Ich habe leider eine beschränkte Redezeit und möchte mich noch ein bißchen mit Ihnen auseinandersetzen.

Herr Minister! Es steht fest, der Finanzminister weiß, daß er bald über beträchtliche Milliardenüberschüsse aus dem Familienlastenausgleichsfonds verfügen wird. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Wer? Der Finanzminister?) Sie haben in der Vergangenheit immer wieder den Familienlastenausgleichsfonds ausgeräumt, Sie von SPÖ und ÖVP. (Abg. Dr. Mertel: Da kennen Sie sich nicht aus!) Da haben Sie schon genug gesündigt, sehr geehrter Herr Minister, und ich würde Sie bitten, dem Finanzminister jetzt nicht die Herrschaft über den Familienlastenausgleichsfonds zu überlassen, der schon darauf schielt, wie man allen Berichten entnimmt, weil er damit Budgetlöcher stopfen möchte, sondern schauen Sie darauf, daß die Mittel aus dem Familienlastenausgleichsfonds nicht zweckwidrig verwendet werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Da sind Sie nicht sattelfest!)

Frau Mertel, Sie waren auch immer dabei, als aus dem Familienlastenausgleichsfonds Gelder zweckwidrig verwendet worden sind. Für das ÖBB-Defizit sind sie seinerzeit verwendet worden, und für die Verstaatliche Industrie sind sie verwendet worden. Da waren Sie noch gar nicht im Parlament, aber ich war schon da! (Abg. Dr. Mertel: Eben! Und trotzdem sind Sie nicht sattelfest!) Milliarden sind damals aus dem Familienlastenausgleichsfonds genommen worden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Ich fordere Sie auf – und auch Sie von der SPÖ, Frau Mertel –: Tun Sie wirklich etwas für das Wohl des Kindes! Das haben sich die Kinder verdient, und das haben sich auch die Familien verdient. Sie können nicht immer nur Wahlversprechen abgeben und immer nur Lösungen anbieten, aber dann mit leeren Händen dastehen und nur auf das Negative, das ich Ihnen schon dargestellt habe, deuten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Haben Sie keine Angst davor, Sie von der Österreichischen Volkspartei, wenn Sie jetzt etwas nicht gemeinsam mit den Sozialisten machen, sondern tun Sie etwas für die Familien! Die Familien werden es Ihnen danken. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung hat sich der Herr Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister.

15.20

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kollegin Prammer! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Der prinzipielle Vorwurf der Frau Abgeordneten Partik-Pablé als Einbringerin dieser Dringlichen Anfrage hat gelautet, die Koalition hätte für die Familien zu wenig getan, der schönen Worte wären genug gesagt, das sei zu wenig.

Es mögen auch schöne Worte gesagt worden sein, gerade von mir, dazu bekenne ich mich, denn es gehört zu einer guten Familienpolitik, auch zur Familie schöne Worte zu finden. Aber wir haben auch konkrete Handlungen gesetzt, und auf diese bin ich und sind wir und ist diese Koalition stolz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen! Stichwort: Familienarmut. Sie haben recht, es ist prinzipiell nicht akzeptabel, wenn Familien mit drei Kindern nach der Statistik einem fünfmal höheren Armutsrisiko unterliegen als "double income, no kids", als Doppelverdiener ohne Kinder. Das ist nicht gerecht!

Es ist auch nicht gerecht, daß der Finanzminister auf die Unterhaltsverpflichtung von Familien mit Kindern steuerlich Zugriff nimmt, nämlich im Rahmen der Lohnsteuer und der Einkommensteuer. Aber da hat die Koalition ja gehandelt! Es hat die Koalition mit der Familiensteuerreform den Familien Österreichs nicht weniger als 12 Milliarden Schilling zukommen lassen. Die erste Hälfte dieser Familiensteuerreform ist bereits umgesetzt, die zweite Hälfte ist für 1. Jänner nächsten Jahres fixiert. Das heißt, daß pro Kind und Jahr mindestens 6 000 S mehr zur Verfügung stehen werden, in vielen Fällen ist es sogar mehr als das. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wenn Sie, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, mir hier vorwerfen, wir hätten ja nur das getan, was die Verfassungsrichter uns vorgeschrieben haben (Abg. Meisinger: So ist es!), dann muß ich Ihnen sagen: Weit gefehlt! Das müßten aber gerade Sie als Richterin schon wissen.

Noch einmal: Weit gefehlt! Die Verfassungsrichter haben uns vorgegeben, daß zumindest die Hälfte ... (Abg. Meisinger: ...säumig!) – Hören Sie mir zu, Herr Kollege! Sie habe ich in Sachen Familienpolitik überhaupt noch nie referieren gehört. Heute das erste Mal. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Die Verfassungsrichter haben uns vorgegeben, zumindest die Hälfte der Unterhaltsverpflichtungen steuerfrei zu stellen. Das haben wir getan. Genau das haben wir bei den sehr gut verdienenden Familien, bei den Besserverdienern getan. Aber das sind die wenigeren in diesem Lande. Die Koalition hat sich daher dazu bekannt, auch für die einkommenschwachen Familien betragsmäßig genau das gleiche auszugeben und weit über die Vorgaben der Verfassungsrichter hinauszugehen, weil gerade wir Christdemokraten gesagt haben: Uns ist jedes Kind gleich viel wert! Das haben wir mit dieser historischen Familiensteuerreform auch verwirklicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir sind auch mit dem Mehrkinderzuschlag weit über die Vorgaben der Verfassungsrichter hinausgegangen. Zugegeben, es war nicht einfach, den Koalitionspartner dazu zu bringen, von seinem Wunsch nach Abschaffung der Mehrkinderstaffel wieder Abstand zu nehmen. Aber schließlich ist uns das doch gelungen. Weiters ist uns auch gelungen, noch einen Mehrkinderzuschlag zu strukturieren, sodaß 90 Prozent der Familien mit drei und mehr Kindern zusätzlich zur Basisfamilienförderung von plus 6 000 S pro Jahr weitere 4 800 S pro Jahr dazubekommen. Das ist – das erwähne ich besonders, weil Georg Schwarzenberger hier sitzt – besonders für die bäuerlichen Familien wichtig, denn diese haben durchschnittlich drei und mehr Kinder und sind diejenigen, die im Regelfall sozial nicht zu den bestgestellten Familien gehören. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Partik-Pablé! In einem muß ich Ihnen recht geben: Es stimmt, das wissen wir aus persönlicher Lebenserfahrung, es stimmt auch laut Umfragedaten ... (Zwischenruf der Abg. Haller.) – Ja, Frau Abgeordnete Haller, ich weiß nicht, warum Frau Abgeordnete Partik-Pablé diese Anfrage eingebracht hat und nicht Sie als Familiensprecherin, aber Sie werden uns das sicher noch erklären, das kommt schon noch. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Da werden Sie sich noch wundern! Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Mini-ster!)

Richtig ist sicherlich, daß die meisten Frauen in den ersten Jahren beim Kind bleiben wollen. Weit über 90 Prozent der Frauen antworten auf die Frage, ob sie in den ersten zwei Jahren persönlich lieber beim Kind, bei den Kindern zu Hause blieben, mit Ja. Aus meiner Sicht wäre es auch gut, wenn einen Teil dieser Zeit auch die Väter bei den Kindern zu Hause blieben und man sich das partnerschaftlich teilen würde. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Sind Sie bei Ihren Kindern zu Hause geblieben? Sind Sie mit gutem Beispiel vorangegangen?)

Wie lautet unsere familienpolitische Antwort darauf? – Unsere Antwort darauf heißt: Wir wollen jungen Familien Wahlfreiheit gewähren. Genauso wie wir ihnen mit der Familiensteuerreform Wahlfreiheit gewährt beziehungsweise gegeben haben, für die Zukunft selbst zu entscheiden, ob sie Kinder haben wollen oder ob sie keine haben wollen, weil die steuerliche Diskriminierung der Vergangenheit da weggefallen ist, genauso wollen wir ihnen mit unserem Modell eines Karenzgeldes für alle – und da wende ich mich jetzt zugegebenermaßen eher der linken Seite dieses Hohen Hauses zu – ein wenig mehr Wahlfreiheit geben, selbst zu entscheiden, ob sie in den ersten Jahren selbst bei den Kindern zu Hause bleiben wollen, die Kinderbetreuung selbst übernehmen wollen. Um diese Wahlfreiheit geht es uns, und das ist eine Art der Familienpolitik, die einer christdemokratischen Partei sehr gut ansteht! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme auf das "Karenzgeld für alle" nochmals zu sprechen. Aber, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, ich verstehe eines nicht: Warum sprechen Sie in Ihrer Dringlichen Anfrage von 140 000 fehlenden Kinderbetreuungsplätzen? Das ist die Diktion anderer! Das ist die Diktion und das sind die Studienaussagen anderer, die für jedes in Österreich geborene Kind gleich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus, quasi von der Gebärstation weg, einen staatlichen Kinderbetreuungsplatz wollen. Das wollen wir nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind der Meinung, daß es eine Subsidiarität von seiten der staatlichen Kinderbetreuungseinrichtung geben soll. Nur dann, wenn die Familien ... (Zwischenrufe bei der ÖVP in Richtung der Freiheitlichen.) Jetzt stören mich schon die Zwischenrufe aus der eigenen Fraktion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur dann, wenn die Familien aus eigenem nicht in der Lage sind, ihre Kinder zu betreuen – sei es, weil es Alleinerzieherinnen sind, die einfach nicht anders können, weil sie selbst sehr rasch wieder beruflich tätig sein müssen, um das Finanzielle abzusichern, sei es, weil es junge Leute sind, die beide sehr schnell wieder vollerwerbstätig sein müssen und keine Verwandten, keine Großmütter, Großeltern, Schwiegereltern, wie auch immer haben, die einspringen können –, sehen wir subsidiär natürlich die Notwendigkeit zu Kinderbetreuungseinrichtungen auch für die ganz Kleinen. Aber zuerst kommt die Familie, und nur dann, wenn es dort, aus welchen Gründen auch immer, nicht geht, dann soll eine Kinderbetreuungseinrichtung die Betreuung übernehmen. Das soll jedenfalls bis zum Kindergartenalter möglich sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist mehr als ein Wermutstropfen, daß wir das "Karenzgeld für alle" in dieser Legislaturperiode voraussichtlich, falls nicht noch ein politisches Wunder geschieht, nicht mehr verwirklichen können. Ich gestehe Ihnen das ganz offen: Das ist für mich mehr als ein Wermutstropfen. Ich war schon voll Hoffnung, als der Herr Bundeskanzler am 9. Februar dieses Jahres von einem "Karenzgeld für alle, die es brauchen" gesprochen hat, daß es da doch zu einem Weg käme, der uns mit dem Koalitionspartner zusammenführen würde. Es ist dann aber leider Gottes wieder recht still um diesen Punkt geworden.

Es ist gesagt worden, daß das "Karenzgeld für alle", das mit 840 Millionen Schilling Mehrkosten im Jahr durchaus aus dem Familienlastenausgleichsfonds gut finanzierbar wäre – ohne Steuererhöhungen, ohne auch nur ansatzweise irgend etwas in Richtung Sparpaket zu riskieren –, vom Koalitionspartner nicht angenommen wird. Auf der anderen Seite kamen aber Vorschläge und Absichtserklärungen, die da gelautet haben, ein einkommensabhängiges Karenzgeld strukturieren und schaffen zu wollen, und zwar in der Höhe von 6 000 S bis 14 000 S – momentan liegt das Karenzgeld bei 5 565 S im Monat –, mit einem durchschnittlichen Volumen von, wie ich höre, 7 740 S. Nach "Adam Riese" ist das ein Plus von 38 Prozent. Bei einem derzeitigen Aufwand für das Karenzgeld von 10 Milliarden Schilling sind das plus 3,8 Milliarden Schilling, also fast das Fünffache dessen, was das "Karenzgeld für alle" kosten würde.

Ein anderer Vorschlag hat gelautet, daß man überhaupt auf 8 000 S und auf den Ausgleichszulagenrichtsatz gehen müsse, um den familienpolitischen Erfordernissen zu genügen. Das geht dann eher in eine Größenordnung von 6 bis 7 Milliarden Schilling an Mehrkosten.

Das lehnen wir ab, denn das ist nicht seriös finanzierbar, das ist jetzt nicht machbar. Aber das "Karenzgeld für alle" ist machbar. Ich sehe nach wie vor nicht ein, warum ausgerechnet jene Frauen, die es am schwersten haben – Schülerinnen, Studentinnen, Frauen, die ein geringfügiges Einkommen beziehen, und zwar weniger als 4 000 S im Monat, Frauen, die Bäuerinnen und Hausfrauen sind, die letztlich auch wertvollste Familienarbeit leisten –, auch in Zukunft kein Karenzgeld bekommen sollen, jedenfalls so lange nicht, solange wir unseren Koalitionspartner nicht überzeugen können.

Wenn der Herr Finanzminister sagt, er stehe dem Vorschlag nach einem einkommensabhängigen Karenzgeld grundsätzlich positiv gegenüber, dann gebe ich zu bedenken, daß man dann allerdings auch, da das Modell aus Schweden kommt, die schwedische Steuerquote von 55 Prozent – gegenüber derzeit 42 Prozent – in Österreich einführen müßte. Das ist etwas, was ich mir angesichts der heutigen Steuerreformdebatte nicht ganz verkneifen kann, zu sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Vergessen Sie nicht, die Fragen zu beantworten!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Bevor ich auf die Fragen eingehe: Sie haben wörtlich vor Wahlen gegebene Versprechen eingemahnt. Darf ich das jetzt auch an Sie zurückgeben, respektive an den Herrn, der auf dem Sessel neben Ihnen saß, lange Zeit, bis vor kurzem? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Der arbeitet!) Er arbeitet – hoffentlich! –, und er hat vor den Landtagswahlen ein Versprechen abgegeben. Dieses Versprechen hat gelautet: 5 700 S Kinderbetreuungsscheck. – Liebe Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Das ist nicht seriös, denn das ist nicht finanzierbar! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie haben 6 000 S verlangt!)

Wir Christdemokraten sagen: Familienpolitik muß berechenbar sein, muß machbar sein und muß finanzierbar sein! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: 6 000 S haben Sie verlangt!)

Es wird von Ihnen für ein Land wie Kärnten, noch dazu als Landesleistung, ein Kinderbetreuungsscheck eingefordert. Aber da hilft es nichts, wenn man Wohnbaudarlehen veräußert. Erstens einmal kann man das Familiensilber nur einmal verkaufen, und zum zweiten geht das ja dann irgendwo anders ab, und wenn nicht woanders, dann im Wohnbau. (Abg. Dr. Partik-Pablé: 6 000 S hat die ÖVP verlangt!) Es wären dafür zwei Milliarden Schilling aus dem Kärntner Landesbudget aufzubringen. (Abg. Scheibner: 6 000 S hat die ÖVP verlangt!)

Herr Klubobmann Scheibner! Von 6 000 S reden wir, wenn wir sagen, wir wollen das Karenzgeld auf 6 000 S valorisieren. (Abg. Scheibner: Es haben die Kärntner ÖVP und Landeshauptmann Pühringer 5 700 S verlangt!) Kehre zuerst vor deiner eigenen Tür! Bleiben wir jetzt einmal bei den Wahlversprechen des Landeshauptmannes Haider in Kärnten! (Abg. Dr. Graf: Kehren Sie vor der eigenen Tür!)

Ich ziehe meinen nicht aufgesetzten Hut, meinen virtuellen Hut – wir leben ja in einer virtuellen Zeit –, wenn er das in Kärnten als Landesleistung umsetzen kann. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Den werden Sie noch ziehen müssen!) Ich glaube es nicht. Ich halte diesen Scheck für ungedeckt, und ich halte insbesondere diese Aktion in Deutsch Griffen für eine ausgesprochene Alibiaktion. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Tun Sie etwas! Das ist uninteressant!)

Wissen Sie, wie viele Kinder dort geboren worden sind? (Abg. Scheibner: Sie sollen nicht provozieren, Sie sollen für die Familien etwas machen!) Wissen Sie, wie viele Kinder in Deutsch Griffen im heurigen Jahr geboren worden sind? – Bis jetzt ein Kind! Den Kinderbetreuungsscheck für dieses eine Kind in Deutsch Griffen finanziert ein Nationalratsabgeordneter aus seiner Portokasse! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Keine Polemik von der Regierungsbank!)

Frau Abgeordnete! Man sieht, wie sehr ich ins Wespennest gestochen habe und wie sehr Sie das schlechte Gewissen drückt. Natürlich werden sich die Wähler am 3. Oktober fragen, wie es jetzt mit konkreten Wahlversprechen aussieht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Muß der Minister nicht die Fragen beantworten?) Jetzt müssen Sie schon den Herrn Präsidenten zu Hilfe rufen! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie plaudern da über Wahlversprechen!) – Sie haben von Wahlversprechen gesprochen! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Beantworten Sie die Fragen!)

Ich gehe davon aus, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, daß der Wähler sich am 3. Oktober schon fragen wird: Wie ist das jetzt eigentlich, hat der Dr. Haider in Kärnten diesen Kinderbetreuungsscheck umgesetzt: ja oder nein?, hat er sein Versprechen gehalten: ja oder nein?, und ihn daran messen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Der Wähler wird sich anschauen, ob Sie nur blockieren oder auch etwas tun! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Wir sind Ihnen ja durchaus dankbar dafür, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, daß Sie den christdemokratischen Vorschlag, daß Sie das christdemokratische Modell eines Kinderbetreuungsschecks übernommen haben. Das ist gut so, dazu gratulieren wir Ihnen! Aber man muß immer wissen, wenn man in Sachen einsteigt, wie es mit der Finanzierbarkeit ausschaut, und da sagen wir: "Karenzgeld für alle" ist die erste Stufe. Das ist jetzt finanzierbar und machbar. Ein Kinderbetreuungsgeld für 18 Monate, das kann man weiter ausbauen, aber bitte dann, wenn es finanzierbar ist. Wir Christdemokraten, wir als ÖVP stehen für etwas, was ein drittes Sparpaket hervorrufen könnte, sicher nicht zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Jetzt haben Sie sich in einen Wirbel hineingeredet!)

Bezüglich der FLAF-Überschüsse und bezüglich der Zuständigkeit für den Familienfonds FLAF ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Fragen beantworten!) – Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Ich komme gleich darauf zu sprechen, ich rede noch nicht einmal ansatzweise so lange wie Sie, Frau Abgeordnete Partik-Pablé. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) – Es ist mir schon klar, daß Ihnen das sehr unangenehm ist, was ich Ihnen jetzt sage, aber ich kann es Ihnen nicht ersparen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Darauf komme ich noch zu sprechen.

Die Zuständigkeit für die Überschüsse des Familienfonds FLAF hat der Familienminister. Der Fonds ist in meiner Gestionierung. Seien Sie dessen sicher, daß die Mittel des Familienfonds FLAF im Sinne der Familien verwendet werden! Und was die von Ihnen zitierten Bundesbahnmittel, den berühmten alten § 39c betrifft: Wir von der Koalition haben das rückgängig gemacht. Das gibt es heute nicht mehr. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zur konkreten Beantwortung der an mich gestellten Fragen, meine Damen und Herren. (Abg. Dr. Partik-Pablé liest ein Schriftstück.) – Sehr geehrte Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Jetzt tue ich genau das, was Sie von mir verlangt haben, und jetzt hören Sie mir nicht zu! (Abg. Scheibner: Jetzt fangen Sie wirklich einmal an!)

Zur Frage 1:

Vor drei Jahren wurde seitens des Familienministeriums erstmals der Versuch unternommen, in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Zentralamt den volkswirtschaftlichen Wert der Familienarbeit zu errechnen. Dieses Familien-BIP – zu 80 Prozent im übrigen von Frauen erbracht – wurde 1995 vorgestellt und diskutiert.

Es wurden bereits mehrfach Maßnahmen gesetzt, um die in der Familie erbrachten Leistungen anzuerkennen, so zum Beispiel folgende:

Die Anerkennung von Kindererziehungszeiten durch die Anhebung der Bemessungsgrundlage von 6 500 S auf 8 100 S im Zuge der letzten Pensionsreform. Das ist ein Plus von nicht weniger als 35 Prozent.

Die Familiensteuerreform; diese habe ich schon erwähnt.

Die Anerkennung der innerfamiliären Pflege durch die sozialpolitische Revolution des Pflegegeldes.

Dienstgeberbeiträge aus dem Ressort Hostasch für die Pflege ab der Pflegestufe 5 werden mit der Pensionsreform und seit der Pensionsreform übernommen.

Meinen Vorschlag für ein "Karenzgeld für alle" habe ich schon ausgeführt.

Zur Frage 2:

Es ist hinreichend belegt, daß mit steigender Kinderanzahl die Armutsgefährdung zunimmt, weil Markteinkommen auf mehrere Personen aufgeteilt werden müssen. Mit der Familiensteuerreform konnte aber ein wesentlicher Beitrag zur Unterstützung der Mehrkindfamilien erreicht werden. Ich habe es schon ausgeführt: Mehrkindstaffel, Mehrkindzuschlag und eine deutliche Erhöhung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages.

Daß mit diesen Maßnahmen familienspezifisch bedingte Armutsfaktoren wirksam bekämpft werden können – und jetzt hören Sie bitte genau zu! –, belegt die vom Wifo erstellte Studie aus dem Jahr 1997, also aus der Zeit vor der Familiensteuerreform. Damals sagte das Wifo, daß die familienpolitischen Leistungen einen wesentlichen Beitrag zur Armutsbekämpfung bilden. Die Quote der Kinderarmut wurde damit von 11,5 auf 6,25 Prozent gesenkt. Sie ist immer noch zu hoch, wurde aber immerhin halbiert. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frage 3:

Wir nähern uns der "grauen" Gesellschaft. Im magischen Statistikjahr 2030 wird weltweit eine Milliarde Menschen über 60 Jahre alt sein, in Österreich werden es 2,7 Millionen Menschen sein. Der Anteil der Senioren an der Gesamtbevölkerung wird im Jahre 2030 bei einem Drittel liegen und wird sich damit gegenüber Mitte des 20. Jahrhunderts verdoppelt haben. Um die Solidarität zwischen den Generationen zu sichern, ist es mir ganz besonders wichtig, die Einnahmen des FLAF zu sichern.

Zu den Fragen 4 und 5:

Aufmerksamen Beobachtern der politischen Szene und der medialen Berichterstattung ist die Zunahme und die Intensität der Beiträge zum Thema Familie nicht entgangen. – Ihnen von den Freiheitlichen offensichtlich schon. (Zwischenruf des Abg. Böhacker.) – Familienpolitik ist vom Status des Wahlkampfthemas zu einem konstanten gesellschaftspolitischen Anliegen der Regierung geworden.

Für mich jedenfalls ist es ein politisches Anliegen, den Stellenwert von Ehe und Familie in der österreichischen Verfassung verankert zu wissen. Deshalb habe ich einen Entwurf ausarbeiten lassen, der die Verankerung von Ehe und Familie in der Verfassung bringen soll. (Abg. Böhacker: Wo ist der Entwurf?) Ich konzediere: Es gibt diesbezüglich noch keinen Konsens mit dem Koalitionspartner. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Setzen Sie sich einmal durch!)

Zu den Fragen 6 bis 10:

Grundsätzlich ist zu begrüßen – und ich wiederhole das –, daß die FPÖ das ÖVP-Modell des Kinderbetreuungsschecks übernommen hat. (Abg. Scheibner: Sie haben geglaubt, daß das nicht finanzierbar ist!) Familienpolitische Leistungen müssen aber immer auch – hören Sie zu! – auf ihre Finanzierbarkeit überprüft werden. Der Rohbericht der Machbarkeitsstudie zeigt, daß eine Realisierung derzeit – ich betone: derzeit! – aus budgetären Gründen nicht möglich ist.

Zu den Fragen 11 bis 15:

Es ist bekannt, daß es noch einen Bedarf an zusätzlichen Kinderbetreuungsplätzen gibt, wenngleich die von Ihnen genannte Zahl von bis zu 145 000 deutlich überhöht ist. Ich habe das schon ausgeführt.

Außerfamiliäre Kinderbetreuung ist ab einem gewissen Alter sinnvoll und nützlich für die Entwicklung der Kinder. Fest steht aber auch – und das sagen Erziehungsexperten –, daß die erste Lebensphase des Kindes im Kreise der Familie die besten Startbedingungen für Kinder ermöglicht.

Zur Frage 16:

Die Frage nach einer möglichen Koppelung Kinderbetreuungsscheck/Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen kann erst dann diskutiert werden, wenn die Frage der Einführung eines Kinderbetreuungsschecks gelöst ist. Das ist sie aber noch nicht.

Zur Frage 17:

Da beim Kinderbetreuungsscheck eine Entkoppelung von Erwerbstätigkeit und Bezug gegeben ist, ist eine negative Auswirkung auf die Erwerbstätigkeit von Müttern nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Dadurch würde es auch sozial Schwächeren möglich, eine Teilzeitbeschäftigung anzunehmen. Das leistet somit auch einen wichtigen Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Zur Frage 18:

Familienleistungen sind keine – ich betone: keine! – Sozialleistungen. Über Details des Kinderbetreuungsschecks ist dann zu reden, wenn eine Realisierung in absehbare Nähe gerückt ist.

Zu den Fragen 19 bis 21:

Die Verfasser des Rohberichtes (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie machen das aber sehr kurz!) zur Machbarkeitsstudie gehen von einer Einführung des Kinderbetreuungsschecks frühestens ab dem Jahre 2005 aus.

Die letzten Verbindlichkeiten des Familienfonds werden im heurigen Jahr beglichen, sodaß der FLAF im Jahr 2000 Überschüsse in der Höhe von zirka 3,8 Milliarden Schilling und im Jahr 2001 von zirka 4,4 Milliarden Schilling haben wird. Diese Angaben basieren auf den Berechnungen für den Bundesvoranschlag.

Zu den Fragen 22 bis 23:

Hierzu halte ich fest, daß es wesentlich ist, die gesamte Arbeitswelt familienfreundlicher zu gestalten. Dazu müssen Rahmenbedingungen geboten werden, um Unternehmungen davon zu überzeugen, entsprechende Maßnahmen zu setzen. Der von uns mitgestaltete Wettbewerb für den frauen- und familienfreundlichsten Betrieb in Österreich sowie unser Audit für Familie und Beruf sind Instrumente zur Optimierung.

Zur Frage 24:

Die von Ihnen genannte Zahl ist mir nicht bekannt. Die Kinderbetreuungshilfe wird vom Arbeitsmarktservice administriert. Wie mir aus einem Briefwechsel mit dem Vorsitzenden der Bundesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Österreich, Herrn Buchinger, bekannt ist, ist der Gesamtaufwand für diese Leistung in den letzten Jahren angestiegen. Allerdings obliegt es den Landesgeschäftsstellen, wie sie die dafür zur Verfügung gestellten Mittel in ihrem eigenen Wirkungsbereich verwenden.

Zur Frage 25:

Eine regionale Einführung des Kinderbetreuungsschecks halte ich schon aus gleichheitsrechtlichen Gründen für nicht machbar. Das gilt insbesondere für Deutsch Griffen. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Meine Devise ist es: Zuerst die Sicherung der finanziellen Mittel, dann die Einführung einer neuen Maßnahme!

Zur Frage 26:

Artikel 15a-Vereinbarungen sind derzeit kein Thema, Frau Abgeordnete Partik-Pablé.

Zu den Fragen 27 und 28:

Den finanziellen Überlegungen im Rohbericht zur Machbarkeitsstudie liegt die Konzentration verschiedener derzeit bestehender Leistungen auf eine Leistung, nämlich den Kinderbetreuungsscheck, zugrunde. Einsparungen liegen daher nicht vor.

Zuletzt zu den Fragen 29 bis 30:

Da der Endbericht zur Machbarkeitsstudie für einen Kinderbetreuungsscheck noch nicht vorliegt und daher auch noch nicht abgenommen ist, kann ich diese Fragen noch nicht beantworten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Nach der Beantwortung der Dringlichen Anfrage gehen wir jetzt in die Debatte ein. Sie kennen die Grundsätze: 25 Minuten pro Fraktion, maximal 10 Minuten pro Einzelredner.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Edith Haller. – Bitte.

15.42

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Familienminister! Ich finde es ganz reizend, daß Sie sich Sorgen darüber machen, warum ich diese Dringliche Anfrage an Sie nicht begründe. Es gibt eine ganz einfache Erklärung dafür: Ich will zwar nicht immer das letzte Wort haben, aber ich wollte nach Ihnen zu Wort kommen. (Beifall und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Diese Dringliche Anfrage, Herr Bundesminister, ist deshalb so notwendig geworden, weil natürlich von Regierungsseite die österreichische Familienpolitik immer so positiv dargestellt wird. (Ruf bei der ÖVP: Das ist sie auch!) Aber es ist wissenschaftlich erwiesen, daß die Familienarmut im Steigen ist und daß darüber hinaus auch der Bevölkerungsrückgang ein ganz eklatanter geworden ist. Das ist wissenschaftlich erwiesen, denn laut Österreichischem Statistischem Jahrbuch vom vergangenen Jahr wird zwischen dem Jahre 1997 und dem Jahre 2000 die Zahl der null- bis 5jährigen Kinder um 10 Prozent sinken.

Herr Bundesminister! Es ist kein Geheimnis bei den Wissenschaftlern, und sie dokumentieren es auch bereits, daß das das Ergebnis Ihrer Sparpakete ist. Dafür sind Sie verantwortlich; vor allem für das zweite Sparpaket. Dafür sind Sie verantwortlich, weil Sie Politik gegen den Bürger und gegen die Österreicher machen. Das wirkt sich in der Geburtenrate aus. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Rosemarie Bauer: Also das glaube ich nicht! Was sind denn das für Wissenschaftler?) Und das kann nicht im Sinne Österreichs sein! – Das sagen Wissenschaftler, nicht ich, Herr Bundesminister.

Herr Bundesminister, ich muß Sie korrigieren. Ende des Jahres 2005 wird das Barvermögen des Reservefonds 35 Milliarden Schilling betragen. Wir Freiheitlichen werden wirklich darauf achten, daß der Geburtenrückgang, der ja auch dafür verantwortlich ist, nicht erneut als Mittel zur Budgetsanierung verwendet wird (Beifall bei den Freiheitlichen), denn das, Herr Bundesminister, wäre ein soziales Verbrechen.

Das anwachsende Vermögen im Familienlastenausgleichsfonds und im Reservefonds würde es aber gestatten, neue Dimensionen in die Familienpolitik einzubringen, und eine solche wäre der Kinderbetreuungsscheck. Sie haben nicht einmal widersprochen. Noch nie, Herr Bundesminister, ist ein Modell so lange diskutiert und wissenschaftlich überprüft worden, und es stimmt einfach nicht, daß wir Ihr Modell übernommen haben. Seit 1992 ist der Kinderbetreuungsscheck Bestandteil des freiheitlichen Parteiprogramms. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Ein Schlagwort!)

Das können wir dokumentieren: Es waren wir Freiheitlichen, die im Familienpolitischen Beirat einen Antrag eingebracht haben, der dann dafür verantwortlich war, daß es heute diese ausgezeichneten Studien zur Umsetzbarkeit gibt. (Abg. Dr. Partik-Pabl頖 in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Dr. Bartenstein –: Bei der Wahrheit bleiben!)

Herr Bundesminister! Wenn Sie sagen, der Endbericht zur Studie liegt noch nicht vor, dann muß ich sagen, das stimmt nicht. Den gibt es seit dem März dieses Jahres (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein), und ich frage Sie: Warum präsentieren Sie diesen Bericht nicht? (Abg. Scheibner: Aha! Haben Sie die Unwahrheit gesagt? Das wird jetzt interessant!) Ich weiß es! (Ah-Rufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Herr Minister, wie ist das?) – Weil dieser Bericht klipp und klar beweisen würde, daß alle Argumente (Abg. Haigermoser: Häuptling Gespaltene Zunge!), die gegen den Kinderbetreuungsscheck vor allem natürlich von der linken Reichshälfte vorgebracht werden, null und nichtig sind und daß der Kinderbetreuungsscheck auch finanzierbar ist, und zwar in der Variante, die wir Freiheitlichen vorschlagen. Die unterscheidet sich nicht so sehr. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.)

Ich komme auch auf Kärnten. Natürlich ist eine bundeseinheitliche Umsetzung sinnvoller und billiger, aber auch einzelne Bundesländer kann man finanzieren. Wenn Sie sagen, Jörg Haider hat in Kärnten bisher das Modell nicht umgesetzt, dann frage ich Sie: Warum hat der ÖVP-Landeshauptmann Weingartner, der noch dazu 6 000 S verlangt hat, das Modell Kinderbetreuungsscheck auch nicht umgesetzt? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Oje!)

Es war außerdem die ÖVP in Kärnten, Herr Bundesminister, die in ihrem Wahlprogramm ebenfalls ein Kinderbetreuungsgeld, und zwar auch in Höhe von 5 700 S gefordert hat. Und warum können wir es in Kärnten derzeit nicht umsetzen? – Dazu würden wir natürlich die ÖVP brauchen. Das ist Ihnen doch klar, und das war immer klar, Herr Bundesminister. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber Sie haben Angst vor dem Koalitionspartner, Herr Minister!) Es liegt an Ihrem Willen und am Willen der ÖVP, ob das Modell Kärnten umzusetzen ist. (Abg. Mag. Haupt: Der Wurmitzer will nicht!)

Es gibt in der Zwischenzeit viele positive Stellungnahmen aus vier Landesregierungen, ein Familien-Volksbegehren mit dem gleichen Text, die Familienverbände steigen darauf ein, und die Bevölkerung will den Kinderbetreuungsscheck – darüber gibt es ja Umfragen – zu mehr als 70 Prozent. Ich glaube, daß das Kärntner Wahlergebnis für die Freiheitlichen bei der Landtagswahl vielleicht auch deshalb so gut gewesen ist, weil die Kärntner Familien diesen Kinderbetreuungsscheck haben wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich frage Sie aber jetzt folgendes, Herr Bundesminister: Sie selbst fordern das "Karenzgeld für alle" seit einem Jahr. Das fordern wir Freiheitlichen seit dem Jahre 1992 als erste Stufe zur Umsetzung des Kinderbetreuungsschecks. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Alles nachzulesen! Das können Sie drehen und wenden, Herr Bundesminister, wie Sie wollen. Warum setzen Sie ihn nicht um? – Weil Sie auch Ihren Koalitionspartner dazu brauchen, oder? Warum setzen Sie es nicht um? Sie können es mit uns sofort umsetzen, wir stehen Gewehr bei Fuß! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie heute ein bißchen kritisch in Richtung SPÖ argumentiert haben, dann kann ich auch nur sagen, wahrscheinlich taten Sie es unter dem Motto: "Man macht jetzt Theater, dabei streiten eigentlich nur Katz’ und Kater." – Es ist doch bei Ihnen modern geworden, in Wahlzeiten auf Kollisionskurs zur SPÖ zu gehen, Herr Bundesminister.

Aber noch einmal die Aufforderung an Sie: Setzen Sie als ersten Schritt zum Kinderbetreuungsscheck das "Karenzgeld für alle" bundesweit um (Abg. Haigermoser: Wir halten Sie nicht auf!), dann kann es auch in den Ländern leichter umgesetzt werden! Denn alle Nachteile, die man so in spätmarxistischen Aufschreien von seiten der linken Reichshälfte aufgezeigt hat, sind widerlegt durch den Ergebnisbericht zur Studie, den Sie vielleicht noch nicht kennen; ich glaube das aber nicht. (Abg. Scheibner – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Herr Minister! Kennen Sie die Studie? Nie gesehen? – Abg. Dr. Mertel: Die hat nur die Frau Haller! Die hat Beziehungen!)

Bei der als Nachteil dargestellten Finanzierbarkeit ist zum Beispiel belegt, daß es geht. Es hat auch keine negativen Auswirkungen auf die Kosten und auf das Angebot der außerhäuslichen Kinderbetreuung, wenn man in den Ländern bereit ist, den Kindergartengutschein einzuführen. Das ist aber Ländersache.

Der Kinderbetreuungsscheck wird auch die Frauen nicht an den Herd zurückdrängen. Sie selbst haben gesagt, es würde im Teilzeitbereich sogar positive Auswirkungen haben. Es wäre positiv für Frauen, durch den Kinderbetreuungsscheck nicht jeden Job um jeden Preis annehmen zu müssen. So ist es! Es wäre ganz einfach eine wirtschaftliche Mindestsicherung für Frauen, zumindest ein eigenständiger Beitrag dazu.

Meines Erachtens – und ich glaube, auch da stimmen Sie mit uns überein – hätte der Kinderbetreuungsscheck auch keine falsche gesellschaftspolitische Signalwirkung.

Noch ganz kurz zu den Vorteilen des Kinderbetreuungsschecks. Ich möchte nämlich, daß das im Stenographischen Protokoll nachzulesen ist. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) – Ja, damit Sie es mir dann nicht wieder abstreiten. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sehr gut!)

Der Kinderbetreuungsscheck trägt zur Symmetrie im Dreigenerationenvertrag bei. Er wäre Subjektförderung statt Objektförderung, er wäre ein eigenständiger Beitrag zur Mindestsicherung der wirtschaftlichen Existenz von Familien, er wäre ein Maßnahmenbündel von familienrelevanten Maßnahmen im Sinne des Kindeswohls. Er würde nicht nur Teilzeitarbeit, sondern auch Teilzeitbetreuung unterstützen. Er böte die Möglichkeit der eigenständigen Sozialversicherung für Frauen. Er hat die Qualität eines weiteren Einkommens und würde familienbegründete Armut hintanhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist unser Modell des Kinderbetreuungsschecks, Herr Minister, und ich fordere Sie noch einmal auf: Setzen Sie das "Karenzgeld für alle" um, dann werden wir in Kärnten am nächsten Tag dafür sorgen, daß das Pilotprojekt des Kinderbetreuungsschecks kommt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Also das "Karenzgeld für alle" in Kärnten werden Sie wahrscheinlich auch blockieren!)

15.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Scheibner gemeldet. Die Geschäftsordnungsbestimmungen sind bekannt. – Bitte.

15.52

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Familienminister hat in seinen Ausführungen die Behauptung aufgestellt, daß der Ergebnisbericht der Machbarkeitsstudie über den Kinderbetreuungsscheck noch nicht vorliege. – Diese Behauptung ist unrichtig.

Ich weiß nicht, warum der Herr Minister diese Behauptung so abgegeben hat, aber ich gebe Ihnen nur zum Beweis das kopierte Deckblatt des Ergebnisberichtes dieser Machbarkeitsstudie (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe), und die ist nicht erst gestern oder heute herausgekommen, sondern schon am 8. März 1999. (Rufe des Erstaunens bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: So schnell arbeiten Sie in den Ministerien!)

Herr Minister! Entweder sind Sie schlecht informiert, oder Sie haben hier die Unwahrheit gesagt. Aber es wäre gut, wenn Sie dieses Mißverständnis – so sage ich jetzt einmal vorsichtig – hier aufklären würden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Mertel zu Wort. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Vielleicht hat die Frau Mertel diesen Bericht schon gesehen, wenn ihn schon der Minister nicht kennt! – Abg. Dr. Graf: Jetzt kommt ein "Kinderfreunde"-Plädoyer!)

15.53

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Das ist natürlich eine sehr interessante Frage, die am Schluß an Sie gestellt worden ist. Ich weiß nur, daß der Bericht über 900 Seiten umfaßt. (Ah-Rufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Das ist ja interessant!) 900 Seiten sind eigentlich ein Konvolut, das nicht so leicht verlorengeht. – Ich möchte den Inhalt auch gerne kennen.

Das, was sich hier in der Debatte abspielt, was die Frau Partik-Pablé zwischen Sirenengesängen und herabsetzenden Bemerkungen und Beschimpfungen von sich gibt, dann die Schalmeientöne von der Frau Haller, durchsetzt mit militärischen Begriffen im Zusammenhang mit dem Kindeswohl wie "Gewehr bei Fuß" – all das ist ein blamables Schauspiel, das sich der Öffentlichkeit bietet. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ihre Phantasie geht durch mit Ihnen! – Abg. Dr. Graf: Wenn man keine Argumente mehr hat, dann greift man in diese Lade, in die Sie jetzt hineingreifen!)

Dann wird von der Frau Partik-Pablé beklagt, daß Kürzungen im Familienbereich vorgenommen worden sind und die Karenzzeiten gekürzt worden sind. Darf ich Sie daran erinnern: 15. Juni 1993 und 6. September 1995: Jörg Haider – "Danke, Jörgl!" –: befristete Absetzung des zweiten Karenzjahres und eine Rodungsbewilligung im Dickicht des Sozialstaates. Alles "Danke, Jörgl!", nur zur Information. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Nicht einmal Ihre eigene Fraktion hört Ihnen zu!)

Sie überschlagen sich hier mit milliardenschweren Forderungen. An wen? An das Budget! Egal, ob das "Kinderbetreuungsscheck" oder "Karenzgeld für alle" heißt, Ihnen ist nichts zu teuer, um auf Stimmenfang zu gehen. Sie tun so, als ob Ihnen die Realität überhaupt nicht bekannt wäre. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Leider schon!) Wir haben in Österreich – und da stimme ich mit dem Herrn Minister überein – die beste und umfassendste Familienförderung der Welt. (Beifall bei der SPÖ.)

Das stellen nicht nur die SPÖ, der Herr Familienminister und die ÖVP fest, sondern auch unabhängige Experten der OECD und unabhängige Experten laut Wifo-Expertenbericht. Im Vorjahr haben wir ein 12-Milliarden-Schilling-Familienentlastungspaket beschlossen, das den Familien mindestens 6 000 S pro Jahr bringt, und heute haben wir eine Steuerreform beschlossen, die Österreich um insgesamt 30 Milliarden Schilling entlastet.

Sie wissen auch, daß sich Österreich einem Konsolidierungskurs für das Budget verschrieben hat. Im jüngsten OECD-Bericht, in der Vorwoche veröffentlicht, wird gewarnt. Als Schlußsatz heißt es hier: Obgleich einige Programme im Rahmen des Konsolidierungspaktes 1996/1997 zurückgeschnitten worden sind, waren die Sozialausgaben 1998 höher präliminiert, und im vergangenen Jahr wurden neue Programme beschlossen.

Ich frage Sie also: Welchen Kurs wünschen Sie für Österreich? Ein ständiges Erhöhen von undifferenzierten Sozialausgaben, ein Geldverteilen mit der Gießkanne wie ein lauwarmer Sommerregen? Gießkanne ist nämlich zu wenig. Das bewirkt nichts anderes als eine Explosion des Defizites, und am Ende wird die Bevölkerung, werden die Familien die Zeche zahlen. Ein drittes Sparpaket wird uns aufgezwungen werden.

Diese Politik, meine Damen und Herren, ist verantwortungslos, unehrlich, populistisch. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist eine Politik gegen die Interessen der Familien und gegen die Menschen in diesem Land. (Abg. Dr. Graf: Dann war aber die Politik vor den ersten beiden Sparpaketen genauso!)

Was die Menschen von Ideen wie dem Kinderbetreuungsscheck halten, das haben wir in Kärnten erlebt, in einer sogenannten blauen Mustergemeinde mit einem FPÖ-Bürgermeister, der dort mit absoluter Mehrheit regiert, nämlich in Deutsch Griffen mit 1170 Einwohnern; 50 Frauen sind davon betroffen. (Abg. Gaugg: Guter Bürgermeister!)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Da kann ich nur sagen: Das war aber ein Flop und ein eindeutiger Verstoß gegen Ihren Demokratievertrag, der Sie verpflichtet, Wahlversprechen einzuhalten! Das ist eine Blamage! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Aber geh!)

Aber ich will mit einer guten Nachricht beginnen, was die Dringliche Anfrage betrifft. Frau Haller, Sie betonen immer, der Kinderbetreuungsscheck wird von der Freiheitlichen Partei und selbstverständlich allen voran von Ihnen seit 1992 gefordert. Das ist aber in Form eines Ein-Blatt-Berichtes erfolgt, da steht nichts drinnen. Da steht nicht, welches Modell Sie vertreten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Haller und Dr. Partik-Pablé.) Sie sagen plakativ ein Schlagwort: "Kinderbetreuungsscheck". Aber kein Mensch weiß, was Sie eigentlich im Detail wollen. Kein Mensch weiß es. Sie sind uns bisher das Modell schuldig geblieben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Dann fragen Sie die Kärntner!)

Auf Seite 4 der Dringlichen Anfrage stellen Sie dar ... (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) – Ich weiß, Sie haben eine sehr durchdringende Stimme, aber noch bin ich am Mikrophon! (Anhaltende lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Auf Seite 4 schreiben Sie – endlich wissen wir ungefähr, was los ist –: "Der Kinderbetreuungsscheck sieht vor, daß jede Familie für ein Kind bis zum sechsten Lebensjahr 5 700 S und für jedes weitere Kind 2 850 S erhält."

Meine Damen! Frau Partik-Pablé und Frau Haller! Das widerspricht aber dem Wahlversprechen, das Sie in Kärnten abgegeben haben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Machen Sie sich keine Sorgen!) Das ist eine Variante, die Kärnten nicht kennt, denn dort wurde auf großen Wahlplakaten, auf sogenannten "Danke, Jörgl!"-Plakaten, angekündigt: 5 700 S pro Kind. (Abg. Dr. Graf: Das tut Ihnen weh!) Für jedes Kind!

Darüber hinaus hat der Herr Jörgl Haider noch jeder Frau – im gebärfähigen Alter selbstverständlich – einen unterschriebenen Scheck zugeschickt, auf dem auch draufsteht, daß er einzulösen ist, wenn Jörg Haider Landeshauptmann ist. – Gut, er ist Landeshauptmann, aber eingelöst hat er noch nichts. (Abg. Haller: Ein bißchen Zeit müssen Sie ihm schon lassen! Sie brauchen zehn Jahre für eine Steuerreform! Sie brauchen zehn Jahre, da wird er doch ein Jahr brauchen dürfen!)

Dann war die Wahl geschlagen. Und dann begann etwas, nämlich die Suche nach Geldquellen. Man sucht heute noch die Geldquellen, und der Jörgl-Scheck hat sich als das herausgestellt, was er immer schon war, nämlich ein Mittelding zwischen Wählerpflanz und Wählertäuschung. (Beifall bei der SPÖ.)

Im übrigen erinnert diese Suche nach Geldquellen eher an Raubzüge, denn es sollen finanzielle Mittel des Bundes herangezogen werden. Die heutige Aktion, die darauf abzielt, einen bundesweiten Kinderbetreuungsscheck einzuführen, soll ja keinem anderen Zweck dienen, als den Herrn Landeshauptmann Haider zu entlasten, damit er sagen kann, es ist geschehen, der Scheck ist eingeführt worden.

 

Bundesmittel für Familienförderung sollen herangezogen werden, dann will die FPÖ die Geldtöpfe der Arbeitslosen plündern, und zuletzt ist die FPÖ auf den Verkauf von Wohnbauförderungsdarlehen an die Banken zu Lasten der Häuselbauer verfallen.

Zu den Rechenkünsten des Herrn Haider: Er hat gesagt, der Kinderbetreuungsscheck in Kärnten ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ihre radikale Sprache ist das! – Abg. Haller: Das ist bei ihr normal!) Das soll bei mir normal sein? – Die Worte "Raubzüge" und "Plündern" hat Herr Westenthaler in der Aussendung zum Kinderbetreuungsscheck verwendet. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie haben uns immer gesagt, Sie wollen eine feine Sprache!) – Ich zitiere Ihren Generalsekretär.

Da von den Freiheitlichen weder Modelle noch Geld gefunden werden konnten – weder bundesweit noch in Kärnten konnten Modelle oder Geld gefunden werden –, hat Herr Haider die glänzende Idee gehabt, eine Kärntner Frauenkonferenz einzuberufen. Er hat Arbeitskreise bilden lassen, und diese Expertinnen sollen nun jenes Modell entwickeln, zu dessen Entwicklung die Freiheitlichen nicht in der Lage sind, nämlich den Kinderbetreuungsscheck.

Plötzlich wird aber nicht mehr von 5 700 S pro Kind geredet. Nein, man sagt jetzt, es wäre eigentlich gerechter, soziale Staffelungen vorzunehmen, und es wäre gerechter, gesundheitliche Aspekte zu berücksichtigen. (Abg. Dolinschek: Das haben wir immer schon vorgeschlagen!) Die Koordinatorin des Ganzen in Kärnten – für einen Kärntner Scheck – ist natürlich eine oberösterreichische Landesrätin, die Schwester des Herrn Haider. (Abg. Silhavy: Oh!)

Zu dieser Veranstaltung der Kärntner Frauenkonferenz wurde Herr Dr. Schattowitz vom österreichischen Institut für Familienforschung eingeladen. Er war dort anwesend und hat während der Konferenz eindeutig eines ausgesprochen: Er hat gesagt, ein Bundesland allein wird es nicht schaffen, einen Kinderbetreuungsscheck einzuführen. Das hat er auch in seiner Machbarkeitsstudie festgehalten.

Was geschieht am nächsten Tag? – Am nächsten Tag lesen wir in allen Medien: Haider zitiert Schattowitz, wonach der Kinderbetreuungsscheck in Kärnten möglich ist. – Am Nachmittag muß Schattowitz via Presseaussendung das Ganze korrigieren und Haider ausrichten lassen, daß alles nicht stimmt. Sie operieren also nur mit Halbwahrheiten und Unwahrheiten! (Beifall bei der SPÖ.)

Dann hat Haider einen Verzweiflungsschritt gesetzt, weil er im Eck stand. Er hat sich eine blaue Mustergemeinde mit 1 170 Einwohnern herausgesucht, nämlich die Gemeinde Deutsch Griffen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sagen Sie uns, was Sie für die Frauen und für die Familien machen?) 5 700 S für jedes Kind erhalten Frauen dort, selbstverständlich aus Landesmitteln und nicht aus Gemeindemitteln, denn das ist eine Zuschußgemeinde, die dieses Geld nicht aufbringen könnte. Aus Landesmitteln – das bedeutet aber eindeutig einen Verstoß gegen die Gleichbehandlung aller Kärntner Frauen! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Herr Minister! Ich möchte Sie bitten, uns darüber zu informieren, was in dieser Machbarkeitsstudie, im Endbericht steht, denn wir können uns mit einem Kinderbetreuungsscheck nicht einverstanden erklären, über den der Rohbericht der Machbarkeitsstudie (Abg. Dr. Partik-Pablé: Seit 1995 gibt es weniger Geld für die Familie! Was sagen Sie dazu?) eindeutig und wörtlich festhält: Der Kinderbetreuungsscheck ist keine zusätzliche Leistung. Er will Kinderbetreuung zu kostenwahren Preisen, also im Durchschnitt 7 000 S für einen Kinderbetreuungsplatz. Er entlastet den Arbeitsmarkt, sagt die Machbarkeitsstudie expressis verbis; das heißt, Frauen werden vom Arbeitsmarkt verdrängt. Er behauptet die Vereinbarkeit von Beruf und Familie; aber eine Wahlfreiheit – siehe Deutsch Griffen – ist nur dann gegeben, wenn es dort wirklich eine Wahlmöglichkeit gibt, nämlich dazwischen, zu Hause zu bleiben oder einen Kinderbetreuungsplatz zu haben. Der Scheck ist ein Versicherungsbluff. (Abg. Haller: Sie haben noch die alte Ausgabe! Sie sind nicht auf dem neuesten Stand! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Wir haben in Deutsch Griffen keinen Kindergarten, denn die Räume, die dafür vorgesehen waren und vorgeschlagen worden sind, wurden als Proberäume für die Trachtenkapelle ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (fortsetzend): Der Schlußsatz lautet: Nun soll der Kinderbetreuungsscheck Haiderscher Modellart für ganz Österreich kommen. Das heißt: Proberäume für alle Trachtenkapellen in Österreich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Was machen Sie für die Familie?)

16.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Maria Rauch-Kallat. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wo sind die Sozialisten, wenn es um die Familienpolitik geht?)

16.04

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Ich bin froh darüber, daß unser Familienminister Martin Bartenstein in seinen Ausführungen bereits ausführlich über die erfolgreiche Familienpolitik der Österreichischen Volkspartei sprechen konnte. Er hat vor allem darauf hingewiesen, daß ... (Abg. Dr. Mertel: Sie machen nichts ohne unsere Zustimmung!) Das ist richtig, aber wir hätten gerne, daß Sie sich auch an die Versprechungen halten, Frau Kollegin Mertel, die in den entsprechenden Vereinbarungen gemacht wurden. Ich darf Sie kurz an die Heimfahrtsbeihilfe erinnern, ein Versprechen, das leider nicht eingehalten wurde. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Ich bin dafür!)

Aber wir freuen uns trotzdem sehr darüber, daß uns das gemeinsam gelungen ist – mit vielen Überredungskünsten gegenüber der SPÖ. Ich erinnere mich noch daran, daß Frau Stadträtin Ederer nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes gesagt hat, daß das ein klassenkämpferisches Urteil sei und damit die Ballettstunden und die Reitstunden der Reichen zu bezahlen seien. Gott sei Dank ist es in sehr seriösen Verhandlungen gelungen – unserem Familienminister Bartenstein gemeinsam mit dem Finanzminister und einer Arbeitsgruppe, der auch ich angehören durfte –, das Familienpaket 2000 zu schnüren, das immerhin vom 1. Jänner 1999 an zur Hälfte und vom 1. Jänner 2000 an zur Gänze wesentliche Verbesserungen für die österreichischen Familien bringt: 6 000 S pro Kind und Familie mehr im Jahr! (Beifall bei der ÖVP.)

Leider ist es uns nicht gelungen, alles durchzubringen. Es ist eben in einer Koalitionsregierung so, daß wir nicht alle unsere Wünsche erfüllen können. Dafür braucht man absolute Mehrheiten. Daher ist es uns leider auch nicht gelungen, das Karenzgeld für alle durchzusetzen, das die Familiensprecherin der SPÖ, meine Vorrednerin Frau Mertel, den Frauen ja leider nicht gönnt, das die SPÖ-Gewerkschaftsfrau Irmgard Schmidleithner für ein soziales Verbrechen hält und das die SPÖ-Frauenministerin durch die Präsentation ständig neuer, unausgegorener Modelle an der Umsetzung hindert. Aber wir werden bei diesem unserem Modell bleiben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Jetzt schütten sie sich gegenseitig an!)

Meine Damen und Herren! Leider ist es daher auch nicht gelungen (Abg. Gaugg: Eine SPÖ-Anschüttungsaktion, oder was ist das?), den Kinderbetreuungsscheck einzuführen, der an sich eine gute Idee ist. Er ist ja auch eine ÖVP-Idee, oder besser, er ist eine Idee von Frau DDr. Romana Widhalm, die leider vor zwei Jahren viel zu früh verstorben ist. Diese Idee ist an sich eine gute Idee, aber wir alle wissen (Abg. Haller: Daß sie auch finanzierbart ist!) – und der Herr Minister hat gesagt, christdemokratische Politik ist eine Politik, die berechenbar, machbar und finanzierbar sein muß –, daß dieser Scheck derzeit nicht finanzierbar ist. (Abg. Haller: Das stimmt ja nicht, Frau Kollegin! Sie sind nicht informiert!)

Meine Damen und Herren! Das unterscheidet die Österreichische Volkspartei von den Freiheitlichen: Sie versprechen alles und halten nichts – wir machen ehrliche und seriöse Politik! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich daher ein wenig auf die Versprechungen des Jörg Haider eingehen, weil sie in der Zwischenzeit ja Legion sind, vor allem in seinen Wahlkämpfen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber Haider ist noch nicht so lange Landeshauptmann, wie Sie in der Regierung sitzen!) Jörg Haider hat vielleicht in seinem Wahlkampf gehofft, daß er auch diesmal seine Versprechen nicht einhalten muß. (Abg. Dr. Partik-Pablé: 30 Jahre sitzen Sie drinnen! – Abg. Dr. Khol: Beruhigen Sie sich, Frau Partik-Pablé!) Aber diesmal ist es eben – offensichtlich leider für Herrn Jörg Haider – anders gekommen. Er hat nämlich seinen Wahlkampf in Kärnten am 1. Oktober 1998 damit begonnen – ich kann es Ihnen zeigen (die Rednerin hält einen Zeitungsausschnitt in die Höhe) –: Haider garantiert für jedes Kind einen Scheck über 5 700 S. – Am 1. Oktober 1998 in der "Kleinen Zeitung".

Jörg Haider gab eine Garantieerklärung ab: Damit würde jede Familie beziehungsweise jede Frau im Land bis zum 6. Lebensjahr ihres Kindes monatlich 5 700 S erhalten. (Zwischenruf der Abg. Haller. – Abg. Dr. Mertel: Das ist Ihnen peinlich! Das ist Frau Haller peinlich!)

Meine Damen und Herren! Schauen wir uns an, was die Garantieerklärung des Jörg Haider wert ist: Im März versprochen, im Mai gebrochen! Schon nach zwei Monaten hat Jörg Haider sein Versprechen gebrochen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Kaum ist Jörg Haider Landeshauptmann geworden, mußte er ja mit irgend etwas zum Kinderbetreuungsscheck kommen. Wir haben natürlich mit Spannung gewartet ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie machen sich lächerlich!)

Nein, ich meine das ganz ernst. Sie machen sich lächerlich! Ich glaube, Sie haben sich mit dieser Dringlichen Anfrage ein wenig vertan. Denn wir haben natürlich gehofft, daß Jörg Haider jetzt sein Versprechen für jede Frau in Kärnten mit Kindern bis sechs Jahre wahr macht: 5 700 S. (Abg. Haller: Dann stimmen Sie zu in Kärnten!) Was ist daraus geworden? – Ein Pilotprojekt für 61 Kinder in Deutsch Griffen, mit Kosten in Höhe von 2,6 Millionen Schilling. (Zwi-schenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Aber nicht einmal das ist möglich, meine Damen und Herren, denn die Auszahlung des Kinderschecks in einer einzigen Gemeinde verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 7 der Verfassung. Entweder für alle Kinder oder für keines! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Erlauben Sie mir eine Frage?) – Sie können mich nachher fragen, was Sie wollen. Jetzt rede ich, und ich habe eine begrenzte Redezeit.

Warum ein Pilotprojekt in einer Kleingemeinde mit 1 100 Einwohnern, meine Damen und Herren, und nicht einmal dort für alle Frauen? – Denn plötzlich war auch eine Einkommensgrenze eingezogen, und nicht für alle Frauen, und plötzlich waren es nur noch die österreichischen Staatsbürger, was eindeutig dem EU-Recht widerspricht, weil sie nämlich gleichgestellt sind. (Abg. Haller: Das ist so blauäugig! Die ÖVP blockiert ...!)

Meine Damen und Herren! Was ist mit der Wahlfreiheit? – Frau Mertel hat es angesprochen. Sie sprechen immer davon, daß der Kinderbetreuungsscheck die Wahlfreiheit sichert – ich bin im übrigen auch dieser Meinung –, die Wahlfreiheit zwischen außerhäuslicher Kinderbetreuung und Selbstbetreuung. (Abg. Dr. Mertel: In Deutsch Griffen vor allem!) Aber nicht in Deutsch Griffen, denn dort gibt es gar keinen Kindergarten, auch nicht in dieser Gegend! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wissen Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ: Jörg Haider ist zwar aus dem Bärental, aber er sollte seinen Wählerinnen und Wählern trotzdem keinen Bären aufbinden. Er sollte vor allem nicht das Fell des Bären verteilen, bevor der Bär überhaupt erlegt ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Mertel: Deutsch Griffen: minus 9 Prozent!)

Leute, die ungedeckte Schecks ausstellen, nennt man Betrüger, meine Damen und Herren! Das ist Wahlbetrug und muß auch nach dem FP-Ehrenkodex eingeklagt werden. Wir wissen aber, was dann passiert: Das geht zum FPÖ-Ehrenrat – so wie in den Fällen Meischberger, Gratzer, Rosenstingl –, wird von dort auf die lange Bank geschoben und nicht exekutiert. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was Sie schon alles versprochen haben! Seit ’86!) Allerdings: Gratzer, Rosenstingl und Meischberger haben Sie ausgeschlossen. Wann schließen Sie Jörg Haider für die Wahlbetrüge aus, die er begeht, meine Damen und Herren? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Mertel: Peinlich, peinlich, Frau Haller!)

Meine Damen und Herren! Zum Glück haben die Wählerinnen und Wähler die Aussagen des Wahlkämpfers Jörg Haider zum Kinderbetreuungsscheck durchschaut. Offensichtlich hat die Aussage des Jörg Haider zum Kinderbetreuungsscheck zu einem Kinderzeugungsschock in der Gemeinde Griffen geführt. Dort hat es in den letzten sechs Jahren immer zwischen 8 und 15 Geburten pro Jahr gegeben. Im Jahre 1999 hat es bisher erst eine einzige Geburt gegeben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Spionieren Sie jetzt schon das Sexualleben aus?) Das ist wirklich merkwürdig! (Beifall bei der ÖVP.)

Darüber hinaus hat es natürlich auch in Deutsch Griffen zu einer Ernüchterung geführt. (Abg. Dr. Graf: Sie wissen aber, daß es neun Monate dauert, bis Kinder auf die Welt kommen?) Die Gemeinde Deutsch Griffen, eine FPÖ-Gemeinde, die Nutznießerin des Pilotprojekts des Jörg Haider, hat am vergangenen Sonntag den Freiheitlichen die Rechnung präsentiert: minus 9 Prozent für die Freiheitliche Partei! (Beifall bei der ÖVP.)

Wissen Sie, was die Kärntner in der Zwischenzeit über ihren Jörg Haider sagen? – Jörg Haider ist wie ein Zirkuspferd, das alle Kapriolen beherrscht. (Abg. Dr. Graf: Was sagen Sie über Zernatto?) Jetzt ist er erstmals – ich sage: zum zweiten Mal – in die Pflicht genommen, und er muß zeigen, was er kann. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was sagen Sie zur Familienpolitik?) Er ist jetzt vor ein Joch gespannt, um als Landeshauptmann den Karren vorwärts zu ziehen. Aber er bringt ihn eindeutig nicht weiter, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Graf: Wer hat ihn dorthin geführt, den Karren, in den Dreck? Wer war der Landeshauptmann, der den Karren in den Dreck geführt hat?)

Das hat er schon einmal gezeigt, er war ja schon einmal Landeshauptmann. Damals ist er damit angetreten, daß er die Arbeitslosigkeit senken wird. Als Jörg Haider 1989 in Kärnten Landeshauptmann wurde, da war die Arbeitslosenquote bei 6,9 Prozent. Der Herr Landeshauptmann hat versprochen, er wird sie senken. Als er 1991 wegen seiner degoutanten Aussage zur "ordentlichen Beschäftigungspolitik" gehen mußte, betrug die Arbeitslosigkeit 7,4 Prozent, also plus 0,5 Prozent!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (fortsetzend): Plus 0,5 Prozent Arbeitslosigkeit unter Landeshauptmann Jörg Haider! Sie sehen, was von den Versprechungen der Freiheitlichen zu halten ist: Nichts! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Was sagen Sie jetzt zur Familienpolitik? – Abg. Dr. Khol: Das war eine gute Rede!)

16.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

16.15

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist ja nicht so, daß die Regierungsparteien irgendeinen Grund hätten, sich vor dem Hintergrund einer oppositionellen Dringlichen Anfrage über ihre eigene Familienpolitik zu freuen oder sie zu loben. Das ist sicherlich nicht der Fall.

Ich kann diese Debatte keineswegs für einen geeigneten Anlaß halten, die Familienpolitik der österreichischen Bundesregierung als eine positive Familienpolitik zu bezeichnen. (Abg. Dr. Mertel: Das können Sie nicht!) Es gibt ein Bemühen, aber Bemühen ist noch nicht Erfolg. Es gibt offenbar eine Kompromißnotwendigkeit, die dann in der Mitte etwas erzeugt, was weder das eine noch das andere ist. (Abg. Dr. Mertel: Das stimmt! Da haben Sie uns durchschaut!) Es fehlt also die familienpolitische Linie. (Abg. Dr. Mertel: Die Lehrer müssen die Schüler kennen!)

Außerdem wird in diesem Land und von dieser Bundesregierung immer noch Familienpolitik mit einem Teil davon verwechselt, der sich um die Kindertransferzahlungen herum bewegt und so weiter, der aber das eigentliche Feld – nämlich wie Familienarbeit, Erwerbsarbeit et cetera kombinierbar sind – eigentlich völlig aus dem Visier verliert. Es wird nur ständig darüber diskutiert, was wann an wen und wie unter dem Titel "Kinder" bezahlt wird. Daß aber das Umfeld stimmen muß, damit etwas – was auch immer – geschieht und auch sinnvoll wirken kann, geht dabei völlig unter.

Das schwere Defizit an Kinderbetreuungseinrichtungen – um nur einen Punkt herauszugreifen – ist selbstverständlich etwas, was Familienarbeit mit Erwerbsarbeit nur sehr schwer kombinierbar macht. Das wird in der Diskussion regelmäßig und fast ausschließlich als Frauenfrage dargestellt – obwohl ich zugebe, daß die Frauen im jetzigen Befund die Hauptbetroffenen sind und schwer unter der gegenwärtigen Situation leisten; es wird aber so getan, als ob sie sich das daher auch selbst lösen sollen, und dafür gibt man ihnen eben ein wenig Geld –, und Elternschaft kommt in der Debatte überhaupt nicht vor.

Das Wort "Elternschaft" kommt nicht vor, die Väter werden nicht erwähnt. Es wird immer nur von den Müttern gesprochen. Die Mütter sind – das sage ich noch einmal, damit ich nicht mißverstanden werden kann – jetzt real und faktisch im Regelfall diejenigen, die die Zeche zahlen, die betroffen sind, die an der Arbeitswelt gehindert sind, die sich nicht entfalten können, denen von nichtpartnerschaftlichen Partnern alles aufgebürdet wird, und so weiter und so fort.

Aber das heißt ja nicht, daß wir genau das nachsteuern sollen. Wir sollten hier auch Gegengewichte legen, die sich darauf konzentrieren, daß Elternschaft lebbar wird und daß Karenzzeiten wirklich geteilt werden können, weil es nicht im wirtschaftlichen Desaster mündet, wenn man sich das aufteilt. Das alles sind einerseits familienpolitische Fragen, andererseits aber auch frauenpolitische und im Kern sozialpolitische Fragen, weil wir neben den Problemen, die heute schon diskutiert worden sind, außerdem das Armutsproblem haben.

Schauen Sie sich einmal die Armutsstatistik an! Wer sind die hauptsächlich Betroffenen? Welche Bevölkerungsgruppen leben unter der Armutsgrenze? – Kinder und Alleinerzieherinnen leben unter der Armutsgrenze. Und das bezeichnen Sie als Familienpolitik?

Sie geben noch nicht einmal die sozialpolitischen Antworten für die Vorfragen und reden davon, daß Sie Familienpolitik machen! Das ist meiner Ansicht nach eine Verwechslung von zwei Baustellen. Sie müssen zunächst einmal und in erster Linie – oder gleichzeitig, wenn Sie es finanzieren können, ist mir alles recht – sowohl die sozialpolitische Seite als auch die familienpolitische Seite und die emanzipationspolitische Seite im Auge haben, dürfen aber nicht immer das eine mit dem anderen verwechseln.

Daher ist diese Debatte eine verquere Debatte, die sich eigentlich darum dreht, wer sich des besseren Zugangs zu diesem Problem berühmt. Das ist der Punkt, an dem ich mich mit dem freiheitlichen Kinderbetreuungsscheck auseinandersetzen möchte. Damit kann dieses Problem erst recht nicht gelöst werden. Ich habe nur am Anfang – damit ich nicht mißverstanden werden kann – klargestellt, daß das Problem vorhanden ist und daß es die Regierung nicht löst. Aber der Ansatz der Freiheitlichen Partei löst es auch nicht.

Dazu braucht man nur Papiere der Freiheitlichen zu zitieren. Sie wissen das ja, und insbesondere, wenn es sich um Kärnten dreht, wissen Sie das ganz genau. Da gibt es die freiheitliche Frauencharta, die sich unter anderem mit dem Kinderbetreuungsscheck beschäftigt. Es ist ja interessant, daß das ein Teil der Frauencharta ist. Aber lassen wir das einmal beiseite, das ist in der heilen Welt der FPÖ eben so. Lassen wir das außer acht!

Darin steht, daß man für Kinder bis zum vierten Lebensjahr 5 700 S bekommen soll. Ab dem vierten Lebensjahr bekommen sie zwar auch 5 700 S, allerdings wird ein Teilbetrag von 3 000 S für die Inanspruchnahme "qualitativ hochstehender Kinderbetreuung in öffentlichen Betreuungseinrichtungen zweckgebunden". An sich denkt man sich nun: Aha, das ist interessant, sie haben erkannt, daß es Kindergärten und ähnliche Betreuungseinrichtungen gibt, daher sollte eine Lenkungswirkung entfaltet werden, damit Kinder ab dem vierten Lebensjahr in solche Kinderbetreu-ungseinrichtungen – zur vorschulischen Erziehung oder was auch immer – gebracht werden, und deshalb werden 3 000 S abgezweigt und zweckgewidmet. Das liest man mit Interesse!

Dann aber kommt der Schlüsselsatz: In Kärnten entfällt diese Zweckbindung, da "die Ausstattung an öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen" in Kärnten zu "gering" sei. (Abg. Dr. Brinek: Ach geh, wieso?) Das finde ich interessant. In Kärnten gibt es also keine oder keine ausreichenden – warum auch immer – Kinderbetreuungseinrichtungen. Ich sage jetzt nicht, daß Herr Haider, weil er nun Landeshauptmann ist, an diesem Zustand schuld ist, denn dazu ist er zu kurz Landeshauptmann. (Abg. Dr. Mertel: Wir haben einen 75prozentigen Deckungsgrad!) So tüchtig ist er nicht, daß er es in so kurzer Zeit schafft, die Kinderbetreuungseinrichtungen abzuschaffen. Die hat es schon vorher nicht gegeben. (Abg. Dr. Mertel: 75 Prozent Deckungsgrad!) Das steht da. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Ich zitiere nur, was die FPÖ über sich selber sagt.

Gleichzeitig wird der Kinderbetreuungsscheck als Instrument zur Anhebung der Frauenerwerbsquote verkauft. Aber in einem Land, in dem es keine Betreuungseinrichtungen gibt – ob das jetzt Deutsch Griffen ist oder sonstwo –, wird das nicht funktionieren. Dort wird der Kinderbetreuungsscheck genau jene Wirkung haben, die jeder, der sich mit diesen Dingen beschäftigt, für den Fall prophezeit, daß er linear verteilt wird. Genau das hätte auch Bundesminister Bartenstein gerne, denn er hat gesagt, daß er es an sich gerne so hätte, es scheitere nur an der mangelnden Finanzierbarkeit beziehungsweise es ginge erst ab 2005. So hat er es, wie ich glau-be, es richtig gehört zu haben, in seiner Anfragebeantwortung gesagt. Aber die Lenkungswirkung geht natürlich überhaupt nicht in die Richtung, daß damit die Frauenerwerbsquote begünstigt wird. Im Gegenteil: Es wird die genau umgekehrte Lenkungswirkung auftreten.

Und das ist auch der gemeinsame Nenner zwischen Bartenstein und der FPÖ, daher verstehen sie sich in diesem Punkt so gut, weil: Mutti macht’s billiger! Daher heim an den Herd, und mit 5 700 S ausgestattet ist das leichter als mit nichts. – Das gebe ich ohne weiteres zu. Und wer sich gerne an den Herd schicken läßt, wird 5 700 S, die er dafür bekommt, als durchaus positiv erleben. Wer aber weiß, daß er sein Leben dann, wenn die Kindererziehungszeit, die Kleinkinderphase vorbei ist, eigenverantwortlich gestalten muß, daß er eine Lebenserwartung hat, die Gott sei Dank wesentlich länger ist als jene Phase, in der Kinder Betreuung brauchen, und daß auch sonst jeder Mensch, Mann oder Frau, wohlberaten ist, auch in einer Partnerschaft auf sich selber gestellt zu sein und eigenverantwortlich etwas beitragen zu können, wer das weiß – und die Frauen wissen das glücklicherweise inzwischen alle, nur manche machen leider keinen Gebrauch von diesem Wissen –, kann nicht darauf hineinfallen. Nur jemand, der das anders sieht, denkt sich: Aha!

Manche hoffen vielleicht, daß die Frauen nicht bemerken, daß dieser Effekt auftreten kann. Aber ich würde sagen, es ist keine faire und ehrliche Politik – um das "wording" der ÖVP zu verwenden –, wenn sie das Kalkül enthält, daß die Leute nicht bemerken werden, was das bedeutet. Nachher kommt dann plötzlich das bittere Erwachen, und es wird weiterhin das Phänomen geben, daß Frauen im Alter nicht abgesichert sind und so weiter. (Zwischenruf der Abg. Haller.) Wir reden jetzt von etwas ganz anderem. Aber ich bin Ihnen ja dankbar dafür, daß Sie sich mit Ihren Vorurteilen nicht anders abreagieren können als durch Zwischenrufe, denn das ist wieder einmal entlarvend. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Bei euch ist alles entlarvend!)

Über die Kinder im eigentlichen Sinn wird beim Kinderbetreuungsscheck überhaupt nicht debattiert. Waisenkinder etwa gibt es in Ihrer Welt überhaupt nicht, Waisenkinder sind auch keine Parteimitglieder. Wer empfängt denn den Scheck für ein Waisenkind? Die verstorbene Frau Mutter, die es gar nicht gibt? Oder wer? (Abg. Dr. Karlsson: Der Haider!) Ein Modell, das nicht alle Fälle des Lebens zumindest mitdenkt, ist herzlos. Es ist strukturkonservativ, es ist frauenfeindlich und es ist teuer.

Herr Bundesminister! Zu Ihrer Äußerung, der FLAF habe gewisse Überschüsse, die wir bis ins Jahr 2005 kumulieren müssen, möchte ich betonen: Das sind Überschüsse, die Sie zu Lasten der Lohnnebenkosten aus der Arbeitswelt abgeschöpft haben! Wenn Sie schon irgendeinen Kinderbetreuungsscheck oder ein "Karenzgeld für alle" – wie Sie sich das vorstellen – machen wollen, dann finanzieren Sie das gefälligst nicht zu Lasten der Arbeitswelt!

Finanzieren Sie das bitte anders, aber nicht durch einen Verkauf von Wohnbaudarlehen – darin gebe ich Ihnen wieder recht –, denn Familiensilber kann man nur einmal verkaufen. Die Wohnbaudarlehen wie in Kärnten zu verkaufen, das geht nur einmal. Ich weiß auch nicht, ob sie jemand kaufen wird, aber das ist eine andere Frage. Vielleicht kauft sie die landeseigene Bank auf Befehl oder die landeseigene KELAG. Es geht jedenfalls nur einmal, dann sind sie weg. Und was machen Sie im nächsten Jahr?

Aber wer wird denn schon in längeren Perioden denken? Hauptsache, ich bin einmal Landeshauptmann, wird er sich gedacht haben, und jetzt probiere ich es in Deutsch Griffen aus. Vielleicht kann ich die Bundesregierung, indem ich sie vor mir hertreibe, dazu überreden, in Kärnten eine Referenzanlage zu machen. – Aber Gott sei Dank ist das gleichheitswidrig! Auf so einen Trick wird nicht einmal Herr Bartenstein hereinfallen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Holger Bauer gemeldet. – Bitte.

16.25

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Frau Abgeordnete Dr. Rauch-Kallat hat in ihren Ausführungen (Abg. Rauch-Kallat: Ohne Doktor! Ich schau’ nur so gescheit aus!) im Zusammenhang mit dem freiheitlichen Bundesparteiobmann und Kärntner Landeshauptmann von "Wahlbetrug" gesprochen und ihn dann auch ganz persönlich als "Wahlbetrüger" apostrophiert.

Ich kann nicht ausschließen, daß Sie es überhört haben. Ich will einmal davon ausgehen und bitte Sie daher, sich das Protokoll zu beschaffen. Sollte sich dieser Vorwurf bewahrheiten – was ich gehört habe –, ersuche ich Sie unter Berufung auf § 103 GOG um die Erteilung eines Ordnungsrufes, noch dazu, da Sie ja sonst hier sehr auf gute Sitten achten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Gegen das Verlangen auf Einsicht in das Stenographische Protokoll gibt es keinen Einwand. Ich werde mir das ansehen.

Zu Wort gemeldet hat sich nun der Herr Bundesminister. – Bitte.

16.26

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Herr Klubobmann Scheibner hat unter Vorweisung dieses Deckblattes (der Redner hält ein Blatt Papier in die Höhe) gemeint, daß meine Aussage in der Beantwortung der Fragen 29 bis 30, wonach der Endbericht zur Machbarkeitsstudie für einen Kinderbetreuungsscheck noch nicht vorliege und daher auch noch nicht abgenommen sei, nicht stimme, weil es dieses Deckblatt gebe.

Es ist richtig, daß es dieses Deckblatt mit Datum 8. März 1999 gibt, aber ich darf dem Hohen Hause zur Kenntnis bringen, daß meine zuständige Sektionschefin, Frau Dr. Holzer, Herrn Dr. Schattowitz nach Empfang dieses Berichtes ein Schreiben übermittelt hat, worin sie ausdrücklich die Zustimmung des Bundesministeriums von einer abschließenden redaktionellen Sitzung abhängig macht (Abg. Haller: Verteidigungstaktik, Herr Bundesminister!) und darauf verweist, daß sie Herrn Dr. Schattowitz nochmals ersucht, die zwischen ihm und mir bereits im Juli 1998 vereinbarten Ergänzungen des Berichtes, insbesondere die Berechnung einer dreijährigen Modellvariante, vorzunehmen.

Das heißt, daß dieser Bericht noch nicht angenommen und daher aus unserer Sicht noch kein Endbericht ist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Trattner und Mag. Haupt.)

16.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Karl Öllinger. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.28

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn man die Debatte verfolgt, muß man ehrlicherweise sagen, das Interesse an einer ernsthaften Debatte ist offensichtlich nicht so stark gegeben, wie es die Dringliche Anfrage vorgeben würde. Jetzt schaue ich mir diese Dringliche Anfrage an und denke mir: Da wären ja wirklich einige Probleme drinnen, die zu debattieren sich lohnen würde. (Abg. Dr. Graf: So ist es!) – So ist es wirklich, Kollege Graf!

Wenn es darum geht, die darin angesprochenen Probleme zu diskutieren, vermisse ich diese Ernsthaftigkeit allerdings auch bei den Kollegen der freiheitlichen Fraktion. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist Ihr subjektives Gefühl!) Denn es geht Ihnen nur um einen billigen Schlagabtausch, nur darum, daß die offensichtlich nicht so kleine Glaubwürdigkeits- und Finanzierungslücke, die da in Kärnten entstanden ist – und die ist beträchtlich –, durch eine Debatte auf bundespolitischer Ebene überdeckt werden soll (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nein! Überhaupt nicht!), damit man von den Problemen, die in Kärnten entstanden sind, ablenken kann. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber geh, das ist ja lächerlich!) Ich werde Ihnen später noch einige der Argumente, die es gegen den Kinderbetreuungsscheck gibt, darlegen. (Abg. Dr. Graf: Aber Sie wissen, daß man in Kärnten mit dem Budget der letzten Regierung arbeiten muß!)

Frau Abgeordnete Rauch-Kallat hat gesagt: Die Idee ist gut! – Frau Abgeordnete Rauch-Kallat, die Ideen blamieren sich manchmal, wenn man auf die dahinter liegenden Interessen stoßt. Die Idee ist nicht gut, Frau Abgeordnete Rauch-Kallat (Abg. Rauch-Kallat: Das unterscheidet unsere Ansichten!), und ich werde das auch genauer ausführen. (Abg. Rauch-Kallat: Ich erlaube mir, anderer Ansicht zu sein!)

Am 27. Jänner 1997 hat Herr Bundesminister Bartenstein auf eine Frage, die ich ihm zum Kinderbetreuungsscheck gestellt habe, und in der ich eingefordert habe, woraus dieser finanziert werden solle, gesagt: Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich die öffentliche Hand zur Gänze aus der Finanzierung von Kinderbetreuungseinrichtungen zurückzieht. 

Das ist vom Herrn Bundesminister etwas nobel formuliert, denn es werden zwar in den Kindergärten nach wie vor wahrscheinlich die Bilder des Bundespräsidenten von der öffentlichen Hand finanziert werden, aber in all diesen Machbarkeitsstudien ist sehr wohl immer davon die Rede, daß Länder und Bund ordentlich hineinlangen müssen, daß selbst die Aufwendungen für die Bauten in die Kosten eines Kinderbetreuungsschecks teilweise hineingerechnet werden. Herr Schattowitz, der als einer der Erfinder dieses Schecks gilt, sagt, durch den Kinderbetreuungsscheck solle niemand schlechtergestellt und keine der bisherigen Leistungen reduziert werden.

Wozu dann, meine Damen und Herren? Es soll zwar nichts verschlechtert werden, er sagt aber nicht, es soll verbessert werden. Wozu brauche ich diesen Scheck? – Damit viele Leistungen, die es derzeit gibt und die sich teilweise sehr spezifisch an betroffene Gruppen richten – vom Arbeitslosengeld über die Sondernotstandshilfe bis zur Notstandshilfe et cetera, bei denen es zugegebenermaßen vieles zu verbessern gäbe, über das man auch in diesem Rahmen diskutieren könnte –, abgeschafft werden und daraus ein Kinderbetreuungsscheck für alle – völlig undifferenziert, und zwar in dem Sinne, daß ihn alle erhalten, ob sie ihn nun brauchen oder nicht – finanziert wird?

Was ist mit der sozialrechtlichen Absicherung beim Kärntner Scheck des Herrn Jörg Haider? – Dabei ist ganz interessant, zu sehen, daß Herr Jörg Haider beziehungsweise die Freiheitlichen zur Finanzierung dieses Schecks zwar die Arbeitslosenversicherung, die Notstandshilfe et cetera für die Frauen ausräumen und damit auch das, was zu deren sozialrechtlicher Absicherung veranschlagt wurde, zur Finanzierung heranziehen, den Frauen selbst aber nur den Scheck, jedoch keine sozialrechtliche Absicherung zurückgeben, meine Damen und Herren. (Abg. Dr. Mertel: Die können sich das dann selber bezahlen!)

Es ist interessant, würde ich einmal meinen, daß Sie das nicht bedacht haben und nicht bedenken wollen. Aber das ist ja auch klar, denn es würde dann um einiges mehr kosten. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Schlecht recherchiert!) Es würde um einiges mehr kosten. (Abg. Dr. Mertel – in Richtung der Abg. Dr. Partik-Pablé –: Was recherchieren? Es gibt ja keine Unterlagen!)

Was ist mit den anderen bestehenden Sozialleistungen, Frau Kollegin? Was ist mit den Frauen? Und – Herr Abgeordneter Kier hat schon darauf hingewiesen – was ist mit den Frauen während und nach der Kinderbetreuungsphase? Wo kommt einmal das Interesse jener Frauen vor, die vielleicht schon während der Kinderbetreuungsphase, die ja auch kein Honiglecken ist, in einen Beruf einsteigen und aus der Kinderbetreuung aussteigen wollen? Wo kommt das Interesse von Kindern im Alter von zwei oder drei Jahren vor, die nicht nur mit Mutti zu Hause sitzen und mit Mutti Zwiesprache halten, sondern auch mit anderen Kindern etwas zu tun haben wollen? Wie werden diese Interessen durch den Kinderbetreuungsscheck eingelöst?

Wo wird die Qualität der Kinderbetreuungseinrichtung behandelt? – Für Kärnten – das ist ja nicht uninteressant – führen Sie nur an, es bestehe ein starkes Gefälle zwischen Wien und Kärnten, wo die Frauenerwerbsquote um 14 Prozent unter jener der Bundeshauptstadt liege, und bringen das auch in Zusammenhang mit der schlechten Kinderbetreuungsqualität in Kärnten. Nun muß ich genauso wie Kollege Kier sagen: Dafür ist nicht Herr Haider verantwortlich, das ist schon Angelegenheit der Sozialdemokratischen Partei (Abg. Mag. Haupt: Seit 50 Jahren!), die es über 50 Jahre nicht zuwege gebracht hat, in diesem Bundesland eine ausreichende Qualität der Kinderbetreuung zu garantieren – und nicht nur eine Quantität in bestimmten Gemeinden. (Abg. Dr. Mertel: Wir haben bestens ausgebildete Kindergärtnerinnen und Tagesmütter!)

Wir haben das Beispiel von Deutsch Griffen gehört. Dort gibt es nicht einmal einen Kindergarten! (Abg. Dr. Mertel: Dort ist ein Freiheitlicher Bürgermeister, der will keinen Kindergarten!) – Den freiheitlichen Bürgermeister in Deutsch Griffen gibt es auch noch nicht sehr lange. (Abg. Dr. Mertel: Zu lange!) Und es gab vor allem über eine Periode von 50 Jahren sozialdemokratische Landesräte und Landesrätinnen. Wo haben diese denn in Kärnten ihre Arbeit geleistet? (Abg. Dr. Mertel: Besser als Sie auf jeden Fall!) Ich bin nicht Landesrat! Das würden wir uns gerne anschauen, Frau Kollegin Mertel. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist kein Bündnispartner für Sie! Sie haben geglaubt, das ist ein Bündnispartner für Sie!)

Der Deckungsgrad kann nicht auch die Qualität der Betreuungseinrichtungen garantieren. (Abg. Mag. Haupt: Abgewirtschaftet!) Wir reden aber auch darüber, wenn wir über den Kinderbetreuungsscheck reden, denn, Frau Kollegin Mertel, Sie haben sich zwar eine wunderbare Polemik mit den Freiheitlichen geliefert (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ja, und Vorurteile!), das Problem ist jedoch, daß Sie auf die Inhalte nicht eingegangen sind (Abg. Mag. Haupt: Weil sie damit keine Erfolge haben!), also etwa darauf, daß ich mit dem Kinderbetreuungsscheck zwar den Frauen ein schönes Geld in die Hand drücken kann, die Frage dabei aber, Frau Kollegin Partik-Pablé, lautet: Was ist es jetzt eigentlich? Eine Abgeltung für die Frau? Eine Mindestsicherung, wie Sie und Kollegin Haller vorgeschlagen haben? Oder ist es für die Betreuung da? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Eine Anerkennung!)

Sie müssen sich schon entscheiden: Gibt es das Geld für die Betreuung oder für die Frau? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie es heißt, ist egal! Hauptsache, es ist da!) Da müssen Sie ehrlich sein, denn für beides kann es nicht da sein, sonst werden die Frauen in dieser Frage zerrissen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das glaube ich nicht! Hauptsache, das Geld ist da! Wie es heißt, ist egal, ob "Karenzgeld für alle" oder ...!)

Schauen wir uns an, was der Effekt wäre – und das ist von mir und auch von anderen Rednerinnen und Rednern in vielen Debatten mehrmals beschrieben worden –: Sobald Sie den Frauen das Geld in die Hand drücken – und ich brauche das gar nicht so sehr zu dramatisieren, daß dann der Bund beziehungsweise die Länder und auch die Gemeinden überhaupt keine Betreuungseinrichtungen mehr finanzieren werden, aber wir kennen diesen Effekt vom Pflegegeld –, wird genau dieser Pflegegeldeffekt eintreten! Die Gemeinden, die Länder und auch private Einrichtungen werden dann sagen: Jetzt gibt es doch einen Kinderbetreuungsscheck, warum sollen wir unsere Betreuungsleistungen um 3 000 S anbieten, um 3 500 S, da wir doch wissen, daß die Frauen jetzt 5 700 S haben? – Dann wird das auch mindestens soviel kosten! (Abg. Dr. Mertel: 7000 S! Das habe ich auch in meiner Rede gesagt!)

Das ist die Konsequenz, die wir bereits aus der Debatte um das Pflegegeld kennen. Es ist dies ein sehr "marktkonformes" Verhalten, vor allem dann, wenn die Betreuungseinrichtungen in Gestalt von Monopolisten auftreten. Und eine breite Konkurrenz bei den Anbietern von Kinderbetreuungseinrichtungen werden Sie gerade in Deutsch Griffen am allerwenigsten schaffen können. Da haben Sie also ein Problem. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Beschäftigen Sie sich mit den Problemen, die es gibt, und nicht mit jenen, die es geben wird!)

Es wird den Frauen nichts anderes übrigbleiben. Es wird vermutlich sogar so sein, daß sie noch mehr zahlen müssen, als sie über den Scheck erhalten, nämlich dann, wenn das eintreten sollte, was jener von Herrn Bartenstein forcierte Herr Schattowitz fordert, daß also der tatsächliche Preis und die tatsächliche Leistung bezahlt werden müssen. Dann kostet die Sache mindestens zwischen 7 000 und 9 000 S, und dann ist die Frau mit dem Kinderbetreuungsscheck arm dran.

Und damit sind wir beim Ausgangspunkt der Debatte. Die Frauen wären mit dem Kinderbetreuungsscheck tatsächlich arm dran. Sie sind diejenigen, die, wie es in Kärnten auch angestrebt wird, an Haus und Herd gebunden werden sollen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Fragen Sie einmal die Frauen!) Der Arbeitsmarkt soll entlastet werden!

Und damit bin ich bei einem Problem, das Sie überhaupt nicht angesprochen haben: Sie werden die Frauen mit 5 700 S heute nicht mehr an Haus und Herd zurückbringen! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe es angeschnitten!) Sie werden sie nicht, wie sich das Herr Haider vorstellt, zurückkriegen, weil auch die Frauen heute andere Bedürfnisse haben, weil sie sich nicht mehr zu den Untergeordneten und zu den Hilfsgesellen einer freiheitlichen Familienpolitik machen lassen wollen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Fragen Sie eine Billa-Verkäuferin! Sie haben keine Ahnung!)

Der Effekt des Kinderbetreuungsschecks wäre Dequalifikation, wäre eine Umverteilung zugunsten jener Besserverdienenden, die bisher kein Geld erhalten! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Schauen Sie doch einmal, wer in den Supermärkten an der Kassa sitzt und sich Rheuma holt!) Und deshalb, meine Damen und Herren, wäre der Kinderbetreuungsscheck auch eine Falle!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Er wäre ein süße Honigfalle. Und wir sollten nicht schon in der Debatte über den Kinderbetreuungsscheck an dieser Honigfalle hängenbleiben, sondern uns auf die tatsächlichen Probleme, die Frauen dabei haben, Beruf und Familie zu vereinbaren, konzentrieren. Dazu aber braucht es etwas mehr als das, was Sie und auch der Herr Familienminister derzeit anbieten. (Beifall bei den Grünen.)

16.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. – Bitte. (Abg. Dr. Graf: Obwohl Sozialisten das Sagen haben, funktioniert es ja derzeit auch nicht!)

16.39

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau und Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! 30 Milliarden Schilling für den Kosovo, kein Geld für die Kinder! – Das ist Ihre Form der Politik! (Rufe bei der ÖVP: Ungeheuerlich!) Ich zeige Ihnen nur den Spiegel vor, daß, wann immer Sie Geld in Milliardenhöhe brauchen, dieses vorhanden ist.

Es geht Ihnen nämlich nicht um die Finanzierung, es geht Ihnen auch nicht um die fachliche Auseinandersetzung, sondern darum, daß Ihre Ideologie zusammenbricht! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Alles für Heime, für Horte, für Kindergärten – aber nichts für mütterliche und familiäre Erziehung in diesem Land, denn das ist "schlecht", das wäre ja Einflußnahme, das wäre ja familiäre Fortentwicklung! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dem Herrn Kollegen Öllinger möchte ich etwas aus der vorliegenden Studie entgegenhalten: 90 Prozent der Mütter mit Kindern unter sechs Jahren möchten keine Vollzeitbeschäftigung, sie möchten eine Teilzeitarbeit haben. Man würde gerade das Einkommen ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.) – Warum reden Sie immer bei Kindern mit, Frau Mertel? – Sie haben keine. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Haben Sie welche?) – Ja, selbstverständlich habe ich Familie und Kinder. Sie haben es nicht! (Abg. Dr. Mertel: Wo haben Sie Familie?) Sie reden immer wie der Blinde von der Farbe. Ihre Partei war bis 1989 in Kärnten mit der absoluten Mehrheit ausgestattet, Sie haben aber nichts zusammengebracht. Abgewählt wurden Sie in Kärnten! Sie sind ein intriganter Haufen, der einen Überlebenskampf führt. Das ist aus Ihrer Partei geworden! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie sind abgewählt worden, weil Sie auch eine verfehlte Familienpolitik betrieben haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Ein tiefes Niveau!) – Das mag schon sein.

Aber für Sie ist es nach wie vor von politischer Bedeutung, daß die Kinder rechtzeitig und zeitgerecht aus der Familie verbannt werden. (Abg. Dr. Mertel: Armer Wicht!) Ins Heim mit ihnen, denn dort können wir sie ideologisch beeinflussen und wieder auf den rechten Weg führen. Das ist es, was Sie in Wirklichkeit wollen! Schon im Zeitalter der Industrialisierung haben Sie mittels Ihrer Politik die Großfamilien zerschlagen und haben dort, wo Ihr System versagt und nicht mehr finanzierbar ist, nämlich bei den alten Mitmenschen, wo man weiß, daß die Heimplätze nicht finanzierbar sind, das Pflegegeld eingeführt. Natürlich wird das Pflegegeld eingeführt und pro Person bar ausbezahlt, aber bei den Jugendlichen haben wir ein bißchen ein Problem.

Deshalb ist Ihnen – ich sage das noch einmal – der Kinderbetreuungsscheck ein Dorn im Auge, weil dann die Erziehung und die Verantwortung bei der Familie liegen. (Abg. Dr. Mertel: Wo wollen Sie die Milliarden hernehmen? Sie haben keine Ahnung!) – Gnädige Frau! Wir nehmen auch das Geld für den zweiten Tauerntunnel. Wir nehmen es von überall her, und wann immer wir Geld brauchen, wird Geld gefunden. Es wird Geld gefunden, das ist bloß eine Frage der Umverteilung, der Mittelverwendung. Das ist Ihnen ja nicht so fremd. (Abg. Dr. Mertel: Das ist mir nicht fremd!)

Es kann schon sein, daß die ÖBB in der Vergangenheit mit dem Familienlastenausgleichsfonds entlastet wurden. Probieren wir es einmal damit, daß wir den Familien dafür Geld geben, wofür sie es auch zahlen. Wenn Herr Minister Bartenstein nunmehr schon tibetanisch seit einem Jahr immer wieder behauptet, wie viel er für die Familien tun würde, dann vergißt er dabei immer, daß er dazu gerichtlich verurteilt wurde. Das ist die Realität! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Verurteilt?) – Verurteilt! Ich sage es Ihnen direkt: Es gibt ein Urteil, Sie sind verantwortlich. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Erkenntnis!) Hätte es das Urteil nicht gegeben, hätte es kein Geld für die Kinder gegeben. Das ist eine ganz einfache Rechnung, Herr Minister! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Erkenntnis heißt das!)

So locker und so leicht geht es nicht. Man kann nicht so einfach drüberfahren: Ich bin der Größte, aber vorher brauche ich ein Urteil vom Gericht, um überhaupt der Größte zu sein. – Das ist die Realität!

Sie kaufen sich auch die Arbeitsplätze für die Jugendlichen am Arbeitsmarkt. Sie kaufen sich die Arbeitsplätze für die Jugendlichen am Arbeitsmarkt! Jeder Lehrling muß derzeit mit Mitteln des Bundes finanziert werden, damit er untergebracht wird. Auch das kostet Geld, das kostet viel Geld. Man gewährt zwar Steuererleichterungen für die Unternehmen, das reicht aber noch nicht. Man muß Milliardenbeträge in die Schulen pumpen, aber für die Kinder gibt es das nicht. Es gibt zwar Milliardenbeträge für das "Parken" unserer Kinder in Institutionen, aber es gibt kein Geld für das Erziehen in der Familie. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gabriele Binder. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.43

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Frau Ministerin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege Gaugg! Ihre Sprache verrät Sie nach wie vor. Sie bleiben Ihrem Motto tatsächlich treu. (Abg. Dr. Mertel: Er kann buchstabieren! – Abg. Dr. Schmidt: Er kann buchstabieren!) – Er kann auf jeden Fall buchstabieren. Ich denke, es ist ein unanständiges Spiel, Menschen gegeneinander auszuspielen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Schmidt. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ein Wort noch zu Ihnen, Herr Kollege Gaugg: Kinder zu haben bedeutet noch immer nicht, daß man von Kindern etwas versteht. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Schmidt.)

Meine Damen und Herren! In der Einleitung zur Dringlichen Anfrage kommt unter anderem die Frage der Mindestabsicherung vor. Für mich stellt sich da die Frage, für wen diese Mindestabsicherung gemeint ist: für Kinder oder für Erwachsene? – Ich sage dazu: Grundabsicherung für Kinder darf nicht zu einer Grundabsicherung durch Kinder werden, also für Erwachsene.

Absicherung für Kinder, meine Damen und Herren, ist notwendig und wichtig. Ich erinnere, wie schon heute erwähnt wurde, an das neue Familienpaket, an die Erhöhung der Familienbeihilfe, wobei ich vielleicht bemerken möchte, daß mir persönlich der Begriff Kinderbeihilfe viel lieber wäre, denn da weiß man, wofür diese Beihilfe gedacht ist, nämlich für die Kinder.

Wir können in diesem Zusammenhang auch darüber diskutieren, meine Damen und Herren – vorausgesetzt, es kommt zu dieser Grundabsicherung für Kinder –, ab wann dann Kinder tatsächlich über dieses Einkommen selbst verfügen können. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es geht Ihnen wieder nur um den richtigen Ausdruck! Alles andere ist Ihnen egal!) Auch das wäre diskussionswürdig. Ein wesentlicher Anteil und Beitrag zur Grundabsicherung für Kinder ist natürlich auch die Sachleistung und die Zurverfügungstellung von Infrastruktur.

Ein zweiter Punkt in Ihren Erläuterungen, meine Damen und Herren, betrifft das Thema Armutsgefährdung, welches wirklich sehr ernst ist. Es geht um die Armut im Zusammenhang mit fehlendem oder geringem Einkommen. Mir fehlt in dieser Debatte die Hinterfragung der Verantwortung der Wirtschaft. Da von Ihnen immer die Billa-Verkäuferin zitiert wird, Frau Kollegin Partik-Pablé, möchte ich Ihnen sagen, daß die menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen die Verkäuferin arbeitet, verändert werden müssen, und nicht der Job der Billa-Verkäuferin. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Sozialpartner!) Es gibt Tätigkeiten, die durchgeführt werden müssen, aber die Bedingungen müssen menschenwürdig sein. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Sozialpartner sind es ja!)

Für mich hat folgendes Priorität: Arbeit schaffen, Einkommen garantieren und dadurch das soziale Netz sichern.

Der dritte Punkt, der in den Erläuterungen zur Dringlichen Anfrage vorkommt, beschäftigt sich mit der Verankerung von Ehe und Familie in der Verfassung. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Seit mehr als 30 Jahren sitzen Sie überall drinnen! – Abg. Dr. Mertel: Ruhe!) Ich denke, Verfassungsrang ist nicht das Wesentlichste in diesem Zusammenhang, sondern es geht nach wie vor um die Qualität und nicht um die äußeren Rahmenbedingungen, ob Familie gleichbedeutend mit Ehe ist.

Nun einige Worte noch zum Kinderbetreuungsscheck, meine Damen und Herren: Bezüglich des Themas Finanzierung bin ich sehr froh, daß am 26. März 1999 Kollege Spindelegger sehr klar und deutlich festgestellt hat, wie dieser Scheck finanziert werden wird. Laut AAB-Überlegungen würde es bei Einführung des Schecks kein Karenzgeld mehr geben, die Kinderbeihilfe würde wegfallen, ebenso der Kinderabsetzbetrag. Rechnet man noch die hohen Subventionen für die Kindergärten weg, dann kämen wir in einen realistischen Bereich, und genau das ist es, meine Damen und Herren! Es ist nicht der Kinderbetreuungsscheck zusätzlich, sondern er ist anstatt vieler anderer Leistungen.

Mit diesem Kinderbetreuungsscheck kann man dann entweder sein Kind selbst betreuen oder Kinderbetreuung zukaufen. Ich würde meinen, bleibt die betreuende Person für die Betreuung des eigenen Kindes zu Hause, käme das einer staatlichen Anstellung gleich, daher wird dann von diesem Betrag ein eigener Sozial- und Pensionsversicherungsbetrag abgezogen. Will oder muß man arbeiten gehen, so wird dieses Geld dann in die außerhäusliche Betreuung investiert.

Die Befürworter des Betreuungsschecks betonen auch die Ausweitung der Wahlfreiheit; auch heute ist diese schon erwähnt worden. Die Grenzen der Wahlfreiheit, meine Damen und Herren, liegen aber nicht nur im Angebot der Betreuungsmöglichkeiten, sondern auch in den Ansprüchen der Wirtschaft, und da ist die Wahlfreiheit sehr gering.

Wie wirkt sich der Kinderbetreuungsscheck noch aus? – Ich sage, der Staat würde damit seine Verantwortung für öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen an die Eltern abgeben. Und das, meine Damen und Herren, kann es tatsächlich nicht sein, denn im Bereich der Kinderbetreuung würde dies zu einer Kostenexplosion führen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Weniger Staat, mehr privat!) Mit den etwa – sagen wir jetzt zirka eine Summe – 5 000 S, 6 000 S könnte weder ein Platz in einer Kinderkrippe noch in einem Kindergarten finanziert werden. Bei zwei Kindern wäre an externe Kinderbetreuung überhaupt nicht mehr zu denken.

Meine Damen und Herren! Man muß laut und deutlich sagen, was Sie tatsächlich von all den Menschen, vor allem von weiblichen Kindergärtnerinnen halten, was Sie diesbezüglich so von sich geben. Sie haben von pädagogischer Arbeit überhaupt keine Ahnung.

Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang möchte ich auch dezidiert sagen, daß das Argument, dem Staat seien Kinder, die zu Hause betreut werden, weniger wert, als Kinder, die öffentliche Einrichtungen besuchen, tatsächlich nicht stimmt. Einerseits gibt es nämlich – das vergessen wir immer – die kostenlose Mitversicherung für nichtberufstätige Mütter, und andererseits können Kinder deshalb Kindergärten besuchen, weil diese mehr als nur eine Betreuungseinrichtung sind.

Ich möchte jetzt mit einer alten Mär aufräumen und Ihnen eine Definition der Plattform "Qualitätssicherung in der Kinderbetreuung" vortragen. Die angebliche Diskriminierung der häuslichen Betreuung gegenüber der außerhäuslichen ist nämlich eine Erfindung.

Meine Damen und Herren! Es besteht – das ist wichtig – zwischen der natürlichen Liebe und Zuwendung der Eltern und professioneller Gemeinschaftserziehung ein Unterschied. Wenn diese als wichtige Ergänzung zum Familienleben angesehen wird, muß die Gesellschaft auch für Angebote sorgen. Die Notwendigkeit der Ergänzung zur Familie in kleinen Gemeinschaften wird in Literatur und Forschung bestätigt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Sonja Moser. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.51

Abgeordnete Dr. Sonja Moser-Starrach (ÖVP): Herr Präsident! Liebe Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen mit vier Fakten den bärigen Wahlschlager als nicht anwendbar und nicht realisierbar darstellen. (Abg. Haigermoser: Sie sollen keinen Aufsatz lesen, sondern eine Rede halten!)

Selbst die Mamis und Papis, die den bärigen Kinderscheck-Wahlschlager für Herbst angeboten bekamen, haben festgestellt, was dahintersteckt. Sie haben begriffen, daß sie mit diesem Angebot aller anderen Zuschüsse und sonstigen Familienförderungen verlustig gingen. Oder hat sich der Bärentaler genau diese Gemeinde ausgesucht, weil er von der Geburtenzahl (Abg. Dr. Graf: Jetzt bin ich aber enttäuscht, daß Sie auch so reden!), nämlich einer, ausging beziehungsweise die Einwohner von diesem Kinderbetreuungsscheck zu einem Kinderzeugungsschock übergegangen sind?

Das erste Faktum ist der Betreuungsscheck, der im Mai 1995 angesichts der Situation der Kinderbetreuung in Österreich dargestellt wurde. Wir haben die Situation der 0- bis 6jährigen Kinder in drei Stufen eingeteilt. Bis jetzt zeigte sich nämlich immer die Situation der 0- bis 3- und 3- bis 6jährigen einigermaßen befriedigend. Aber bei der genauen Darstellung der 0- bis 2jährigen erkannte man, daß 13 Milliarden Schilling Förderung gegeben werden, das war das Karenzgeld. Bei den 2- bis 4jährigen zeigte sich das große Defizit: Nur 3,5 Milliarden Schilling werden aufgewendet. Bei den 4- bis 6jährigen, bei denen dann wieder die ausgezeichnete sozialpädagogische Variante des Kindergartens vorliegt, werden wieder 13 Milliarden Schilling an Förderungen gegeben.

Die Idee des Schecks wurde aufgrund des Defizits bei den 2- bis 4jährigen Kindern geboren und sollte eine Maßnahme sein, dieses große Defizit abzubauen. Das heißt, die geringe Zuwendung für die 2- bis 4jährigen sollte durch die Wahlfreiheit beim Kinderbetreuungsscheck, dem die Idee Familie leben und Beruf ausüben zugrunde lag, aufgefangen werden. Eine Kinderbetreuung ab dem dritten Lebenstag lag uns aber niemals am Herzen.

Das zweite Faktum ist: Familienminister Bartenstein gab beim Österreichischen Institut für Familienforschung eine Studie zum Betreuungsscheck in Auftrag und stellte den Rohbericht im Mai 1998 vor. Dazwischen lag das erwartete Urteil des Verfassungsgerichtshofs auf dem Tisch: Familien müssen mehr steuerliche Gerechtigkeit erfahren. Die Umsetzung, meine Damen und Herren, gelang und ist teilweise schon umgesetzt und wird mit 1.1.2000 voll umgesetzt werden. Das heißt, ab diesem Zeitpunkt gibt es mindestens 6 000 S mehr pro Kind. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber nicht nur diese Förderung gelang, sondern ganz gezielt auch die Förderung von Mehrkinderfamilien und von einkommensschwachen Familien.

Das dritte Faktum ist: Inzwischen ging die Diskussion um den Betreuungsscheck, und zwar um den, den die ÖVP meint, weiter. Es liegen bereits vier einstimmige Landtagsbeschlüsse vor, nämlich aus Tirol, aus Oberösterreich, aus Niederösterreich und aus Kärnten. – Frau Kollegin Haller! Sie sprachen von unserem Tiroler Landeshauptmann. Darf ich folgendes richtigstellen: Landeshauptmann Weingartner und Landesrätin Zanon haben ein 100-Millionen-Schilling-Paket als Landesfamilienförderung auf die Füße gestellt. Zusätzlich werden 4,4 Milliarden Schilling vom Bund gegeben. Unser Landeshauptmann kann rechnen, er weiß, daß der Betreuungsscheck nur Zug um Zug umgesetzt werden kann.

Das vierte Faktum ist: Wir prüfen gewissenhaft machbare Umsetzungsmöglichkeiten des Betreuungsschecks und trafen die Entscheidung für den ersten Schritt der Umsetzung, nämlich Karenzgeld für alle. Es ging darum, Arbeit anzuerkennen, die wertvoll und unverzichtbar ist, also Kinder zu betreuen und Kinder zu erziehen. All jenen, die diese Arbeit auf sich nehmen, soll staatliche Unterstützung zukommen.

Des weiteren schlug Familienminister Bartenstein vor, daß das Karenzgeld zu 100 Prozent aus dem Familienlastenausgleichsfonds ausbezahlt werden soll. Damit bräuchten die Arbeitgeber die Beiträge in die Arbeitslosenversicherung nicht mehr einzuzahlen, und es wäre eine tatsächliche Lohnnebenkostensenkung von 2,5 Milliarden Schilling gegeben. – Das ist der erste brauchbare Vorschlag, Lohnnebenkosten tatsächlich zu senken.

Karenzgeld für alle bedeutet also, Familienarbeit, Kinderbetreuung anzuerkennen bei optionaler Pensionsvorsorge, Lohnnebenkosten zu senken, Familie und Beruf besser zu vereinen, denn das Zuverdienen während der Karenzzeit soll selbstverständlich möglich sein. Kurzum: Wir arbeiten an der Umsetzung zum Betreuungsscheck Schritt für Schritt in Verantwortung für unsere Familien, für künftige Generationen, aber auch in Budgetverantwortlichkeit, für die Wahlfreiheit und für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. (Beifall bei der ÖVP.)

16.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Inge Jäger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.57

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Es gibt tatsächlich zwei konträre, zwei unterschiedliche Ansätze in der Familienpolitik.

Da gibt es erstens jene, die die Familienförderung in den Vordergrund stellen, damit Frauen nicht arbeiten gehen müssen, damit die Wahlfreiheit besteht. Man muß einmal fragen, ob diese Wahlfreiheit tatsächlich besteht, denn wenn die Frauen nach acht, zehn oder 15 Jahren wieder in den Beruf eintreten wollen, haben sie diese Wahlfreiheit nicht. Wir wollen, daß sowohl die Frauen als auch die Männer einer Erwerbstätigkeit nachgehen können – einer Erwerbstätigkeit, von der sie auch leben können. (Abg. Aumayr: Müssen!)

Frau Partik-Pablé! Ich muß Ihnen sagen, ich kenne viele Frauen an Supermarktkassen, die froh sind, daß sie diesen Arbeitsplatz haben. Daß diese Arbeitsplätze schlecht bezahlt sind, ist keine Frage, jedoch sollte man dabei die Wirtschaft anklagen. Ich würde mir wünschen, daß wir in Zukunft gewerkschaftlich höhere Löhne für diese Frauen bekommen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Die Supermarktkassen sind die Selbstverwirklichung der eigenen Persönlichkeit!)

Wir wollen natürlich auch, daß es möglich ist, Beruf und Familie zu vereinen. Das entspricht auch dem Lebensmodell der großen Anzahl der jungen Frauen in Österreich. Sie wissen genau, daß bei der Debatte über das Frauenvolksbegehren Frau Dr. Rosenberg, Universitätsprofessorin aus Wien, ein Modell aufgezeigt hat, bei dem sie drei nordische Länder verglichen hat. Dort gibt es viele Angebote von Kinderbetreuung, es gibt die Teilzeitmöglichkeit für Väter und Mütter, es gibt niedrige Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen, und es ist tatsächlich so, daß es eine sehr hohe Frauenerwerbsquote gibt und auch die Geburtenrate wesentlich höher ist als in allen anderen Ländern. In den südlichen Ländern Portugal, Spanien und Italien – dort gibt es die niedrigste Geburtenrate – gibt es eine niedrige Frauenerwerbsquote, hohe Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen und wenig Angebote für die Kinderbetreuung.

Bei der Familienförderung ist eben Geld nicht ausschlaggebend. Wir haben eine sehr hohe finanzielle Leistung, und ich finde es wirklich unerträglich – ich habe es hier schon einmal gesagt –, wenn man jungen Frauen noch immer suggeriert, die Ehe oder der Staat würde sie finanziell absichern. Denn nur die Berufstätigkeit ist für junge Frauen eine Möglichkeit, bis zum Pensionsalter Geld zu verdienen und auch einen Anspruch auf Pension zu erwerben. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt eine neue Studie, aus der ganz klar hervorgeht, daß es in Ehen, in denen nur der Mann arbeiten geht, große Probleme gibt, wenn dieser arbeitslos wird. Die Scheidungsrate ist in diesen Ehen hoch, wenn ein Alleinverdiener arbeitslos wird.

Ich sehe noch ein Problem: Sie wollen offenbar die Frauen oder eine bestimmte Anzahl von Frauen von den Arbeitsplätzen verdrängen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Verdrängen wollen wir niemanden!) Das ist nicht nur frauenfeindlich, das ist auch wirtschaftsfeindlich, weil die modernen Wirtschaftsstrategien nicht auf die Kompetenzen gutausgebildeter Frauen verzichten wollen.

Wir wollen – ich denke, Gesetze sind immer in die Zukunft gerichtet –, daß es zu einer gerechten Verteilung der bezahlten und der unbezahlten Arbeit kommt. Wir wollen, daß Väter ihre Pflichten in der Familie wahrnehmen, daß es auch zu einer Teilzeitmöglichkeit, zu einer verpflichtenden Teilzeit für Väter und Mütter kommt. Mir kommt es vor, als wäre die Wirtschaft nur dann bereit, von Flexibilisierung zu reden – sie redet sehr viel von Flexibilisierung –, wenn es zu ihrem Nutzen ist, und nicht dann, wenn es familienpolitisch erforderlich ist, und das finde ich unerträglich! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich zitiere nur AK-Präsidenten Tumpel, der sagt, die Wirtschaft blockiere derzeit die Umsetzung der EU-Eltern-Urlaubsrichtlinien. – Ich denke, auch das fällt in diesen Bereich und ist abzulehnen.

In Ihrem Antrag kommt auch die Armutsbekämpfung zur Sprache. Ich bin auch dafür, wir müssen alles in unserer Macht Stehende gegen die Armut tun. Aber für mich ist die beste Armutsbekämpfung ein Arbeitsplatz – ein Arbeitsplatz sowohl für Männer als auch für Frauen. Meiner Meinung nach bedarf es zusätzlich einer Vereinheitlichung der Sozialhilfegesetze, weil es unverständlich ist, warum eine Frau in Niederösterreich zum Beispiel schlechtergestellt sein soll als eine Frau in Wien, wenn sie von öffentlichen Leistungen abhängig ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es in diesem Jahrhundert um die politische Teilnahme der Frauen gegangen ist – wir haben 80 Jahre Frauenwahlrecht, das war der große Kampf der Frauen –, dann denke ich, es geht im nächsten Jahrhundert um die finanzielle und die existentielle Absicherung von Frauen. Ermöglichen wir den Frauen das Heraustreten aus der Familie, die gleichberechtigte Teilnahme am Arbeitsmarkt und in der Familie – das aber für Männer und für Frauen! Dafür wollen wir eintreten! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schuster. Herr Abgeordneter, Sie haben noch eine Redezeit von 9 Minuten. Das ist die Zeit, die für die Fraktion der ÖVP übrigbleibt. – Bitte.

17.04

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Frage, die sich viele Eltern stellen, lautet quer durch alle Parteien: Was ist das Beste für mein Kind: die Mutter, beide Elternteile, Kinderkrippen, Kindergarten, Tagesmütter, Betriebskindergärten et cetera et cetera?

Geschätzte Damen und Herren! Eines sei von meiner Warte aus hier gesagt: Ich meine, daß Muttersein und Elternsein mehr zu sein hat, als nur zu schauen, daß die Kinder einen optimalen Betreuungsplatz bekommen. Es gehört auch Familienglück dazu. Damit das gelebt werden kann, wäre es natürlich anzustreben, daß die Mutter oder ein Teil der Eltern in den ersten Jahren beim Kind bleibt. (Abg. Dr. Mertel: Der Vater!) Das ist meine Philosophie. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Im Koalitionsübereinkommen der beiden Regierungsparteien heißt es in Punkt 1: SPÖ und ÖVP bilden eine gemeinsame Bundesregierung mit dem Ziel, in der XX. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates in Regierung und Parlament konstruktiv zusammenzuarbeiten, die Konsolidierung des Staatshaushaltes herbeizuführen, den EU-Vorsitz im Jahre 1998 erfolgreich wahrzunehmen und das gemeinsam erstellte Arbeitsprogramm in Regierung und Parlament umzusetzen. – Das ist der Text in Punkt 1 des Koalitionsübereinkommens.

Meine Damen und Herren! Wir haben in dieser Koalition – das sei der Objektivität halber erwähnt – viel erreicht. Eines muß klar sein: Alles zu erreichen, wäre ein Traumziel, aber ein wesentlicher Teil dieses Koalitionsübereinkommens war es auch, eine Familienpolitik zu machen, die es ermöglicht, den schwächeren Familien zu helfen. (Abg. Dr. Mertel: Das haben wir gemacht!)

Hohes Haus! Was heißt, den schwächeren Familien zu helfen? – In § 1 unseres Familienlastenausgleichsgesetzes heißt es: Zur Herbeiführung eines Lastenausgleiches im Interesse der Familie werden nach dem Familienlastenausgleichsgesetz Leistungen gewährt.

Hohes Haus! Eines muß uns klar sein: Gemessen an anderen vergleichbaren Ländern können wir mit den Leistungen – Familienbeihilfe, Familienzuschlag, Schulfahrtsbeihilfe, Schülerfreifahrt, Freifahrten und Fahrtbeihilfe für Lehrlinge, Schulbücher, Kleinkinderbeihilfe, Mutter-Kind-Paß-Bonus et cetera – natürlich einiges aufweisen. Das ist klar, und doch sei gesagt, daß die Forderung, das Ziel der Österreichischen Volkspartei, welches wir uns in der Familienpolitik vorgenommen haben, leider nicht ganz erreicht wurde, weil eben ideologische, prioritätsmäßige Unterschiede zwischen den beiden Parteien bestehen.

Ich meine, diese Bundesregierung hat trotz alledem ein Familienpaket erarbeitet, und dieser Bundesminister, der für Familien zuständig ist, Dr. Bartenstein, wurde nicht müde, meine Damen und Herren – wir wissen, er verfügt über eine hervorragende Kondition –, finanzielle Verbesserungen für die Familien ab dem Jahre 1999 und einen weiteren Schritt im Jahre 2000 zu erwirken. Dafür sei ihm herzlichst gedankt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei! Ich gestehe Ihnen, Ihrer Partei, durchaus zu, daß Sie seit mehreren Jahren Vorschläge erarbeiten, Inhalte transportieren, und zwar in Richtung bessere Vereinbarung zwischen Familie und Beruf einerseits, bessere Bewertung der Familienarbeit andererseits.

Hohes Haus! Folgendes sei schon klar gesagt: Der wesentliche Unterschied zwischen Ihren Forderungen und jenen der Regierungsparteien besteht doch darin, daß Sie sich um die Finanzierung diesbezüglich keine Sorgen machen und die Bundesregierung die Konsolidierung des Staatshaushalts sehr wohl im Koalitionsübereinkommen stehen hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Da sei mir ein Vergleich gestattet: Jeder, der Eigentum erwirbt, ob er sich einen eigenen PKW kauft oder ob er ein Eigenheim errichtet, ist bemüht, eine Versicherung abzuschließen, daß für den Fall, wenn etwas passiert, die Polizze in Ordnung ist und der Schaden gedeckt wird. Für mich persönlich ist unser Bundesminister Dr. Bartenstein die beste Polizze für unsere Familien. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Mit dem Kinderbetreuungsscheck!)

Meine Damen und Herren! Alle Rednerinnen und Redner haben sich bemüht, diesbezüglich verschiedene Prioritäten und Leistungen der Bundesländer hervorzuheben. Auch das Bundesland Oberösterreich hat eine herzeigbare Familienpolitik. Einstimmig hat die Landesregierung beschlossen, das Jahr 1999 zum "Jahr der Familie" zu machen. Alle Parteien im Landtag meinen, Ziel der Familienpolitik muß sein, die Familie zu stärken, die Freiräume für die Familie zu schaffen, ihr Mut zu machen und ihr Unterstützung zu geben.

Hohes Haus! Nun zu den Bemerkungen des Dringlichen Antrags: Ich bin sehr verwundert, weil man in diesem Dringlichen Antrag (Abg. Dr. Graf: Das ist eine Anfrage, kein Antrag! Aber es macht nichts!), in dieser Dringlichen Anfrage an den Herrn Bundesminister das Pflegegeld der älteren Generation hochrechnet und festhält, daß die Jugend nichts Ähnliches habe; das Pflegegeld wird als Existenzsicherung angenommen. Ich sehe das anders. Ich meine, das Pflegegeld für unsere ältere Generation ist gerechtfertigt, da sie Pflege braucht, und sie erhält das Pflegegeld, um eben diese Pflege zu finanzieren, meine Damen und Herren! Darum finde ich es nicht ganz fair, daß dieses Pflegegeld hochgerechnet wird, weil die Jugend in Österreich nichts Ähnliches hat. Das finde ich nicht richtig.

Hohes Haus! Zum Schluß sei mir noch folgende Bemerkung gestattet: Ich hoffe, daß noch in den letzten Monaten dieser Koalitionsregierung der Koalitionspartner zu dem steht, was im Familienpaket 2000 unterschrieben worden ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Regierungsmitglieder von der Sozialdemokratischen Partei wissen sehr wohl, meine Damen und Herren, was sie unterschrieben haben. Ich glaube, daß es fair und gut ist – auch dem Wähler gegenüber –, wenn diese Unterschriften eingelöst werden.

Zu all jenen, die einer Familienpolitik, die die Frauen zurück an den Herd drängt, oder dem Motto "Mütterchen macht es billiger" das Wort reden, sei mir ein Abschlußsatz gestattet: Meine Damen und Herren! Wir brauchen keine Frauen, die wie Männer leben. Wir brauchen die schöpferische Verschiedenheit der Geschlechter, die unsere Kultur, wie sie heute eben ist, erst möglich macht. Das muß uns für die nächsten Jahre auf jeden Fall Maßstab sein. (Beifall bei der ÖVP.)

17.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich Frau Bundesministerin Mag. Prammer zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Minister.

17.13

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist schon trefflich, daß immer, wenn über Familienpolitik diskutiert wird, über die Frauen diskutiert wird. Ich glaube, genau das ist es, was wir nicht tun sollten. Wir sollten uns durchaus darüber unterhalten, wie wir jene Familienleistungen – das ist heute schon gesagt worden –, die die höchsten auf der ganzen Welt sind, so zielgerichtet wie möglich gestalten; das ist keine Frage. Aber wir sollten nicht mit dem Mittel der Familienpolitik auch eine versteckte Frauenpolitik betreiben, die die Frauen nicht nach vorwärts, sondern nach rückwärts bringt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist so oft darüber gesprochen worden: Die ersten Jahre sollten Frauen, Mütter die Möglichkeit haben, beim Kind zu bleiben. Ja, sie sollten es, auch Väter. Dazu braucht es aber auch den Ersatz von entfallenem Einkommen, sonst können sie nämlich nicht zu Hause bleiben. Gerade deswegen brauchen wir auch ein einkommensbezogenes Karenzgeld (Beifall bei der SPÖ), wenn wir es ehrlich meinen, daß Eltern zu Hause bleiben sollen, wenn das Kind zur Welt kommt; alles andere ist oft nicht machbar. Das wissen wir.

Wir wissen natürlich auch, daß es notwendig ist, gerade bei jenen anzusetzen, die alleine für das Kind sorgen, die keinen Partner haben. Gerade die Alleinerzieherinnen liegen mir natürlich ganz besonders am Herzen.

Zur Wahlfreiheit: Die Wahlfreiheit ist eben nur dann gegeben, wenn die Einrichtungen tatsächlich vorhanden sind, auf die zurückgegriffen werden kann, und diese Einrichtungen fallen bedauerlicherweise – das wissen wir alle – in die Länderkompetenz. Dementsprechend unterschiedlich schaut auch die Qualität und Quantität der Einrichtungen aus. Genau dort sollte angesetzt werden, meine Damen und Herren! (Zwischenruf der Abg. Haller.)

Ich bin am Montag und Dienstag bei einem informellen Frauenministerinnentreffen der Europäischen Union in Berlin gewesen. Wir haben dort auch sehr intensiv über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie diskutiert. Eines ist klar herausgekommen: In all jenen Ländern, die begonnen haben, Rechtsansprüche auf Kinderbetreuungsplätze zustande zu bringen, Rechtsansprüche auf Teilzeitarbeit zustande zu bringen, flexiblere Regelungen auf dem Arbeitsmarkt zustande zu bringen, gibt es eine hohe Zufriedenheit, eine hohe Geburtenrate und darüber hinaus auch eine hohe Frauenerwerbsquote. All jene Staaten haben sich auch darauf verständigt, daß es hier und nirgendwo anders den Ansatz gibt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)

Meine Damen und Herren! Es ist im Grunde genommen, was den Kinderbetreuungsscheck betrifft, ganz einfach. Wir haben mittlerweile zwei Beweise, die wir nur nachvollziehen und immer wieder aufzeigen müssen.

Der erste Beweis liegt in Norwegen, und dieser wird seit 1997 geführt. 1997 sind die konservativen Parteien in Norwegen angetreten, den Kinderbetreuungsscheck – sehr ähnlich dem Modell, das hier diskutiert wurde – einzuführen. Bis heute, zwei Jahre später, ist er nicht umgesetzt, weil er nicht finanzierbar ist, nicht einmal in Norwegen. Das, was bisher umgesetzt wurde, hat bewirkt, daß die Kinderbetreuungseinrichtungen reihenweise schließen mußten, weil all das zu Lasten der Kinderbetreuungseinrichtungen ging. Das ist es, was wir, so glaube ich, nicht tun sollten.

Wir wissen, wie gut die Kinderbetreuungseinrichtungen sind. Wir wissen, wie viele Menschen, vor allem Frauen, dort arbeiten. Wir nehmen ihnen allen die Chance, gemeinsam und fair zu arbeiten, vor allen Dingen auch im Interesse der Frauen und im Interesse der Familien.

Lassen Sie mich abschließend nur noch folgendes sagen: Das, was wir in erster Linie in Sachen Familienpolitik brauchen, ist eine freundliche Wirtschaftspolitik, die davon ausgeht, daß es Menschen gibt, die darin leben, die Eltern sind, die Eltern sein können, die auch Eltern sein wollen und die auch dementsprechende Rahmenbedingungen vorfinden sollen, daß das auch gelebt werden kann – mit entsprechenden Arbeitszeitbedingungen, mit entsprechenden Einkommensbedingungen. Dann, so denke ich mir, haben wir in diesem Lande tatsächlich eine gute Familienpolitik gemacht. (Beifall bei der SPÖ.)

17.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

17.18

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Bundesministerin, Sie machen es sich ein bißchen leicht. Sie machen es sich ein bißchen leicht, und zwar weil Sie sagen, Sie seien für die Wahlfreiheit der Familie, das heißt für die freie Wahl, ob die Frau bei den Kindern bleiben will oder ob sie arbeiten gehen will, soll oder muß. Sie lassen sich aber die ganze Zeit vor den SPÖ-Karren spannen, obwohl sich die SPÖ gegen dieses Modell einer Familienbetreuung beziehungsweise einer Kindererziehung im eigenen Haus wehrt. Sie lassen sich vorspannen, und jetzt kommen Sie mit der Argumentation, daß das alles nicht finanzierbar sei.

Sie wissen auch ganz genau, daß Sie derzeit am Willen der österreichischen Familien total vorbeiregieren. Es gibt eine empirische Untersuchung, wonach 80 Prozent der Frauen unter 40 Jahren das derzeitige Karenzmodell nicht für gut befinden, aber in dem Kinderbetreuungsscheck eine gute Alternative sehen. Das würde eben genau den Bereich abdecken, den Frau Kollegin Moser hier angeschnitten hat, nämlich den Bereich der Kinder zwischen drei und vier Jahren, der derzeit mit einer Summe in der Höhe von 3,6 Milliarden Schilling stark unterdotiert ist. Dieser Kinderbetreuungsscheck würde diesen Bereich abdecken und der Frau die Möglichkeit bieten, frei zu wählen und für die Kindererziehung zur Verfügung zu stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie unterschätzen laut dieser Studie auch die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Es gibt in dieser Studie ein Detail: Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Weniger als 10 Prozent der Frauen, die Kinder haben, wollen eine Vollzeitbeschäftigung. Aber 90 Prozent und mehr wollen eine Teilzeitbeschäftigung. Das wäre damit möglich. (Abg. Dr. Mertel: Woher haben Sie die Zahlen?) Damit könnten Sie 60 000 Arbeitsplätze neu schaffen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aus der Betrachtung dieser ganzen Materie geht hervor, daß Sie sich von Ihrem Koalitionspartner SPÖ seit Jahren für eine familiendiskriminierende Politik haben einspannen lassen. Eine familiendiskriminierende Politik hat in den letzten Jahren stattgefunden; das müssen Sie doch selbst zugeben. Sie haben Belastungspakete über die österreichische Bevölkerung verhängt, die allein in den letzten zweieinhalb Jahren ein Steuermehraufkommen von über 160 Milliarden Schilling zu Lasten der österreichischen Steuerzahler und zu Lasten der österreichischen Familien zur Folge hatten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann machen Sie den Vorschlag, daß man diesen Leuten endlich wieder die Möglichkeit geben soll, die Kinder selbst zu erziehen, indem man ihnen das aus ihrer Tasche gezogene Geld zurückgibt. Danach ziehen Sie sich wieder zurück und behaupten, das Ganze sei nicht finanzierbar. – Ich darf Ihnen ganz ehrlich sagen: Das ist finanzierbar!

In Österreich kann ja alles finanziert werden. Passiert in einem Tunnel ein Unfall, dann wird eine zweite Tunnelröhre gebaut. Da sind dann 3 Milliarden Schilling kein Problem! Wenn ein Hubschraubereinsatz im Lawinenkatastrophengebiet Galtür stattfindet, bei dem sich herausstellt, daß Österreich über zuwenig Hubschrauber verfügt, steht sofort 1 Milliarde Schilling zur Verfügung. (Abg. Scheibner: 2,5 Milliarden Schilling!) Wenn es darum geht, im Land 102 Milliarden Schilling nach volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung an Subventionen zu verteilen, ist das alles kein Problem. Wenn Sie aber den Kinderbetreuungsscheck, der wirklich eine gute Einrichtung ist, finanzieren sollen, finden Sie alle möglichen Ausreden, warum das nicht gehen soll, weil es, wie Sie behaupten, finanziell nicht zu decken sei. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Folgendes geht aus dieser Studie ganz klar hervor – hören Sie jetzt gut zu, Frau Mertel! –: Das Finanzierungsvolumen des Gutscheines kommt aus dieser Untersuchung, die der Herr Familienminister jetzt noch einmal umstellen lassen will, heraus. – Vielleicht soll die Conclusio aus dem Ganzen doch eine andere werden. Ich mache Sie darauf aufmerksam, Herr Minister: Wir haben diese Unterlagen! Und wenn da dann etwas anderes drinsteht, dann schauen Sie nicht gut aus! In dieser Untersuchung steht jedenfalls – ich zitiere –:

Das Finanzierungsvolumen des Gutscheines liegt im Rahmen der von den Ländern und Gemeinden für die Kinderbetreuung derzeit aufgewendeten Geldmittel. Die Realisierung des Betreuungsschecks dürfte demnach nicht an der Finanzierung dieser Maßnahme scheitern! – Zitatende. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Sehr gut! – Abg. Haigermoser: Das war scharf, nicht wahr, Herr Bundesminister?)

17.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ablinger. Frau Abgeordnete, Sie haben noch die Restredezeit Ihres Klubs in dieser Debatte, das sind 2 Minuten. – Bitte.

17.22

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Weil ich nur zwei Minuten an Redezeit zur Verfügung habe, ganz kurz zwei Zahlen: 85 Prozent der Frauen zwischen 18 und 30 Jahren wollen Beruf und Familie vereinbaren. Aber 20 Prozent der Frauen, die wiedereinsteigen wollen, scheitern am Widerstand der Partner. 60 Prozent der Frauen wünschen sich partnerschaftliche Aufteilung der Hausarbeit, aber nur 2 Prozent der Männer sind dazu bereit.

Ein Argument zu diesem Kinderbetreuungsscheck möchte ich anführen. Der Kinderbetreuungsscheck ist ein milliardenteures Projekt, mit dem die fehlende Bereitschaft von Männern, sich entsprechend um Haushalt und Kindererziehung zu kümmern, finanziert werden soll. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.) Denn die Antwort auf viele offene Fragen beim Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie wäre ein vermehrtes Engagement von Männern. Weil manche aber nicht dazu bereit sind, soll man so viel Geld ausgeben. – Wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen sind dazu nicht bereit!

Ich möchte mit einem Gedicht von Peter Turrini schließen: Ich freue mich auf den Tag – und sei es ein halber –, an dem die Väter den Platz neben ihren Kindern einnehmen. Und ich freue mich auf den Tag, an dem die Mütter, ohne ihr Ansehen zu verlieren, den Vätern diesen Platz geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

17.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Apfelbeck mit einer gewünschten Redezeit von 2 Minuten; die Gesamtredezeit für den freiheitlichen Klub beträgt 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.24

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ganz kann ich den Herrn Bundesminister nicht verstehen. Sie sagen hier, der Kinderbetreuungsscheck sei nicht finanzierbar, weil er unseriös ist. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Was?!) Sie haben vorhin in Ihrer Anfragebeantwortung erklärt, daß die Finanzierbarkeit nicht gegeben sei, und es sei unseriös, ihn zu verlangen.

Im nächsten Satz beklagen Sie, Herr Bundesminister, die FPÖ hätte dieses unseriöse Modell der ÖVP praktisch geklaut.

Soll das also heißen, wenn die ÖVP es verlangt, ist es seriös, wenn hingegen die Freiheitlichen es verlangen, ist es unseriös? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu einem anderen Thema: Wohin mit den lieben Kinderlein, wenn im Sommer die Kindergärten zeitgleich mit den Schulen ihre Pforten schließen, die Eltern jedoch weiter ihrer Arbeit nachgehen müssen, weil sie nämlich nicht zwei Monate Urlaub haben und oft keine Oma zur Verfügung steht. Auf die Oma läßt sich nicht zurückgreifen, weil sie vielleicht selbst noch im Beruf steht oder weil sie einfach nicht kann und ihren wohlverdienten Ruhestand genießen möchte. Ein Kleinkind kann man auch nicht auf ein Ferienlager schicken – ganz abgesehen von den Kosten, wenn zum Beispiel mehrere Kinder in einer Familie da sind. Ein Kleinkind kann man auch nicht der "elektronischen Oma", dem Fernseher, anvertrauen.

Es ist doch abartig: Auf der einen Seite bekommen arbeitslose Lehrer und Kindergärtner Arbeitslosenunterstützung bezahlt – auf der anderen Seite aber wissen die Eltern oft nicht, wie und wo ihr Nachwuchs auch in den Ferien gut aufgehoben ist.

Manchmal hat man schon das Gefühl, daß diese Politik an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbeigeht; Bedürfnisse werden einfach ignoriert. Ihr System hat auch da versagt, meine Damen und Herren! Deshalb bringen wir Freiheitlichen folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Apfelbeck, Haller, Dolinschek, Gaugg, Mag. Haupt und Kollegen betreffend ganzjährige Öffnung der Kinderbetreuungseinrichtungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird in Zusammenarbeit mit der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales ersucht, entsprechende Maßnahmen zu setzen, damit im Sinne einer besseren Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf

die ganzjährigen Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen sichergestellt werden und

zur Vertretung des Stammpersonals der Kinderbetreuungseinrichtungen in urlaubsintensiven Zeiten arbeitslos gemeldete Personen, die eine auf die Betreuung von Kindern ausgerichtete Ausbildung absolviert haben, einzusetzen.

*****

Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, diesem unserem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Frau Abgeordneter Apfelbeck vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Ich habe jetzt noch eine Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Haupt. Für ihn bleibt eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

17.27

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gaugg, Haller, Dolinschek, Koller, Madl und Kollegen betreffend Einführung des Kinderbetreuungsschecks zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, durch entsprechende Maßnahmen sicherzustellen, daß

die Einnahmenüberschüsse des FLAF zur Finanzierung des Kinderbetreuungsschecks – mit dem Ziel, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen – herangezogen werden,

die Rücklagen des Reservefonds des FLAF zweckgebunden und ausschließlich für familienpolitische Zwecke verwendet werden und

die Einführung des Kinderbetreuungsschecks zum ehestmöglichen Zeitpunkt realisiert wird.

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute in der Debatte im Zusammenhang mit der Dringlichen Anfrage an den Herrn Bundesminister deutlich und klar erkennen können, worum es in Österreich bei der Frage des Kinderbetreuungsschecks geht: Die linke Reichshälfte, repräsentiert durch den Kollegen Öllinger, die Kolleginnen Jäger, Mertel und die Frau Bundesminister, ist aus ideologischen Gründen nicht bereit, den Familien ein Zehntel jenes Geldes, das ihnen die Bundesregierung in den letzten Jahren weggenommen hat, nämlich ein Zehntel dieser 160 Milliarden Schilling, zurückzugeben.

Wie der heutigen Debatte zur Steuerreform zu entnehmen war, geben Sie zwar 12 Milliarden Schilling zurück, aber die restlichen 4,5 Milliarden Schilling zur Finanzierung des Kinderbetreuungsschecks sind Sie den Familien nicht zu refundieren bereit; statt dessen wollen Sie sie für andere Dinge im Rahmen des Budgets verschwenden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dabei haben Sie seitens der Europäischen Union den Vorhalt hinzunehmen, daß Sie nicht in der Lage sind, einzusparen, sondern daß Sie ausschließlich durch Belastungen Budgetsanierungen durchgeführt haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Auseinandersetzung um die Einführung des Kinderbetreuungsschecks in Kärnten hat die heutige Debatte beherrscht. Sie haben mit allen Mitteln versucht, Dr. Jörg Haider etwas in die Schuhe zu schieben und ihn zu kriminalisieren; besonders hervorgetan hat sich dabei Frau Kollegin Rauch-Kallat. Eines sollten Sie sich aber auf Ihre Fahnen schreiben, Frau Rauch-Kallat: Wenn Sie Haider kriminalisieren, dann gelten die gleichen Argumente für Ihre Landeshauptleute Pühringer und Weingartner und Ihren ehemaligen Landeshauptmann Zernatto, die ebenfalls die Einführung der gleichen Kinderbetreuungsschecks, allerdings über 6 000 S und nicht 5 700 S pro Frau, verlangt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Platter: Landeshauptmann Weingartner hat sich gegen den Kinderbetreuungsscheck ausgesprochen!)

Sie sollten das, was Sie heute in dieser Debatte hier angeführt haben, einmal als das sehen, was es tatsächlich für Sie ist, nämlich ein Bumerang. Herr Kollege Schuster: Entweder gilt Ihr Wort, daß sich die Familien um die Finanzierung keine Sorgen zu machen brauchen – oder Ihres, Frau Rauch-Kallat, daß das ein "ungedeckter Scheck" sei. Alles, was Sie von der Österreichischen Volkspartei heute hier von diesem Rednerpult aus zum Familienpaket und zum Kinderbetreuungsscheck geboten haben, wird jedenfalls nicht unter einen Hut zu bringen sein.

Wir Freiheitlichen haben in Kärnten Finanzierungsvorschläge vorgelegt; diese stehen derzeit in Kärnten im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Budgets zur Debatte. Folgendes sage ich Ihnen, Frau Rauch-Kallat, und auch Frau Kollegin Gatterer und Kollegen Wurmitzer: Sie haben sich seinerzeit für den Katholischen Familienverband per Unterschrift verpflichtet, den Familienscheck einzuführen. (Abg. Rauch-Kallat: Seien Sie vorsichtig mit Garantieerklärungen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich garantiere Ihnen: Wir werden die Einhaltung Ihres Versprechens in Kärnten aufgrund der Finanzierungsvorschläge, die wir vorgelegt haben und die in Diskussion stehen, für die Kärntner und für die österreichische Bevölkerung verlangen. Am 3. Oktober werden Sie, Frau Gatterer, und Sie, Frau Rauch-Kallat, zusammen mit der Österreichischen Volkspartei in den Ländern Tirol, Oberösterreich und in den anderen Bundesländern den Menschen zu erklären haben, warum Sie auf einmal von 160 Milliarden Schilling, die Sie den Familien entzogen haben, nicht mehr jene 5 Milliarden Schilling aufbringen können, um den Kinderbetreuungsscheck, für den Sie sich ja aussprechen, zu finanzieren. (Zwischenrufe der Abg. Gatterer.)

Sie von der ÖVP werden die Aufgabe haben, den Familien mitzuteilen, daß Ihnen die Familienpolitik weniger wichtig ist als Ihr ständiges Verharren als Juniorpartner in dieser Bundesregierung, die seit 50 Jahren nachweislich eine Politik gegen die Frauen macht und die seit mehr als 30 Jahren nachweislich eine Politik gegen die Familien macht! Nachweislich werden die höchsten Summen in Europa für die Familien, allerdings bei der geringsten Treffsicherheit, ausgegeben! Bei all dem werden Sie großen Erklärungsbedarf haben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir brauchen uns nicht zu sorgen, und wir brauchen uns nicht zu fürchten. Sie von der SPÖ aber werden den Frauen in Kärnten die Frage beantworten müssen, warum Sie in den letzten 50 Jahren nicht in der Lage waren, Kinderbetreuungseinrichtungen für Kinder zwischen einem Jahr und sechs Jahren in ausreichendem Maße zur Verfügung zu stellen, warum Sie nicht in der Lage waren, in Kärnten Kinderbetreuungseinrichtungen zu den gleichen Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen, wie das in anderen österreichischen Bundesländern geschieht! (Zwischenrufe der Abg. Rauch-Kallat.)

Sie werden auch erklären müssen, warum Sie nach 30 Jahren in der Bundesregierung nicht in der Lage waren, die Schere zwischen den Einkommen von Männern und Frauen zu schließen, sondern diese sogar noch weiter haben auseinanderdriften lassen!

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei Ihrer Aufklärung! (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Mag. Haupt soeben verlesen hat, ist geschäftsordnungsgemäß eingebracht worden, ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen, und ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen, denn wir haben über zwei Entschließungsanträge abzustimmen.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Apfelbeck und Genossen betreffend ganzjährige Öffnung von Kinderbetreuungseinrichtungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gaugg und Genossen betreffend Einführung des Kinderbetreuungsschecks zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächstes kommen wir jetzt zur Durchführung einer kurzen Debatte über den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Schmidt, dem Justizausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 490/A der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen betreffend Änderung des Mietrechtsgesetzes eine Frist bis 9. Juli 1999 zu setzen.

Die Abstimmung über diesen Antrag erfolgt nach Schluß dieser Debatte.

Ich rufe Ihnen noch einmal die Redezeiten in Erinnerung: Der Erstredner hat zur Begründung des Antrages 10 Minuten, alle anderen Abgeordneten 5 Minuten. Mitglieder der Regierung und Staatssekretäre sollen sich auch an einer Redezeit von längstens 10 Minuten orientieren.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Mag. Barmüller das Wort, der für die Begründung seines Antrages eine Redezeit von 10 Minuten hat. – Bitte.

17.35

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag betreffend die Änderung des § 14 Abs. 3 zweiter Satz des Mietrechtsgesetzes betrifft Lebensgemeinschaften. Es hat im Dezember des Jahres 1996 eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes gegeben, der diese Bestimmung dahin gehend auslegt, daß sie nur für heterosexuelle und nicht auch für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften gilt.

Der Antrag, den wir heute mit 9. Juli fristsetzen wollen, besagt, daß dieses Eintrittsrecht im Todesfall des Hauptmieters in einer Lebensgemeinschaft auch für gleichgeschlechtliche Lebensgefährten gelten soll.

Der Grund, meine Damen und Herren, warum wir diesen Antrag fristsetzen, ist der, daß er seit gut zwei Jahren hier in diesem Hause liegt, daß es seit dem Dezember 1996 jedes Jahr Fälle gibt, bei denen aus unserer Sicht unsachlich soziale Härten produziert werden, weil es eben durch den Obersten Gerichtshof eine sehr restriktive Auslegung gegeben hat. Wir meinen daher, daß eine Klarstellung dieser Bestimmung dahin gehend, daß sie auf jede Lebensgemeinschaft anzuwenden ist, sinnvoll wäre.

Daher, meine Damen und Herren, bitten wir Sie, daß dieser Antrag im Ausschuß inhaltlich besprochen wird, daß es mit Ihnen ein Abwägen aller Pro und Kontra geben kann. Unter dieser Voraussetzung wäre es möglich, diesen Antrag auch noch in dieser Legislaturperiode zu beschließen. – Wenn das nämlich nicht bis zum 9. Juli geschieht, dann wird garantiert bis ins Jahr 2000 hinein eine solche Diskussion nicht mehr stattfinden. Das hielten wir für verfehlt, weil diese Bestimmung in ihrer derzeitigen Form unserer Meinung nach gleichheitswidrig ist und jedes Jahr soziale Härten produziert, die einfach abgestellt gehören.

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne bitte ich, daß wir diesen Antrag noch vor den Juli-Sitzungen im Ausschuß beraten können. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Herr Abgeordneter, für Sie gilt – wie für alle weiteren Abgeordneten –: 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

17.37

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir Sozialdemokraten können ganz offen sagen, daß wir inhaltlich mit diesem Antrag voll übereinstimmen; wir haben auch einen ähnlichen Antrag im Jahre 1997 eingebracht. Es wäre natürlich hoch an der Zeit, viele dieser Bestimmungen, die diskriminierend wirken und nach wie vor bestehen, die sicherlich auch verfassungsrechtlich höchst bedenklich sind, in koalitionärer Partnerschaft und mit erfolgreicher Überzeugungsarbeit abzuschaffen. (Abg. Dr. Krüger: Also werden Sie diesem Fristsetzungsantrag zustimmen?) Nein, ich werde nicht zustimmen, denn in dieser koalitionären Partnerschaft ist auch auf den anderen Rücksicht zu nehmen, wobei ich hoffe, daß es in dieser Partnerschaft für Partnerschaften in Hinkunft mehr Verständnis gibt.

Nochmals: Wir werden dem nicht zustimmen, weil zurzeit keine Übereinstimmung in der Koalition erzielbar ist, wobei ich gleich dazusagen darf: Wir bekämen derzeit leider Gottes – das hat ja auch die Abstimmung über den § 209 StGB gezeigt –, sofern da kein Stimmungswandel einkehrt, im ganzen Haus keine Mehrheit zustande, weil schließlich auch deine Fraktion, lieber Kollege Krüger, da nicht mitgeht. Es würde hier also sowohl der eine als auch der andere Weg nicht funktionieren.

Es gibt eine Empfehlung des Europarates aus dem Jahre 1981, wonach alle Mitglieder des Europarates diskriminierende Elemente gerade auch im Sexualstrafrecht zurückdrängen sollen. Das gleiche gilt natürlich auch für Lebensgemeinschaften und damit zusammenhängende Auswirkungen im Mietrechtsgesetz. Es besteht natürlich kein wirklich sachlicher Grund zu verlangen, daß eine Lebensgemeinschaft zwischen Gleichgeschlechtlichen anders bewertet werden soll.

Wir haben uns in der Vergangenheit oft die Mühe gemacht, diese Diskussion zu versachlichen. Wir hatten dazu im Jahre 1995 im Justizausschuß ein umfassendes Hearing, dem Experten beigezogen wurden, die einhellig – eine Dame mit etwas Zurückhaltung – den Standpunkt vertreten haben, daß es völlig unakzeptabel ist, daß in bezug darauf eine unterschiedliche Altersgrenze angesetzt wird – je nachdem, ob es sich um Männer oder Frauen handelt. Letztlich ist das natürlich auch eine Wertungsfrage, wenn gesagt wird, hier würden Frauen anders als Männer bewertet werden. – Ich meine, eine weitere Argumentation ist gar nicht notwendig, denn es ist ganz klar, daß das sachlich nicht gerechtfertigt ist.

Abschließend möchte ich meine Hoffnung sozusagen auch dadurch untermalen, indem ich einem Interview beziehungsweise einer Darstellung des Kollegen Schwimmer in der Zeitschrift "Falter" entnehme, daß dieser von sich aus – offensichtlich im Zusammenhang mit der Menschenrechtskonvention – einen Brief geschrieben hat, in dem er ausdrücklich erklärt, daß dieser derzeitige Zustand im Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention steht. (Ing. Langthaler: Weil er als Generalsekretär des Europarates gewählt werden will!)

Das ist eine Erklärung des Kollegen Schwimmer, die an Klarheit nichts zu wünschen übrigläßt. Schwimmer sagt eindeutig, dieser derzeitige Zustand sei menschenrechtswidrig, also mit der EMRK in Widerspruch stehend.

Ich darf Sie von der ÖVP herzlich einladen, im Rahmen einer sachlichen Diskussion den Standpunkt, den Sie derzeit einnehmen, nochmals zu überlegen, damit mit einer breiten Übereinstimmung die nicht mehr akzeptablen Bestimmungen gestrichen werden.

Das gilt aber nicht nur für das Mietrechtsgesetz, das gilt natürlich auch für den § 209 StGB, und das gilt auch für einige sozialrechtliche Bestimmungen.

Kommen wir zu einer breiten Übereinstimmung darüber, daß die Festschreibung des unterschiedlichen Alters, dieses Verhalten einer Gruppe von Menschen gegenüber sachlich nicht gerechtfertigt ist, und beenden wir diese Diskussion, indem wir diese Paragraphen ändern! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter. 5 Minuten. – Bitte.

17.41

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben ja diese Debatte schon öfter geführt, und ich habe unsere Position schon mehrmals hier in diesem Haus dargelegt. Wir sind gegen eine Ausweitung von Eintrittsrechten in Mietverträge, weil damit das Eigentumsrecht stark eingeschränkt wird. Jede gesetzliche Ausweitung eines Mietvertrages auf andere Personen als den Mieter bedeutet natürlich gleichzeitig eine Einschränkung für den Hauseigentümer, der sich dann seine Mieter nicht mehr aussuchen kann. Jede Ausweitung ist somit auch ein Angriff auf die Vertragsfreiheit. Aus diesen Überlegungen haben wir diese Wünsche, die Eintrittsrechte auch auf andere Personen als die derzeit im Gesetz genannten auszuweiten, immer abgelehnt.

Wenn nämlich jemand über seine Wohnung verfügen will, wenn jemand sich die Menschen aussuchen will, die in dieser Wohnung sein sollen, für diesen Fall gibt es das Institut des Wohnungseigentumes. Und es ist jedem unbenommen, sich selbst zu entscheiden, will er in einer Eigentumswohnung wohnen, dann hat er mehr Rechte, oder will er in einer Mietwohnung wohnen, dann muß er halt akzeptieren, daß der Mietvertrag unter Umständen nicht vererbbar ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bures: Wie halten Sie es mit dem Mieterschutz?)

Die im Gesetz derzeit festgelegten eintrittsberechtigten Personen sind ganz nahe an das Familienverhältnis geknüpft. Der Kreis wurde dann auf Lebensgemeinschaften ausgeweitet, und zwar haben wir damals ganz klar vor Augen gehabt, daß es viele ältere Paare gibt, die nicht heiraten, um gewisse Sozialleistungen nicht zu verlieren. Damals haben wir gesagt, diesen Lebensgemeinschaften soll auch ein Eintrittsrecht zukommen. Niemals hat man damals daran gedacht, die Lebensgemeinschaften generell dem Familienstatus gleichzustellen. Man hat damals aber auch nicht beabsichtigt, Lebensgemeinschaften scheibchenweise der Ehe anzunähern.

Das eigentliche Problem, nämlich daß hier soziale Härtefälle, die Kollege Barmüller erwähnt hat, entstehen, kann man auch mit anderen vertraglichen Regelungen lösen. Deshalb muß nicht wieder ein derart massiver Angriff auf das Eigentum erfolgen und nicht wieder das Mietrechtsgesetz sozusagen eigentumsähnlich ausgestattet werden, eben nur in einer Einbahnstraße, nämlich nur auf seiten der Mieter. Wir akzeptieren das nicht. Eigentumswohnungen können selbstverständlich vererbt werden, und man kann in diesem Bereich sehr wohl vertraglich klar regeln, wer der Nachmieter ist.

Wir haben eine klare Position zum Schutz des Eigentums, und wir haben auch eine klare Position zum Schutz der Ehe, die wir uns für Homosexuelle erstens nicht vorstellen können. Und zweitens werden wir einer scheibchenweisen Demontage der Ehe, nämlich sie den Lebensgemeinschaften anzunähern, nicht zusehen und auch nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

17.45

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir treten dem Fristsetzungsantrag selbstverständlich bei. Das ist überhaupt keine Frage. Ich finde, es ist ein arges demokratiepolitisches Defizit, daß Anträge überhaupt irgendwo verschimmeln und zwei Jahre nicht erledigt werden. Wie ernst nimmt sich denn dieses Parlament, das Anträge bewußt nicht auf die Tagesordnung nimmt?

Ich möchte diese Debatte auch zum Anlaß nehmen, auf dieses parlamentarische und demokratiepolitische Defizit hinzuweisen. Wenn ein Antrag von der Opposition eingebracht wird, der den Regierungsparteien nicht paßt, dann gibt es mehrere Möglichkeiten, wie man damit umgeht. Die primäre Variante, die hier angewendet wird, ist, diesen Antrag ganz einfach nicht auf die Tagesordnung eines Ausschusses zu setzen. Man spricht nicht darüber, man setzt ihn nicht auf die Tagesordnung, so wie es in diesem Fall geschehen ist. Die zweite Variante ist: Man setzt den Antrag auf die Tagesordnung – etwa, weil ein Einvernehmen in der Präsidiale hergestellt wurde –, man erklärt aber im Ausschuß, die Behandlung dieses Antrages zu vertagen. Es kommt ebenfalls nicht zu einer Entscheidung in der Sache hier im Plenum. Aber es gibt noch eine dritte Möglichkeit: Die Koalition erklärt nicht eine Vertagung, sondern weist den Antrag einem Unterausschuß zu.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot und Schwarz! Sehen Sie denn nicht, wie die Demokratie dadurch ausgehöhlt wird, daß gesetzgeberische Anträge – ob es Initiativanträge sind, ob es Entschließungsanträge sind – hier bewußt vom Hohen Haus, bewußt von einer zweiten und dritten Lesung und Beschlußfassung ferngehalten werden? Was ist denn das für eine Demokratie? Was ist denn das für ein Parlamentarismus? Ich muß mich schon fragen, wieso da nicht der Nationalratspräsident einschreitet und Abhilfe schafft.

Ich möchte mich noch ganz kurz mit der Argumentation meiner Kollegen befassen. Zum Kollegen Jarolim. Gut, das ist mir alles klar, es gibt einen Koalitionsvertrag, und wenn der Partner nicht mittut, tut man sich schwer, das hier zur Abstimmung zu bringen. Das ist mir schon klar.

Kollege Jarolim! Jetzt habe ich aber doch, glaube ich, richtig in Erinnerung, daß gerade die Frage der Homosexuellen vom Koalitionsvertrag ausgenommen und in den sogenannten koalitionsfreien Raum gestellt wurde. Da frage ich mich jetzt schon: Wieso bringt ihr das nicht zur Abstimmung? Das ist kein Bruch des Koalitionsvertrages. Ich frage mich, Herr Kollege Jarolim: Ist es Ihnen unangenehm, über den Antrag abzustimmen – vielleicht gegenüber Ihrer eigenen Klientel? Mir scheint das so zu sein, weil es ganz klar ist, daß diese Frage im koalitionsfreien Raum ist. Das haben Sie mehrfach erklärt. Es gibt hier keine Zustimmung der ÖVP. Sie können diese Frage daher hier ins Plenum bringen, und dann wird man schauen, ob es eine Mehrheit gibt oder nicht.

Zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Barmüller. Herr Kollege Barmüller! Ganz verstehe ich auch die Argumentation des Liberalen Forums nicht. Ich habe gestern bei der Debatte über das Eherechts-Änderungsgesetz sehr aufmerksam zugehört. In dieser hat Frau Kollegin Schmidt einen Abänderungsantrag zur Verlesung gebracht, in dem sie eine andere Definition der Ehe vorgenommen hat, als sie im Ehegesetz verankert ist. Soweit ich mich erinnern kann – da werden Sie mir ja wahrscheinlich recht geben –, haben Sie gesagt, ein Ehebund ist eine Verbindung von zwei Personen verschiedenen Geschlechtes. Also jetzt kenne ich mich nicht mehr aus. Es heißt doch immer, daß die Liberalen für eine Homosexuellenehe eintreten, und dann wollen sie selbst eine Bestimmung im Ehegesetz, wonach eine Ehe ein Zusammenschluß von zwei Personen verschiedenen Geschlechtes ist. Also auch hier gibt es nicht eine völlige Homogenität in den Aussagen.

Zur Frau Kollegin Fekter muß ich sagen, es gehört schon eine Portion Naivität dazu, zu sagen, wir wollten eigentlich das Gesetz nicht so interpretiert haben, wie es letztlich vereinbart wurde. Wir wollten nur diejenigen als Lebensgefährten ansehen, die aus gewissen sozialversicherungsrechtlichen Gründen – wie Sie es erwähnt haben – nicht heiraten wollen. Na bitte, schauen wir in das Gesetz hinein: Da gibt es überhaupt keine Differenzierung. Also die ÖVP soll nicht hergehen und sagen, daß das Gesetz eigentlich anders angewendet wird, als es vom Gesetzgeber beabsichtigt war. Auch das ist ein Standpunkt, den wir nicht teilen.

In der Sache selbst wird man dann zu diskutieren haben. Wir werden dem Antrag, wenn er hier in der Sache entschieden wird, nicht beitreten. Wir glauben auch, daß das zu einer weiteren Aushöhlung des Eigentumsrechtes und vor allem zu einer weiten Anwendung des Mißbrauchs führt. Ich möchte nicht wissen, wie viele Partnerschaften dann auf einmal als sogenannte Lebensgemeinschaften dargestellt werden, nur um jemandem ein billiges Wohnrecht und eine billige Wohnung zu belassen. (Beifall bei den Freiheitlichen)

17.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.50

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Fekter! Ich verstehe Ihre Aufregung schön langsam wirklich nicht mehr. (Abg. Schwarzenberger: Dabei strahlt Sie solche Ruhe aus!) Sie sind dafür, daß, wenn ein Teil der gleichgeschlechtlichen Bewohner einer Wohnung verstirbt, der andere die Wohnung verlassen muß. Sie wissen ganz genau, Frau Fekter, daß es in Zukunft sehr häufig so sein wird, daß Assistent und Pflegebedürftiger in einer Wohnung werden leben müssen, um die Betreuung des einen sicherzustellen. Es kann sein, daß dann zwei Frauen zufällig in einer Wohnung leben, von denen eine behindert ist und die andere die Betreuung übernimmt, es kann aber auch sein, daß zwei Männer in einer Wohnung leben, wovon einer die Betreuungspflicht übernimmt.

Sie, Frau Fekter, sind es ja auch immer, die darauf pocht, daß sich Angehörige, Lebensgefährten, Lebensgefährtinnen et cetera sehr wohl in die Pflege und Betreuung von Angehörigen oder anderen Menschen einbringen sollen. Und wenn sie das dann tun, dann sind Sie die erste, wenn der eine Teil verstirbt, die den anderen aus der Wohnung werfen will. Frau Fekter, das ist ein Widerspruch! (Abg. Dr. Fekter: Nein!) Wie die zwei Personen, die in einer Wohnung leben, ihre Sexualität leben, das geht Sie überhaupt nichts an (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ), sondern das ist Privatsache jeder einzelnen Person. Es steht Ihnen nicht zu, irgend jemandem unter die Bettdecke zu schauen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Schieder: Außer selbst zu Hause!)

Frau Fekter! Ich weiß nicht, in welcher Welt Sie leben, wenn Sie sagen, dann sollen sich doch die beiden eine Eigentumswohnung kaufen, und das Problem ist gelöst. Glauben Sie mir, es gibt nicht sehr viele von denen, die sich ganz einfach eine Eigentumswohnung kaufen können. Der Großteil jener Personen muß froh sein, wenn er sich eine Mietwohnung leisten kann. An Eigentum ist da nicht zu denken.

Es kann nicht so sein, daß nur jene, die es sich finanziell leisten können, eine Eigentumswohnung zu erwerben, das Recht haben, wenn ein Teil verstirbt, daß der zweite in der Wohnung bleibt, sondern es müssen im Sinne einer Gleichstellung alle Menschen in einem Wohnverhältnis die Möglichkeit haben, daß der eine Teil, der übrigbleibt, wenn der andere verstirbt, sehr wohl in dieser Wohnung bleiben kann, weil er dort auch sein Lebensinteresse hat und weil überhaupt nicht einzusehen ist, warum er ausziehen sollte – unabhängig davon, ob es sich um Eigentums- oder Mietwohnungen handelt.

Frau Fekter! Ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Keine einzige homosexuelle Beziehung, auf die Sie ja so erpicht sind (Abg. Dr. Schmidt: "Erpicht" ist sie nicht!), wird eine traditionelle Ehe gefährden oder verhindern, das wissen Sie genau! Also warum diese Ablehnung? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Seien Sie doch einmal bereit, in der Realität zu leben! Sie wissen, daß die traditionelle Ehe eigentlich ein Auslaufmodell ist (Abg. Dr. Fekter: Eben nicht, eben nicht!) und daß es ganz andere Lebensformen gibt, in denen die Menschen glücklicher sind als in der traditionellen Ehe (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ), weil sie nicht mehr durch ein Blatt Papier bis an ihr Lebensende an ihren Partner gebunden sind, auch wenn sie zu Hause die Hölle haben. Das können Sie niemandem vorschreiben. Wenn eine Ehe funktioniert, wenn eine Lebensgemeinschaft funktioniert, dann funktioniert sie sowieso, unabhängig davon, ob sie dieses Papier haben oder nicht. Aber dieses Papier darf niemals ausschlaggebend dafür sein, ob der andere Teil in der Wohnung weiterleben darf, wenn ein Teil verstorben ist, oder nicht, sondern alle Menschen müssen es sich aussuchen können, mit wem wie lange sie beisammen wohnen wollen, und das Recht haben, in der Wohnung weiterleben zu dürfen, wenn ein Teil dieser Wohngemeinschaft verstirbt. (Abg. Dr. Fekter: Ihr wollt die Ehe abschaffen!)

Kommen Sie zurück in die Realität! Ich will Ihnen Ihre Ehe nicht abschaffen. Wer heiraten und eine traditionelle Ehe führen will, der soll das tun. Ich werde sie niemals angreifen oder sie als schlecht empfinden. Aber tun Sie dasselbe, und greifen Sie nicht Lebensgemeinschaften an, die nicht mehr bereit sind oder ganz einfach nicht wollen, in Ihrer traditionellen Eheform, wie Sie das meinen, zu leben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die letzte Wortmeldung dazu kommt von Frau Abgeordneter Dr. Schmidt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.56

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Von manchen Abgeordneten wird diese Debatte einfach zum falschen Thema geführt.

Nur ein Wort in Richtung des Abgeordneten Krüger: Es ist Ihnen offensichtlich entgangen, daß die Liberalen bei der gestrigen Debatte über das Eherechts-Änderungsgesetz einen Antrag eingebracht haben, wonach ein Begriffskriterium aus der Begriffsbestimmung im § 44 herausfallen soll. Das ist alles. Wir haben übrigens anläßlich dieser Debatte auch unsere politische Zielsetzung bekräftigt, daß es neben der Ehe auch eingetragene Partnerschaften geben soll, und wir werden dafür auch politisch arbeiten. – Nur zur Klarstellung, weil Sie es offenbar gestern nur teilweise wahrgenommen haben. Aber darum geht es mir jetzt nicht.

Ich möchte mich nun mit den Ausführungen von Frau Abgeordneter Fekter ein wenig auseinandersetzen – dies deshalb, weil ich glaube, daß die Argumente wenigstens stimmen sollten; man muß sie ja nicht teilen. Sie müssen meine nicht teilen, ich muß Ihre nicht teilen, das ist schon alles richtig, aber es sollen wenigstens Argumente sein, die auf die Sache Bezug nehmen. Das erinnert mich nämlich auch an eine Debatte, die ich mit Ihnen im Justizausschuß hatte, es ist nur so schwer, Sie zu überzeugen, weil Sie nicht einmal bereit sind, formal zuzuhören, geschweige denn inhaltlich zuzuhören, aber das ist auch eine Frage der Auseinandersetzungskultur.

Ich erinnere mich nur zurück an diese Sitzung des Justizausschusses, in der Sie als Argument dafür, warum das Zeugnisverweigerungsrecht in der ZPO nicht auf Lebensgefährten ausgedehnt werden soll, gebracht haben: Im Strafrecht ist das etwas anderes – da haben Sie nämlich zugestimmt –, denn da geht es ja um die Folge eines strafrechtlichen Ergebnisses. Das heißt, es kann Zeugnis nur dann verweigert werden, wenn das Ergebnis mit Schande oder mit einem strafrechtlichen Erfolg für den Angehörigen verbunden wäre. Deswegen haben Sie im Bereich des Strafrechts zugestimmt. – Aber in der ZPO ist ja alles ganz anders, meinten Sie.

Dann habe ich Ihnen anhand des Gesetzes gezeigt, daß die Folgen haarscharf die gleichen sind. Um bei Ihrer Argumentation zu bleiben, hätten Sie daher auch unserem Antrag zustimmen müssen. Daraufhin haben Sie sich zurückgelehnt und gesagt: Ihr wollt die Ehe abschaffen, und deswegen sind wir dagegen!

Wenn das Ihr einziges Argument ist, ist es okay, aber dann schützen Sie nicht andere vor. Denn genauso, wie Sie im Justizausschuß und auch gestern hier einfach falsch argumentiert haben – ich sage nicht, daß die Position falsch ist, sondern daß das Argument falsch ist –, so haben Sie es jetzt hier wieder getan. Sie tun nämlich hier so, als würden wir eine Mietrechtsdebatte führen, als würde es jetzt darum gehen, ob das Eintrittsrecht Lebensgefährten zustehen soll oder nicht. Das ist aber eine abgeschlossene Baustelle, dem haben Sie schon zugestimmt, das ist erledigt. Das kann man für richtig und für falsch halten. Da kann man sagen, das höhlt das Eigentum aus, alles kann man dazu sagen. Aber darum geht es heute nicht. Ihr Argument ist einfach falsch. Heute geht es nämlich um eine Grundrechtsdebatte. Das Eintrittsrecht für Lebensgefährten ist durch das Mietrecht vorgesehen. Das ist so, und es ist auch definiert, ab wann man von einer Lebensgemeinschaft spricht. Das steht im Gesetz, und als Justizausschußvorsitzende sollten Sie das eigentlich wissen. Sie sollten es zumindest dann wissen, wenn Sie da heruntergehen und dazu reden. Sie hätten es nur zu lesen brauchen.

Das heißt, es geht nicht um das prinzipielle Eintrittsrecht, sondern es geht um das Grundrecht, daß, wenn Lebensgefährten eintreten, man doch nicht Lebensgefährten nach der sexuellen Orientierung unterscheiden darf. Es kann doch nicht darum gehen, welche sexuelle Orientierung ein Mensch hat, sondern es geht um den Schutz eines besonderen Verantwortungsverhältnisses. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Jetzt können Sie sagen, Sie wollen keine Lebensgemeinschaften. Daher blockieren Sie ja auch alles, was bewirken könnte, daß aus einer Lebensgemeinschaft auch Rechte entstehen, obwohl diese Menschen Pflichten füreinander übernehmen. Das ist Ihre Ideologie! Das ist für mich persönlich schlimm genug, aber soll sein. Nur wenn diese Sache schon einmal in diese Richtung entschieden wurde, dann geht es um das Grundrechtsbewußtsein, daß Verantwortung nicht daran zu messen ist, welche sexuelle Orientierung ein Mensch hat. Deswegen müßten Sie einem solchen Antrag zustimmen; von mehr rede ich gar nicht.

Nun noch etwas zu dir, Kollege Jarolim. Ich glaube dir aufs Wort, daß du dafür bist und daß es viele bei euch gibt, die dafür sind. Aber dann muß ich sagen: Setzt doch einmal auch etwas dafür ein! Daß das in diesem Parlament nicht so leicht ist, das weiß ich schon. Aber muß Herr Schwimmer wirklich Generalsekretär des Europarates werden? Hat er wirklich die Qualifikation dazu? Oder ist das nur ein Geschäft, das ihr macht? Und wenn es so ist, dann verbindet doch einmal einen Preis mit diesem Geschäft, und zwar zur Abwechslung einmal nicht einen Preis, der auch ein Personalangebot für euch beinhaltet, sondern einen Preis, der den Grundrechten dient. Dann würden wir nämlich vielleicht einmal weiterkommen! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Tichy-Schreder: Der Schluß hat tief blicken lassen! Das war böse und schlimm!)

18.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Packelei ...!) – Herr Abgeordneter Bauer, bitte!

Wir stimmen über folgenden Fristsetzungsantrag ab: Dem Justizausschuß ist zur Berichterstattung über den Antrag 490/A der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen betreffend Änderung des Mietrechtsgesetzes eine Frist bis 9. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe folgendes bekannt: Die Abgeordneten Wabl und Genossen haben gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuß zur Untersuchung folgender Gegenstände einzusetzen:

1. Umgehung des Kriegsmaterialgesetzes beim Export von Gebrauchtwaffen durch den Bundesminister für Landesverteidigung;

2. unrichtige Information des Nationalrates durch den Bundesminister für Landesverteidigung in dieser Angelegenheit, etwa dadurch, daß dieser in der Fragestunde der 175. Sitzung des Nationalrates behauptet hat, daß die Erhebungen der Staatsanwaltschaft in dieser Angelegenheit eingestellt wurden.

*****

Es liegt dazu das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen. Im Sinne der Geschäftsordnung werden die Debatte und die Abstimmung über diesen Antrag nach Erledigung der Tagesordnung stattfinden.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 39 und 40 der Tagesordnung betreffend das Budgetüberschreitungsgesetz 1999 und die 6. BFG-Novelle wieder auf.

Es hat sich dazu Herr Abgeordneter Dkfm. Mühlbachler zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

18.03

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ich annehme, daß es sich bei dieser Debatte um die letzte in dieser Legislaturperiode handelt, die wir über das Budget führen, gestatten Sie mir als Obmann des Budgetausschusses einige grundsätzliche Bemerkungen.

Immer dann, wenn im Budgetausschuß über den Budgetvollzug diskutiert wird, gibt es naturgemäß zwei Standpunkte: einerseits den Standpunkt der Regierung, daß die Flexibilität beim Budgetvollzug aufrechtzuerhalten ist, und andererseits den Standpunkt der Opposition, daß die Kontrolle nicht streng genug sein kann.

Ich denke, daß die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt, und vor allen Dingen glaube ich, daß wir Kontrolle mit Augenmaß zu betreiben haben, um die Regierung in ihrer Handlungsfähigkeit – und damit meine ich eine positive Handlungsfähigkeit – nicht zu beeinträchtigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verweise darauf, daß gerade vor einigen Tagen der OECD-Wirtschaftsbericht über Österreich mit dem Schwerpunkt Förderung von Unternehmertum und Beschäftigung herausgekommen ist. In diesem OECD-Bericht wird auf die Budgetpolitik der Regierung Bezug genommen. Es wird darin eindeutig festgestellt, daß es in den Jahren 1993 bis 1995 die große Gefahr gegeben hat, daß die Budgetkontrolle außer Kontrolle geraten hätte können. Es wird aber auch bescheinigt, daß in den folgenden Jahren 1996, 1997 und 1998 die Budgetkontrolle, der Budgetvollzug – total abgehoben vom Jahr 1995 – eigentlich vorbildhaft funktioniert hat. Es ist immerhin gelungen, das Defizit von 5 Prozent des BIP auf zunächst 3,7 Prozent, dann 2,7 Prozent und schließlich 2,5 Prozent zu reduzieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird immer wieder von Strukturreformen gesprochen. Ich finde, es zeigt sich auch in ganz allgemeinen Debatten, daß unter Strukturreform jeder etwas anderes versteht. Das hat beispielsweise auch die letzte Dringliche Anfrage gezeigt: Es wurde behauptet, für alles sei Geld da, es seien 3 Milliarden für eine Tunnelröhre da, nur für den Kinderbetreuungsscheck sei kein Geld vorhanden. – Ich meine, so zu argumentieren ist etwas zu oberflächlich.

In diesem OECD-Bericht wird ganz klar und deutlich festgehalten, daß es in den letzten drei Jahren gelungen ist, im Primärhaushalt Überschüsse zu erzielen. Und das spricht – ich möchte es ganz offen ausdrücken – doch sehr für den Budgetvollzug des Herrn Bundesfinanzministers Edlinger.

Herr Finanzminister! Ich glaube, etwas Besseres könnte im Grunde genommen in einem derartigen Bericht nicht stehen. Und ich möchte damit auch den Wunsch an die Oppositionsparteien verbinden, nicht leichtfertig irgendwelche Strukturreformen in den Raum zu stellen, denn sie sind in praxi wesentlich schwerer umgesetzt, als dies zum Ausdruck gebracht wird.

Ich betone, daß wir uns ja gerade beim Budgetvollzug einigen Kontrollen unterworfen haben, beispielsweise die Erfüllung der Maastricht-Kriterien. Ich sage aber auch, wir haben im Bundeshaushaltsgesetz verschiedenes geändert, unter anderem haben wir uns auch einem Konsultationsmechanismus unterworfen. Das heißt, nicht nur der Bund hat einseitig zu verändern, sondern er hat auch die Länder und die Gemeinden, so sie betroffen sind, mit einzubinden. Diese Unterwerfung unter Normen ist ganz wesentlich, sie bedingt allerdings auch, daß der Vollzug straffer gehalten wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muß aber auch Platz sein für Flexibilität, wann immer diese erforderlich ist. Gerade die jüngsten Ereignisse im Kosovo und in Afrika haben gezeigt, daß diese Flexibilität auch bei Einsätzen in Friedensaufgaben unbedingt erforderlich ist.

Daher erlaube ich mir, folgenden Antrag einzubringen:

 

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dkfm. Mag. Mühlbachler, Ing. Gartlehner und Genossen zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1717 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1999 geändert wird (6. BFG-Novelle 1999) (1908 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Im Artikel I lautet die Z 6:

"6. Artikel V Abs. 2 Z 6 lautet:

,6. Bei den Voranschlagsätzen 1/40008 und 1/40108 bis zu einem Betrag von insgesamt 955,5 Millionen Schilling für Auslandseinsätze gemäß Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), BGBl. I Nr. 38/1997, wobei bis zu insgesamt 589,5 Millionen Schilling für Auslandseinsätze in der Westsahara (MINURSO), in Bosnien Herzegowina (SFOR einschließlich Brandschutztruppe) sowie für humanitäre Hilfseinsätze im Zusammenhang mit dem Kosovo-Krieg und bis zu insgesamt 366 Millionen Schilling für den Auslandseinsatz im Rahmen der multinationalen Friedenstruppe KFOR im Kosovo bewilligt werden können, wenn die für diese Zwecke erforderlichen Mehrausgaben im Zeitpunkt der Budgeterstellung nicht vorhersehbar gewesen sind und durch Ausgabenrückstellungen und/oder Mehreinahmen oder beim Paragraph 5181 bedeckt werden können; in den Vorjahren für die einzelnen Auslandseinsätze geleistete Zahlungen zählen auf den Gesamtbetrag von 955,5 Millionen Schilling.‘"

Begründung: Die Erhöhung der Überschreitungsermächtigung um 366 Millionen Schilling wird im Zusammenhang mit der geplanten Entsendung eines österreichischen Infanteriekontingentes zur multinationalen Friedenstruppe KFOR in den Kosovo erforderlich.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Abänderungsantrag zeigt sehr deutlich, daß die Budgetpolitik der letzten Jahre erfolgreich verlaufen ist, und zwar so erfolgreich, daß wir durchaus in der Lage sind, auf derartige Situationen flexibel zu reagieren, ohne daß damit das große Budgetziel, nämlich die Defizite sukzessive abzudecken und bis zum Jahre 2002 die Grenze von 1,5 Prozent des BIP zu erreichen, außer Sicht gerät. Ich glaube, das ist eine Leistung, die durchaus anzuerkennen ist. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

18.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Dkfm. Mühlbachler soeben verlesen hat, ist geschäftsordnungsgemäß überreicht, ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.12

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Nach dem "Weihrauch", der jetzt vom Kollegen Mühlbachler zugunsten der Kontrolle im Budgetausschuß aufgestiegen ist, jetzt wieder zu den Tatsachen.

Mit der Kontrolle ist es wirklich schwierig. Ich nehme genau auf jenen Punkt Bezug, den Herr Mühlbachler zuletzt erwähnt hat, nämlich den neuerlichen Abänderungsantrag zum sogenannten Kosovo-Einsatz. Das hat eine interessante Vorgeschichte, denn in der Regierungsvorlage, die mit 21. April dieses Jahres datiert ist, war schlicht und einfach unter der entsprechenden Ziffer 6 die Formulierung "für den Auslandseinsatz im Kosovo" vorgesehen. Ich wiederhole: am 21. April 1999 hieß es: "für den Auslandseinsatz im Kosovo".

Wir haben das alle übersehen, weil wir wissen, daß es sich normalerweise nicht lohnt, solche Ausschußunterlagen lange vor der eigentlichen Ausschußsitzung anzuschauen, denn bis dahin kommen ohnehin wieder 14 Abänderungsanträge. Daher schauen wir uns das immer erst kurz vor der entsprechenden Ausschußsitzung an. – Nur zur Erinnerung: Es hieß "für den Auslandseinsatz im Kosovo".

Dann haben wir im Grünen Klub das bemerkt, und ich habe eine wütende APA-Aussendung formuliert, etwa nach dem Motto: "Der Krieg läuft, es gibt kein UNO-Mandat, es gibt keinen Sicherheitsratsbeschluß, es gibt keine Hauptausschußbefassung. Aber österreichisches Militär soll in den Kosovo? Seit wann?!" – In den Kosovo!

Zufall oder nicht, einige Stunden später gab es den ersten Abänderungsantrag der Regierungsparteien, und darin war nun nicht mehr vom Einsatz des Bundesheeres im Kosovo die Rede, sondern von humanitären Hilfseinsätzen im Zusammenhang mit dem Kosovo-Krieg. – Jetzt kann man es sich aussuchen: Ist das eine Schlamperei oder was? Wissen die Damen und Herren im Verteidigungsministerium nicht, daß der Kosovo nicht identisch ist mit Albanien und Mazedonien? – Dort waren nämlich die österreichischen friedlichen Truppen für den Aufbau eines Lagers und so weiter, aber nicht "im Kosovo". (Abg. Rosemarie Bauer: "Waren"! – Abg. Dkfm. Mühlbachler: Stimmt schon!) – Das stimmt schon – okay!

In den Erläuterungen ist es wieder zweideutig, auch im Abänderungsantrag. Da heißt es: "dient der Verlängerung des Kosovo-Einsatzes". – Diese Truppen waren und sind aber bisher nicht "im Kosovo" eingesetzt! (Abg. Dkfm. Mühlbachler: Herr Professor! Das kann man wohl kombinieren! – Abg. Rosemarie Bauer: Blitzgneisser!) – Richtig, das kann man kombinieren, und wenn man die österreichische Schlamperei kennt und gewohnt ist, dann kann man auch zu dem positiven Schluß kommen: Das war nicht so gemeint! Das war keine Intrige des Verteidigungsministeriums, der das Finanzministerium auf den Leim gegangen ist! Das wird schon so gewesen sein! (Bundesminister Edlinger: Das gilt nicht!)

Nächster Punkt: Dieser Abänderungsantrag beziehungsweise die Ermächtigung des Finanzministeriums, für diesen Einsatz mehr auszugeben, bezieht sich nach dem Text des Artikels auf humanitäre Hilfseinsätze. – Wir werden das genau im Auge behalten, denn aus den Budgetposten, den Budgetansätzen, auf die hier Bezug genommen wird – nämlich aus den Ansätzen Nr. 1/40008 beziehungsweise 1/40108  –, kann man nicht herauslesen, daß das nur humanitäre Einsätze sind!

In diesem Voranschlagsposten steht alles mögliche. Das ist der Posten Aufwendungen, dazu gehören Brennstoffe, Treibstoffe, chemische Mittel, Büromittel, Druckwerke, Mittel zur veterinärärztlichen Betreuung und so weiter. Das ist ja alles in Ordnung. Aber es gibt auch den Voranschlagsposten Nr. 4591, und der lautet "Munition und Nahkampfmittel". – Wir werden genau im Auge behalten, wofür das Bundesheer diese Mittel bekommt. (Abg. Dkfm. Mühlbachler: Mit dem Taschenmesser werden wir sie nicht hinunterschicken können!) – Das ist schon klar! Das ist ja der Grund, warum wir zum jetzigen Zeitpunkt gegen den Einsatz des Bundesheeres im Kosovo sind. Ich betone: zum jetzigen Zeitpunkt.

Zum Budgetüberschreitungsgesetz habe ich eine technische Anmerkung, Herr Finanzminister. Es geht um die Überschreitung der Ausgaben um rund 1 Milliarde, ganz grob gerechnet, und der Mehreinnahmen um rund 1 Milliarde Schilling. Und unter dieser 1 Milliarde Schilling sind rund 550 Millionen Schilling als sogenannte "sonstige Einnahmen" aus dem Posten 58904 ausgewiesen, das ist die Finanzschuld.

Das ist ein bißchen eigenartig! Ich habe dazu inzwischen auch schon eine schriftliche Anfrage formuliert. Der Bund stockt mitunter Anleihen auf. Dagegen ist ja zunächst einmal nichts einzuwenden. Der Bund stockt Anleihen mit einem Agio auf. Auch das ist klar: bei fallenden Zinssätzen gibt es ein Agio bei der Aufstockung einer bereits begebenen Anleihe. Aber budgettechnisch scheint es so zu sein, daß der Mehrerlös gegenüber dem ausgegebenen Nominale der Anleihe einfach als laufende Einnahme verbucht wird und "nur" – unter Anführungszeichen – das neue Nominale der Finanzschuld zugerechnet wird.

Ich bezweifle, daß das Maastricht-konform ist. Das werden wir uns genau anschauen. Ich bezweifle, daß diese Verbuchung Maastricht-konform ist. Und abgesehen davon frage ich Sie: Macht das wirklich einen Sinn? Die Zinsen, die bis zum Auslaufen der Anleihe zu bezahlen sind – das kann sich über 10, 20, 30 Jahre erstrecken; eine solche Anleihe ist gerade im Februar dieses Jahres begeben worden –, werden natürlich nach den alten Fixzinssätzen berechnet. Das sind im konkreten Fall etwa 6 oder 6,5 Prozent, während die Sekundärmarktrendite derzeit bei 4,0 Prozent liegt.

Herr Finanzminister! Macht es wirklich Sinn, unter diesem Aspekt budgetpolitisch heute durch die laufenden Einnahmen zwar das Defizit zu verringern – Klammer auf: ich bezweifle, daß das korrekt ist, Klammer zu –, dafür aber in der Zukunft die höhere Belastung durch die im Vergleich zu heute überhöhten Zinssätze zu haben? – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Müller. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.20

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Ich möchte ganz kurz auf drei Punkten des vorliegenden Budgetüberschreitungsgesetzes 1999 eingehen.

Erstens: Die geplante Ausweitung der Betreuungsstrukturen für Opfer familiärer Gewalt auf mehrere Bundesländer, darunter auch auf Kärnten, begrüße ich als Kärntner ganz besonders, denn jeder Schritt gegen Gewalt in der Familie und zur Unterstützung der Opfer familiärer Gewalt ist ein wichtiger Baustein für ein friedliches und angstfreies Zusammenleben. (Beifall bei der SPÖ.)

Beratungseinrichtungen, Frauenhäuser und private Organisationen sind wichtige Verbündete der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen die Gewalt in der Familie. Die Budgetüberschreitung zur Ausweitung der Betreuungsstrukturen für Opfer familiärer Gewalt ist daher gut angelegtes Geld.

Für mich erfreulich und schon dringend erforderlich sind die in diesem Budgetüberschreitungsgesetz vorgesehenen Mittel für unaufschiebbare Restaurierungsarbeiten am Stift Ossiach. Das Stift Ossiach mit seiner mehr als 800jährigen bewegten Geschichte ist zu einem zentralen Festspielschauplatz des Carinthischen Sommers geworden. Es ist seit vielen Jahren ein Ort der Begegnung mit Kunst und Künstlern und ein wichtiger Teil des kulturellen Profils unseres Landes. Mit der Durchführung der geplanten Restaurierungsarbeiten leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Schutz und zur Erhaltung eines bedeutenden Kulturdenkmals, also zum Erhalt unserer kulturellen Wurzeln, damit auch einen Beitrag, um Kärnten als Tourismusland attraktiv zu erhalten.

Nicht zu vernachlässigen ist ja auch der gesamtwirtschaftliche Effekt von Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen im Bereich des Denkmalschutzes. Jeder Schilling, den wir in den Denkmalschutz investieren, bewirkt, daß weitere 10 S in der allgemeinen Wirtschaft ausgegeben werden.

Abschließend noch einige Anmerkungen zur geplanten Beschaffung von Nachtsichtbrillen für den Assistenzeinsatz des Bundesheeres an den Grenzen. Ich glaube, daß auch hier im Hohen Hause weitestgehend Einigkeit darüber besteht, wie wichtig dieser Assistenzeinsatz des Bundesheeres zur Überwachung der grünen Grenze ist. Gerade in den Grenzregionen besteht ja, wie die Entwicklung der letzten Jahre gezeigt hat, verstärkter Schutzbedarf. Es geht künftig aber auch darum, daß der professionelle Grenzdienst weiter ausgebaut werden muß. Ein dichtermaschiges Netz gegen Schlepper und andere Kriminelle wird nur dann möglich sein, wenn neben dem Personal auch eine gute technische Ausstattung gegeben ist.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ein bißchen verwundert darüber, daß die Freiheitlichen, die immer wieder jede Gelegenheit nützen, um den Ausrüstungsstand unseres Bundesheeres zu kritisieren, im Ausschuß dieser Vorlage, also der Anschaffung von Nachtsichtbrillen für den Assistenzeinsatz des Bundesheeres, nicht zugestimmt haben. – Allein auf die Sozialdemokraten ist also Verlaß, wenn es darum geht, ehrliche und seriöse Budgetpolitik zu machen! (Beifall bei der SPÖ.)

18.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich erteile nunmehr Herrn Abgeordneten Ing. Nußbaumer das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. (Abg. Ing. Nußbaumer: 4 Minuten?) – Herr Abgeordneter, das liegt an Ihnen, das ist nicht meine Gnade. (Abg. Ing. Nußbaumer: 4 Minuten!) 4 Minuten! – Bitte.

18.24

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Man könnte bei dieser Regierungsvorlage natürlich über die Überschreitungen in sämtliche Bereiche gehen, weil Überschreitungen praktisch in allen Ressorts, in allen Bereichen gegeben sind – dafür müßte man mehr Redezeit haben. (Abg. Parnigoni: Das machen Sie sich mit Ihrem Klub aus!) Ich möchte daher zunächst nur eine Feststellung zum Budgetüberschreitungsgesetz selbst machen, nämlich daß es bei Budgetpositionen immer wieder zu ... (Abg. Dr. Karlsson: Nur Ihr Klub kann Ihnen mehr Redezeit geben! Sonst beschränkt Sie niemand!) – Die Beschränkung ist insgesamt gegeben, und damit wird der Parlamentarismus ad absurdum geführt, weil der frei gewählte Abgeordnete hier nicht mehr frei sprechen kann. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Krüger.)

Daß es bei Budgetpositionen immer wieder zu Über- und Unterschreitungen kommt, liegt in der Natur der Sache, und das ist auch nicht unsere Kritik. Meine Kritik betrifft die Höhe des Gesamtüberschreitungsbetrages. Er beträgt immerhin 1 118 Millionen Schilling und wurde nur mit 155 Millionen Ausgabeneinsparung entlastet. Eine gute Budgetierung zeigt aber eine Balance zwischen Mehr- und Minderausgaben. Die Bedeckung auch durch Rücklagenauflösung ist in diesem Zusammenhang äußerst problematisch, Herr Bundesminister; problematisch, wenn sie zur Bereitstellung zusätzlicher Mittel zur Fortführung der Verwaltungstätigkeit nötig ist, wie in den Erläuterungen nachzulesen ist. (Bundesminister Edlinger: Das ist eine politische Frage!)

Hier heißt es ganz klar: Die Überschreitungen sind bedingt durch vertragliche Verpflichtungen und durch die Bereitstellung zusätzlicher Mittel zur Fortführung der Verwaltungstätigkeit. – Das ist etwas, das man meines Erachtens im Budget sehr genau vorher kalkulieren kann.

Herr Bundesminister! Dazu noch eine allgemeine und eine spezielle Frage. Erste Frage: Betreffend das Budgetüberschreitungsgesetz sind jene Beträge in der Regierungsvorlage enthalten, die der Genehmigung des Nationalrates bedürfen. Ich frage Sie: Können Sie sagen, wie hoch die Summe jener Überschreitungsbeträge ist, die nicht der Genehmigung durch den Nationalrat bedürfen, und wie diese, wenn solche vorhanden sind, bedeckt werden?

Meine zweite Frage bezieht sich auf jene 100 Millionen Schilling, die dem Technologiefonds als Ausgleich für die gesunkenen Zinsen bereitgestellt werden müssen. Im Ausschuß wurde von der Regierungsseite her klargestellt, daß diese 100 Millionen zusätzlich zur Technologiemilliade aufgewendet werden. Meine Frage ist: Welche Vorsorge wird von Ihnen in Zukunft für diese oder ähnliche Fälle getroffen?

Eine Bemerkung möchte ich noch zum Bundesfinanzgesetz machen und Sie um Klarstellung ersuchen, Herr Bundesminister. Für einen Megaevent zur Kür der Jahrhundertsportler schießt der Bund 25 Millionen Schilling zu – ich habe Herrn Abgeordneten Grabner in den letzten beiden Tage nicht gesehen, da er wohl voll im Vorbereitungsstreß für diesen Megaevent ist, nehme ich an. Einer "Kurier"-Meldung habe ich aber entnommen, daß der Bund 50 Millionen Schilling zuschießt. Stimmt diese Meldung? Wenn nicht, was geschieht mit dieser Veranstaltung, wenn die 27 Millionen an Sponsorgeldern nicht aufgebracht werden können? – Herr Bundesminister, ich ersuche Sie, diese Fragen noch zu beantworten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Steindl mit einer gewünschten Redezeit von 4 Minuten. – Bitte.

18.28

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Wir beschließen heute zwei Gesetze, das Budgetüberschreitungsgesetz, aber auch die Bundesfinanzgesetznovelle, mit beachtlichen Budgetpostenverschiebungen. Allein beim BÜG sind es 1 253 Millionen Schilling, und ich nehme an, daß die einzelnen Maßnahmen, Herr Minister, richtig und wichtig sind. Aber es gibt auch Maßnahmen – das sieht man, wenn man die einzelnen Budgetposten durchgeht –, bei denen man darüber diskutieren könnte, Herr Minister, ob sie notwendig sind. Ist es notwendig, mittels eines Budgetüberschreitungsgesetzes zum Beispiel Informationskampagnen des Bundeskanzleramtes zu finanzieren, dafür das Budget zu überschreiten, oder Vereine zu fördern, wie an den Ansatzposten ersichtlich ist? Darüber kann man sicher diskutieren.

Ich verhehle aber nicht, daß auch Maßnahmen enthalten sind, die schon längst fällig waren, zum Beispiel – das wurde von einem meiner Vorredner bereits genannt – die Beschaffung von Nachtsichtbrillen für den Assistenzeinsatz oder der Ausbau von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten für die gewerbliche Wirtschaft.

Bemerkenswert ist bei diesem Budgetüberschreitungsgesetz nur, daß ein kleiner Teil durch Ausgabeneinsparungen hereinkommt, der Großteil aber durch Mehreinnahmen gedeckt ist, durch Mehreinnahmen, die vielleicht einmalige Einnahmen sind, und Mehreinnahmen aufgrund der guten Konjunktur.

Wenn man sich die Bundesfinanzgesetznovelle ansieht, stellt man fest: Es gibt auch darin Positionen, die garantiert in irgendeiner Weise argumentierbar sind, wie zum Beispiel im Bereich des Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung, Erhöhung der Forschungsquote, Vorbeugungen gegen Lawinen- und Wildbachkatastrophen, zusätzliche 100 Behindertenplanstellen für den öffentlichen Dienst – all das kann ich unterstreichen.

Ich stimme auch diesen beiden Gesetzen zu, Herr Minister. Aber eines müßte man sich vielleicht bei derartigen Beschlüssen in Zukunft noch genauer ansehen, nämlich ob wirklich all diese Maßnahmen notwendig sind, ob es tatsächlich notwendig ist, daß man all diese kleinen Positionen in ein Budgetüberschreitungsgesetz verpackt.

Ich kenne die Begehrlichkeit der Ministerien, wenn es darum geht, solch ein Gesetz zu beschließen, denn dann packt man noch das eine oder andere hinein. Ich meine aber, in Zeiten, in denen die Konjunktur stimmt und in denen man eher versuchen sollte, die Schuldenlast abzubauen, wäre es vielleicht besser, man würde ein derartiges Budgetüberschreitungsgesetz in einem kleineren Volumen beschließen und das restliche Geld dafür verwenden, um wirklich das Budget weiter zu konsolidieren. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich Herr Abgeordneter Lafer zu Wort gemeldet. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.31

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte auch auf das Budgetüberschreitungsgesetz Bezug nehmen und besonders die meiner Meinung nach sehr wichtige Stelle herausnehmen, in der sich Herr Bundesminister Schlögl feiern läßt, daß er nun 300 zusätzliche Planstellen im Bereich der Exekutive bekommen hat.

Die Schaffung dieser 300 Planstellen in der Exekutive ist natürlich sehr lobenswert, aber man muß auch die Vorgeschichte dazu kennen. In der Zeit, als Minister Schlögl noch Staatssekretär war und Herr Bundesminister Einem Innenminister war, ist er darangegangen, bei der Exekutive weit über 1000 Planstellen einzusparen. Und siehe da, als der Herr Staatssekretär selber Innenminister wurde, hat er erkannt, daß er diese Planstellen wieder braucht. Er forderte also genau jene Planstellen wieder ein, die er vorher selbst eingespart hat. Es ist immer dasselbe Procedere, daß unmittelbar vor den Wahlen etwas versprochen wird, und diesmal ist es ebenfalls so, daß jetzt zumindest 300 Planstellen im Exekutivbereich dazukommen, wobei der Bedarf bei weitem höher ist und sicher das Dreifache ausmachen würde.

Man kann das Ganze noch verdeutlichen, wenn man sich alleine die Situation in Wien anschaut. Da hat zum Beispiel der ehemalige Bundeskanzler Vranitzky vor der Wahl im Jahre 1991 1 000 Planstellen für die Bundeshauptstadt Wien versprochen; geschaffen wurden überhaupt keine, sondern es kam dann so, daß von 6 150 Planstellen auf 5 850 reduziert wurde. Nebenbei erwähnt, wurden 1,8 Millionen Überstunden auf rund eine Million gekürzt. Das heißt, die Zahl dieser Überstunden wurde fast halbiert – und das immer zu Lasten der Beamten, die ihren Dienst draußen natürlich verrichten mußten, um eben der Gewährleistung der Sicherheit nachzukommen.

Man muß das auch so betrachten, daß bei der Schaffung dieser zusätzlichen Planstellen natürlich dreigeteilt werden muß. Ein Teil wird in der Verwaltung eingesetzt, ein zweiter wird im Polizeibereich arbeiten, und der dritte Teil wird im Gendarmeriebereich eingesetzt. Dabei kommt jedoch immer wieder die Meldung – auch vom politischen Gegner –, daß die Zahl der Planstellen im Bereich der Exekutive ohnehin zugenommen hat. Hier ist aber zu berücksichtigen, daß der Grenzdienst dazugekommen ist und daß natürlich dieser Dienst ebenso viele Planstellen benötigt, um auch die EU-Außengrenze im Osten sichern zu können.

Die vorgesehenen 300 Planstellen sind schon dringendst notwendig, aber sie verschwinden zum Teil in bereits bestehenden Strukturen, das bedeutet also nur, daß dann Zuteilungen aufgehoben werden können. Meiner Meinung nach ist es zu bezweifeln, ob es soweit kommen wird, daß der Rest, der noch übrigbleibt, auch wirklich dort eingesetzt werden kann, wo er benötigt wird, nämlich im exekutiven Außendienst.

Ich habe mir heute noch Presseaussendungen angesehen und würde jenen Kollegen – wie auch Herrn Kollegen Höchtl – gerne recht geben, die sagen, man solle die Gendarmerie rund um Wien verstärken. Ich persönlich bezweifle allerdings, daß für diesen Bereich überhaupt noch Planstellen vorhanden sein werden, wenn diese Verteilung stattgefunden hat.

Das gilt auch für Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter Schiller aus Kärnten, der natürlich für seine Verkehrsabteilung Personal aus der Exekutive benötigt, um eine gewisse Sicherheit gewährleisten zu können. Das wird nicht der Fall sein, und wir werden deshalb weiter an den Innenminister und auch an den Finanzminister appellieren, zusätzliche Planstellen für die Exekutive zur Gewährleistung der Sicherheit zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit das im hohen Ausmaße von der Bevölkerung der Exekutive entgegengebrachte Vertrauen bestehen bleibt, ist die Politik aufgerufen, dahin gehend etwas zu tun, daß das Sicherheitsgefühl erhalten bleibt. Kraft politischer Rahmenbedingungen und wirtschaftlicher Anstrengungen muß darüber hinaus dazu beigetragen werden, daß die Lebensqualität garantiert wird und damit letztendlich soziale Sicherheit, Vertrauen in die Demokratie und in den inneren Frieden erhalten werden. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Mag. Peter hat sich zum zweiten Mal zu Wort gemeldet. Sie haben eine Restredezeit von 19 Minuten, das heißt, Sie haben bei Ihrer ersten Wortmeldung nur 1 Minute lang gesprochen – schließe ich daraus messerscharf. – Bitte.

18.36

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Hohes Haus! Zum Budgetüberschreitungsgesetz, insbesondere zum Abänderungsantrag, den Mag. Mühlbachler eingebracht hat, möchte ich folgendes anmerken: Dabei geht es offensichtlich um mehr als nur um die Finanzierung der KFOR-Truppe. Sie haben zuerst bezüglich der Regierungsvorlage zu Punkt 6 insgesamt ein Volumen von 472 Millionen Schilling angegeben, jetzt beträgt dieses Volumen bereits 955 Millionen Schilling. Das heißt, mit einem einfachen Abänderungsantrag, Herr Mühlbachler, haben Sie das Budget um 483 Millionen Schilling belastet. – Ich finde es ganz spannend, daß das so mit links geht. Da fließt bei weitem nicht das ganze Geld in den Kosovo – dieser Betrag wurde auf 366 Millionen Schilling aufgestockt –, sondern es gibt noch weitere 117 Millionen Schilling an Aufstockungen für MINURSO in der Westsahara, den SFOR-Einsatz in Bosnien und für die Kosovo-Hilfe außerhalb des Kosovos.

Als Liberaler ist es mir wichtig festzuhalten, daß wir diese internationale Unterstützung für richtig halten. Nur die Vorgangsweise, die Sie hier wählen, nämlich eine Regierungsvorlage einfach mit einem Abänderungsantrag um eine halbe Milliarde Schilling zu erhöhen, halte ich für keine seriöse Budgetpolitik! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Der zweite Punkt, zu dem ich Stellung nehmen möchte, ist der Voranschlagsansatz, der sich um die Innovations- und Technologieförderung dreht, wozu Sie heute eine zusätzlich Tranche von 100 Millionen Schilling beschließen wollen. Insgesamt freut es mich, daß sich die Bundesregierung die Technologieförderungsmaßnahmen jetzt als Schwerpunkt gesetzt hat. Herr Bundesminister! Wenn Sie jedoch das Ziel, daß Sie sich selbst gesetzt haben, bis zum Jahre 2005 erreichen wollen, nämlich die Forschungsquote auf 2,5 Prozent des BIP zu bringen, dann brauchen Sie unserer Berechnung nach einen Betrag von 62 Milliarden Schilling bis 2005! Davon haben Sie für das Jahr 1999 aber erst einen Betrag von 5,8 Milliarden Schilling finanziert.

Ich möchte daher von Ihnen – ich bin ein gebranntes Kind und habe Erfahrung in dieser Angelegenheit, siehe Streit zwischen Farnleitner und Einem, wer denn das nun alles machen soll – über einen Entschließungsantrag wissen, wie Sie, Herr Bundesminister, sich eine langfristige Finanzierung vorstellen, wie Sie diese 62 Milliarden Schilling bis inklusive 2005 darstellen wollen, damit sich die österreichische Technologie- und Forschungspolitik wirklich auf eine nachhaltige Finanzierung einstellen kann.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Helmut Peter, Karl Smolle und PartnerInnen betreffend Vorlage eines Finanzierungskonzeptes für die Technologieförderungsmaßnahmen der Bundesregierung

"Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat bis 13. Juli 1999 ein mit den Zielen der Budgetkonsolidierung vereinbartes Finanzierungskonzept vorzulegen, das eine Darstellung der jährlich verfügbaren und aufzuwendenden Mittel für die Technologieförderungsmaßnahmen bis einschließlich 2005 enthält."

*****

Meine Damen und Herren! Ich halte es für ausgesprochen wichtig, daß gerade in solchen Technologieförderungsprogrammen langfristige Finanzierungshorizonte vorgegeben sind, damit auch langfristige Planungen getätigt werden können.

Ein kurzer letzter Punkt; dabei geht es um Punkt 8, um die Wildbach- und Lawinenverbauung, die Sie um 100 Millionen Schilling höher dotieren. Ich werde nicht müde werden, wiederholt darauf hinzuweisen, daß man im aktiven Katastrophenschutz nicht mit 100 Millionen Schilling auskommen wird, nachdem man im Laufe der neunziger Jahre den Katastrophenfonds entsprechend ausgeräumt hat und dadurch die Mittel des aktiven Katastrophenschutzes stark gekürzt wurden. Ich bin ganz im Gegenteil der Ansicht, daß es spätestens ab dem Budget 2000 einen neuen Schwerpunkt geben muß, um all jene Lawinenverbauungen und Sicherungsbauten zu errichten, die durch die Entwicklung in den Alpentälern nötig sind. Denn einen zweiten Februar 1999 können wir uns in Österreich nicht leisten. – Ich danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag des Abgeordneten Peter betreffend Vorlage eines Finanzierungskonzeptes für die Technologieförderungsmaßnahmen der Bundesregierung wurde geschäftsordnungsgemäß überreicht, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Es hat sich jetzt der Herr Bundesminister für Finanzen zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister Edlinger.

18.40

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal feststellen, daß ich vor allem für jene Feststellungen dankbar bin, die darauf abgezielt haben, daß weder ein Budgetüberschreitungsgesetz noch eine BFG-Novelle etwas Ungewöhnliches sind, sondern daß es klar ist, daß im Rahmen des Budgetvollzuges bestimmte Präzisierungen sichtbar werden, die zum Zeitpunkt der Budgeterstellung vom Betrag her nicht in der erforderlichen Form fixierbar sind, und daß natürlich auch die entsprechende Flexibilität vorhanden sein muß, daß einerseits Umschichtungspotentiale ausgenutzt werden müssen, daß andererseits neue, an uns während des Budgetvollzugs herantretende Aufgaben gelöst werden müssen und daß drittens selbstverständlich auch Einsparungspotentiale genützt werden müssen.

Ich möchte aber schon in Erinnerung rufen, daß wir im Rahmen der Erstellung des Budgets 1999 – ich habe das heute vormittag auch gesagt – von einer sehr vorsichtigen Warte aus an die Budgeterstellung herangegangen sind und diese darüber hinaus noch im Rahmen der Ermessenskredite in einem nicht geringem Ausmaß gebunden haben, sodaß eben Umschichtungs- und Einsparungspotentiale im Vollzug des Budgets 1999 extrem schwer auszuloten sind.

Wenn daher dieses Budgetüberschreitungsgesetz, das an und für sich den Saldo des administrativen Budgets nicht verändern wird, zu einem höheren Maße durch Einnahmensteigerungen respektive Rücklagenauflösungen als durch Ausgabeneinsparungen bedeckt ist, dann ist das eine Begründung, die ich zuerst angeführt habe, und zwar, daß das Budget an und für sich durch sehr enge Maßstäbe sichergestellt werden kann, um nämlich auch das Ziel der weiteren Budgetkonsolidierung zu erreichen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang durchaus auch auf den bemerkenswerten Redebeitrag des Herrn Abgeordneten Steindl eingehen, weil ich ihn eigentlich hinsichtlich des von ihm geäußerten Gedankens unterstütze, daß man bei Überschreitungen extrem selektiv vorzugehen hat, da Sparsamkeit im Mittelpunkt unserer Überlegungen zu stehen hat. Aber in der praktischen Politik habe ich mitunter den Eindruck, daß sich dieser Gedanke interfraktionell äußerst bescheiden verhält, sodaß es sehr schwierig ist, wenn Probleme auftauchen, auch von der Ausgabenseite her bestimmte Maßnahmen einzufordern, weil es natürlich gar nicht einfach ist, Budgetsummen, die im Voranschlag stehen und zu denen auch seitens der Ressortminister bestimmte Konzepte und Überlegungen dargelegt worden sind, letztendlich nicht zu realisieren.

Ich meine daher, daß es wichtig ist – ich betone das, weil die Bundesregierung ja einen solchen Beschluß im Hinblick auf die künftige Budgeterstellung gefaßt hat –, daß wir im Rahmen der Budgetprogramme für die nächsten Jahre gut beraten wären, wenn wir uns als Zielsetzung vornähmen, eine maßvolle Ausgabenpolitik zu betreiben, und uns daran orientierten, das nominelle Wachstum auf der einen Seite und die Ausgabenentwicklung auf der anderen Seite in einem bestimmten Prozentverhältnis zueinander zu reihen.

Das ist ganz wichtig, wenn man die Zielsetzungen sieht, die heute mehrfach zum Ausdruck gekommen sind, daß sich nämlich der eine oder andere mehr oder weniger Sorgen über den Stabilitätspakt und die Einhaltung der Ziele macht. Ich bin sehr glücklich darüber, wenn das nicht nur festgestellt wird, sondern wenn auch daran mitgewirkt wird, daß durch die praktische Umsetzung in der Politik dieser Stabilitätskurs und dieser Stabilitätspakt auch eingehalten werden können.

Ich möchte nun zu einigen Detailfragen kommen, die im Rahmen der Debatte erwähnt worden sind, hinsichtlich derer es mir notwendig erscheint, einige Bemerkungen zu machen.

Zunächst zur Frage, die Herr Abgeordneter Nußbaumer formuliert hat. Er hat in Zusammenhang mit der Millenniums-Sportveranstaltung gefragt, was passiert, wenn bestimmte hier festgestellte Finanzierungsstrukturen, mit denen letztendlich auch die Budgetüberschreitung argumentiert werden, nicht eintreten. An und für sich ist die Lage relativ klar. Wenn das, was als Rahmenbedingung für die Budgetüberschreitung gesetzt worden ist, nicht eintritt, dann kann die Überschreitung ganz einfach nicht erfolgen, weil die budgetäre Bedeckung dafür fehlen würde. Daher gehe ich davon aus, daß die Rahmenbedingungen, die letztendlich auch zu dieser Veranstaltung führen und die die Grundlage des Finanzkonzeptes sind, auch realisierbar sind.

Zu Ihrer zweiten Frage, sehr geehrter Herr Abgeordneter Nußbaumer. Ich war schon ein bißchen verblüfft darüber, wie Sie sie formuliert haben. In diesem Budgetüberschreitungsgesetz sind all jene Mehrausgaben oder Veränderungen in der Ausgabenstruktur enthalten, die der Beschlußfassung des Nationalrates unterliegen. Sie haben mich gefragt: Was geschieht mit jenen, die nicht der Beschlußfassung des Nationalrates unterliegen? – Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß ich vierteljährlich im Quartalsbericht dem Budgetausschuß in, wie ich glaube, sehr präziser Art und Weise berichte. Der letzte Bericht lag dem Budgetausschuß am 9. Juni 1999 vor. Nach meinen Informationen haben Sie an dieser Sitzung teilgenommen, umso mehr wundert mich daher die Frage, wie hoch dieser Betrag ist, denn das können Sie durch eine einfache Addition der vier Quartalsberichte selbst ermitteln. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum nächsten Thema, nämlich Katastrophenfonds, möchte ich schon noch etwas sagen. Ich glaube, Herr Abgeordneter Peter hat das am Ende seiner Rede angesprochen. Das ist eine Frage, die wir natürlich immer diskutieren müssen. Ich bin der Ansicht, daß der Katastrophenfonds ordentlich dotiert wird, da wir beispielsweise im Jahre 1999 fast 4 Milliarden Schilling, davon den größeren Teil für vorbeugende Maßnahmen investieren. Es ist mir nicht bekannt, daß irgendeine Begehrlichkeit oder Notwendigkeit, die an den Katastrophenfonds herangetragen worden ist, mangels budgetärer Möglichkeiten abgelehnt werden mußte.

Wir haben allerdings – da gebe ich Ihnen recht – im Zuge der Budgetkonsolidierung gewisse Rücklagen abgebaut, weil es eigentlich sinnlos ist, daß sich in einem bestimmten Töpfchen öffentliche Mittel befinden, die auf eine Rücklage gestellt werden, wir aber im allgemeinen Budget zu einem höheren Defizit kommen. Denn wenn man die Differenz zwischen dem, was man auf der einen Seite für höhere Defizite zahlt, mit dem gegenrechnet, was möglicherweise bei einer Veranlagung herausschaut, dann ist das kein gutes Geschäft – und zwar nicht für den Finanzminister, sondern für den Steuerzahler der Republik Österreich, weil dieser die Differenz zu bedecken hat.

Daher war das maßvoll und richtig. Ich gebe jedoch zu, daß wir selbstverständlich die Entwicklung, die sich im Katastrophenfonds abspielt, vor allem auch aufgrund der Ereignisse, die ja niemand voraussehen kann, beobachten müssen. Aber da sind bitte keine Forderungen zu erheben, die in die Richtung gehen, daß wir, weil möglicherweise irgend etwas im Jahre 2000 oder 2001 passieren könnte, jetzt budgetäre Vorsorgen treffen sollen. Wenn man klug an die Finanz- und Budgetpolitik herangeht, dann ist das, glaube ich, nicht besonders opportun. (Abg. Mag. Peter: Es geht um die aktive Vorsorge, um Baumaßnahmen!)

4 Milliarden Schilling im heurigen Jahr! 4 Milliarden 48 Millionen Schilling stehen alleine heuer größtenteils für vorbeugende Maßnahmen zur Verfügung. Ich meine, das ist eine respektable Summe, eine Summe, die keiner weiteren Urgenz bedarf. Noch einmal: Wir haben an und für sich ein Bauprogramm festgelegt, das ist auch in Koordination mit den Bundesländern erfolgt. Das wird so finanziert, wie es optimal möglich ist. Für Maßnahmen der unmittelbaren Katastrophenhilfe sind notwendige Maßnahmen, die über die Länder an den Katastrophenfonds, also an die Republik herangetragen worden sind, noch nie – zumindest seitdem ich Finanzminister bin – mangels Finanzierbarkeit abgelehnt worden. Ich glaube, das ist doch das Wesentliche, worum es geht, wenn man über eine Fondskonstruktion diskutiert.

Ich möchte zuletzt noch etwas zu einem Punkt sagen, der mehrfach angesprochen wurde, Herr Professor Van der Bellen hat das hier semantisch sehr schön dargestellt. Ich glaube, daß es richtig ist, daß man vielleicht die eine oder andere Stelle klarer formulieren sollte, aber klar ist, daß wir uns an den humanitären Hilfen beteiligen, daß wir im Rahmen der Flüchtlingsbetreuung bestimmte Aufgaben wahrzunehmen haben und daß wir auch den notwendigen Einsatz des österreichischen Bundesheeres in der Konfliktregion, soweit uns das im Rahmen der entsprechenden internationalen Aktionen zukommt, finanzieren müssen.

Ich sage auch ganz offen: Aufgrund der Tatsache, daß ja einen großen Teil des Herbstes die Voraussetzungen für eine Befassung des Parlamentes fehlen, haben wir in diesen legistischen Vorlagen eine Ermächtigung ausgesprochen, die es gestattet, den Einsatz des österreichischen Bundesheeres bis zum Jahresende auch finanztechnisch bewältigen zu können. Ich glaube, es wäre international peinlich, wenn Österreich sagen müßte: Weil wir jetzt Wahlkampf haben, können wir uns nicht beteiligen!

Das ist eine Sicherung, das ist eine Ermächtigung, und es ist keinesfalls so, daß der Betrag ausgeschöpft wird oder ausgeschöpft werden muß. Ich lege größten Wert darauf – und bin diesbezüglich auch mit dem Herrn Verteidigungsminister einig und auch mit dem Herrn Innenminister, dem Teile zukommen –, daß dann nur jene Beträge bezahlt werden, die tatsächlich anfallen. Das ist also nicht irgendein Budgetbetrag, der dann innerhalb dieses Ressorts für etwas anderes verwendet werden kann, aber ich glaube, daß es notwendig ist, daß wir diese budgetäre Vorsorge hier und heute treffen.

Eine ganz kleine Bemerkung noch. – Herr Abgeordneter Gaugg ist zwar nicht da, aber ich muß sagen, ich war schon ein bißchen irritiert über seine Ausführungen vor der Dringlichen Anfrage, als er nämlich meinte, wir engagieren uns dort, wo sich die Amerikaner nicht engagieren. Er hat damit mehr oder weniger in den Raum gestellt, daί wir unsere Aktivitδten auf Serbien konzentrieren, denn Prδsident Clinton sei nicht bereit, Hilfe fόr Serbien zu leisten, solange Milošević dort an der Macht sei – Zitat von Bill Clinton –, und wir sollten uns an Prδsident Clinton ein Beispiel nehmen.

Ich möchte feststellen, daß wir mit den heutigen Ermächtigungen nicht Hilfe für Serbien leisten, sondern wir machen etwas ganz anderes: Wir geben Geld für die Flüchtlinge aus dem Kosovo, wir geben Geld für die Einsätze des österreichischen Bundesheeres in Albanien und im Kosovo im Rahmen der internationalen Hilfseinsätze, und es ist daher völlig unzutreffend, wenn Herr Gaugg heute behauptet hat, Österreich würde ohne Bedingungen Geld an Serbien zahlen. Ich halte es für bedeutsam, daß man das hier völlig emotionslos richtigstellt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstattung ist nicht gewünscht.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, und zwar über jeden Ausschußantrag getrennt.

Zunächst stimmen wir ab über den Entwurf betreffend Budgetüberschreitungsgesetz 1999 samt Titel und Eingang in 1907 der Beilagen.

Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, möge dies durch ein Zeichen tun. – Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gaugg und Genossen betreffend Erhöhung des Landesverteidigungsbudgets zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft des österreichischen Bundesheeres gemäß § 52 Wehrgesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Abg. Dr. Khol: Die halben Freiheitlichen fehlen bei einem so wichtigen Antrag!)

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Mag. Peter und Genossen betreffend Vorlage eines Finanzierungskonzeptes für die Technologieförderungsmaßnahmen der Bundesregierung.

Wer diesem Entschließungsantrag zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Abg. Dr. Khol: Schon wieder nur die halben Freiheitlichen da!)

Jetzt stimmen wir ab über den Entwurf einer 6. Bundesfinanzgesetznovelle 1999 in 1908 der Beilagen unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgetragenen Druckfehlerberichtigung.

Die Abgeordneten Dkfm. Mühlbachler, Ing. Gartlehner und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht.

Es liegt nur dieser eine Abänderungsantrag vor, sodaß ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dkfm. Mühlbachler, Ing. Gartlehner und Genossen sowie der Druckfehlerberichtigung abstimmen lasse.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gegenstand sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Gesetzentwurf ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

41. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Bericht (III-186 der Beilagen) des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Studie "Die Gestaltung des Straßennetzes im Donaueuropäischen Raum unter besonderer Beachtung des Wirtschaftsstandortes Österreich" (GSD) (1903 der Beilagen)

42. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über die Regierungsvorlage (1853 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden (1904 der Beilagen)

43. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über die Petition (PET-40) betreffend "Die Wiener Nordostumfahrung muß rasch gebaut werden", überreicht von den Abgeordneten Josef Edler, Otmar Brix, Kurt Eder, Anton Gaál, Dr. Kurt Heindl, Dr. Johannes Jarolim, Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Dr. Robert Rada (1905 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 41 bis 43 der Tagesordnung. Die Debatte über diese Punkte wird unter einem durchgeführt.

Eine mündliche Berichterstattung ist nicht verlangt worden.

Wir beginnen daher sofort mit der Debatte.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Mag. Firlinger das Wort mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 6 ... (Abg. Mag. Firlinger: 5 Minuten!) – 5 Minuten. – Bitte.

18.58

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte zunächst ganz kurz auf die GSD-Studie eingehen. Viel braucht man, glaube ich, nicht mehr dazu zu sagen, da ja gestern schon ein erheblicher Teil der Debatte darüber abgeführt wurde, und das, was ich gestern gesagt habe, gilt natürlich auch im Hinblick auf das Straßenbauressort von Herrn Bundesminister Farnleitner.

Die GSD-Studie ist eine Studie, aber das, was fehlt, ist eine Planung für Österreich, die genau aufzeigt, was mit dem hochrangigen Straßennetz in Österreich passiert. Eine solche Planung fehlt, Herr Minister. Da sind Sie genauso säumig wie Ihr Amtskollege Bundesminister Einem. Die Regierung konnte sich nicht einigen. Es gab jede Menge Kompetenzschwierigkeiten, und daher ist für uns die GSD-Studie zwar ganz interessant, aber keine Basis für die Verkehrspolitik in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt. – Ich möchte es dabei bewenden lassen, Sie kennen die Debatte, die wir im Ausschuß geführt haben. Ich komme gleich auf das Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz geändert werden sollen.

Herr Bundesminister! Zunächst: Wir sehen überhaupt keine Notwendigkeit, Road-Pricing einzuführen, weder im Bereich des LKW, wie vorgesehen, noch im Bereich des PKW. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Für uns ist das eine weitere, völlig unnötige Belastung der Verkehrsteilnehmer. Es ist eine Maßnahme, die Sie brauchen, weil Sie mit Ihrem Geld nicht auskommen, obwohl die österreichischen Verkehrsteilnehmer mittlerweile mit mehr als 120 Milliarden Schilling zur Finanzierung der Infrastruktur gehörig beitragen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Sie aber stimmen dem zu, daß weiterhin der Verkehr, auch der Nahverkehr, enorm belastet wird und daß es zu Verteuerungen und zu Wettbewerbsverzerrungen kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte nur sehen, wie Sie, Kollege Stummvoll und Kollege Maderthaner dann argumentieren, denn die Bundeswirtschaftskammer hat sich ja ganz, ganz massiv auf Sie und auf Ihr Ministerium eingeschossen. Sie kennen ja die Stellungnahme insbesondere der Wirtschaftskammer Niederösterreich; ich nehme an, diese ist Ihnen nicht verborgen geblieben. Sie halten aber dennoch weiter fest daran, und das finde ich bedauerlich. Denn abgesehen davon, daß es sich da um eine äußerst umstrittene Grundsatzentscheidung handelt, wird es dann sehr, sehr problematisch, wenn es um die Entscheidung des Systems geht, aber damit möchte ich mich jetzt gar nicht aufhalten. Wir, meine Damen und Herren, sind dagegen, daß es zu diesem Road-Pricing kommt.

Wir sind aber auch dagegen, Herr Bundesminister (Abg. Parnigoni: Wofür seid ihr eigentlich?), daß Sie jetzt einen Freibrief erhalten, mit dem Sie mir nichts, dir nichts die Vignettenpreise ändern können. Ich weiß, die Finanznöte drücken Sie ganz kräftig, denn die ÖSAG wird in diesem Jahr durch das bedauerliche Tunnelunglück Einnahmenausfälle von mindestens 300 Millionen Schilling haben, wenn man den Ausführungen des Vorstandes Glauben schenken kann. Daher wird es wohl oder übel zu einer Erhöhung, zu einer kräftigen Erhöhung der Vignettenpreise kommen, und das ist der Hintergrund der Ermächtigung.

Herr Bundesminister! Ich halte fest: Wir stehen einer solchen Ermächtigung sehr skeptisch gegenüber, und Sie werden von uns dazu keine Zustimmung erwarten können. Ich erlaube mir daher, folgenden Antrag einzubringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Firlinger und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden (1853 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (1904 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Das Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden (1853 der Beilagen), in der Fassung des Ausschußberichts (1904 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

Artikel I wird wie folgt geändert:

1. § 8 entfällt"

*****

Herr Bundesminister, damit würde die Kompetenz über die Vignettenpreise wieder ans Parlament zurückgehen, dorthin, wo es tatsächlich hingehört, und nicht in die Hand eines Ministeriums. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Letzter Punkt. – Da gibt es noch den interessanten Streit. Wir haben ja jede Menge Kompetenzschwierigkeiten: Es gibt nicht nur Kompetenzschwierigkeiten zwischen Ihnen und Ihrem Ressortkollegen Einem, es gibt sie anscheinend auch zwischen Bundesminister Schlögl und Bundesminister Edlinger. Im Hintergrund tobte ja anscheinend ein ganz wilder Streit darüber, wer in Zukunft Maut einheben wird, Bundesgendarmerie oder Zollwache oder beide.

Uns ist es im Prinzip völlig egal. Wir sind gegen das Road-Pricing, und daher brauchen wir auch niemanden, der das exekutieren muß. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber ich finde es schon sehr eigenartig, daß ein Bundesminister dann hergehen muß und die Abgeordneten um Hilfe ruft, eine Vorlage, bezüglich derer man sich im Ministerrat nicht hat einigen können, wieder zurückzuverweisen. Das ist eigentlich ein Trauerspiel und zeigt einmal mehr, daß sich die Regierung sehr, sehr schwertut, in der Verkehrspolitik etwas weiterzubringen. Da gibt es viele Bereiche, wo man eigentlich nur mehr den Kopf schütteln kann.

Das Ganze ist leider Gottes ein Armutszeichen für die Bundesregierung, ein weiteres Armutszeichen, und daher wäre es hoch an der Zeit, einmal eine andere Politik, eine bessere Politik für Österreich zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.04

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte.

19.04

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Firlinger! Sie haben mit Ihren Ausführungen wieder einmal bewiesen, daß seriöse Verkehrspolitik und FPÖ etwas sind, was nicht zusammenpaßt. Aber das wissen wir ohnedies, daß Seriosität und FPÖ-Politik nicht unter einen Hut zu bringen sind. Warum sollte es in diesem Fall anders sein als in allen anderen Bereichen der Politik auch? (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es ist eine Binsenweisheit, daß Verkehrspolitik längst keine nationale Angelegenheit  ist.  Wir müssen uns  alle natürlich auch nach den Infrastrukturprogrammen und -projekten der angrenzenden Staaten richten, und gerade das ist in dieser, wie ich glaube, bemerkenswerten GSD-Studie erfolgt. Wir alle wissen, sowohl von Linz als auch etwa von Wien fehlen hochrangige Straßenverbindungen in die Tschechei. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: "Tschechei" ist nicht korrekt!) Sie sind zwar nicht im Masterplan enthalten, aber Gott sei Dank gibt es die GSD-Studie, darin sind sie enthalten, und für diese Korrektur des Masterplans möchte ich dem Herrn Wirtschaftsminister auch sehr herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, daß der LKW-Verkehr an Österreichs Ostgrenzen massiv zunimmt. Wie Experten herausgefunden haben, hat sich seit dem Jahr 1995 der LKW-Verkehr auf der A 1 versechsfacht. Das heißt natürlich, daß der Ansatz der Verkehrspolitik, der uns auch immer von manchen in diesem Hause geraten wird, nämlich daß es dort, wo keine Straßen gebaut werden, auch keinen Verkehr geben wird, sicherlich völlig realitätsfremd ist. Das ist eine ideologische Position, die mit der verkehrspolitischen Realität überhaupt nichts mehr zu tun hat und die auch weder im Interesse der österreichischen Autofahrer noch im Interesse der österreichischen Wirtschaft oder des Wirtschaftsstandortes Österreich ist. Selbstverständlich brauchen wir gerade auch wegen der entsprechenden europaweiten Verflechtungen des Verkehrs mehr und bessere Straßen.

Nun werden in den nächsten zehn Jahren 140 Milliarden Schilling in die Schiene investiert. Das ist auch notwendig, ich will das jetzt gar nicht bestreiten, aber es ist auch keine Frage, daß derzeit zuwenig Geld für den Ausbau des höherrangigen Straßensystems vorhanden ist. Es gibt kein Geld aus dem Budget für Autobahnen oder für Schnellstraßen, es wird immer nur auf das Road-Pricing verwiesen. Ich meine deshalb, meine Damen und Herren, daß man wirklich prüfen sollte, ob man nicht von jenen 12 Milliarden Schilling, die jährlich für den Schienenausbau zur Verfügung stehen, zumindest jene 3 Milliarden Schilling für den Straßenausbau heranziehen sollte (Abg. Edler: Nein, nicht schon wieder!), die wegen der vielen Einwände, die es gibt, wegen der Widerstände der Bürgerinitiativen, aus Planungsgründen, aufgrund von Verfahrensrückständen gar nicht verbaut, verwendet werden können. Das ist ein ganz ernstes Anliegen, das wir angehen müssen, meine Damen und Herren.

Es wird in diesem Hause auch sehr oft bezweifelt, daß der Verkehr auch Nutzen stiftet, es wird immer nur vom Schaden, vom volkswirtschaftlichen und vom ökologischen Schaden des Verkehrs, insbesondere des Autoverkehrs, berichtet. Das ist eine völlig einseitige Betrachtungsweise, die auch gar keiner wissenschaftlichen Betrachtungsweise standhält. Der Kölner Verkehrswissenschaftler Professor Baum hat erst jüngst in einer Studie ermittelt, daß ein Viertel des Wachstums des österreichischen Volkseinkommens von 1970 bis 1994 auf den Straßenverkehr zurückzuführen ist. Diese Studie zeigt auch, daß der Straßenverkehr mehr als alle anderen Verkehrsträger zur Steigerung der Bruttowertschöpfung und der Beschäftigung beigetragen hat.

Meine Damen und Herren! Das sind die nüchternen ökonomischen Fakten, und alles andere ist Verkehrsideologie, die hier verzapft wird. Ich bestreite auch gar nicht, daß man selbstverständlich auch ökologische Faktoren bei der Bewertung der Verkehrsträger heranziehen muß, und deshalb bekennen wir uns auch zum Ausbau der Bahn als umweltfreundlicherem Verkehrsträger. Aber das muß in vernünftigen Kosten-Nutzen-Relationen geschehen, meine Damen und Herren, und darf nicht in eine Verschleuderung von Volksvermögen und Steuergeldern münden. (Abg. Edler: Das ist eine Argumentation! Das ist ja schrecklich!)

Meine Damen und Herren! Heute wird auch die Einhebung einer fahrleistungsabhängigen LKW-Maut nach den Grundsätzen eines halboffenen Mautsystems beschlossen.

Die Österreichische Volkspartei bekennt sich selbstverständlich grundsätzlich zur Einführung eines elektronischen Road-Pricing als einem notwendigen Instrument der Verkehrspolitik. Wir treten aber auch – auch das möchte ich klar betonen – für einen europäischen Gleichklang, zumindest einen Gleichklang mit Deutschland, ein. Dort ist die Einführung eines elektronischen Road-Pricing im Jahr 2002, 2003 geplant.

Eine Einführung allein in Österreich würde bedeuten, daß Österreich die ganze technische und organisatorische Aufbauarbeit ganz allein zu leisten hätte und auch alle Anfangsprobleme, wie zum Beispiel die Einbindung aller ausländischen LKW aus dem Osten in dieses System, allein bewältigen müßte. Darüber hinaus würden bei einem Alleingang Österreichs die für die Transportwirtschaft entstehenden Kosten natürlich auch gewisse negative Preisauswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Diese zweifellos negativen Wirkungen wollen wir legitimerweise für Österreich so klein wie nur irgendwie möglich halten. Ich hoffe, daß es hier in diesem Haus auch für diese Position ein entsprechendes Verständnis gibt.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend: Zielsetzung dieses Mautsystems ist es, zusätzliche Finanzmittel für die höchstrangige Straßeninfrastruktur zu erschließen. Dieses Systems ist gerecht, denn es zahlt nur derjenige, der die Leistung entsprechend in Anspruch nimmt.

Bisherige Untersuchungen des Wirtschaftsministeriums und der ASFINAG zeigen auch, daß die Auswirkungen der Maut geringer sind, als allgemein dargestellt wird. Die reinen Transportkosten, die durchschnittlich nur rund 1 bis maximal 10 Prozent des Gesamtpreises eines Produktes betragen, werden sich maximal zwischen 3 und 11 Prozent erhöhen. Auch auf den Verbraucherpreisindex wird sich die Maut jedenfalls nur extrem gering auswirken. Das Wifo hat eine Erhöhung von rund 0,1 bis maximal 0,2 Prozent für den Verbraucherpreisindex ermittelt.

Das, meine Damen und Herren, ist zweifellos vertretbar und leistbar, denn die fahrleistungsabhängige Maut garantiert auch für die Zukunft die Erhaltung und die Sanierung des österreichischen Hochleistungsstraßennetzes. (Beifall bei der ÖVP.)

19.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. Irgendeine freiwillige Redezeitbeschränkung? (Abg. Smolle: Nein!) Gut. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.13

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod minister! Visoki dom! Meine Damen und Herren! Herr Minister! Herr Präsident! Ich war zuerst der Auffassung, daß vor allem die beiden Minister die Schuld trifft, daß wir keinen einheitlichen Verkehrswegeplan vorliegen haben, aber ich mußte, wie ich es immer wieder bei Verkehrsdebatten erleben kann, erkennen: Es gibt die eine Seite, diese ist bei der SPÖ angesiedelt, das sind die sogenannten Bahnlobbyisten, und alles, was dort geschieht, ist einzig wahr, und dann gibt es natürlich die andere Seite, das sind die Straßenlobbyisten, wie beispielsweise den Herrn Kukacka, der sagt, daß natürlich nur die Straßen wichtig sind und daß man da viel nachholen müßte.

Meine Damen und Herren! Es ist schon ein bißchen hausgemacht, daß wir keinen einheitlichen Verkehrswegeplan haben, sondern von beiden Ministern einen eigenen Plan. Die Krone setzt dem Ganzen der Kollege Firlinger auf, der ganz einfach sagt: Natürlich sind wir gegen Road-Pricing, wir brauchen das nicht, daher brauchen wir auch keine Kontrolle und dergleichen mehr. (Abg. Mag. Firlinger: Das ist ein klarer Standpunkt!)

Meine Damen und Herren! Das ist purer Populismus! Wer zum Verkehr ja sagt, der sollte auch wissen, daß Verkehr Kosten verursacht. Durch die Schaffung von Infrastruktur entstehen Kosten. Das muß einmal festgehalten werden. Deshalb ist da Ehrlichkeit am Platze: daß es einen Zusammenhang zwischen dem Verursacher und demjenigen, der das dann auch finanziert und zahlt, geben muß. Das ist ganz klar. Das ist ein klarer Ansatz. Darin unterscheidet sich das Liberale Forum ganz klar von den meisten hier in diesem Hohen Hause, nämlich daß wir Sachpolitik machen und keinen Populismus betreiben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist einfach zu sagen: Nichts zahlen!, aber in jeder zweiten Rede zu verlangen: Das und das muß finanziert werden!, zum Beispiel der Kinderbetreuungsscheck.

Meine Damen und Herren! Wir haben noch einen zweiten Mann, der im Nebel segelt, das ist der Herr Innenminister, den ich die Ehre habe hier zu erwähnen. Er hat uns zur letzten Sitzung einen Brief geschickt, in welchem stand, daß wir acht geben sollen, daß seine Gendarmen und Polizisten da nicht übervorteilt werden, denn nur sie seien befugt, auf die Windschutzscheibe zu schauen und zu prüfen, ob das richtige Pickerl drauf ist.

Ich bin der Auffassung, daß natürlich auch die Zollbeamten berechtigt sein sollen, diesbezügliche Kontrollen durchzuführen. Das ist doch selbstverständlich und ist auch im Sinne der Arbeitsteilung. Es soll doch nicht so sein, daß die Zollbeamten wegschauen, während der Polizist hinschaut, ob das Pickerl auf der Windschutzscheibe klebt.

An die FPÖ: Das sind alles Populismen, meine Damen und Herren. Sie werden erst dann eine seriöse Partei werden, wenn Sie sich davon verabschieden. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Seriositätsprobleme haben noch immer Sie gehabt!) Es genügt nicht, den Leuten und der "Kronen Zeitung" einfach nachzuplappern. Das bringt zwar kurzfristig politische Erfolge, meine Damen und Herren, aber da bin ich lieber etwas bescheiden und mache Sachpolitik und betreibe keinen Populismus. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Grün-liberal sind Sie!)

Das Liberale Forum wird den Bericht ablehnen, weil er sehr unvollständig ist. Ich werde kurz begründen, warum, werde Sie aber damit nicht quälen, Herr Minister. Ich möchte die Argumente, die ich im Ausschuß vorgebracht habe, auch hier in aller Öffentlichkeit vorbringen – aber nur rekapitulierend, damit sie nicht in den ewigen Jagdgründen der zu Ende gehenden Legislaturperiode verschwinden.

Wir werden den Entschließungsantrag unterstützen, und da gibt es wiederum einen wesentlichen Unterschied des Liberalen Forums zu den Freiheitlichen. Wir sagen: Okay, wenn jetzt endlich Mut im Hohen Haus besteht, wenn auch Mut bei beiden Ministern besteht, einen gemeinsamen Plan vorzulegen, so soll man das unterstützen, und zwar ohne Wenn und Aber. Es ist zwar ein Entschließungsantrag, der nicht vollständig ist, der nicht hart genug ist, der nicht kräftig, entschlossen genug ist, der auch keine Fristen setzt, aber immerhin verlangen wir darin von beiden Ministern, etwas Gemeinsames vorzulegen, und in diesem Sinne ist der Entschließungsantrag okay. Der Bericht, Herr Minister, ist aber mangelhaft.

Ich wiederhole nur einen der grundlegenden Kritikpunkte. Es gibt darin keine systematische Überprüfung über die zu erwartenden Auswirkungen im Zusammenhang mit den geplanten Maßnahmen. Es gibt keine klaren Aussagen zur Hebung der Verkehrssicherheit. Es gibt keine klare Aussage zur Verkehrsvermeidung oder letztlich zur Verkehrsverringerung. Es gibt keine Aussagen zum Verkehrssplitting, dazu, welche Ware mit welchem Verkehrsmittel auf welcher Strecke transportiert wird. Das sind eigentlich die großen Mängel, die hier anzuführen sind.

Es sind darin auch die Wirtschaftsentwicklungen, die wir zu erwarten haben, nicht mit berücksichtigt. Es kann sich ja verkehrsmäßig noch sehr Großes abspielen. Auch auf diesbezügliche neue Entwicklungen geht Ihre Studie nicht ein.

Es gibt auch keine spezielle Behandlung und keine spezielle Ausarbeitung der Frage, wie Sie an jenen Stellen vorgehen wollen, an denen es eine Unfallhäufung gibt. Es fehlt auch eine klare und bessere Einbindung der Güterterminals und des Personenverkehrs. Ich bringe das hier nur in Schlagworten vor, im Ausschuß haben wir ja schon darüber beraten.

Als Kärntner Abgeordneter muß ich natürlich auch zu den Problemen rund um Kärnten Stellung nehmen. Mit einem Wort: Kärnten ist derzeit schwer erreichbar. Mein Kollege Peter wird dazu noch eingehender Stellung nehmen.

Herr Minister! In diesem Sinne sollen Sie initiativ werden. Wir sind der Auffassung, daß Sie endlich auch europaweit das Road-Pricing im Rahmen der EU durchsetzen sollten. Ich erwarte dazu heute hier eine Stellungnahme von Ihnen. Ich möchte wissen: Wann werden Sie diesbezüglich in Brüssel vorstellig? Wann gehen Sie zumindest mit den Nachbarländern in diesem Bereich konform vor?

Das ist eine ganz wichtige Sache. Es ist klar: Das kann nur im Konzert der Völker und Staaten erfolgen. Aber es muß erfolgen, meine Damen und Herren, um den Verkehr in den Griff zu bekommen und uns die Strukturmaßnahmen leisten zu können.

Der stille Wunsch des Liberalen Forums wäre natürlich, einen Vier-Minister-Verkehrsplan zu bekommen. Ziehen Sie doch bitte – und das ist auch eine Kritik an Ihrer Studie – neben dem Verkehrsminister auch noch den Umweltminister und den Sicherheits-, sprich: Innenminister, bei, und legen Sie einen gemeinsamen soliden Plan vor. Denn gerade im Bereich der Sicherheit haben sich im Zusammenhang mit dem Unglück im Tauerntunnel große Mängel gezeigt. Wir verlangen ein bißchen mehr Kooperation – unbeschadet dessen, daß ihr euch am 3. Oktober wahrscheinlich die Hand für die Ewigkeit reichen werdet und es keine große Koalition mehr geben wird, denn es gibt ja schon ein wechselweises Buhlen um die Macht mit dem blauen Drittel hier im Hause. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Eder. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.20

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich ganz kurz auf die Ausführungen des Kollegen Smolle replizieren: Ich glaube nicht, daß wir heute hier unbedingt – was Sie, Kollege Smolle, heute hier noch ein bißchen zu verstärken versucht haben – Straße und Bahn auseinanderdividieren sollten, sondern ich meine, daß wir eine vernünftige Kooperation, daß wir Andocksysteme finden sollten. (Abg. Smolle: Haben Sie den Herrn Kukacka nicht gehört?) Wir sollten prüfen: Wo ist es sinnvoll, mit dem Auto zu fahren, und ab wann wird es sinnvoll, mit der Bahn zu fahren? Da eine vernünftige Dosierung zu finden, halte ich grundsätzlich für wichtig und gut. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich das sage, dann meine ich, daß es sehr gut und zielführend war, daß wir auf der einen Seite den Masterplan und auf der anderen Seite die GSD-Studie hier im Hohen Haus gemeinsam in einem Unterausschuß, der aus Mitgliedern des Verkehrsausschusses und aus Mitgliedern des Bautenausschusses zusammengesetzt war, eingehend diskutieren konnten und letztendlich zu einem Ergebnis gekommen sind, das meines Erachtens sehr vernünftig ist, und das ist der vorliegende Entschließungsantrag.

Ich freue mich eigentlich, daß auch das Liberale Forum diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung gibt. Ich habe auch von der freiheitlichen Fraktion inhaltlich eigentlich nichts wirklich Gegenteiliges in den Unterausschußbesprechungen – die sehr konstruktiv waren, möchte ich sagen – gehört. Es ist allerdings schade, daß Sie wegen einiger Punkte, die darin enthalten sind, diesem Entschließungsantrag, der direkt an die Bundesregierung gerichtet ist, Ihre Zustimmung nicht geben konnten. Aber ich habe natürlich Verständnis, daß man, wenn man einzelne Dinge, die in einem Antrag enthalten sind, nicht haben will, dann auch dem Gesamtprojekt nicht zustimmen kann oder möchte.

Dieser Entschließungsantrag ist darauf aufgebaut, daß wir unnötigen Verkehr vermeiden wollen, daß wir eine Verlagerung des Verkehrs auf umweltfreundliche Verkehrsträger haben wollen – sei es umweltfreundliche Straße oder umweltfreundliche Schiene –, daß wir die Erschließung von bisher schlecht erreichbaren Regionen haben wollen, um dort die Wirtschaft und Industrie entsprechend anzukurbeln, und daß wir die Mitwirkung aller davon Betroffenen haben wollen, um ein hohes Maß an Akzeptanz der Verkehrspolitik zu erwirken. Ich glaube, das ist nur gut und billig.

Erlauben Sie mir, mich mit einem Punkt, der in diesem Entschließungsantrag auch erwähnt ist – es heißt da: Im Rahmen dieser Arbeiten sind insbesondere folgende Netzergänzungen beziehungsweise Netzverbesserungen zu prüfen oder zu berücksichtigen –, etwas näher zu beschäftigen, und zwar mit der Realisierung eines Autobahn- und Schnellstraßenringes um den Großraum Wien.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man sich die Dinge ein bißchen näher ansieht und weiß, wie es zum Beispiel um den Großraum Wien, um das Ballungszentrum Wien bestellt ist – allein was den Pendelverkehr betrifft, weiß man, daß nach Wien täglich 188 000 Pendler zur Arbeit kommen und dann wieder aus der Stadt hinausfahren; aber auch für Linz, Graz und Salzburg habe ich die Zahlen: in Linz sind es etwa 80 000, in Graz 66 000 und in Salzburg 43 000 –, dann erkennt man natürlich schon eine gewisse Wertigkeit bei der Schwerpunktsetzung, wo man bestimmte verkehrspolitische Maßnahmen in erster Linie zu treffen hat.

Man muß da auch ganz klar dazusagen: Selbstverständlich kommt dem öffentlichen Verkehr Priorität zu, aber es gibt doch viele Berufszweige, wo es den darin beschäftigten Menschen aus verschiedensten Gründen nicht möglich ist, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, und sie daher auf individuelle Verkehrsmittel zurückgreifen müssen. Daher haben wir meines Erachtens alle Kräfte zu sammeln, um den Menschen in Österreich einen Megastau, vor allem in der Früh und am Abend in den Ballungszentren, zu ersparen.

Wenn die Zahlen vom Verkehrsclub Österreich, die ich hier habe, stimmen, dann verlieren wir pro Jahr rund 88 Milliarden Schilling durch Staus. Wenn es weniger ist, dann ist es auch noch sehr viel. Daher unterstütze ich Initiativen wie die vom Kollegen Edler eingebrachte Petition, die hier jetzt mit verhandelt wird, in welcher vehement gefordert wird, daß die Südosttangente als einzige Umfahrungsstraße Wiens wirklich eine Entlastung braucht, denn es sind derzeit an Spitzentagen auf der Südosttangente bereits 180 000 Fahrzeuge, davon 20 000 LKW, unterwegs, und diese Verkehrsdichte hat man ganz einfach zu bewältigen. (Abg. Mag. Kukacka ironisch – in Richtung des Abg. Edler –: Warum bauen wir dort keine Bahnen? – Abg. Edler, lachend – in Richtung des Abg. Mag. Kukacka –: Dort gibt es keine Bahnen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, daß Minister Farnleitner diese Forderung unterstützt. Ich kann auch mit Freude festhalten, daß, wie ich einer Presseaussendung entnehmen kann, der Ministerrat nun doch auch die Novelle zum Bundesstraßengesetz beschlossen hat, um im Raum Wien – aufgrund der Öffnung der östlichen Nachbarstaaten und so weiter – entsprechende Verkehrsentlastungen zu erreichen. Herr Bundesminister! Ich kann nur ersuchen, daß man, gerade was diese Nordostumfahrung Wiens betrifft, auf jeden Fall mit berücksichtigen sollte, daß da wirklich ein sehr beachtlicher Teil unserer Bevölkerung eine Verbesserung der Lebensqualität bekommen könnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige Worte zum Bundesstraßenfinanzierungsgesetz. Erst heute habe ich wieder zu meinem Bedauern im "WirtschaftsBlatt" lesen müssen, daß nunmehr die Wirtschaft sogar mit Klagsdrohungen kommt, um dieses Mautsystem, dieses Road-Pricing-System zu verhindern. Ich halte das wirklich für unerträglich.

Ich glaube, daß wir im Sinne einer vernünftigen Wirtschaftspolitik, einer vernünftigen Verkehrspolitik und einer vernünftigen Standortpolitik alle Kräfte vereinen sollten, um Road-Pricing rasch auf die Beine zu stellen.

Das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz wurde ja auch deswegen geschaffen, damit Sie, Herr Minister, rasch Verordnungen erlassen können, damit wir rasch zu jenen Systemen kommen, die wir verkehrspolitisch unbedingt brauchen.

Ich verstehe den Kollegen Firlinger überhaupt nicht, wenn er sagt, daß wir Road-Pricing vor allem für LKW nicht brauchen. Ich darf aber hier klarmachen und eindeutig feststellen, daß auf Verlangen der sozialdemokratischen Fraktion Road-Pricing für PKW in diesem Bundesstraßenfinanzierungsgesetz nicht mehr vorgesehen ist, sodaß nunmehr die klare und eindeutige Situation besteht, daß wir Road-Pricing nur mehr für LKW und nicht mehr für PKW brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme damit schon zum Schluß meiner Ausführungen und darf wiederholen: Versuchen wir gemeinsam, möglichst rasch eine Lösung für die Ballungszentren zu finden! Versuchen wir, die Arbeiten für die Vignette für das LKW-Road-Pricing voranzutreiben, auch wenn der Termin nunmehr aus dem Gesetz herausgefallen ist, aber trotzdem, unabhängig davon. Versuchen wir auch, auf die ASFINAG, auf jene Unternehmungen, die das jetzt umzusetzen haben, einzuwirken und mitzuhelfen, daß auch die Mautstellen-Verordnungen und all die anderen Dinge, die jetzt notwendig sind, um das rasch auf die Beine zu stellen, möglichst so geschehen, daß wir da für die Bevölkerung und auch für die Wirtschaft eine effiziente Lösung bekommen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kukacka.)

19.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Gabriela Moser – auf dem Weg zum Rednerpult in Richtung des Abg. Mag. Kukacka –: Entlarvung der Ideologien! – Abg. Mag. Kukacka: Halten Sie wieder einen ideologischen Vortrag?)

19.28

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrter Minister! Meine Kollegen und Kolleginnen! GSD, die Studie über die Gestaltung des Straßennetzes im Donaueuropäischen Raum unter besonderer Beachtung des Wirtschaftsstandortes Österreich, trägt auf der einen Seite den falschen Titel – ich werde das begründen – und hat auf der anderen Seite an sich gar keine Notwendigkeit als Element einer Verkehrspolitik.

Zur These eins – ich komme dann zur Ideologie –, zum falschen Titel: Schlagen Sie die GSD-Studie auf und lesen Sie im Vorwort nach! Da steht unter anderem folgendes: "Die raumwirtschaftlich begründete GSD-Methode" – das heißt sozusagen von einem Wirtschaftsballungsraum zum anderen Verbindungen schaffen – "mit ihrem prinzipiell" – und jetzt wird es interessant – "verkehrsträgerunabhängigen Ansatz weist hohe Stabilität hinsichtlich der Ergebnisse auf."

GSD ist verkehrsträgerübergreifend! Es war Ihr Auftrag, daß man GSD in Richtung Straßenbau ummünzt. Lesen Sie diese Studie! Sie werden nämlich nicht nur auf Seite 5 diesen verkehrsträgerunabhängigen Ansatz finden. Lesen Sie weiter! Da steht auch: "Durch die weitere Vertiefung in Form von verkehrsträgerübergreifenden Netz- bzw. Korridoruntersuchungen wird sichergestellt, daß multimodale Aspekte und die Umweltbelange in gebührender Form im Straßennetz der Zukunft Berücksichtigung finden werden."

Da kommt auf einmal das Straßennetz herein, aber der Ansatzpunkt der Studie, Herr Minister und Herr Kollege Kukacka, ist sehr wohl verkehrsträgerunabhängig und -übergreifend. Man findet diesen Ansatzpunkt auf verschiedensten Seiten – ich kann es Ihnen ja noch kurz darlegen –, zum Beispiel ganz deutlich auch auf der Seite 17. Da steht wieder: "Die gewählte methodische Vorgangsweise zur Netzgestaltung ist zunächst weitgehend unabhängig vom Verkehrsträger."

Dann blättern Sie um, und da finden Sie genau das, was eigentlich jetzt der politische Rösselsprung ist. Auf der nächsten Seite, auf Seite 18, ist zu lesen, obwohl vorher von "verkehrsträgerunabhängig" die Rede war: "Prinzipiell können daraus die funktionellen Verbindungen für jeden der drei Landverkehrsträger" – für jeden, bitte! – "Schiene, Straße und Binnenwasserstraße ermittelt werden."

Und jetzt kommt das, was der politische Auftrag ist und weswegen sich die Studienautoren mehrmals den Hals verrenken und sozusagen die Feder krümmen mußten. Es steht hier: "Der Aufgabenstellung entsprechend wurden die ermittelten Verbindungserfordernisse hinsichtlich der Spezifik des Straßenverkehrs vertieft und auf ein Straßennetz nach Attraktivitätskriterien ... umgelegt ..."

Ursprünglich war GSD – oder eigentlich "GVT", "Gestaltung der Verkehrsträger" – durchaus intermodal. Es war aber immer der politische Druck und die Aufgabenstellung vorhanden, das ganze verkehrsträgerübergreifende Verbindungskonzept auf die Straße zu reduzieren. (Abg. Mag. Kukacka: Wir haben eine Alternative zum Masterplan gebraucht!) Hätten Sie den Wissenschaftern freien Raum gegeben, wären sie bei ihrer verkehrsträgerübergreifenden Form geblieben, aber es war halt die politische Feder auch am Werk, und so wurde das Ganze zurechtgestutzt in Richtung Straße. (Abg. Mag. Kukacka: Masterpläne brauchen wir wirklich nicht noch mehr!)

Sie können das dann in der Schlußfolgerung, in der Zusammenfassung auch noch wunderbar nachvollziehen. Da ist dann auf einmal die Rede vom "Verkehrsträger Straße", von "funktionell höchstrangigen Straßenverbindungen".

Und im Schlußsatz dieser Schlußfolgerung, in dem alles kulminiert, heißt es: "Durch die weitere Vertiefung in Form von verkehrsträgerübergreifenden Netz- beziehungsweise Korridoruntersuchungen wird sichergestellt, daß multimodale Aspekte und Umweltbelange in gebührender Form Berücksichtigung finden werden."

Gerade im Schlußsatz steht wieder "verkehrsträgerübergreifend" und nicht "Straße", so wie es gemeinhin hingestellt wird, wie es auch in der politischen Diskussion hier verwendet wird, wodurch diese Studie teilweise auch mißbräuchlich zum Einsatz kommt. Das wollte ich einmal von vornherein klarstellen, daß durch diese "GVT" – ich darf das jetzt ein wenig umbenennen – sehr wohl eine ordnende Dimension in die Verkehrspolitik oder auch in die Wirtschaftspolitik einfließt, daß es hier sehr wohl einen intermodalen Ansatz gibt, daß aber immer wieder der politische Druck spürbar wird, daß das in Richtung Straße gedreht werden soll. (Abg. Mag. Kukacka: Sind Sie jetzt für oder gegen diese Studie? Ist sie jetzt richtig oder falsch!)

Diese Studie ist durch ihre Zwiespältigkeit für mich indiskutabel, weil nämlich von den Autoren immer wieder zwangsweise die Straße dort eingeflochten wird, wo sie sozusagen dem politischen Auftraggeber paßt. Das ist für mich die Untragbarkeit des Endergebnisses, und ich kann die Studie auch deswegen nicht mittragen, weil der Titel falsch ist. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist beim Masterplan anders?) Der Titel heißt "GSD", und wiederholt wird argumentiert: verkehrsträgerübergreifend. – Insofern hat sie meine Zustimmung nicht.

Ich gehe jetzt auf Ihre Argumente ein, Herr Kollege Kukacka, die da lauteten: Wir brauchen in der Verkehrspolitik die europäische Dimension, wir müssen die Nachbarstaaten berücksichtigen. – Jawohl, aber wer sagt uns, daß wir die Nachbarstaaten nicht auch auf der Schiene erreichen (Abg. Mag. Kukacka: Auch!), wer sagt uns, daß wir die Nachbarstaaten nicht auch auf dem Wasserweg erreichen (Abg. Marizzi: Zu Fuß!), wer sagt uns, daß wir ausgerechnet immer mehr auf der Straße fahren müssen? Das sagen Sie, das ist Ihre Ideologie. Eindeutig! Das ist Ihre Werthaltung. Das ist eine Entscheidung, und die ist unter anderem halt auch ideologisch. (Abg. Marizzi: Oder zu Pferd!)

Zum zweiten Vorwurf, den Sie als Ideologie in den Raum stellten: Kein Straßenbau bedeute nicht kein Verkehr. – Sie wissen genau: Dort, wo keine Straße ist, kann auch kein Straßenverkehr stattfinden. Dort, wo Straßen sind und diese noch verbreitert und verlängert und Lücken geschlossen werden, dort ist in der Realität, empirisch nachvollziehbar, einfach mehr Verkehr. Schlicht und einfach! Das ist Erfahrung, das ist nicht Ideologie, das ist Tatsache. (Abg. Mag. Kukacka: Dann dürfen Sie nicht mehr auf Bundesstraßen nach Wien fahren!)

Zum nächsten Argument: Grundsätzlich sollen wir Mittel, die bei der Schiene sowieso nicht verbaut werden, in Richtung mehr Straßenbau umwidmen. – Ich bin eher der Meinung, daß wir unsere Budgetmittel sehr sorgsam verwalten und nicht jedes Geld sozusagen zum Bau auf die Straße werfen sollten. Wenn im Schienenbau 3 Milliarden Schilling übrigbleiben, dann sage ich Ihnen, es gibt noch zig andere Projekte, bei denen Geldknappheit herrscht und für die wir dringend Mittel brauchen. Für diese kann man das Geld aufwenden, man muß es nicht für die Straße ausgeben. (Abg. Mag. Kukacka: Es wird kein Schilling aus dem Budget für die Autobahnen verwendet!)

Vor allem wegen eines Grundsatzphänomens darf ich nicht jeden Schilling auf die Straße legen, und dieser Zusammenhang ist ja auch in der EU-Verkehrspolitik sehr deutlich zum Ausdruck gebracht worden. Gerade vor dem Hintergrund der Ideologiediskussion darf ich Ihnen vielleicht noch ein paar Bemerkungen von EU-Kommissionen vortragen und dann noch einmal die Ideologiefrage stellen.

Was meinen Sie, Herr Kollege Kukacka, zu folgender Äußerung? Sie ist in der "Österreichischen Gemeindezeitung" zu lesen, einem Organ, das, glaube ich, jenseits jeder Ideologie angesiedelt ist – zumindest nach Ihrem Verständnis. Da findet sich eine Zusammenfassung einer Kommissionsstudie zum Thema "Verkehr und CO2 – Entwicklung eines Gemeinschaftskonzepts", und da steht folgendes:

"Besonders wichtig ist nach Auffassung des Ausschusses eine integrierte Verkehrs- und Raumplanung" – auch in der GSD-Studie wird immer wieder Verkehrs- und Raumplanung verknüpft –, "die bewußt auf die Senkung der Verkehrsnachfrage abzielt. Der Ausschuß" – das ist der Ausschuß der Regionen – "ermuntert die Kommission, weitere Konzepte zu entwickeln ..."

Bitte, es geht um die Senkung der Verkehrsnachfrage! Ist das Ideologie? (Abg. Mag. Kukacka: Das ist selektive Wahrnehmung!)

Ich kann das noch weiter untermauern, denn die "Gemeindezeitung" hat ja viele Seiten. Da kann man ohne weiteres noch andere Fakten zitieren. Auf Seite 24 ist wieder ein Bericht der Kommission mit dem Titel "Intermodalität und intermodaler Güterverkehr in der Europäischen Union" abgedruckt, und da ist zu lesen:

"Die zur Förderung der Intermodalität ergriffenen Maßnahmen müssen darauf abzielen, einen möglichst großen Einsatz jener Verkehrsträger zu bewirken, die umweltfreundlicher sind und die Lebensqualität der Bürger möglichst wenig beeinträchtigen ..." –

Bitte, das ist Standpunkt der Kommission. (Abg. Mag. Kukacka: Das betreiben wir auch!) Ich glaube, die ist – zumindest zum Teil – völlig erhaben über irgendeinen Ideologievorwurf. (Abg. Mag. Kukacka: Darum bauen wir ja die Westbahn viergleisig aus!)

Zum Schluß darf ich Ihnen noch aus einem Grünbuch der Kommission, also aus EU-Mund, vorlesen, und zwar aus dem Grünbuch über effiziente und faire Preise im Verkehrsbereich. Auf Seite 9 bei der Zusammenfassung steht folgendes: "Die Kosten der Verkehrsüberlastung in der Union werden auf ungefähr 2 Prozent des BIP pro Jahr geschätzt; Unfälle schlagen mit weiteren 1,5 Prozent, Luftverschmutzung und Lärm mit mindestens 0,6 Prozent zu Buche. Unionsweit belaufen sich die Gesamtkosten alljährlich auf ungefähr 250 Milliarden ECU, wovon mehr als 90 Prozent auf den Straßenverkehr entfallen."

Das sind Fakten! Ich glaube, das ist jenseits irgendeiner Ideologie, und verkehrspolitisch muß ich mich an diesen Fakten orientieren. (Abg. Mag. Kukacka: Natürlich!) Die Antwort kann jetzt nicht heißen: Ich baue weiter und widerspreche dann diesen Szenarien beziehungsweise diesen Beschreibungen, sondern die Antwort heißt, Verkehrspolitik verkehrsträgerübergreifend und verlagernd zu gestalten. Die Layer-Methode, die hier in der GSD-Studie – so heißt sie halt doch – angewendet wird, kann sehr wohl auf der Schiene praktiziert werden. Das sagen ja die Autoren immer wieder.

Herr Bundesminister! Ich darf Ihnen jetzt noch einmal persönlich in aller Konsequenz vor Augen halten, was eine rein straßenverkehrsorientierte Politik nach sich zieht. Wir haben im Ausschuß auch darüber gesprochen, und Sie haben mir immer wieder sehr offen und ehrlich geantwortet. Ich schätze Ihre Ehrlichkeit, ich unterstreiche Ihre Ehrlichkeit (Abg. Haigermoser: Das Wort "ehrlich" kommt mir ein bißchen zu oft vor!), und ich hätte heute auch gerne noch eine ehrliche Stellungnahme von Ihnen, denn Sie haben immer wieder im Ausschuß darauf hingewiesen, daß Sie sich als Vertreter der im Stau stehenden Autofahrer bekennen.

Ich frage jetzt: Was sagen Sie dazu, daß wir laut einer jüngst vorgestellten internationalen Studie jährlich 2 400 Tote aufgrund von CO2-Emissionen haben, die größtenteils aus dem Verkehr kommen? Wir haben doppelt so viele Tote wie bei Verkehrsunfällen, die auf durch das Verkehrsaufkommen verursachte Emissionen zurückzuführen sind. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist eine Hypothese!) Kollege Bartenstein, ein Parteikollege von Ihnen, hat die Studie in Auftrag gegeben. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist eine reine Hypothese!) Ich frage Sie: Wie verantworten Sie Ihre Straßenbaupolitik gegenüber diesen Menschen, die Asthma haben, die zu früh sterben, weil es Verkehrsemissionen gibt, weil es Emissionen gibt, die durch eine Verkehrspolitik verursacht werden, die sich eben nicht an den Wirtschaftlichkeitskriterien orientiert, sondern rein straßenorientiert ist? (Abg. Mag. Kukacka: Haben Sie Ihr Auto schon verkauft?)

Ich frage weiter – Sie sind ein ehrlicher Mensch, Herr Minister –: Wie können Sie diese Straßenbaupolitik angesichts des Klimazieles vertreten? Ich habe nach der Sitzung des Bautenausschusses mit dem Herrn Umweltminister im Umweltausschuß darüber gesprochen, und er hat gesagt, wir haben einen großen staatlichen Notstand, um das Reduktionspotential von minus 13 Prozent zu erzielen und zu erreichen. Und ich frage Sie: Wie soll das zusammengehen? Mit dieser Verkehrspolitik läuft es in die andere Richtung!

Zum Schluß noch: Es geht insgesamt um umweltpolitische und lebenspolitische Grundsatzkonstellationen, die die Voraussetzung sind für jede wirtschaftliche Tätigkeit. Und darum noch meine Abschlußfrage, worauf ich mir eine ehrliche Antwort erwarte: Wie können Sie diese Straßenbaupolitik auch verantworten gegenüber dem, was wir insgesamt an Lebensgrundlagen brauchen, an Grundlagen für ein gesundes Leben, an Grundlagen für ein Leben für unsere zukünftigen Generationen?

Diese Abschlußfrage möchte ich noch mit einer Ergänzung versehen: Es gibt im GSD-Schlußbericht noch eine eigene Seite, auf der gegenüberstellt wird, was die GSD-Gutachter vorschlagen, was die Länder wollen und was das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten an Straßenprojekten will. Und man siehe und staune! Die Gutachter sind da vergleichsweise noch zurückhaltend, die Länder sind schon etwas fordernder, aber das ambitionierteste Straßenbauprogramm kommt wirklich aus Ihrem Ministerium.

Ehrlicherweise müßten Sie daher sagen: Wir sind keine politische Institution, sondern wir sind der direkte Lobbyist von Wirtschaftsinteressen, die sich nur im LKW-Verkehr irgendwie verwirklichen können. Das wäre vielleicht eine ehrliche Antwort. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Das ist eine Unterstellung!) Ich habe gesagt "vielleicht".

19.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Herr Abgeordneter Großruck zu Wort gemeldet. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.43

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Moser! Ich glaube, nicht nur mir ist es beim Zuhören Ihrer Ausführungen so gegangen, sondern auch den meisten anderen hier herinnen: Wir haben nicht gewußt, was Sie wollen. Wir wissen es jetzt noch nicht. (Abg. Marizzi: Das war nur Hysterie!) Sie müssen uns erklären, wie der Herr Voggenhuber und die Frau Echerer nach Brüssel oder nach Straßburg fahren sollen. Sie müssen das Flugzeug benützen. Oder sollen sie mit einem dressierten Laubfrosch zu den Sitzungen hinaushüpfen? (Lebhafte Heiterkeit des Abg. Mag. Kukacka.) Oder wie wollen Sie zu den Parlamentssitzungen nach Wien kommen? Wollen Sie sich auf der Donau heruntertreiben lassen und dann zurück mit einem dressierten Wels reisen? (Neuerliche Heiterkeit des Abg. Mag. Kukacka.)

Das sind die Vorstellungen, die Sie haben. Mit denen können wir nichts anfangen. Wir müssen die Probleme, die jetzt bestehen, lösen, Frau Kollegin Moser, und dürfen nicht in Träumereien schwelgen. Der Verkehr wird deshalb nicht weniger, obwohl Sie ihn insgesamt abschaffen wollen. Aber das löst das Problem nicht. Also zurück zur Seriosität und zurück zu einem Lösungsansatz der Probleme, die wir in Österreich haben!

Die einen sagen Road-Pricing, die anderen meinen, eine fahrleistungsabhängige Maut sei die Lösung, viele andere sagen, es muß einfach etwas geschehen, um des Verkehrsaufkommens Herr zu werden, alle meinen dasselbe: Die dynamische Entwicklung der Wirtschaft, die Ostöffnung haben uns vor Probleme gestellt, die gelöst gehören. Der Lösungsansatz besteht nicht darin, zu verbieten, sondern ein intelligenter Lösungsansatz ist, danach zu trachten, der Verkehrslawine Herr werden zu können.

Da bieten sich für meine Begriffe zwei Möglichkeiten an: die eine ist eine funktionierende Logistik und der optimale Einsatz aller Verkehrsmittel und Verkehrswege, die zweite die Bereitstellung der nötigen Finanzmittel.

Heute steht in den "Oberösterreichischen Nachrichten": Gefahr durch Schwerfahrzeuge, Unfallzahlen steigen rasant an. Meine Damen und Herren! Wenn Sie die Autobahn Wien – Linz oder umgekehrt benützen, dann ist es ein Spießrutenlauf, den Sie manchmal absolvieren müssen, ein Tanz auf dem Vulkan, denn da befindet man sich als PKW-Lenker mitten in einer LKW-Rallye, die einem Formel-1-Rennen alle Ehre machen würde, weil auch hier die Macht des Stärkeren diktiert.

Hier muß etwas geschehen, um dieses Problems Herr zu werden. Es gehört die West Autobahn von Linz nach Wien beispielsweise dreispurig ausgebaut, es gehören andere Probleme gelöst, beispielsweise das Problem Linz/Bindermichl, wo die Leute neben einer verkehrsreichen Straße wohnen, wo der Verkehr nicht abgestellt werden kann, sondern durch entsprechende Maßnahmen erträglich zu gestalten ist. Es gehört beispielsweise eine Lösung für die Welser Westspange her, wie sie von vielen gefordert wird und wofür jetzt Finanzmittel bereitgestellt werden. Es gehört ein Lückenschluß der Pyhrn Autobahn in Kirchdorf her. Und jedes Bundesland wird wahrscheinlich eine Vielzahl von Problemen aufzählen können, die gelöst gehören – aber nicht durch ein Verbieten des Verkehrs, Frau Moser, denn damit können Sie kein Problem lösen, sondern Sie müssen jetzt auf die gegenwärtige Situation eingehen.

Mir ist schon klar – und da sind wir uns, glaube ich, alle einig –, daß eine ideale Kombination aller Verkehrsmittel, ob das jetzt die Schiene ist, ob das die Straße ist, ob das der Wasserweg oder auch der Luftweg ist, gefunden werden muß, daß eine vernünftige Lösung nur mit Hilfe aller Verkehrsmittel, die zur Verfügung stehen, zu erreichen ist. Aber das heißt nicht, daß wir jetzt aufhören sollten, Straßen zu bauen.

Sie haben diese Studie erwähnt, Frau Kollegin Moser. Daraus geht eindeutig hervor, daß sich im Jahre 2020 das Bruttoinlandsprodukt, das im Bereich von fünf Stunden Fahrzeit von Linz erreichbar ist, verfünffachen wird. Das können Sie jetzt wollen oder nicht, das können Sie jetzt wünschen oder nicht, das ist Tatsache. Die Prognosen dieser Studie werden wahrscheinlich eintreten. Kollege Kukacka hat vorhin gesagt, daß sich der Verkehr in den letzten zehn, fünfzehn Jahren versechsfacht hat. Und genauso wird er sich in den nächsten zehn, zwanzig Jahren verfünffachen.

Hier gehören Lösungsansätze her! Es gehören auch die Straßen entsprechend ausgebaut – parallel zum öffentlichen Verkehr, parallel zum Schienenverkehr. Und da bietet natürlich das Road-Pricing, ob es uns jetzt gefällt oder nicht, einen Lösungsansatz, um auch die Finanzmittel bereitstellen zu können.

Das Road-Pricing muß effizient eingesetzt werden. Unter Effizienz verstehe ich: gemäß dem Stand der Technik. Wir haben gehört, LKW ab 3,5 Tonnen sollen kilometerabhängig Beiträge bezahlen, um damit die Straßen erhalten und das hochrangige Straßensystem entsprechend adaptieren und ausbauen zu können. Das Road-Pricing soll aber ausgewogen sein, Herr Minister, und daher ersuche ich Sie, darauf zu achten, daß es bei verschiedenen Anschlüssen nicht zu Ungereimtheiten oder zu Ungerechtigkeiten kommt, beispielsweise für LKW, die auf der Innkreis Autobahn fahren. Die Wirtschaftskammer Oberösterreich hat eine Studie angeführt, wonach es bei der jetzigen Planung zu uneinheitlichen Vorschreibungen kommen würde. Beispielsweise muß ein 20-Tonnen-Fahrzeug für zehn Kilometer 150 S zahlen, auf einer anderen Strecke vielleicht nur 50 S. Es muß also zu einer Ausgewogenheit kommen, damit auch die Kritik aus der Wirtschaft verstummt, die jetzt sagt, das sei unausgereift. Also ich bitte, dafür zu sorgen, daß diese Ausgewogenheit auch bei der Berechnung der kilometerabhängigen Maut entsprechend hergestellt wird.

Darüber hinaus müssen die Erträge des Road-Pricing natürlich zweckgebunden sein. Es darf nicht mehr vorkommen, daß sie – so wie das bei der Mineralölsteuer der Fall war – im allgemeinen Budget verschwinden, sondern – ich glaube, das ist eine Forderung von uns allen – wenn hier Beträge eingehoben werden, dann ausschließlich und zweckgebunden für die Errichtung und den Ausbau eines hochrangigen Straßensystems.

Wir sind dafür, daß es zu einer Verbesserung der Verkehrssituation kommt. Wir sehen dies als verantwortliche Verkehrspolitik, auch wenn es nicht allen gefällt. Aber es gibt keine anderen Lösungsansätze, als danach zu trachten, dieser großen Problematik, vor der wir stehen, Herr zu werden. (Beifall bei der ÖVP.)

19.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das Road-Pricing beschäftigt heute offensichtlich sehr viele (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl – auf leere Plätze in den Reihen der SPÖ weisend –: Außer der SPÖ!), auch, wie festzustellen ist, die Wirtschaftskammer Österreich, die in den Ländern Aussendungen zum Thema Road-Pricing gemacht hat – diese werden Ihnen, Herr Bundesminister, sicherlich nicht unbekannt sein –, in denen ganz klar dargestellt wird, daß durch das Road-Pricing Kosten für die Wirtschaft, für die Frächter bis hin zum Konsumenten, zum Bürger, der diese Kosten zu tragen hat, in einer Höhe von 4,2 Milliarden Schilling entstehen werden. – Nachzulesen in einer Aussendung der Wirtschaftskammer Österreich!

Von diesen Kosten in der Höhe von 4,2 Milliarden Schilling bleiben – wie sich Herr Kollege Großruck das wünscht – für den Straßenbau zweckgebunden ganze 300 Millionen Schilling übrig! (Abg. Mag. Kukacka: Das ist ja völliger Blödsinn! Das ist ja Unsinn!) Sie kennen doch diese Aussendung. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Darin steht das, was Sie als Blödsinn bezeichnen. Ich weiß schon, daß Sie eine andere Position haben, denn Ihnen von der ÖVP geht es immer nur darum, die Bürger hinters Licht zu führen, doppelzüngig zu sprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kukacka: Sie müssen das einmal nachrechnen, dann bemerken Sie, daß das falsch ist!)

So gibt es beispielsweise eine Resolution der Bundessektion für Verkehr, in der man sich gegen die Einführung des Road-Pricing ausspricht und es nur im Rahmen einer umfassenden europäischen Harmonisierung installieren will. (Ruf bei der ÖVP: Nichts anderes wollen wir!) Dabei hat Ihre Fraktion in der Wirtschaftskammer ebenfalls mitgestimmt!

Sehr geehrte Damen und Herren! Da die Wirtschaftskammer Österreich in dieser Frage ganz klar Position bezogen hat, bin ich gespannt, wie die Herren Kämmerer, die Wirtschaftsbündler – und es gibt ja sehr prominente Vertreter der Wirtschaftskammer hier in diesem Hause – zum Thema Road-Pricing heute hier abstimmen werden.

Mir fallen hiezu zwei Möglichkeiten ein, wie es sein wird. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka.) Die erste Möglichkeit wäre, der Abstimmung fernzubleiben, damit sie auch in Zukunft sagen können: Na wir sind ja nicht dafür gewesen. Wir haben ja nicht dafür gestimmt! – Draußen in den Couloirs werden sich so manche Wirtschaftsbündler aufhalten – Präsident Maderthaner, Herr Stummvoll, Frau Tichy-Schreder. Ich frage Sie, Herr Kollege Stummvoll, Herr Generalsekretär: Bleiben Sie bei der Abstimmung zum Road-Pricing hier herinnen? (Abg. Dr. Stummvoll: Das werden Sie rechtzeitig sehen! Hoffentlich sind Sie herinnen! – Abg. Haigermoser: Das wird ja interessant!)

Das wird sehr interessant, ebenso die Frage, wie Präsident Puttinger und Kollege Trinkl, die den Zwangsmitgliedern ihrer Wirtschaftskammer immer wieder weismachen wollen, daß sie im Interesse ihrer Zwangsmitglieder mit Vehemenz gegen diese neuerliche Belastung auftreten, stimmen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kukacka: Wir haben unabhängige Mandatare!)

Aber das Ganze ist nur zum Schein. (Abg. Mag. Kukacka: Bei uns gibt es keinen Fraktionszwang!) Die Realität ist das System der ÖVP, der Wirtschaftsbündler, in dem sich immer wieder Spiegelfechterei und Doppelzüngigkeit breitmachen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht jedoch durch diesen Beschluß des Road-Pricing nicht nur um einen neuerlichen Anschlag auf die Wirtschaft, wie die Herren Kämmerer des Wirtschaftsbundes, der Vertretung der Wirtschaft, immer wieder betonen. Im Rahmen Ihrer sozialistischen Regierungskoalition wird ein weiterer Anschlag verübt. Die Krönung dabei ist, daß Sie ein veraltetes, überkommenes System ausgewählt haben. Sie haben im Zuge der Systemauswahl nämlich einen Konzern beauftragt, und dieser hat sich ein System ausgesucht. "Zufälligerweise" beginnt der Name dieses Konzerns mit einem "S" und hört mit "iemens" auf, und "zufälligerweise" stellt er fest, daß das eigene System hiefür am besten geeignet ist. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist wie eine Leibrente!)

Herr Bundesminister, ich habe Sie im Ausschuß diesbezüglich bereits angesprochen, Sie ziehen sich aber auf die Position zurück: Road-Pricing über ein Satellitensystem sei erst im Jahre 2008 möglich, nämlich dann, wenn das europäische Satellitensystem installiert ist. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist ja unbestritten!)

Ich betrachte es einfach als ignorant, quasi ein steuerliches Nullsummenspiel mit Einnahmen von 300 Millionen Schilling und Belastungen für die Wirtschaft, für die Bürger in der Höhe von 4,2 Milliarden Schilling zu betreiben. (Widerspruch bei der ÖVP.) Ich bezeichne das als Ignoranz! 136 Milliarden Schilling betragen die Einnahmen aus dem Titel Verkehr, und ganze 30 Miliarden Schilling werden für Straßenbau und -instandhaltung aufgewendet.

Da es hier eine so große Kluft gibt – und Sie, Herr Kollege Großruck, sind ja offensichtlich auch für Zweckbindungen –, werde ich eine Empfehlung für eine sinnvolle Verwendung des Geldes aus dem Titel Verkehr abgeben.

Ich bringe hiemit folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Aumayr, Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Krüger, Madl, Meisinger, Dr. Pumberger, Mag. Firlinger und Kollegen betreffend die Dringlichkeit von Straßenbauvorhaben in Oberösterreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, raschest entsprechende Maßnahmen zu setzen, um die umgehende Realisierung nachstehender Straßenbauprojekte sicherzustellen:

1. Fertigstellung der A 7 Mühlkreis Autobahn von Unter-Weitersdorf bis zur Staatsgrenze

2. Errichtung der 4. Linzer Donaubrücke mit anschließender Tunnel-Variante

3. Einhausung der A 7 im Bereich der Stadtteile Bindermichl und Spallerhof."

*****

Machen Sie dafür eine Zweckbindung, und realisieren Sie einmal diese seit 20 Jahren versprochenen Projekte! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt, steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte, Herr Bundesminister.

19.56

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst einige grundsätzliche Bemerkungen. Das Road-Pricing ist in diesem Haus bereits seit dem Jahre 1996 beschlossen. Was heute hier passiert, sind einige Änderungen, weil eine Passage vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde (Abg. Dr. Trinkl: Das weiß doch der Hofmann nicht!) und weil wir in einigen anderen Teilen Spezifizierungen vornehmen, wie etwa das noch halboffene System und die Frage, welche Ebene künftig Vignetten festlegen soll. Ansonsten geht es um die Umsetzung bereits seit Jahren beschlossener, und zwar hier beschlossener Bestimmungen.

Zweiter Punkt – ich kann es noch hundertmal wiederholen –: Es wurde hier auch bereits – zwar nicht von allen, aber von der Mehrheit – beschlossen, daß die ASFINAG einen eigenen Rechenkreis zu betreuen hat, sie die Einnahmen aus dem Road-Pricing bekommt sowie alle Rechnungen, die aus den verschiedenen Häusern kommen. Es ist natürlich klar, daß jedes System irgendwann seine Errichtungskosten einspielen muß. Diese kann ich im ersten Jahr zur Gänze hineinrechnen, ich kann sie aber auch später hineinrechnen.

Ich halte aber zur Klarstellung fest: Es besteht gemeinsam mit dem deutschen Verkehrsministerium die Absicht, auf europäischer Ebene in zweifacher Weise aktiv zu werden. Erstens wollen wir von den bisher in Europa gepflogenen halboffenen Systemen, die Sie von jeder Urlaubsreise nach Italien, Spanien oder sonstwohin kennen müßten, zu einem anderen europäischen Systembeschluß kommen, der die Benützung einer obligatorischen "onboard unit" ermöglicht. Das wäre ein vollautomatisches System! Dazu bedarf es aber neuer Beschlußunterlagen. Wir werden gemeinsam mit der deutschen Bundesregierung im neuen Europäischen Parlament und in der neuen Europäischen Kommission in dieser Hinsicht aktiv werden. – Erster Punkt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Ich darf wirklich darauf hinweisen, daß die derzeitige Situation so ist, daß die auf der Straße beförderte Tonnage viermal so hoch ist wie jene auf der Bahn, daß sich in puncto Personenverkehr auf der Straße neunmal soviel bewegt wie auf der Schiene, daß insgesamt 50 Prozent des öffentlichen Verkehrs in Österreich auf der Straße abgewickelt werden – öffentliche Busse, Taxis und andere Verkehrsmittel – und daß wir die Straße überwiegend auch deshalb brauchen, weil sie der Vorlauf und auch die Nachserviceleistung zur Eisenbahn ist, denn nicht jeder Absender beziehungsweise Empfänger von transportierten Gütern liegt an der Eisenbahn.

Daher ist es keine Übertreibung zu sagen – und das wurde in der GSD-Studie richtigerweise von Beginn an gesagt –: Wir verfolgen den multimodalen Ansatz auf allen drei Ebenen – ich sage nochmals: Bahn, Straße und Wasser –, und dazu brauchen wir auch eine relativ deutliche Transparenz dessen, was im nächsten Dezennium an Verkehr allein aus der Systematik der innereuropäischen Wirtschaftsentwicklung auf uns zukommen wird.

Damit keine Mißverhältnisse entstehen können, ist auch zu sagen, daß ein Teil des Widerstandes gegen das Road-Pricing selbstverständlich daher kommt, daß 80 Prozent der davon betroffenen Fahrzeuge inländische LKW sind, denn es ist nicht wahr, daß nur Ausländer durch Österreich fahren. Jeder, der auf Österreichs Autobahnen unterwegs ist, kann feststellen, daß die ausländischen LKW in der Minderheit sind. Daher: Wir selbst machen uns den meisten Verkehr, weil wir ein dicht vernetztes Wirtschaftsgebiet geworden sind!

Herr Präsident! Hohes Haus! Auch dazu noch eine Klarstellung: Road-Pricing heißt, daß jene, die "just in place" produzieren, einen erheblichen Vorteil gegenüber jenen haben, die "just in time" liefern müssen. Es muß doch Sinn machen, daß – und da wundere ich mich manchmal, Frau Kollegin Moser, daß wir uns im Ausschuß zwar sehr nett über den Tisch, aber anscheinend vergeblich unterhalten haben – Road-Pricing natürlich dazu führt, daß derjenige, der zwischen der Mautstelle und der Stadt, also im Nahbereich der jeweiligen Konsumenten und Verarbeiter produziert, begünstigt wird. Genau so soll es doch sein: daß wir längerfristig zu "just in place" statt "just on road" kommen. Daher verstehe ich so manchen Einwand nicht.

Jetzt zur Gewissensfrage, die Sie mir gestellt haben. Ich würde zunächst einmal sagen, daß die historische Gleichung wie folgt lautet: Am Anfang war kein Verkehr, kein Wohlstand und keine Lebenserwartung. Heute haben wir hohen Wohlstand, eine hohe Verkehrsdichte und eine Lebenserwartung, die pro Jahr oder pro Biennium um Monate ansteigt. Ich kann mir das, was Sie vorschlagen, nicht leisten: Ich kann mir nicht vorstellen, daß, wenn wir den Verkehr wieder abschaffen, unsere Lebenserwartung, unsere Lebensqualität dieselbe bleibt. Ich kann mich diesen Illusionen nicht hingeben.

Gestatten Sie mir, trotzdem ein gutes Gewissen zu haben. Ich gehe davon aus, daß die größten Umweltschäden, auch im Wiener Raum, momentan dadurch entstehen, daß jeden Tag in der Früh zigtausend Fahrzeuge im Stau stehen. Ich will nicht von der Nervenanspannung reden, ich rede von der Umweltbelastung, ich rede von den regelmäßigen, sinnlosen, hektischen Unfällen, die es dabei gibt, und ähnlichen Dingen.

Ich komme zum Ende, Herr Präsident. Ich wollte klarstellen, daß wir mit dieser Vorlage ein vor langer Zeit hier beschlossenes Gesetz sanieren, daß wir damit deutlich machen, daß wir es im Gleichschritt mit Deutschland machen wollen, daß wir im System einen Gleichschritt herbeiführen wollen und daß wir über gemeinsame Initiativen der Europäischen Union das System vom ersten Tag der Einführung an hoch erträglich machen wollen. Bis jetzt ist die Rechtslage so, daß es nur so ginge, wie wir es jetzt beantragt haben, daher haben wir eine hohe Folgeverpflichtung.

Zum zweiten: Würde dieses Gesetz nicht beschlossen werden, dann müßte die ASFINAG aus der ihr aufgetragenen betriebswirtschaftlichen Verantwortung ihre Tätigkeit de facto einstellen. Das kann niemand wollen, der möchte, daß in Österreich weiterhin Verkehr fließt und nicht steht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

20.02

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mich zuerst der grünen Fraktion dieses Hauses zuwenden. Frau Kollegin Moser, Sie tun mir leid! Sie haben sich in der heutigen Verkehrsdebatte engagiert zu Wort gemeldet, aber Ihre Fraktion läßt Sie komplett im Stich. Kein einziger Ihrer Kollegen ist da, um mit Ihnen die Debatte zu verfolgen. Ich denke, das sollte man wenigstens erwähnen, weil es ein bezeichnendes Bild auf die grüne Fraktion wirft: Pflicht getan, Wortmeldung abgegeben – und dann ist es sichtlich nicht mehr ein so wichtiges Thema.

Zweitens möchte ich auf eine Bemerkung eingehen, die Herr Abgeordneter Hofmann von den Freiheitlichen gemacht hat, und etwas tun, was man vielleicht von mir als Gewerkschafter nicht erwartet. Ich möchte mich nämlich auch als Gewerkschafter sehr deutlich mit der Wirtschaftskammer solidarisch erklären. Meine Solidarität mit der Wirtschaftskammer ist zwar nicht grenzenlos, aber in dieser Frage doch vorhanden.

Herr Ing. Hofmann hat wieder einmal sehr polemisch von "Zwangsmitgliedschaft" in der Wirtschaftskammer und ähnlichem gesprochen. Ich habe in Erinnerung, daß es einmal die Wirtschaftskammer, dann wieder die Arbeiterkammer ist, deren Mitglieder jeweils "Zwangsmitglieder" genannt werden. (Rufe bei den Freiheitlichen: Stimmt!)

Ich erinnere die Freiheitlichen nur daran, daß von den Mitgliedern große Zustimmung zu dieser "Zwangsmitgliedschaft" gekommen ist, und zwar sowohl in den Abstimmungen bei der Wirtschaftskammer als auch in jenen der Arbeiterkammern. Es wäre fair von den Freiheitlichen, wenn sie die Meinung der Betroffenen einfach akzeptieren würden. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Aber Fairneß hat bei den Freiheitlichen keinen großen Stellenwert. Ihr Redebeitrag, Kollege Hofmann, hat das wieder einmal bewiesen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Nun zum Thema, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir haben gestern ein Verkehrsthema mit dem Verkehrsminister diskutiert, wir diskutieren heute ein Verkehrsthema oder Verkehrsmaßnahmen mit dem Wirtschaftsminister. Und man soll meiner Meinung nach auch erwähnen, daß die beiden Unterausschußsitzungen des Verkehrsauschusses und des Bautenausschusses jedenfalls eine, wie ich glaube, gute Diskussionsgrundlage und eine gute parlamentarische Grundlage gebracht haben.

Gemäß der Entschließung, die zur Abstimmung steht, sollen weiterführende Arbeiten von beiden Ministerien gemeinsam durchgeführt werden. In dieser Entschließung wird auch auf die Problematik der Straße und der Schiene eingegangen, und sie beinhaltet außerdem eine Aufforderung an beide Ressorts, die notwendigen Netzergänzungen und -verbesserungen gemeinsam zu planen und zu realisieren. Mein Kollege Eder hat ja schon im Detail auf diesen Punkt der Resolution hingewiesen.

Als Wiener Abgeordneter erlaube ich mir, zu sagen, daß wir gerade jene Maßnahmen, die den Bereich Wien betreffen, möglichst bald brauchen, da sie für den Wiener Bereich besonders wichtig sind. Ich meine damit vor allem die Realisierung eines Autobahn- und Schnellstraßenringes um den Großraum Wien. Die Situation in Wien ist im Rahmen dieser Debatte bereits besprochen und diskutiert worden. Meiner Ansicht nach ist es höchste Zeit, Maßnahmen zu setzen, die zu einer Entlastung und zu einer Verbesserung der Verkehrssituation im Großraum Wien führen.

Es geht dabei klarerweise auch um Infrastrukturverbesserungen, die auch beschäftigungswirksam sind. Ich denke dabei – erlauben Sie mir diesen kleinen Sidestep – zum Beispiel daran, wie beschäftigungswirksam und erfolgreich der Ausbau der U-Bahn in Wien ist. Wenn die Bereiche der Planung und der Baukapazitäten optimiert angegangen und Auslastungskapazitäten entsprechend genützt werden können, dann sieht man, was das bringen kann: auf der einen Seite Beschäftigungsimpulse und auf der anderen Seite ein freiwilliges sinnvolles Umsteigen vom Individualverkehr auf öffentliche Verkehrsmittel, also vom Auto auf die Schiene – in diesem Fall auf die U-Bahn.

Hohe Attraktivität im Verkehr führt also automatisch zum Umstieg, und immer mehr Menschen werden dann Wechselbenützer. Ich meine, genau so soll es auch sein! Denn es hat manchmal Sinn, das Auto zu verwenden, manchmal macht es aber mehr Sinn, die Schiene als Verkehrstransportmittel zu verwenden. Ich denke, das soll so bleiben und uns auch in Zukunft leiten.

Daß das Road-Pricing-System wichtig und längst überfällig ist, ist schon gesagt worden.

Abschließend sei mit einem Seitenblick auf den Wirtschaftsminister gesagt: Wir alle sollten gemeinsame Anstrengungen unternehmen und gerade im LKW-Verkehr nicht auf die Lenker, auf die Berufskraftfahrer vergessen. Es ist das höchste Gebot, jenen Druck, der von der Frächterlobby auf ihre Mitarbeiter ausgeübt wird, zu verringern. Die Kontrollen sind zu verstärken, und dort, wo Regeln mißachtet werden, sind auch entsprechende Strafen zu verhängen. Ich weiß zwar, daß das nicht Ihr Ressort betrifft, Herr Bundesminister, aber ich meine, es sollte unser gemeinsames Anliegen sein, in all diesen Verkehrsdiskussionen die Mitarbeiter in den Verkehrsunternehmen und besonders die Berufskraftfahrer nicht zu vergessen.

Viel Arbeit liegt vor uns – zum Wohle der Menschen und insbesondere auch zum Wohle des Wirtschaftsstandortes Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

20.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.09

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der 10. Juli 1999 kommt bestimmt. An diesem Tag beginnt das erste große Reisewochenende, und weit über 30 000 PKW werden sich einen neuen Weg suchen müssen.

Die Ausweichroute über die Innkreis Autobahn und die Pyhrn Autobahn hat nach wie vor zwei große Löcher, nämlich die Welser Westspange und das fehlende Stück der Pyhrn Autobahn. Die zweite große Ausweichroute, die Verbindung der Tauern Autobahn mit der Pyhrn Autobahn durch das Ennstal, ist ebenfalls nicht gebaut.

Was wird passieren? (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka.) – Was mich betroffen macht, Herr Bundesminister, ist, daß bisher meines Wissens nichts passiert. Es gibt offensichtlich eine Vielzahl von Menschen, die gelernte Österreicher sind und sagen: Es wird schon nichts passieren!

Es wird aber doch etwas passieren: Wenn sich diese Menge von 30 000 Autos, die bisher an starken Samstagen durch den Tauerntunnel gefahren ist – der Tauerntunnel hatte in den letzten drei Jahren 90 Stunden Stau, und das war immer an Samstagen –, vom Brenner bis zur Pyhrn Autobahn auf alle möglichen Ausweichrouten verlagert, ohne daß wir etwas tun, Herr Bundesminister, dann haben wir einen Stau, der für die gesamte Republik 24 Stunden lang dauert! Nicht nur Touristen können dann die Alpen nicht überqueren, sondern auch der Wirtschaftsverkehr steht still, Menschen, die beruflich unterwegs sind, und so weiter und so fort werden da drinnen stehen.

Ich glaube daher, es bedarf jetzt einer über alle Parteien greifenden wirklichen Anstrengung, um eine Antwort auf die Frage zu finden: Wie können wir aus dieser wirklichen Bedrohung – und ich halte es für ein Bedrohungsszenario – eine Chance machen, indem wir die Bahn einsetzen?

Die Lösung mit Pöckstein wird nicht genügen. Wenn dort 3 000 PKW am Tag im 24-Stunden-Rhythmus gefahren werden, dann ist das alles, was drinnen ist. Ich glaube, wir müssen den Weg gehen, festzustellen, was wir von München bis Villach und von Salzburg bis Villach an Autoreisezügen aktivieren können. Was läßt sich jetzt in den vier Wochen bis zum 10. Juli – das ist der Samstag des ersten Reisewochenendes – vorbereiten?

Welche Aktionen können wir starten, nicht um unseren Gästen den Urlaub zu vermiesen, sondern um eine Antwort auf die Frage zu finden: Wie kommen wir von diesem Samstag weg? – Das kann eine Chance sein, aber heute kleben wir alle noch am Samstag. Da gibt es immer diese Frage wie bei der Henne und dem Ei – Sie wissen schon –: Sind es die Kunden, die für Samstag buchen, oder sind es die Hoteliers, die immer am Samstag vermieten? – Ich will das jetzt gar nicht untersuchen.

Ich glaube, wir müssen bei den Verkehrsfunksystemen, in der Information viel mehr tun. Es ist ohne Zweifel gut gemeint, wenn der Landeshauptmann von Kärnten nach München fährt und sagt, es wird alles nicht so schlimm sein. Das ist nach außen ein ganz guter PR-Effekt, nur: Es wird furchtbar sein, und es gibt nicht nur den 10. Juli, sondern es gibt auch noch den 17. Juli, den 24. Juli und so weiter – all die Samstage bis Mitte beziehungsweise Ende August.

Ich meine, wir müssen versuchen, auch wenn es nicht um große Mengen geht, an Optimierungen zu denken. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir Kurswägen an die Züge anhängen können, die heute Villach als Hauptumschlagspunkt meistens nur mit Umsteigen erreichen. Wir werden aber sicherlich auch in der Tourismuswirtschaft selbst unseren Kunden kostenlose Abholung vom Flughafen und Bahnhof anzubieten haben, und wir werden uns überlegen, wie wir einen Mautersatz anbieten können.

Herr Bundesminister! Ich bitte Sie, meinen Beitrag als einen Appell zu verstehen! Ich sehe den 10. Juli auf uns zukommen, und ich glaube, wenn ich von meinem Informationsstand ausgehe, nicht, daß bis jetzt das Menschenmögliche getan wurde. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Aber recht hat er! Du bekommst einen Applaus!)

20.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.13

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz kurz zu Frau Moser: Frau Moser, ich glaube, Sie wissen doch sicher auch, daß die Voraussetzung jeder prosperierenden Wirtschaft eine intakte, gut ausgebaute Infrastruktur ist (Abg. Mag. Kukacka: Das weiß sie nicht!) und daß das Nichtvorhandensein einer solchen mit ein Grund dafür war, daß die COMECON-Staaten zusammengebrochen sind. Möchten Sie mit Ihrer Politik die österreichischen Betriebe aus Österreich vertreiben und Hunderttausende Arbeitslose produzieren? – Ich glaube, das wollen Sie doch auch nicht. Schwören Sie daher der Theorie von Professor Knoflacher "Straßen bauen heißt Verkehr säen", ab, denn sie wird immer eine Utopie bleiben! (Beifall bei der ÖVP.)

Ganz kurz zu Ihnen, Herr Kollege Hofmann: Ihre Vorwürfe auf uns Wirtschaftsbündler und auf die Wirtschaftskammer will ich gar nicht beantworten. Ich möchte Sie nur auffordern: Machen Sie Ordnung in Ihren eigenen Reihen, schauen Sie, daß Sie einmal Ihren RFW in Niederösterreich sanieren und in Ordnung bringen, dann können Sie jemand anderem gute Ratschläge erteilen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! "Transithölle am Wochenende", "Rumpelnde West Autobahn" und ähnlich lauten die Überschriften der Zeitungsberichte über die Verkehrssituation in Österreich. Insbesondere seit das Unglück im Tauerntunnel die berechtigten Forderungen nach mehr Sicherheit in den Tunnels, etwa durch den Bau einer zusätzlichen Röhre, aufkommen ließ, wird die Kritik lauter. Allein: Das nötige Geld für den Straßenbau muß aufgetrieben werden, und zwar in einer Weise, die den Budgetplan nicht durcheinanderbringt und die es ermöglicht, daß Österreich die Maastricht-Kriterien auch weiterhin einhalten kann. Das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz ist ein richtiger Schritt in diese Richtung.

Meine Damen und Herren! Die Finanzierung der österreichischen Straßenbauvorhaben muß auch bei Ankündigungen, wie sie Bundeskanzler Klima in der glühenden Tauernröhre noch vollmundig ausgesprochen hat, mitbedacht werden.

Mit den vorliegenden Änderungen des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes und des ASFINAG-Ermächtigungsgesetzes können mehrere Effekte erzielt werden. Erstens: Auf einem genau definierten Bundesstraßennetz, nämlich auf den Bundesstraßen A und den Bundesstraßen S – also Autobahnen und Schnellstraßen –, auf der B 301, der B 302 und der B 315 wird eine fahrleistungsabhängige Maut für Kraftfahrzeuge von mehr als dreieinhalb Tonnen höchstzulässigem Gesamtgewicht eingehoben werden. Aus wirtschaftlichen und technischen Gründen kann es erforderlich sein, daß rasch und flexibel bestimmte Bundesstraßen beziehungsweise Bundesstraßenstrecken in das Mautsystem einbezogen oder auch davon ausgenommen werden. Auch dies ist in diesem Gesetz flexibel geregelt, denn folgendes muß im Vordergrund stehen: die Sicherheit, die Schnelligkeit und die Flüssigkeit des Verkehrs.

Zweitens: Durch die fahrleistungsabhängige Bemautung stehen der ASFINAG in Zukunft mehr als 2,3 Milliarden Schilling jährlich für den Straßenbau zur Verfügung. Damit kann der weitere Ausbau des ihr übertragenen höchstrangigen Straßennetzes sukzessive erfolgen, ohne – und das möchte ich betonen – daß jährlich Budgetmittel in dieser Höhe beansprucht werden müssen. Mit diesem Gesetz kommt es auch zu einer Budgetentlastung, und das kann doch nur im Sinne aller unserer österreichischen Mitbürger sein.

Drittens: Wir vertreten die Auffassung, daß der Start und die Einführung des Road-Pricing in Österreich nur im Gleichklang mit unserem wichtigsten Handels- und Transportpartner, also der Bundesrepublik Deutschland, erfolgen kann. (Abg. Blünegger: Das sagt die Wirtschaftskammer, jawohl!) Dem Vernehmen nach wird dies im Jahr 2002/2003 sein. Daher und auch aus Gründen der für die Errichtung der notwendigen Infrastruktur wie Mautstellen und so weiter benötigten Zeit ist im Gesetz das Jahr 2002 festgeschrieben und gleichzeitig die Möglichkeit vorgesehen, dies per Verordnung zu ändern. Einen europäischen Alleingang wollen wir uns nicht leisten.

Viertens: Das System ist zurzeit ein halboffenes System. Wir werden uns aber bemühen – und auch da gibt es wiederum die Möglichkeit, dies per Verordnung zu regeln –, die technischen Möglichkeiten, die laufenden Verbesserungen, die jährlich zu beobachten sind, zu nützen, sodaß wir das beste System, das zum Zeitpunkt der Einführung vorhanden sein wird, installieren können. Auch das ist mit diesem Gesetz gesichert.

Fünftens: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Sinne aller Straßenverkehrsteilnehmer, im Sinne der Verkehrssicherheit und letztlich auch im Sinne der Budgetentlastung ist dieses Gesetz notwendig und richtig. Es hat daher meine Zustimmung und vor allem die Zustimmung meiner Fraktion. (Beifall bei der ÖVP.)

20.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.18

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mit einer kurzen Bemerkung an meine beiden Vorredner beginnen: Ich war nie überzeugtes "Zwangsmitglied" der Österreichischen Hochschülerschaft, ich habe aber auch als Funktionär nie von einer solchen Institution profitiert.

Nun zur GSD-Studie über die Gestaltung des Straßennetzes. (Abg. Mag. Kukacka: Die Einleitung habe ich nicht verstanden! Was soll denn das bedeuten?) – Denken Sie nach, Herr Kollege, wenn Sie Ihre Ganglien anstrengen, dann werden Sie es vielleicht verstehen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl.)

Diese Studie ist sicher eine interessante Arbeit, die Einblicke in eine mögliche Weiterentwicklung des Straßenverkehrs in unserem Land gibt. Sie versucht, künftige Verkehrsströme zu erfassen und Problemlösungen aufzuzeigen. Was man aber nicht ableugnen kann – und damit komme ich zu den Schwachstellen dieser Studie –, ist die Tatsache, daß darin alle Aspekte einer Finanzierung fehlen, ohne die, wie wir alle wissen, eine Verwirklichung verkehrspolitischer Maßnahmen illusorisch ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kukacka: Das Road-Pricing ...! Aber Ihr seid ja dagegen!)

Ein weiterer Mangel ist auch das bewußte Ausklammern von Ausbauprioritäten im neuen Verkehrsnetz.

Ein dritter Punkt, den wir durchaus als Mangel erkennen können, ist das Fehlen eines genauen Zeitplanes (Abg. Mag. Kukacka: Sie widersprechen sich, Herr Kollege! ... und lehnt die Finanzierung ab! Das ist die seriöse Verkehrspolitik der FPÖ!), wann welche Maßnahme konkret umgesetzt werden soll.

Wir Freiheitlichen haben schon im Bautenausschuß weiters festgestellt: Der entscheidende Schritt in der Verkehrspolitik, nämlich die Erstellung eines ganzheitlichen Konzeptes, wurde nicht vollzogen. Es fehlt die Abstimmung zwischen dem Verkehr auf der Straße und dem Verkehr auf der Schiene.

Zur Novelle zum Bundesstraßenfinanzierungsgesetz, zum sogenannten Road-Pricing, möchte ich nur folgendes anmerken: Wir Freiheitlichen lehnen die Bemautung des hochrangigen Straßennetzes ab dem Jahre 2002 ab. (Abg. Mag. Kukacka: Und damit die Finanzierung der Straßen!) Herr Kollege! Wir befinden uns damit in sehr guter Gesellschaft, und zwar in der Gesellschaft der größten österreichischen Autofahrerorganisation, des Österreichischen Amateur-Motorsport- und Touring Clubs, aber auch der Wirtschaftskammer Wien und der Industriellenvereinigung. (Abg. Mag. Kukacka: Überhaupt nicht! Der ÖAMTC ist für die LKW-Maut, falls Sie das nicht wissen sollten! – Abg. Dr. Maitz: Aber der "Amateur-Club" nicht! – Abg. Mag. Kukacka: Der "Amateur-Club"?!)

Die Gründe für die Ablehnung sind aber auch logisch, Herr Kollege: Österreich darf nicht die Vorreiterrolle in dieser Frage übernehmen, es sollte sich nicht durch voreilige Entscheidungen selbst wirtschaftliche Nachteile einhandeln. Der wichtigste Wirtschaftspartner Österreichs, nämlich die Bundesrepublik Deutschland, wird die Entscheidung über die Bemautung des hochrangigen Straßennetzes erst im Herbst treffen. Die Wirtschaftskammer Wien und auch die Industriellenvereinigung warnen unisono vor einem solchen voreiligen Schritt (Abg. Mag. Kukacka: Darum machen wir es ja im Gleichklang!), und ich möchte aus der diesbezüglichen Stellungnahme der Industriellenvereinigung zitieren. – Ich hoffe, Herr Kollege, ich mache Ihnen damit eine Freude.

Ich zitiere wörtlich: "Eine von Österreich eingeführte Kostenbelastung des Gütertransportes wäre eine unzumutbare Verschlechterung unserer Wettbewerbsfähigkeit" (Abg. Edler: Wer sagt das?) – das sagt die Industriellenvereinigung (Abg. Edler: Das ist ohnehin klar!) – "auf dem europäischen Markt, der mehr als 80 Prozent unserer Exporte aufnimmt. Jede weitere Verteuerung wirkt sich negativ auf die Ertragslage und das Investitionsklima aus und somit nachteilig auf den Wirtschaftsstandort Österreich. In einigen Regionen, vor allem in Randlagen" – das sollte Sie als Sozialdemokrat interessieren, Kollege Edler – "könnte es sogar zu Betriebsabsiedelungen kommen." – Ende des Zitates.

Meine Damen und Herren! Die Freiheitliche Partei läßt sich in ihrer Politik von wirtschafts- und sozialpolitischer Verantwortung leiten. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist ganz neu!) Wir werden deshalb Ihrem Vorhaben nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Edler.)

20.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.22

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzter Herr Kollege Kurzmann! Der "Amateur-Autofahrerclub" ist sicherlich gegen das Road-Pricing, aber der ÖAMTC ist für das Road-Pricing. Ich meine das jetzt nicht lustig, sondern ich möchte wirklich sagen, mein geschätzter Kollege: Schauen Sie sich bitte einmal die Situation an!

Im Jahre 1995 haben wir 4,5 Millionen Tonnen aus dem Osttransit auf der Straße gehabt, im Jahre 2015 werden es 20,4 Millionen Tonnen sein. Das werden wir nicht verhindern, das ist Faktum. Das heißt, wir werden dann den fünffachen Osttransit mit LKW auf der Straße haben.

Schon allein aus diesem Grund halte ich es wirklich für sinnvoll, daß wir diese vielleicht umstrittene, aber für die Finanzierung unserer Straßen doch wichtige Maßnahme setzen und daß die LKW-Benützer – auch jene, die aus dem Osten kommen –, deren Zahl ständig ansteigt, für unsere Straßen auch bezahlen sollen.

Ich finde, wir sollten vernünftig über dieses Thema diskutieren, denn die Verfünffachung des LKW-Transits ist ja kein "Lercherl", meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen! (Abg. Dr. Graf: Was ist das nicht? – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ein "Lercherl"! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt: Herr Kollege Kukacka! Ich habe natürlich gewußt, daß Ihre übliche ÖBB-Attacke auch diesmal wieder kommen wird. Ich habe ja schon darauf gewartet! (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka.) Ich mache es sehr freundlich! Ich mache es wirklich sehr freundlich: Herr Bundesminister Farnleitner hat eine sehr gute, eine ausgezeichnete Studie vorgelegt. Ich sage auch: Man muß eine Studie machen, weil aufgrund der Studie dann Planungen und Kostenschätzungen erfolgen können. Daher halte ich diese Studie, gemeinsam mit dem Masterplan, für notwendig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: So wie die Kinderbetreuungsscheck-Studie!)

Frau Kollegin Moser ist schon auf ihrer Graugans abgerauscht – sie ist jetzt nicht da. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ein Schwan! Ein Schwan!) Sie hat uns ja in einem ihrer esoterischen Vorträge heute erklärt, daß das Auto eigentlich unnötig ist. Nur ist das Auto eben Realität. Wir können das Auto aus unserem Leben nicht mehr wegdenken, im Gegenteil: die Zahl der Autos nimmt zu, und der Straßenverkehr nimmt auch zu.

Es hat mich wirklich gestört – Frau Kollegin Stoisits, richten Sie es ihr aus! –, daß, als wir im Ausschuß über bestimmte Straßenbauprojekte diskutiert haben, Frau Kollegin Moser jedesmal gesagt hat: Diese Straße? – Nein, danke! Die nächste Straße? – Nein, danke! – Das hat sie sechs- oder siebenmal wiederholt. Ich glaube, am 3. Oktober werden die Wähler – denn die Straße ist schließlich eine Realität, und ich kenne sogar auch zwei Grüne in Österreich, die mit dem Auto fahren – zu den Grünen oder zu Frau Kollegin Moser vielleicht auch "Nein, danke!" sagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Grunde genommen ist vieles schon gesagt worden. Wenn ich aber daran denke – wir beide erleben es jeden Tag, Herr Minister –, was sich etwa auf der Süd Autobahn abspielt – die, die dort nicht fahren, können ja in Ö3 verfolgen, daß da jeden Tag eine bis zwei Stunden Stau einzurechnen sind und Hunderte Millionen Schilling an Staukosten entstehen –, dann bin ich wirklich dafür, daß jetzt der zügige Ausbau des hochrangigen Straßennetzes, vor allem rund um Wien und auch im Norden, erfolgen soll.

Einer meiner ständigen Wünsche ist natürlich die zusätzliche Spur – Herr Bundesminister, wenn Sie das, bitte, in die Planung aufnehmen – auf der Süd Autobahn und auf der West Autobahn. Das wäre sehr notwendig, und das sind wir auch den Pendlern schuldig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Letzter Punkt: Die Finanzierung dieser 20 Milliarden Schilling – und damit komme ich von der Planung zur Finanzierung – sollte natürlich über das Road-Pricing erfolgen. (Abg. Blünegger: Glaubst du das wirklich?) Ich glaube, es führt kein Weg daran vorbei. Wenn wir das ernsthaft diskutieren, dann bleibt uns gar nichts anderes übrig. Daher sind wir von unserer Fraktion für die Einführung des Road-Pricing. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

20.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir haben in dieser Debatte schon mehrfach gehört, daß eine exzellent ausgebaute Infrastruktur ein wichtiger Faktor oder die Basis für eine gesunde Wirtschaft ist. Wenn das so ist – und ich glaube, in dieser Analyse stimmen wir überein –, dann frage ich mich: Warum hat diese Regierung es so weit kommen lassen, daß sich unser Straßennetz, vor allem unser hochrangiges Straßennetz, in einem derart erbärmlichen Zustand befindet, wie dies tatsächlich der Fall ist?

Jeder von uns, der häufig auf der Straße unterwegs ist, weiß: Die West Autobahn ist eine Rumpelpiste, die bereits eröffnete Autobahn (Abg. Mag. Kukacka: Der tut schon wieder generalisieren!) ist nach dem Pyhrn faktisch bereits wieder gesperrt worden. (Abg. Edler: Herr Schöggl!) Ich habe nur 3 Minuten!

Um sich den Vorwurf der Planlosigkeit durch die Opposition zu ersparen, hat man halt wieder einmal eine Studie in Auftrag gegeben. Was ist diese Studie? – Das ist ein Wunschzettel, ein Placebo an die Bevölkerung, ein Placebo an die Autofahrer. Die Bevölkerung wünscht sich aber keine Studien! Die Bevölkerung wünscht sich klare Termine, klare Projekte, und die Bevölkerung möchte wissen, wann sie wo welche Straße endlich benützen kann! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wo ist zum Beispiel der Semmering-Basistunnel beziehungsweise der Semmering-Straßentunnel? Wo ist er? – Da läßt sich zum Beispiel der niederösterreichische Landeshauptmann Pröll bereits als Retter der Autofahrer feiern, mit großen Schildern: "Landeshauptmann Pröll, wir danken dir für diesen Tunnel!" – Inzwischen sind die Schilder weg, die Baufirmen sind auch weg, inzwischen ist der Richtstollen da. Aber wie geht es weiter? – In der Steiermark wird ein bißchen gebaut, aber auf der niederösterreichischen Seite geht nichts weiter.

Was ist mit der Pyhrn Autobahn? Was ist mit den anderen Projekten? (Abg. Mag. Kukacka: Lange Zeit war die FPÖ gegen die Pyhrn! Lange Zeit wart ihr gegen die Pyhrn!)

Ein weiterer wichtiger Punkt – und dieser liegt mir als steirischem Abgeordneten ganz besonders am Herzen – ist die Ennsnahe Trasse. Sehr geehrter Herr Minister! Nach 26 Jahren – ich betone: 26 Jahren! – Streitereien um die Ennsnahe Trasse hat man endlich einen Lichtblick gesehen. Man hat gesagt, man wird sich einigen, es wird einen bestandsnahen Ausbau geben, es wird Ortsumfahrungen geben. – Aber nein: In dieser Studie wird das wieder als "höchstrangige Straße" – was auch immer das sein mag, denn es ist ja nicht genau definiert – geschildert! Wir werden wahrscheinlich wieder in den ursprünglichen Streit zurückfallen. Hirschmann beginnt bereits wieder: Hirschmann plädiert für eine Autobahn im Ennstal.

Sie können sich vorstellen, was das für das Ennstal bedeutet. Es wird wieder an den Ausgangspunkt zurückgekehrt, es wird wieder weitergestritten, und für die Autofahrer und für die Bevölkerung wird es keine Entlastung geben.

Zum Road-Pricing nur ein Wort: Road-Pricing ist nicht Ihre Erfindung, das ist die Erfindung der Kuenringer (Heiterkeit der Abg. Dr. Gabriela Moser), es ist eine Erfindung aus der Zeit des Richard Löwenherz. Aber aus diesen "Mautabgaben" ist damals wahrscheinlich immerhin der Stephansdom entsprungen, davon ist also etwas übriggeblieben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heiterkeit des Abg. Dr. Kurzmann.)

Sie erfinden aber nicht nur eine neue Abgabe und eine neue Belastung, sondern Sie wählen auch noch eine veraltete Technologie. Das ist unerträglich! – Glück auf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.30

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Moser, man kann sich in der Theorie schon wünschen, daß man Verkehrslenkung betreibt, auch über eine Kostensteuerung. Man kann sich auch – und das hat der Herr Minister ja schon ausgeführt – wünschen, beziehungsweise es ist eine Notwendigkeit, daß wir die Finanzierung von Lückenschlüssen, die Finanzierung von Sanierungen eben über zusätzliche Einnahmen – und nur über zusätzliche Einnahmen – von den Verursachern, nämlich den LKWs, durchführen.

Man muß dabei allerdings, wie ich meine, auf zwei Dinge achten. Das ist zum einen die Anforderung, daß das in einer gerechten Art und Weise geschieht, und zum zweiten die Notwendigkeit, daß es auf eine Art und Weise passiert, die nicht etwa in diesem speziellen Falle die heimische Wirtschaft und damit unseren Wirtschaftsstandort unnötig benachteiligt.

Wir müßten ja geradezu verrückt sein, Frau Kollegin Moser, wenn wir jetzt einseitig unsere heimische Wirtschaft belasten und benachteiligen würden (Abg. Dr. Gabriela Moser: Das habe ich ja überhaupt nicht gesagt!), ohne bei der Realisierung dieser zusätzlichen Einnahmen den internationalen Gleichklang in terminlicher, in tariflicher und auch in technischer Hinsicht zu suchen. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Das habe ich ja gar nicht gesagt!)

Dieses Gesetz und diese Gesetzesänderung gibt uns Gott sei Dank – vor allem durch die Beseitigung des Fixtermines – die Möglichkeit, diesen terminlichen Gleichklang herzustellen und den Termin der Einführung international abzustimmen, ihn vor allem gemeinsam mit Deutschland, unserem wichtigsten Wirtschaftspartner, zu bestimmen.

Ich gebe aber zu, es ist ein kräftiger Wermutstropfen dabei, weil wir uns mit diesem Gesetz und den Verordnungen im Augenblick aus naheliegenden Gründen, bei Evaluierung aller Möglichkeiten oder auch Nichtmöglichkeiten, also Dingen, die man sich nur in der Phantasie vorstellt und für die Zukunft wünscht – ich würde sie mir auch wünschen –, zu einem System bekennen oder für ein System entscheiden müssen, das nicht das ist, was man sich in Wahrheit vorstellen würde: ein duales, halboffenes System.

Aber das Gesetz, insbesondere auch die Formulierung mit den Ermächtigungen, gibt uns die Möglichkeit zu einer Änderung. Und ich hoffe und vertraue darauf, Herr Bundesminister, daß es dir in hoffentlich sehr naher Zukunft gelingen wird, im europäischen Gleichklang gemeinsam mit anderen Ländern in Europa eine Systemwahl, eine technische Entwicklung voranzutreiben, die es uns noch rechtzeitig ermöglichen wird, von diesem System, zu dem man sich jetzt leider Gottes bekennen und für das man sich jetzt entscheiden muß, doch noch Abstand zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Das tun wir sicher nicht! – Abg. Kopf – auf dem Weg zurück zu seinem Platz –: Laß dich überraschen, Herr Kollege!)

20.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte.

20.34

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Schöggl folgendes sagen, damit hier keine Semmering-Mythen entstehen: Es wird am Semmering wie vorgesehen gearbeitet. Zuerst wurde von der Südseite her der Probestollen gebohrt – es wurde der Echtstollen simuliert –, dann wurden die Bauarbeiten planmäßig abgeschlossen. Wir arbeiten momentan mit Höchstdruck an der Umfahrung Spital und am ersten Tunnel, jetzt von der steirischen Seite her. – Wir haben zuerst natürlich im Norden gearbeitet. Entschuldigung, das war ein geographischer Fehler.

Die Bauraten für diesen Tunnel betragen im Jahr 1999 600 Millionen Schilling, im Jahr 2000 1 Milliarde Schilling und im Jahr 2001 1,2 Milliarden Schilling. Es ist die Finanzierung wie die Fertigstellung bereits heute gesichert. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Das hat der Pröll vorfinanziert!)

20.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Blünegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

20.35

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Hohes Haus! Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Selbstverständlich geht es bei der heutigen Debatte wirklich fast nur um das Road-Pricing. Wir Freiheitlichen werden aber mit unserer klaren Stellungnahme diesem Bundesstraßenfinanzierungsgesetz und dem ASFINAG-Ermächtigungsgesetz sicher nicht die Zustimmung geben. Denn wir Freiheitlichen sind eben dafür, daß die Wirtschaft floriert, und wir Freiheitlichen sind ... (Abg. Parnigoni: Ihr seid dafür, daß die Ausländer kostenlos fahren können!)

Kollege Parnigoni, im Ausschuß haben wir unter anderem auch darüber debattiert, daß wir das Road-Pricing in der Form, in der es jetzt geplant ist und dann kommen wird, nicht haben wollen. Denn unter anderem wäre die Einführung des Road-Pricing ohne Gleichklang mit Deutschland – und das ist ja in der Debatte heute schon einige Male angesprochen worden – sicher nicht gut. (Abg. Dr. Lukesch: Aber das ist ja gesagt worden! – Abg. Dr. Puttinger: Das ist ja zehnmal gesagt worden!)

Auch was die ganze Harmonisierung der Maut- und Abgabenstrukturen mit den EU-Handelspartnern betrifft, brauchen wir nicht die Vorreiterrolle zu übernehmen. (Abg. Parnigoni: Mehr als die Hälfte der EU-Staaten haben eine Maut!) Wir würden aber in diesem Fall die Vorreiterrolle übernehmen, und wir betrachten es als Schildbürgerstreich, da eine Vorreiterrolle einnehmen zu wollen. Dabei rede ich noch gar nicht unmittelbar davon, daß es sogar verfassungswidrig wäre, meine sehr geschätzten Damen und Herren. (Abg. Parnigoni: Geh, bitte!)

Ich muß aber auch an die Kollegen der ÖVP appellieren, die immer vorgeben, die Interessen der Wirtschaft zu vertreten (Abg. Dr. Puttinger: Jawohl, das tun sie!), und ihnen die Appelle und Bedenken vortragen, die unter anderem die Sektion Verkehr der Bundeswirtschaftskammer zum Ausdruck gebracht hat. Ich zitiere aus einigen Passagen:

Erstens: Ein Vorpreschen Österreichs ist voreilig und strikt abzulehnen. (Abg. Dr. Puttinger: Richtig!)

Zweitens: Die technische Insellösung ohne Zukunftsaspekte entspricht nicht der politischen Weisheit. (Abg. Dr. Puttinger: Das ist ja richtig!) – Die politische Weisheit hat wahrscheinlich diese Bundesregierung, die das unmittelbar haben will.

Drittens: 75 bis 80 Prozent der LKW-Fahrten werden außerhalb des Road-Pricing-Systems abgewickelt werden.

Viertens: 1 Prozent der Verkehrsteilnehmer hätte ein Drittel der finanziellen Lasten zu tragen.

Kollege Kukacka! Das ist eine Frage, bei der ich mir sage: Ich werde genau darauf achten, wer dem zustimmt. (Abg. Mag. Kukacka: Da fürchten wir uns aber wirklich!)

Für mich ist folgender Aspekt wichtig: Dieses Road-Pricing ginge zu Lasten der heimischen Arbeitnehmer und Unternehmer. Es wird dadurch ja sicher massiv in die Kostenstrukturen und in die Wettbewerbsverhältnisse eingegriffen. Was wird dabei herauskommen? (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.– Ich betone es noch einmal, Kollege Lukesch: Es wird die Wirtschaft belastet, es werden die Arbeitsplätze zerstört, und es wird auch der Wirtschaftsstandort Österreich gefährdet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen sind für die Kostenwahrheit im Straßenverkehr, aber dieses Gesetz ist nur darauf ausgerichtet, die Löcher im Budget zu stopfen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lukesch: Kostenwahrheit im Straßenverkehr, aber kosten darf sie nichts!)

20.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.38

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es hat den Anschein, als ob nun endlich das LKW-Road-Pricing auf den Weg gebracht werden kann, wozu wir heute die Rahmenbedingungen beschließen wollen. Es ist dies die einzige Möglichkeit, die Überlastung auf Österreichs Straßen einzudämmen und die Sicherheit zu erhöhen, und es ist auch die einzige Möglichkeit, alle Forderungen zu erfüllen, die heute schon wiederholt aufgestellt wurden, nämlich den Lückenschluß im A- und S-Netz herzustellen, den Schnellstraßenring um Wien oder den Ausbau der Verbindungen in die Reformstaaten zu verwirklichen.

Es ist damit auch möglich, eine verursachergerechte Finanzierung zu erreichen und vor allem auch die ausländischen Frächter in die Finanzierung mit einzubinden, auch wenn sie nur, wie wir gestern gehört haben, einen geringen Anteil ausmachen.

Solange es noch immer interessant ist, Tiere zum Schlachten und Erdäpfel zum Waschen in billigere Länder zu transportieren, so lange, glaube ich, ist der Transport per LKW noch zu billig. Um diese Unsitten abzustellen, ist es notwendig, die Kostenaufteilung verursachergerecht vorzunehmen (Beifall bei der SPÖ), und das ist durch ein flächendeckendes Mautsystem für den LKW gewährleistet.

Ich darf darauf hinweisen, daß die Diskussion zu diesem Road-Pricing bereits 1992 vom damaligen Wirtschaftsminister Schüssel begonnen und dann von Wirtschaftsminister Ditz fortgesetzt wurde und daß wir heute von Wirtschaftsminister Farnleitner gehört haben, daß es mit 1.1.2000 umgesetzt werden wird, wobei ich diesen Termin noch mit einem großen Fragezeichen versehen möchte. Jedenfalls werden wir eine weitere Verzögerung aus Überlegungen in Richtung Sicherheit ablehnen.

Die Forderungen nach dem modernsten System, das es noch nicht gibt, oder einer einheitlichen Einführung in Europa sind, wie ich meine, nur weitere Versuche, um den Einführungstermin zu verschleppen. Auch die Einführung gemeinsam mit Deutschland, frühestens im Jahre 2003, wäre aus unserer Sicht zu spät. Denn mit der raschen Umsetzung des Road-Pricing, wie es vorgesehen ist, können wir auch Arbeitsplätze schaffen und vor allem die Quersubventionierung verringern.

Ich bedauere es, daß im Gesetz nunmehr kein Datum für die Einführung genannt wird. Das fordert aber umso mehr die Verläßlichkeit unseres Bundesministers wie auch all jener, die mit der Umsetzung betraut sind, heraus. Jedenfalls gibt es jetzt einen gesetzlichen Auftrag, das Road-Pricing ohne Verzögerung umzusetzen.

Ich freue mich, daß nunmehr das Road-Pricing für PKW und somit auch die Gefahr einer weiteren überproportionalen Belastung der PKW-Fahrer, vor allem der Pendler, vom Tisch ist. Für die PKWs wird es weiterhin die Vignette geben.

Ich erachte es auch als positiv, daß im Sinne eines flexiblen Umganges weitere Regelungen per Verordnung möglich sind, etwa um bestimmte Bundesstraßen in das Mautnetz einzubeziehen oder auch die Anpassung der Tarife vorzunehmen, wobei wir die Entwicklung des Vignettenpreises sehr genau im Auge behalten werden. Auch ist die Ermächtigung für die ASFINAG, betriebswirtschaftlich flexibel handeln zu können, sinnvoll.

Abschließend kurz zum § 14, zur Mitwirkung durch Organe der Straßenaufsicht, der Zollwache und Mautaufsicht. Im Gesetz ist eine Gleichbehandlung, eine Gleichwertigkeit zu sehen. Die tatsächliche Praxis ist allerdings offen. Ich verstehe den Standpunkt der Bundesgendarmerie, die Probleme befürchtet: wegen Doppelgleisigkeiten durch Parallelwachkörper, aber auch durch Vermischung von Kompetenzen, wegen ineffizienten Personal- und Mitteleinsatzes, wegen fehlender Infrastruktur für den Zoll und auch wegen zusätzlicher Belastungen für jene Organe, die vom Zoll begonnene Amtshandlungen vollenden müssen.

Ich gehe davon aus, daß die Lösung des Problems im allseitigen Interesse erfolgt, damit einerseits die Mehrgleisigkeit verhindert werden kann und anderseits auch eine effiziente Umsetzung des Gesetzes möglich ist.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend meine ich, daß die Vorlage geeignet ist, in der Frage des weiteren Straßenausbaues einen Schritt vorwärts zu tun und vor allem die Kostenbelastung gerecht zu verteilen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mentil. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.43

Abgeordneter Hermann Mentil (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat gesagt, er bedauert, daß im Gesetz kein Einführungsdatum angegeben ist. Ich muß gestehen, ich bin froh, daß noch nicht drinnensteht, ab welchem Datum das Road-Pricing in Kraft treten soll.

Herr Minister! Selbstverständlich wissen die Oppositionsabgeordneten, daß dieses Gesetz 1996 beschlossen wurde. Seitdem hat sich aber an den Fakten nichts geändert. Auch löst Ihr Entschließungsantrag, der heute zur Beschlußfassung vorliegt, die Probleme nicht. Deswegen sind die Probleme, die anstehen, ja noch nicht vom Tisch.

Seien Sie mir nicht böse: Wenn ich mir die Verkehrspolitik der letzten Jahre ansehe, dann stelle ich fest, wir sind eben in der Situation, daß zwei Ministerien für die Verkehrspolitik zuständig sind, daher haben wir auch zwei ideologisch ausgerichtete Verkehrskonzepte mit zwei verschiedenen Gewichtungen auf dem Tisch. (Abg. Mag. Kukacka: Beides bei Einem? Das wäre fürchterlich!)

Wir sollten, bevor wir an diese Dinge herangehen, versuchen (Abg. Parnigoni: Jetzt hat ihn die FPÖ aus dem Klub hinausgeschmissen ...!), Kollege Parnigoni, ein nationales Konzept, welches Wasser, Straße und Schiene berücksichtigt, vorzulegen, es abgestimmt und koalitionär einstimmig auf den Tisch zu bringen und integriert in die europäische Verkehrspolitik einzubringen. Wir sollten es integrieren und vorantreiben beziehungsweise auf EU-Ebene weiterverhandeln, dann würde meiner Ansicht nach mehr geschehen, und es würde etwas weitergehen. Dann würde sich die ganze Verkehrspolitik besser gestalten, und es würde sich alles besser und gedeihlicher entwickeln.

Das Road-Pricing selbst kann meines Erachtens nur im europäischen Verbund wirklich funktionieren. National ein Road-Pricing einzuführen, ist meiner Ansicht nach kein Instrument, um die sogenannte Verkehrsentlastung herbeizuführen. Ich bin auch überzeugt davon, daß das Road-Pricing auf nationaler Ebene nicht zu mehr Verkehrssicherheit führen wird. Es wird den Verkehr nicht umleiten und umlenken, und es wird auch das Ausmaß der Staus nicht verringern.

Herr Minister! Wenn Sie jetzt das Road-Pricing gegen den Willen der Industrie und der Wirtschaft in der Form vorantreiben, in der es jetzt auf dem Tisch liegt, dann bin ich überzeugt davon, daß in letzter Konsequenz das Salz teurer sein wird als die Suppe. Sie werden viel Geld ausgeben, und Sie werden versuchen, Geld zu erwirtschaften. Ich sage Ihnen aber, Sie werden aufgrund der Integration, der Weiterentwicklung und der europäischen Lösung, die Ihnen nicht erspart bleiben wird, all das, was Sie jetzt erwirtschaften beziehungsweise was Sie sich jetzt durch die Einführung des und durch das Abkassieren über Road-Pricing holen werden, auf der anderen Seite wieder brauchen.

Daher kann man diesen Antrag meiner Ansicht nach nur ablehnen.

20.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Freund. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.47

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Durch die bedauerliche Brandkatastrophe im Tauerntunnel hat die Situation auf der Straße in der öffentlichen Diskussion erneut an Bedeutung gewonnen. Eng damit verbunden ist der Urlaubsreiseverkehr und dessen Bewältigung ohne Tauerntunnel. Die Innkreis und die Pyhrn Autobahn werden besonders betroffen sein.

Daß Österreich aufgrund seiner geographischen und topographischen Lage ein Transitland in Europa ist, müssen wir zur Kenntnis nehmen. Was wir tun können, ist, den Verkehr zu leiten und bestmögliche Alternativen zum Straßenverkehr anzubieten. Eine dieser Alternativen ist die Bahn.

Speziell auch im Innviertel in Oberösterreich wäre es von größter Notwendigkeit, die Schiene auszubauen. Es ist meiner Meinung nach völlig unverständlich, daß sich Verkehrsminister Einem gegen den zweigleisigen Ausbau der Strecke Neumarkt-Kallham – Ried – Simbach ausspricht und daß die Innviertler Bahn im Masterplan von Verkehrsminister Einem keinerlei Ausbaupriorität hat, obwohl das von der SPÖ-Seite immer wieder anderslautend verkündet wird.

Wir brauchen beides, die Bahn und die Straße, um den Verkehr auch künftig bewältigen zu können. 35 Milliarden Schilling zahlen die Autofahrer in Form der Mineralölsteuer an den Finanzminister, aber nur ein Bruchteil dieser Milliardensumme wird für den Straßenbau verwendet. Auch das muß einmal gesagt werden.

Für den Lückenschluß und die höherrangigen Bundesstraßen wird aus den Mitteln der Mineralölsteuer überhaupt nichts verwendet. Die durch das Road-Pricing eingenommenen Geldbeträge dürfen ausschließlich für die Erhaltung, die Verwaltung und den Ausbau des höchstrangigen Straßennetzes verwendet werden; sie werden der ASFINAG übertragen. Das steht im Vorschlag zu den Änderungen des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes. Immerhin sind dies geschätzte 2,3 Milliarden Schilling, die damit, ohne das Budget zusätzlich zu belasten, für den Bau des höchstrangigen Straßennetzes zur Verfügung stehen.

Klar muß sein, daß noch eine vernünftige Lösung für die Einführung des technischen Systems gefunden werden muß. Dieses System kann der Wirtschaftsminister zwar per Verordnung festlegen, sodaß der beste und letzte Stand der Technik – und keine österreichische Insellösung – realisiert wird.

Meines Erachtens muß das Anforderungsprofil dieses Systems auch folgendes berücksichtigen: Es darf keinesfalls zu Ungerechtigkeiten für lokale Frächter kommen, die nicht auf die Schiene oder andere Routen ausweichen können. Nicht bemautete Bundes- und Landesstraßen können nicht als Ausweichstrecken gelten. Flexibilität ist nicht nur ein Prinzip für den Straßenverkehr, sondern spiegelt sich auch in diesem Gesetz wider.

Der Starttermin für die Einführung des Road-Pricing ist für 2002 oder 2003 vorgesehen. Allerdings wird in Österreich diese Bemautung für Kraftfahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen höchstzulässigem Gesamtgewicht nur im Gleichklang mit Deutschland eingeführt werden können. Auch wenn die SPÖ noch so sehr drängt (Abg. Parnigoni: Wer sagt das?), sollte Österreich keinen Alleingang machen.

In der Bundesrepublik Deutschland ist dem Vernehmen nach geplant, die Bemautung ebenfalls im Jahre 2002 einzuführen. Meine Vorredner von der ÖVP-Fraktion haben immer wieder darauf hingewiesen, und dem möchte ich mich anschließen: Ja, es muß europaweit zur Einführung eines Mautsystems kommen!

Per Verordnung wird dann der Starttermin für das Road-Pricing in Österreich festgelegt. Herr Bundesminister! Sie haben diese Vorgangsweise im Ausschuß klar bestätigt. – PKW werden vom Road-Pricing ausgenommen sein.

Wofür ich Herrn Minister Farnleitner ganz besonders danken möchte, ist, daß er die zahlreichen Anregungen aufgegriffen und jene Organisationen, die im Dienste der Allgemeinheit stehen, vom Road-Pricing ausgenommen hat. So sind zum Beispiel Einsatzfahrzeuge, Heeresfahrzeuge und auch Fahrzeuge, die im Rahmen von friedenssichernden Maßnahmen durch Österreich gefahren werden, von der Mautpflicht ausgenommen.

Es ist auch klar geregelt, daß die ASFINAG Mautaufsichtsorgane bestellen kann und daß die Organe der Straßenaufsicht sowie die Zollwache ebenfalls an der Kontrolle des Vollzugs dieses Gesetzes mitwirken können.

Verkehr geht uns alle an! Daher müssen wir auch gemeinsam entsprechende Lösungen suchen und finden. (Beifall bei der ÖVP.)

20.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter,

20.51

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Zu meinem Vorredner: Es gibt in Europa viele Systeme der Bemautung und des Road-Pricing. Ich bin überhaupt nicht der Meinung, daß man mit der Einführung in Österreich, was das LKW-Road-Pricing betrifft, unbedingt auf die Bundesrepublik Deutschland warten muß. Ich glaube, daß wir diese 3,5 Milliarden Schilling sehr dringend brauchen, und meine weiters, daß wir, auch wenn die Einführung nicht gemeinsam mit der Bundesrepublik erfolgt, dennoch im Gleichklang mit vielen anderen europäischen Staaten stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin überhaupt dagegen, daß wir ununterbrochen versuchen, den öffentlichen Verkehr und den Straßenverkehr auseinanderzudividieren. Es geht für uns darum, daß das als eine Einheit betrachtet wird. Ich selbst komme aus einer Region, in der wir beides brauchen. Ich bin gewählt im Wiener Umland, und dort erleben wir täglich den Verkehrsstau im Süden von Wien.

Ich bin dafür, daß im Süden von Wien der öffentliche Verkehr, die öffentlichen Verkehrsmittel drastisch ausgebaut werden und daß wir entsprechende Investitionen vornehmen, Taktverkürzungen herbeiführen und tarifarische Hemmnisse minimieren. Ich halte es für notwendig, den Kernzonenbereich von Wien um zumindest die erste Außenzone zu erweitern.

Wer aber glaubt – wie es in vielen Diskussionen bei uns zum Ausdruck kommt –, daß der Ausbau des öffentlichen Verkehrs genügen wird, der irrt, der irrt ganz gewaltig. Denn dieser Ausbau kann nicht einmal den Zuwachs abdecken. Wir brauchen zusätzlich zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs in der Region Wiener Umland auch den Ausbau des Straßenverkehrs. (Abg. Fink: Das kommt mit der Einbeziehung ins Road-Pricing!)

Herr Minister! In diesem Zusammenhang ist an erster Stelle der vierspurige Ausbau der Süd Autobahn zu nennen. Dieser muß sehr rasch kommen, und er wird auch kommen. Er sollte aber auch so kommen, daß die Bürgermeister der Region mitgehen, das heißt, daß insbesondere Lärmschutzmaßnahmen gleich mitgeplant werden, auch dann, wenn nicht 55, sondern 45 Dezibel – wie bei einer Neubaustraße – als Grenzwert angesetzt werden.

Wir brauchen in dieser Region unbedingt auch den Ring um Wien, den Autobahnring um Wien mit der B 301, der Nordostumfahrung, und der Donaubrücke bei Traismauer, weil der Süden von Wien nicht allen Verkehr aufnehmen können wird. Daher brauchen wir einen Nord- und einen Südring um Wien. Nur so können wir die zukünftigen Anforderungen an den Straßenverkehr entsprechend bewältigen.

Ich denke daher, daß die B 301, die Nordostumfahrung, sowie auch – das gehört zu dem System dazu – eine zusätzliche Donaubrücke, vor allem bei Traismauer in Niederösterreich – die Donaubrücke, die in der Resolution verlangt wird, denn nur so kommt der Ring zustande –, eine tatsächliche Bedeutung haben. (Abg. Dr. Graf: Bravo! Endlich einmal nehmen Sie die freiheitlichen Standpunkte ein!)

Das ist – das kann ich hinzufügen – eine alte, eine wirklich alte Forderung aller Abgeordneten, die aus dem Süden Wiens kommen: der Sozialdemokraten, der ÖVP-Abgeordneten und auch der freiheitlichen Abgeordneten, die das gemeinsam wollen.

Ein weiterer Punkt, Herr Minister: Ich denke, daß wir diese Straßenbauvorhaben nur dann verwirklichen können, wenn wir sie auch hochqualitativ ausgestalten, das heißt insbesondere die notwendigen Lärmschutzmaßnahmen daran binden.

Letzter Punkt, meine Damen und Herren: Ich glaube, wir sollten nicht der Illusion verfallen, daß zusätzlicher Straßenbau zusätzlichen Verkehr bedeutet. Das mag manches Mal richtig sein, aber in der Region um Wien stimmt es ganz sicherlich nicht. Denn dort ist der Verkehr selbst generiert, und es ist nur die Frage, ob wir den Verkehr, den es ohnehin schon gibt, besser oder schlechter, mit mehr oder mit weniger Umweltbelastung kanalisieren können. (Abg. Mag. Kukacka: Sehr richtig!)

Wir sind dafür, daß dieser Verkehr besser kanalisiert wird und daß damit die Umweltbelastungen durch den Straßenbau und durch die Maßnahmen für den öffentlichen Verkehr gesenkt werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Kröll. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.56

Abgeordneter Hermann Kröll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Auch ich spreche zur GSD-Studie, 1903 der Beilagen, über die Studie "Die Gestaltung des Straßennetzes im Donaueuropäischen Raum unter besonderer Beachtung des Wirtschaftsstandortes Österreich".

Als Mitglied des Bautenausschusses und des Unterausschusses, in dem Abgeordnete aus Verkehrs- und Bautenausschuß zusammen sowohl Masterplan als auch GSD-Studie beraten haben, möchte ich hier aus regionaler Sicht einiges dazu sagen. Ich begrüße es außerordentlich, daß über diese beiden Verkehrsnotwendigkeiten gemeinsam in vernetzter Sicht beraten wird. Ich halte das für einen richtigen Ansatz, der uns in die richtige Richtung führen wird.

Dieser Ansatz und diese Betrachtung mögen auch ein zukünftiges Bundesverkehrswege-Leitplannetz erbringen. Daher sind alle Maßnahmen zu begrüßen und mitzutragen, die in dem Entschließungsantrag zum Ausdruck kommen und in der Studie aufgezeigt werden. Dies ist nicht nur ein Ansatz aus europäischer und aus nationaler Sicht, sondern in besonderer Weise – je nachdem, in welcher Region man wie betroffen ist – auch ein regionaler Lösungsansatzpunkt.

Ich möchte mich deshalb mit dieser Studie aus regionaler Sicht etwas näher befassen und meine, daß diesbezüglich gerade das Ennstal besonders aktuell anzusprechen ist. Kollege Peter hat das bereits im Zusammenhang mit der Verkehrslawine getan, die wir zu erwarten haben: möglichst viel Verkehr zu Beginn der Saison, die wir erwarten, aber möglichst gut geleiteter Verkehr, sodaß unsere Gäste auch gerne zu uns kommen.

Zum Thema "Ennstal aktuell": Sowohl die Bahn, als auch vor allem die Straße haben einen großen Nachholbedarf im infrastrukturellen Ausbau. Da ist der Masterplan aktuell, und ganz besonders aktuell ist die GSD-Studie als Priorität des Tales aus der Sicht des Standortes für Wirtschaft und Verkehr, zwar nicht mit konkreten Vorschlägen – was, wo, wie –, wohl aber die Notwendigkeit aufzeigend. Das ist eine wichtige, ganz entscheidende Materie, die in der Verbindung zwischen Selzthal und Bischofshofen, insbesondere aber zwischen der Pyhrn Autobahn und der Tauern Autobahn angesprochen ist.

Wir haben auch Erfahrungen und Erkenntnisse darüber, was es bedeutet, wenn ein Vierteljahrhundert lang nichts Entscheidendes geschieht. Wäre es so, daß, wenn wir keine Straßen bauen, die Probleme gelöst sind, dann wären die Menschen im Ennstal zufrieden. So aber sind sie tief betroffen, meine Damen und Herren, und leiden darunter: wegen der schlechten Erreichbarkeit, weil sie zuwenig Sicherheit haben, weil die Gefährlichkeit steigt und der Verkehr zunimmt und weil es ganz einfach nicht vorangeht mit dem längst notwendigen Ausbau, den wir dringendst brauchen, damit die Chancen des Ennstales als Region im Wirtschaftsdreieck Graz – Salzburg – Linz auch wahrgenommen werden. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Diese Region, der Bezirk Liezen, hat nämlich trotz seiner grundsätzlich sehr erfreulichen Voraussetzungen – er ist geographisch für den Tourismus entwickelt, aber auch für sportliche, industrielle sowie land- und forstwirtschaftliche Zwecke – eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenzahl. Wenn ich das in Relation dazu stelle, wie wir strukturell verkehrsmäßig erschlossen sind, dann erblicke ich darin einen Zusammenhang. Wo man nicht erreichbar ist, wo die Waren, die Produkte schwerer an den Mann gebracht werden können, wo unsere Gäste aus dem Ausland uns schwerer erreichen können, dort ist auch die Wirtschaft und sind damit die Arbeitsplätze in Gefahr.

Wir erleben das auch in der Beurteilung der Plus- und Minuspunkte nach der erfolgreichen Weltmeisterschaft in der Ramsau. Es gab nur zwei wesentliche Punkte, die massiv kritisiert wurden, und zwar die Verkehrssituation sowie ein zum Teil überholtes Angebot in der Bettenqualität unserer Beherbergungsbetriebe.

Daher möchte ich schon zum Schluß kommen und feststellen, daß die Studie die richtigen Notwendigkeiten aufzeigt. Sie läßt aber – und das möchte ich insbesondere in Richtung Frau Dr. Moser sagen – den Spielraum für konstruktive Gespräche frei. Sie sagt nicht: Das muß eine Autobahn sein, oder das kann nur eine Schnellstraße sein. – Das kann es sein, muß es aber nicht sein!

Sie muß aber statt zweispurig mit Gegenverkehr eine vierspurige Lösung anbieten können, sodaß die Sicherheit, die Erreichbarkeit und alles Erforderliche möglich sind. Sie bietet eine faire Chance des Einstieges zu Gesprächen aller Betroffenen – der Leute im Tal, der Planer, der politisch Verantwortlichen, der Grundbesitzer und Bauern, der Gemeinden und der Bürgermeister –, damit aus dieser Studie die richtigen Schlüsse gezogen werden, damit endlich etwas weitergeht.

Nicht das Beispiel der letzten 25 Jahre kann das Vorbild sein, sondern die Zeitenwende ins neue Jahrtausend und der neuen Regierung. Nur das kann die Herausforderung sein. Darum vertraue ich sehr auf unseren Minister, auf die vorgesehenen gemeinsamen Vorgangsweisen mit der Bundesrepublik Deutschland in Europa für einen vernünftigen Ausbau. Und es ist höchste Zeit, daß wir uns selbst mit den Leuten zusammensetzen. Denn, bitte, Stillstand ist Rückschritt, und Rückschritt haben wir mit dem Stillstand schon seit einem Vierteljahrhundert. Es kann nur endlich vorwärtsgehen! (Beifall bei der ÖVP.)

21.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. Die Uhr ist auf eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 3 Minuten eingestellt. – Bitte.

21.02

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Titel der Petition PET-40 lautet: "Die Wiener Nordostumfahrung muß rasch gebaut werden." – Ich sage: Sie muß raschest gebaut werden, und das nicht nur deswegen, weil Umweltschutzmaßnahmen sie erforderlich machen, sondern auch, weil Volksvermögen verlorengeht. Herr Abgeordneter Edler hat gestern sehr klar und deutlich ausgeführt, warum diese Straße gebaut werden muß. Ich ergänze als Politiker dieser Region: Sie ist auch notwendig, um die wirtschaftliche Belebung des südöstlichen Weinviertels zu garantieren.

Diese Region ist wirtschaftlich an kein höherrangiges Verkehrsnetz angeschlossen, weder an Schiene noch an Straße. Die Landwirtschaft, die einst dominierte, und der Gemüseanbau sind rückläufig. Die Leute in dieser Gegend haben nur eine Chance: stundenlang in den Süden Wiens auszupendeln. Eine Verknüpfung zur B 301, zum Flughafen Wien-Schwechat, zum Industriegebiet im Süden Wiens bietet Chancen für eine wirtschaftliche Belebung.

Der Süden allein kann nicht alles aufnehmen, das hat Herr Abgeordneter Kaufmann schon klar und deutlich festgestellt. Der Norden bietet sich an. Diese Nordostumfahrung ist auch notwendig, wenn das höherrangige Straßennetz – manche nennen es die "Nordautobahn" – gebaut wird. Es kann nämlich nicht so sein, daß man zunächst die Strecke in den Norden ausbaut und dann keine Ableitungen östlich und westlich von Wien schafft. Denn wir schaffen auf diese Art und Weise nur einen sehr teuren Parkplatz, der an und für sich "Südosttangente" durch Wien heißt. Und warum ist dieser Raum interessant? – Er ist nur wenige Kilometer Luftlinie von diesen südlichen Wirtschaftsräumen entfernt.

Mir ist bewußt – das sage ich ganz klar und deutlich als einer, der in jener Gemeinde wohnt, in die diese Nordostumfahrung eine wesentliche Schneise schlagen wird –: Es wird alles unternommen werden – und darum bitte ich Sie, Herr Minister –, die Straße so auszubauen, daß sie den Umweltstandards entspricht: Tieflage durch den Nationalpark, Lärmschutzwände entlang der verbauten Gebiete.

Da wir schon von diesen nördlichen und nordöstlichen Verkehrsströmen reden, dazu noch ein Satz, Herr Bundesminister: Es gibt in diesem Bezirk auch eine Nord-Süd-Verbindung, die sogenannte B 49. Wir haben dort ein Straßenstück von etwa drei bis vier Kilometern Länge, auf dem seit Jänner ein Autoverkehr nahezu unmöglich ist. Die Lösung, einfach ein Verkehrsschild mit einer 30-Stundenkilometer-Beschränkung aufzustellen, scheint mir zuwenig zu sein. Das scheint eine Sofortmaßnahme zu sein, aber sicherlich keine Maßnahme für ein halbes Jahr!

Ich ersuche Sie, die Sanierung dort ehestmöglich einzuleiten. Denn es dauert nur noch drei Monate, bis die Rübenernte beginnt, und die Zuckerfabrik Hohenau wird über diese Straße beliefert. Ich glaube nicht, daß wir es uns in Zeiten unseres Wohlstandes verdient haben, in Österreich noch solche Straßen zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

21.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. Zweite Wortmeldung, Restredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

21.06

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine zweite Wortmeldung ist im Sinne einer Verlagerung zu verstehen. Ich habe meine Wortmeldung zum nächsten Tagesordnungspunkt streichen lassen, sodaß Sie das auf diese Art und Weise keine zusätzliche Zeit kostet. (Abg. Steibl: So etwas! Das muß ein Fehler sein!) Aber da ich von verschiedenen Kollegen angesprochen worden bin, ist es aus reiner Höflichkeit sehr wohl notwendig, darauf zu antworten.

Herr Minister! Sie haben darauf hingewiesen, daß die Mauteinnahmen dringend notwendig sind, damit die ASFINAG Geld zur Verfügung hat, um die Straßenbauvorhaben voranzutreiben. Herr Minister, Sie haben gleichzeitig – oder vielleicht sogar kurz zuvor – darauf hingewiesen, daß ein europäischer Gleichklang notwendig ist und in diesem Sinne ein gemeinsamer Einführungstermin mit Deutschland angestrebt werden soll. Dazu steht im Koalitionsabkommen das Jahr 2003 geschrieben. Das ist Ihnen, glaube ich, bekannt.

Ich habe erst vor drei Tagen mit den dafür Zuständigen in der ASFINAG telephoniert, und diese haben mir mitgeteilt, daß, wenn Sie mit Ihrer Mautverordnung im Juli nicht durchkommen, der Straßenbau gestoppt wird und die ASFINAG aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht weiterbauen kann, weil die Bezahlung nicht gewährleistet ist. Das ist die Realität!

Jetzt kann ich natürlich sagen: Aus grüner Perspektive ist es mir nur recht, wenn Sie mit der Mauteinnahme warten, bis es den europäischen Gleichklang gibt, weil bis dahin eben nicht weitergebaut werden kann.

Aber das ist wirklich die Realität: Sie sagen auf der einen Seite, der Straßenbau soll vorangetrieben werden, und auf der anderen Seite fordern Sie Mauteinnahmen im europäischen Gleichklang zum gleichen Zeitpunkt wie Deutschland. (Abg. Mag. Kukacka: Es gibt auch Kredite!) – Das ist nicht fix, und das paßt irgendwie nicht zusammen. Insofern geht also die Rechnung nicht auf. Es tut mir leid für Sie; mir kann es nur recht sein, für mich ist es vergleichsweise optimal!

Es gäbe einen Ausweg. Dieser Ausweg heißt "ökosoziale Steuerreform", und er heißt "leistungsabhängige Kilometerabgabe". Dadurch hätten Sie sofort Geld zur Verfügung. Nur stellt sich dann die Frage, wofür man es verwendet. In Ihrem Sinne wäre dieser grüne Vorschlag sicherlich günstiger, der grüne Vorschlag, der innerhalb einer ökosozialen Steuerreform auch eine kilometerabhängige Veranschlagung der Fahrleistung brächte, und zwar für PKW und für LKW, im Sinne eines Ökobonus, sodaß jeder einzelne etwas davon hat.

Herr Kollege Kopf! Sie haben mich darauf angesprochen, daß ich schon etwas über die Maut gesagt hätte. Ich sage es erst jetzt. Ich sage: Road-Pricing – okay. Ich sage: leistungsabhängige Kilometerabgabe wie in der Schweiz – okay.

Ich sage auch: Das Road-Pricing, wie es bei uns geplant ist und wie es jetzt vom Termin her hinausgeschoben wird, ist eine fiskalpolitische Maßnahme, die uns im Straßenbau wegen der fehlenden Terminisierung nicht voranbringt und die uns auf der anderen Seite auch verkehrs- und umweltpolitisch überhaupt nichts bringt. Gerade Sie als Sprecher der ÖVP in Umweltschutzbelangen müssen doch für die Kostenwahrheit im Straßenverkehr zum ehestmöglichen Zeitpunkt eintreten – im Sinne des Umweltschutzes und auch im Sinne einer wirtschaftlichen Straßenbenützung. Es muß Kostenwahrheit her!

Kollege Ellmauer hat hier behauptet, daß ich gegen Infrastrukturverbesserungen sei. – Das stimmt nicht! Ich habe nur gesagt: Die Infrastruktur muß so gewährleistet werden, daß sie umweltverträglich ist. Es ist wesentlich, daß wir Verbindungen zwischen den Wirtschaftsräumen haben. Allerdings stellt die Schiene die umweltfreundliche Verbindung dar, daher ist das Hauptaugenmerk auf die Schiene und nicht auf die Straße zu legen. Das ist meiner Überzeugung nach ganz wesentlich!

Zum Schluß möchte ich noch auf die Ausführungen eines Kollegen von der SPÖ eingehen, des Kollegen von der Arbeiterkammer Wien und Umgebung. Sie haben immer gesagt, daß es in Wien notwendig ist, sowohl den öffentlichen Verkehr zu finanzieren und auszubauen als auch straßenmäßig etwas zu tun. – Wenn man Straßen baut, hat man allerdings den Stau spätestens in sechs Jahren auch auf diesen neuen Straßen. Das sind leider Erfahrungswerte, und das muß ich jetzt leider wiederholen. Wien ist leider nicht anders! Auch wenn man rund um Wien das Straßennetz verdichtet, ist der Stau spätestens für die Jahre 2005 oder 2006 programmiert, denn Straßen laden zum Fahren ein. Das ist leider auch ein Erfahrungsergebnis, das ist Empirie!

Zum Schluß noch zu den Ausführungen des Kollegen aus dem Ennstal: Sie haben darauf hingewiesen, daß nicht festgelegt ist, auf welche Art und Weise diese Infrastrukturverbesserung auf der Straße vorgenommen wird, ob zweispurig, dreispurig oder vierspurig ausgebaut wird. – Sie haben ganz recht! Sie haben aber nicht erwähnt, daß in den Plänen des Wirtschaftsministeriums und auch in dem Antrag, der gestern beschlossen wurde, sehr wohl das Vorhaben verborgen ist, daß die Ennstalstraße, die B 146, zur TEN-Strecke erklärt wird. Und Sie wissen sehr genau, Herr Kollege Kröll, was es bedeutet, wenn eine Straße in das TEN-Netz aufgenommen wird! Sie wissen nämlich von den Vorhaben der Europäischen Union, daß wir voraussichtlich in zwei, drei Jahren auf TEN-Strecken kein Nachtfahrverbot und kein Wochenendfahrverbot mehr haben dürfen und kein Feiertagsfahrverbot mehr haben werden. Das ist das Problem! Auf dieses Problem hat das Verkehrsministerium hingewiesen. Gerade das Verkehrsministerium sagt ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete, inzwischen ist sowohl die freiwillige Redezeit als auch die legale Redezeit beendet. Daher bitte ich um den Schlußsatz!

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Die EU-Regelungen sehen vor, daß die Beschränkungen insgesamt wahrscheinlich aufgehoben werden. Und das können wir der Bevölkerung gerade im Ennstal nicht zumuten! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte.

21.13

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst möchte ich mich für das Plädoyer der Frau Abgeordneten Moser für den Straßenbau bedanken. Ich bin sehr dafür, daß wir durch einen großen Wurf und einen großzügigen Ausbau rund um die Metropolis, also den Wiener Raum, der einer der am stärksten wachsenden Agglomerationen im Wohlstand Europas ist, nicht bereits heute wieder durch zu kleine Lösungen die Probleme von morgen schaffen.

Betreffend die Situation in Deutschland: Mir wäre es recht, wenn es gelänge, diese Regierung zu rascherem Handeln zu veranlassen, vor allem von der grünen Seite her. Mir ist jeder Tag weniger recht, denn wir brauchen das dringend.

Auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Peter sollte man, glaube ich, wirklich eingehen: Wir haben in Europa das Problem, daß wir, egal, ob jetzt ein Tunnel ausfällt oder nicht, durch die rasante Zunahme des Tourismus und des Verkehrs im Binnenmarkt insgesamt überall unerträgliche Stauphänomene bekommen, von den Alpen bis in die Ballungsgebiete im Rheinland. Es wird eine der größten Herausforderungen der Europäischen Union sein, in der nächsten Zeit von der Logistikseite her wenigstens zu versuchen, die Traditionsballungen zu entflechten. Wir haben während unseres EU-Vorsitzes einen derartigen Vorstoß im informellen Tourismusrat gemacht. Endergebnis war, daß mein schwedischer Tourismusminister-Kollege Pagrotzky vom Verfassungsgerichtshof verurteilt wurde, weil er in Europa Aktivitäten setzen wollte, die in Schweden von der Verfassung für Europa nicht vorgesehen sind. Daher wir müssen das wahrscheinlich jetzt von der Verkehrsminister- und von der Umweltseite her angehen. Derartige Vorstöße erhoffe ich mir vom neuen Europäischen Parlament, weil dies wirklich notwendig geworden ist.

Für Österreich selbst darf ich Ihnen mitteilen: Es wurde uns jüngst durch ein sehr junges Logistikunternehmen demonstriert, daß es diesbezüglich Strömungsuntersuchungen geben könnte. Wir werden versuchen, durch einen lokalen Auftrag einmal zu untersuchen, was wir österreichischerseits etwa durch eine neue Logistik von Beginnzeiten, Schlußzeiten und Verkehrssteuerungsmaßnahmen erreichen können. Ich hoffe, daß auch der Tourismus mitspielt, damit wir mit den traditionellen Wochenendballungen endlich von uns aus Schluß machen können, auch wenn wir damit am Anfang vielleicht einigen Ärger bei den Kunden haben.

Ein zweiter Punkt: Herr Präsident! Hohes Haus! Mir liegt der Standort Österreich im Verkehrsbereich sehr am Herzen. Ich möchte hier schon der Realität halber sagen: Es gibt die unbestrittene KPMG-Studie, die in einer Untersuchung der G-8-Staaten festgestellt hat, daß Österreich die günstigsten Verkehrspreise dieser untersuchten Hauptindustrieländer hat. Außerdem sind die Transportkosten in Österreich in den letzten Jahren von der Transportseite her – Versicherungsprämien, Preise – gefallen. Es gibt tatsächlich Möglichkeiten, Dinge einzuführen. Ich bestreite nicht die Sinnhaftigkeit des gemeinsamen Vorgehens mit Deutschland – das unterstreiche ich auch –, ohne daß die Standortqualität Österreichs benachteiligt wird. Ich sage das nur, weil die Zahlen hier bekannt sein sollten. – Ich bedanke mich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher ist die Debatte geschlossen.

Ein Wunsch auf ein Schlußwort seitens der Berichterstatter liegt nicht vor.

Wir kommen daher zu den einzelnen Abstimmungen, und zwar gelangen wir zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Bautenausschusses, den vorliegenden Bericht III-186 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen als nächstes zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1903 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Auch hier darf ich bitten, daß jene Damen und Herren, die dieser Entschließung zustimmen, dies durch Erheben von den Sitzen bekunden. – Die Entschließung ist mit Mehrheit angenommen. (E 191.)

Als nächstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Aumayr betreffend die Dringlichkeit von Straßenbauvorhaben in Oberösterreich. (Rufe bei der ÖVP: Oje!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag Aumayr stimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Damit gelangen wir als nächstes zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1904 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen haben, wie erwähnt, einen Abänderungsantrag eingebracht, und zwar bezieht sich dieser auf die Streichung des § 8 in Art. I.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Streichung eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen als nächstes ab über die Fassung des Ausschußberichtes zu diesem Teil des Gesetzentwurfes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Teil in der Fassung des Ausschußberichtes zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß dies mit Mehrheit soeben beschlossen wurde.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang, ebenfalls in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, daß die restlichen Teile des Gesetzentwurfes mit Mehrheit angenommen wurden.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 1905 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme votieren, um ein Zeichen. – Dieser Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Damit haben wir diesen Teil der Tagesordnung erledigt.

44. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1639 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem Regelungen über die doppelte Preisauszeichnung und andere Angaben von Geldbeträgen erlassen werden (Euro-Währungsangabengesetz – EWAG) (1952 der Beilagen)

45. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1643 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Markenschutzgesetz 1970 und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (Markenrechts-Novelle 1999) (1953 der Beilagen)

46. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 1067/A der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kurt Heindl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentanwaltsgesetz geändert wird (1954 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zu den Punkten 44 bis 46 der Tagesordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wünsche nach Berichterstattung liegen mir keine vor.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte.

21.20

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Das Euro-Währungsangabengesetz bietet Anlaß, auch ein wenig über den Begriff "Ehrlichkeit" zu philosophieren.

In der politischen Diskussion der letzten Tage wurde das Wort "Lüge" sehr oft gebraucht, was insbesondere dem Herrn Präsidenten, aber auch anderen nicht gefallen hat. Und gerade die ÖVP und die SPÖ haben sich gegenseitig des Gebrauchs des Wortes "Lüge" bezichtigt.

Es stellt sich nun die Frage, Frau Kollegin Bauer: Wer ist denn der Ehrlichste in diesem Land? Also: ehrlich, ehrlicher, am ehrlichsten? Und was ist jemand, der nicht ehrlich ist? Ist er ein Lügner, oder sagt er nur die Unwahrheit? Oder führt er, die Politiken betreffend, die Leute nur hinters Licht? Oder ist er gar – in der Zeit verweilend, als es noch Pferdehändler gab – ein Roßtäuscher? Da bräuchte man das Wort "Lüge" nicht zu gebrauchen. Der echte Pferdehändler hatte Handschlagfähigkeit, war also ehrlich. Nicht so der Roßtäuscher, aber der war kein Pferdehändler, wie wir alle wissen. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich behaupte jedoch nicht, Frau Kollegin, daß dieses ÖVP-Gehabe eine Pharisäerdebatte ist. Ich behaupte das nicht, mitnichten! (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.) Denn man wollte ja nur wissen, wer ehrlicher ist: Hans Peter Martin oder Herr Swoboda oder vielleicht gar Herr Klima? Es gilt selbstverständlich auch hier die Unschuldsvermutung, also sind wieder alle ehrlich und keine Roßtäuscher, weil sie keine Pferdehändler sind, sondern nur Politiker. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Euro-Währungsangabengesetz hat mit dem, was ich jetzt angeführt habe, einiges zu tun, nämlich insbesondere betreffend das Verhalten der Österreichischen Volkspartei und jener, die in den Kammern, vor allem in der Wirtschaftskammer, immer wieder die Muskeln spielen lassen. Ich sage, damit ich mit dem Herrn Präsidenten nicht in Konflikt komme, daß die ÖVP in diesem Bereich unehrlich ist. Ich behaupte auch nicht, daß sie ein Klon des Häuptlings Gespaltene Zunge sei. Vielmehr hat sie vermeint, dem jeweiligen Anwesenden genau das sagen zu müssen, was er gerne hört. Und das ist wieder unehrlich. Ihr seid aber trotzdem keine Pferdehändler, und ob ihr Roßtäuscher seid, das sollen die Bürger beantworten!

14 Länder der Gemeinschaft brauchen kein Euro-Währungsangabengesetz. Österreich braucht eines, und zwar deswegen, weil wir wieder eine neue Kommission brauchen. Mit § 19 wird eine Euro-Preiskommission mit neuen Bürokratien eingeführt. Die Euro-Preiskommission kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben Sachverständige beiziehen. Jedenfalls als Sachverständige beizuziehen sind je ein Vertreter des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, ein Vertreter des Städtebundes, des Gemeindebundes sowie ein Vertreter der Länder. Es kommt also wieder zu einem Mehr an Bürokratie, was wiederum Geld kostet. Meine Damen und Herren! Und dann trifft man wieder zusammen, um zu bejammern, daß der Staat, die Bürokratien so stark ausufern. Das hindert Sie aber gleichzeitig nicht, der Öffentlichkeit zu verkünden, daß Sie nicht bereit sind – wieder einmal, wenn es darum geht, Bürokratien abzuschaffen –, diesen neuen Bürokratien nicht zuzustimmen. Wer ist jetzt der Roßtäuscher, und wer ist der Häuptling Gespaltene Zunge? – Ich beantworte es nicht, ich versehe es mit einem Fragezeichen.

Meine Damen und Herren! Jetzt komme ich zur Stellungnahme der Wirtschaftskammer zu diesem Gesetz: Dieses Gesetz, heißt es dort, "führt zu einer isolierten Stellung Österreichs innerhalb der Europäischen Union und zu einer erheblichen Inländerdiskriminierung für die heimischen Wirtschaftsbetriebe". Das steht in der Stellungnahme der Wirtschaftskammer, und das wird auch ellenlang begründet. Ich muß das Zitieren aus Zeitgründen unterlassen, die Stellungnahme ist jedoch jederzeit einsehbar, sie ist in deutscher Sprache im freiheitlichen Klub aufgelegt. Im Schlußsatz heißt es: "Dies gilt als conditio sine qua non für die politische Akzeptanz des EWAG durch die Unternehmerschaft und ihre Interessenvertretung." – Unterschrieben ist das von Leopold Maderthaner und von Dr. Günther Stummvoll. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Heute stimmen die Herrschaften zu. Und daß einige Kleinigkeiten, einige Warzen von diesem Geschwür weggeschnitten wurden, wird auch nichts daran ändern. Dann erzählt man: Wir haben ohnehin für die Kleinen bis 27,3 Quadratmeter etwas getan. Dann kommt einer messen, der darf, und so weiter.

Meine Damen und Herren! Übrig bleibt, daß Sie der Öffentlichkeit in puncto Ehrlichkeit ein Schauspiel vorgeführt haben, daß Sie aber dabei ertappt worden sind, daß Sie nicht ehrlich sind, sondern unehrlich! Ich würde sagen: Sie sind nicht einmal Roßtäuscher, das wäre, gelinde gesagt, eine Auszeichnung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.25

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hermann Hesse hat einmal gesagt: "Damit das Mögliche entsteht, muß immer wieder das Unmögliche versucht werden." – Und genau das, Herr Abgeordneter Haigermoser, möchte ich jetzt versuchen, nämlich Sie vielleicht doch zu überzeugen! Ich werde es immer wieder probieren. Ich halte mich da an Hermann Hesse. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.) Herr Abgeordneter Graf, Sie waren nicht im Ausschuß. Sie können infolgedessen dazu wenig sagen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser.)

Herr Abgeordneter Haigermoser! Versuchen Sie einmal, sich zurückzuhalten und auch einmal zuzuhören! Denn bevor man noch etwas sagen kann, sprechen Sie schon dagegen! (Abg. Fischl: Sie haben ja noch gar nichts gesagt!)

Sie wissen sehr genau, Herr Abgeordneter Haigermoser, daß in der Europäischen Union festgestellt wurde, daß es den Mitgliedstaaten freiwillig überlassen wird, wie sie die Euro-Umrechnung vornehmen. Sie wissen auch sehr genau, daß es, als der Euro im Rahmen der Europäischen Union beschlossen wurde, große Verunsicherung in der Bevölkerung gab, weil es sich um ein Währungsanpassungsgesetz handelt, das viele Menschen noch nicht erlebt haben. Und aus diesem Grund hat die Koalition – und in diesem Punkt ist unser Koalitionspartner besonders vorsichtig – gemeint, daß man Regeln finden müßte, damit eben nichts passieren kann und die Konsumenten geschützt sind.

Wir wissen natürlich, daß der Markt und der Wettbewerb die Konsumenten besonders schützen. Aber es gab zum Beispiel auch Pensionistenverbände, die gesagt haben, daß es für ältere Menschen sehr schwer sein wird, wenn es nicht gewisse Regeln gibt. Und selbstverständlich wird man auch den älteren Menschen, die hier in Österreich immer stärker vertreten sind, entgegenkommen.

Außerdem hat man versucht, mit diesem Währungsangabengesetz etwas Praktikables zu erreichen, das für alle leicht zu handhaben ist. Das ist eben auch die "Marke Farnleitner" – ich werde dann auch zum Markenschutzgesetz noch etwas sagen –, daß er versucht, mit den Betroffenen eine Regelung zu vereinbaren.

Diese Regelung schaut gemäß den Wünschen der Wirtschaftskammer und ihrer Bundessektion Handel – und Herr Abgeordneter Haigermoser sitzt in der Bundessektion Handel, von welcher er auch die Information bekommen hat, daß sie dieses Währungsangabengesetz verlangt hat, in dem Ausnahmen für Klein- und Mittelbetriebe getroffen werden, das aber auch so praktikabel sein soll, daß es für die Konsumenten nachvollziehbar ist – folgendermaßen aus:

Man hat sich bereits vorbereitet, und zwar mit Währungsangaben in Euro und Schilling, sodaß man Umrechnungstabellen auflegen kann, die auch für den Konsumenten deutlich lesbar sind. (Die Rednerin stellt zwei Tafeln mit der Aufschrift "Umrechnen auf einen Blick" auf dem Rednerpult auf.) All das ist bereits akzeptiert! (Abg. Mag. Peter: Steht das auch im Gesetz?) Im Gesetz steht nicht die Größe. Herr Mag. Peter! Ich weiß, auch ich bräuchte das nicht! Aber ich muß einsehen, daß es viele Menschen in diesem Land gibt ... (Abg. Mag. Peter: Ältere Mitbürgerinnen!) Ja! Und ältere Mitbürger! Vielleicht bemühen Sie sich zuwenig darum, diese Menschen zu verstehen. Die Menschen werden immer älter, aber auch dann wollen sie informiert werden und das lesen können, und die Sozialdemokraten und die Konsumentenschützer haben gemeint, daß man Regelungen dafür herausgeben sollte! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.)

Herr Abgeordneter Mag. Peter! Das wird mit diesem Gesetz versucht! Und die Wirtschaftskammer Österreich und wir alle werden gerne zustimmen.

Der zweite Punkt, den ich zu diesem schönen Dreierpaket erwähnen möchte, das das Euro-Währungsangabengesetz, das Patentanwaltsgesetz und die Markenrechts-Novelle enthält, betrifft das Patentanwaltsgesetz: Ich möchte nur ankündigen, daß ein neues Patentanwaltsgesetz kommt. Es ist hier ein Entschließungsantrag eingebracht worden, damit auch die Mitglieder der Patentanwaltskammer eine gesetzliche Grundlage für die Schaffung von Einrichtungen zur Versorgung ihrer Mitglieder und deren Angehörigen für den Fall von Krankheit haben, welche die Voraussetzungen des § 5 GSVG erfüllt.

Interessant ist die Markenrechts-Novelle. Denn das TRIPS-Abkommen besteht schon wesentlich länger, wir haben aber erst jetzt die dementsprechenden elektronischen Voraussetzungen dafür, daß wir diesem Abkommen beitreten und auch bei diesem TRIPS-Abkommen mitsprechen können.

Es sind dies drei Gesetze, die notwendig sind, und ich glaube, daß das Euro-Währungsangabengesetz mit seinen Ausnahmen für Klein- und Mittelbetriebe und mit seiner einfachen Handhabung auch den Bürgern dieses Landes hilft. (Beifall bei der ÖVP.)

21.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Helmut Peter. – Bitte.

21.30

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! In meinen Händen halte ich 27 eng bedruckte Seiten mit Verwaltungvereinfachungen, wie man Dinge einfach lösen kann. – Das ist ein Weg vom Ordnungsstaat zum Leistungsstaat; und das ist genau der Weg, den die Bundesregierung beschreiten sollte! Sie geht ihn auch hurtig weiter. Ich befürchte nur, die 6 700 Seiten Gesetze des Jahres 1998 werden im Jahre 1999 durch 7 500 Seiten Gesetze ersetzt werden. Dann werden wieder alle darüber jammern, daß wir so viele Gesetze haben! (Abg. Dr. Graf: Herr Kollege Peter! Sie mißverstehen das! Das ist moderne Arbeitsplatzbeschaffung!) Dieses Gesetz kostet immerhin 40 Millionen Schilling. Ich glaube, daß man damit eine Menge Arbeitsplätze schaffen könnte!

Der langen Rede kurzer Sinn: Der Herr Bundesminister hat dieses Gesetz, tapfer wie er ist, im Ausschuß verteidigt, und er muß es auch verteidigen. Offensichtlich ist es vor dem EU-Beitritt irgend jemandem versprochen worden, also muß es sein. Es ist dies ein "psychologischer Flankenschutz", hat uns der Herr Bundesminister wissen lassen. Ich weiß zwar nicht, wessen psychologische Flanke damit geschützt werden soll, aber offensichtlich ist es auch ein Schutz für Unternehmer. Erstaunlich dabei ist: Wenn es ein Schutz für Unternehmer ist, dann offensichtlich nur für die großen, denn die kleinen müssen ohnehin nicht auspreisen, weil die ja unter der Grenze liegen.

Insgesamt zusammengefaßt: Das ganze Gesetz ist wirklich ein verzichtbarer Holler! (Beifall beim Liberalen Forum.) Es macht all diejenigen unglaubwürdig, die darüber reden, wie wir die Gesetzesflut stoppen können, zum Beispiel Kollegin Cordula Frieser von der Volkspartei, die jetzt gar nicht anwesend ist. Es macht alle unglaubwürdig, die meinen, man solle weniger Gesetze beschließen.

Dabei wäre es so einfach! Man hätte sich nur drei Fragen stellen müssen. Die erste Frage wäre gewesen: Darf der Staat das regeln? Die zweite Frage wäre gewesen: Muß der Staat das regeln? Und die dritte Frage wäre gewesen: Kann das, wenn er es darf und muß, so geregelt werden, daß für die einzelnen BürgerInnen ein größtmöglicher Freiraum weiterhin erhalten bleibt? – Aber da der Staat es nicht regeln darf und auch nicht muß, ist das Ganze wirklich leider überflüssig. Sie machen einen großen Fehler. Sie werden das beschließen und dann wieder wortreich verteidigen.

Das Markenschutzgesetz enthält meines Erachtens eine positive Entwicklung. Wir werden dem zustimmen. Ich halte hiermit fest –, gegen die Zwischenrufe des Kollegen Lukesch –, daß im "Weißen Rössl" die Preise nicht in D-Mark ausgezeichnet sind. Wenn du das noch einmal behauptest, mache ich eine tatsächliche Berichtigung! Komm, und schau es dir an! (Abg. Dr. Lukesch: Wird in Euro ausgepreist?) In Euro werden alle Preise ab 1. Dezember 1999 ausgezeichnet sein, und zwar mit dem darunter in Klammern gestellten Schillingpreis. Wir werden ab 1. Dezember 1999 in einem wunderschönen Euro-Raum leben, von dem wir hoffen, daß uns dieser Nationalrat weniger Gesetze nachschicken kann.

Ich möchte aber trotzdem noch kurz auf das Markenschutzgesetz zu sprechen kommen: Ich glaube, daß hier eine gute Lösung gefunden wurde. Ich habe davon gehört, daß es Kapazitätsengpässe in der Frage einer Wiederwahlverlautbarung und einer Gesamtkodifikation gibt. Ich bitte daher die Verantwortlichen im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, auf die Beseitigung dieses Problems einen Schwerpunkt zu legen, denn die Übersichtlichkeit der Gesetze leidet darunter.

Der Patentgesetznovelle, die in Ausarbeitung ist, sehen wir mit Freuden entgegen. Dem Patentanwaltsgesetz stimmen wir zu, weil wir es für richtig halten, wenn die Patentanwälte ihre soziale Sicherheit selbst in die Hand nehmen. – Ich danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Minister.

21.34

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Da die meisten nicht gehört haben, was im Ausschuß gesagt wurde – Kollege Peter saß ja, wenn ich das so sagen darf, vis-à-vis von mir –, darf ich jetzt ein paar Mißverständnisse klarstellen.

Es gab bei der Einführung des Euro in Österreich "allerhöchste" Skepsis, um das höflich zu sagen. Österreich war zu Beginn einer der Staaten mit den niedrigsten Akzeptanzraten, sie lagen zunächst um die 20 Prozent. Damals haben die beiden Regierungsparteien zur Beseitigung der Ängste vor Aufrundungsgefahr, Inflationssteigerung und ähnliche Dinge mehr versprochen, daß es ein derartiges Gesetz geben soll, um die Akzeptanz zu fördern. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt. Es gab die hier mehrfach zitierten Einwände aus der Wirtschaft, weil man sich für das freiwillige System, das einige Länder angekündigt haben – EuroCommerce-Modell –, entschieden hat. Als die österreichischen Händler das EuroCommerce-System studiert haben, haben sie meinen Entwurf liebengelernt. Denn der EuroCommerce-Entwurf sieht vor, daß ein freies Gütesiegel von einer Drittstelle verliehen wird, daß die Kontrolle über zivilrechtliche Klagen erfolgt und eine Bürokratie und ein Kontrollaufwand damit verbunden sind, der unglaublich gewesen wäre. Daher wackeln sozusagen einige der freiwilligen Länder momentan. Und einige andere Länder wie Belgien, Frankreich, Portugal und Spanien haben in der Zwischenzeit erkennen lassen, daß sie dem österreichischen Beispiel im Verordnungswege, weil es dort andere Rechtssysteme gibt, folgen werden.

Dritter Punkt: Seit der entscheidende Wille der öffentlichen Hand, da mit größter Preistransparenz vorzugehen, dokumentiert wurde, wurde durch eine Welle von freiwilligen Preisauszeichnungen dokumentiert, daß dieses Gesetz wahrscheinlich nie angewendet werden muß. Wir sehen bereits jetzt, daß alle großen Handelsketten auch mit Euro ausgezeichnet haben, und im Tourismus finde ich selbst im kleinsten Café alles bereits in Euro ausgezeichnet. Ich glaube, daß dieses Gesetz nach wie vor einen Flankenschutz bietet und daß dieser Prozeß – ich denke auch an die Rundungen später, denn immer muß ja die Konjunktur nicht deflationär sein wie jetzt – durchaus wichtig sein kann.

Letzter Punkt: Dieses Gesetz verursacht, was die öffentliche Hand betrifft, keinen Aufwand, wie hier behauptet wurde. Die berühmte Euro-Preiskommission ist nichts anderes als die jetzige Preiskommission, und die dort wieder aufgenommenen Expertenmitglieder haben auch jetzt regelmäßig – zumindest die des ÖGB – an Sitzungen teilgenommen. Sitzungsgelder werden nicht gezahlt. Ich meine, daß es ein Jammer wäre, wenn die Verordnungsermächtigung angewendet werden müßte, denn bis dahin wird eine Preistransparenz herrschen, die durch dieses Gesetz mitverursacht wurde. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP.)

21.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Peter Marizzi. – Bitte.

21.36

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Werter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Haigermoser hat im Ausschuß ununterbrochen von "Bürokatieaufblähung" geredet und gesagt, daß dieses Gesetz den "Sankt Bürokratius" schafft und so weiter und so weiter. Darauf hat Herr Bundesminister Farnleitner das gesagt, was er jetzt auch in seinem letzten Punkt erwähnt hat: Es gibt keine zusätzliche Bürokratie! – Daher hat Herr Haigermoser heute seine Rede umändern müssen und hat uns alle Roßtäuscher genannt!

Aber da wir heute über die Preisauszeichnung sprechen, möchte ich dann schon über etwa 5 000 Euro reden. Denn Herr Haigermoser kennt sich da aus, weil seine Tochter bereits in Euro bezahlt wird, und zwar aus einem netten Topf, den, glaube ich, Herr Sichrovsky, ... (Zwischenruf des Abg. Haigermoser.) Da hast uns du roßgetäuscht, lieber Kollege Haigermoser! (Beifall bei der SPÖ.)

Denn Roßtäuscher sind wir noch lange nicht! Und Bundeskanzler Klima ist noch lange kein Roßtäuscher, lieber Kollege Haigermoser! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl.) Da bin ich nicht mehr!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der äußerst erfolglosen Anti-Euro-Kampagne der FPÖ und dem ziemlich erfolglosen Volksbegehren hat die österreichische Bundesregierung die doppelte Preisauszeichnung versprochen. Ich glaube, vor allem die älteren Menschen in diesem Land wollen das und wollen, daß das auch berücksichtigt wird. Und das ist wichtig und richtig, um ein Euro-Gefühl und ein Preisgefühl zu erzeugen und um Verunsicherungen zu beseitigen!

Wenn man sich die Untersuchungen des Market-Institutes anschaut, dann kann man feststellen, was die Wünsche der österreichischen Bürger sind. – 73 Prozent der sogenannten kleinen, fleißigen Leute erachten eine gesetzlich geregelte doppelte Preisauszeichnung für notwendig, 79 Prozent sind für eine behördliche Preisüberwachung in der Umstellungsphase.

Das heißt zusammengefaßt: Dieses Gesetz ist eine Notwendigkeit, und der Herr Bundesminister hat schon darauf hingewiesen, daß sich manche Länder dieses Gesetz anschauen werden, weil in diesen Ländern die österreichische Lösung als eine vorteilhafte Lösung anerkannt wird. Ich gebe diesem Gesetzentwurf gerne meine Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. – Bitte.

21.40

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Marizzi! Ihre unnötigen Worte in bezug auf die Tochter Haigermosers schreibe ich dem späten Abend zu; ansonsten kann ich mir diese wirklich nicht erklären. (Abg. Parnigoni: Es ist eine Tatsache! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Frau Tichy-Schreder! Ihr Schlangentanz war nicht so originell wie die Roßtäuscher-Story von Haigermoser. (Abg. Tichy-Schreder: Das Wort "Schlangentanz" weise ich zurück!) Daher der Reihe nach: zuerst zur Markenrechts-Novelle und dann zur Roßtäuscher-Novelle.

Wir stimmen dieser Markenrechts-Novelle also zu. Das heißt aber nicht, daß wir sie kritiklos hinnehmen. Mein Hauptkritikpunkt betrifft die Tatsache, Herr Bundesminister, daß es die österreichische Bundesregierung nicht geschafft hat, statt einer unleserlichen Novelle mit 83 Seiten Regierungsvorlage und 19 Seiten Bericht auch ein lesbares Markenschutzgesetz, entsprechend dem Markengesetz in Deutschland, zustande zu bringen. Es wäre dann nämlich möglich gewesen, den gesamten Kennzeichnungsschutz einheitlich zu regeln und damit durch diese Novelle eine Doppelgleisigkeit bei Regelungen von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit Markenrechtsverletzungen zu vermeiden.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Höhe der Gebühr bei Eintragung der Ursprungsbezeichnung, die sich auf 10 000 S beläuft. In unserer kleinstrukturierten Wirtschaft, Herr Bundesminister, wird dieser Umstand zu einem wettbewerbsschädigenden Verhalten führen oder gar manche davon abhalten, Musterschutz zu beantragen, und sie damit erst recht in eine schlechtere Wettbewerbsposition bringen, weil ein Stärkerer, Größerer dann seine Idee aufgreift und sie schützen läßt.

Zum Schluß möchte ich noch einige kritische Bemerkungen zu diesem Roßtäuschergesetz machen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Nußbaumer! Ich habe sehr genau zugehört: Man kann versuchen – dem einen gelingt es, dem anderen nicht –, lustig zu sein; aber ein Gesetz als "Roßtäuschergesetz" bezeichnen, das tun wir nicht, Herr Abgeordneter! (Zwischenrufe der Abgeordneten Seidinger und Marizzi.)

Bitte, setzen Sie fort!

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (fortsetzend): Der Zeitpunkt der Einführung dieser doppelten Währungsangabe mit 1. Oktober 2001 scheint mir kurios zu sein, denn zu diesem Zeitpunkt ist noch überhaupt kein Geld vorhanden. Das heißt, diese Vorschrift kann nicht wirken, weil der Konsument ja noch nicht beide Währungen im Geldbörsel hat. Er kann also gar nicht herausgeben. Das Gesetz ist meines Erachtens daher nicht praktikabel.

Es kann aber auch deshalb nicht wirken, weil, wie Sie, Herr Minister, im Ausschuß und auch hier erklärt haben – sofern Ihr Argument richtig ist –, die Unternehmen ja sowieso von sich aus doppelt auszeichnen. Damit, daß – entsprechend dem, was Sie vorher erklärt haben – das Gesetz eigentlich gar nicht mehr zur Wirkung kommt, ist es eigentlich unnötig, die angegebenen 40 Millionen Schilling auszugeben.

Ich glaube, daß wir uns dieses Euro-Währungsangabengesetz deshalb ersparen können – und wir brauchen es eigentlich auch nicht –, weil, wie Sie hier und im Ausschuß gesagt haben, die Betriebe aus Wettbewerbsgründen ohnedies die doppelte Preisauszeichnung praktizieren werden und auch ein Euro-Preiskampf einsetzen wird. Die Zahl der Insolvenzen wird mich in meiner Ansicht wahrscheinlich im nachhinein auch bestärken. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

21.44

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Es gibt meiner Meinung nach sechs Gründe, warum wir diesem Euro-Währungsangabengesetz ruhig die Zustimmung erteilen können.

Erstens: Es ist ein befristetes Gesetz, das heißt, es bleibt so lange bestehen, solange der Schilling gesetzliches Zahlungsmittel ist. Zweitens: Es ist ein Gesetz für den Konsumenten. Drittens: Es trägt zu einem geordneten Übergang bei dieser technischen Währungsumstellung bei. Viertens: Es ist bereits sichergestellt, daß Kleinbetriebe keine unnötige Bürokratie aufgebürdet bekommen. Fünftens: Bei dieser Art der doppelten Währungsangabe wurde auf die technische und wirtschaftliche Zumutbarkeit Rücksicht genommen. Sechstens: Es gibt entsprechende Sonderregelungen mit vereinfachten Informationsverpflichtungen.

Da sich auch eine Expertengruppe damit beschäftigt hat – die Sozialpartner waren miteinbezogen –, und diese sich einhellig für diese doppelte Preisauszeichnung aussprach, kann ich mir die Zustimmung vorstellen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Warum hast du das jetzt gesagt? Das ist ja ohnedies alles im Blattl gestanden, was du gesagt hast! Der liefert uns einen Auszug aus dem Blattl!)

21.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

21.45

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich habe gar nicht gewußt, daß sich die FPÖ so sehr für die Roßhändler einsetzt. Roßtäuscher sind ja, glaube ich, Roßhändler. (Abg. Mag. Schweitzer: Nein, nein!) Nun ja, das ist wohl die Wurzel dieses Ausdrucks. (Abg. Mag. Schweitzer: Du hast nicht aufgepaßt!) Im Gesetz habe ich aber nirgends gelesen, daß es bei den Pferden auch eine doppelte Preisauszeichnung geben muß. Das, glaube ich, wird nicht sein müssen.

Historisch betrachtet, meine Damen und Herren, ist das jetzt die fünfte Währungsumstellung, die Österreich im Laufe eines Jahrhunderts durchmacht, wenn man das so sagen kann. Vier erfolgten unter anderen wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen, und jetzt stehen wir vor der fünften Währungsumstellung, die eine Währungsumstellung zu einem fixierten Wechselkurs ist und somit auch keine Änderung des Wertes und keine Änderung der Kaufkraft mit sich bringt. (Abg. Mag. Schweitzer – auf den ihm müde erscheinenden Abg. Dr. Khol weisend –: Herr Präsident, sagen Sie, der Herr Klubobmann soll sich ins Bett begeben!)

Die älteren Generationen aber haben noch die ersten vier Umstellungen, die durchaus nicht so ganz ohne Folgen für diese Leute geblieben sind, in Erinnerung, und daher ist natürlich auch ein gewisses Mißtrauen vorhanden. Dieses zugesagte, versprochene Gesetz über die doppelte Preisauszeichnung ist daher ein wichtiger Beitrag zum Abbau dieses Mißtrauens und zum Nachweis dafür, daß es zu keiner Wertänderung und zu keiner wie immer gearteten Manipulation, Rundungsmanipulation kommt.

Die Sozialpartner waren in die Vorbereitung dieses Gesetzes, das die Ermöglichung einer korrekten Umstellung zum Ziel hat, immer eingebunden. Im Zuge der Diskussion allerdings stellte sich heraus, daß gerade aus den Bereichen der Wirtschaft – das ist heute schon zitiert worden – immer wieder Klagen darüber kommen, daß dieses Gesetz die österreichische Wirtschaft kostenmäßig sehr belasten, den Wettbewerb beeinträchtigen würde, daß die Kostenumwälzung zu einer Teuerung führen würde und ähnliches mehr.

Für mich stellt sich die Frage, warum schon jetzt, lange vor diesem zugesagten Gesetz, eine ganze Reihe von Betrieben diese doppelte Preisauszeichnung durchgeführt hat: wohl deswegen, weil sie wissen, daß eine gute Kundeninformation einen Wettbewerbsvorteil bringt. Abgeordneter Marizzi hat bereits jene Untersuchung genannt, aus der sehr deutlich hervorgeht, daß sich ein sehr großer Prozentsatz diese doppelte Preisauszeichnung wünscht und sich auch wünscht, daß diese amtlich überprüft wird.

In derselben Market-Studie ist auch zu lesen, daß zwei Drittel der Befragten die doppelte Preisauszeichnung für alle Geschäfte wünschen. Nun sieht das Gesetz auch die schon zitierten Ausnahmen vor, die für Betriebe bis zu neun Beschäftigten und für Filialen bis zu fünf Beschäftigten gelten. Diese Kleinbetriebe, die solche Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen können, sind im wesentlichen aber die noch vorhandenen Nahversorger. Diese sind ja auch Thema beim nächsten Tagesordnungspunkt, beim Bericht über die KMUs.

Ich behaupte, daß es in der Umstellungsphase von Schilling auf Euro ein Wettbewerbsnachteil für diese kleinen Nahversorger ist, wenn sie nicht in Schilling und Euro auszeichnen, wie dies die Großen jetzt schon tun. Gerade die älteren Menschen sind es, die dort hingehen, und nicht nur diese sind sehr froh, wenn sie auf einen Blick den alten und den neuen Preis erkennen können und im Geschäft nicht lange herumrechnen müssen; das machen sie dann erst zu Hause, wenn sie das noch einmal durchgehen. Daher wäre die Wirtschaftskammer gefordert, diese kleinen Nahversorger bei dieser doppelten Preisauszeichnung zu unterstützen: im EDV-Bereich, in der Softwareanpassung und bei ähnlichen Fragestellungen – und weniger darüber zu weinen. Das wäre eine echte Unterstützung für die kleinen Betriebe, für die Nahversorger.

Apropos Kostenschätzung oder Kostenbelastung: Aus einer Wifo-Studie aus dem Jahre 1998 geht hervor, daß die gesamte Kostenbelastung der Währungsumstellung für die österreichische Wirtschaft rund 22 Milliarden Schilling ausmacht. In derselben Studie wird aber auch gesagt, daß sich ab dem Jahre 2001 Entlastungswirkungen in Höhe von ungefähr 16 Milliarden Schilling jährlich einstellen werden, was wiederum zu einem preisdämpfenden Effekt von zirka einem Viertelprozent führen wird.

So sieht es mit den Kosten aus! Daher sollte diese gesetzliche Maßnahme der doppelten Preisauszeichnung jetzt nicht beweint, sondern umfassend und zügig an die Vorbereitung gegangen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. – Bitte.

21.50

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Haigermoser, als Kollege aus Salzburg muß ich schon darauf eingehen (Abg. Haigermoser: Das hab ich erwartet! Du bist ja ..., ich hab dich ja sogar gewählt!): Du hast uns so ein schönes einäugiges Pferd vorgeführt, daß ich an die Korona und an meine Kollegen schon die Frage stellen möchte: Wie nennt man jemanden, der ein einäugiges Pferd als ein zweiäugiges verkaufen will? (Rufe bei der ÖVP: Roßtäuscher!) Roßtäuscher! – Sehr gut. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Lieber Herr Kollege Haigermoser! Wir haben versprochen, wir haben gehalten, und ich sage daher, das ist ehrliche Politik! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Was denn?) Sie können also nur Roßtäuscher-Lobbyist sein, das ist meiner Ansicht nach das einzige!

Als Abgeordneter aus der Wirtschaft – wäre ich auch ein Lobbyist – würde ich dieses Gesetz ablehnen müssen. Aber ich glaube, daß gerade dieser Umstellungszeitpunkt, daß gerade diese Einführung des Euro so wichtig ist, daß es darauf ankommt, hier nicht als Lobbyist aufzutreten, sondern all das unter einen Hut zu bringen, was notwendig ist, nämlich unseren Kunden, unserer Klientel jene Information und Sicherheit zu bieten, die sie sich zu Recht erwarten.

Das heute zu beschließende Euro-Währungsangabengesetz hat vor allem diese eine Aufgabe: Sicherheit zu geben für die Umstellung von Schilling auf Euro. Weiters soll die Gewöhnung an die neue Währung für den Konsumenten erleichtert und die Vergleichbarkeit der Preise letzten Endes gesichert werden.

Ich glaube aber, daß all das, was das Gesetz in den nächsten zwei bis drei Jahren haben will, von den Unternehmern heute schon zum Großteil geleistet wurde und garantiert auch von Ihnen selbst in den nächsten Jahren geleistet werden wird.

Gestatten Sie mir noch, auf eine Frage einzugehen, die der Herr Minister schon eindeutig dargelegt hat: Was wäre gewesen, wenn wir dieses Gesetz nicht gemacht hätten? – Ich glaube, Sie wissen ganz genauso gut wie ich, daß wir dann sicher bei der freiwilligen EuroCommerce-Vereinbarung dabei wären, wie auch die anderen Staaten dabei sind. Der Herr Minister hat nur einen Punkt genannt, nämlich daß diese EuroCommerce-Vereinbarung die Einführung eines in Europa erkennbaren Gütezeichens notwendig macht, das wir nicht brauchen. Er hat aber nicht erwähnt, daß wir dort nur bei einer Beobachtungsstelle die Beschwerden einbringen könnten. Er hat nicht erwähnt, daß es in diesem EuroCommerce-Bereich nur drei oder vier Sonderregelungen gibt, während wir eine Vielzahl von solchen Sondervereinbarungen haben – ich erwähne jetzt nur einige wenige: Glücksspielbereich, Taxigewerbe, Buchhandel, Tankstellen, alle kleinen Unternehmer mit bis zu neun Mitarbeitern. Wir haben 80 bis 90 Prozent des Handels im Tourismus damit ausgenommen. Ich glaube aber, daß das alles noch nichts dagegen ist, daß wir sonst nämlich die doppelte Preisauszeichnung seit dem 1. Jänner 1999 haben müßten!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte daher abschließend nochmals feststellen, daß aufgrund des Engagements der österreichischen Unternehmer bereits vieles von dem vorweggenommen wurde beziehungsweise auch garantiert vorweggenommen werden wird, was durch dieses Gesetz vorgesehen ist. Wir von der österreichischen Wirtschaft sind sowohl mit diesem als auch ohne dieses Gesetz auf das beste auf diese Währungsumstellung vorbereitet. (Beifall bei der ÖVP.)

21.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Kurt Wallner. – Bitte.

21.54

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn ich die Markenrechts-Novelle hier kurz debattiere, dann wäre natürlich noch ein weiterer Vergleich mit Rössern möglich. Sie wissen, es gibt einen besonderen Schutz für die Ursprungsbezeichnung. In der Weststeiermark gibt es einen besonders guten Wein, nämlich den Schilcher (Abg. Dr. Khol: Das ist ein Gerücht! – Abg. Schieder: Geben tut es ihn, aber daß er gut ist, ist ein Gerücht!), und die Qualitätsmarke für den Schilcher ist ein weißes Roß, nämlich der Lipizzaner. – Das ist eine positive Replik, lieber Kollege Haigermoser, die ich hier noch kurz vortragen wollte. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Zur Markenrechts-Novelle: Es hat in Österreich sehr lange gedauert, bis eine effiziente Markenpolitik gegriffen hat. Sieht man aber jetzt in die Regale der Supermärkte, dann stellt man doch fest – auch der Herr Minister hat es im Ausschuß schon bestätigt –, daß Gutes geleistet wurde und daß es viele Marken in Österreich gibt, die sehr schützenswert sind.

Diese Novelle ist ein richtiger Schritt zu einem modernen und zukunftsweisenden Markenrecht. Kurz die drei Eckpunkte: Erstens, jeder kann das Recht an einer Marke erwerben. Zweitens, es gibt eine Verschärfung des Gebrauchszwanges: Nicht benützte Markenrechte werden ausgeschieden. Drittens: Es gibt eine wirkungsvolle Bekämpfung des sittenwidrigen Erwerbs von Marken.

Meine Damen und Herren! Ich denke, die einheimischen Firmen, die besonders viel investiert haben, um Marken aufzubauen, verdienen auch den Schutz des Gesetzgebers. Sie sollen vor Markenmißbrauch, vor allen Dingen aber auch vor billiger Konkurrenz geschützt werden.

Meine Damen und Herren! Ich habe schon in meiner Eingangsreplik erwähnt, daß es verschärfte Sanktionen bei Mißbrauch von durch die EU geschützten geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen gibt. Es gibt einige ganz besonders hervorstechende Produkte: Denken Sie etwa an das steirische Kernöl (Abg. Schwemlein: Das ist gesund!), den von mir bereits erwähnten steirischen Schilcher, aber auch an den Tiroler Speck und viele andere heimische Verkaufsschlager, die natürlich von einigen anderen Produzenten zur Nachahmung aufgenommen werden. Das soll durch dieses Gesetz verhindert werden, denn diese von mir erwähnten Produkte und noch andere tragen sicherlich zur Aufrechterhaltung unserer österreichischen Identität bei.

Eine letzte Bemerkung noch zum Patentanwaltsgesetz: Dazu gibt es einen Antrag der Koalition, den wir vollinhaltlich unterstützen. Ziel dieses Initiativantrages ist es, der Patentanwaltskammer die gesetzliche Grundlage für die Schaffung von Einrichtungen zur Versorgung ihrer Mitglieder und deren Angehörigen für den Fall der Krankheit einzuräumen. Es gibt aber auch eine Ergänzung, nämlich daß die Patentanwaltskammer auch von der Möglichkeit des sogenannten "opting out" Gebrauch machen und die Ausnahmen von der Pflichtversicherung der Patentanwälte in der Krankenversicherung beantragen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

21.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Wir kommen daher, weil damit die Debatte geschlossen ist und kein Schlußwort des Berichterstatters verlangt wird, zur Abstimmung, die über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen wird. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Als erstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Euro-Währungsangabengesetz samt Titel und Eingang in 1639 der Beilagen.

Für den Fall, daß Sie diesem Euro-Währungsangabengesetz in zweiter Lesung zustimmen, bitte ich um ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß die Vorlage in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen ist.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Vorlage ist auch in dritter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend eine Markenrechts-Novelle 1999 samt Titel und Eingang in 1953 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dieser Vorlage in zweiter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist in zweiter Lesung einstimmig beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung zustimmen, dies zu bekunden. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Ich lasse jetzt über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentanwaltsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1954 der Beilagen abstimmen.

Ich ersuche im Falle der Zustimmung um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Vorlage ist in zweiter Lesung einstimmig beschlossen.

Wir nehmen sogleich die dritte Lesung vor.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß die Vorlage in dritter Lesung ebenfalls einstimmig angenommen ist.

47. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses betreffend den Bericht (III-183 der Beilagen) des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 1998/99 (1955 der Beilagen)

48. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 428/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen erleichtern (1956 der Beilagen)

49. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 607/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Einrichtung zentraler Anlaufstellen für BetriebsgründerInnen bei Behörden erleichtern (1957 der Beilagen)

50. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 608/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Kosten-Nutzenanalysen für neue Gesetze auch hinsichtlich der umsetzenden Unternehmen erleichtern (1958 der Beilagen)

51. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 609/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch horizontale Steuergerechtigkeit zwischen in Finanz- oder Sachkapital veranlagten Geldern erleichtern (1959 der Beilagen)

52. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsanstrag 610/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Aufhebung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes bei gleichzeitiger Neukodifikation des ArbeitnehmerInnenschutzes erleichtern (1960 der Beilagen)

53. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 611/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Aufhebung des Ladenöffnungszeitengesetzes mit dem Ziel einer völligen Freigabe der Ladenöffnungszeiten erleichtern (1961 der Beilagen)

54. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 612/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch weitere Liberalisierung des Betriebsantrittsrechtes der Gewerbeordnung erleichtern (1962 der Beilagen)

55. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 513/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Abschätzung des Nutzens und der Kosten von Gesetzesvorhaben für die Bereiche außerhalb der staatlichen Verwaltung (Gesetzesfolgenabschätzungsgesetz) (1963 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den Punkten 47 bis 55 der Tagesordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Damit gehen wir gleich in die Beratungen ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Mach es kurz, Haigermoser!)

22.00

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wie erwähnt steht der KMU-Bericht zur Diskussion. Der Fairneß halber sei gleich zu Beginn festgehalten, daß dieser Bericht übersichtlich ist, daß er – das sei als dankenswert anerkannt, Herr Bundesminister – auch gemeinsam mit der Opposition in bezug auf seine Zielrichtung besprochen wurde und daß Sie diesen gemeinsamen Wünschen in einer positiven Aussprache nachgekommen sind. Das heißt, daß man von einem objektiven Werk sprechen kann, das die Situation der klein- und mittelständischen Wirtschaft in einigen Bereichen entsprechend darstellt.

Die Diagnose ist also einmal als objektiv zu bewerten; aber bei der Therapie, Herr Bundesminister – damit die Botschaft nicht so positiv wird –, sind Sie uns einiges, wenn nicht alles schuldig geblieben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, es genügt eigentlich ein Blick auf Seite 91, Herr Bundesminister, um festzustellen, wo die Probleme liegen. In Ihrem Bericht halten Sie fest – wörtliches Zitat –:

Die betriebswirtschaftlichen Soll- beziehungsweise Richtwerte werden im Durchschnitt nur von Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeitern erreicht beziehungsweise überschritten, die kleineren Betriebe verfügen über zu wenig Eigen- wie auch über zu wenig Risikokapital. – Zitatende.

Das ist das Problem, das wir in der österreichischen Wirtschaft haben, und auf Seite 92 wird ähnliches im Hinblick auf die Tourismusbetriebe gesagt. Meine Kollegen werden noch im speziellen darauf eingehen.

Das heißt also, Herr Bundesminister, daß sich an Sie – als wichtigen Vertreter die Wirtschaft betreffend – in dieser sozialistischen Koalitionsregierung die Frage stellt: Was haben Sie getan, um dieses Problem der mangelhaften Eigenkapitalquote zum Besseren zu wenden? Welche Maßnahmen haben Sie getätigt? Sie haben ja heute in der Koalition ein sogenanntes Steuerreformkonzept beschlossen, welches nahezu nichts beinhaltet, was diese Eigenkapitalquote verbessern könnte. Böhacker und andere freiheitliche Redner und auch Redner aus anderen Oppositionsparteien haben Ihnen das ja nachgewiesen.

Das heißt also, Sie haben die Diagnose richtig gestellt, aber die Therapie haben Sie nicht eingeleitet. Das ist Ihnen vorzuwerfen.

Meine Damen und Herren! Es wurde nichts getan zur Senkung der Lohnnebenkosten, insbesondere hiebei! Ihnen, Herr Bundesminister, wäre es gut angestanden, einen Vorschlag aufzugreifen, nämlich dahin gehend, daß zum Beispiel die Wirtschaftskammer Österreich bei den Lohnnebenkosten der ab 50jährigen, also jener Arbeitnehmer, die heute besondere Schwierigkeiten haben, den Beitrag der Kammerumlage 2, der zirka 0,5 Prozent ausmacht, auf Zeit streichen sollte. Gleiches wäre dann natürlich – das ist allerdings nicht Ihrem Ressortbereich zuzuordnen – bei der Arbeiterkammer im Hinblick auf den Arbeiterkammerbeitrag von 0,5 Prozent einzufordern.

Sie hätten also damit die Lohnnebenkosten mit einem Schlag um ein ganzes Prozent gesenkt, ohne daß der Steuersäckel mit einem roten Heller belastet worden wäre, und damit für die klein- und mittelständischen Betriebe Möglichkeiten geschaffen, ihre Gesamtzahlen schrittweise zu verbessern. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das wäre positiv gewesen, das wäre innovative Politik, Herr Bundesminister, und das hätten Sie einleiten müssen. Denn nur mit der Ankündigung, es würde eine Gründerwelle quasi eingeleitet, und diese Welle würde dann so viele Tausend Arbeitsplätze schaffen, ist es nicht getan. Wir wissen ja alle, daß aus dieser plakativ ausgerufenen Gründerwelle in der Zwischenzeit nur ein Rinnsal geworden ist.

Meine Damen und Herren! Natürlich ist das Problem, warum in Österreich insgesamt zu wenige Unternehmer vorhanden sind, die wiederum Arbeitsplätze und Lehrlingsausbildungsplätze bereitstellen, nicht einfach zu sehen. Im Rahmen der sehr interessanten Serie "Standort Österreich" müssen wir in einer der jüngsten "Presse"-Ausgaben lesen, daß wir dort, wo es um die Gründerwelle, um das Selbständigsein geht, international im Hintertreffen sind: Beim "Drang in die Selbständigkeit" finden wir uns unter vergleichbaren Ländern an 45. Stelle, Herr Bundesminister! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Farnleitner.)

Ich weiß natürlich, daß Statistiken hin und wieder mißbraucht werden, aber dann sollten Sie auch bei der "Presse" einmal vorstellig werden, ohne jetzt Zensor sein zu müssen, denn diese wird ja auch mit Millionen der Wirtschaftskammer finanziert – ich glaube, 90 Millionen Schilling kommen da von der Wirtschaftskammer –, und ich hoffe nicht, daß das eine Lüge ist, die wir hier lesen müssen!

Meine Damen und Herren! Es wird hier zum Beispiel festgestellt: "Bemerkenswert scheint, daß rund 30 000 Unternehmer innerhalb der nächsten Jahre verzweifelt nach einem Nachfolger suchen." – Das ist ein Problem! Daher fragen wir uns: Wie kann man dem begegnen? Denn wenn festgehalten wird, daß der größte Stolperstein bei Unternehmensgründungen die Bürokratie ist, dann müßten Sie sich auch fragen, wie Sie diese Bürokratie eindämmen – und nicht ein Euro-Währungsangabengesetz und andere schaffen, die wiederum neue Bürokratie erzeugen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Das können Sie noch so salbungsvoll betrachten: Es sind neue Bürokratien! Da rufe ich gar nicht zuvörderst nach Steuersenkungen, sondern ich rufe danach, daß sich dieses Parlament hier an der eigenen Nase zu nehmen und zu sagen hat: Freunde, wir können nicht derart viel Papier produzieren und dann wiederum sagen, eine Gründerwelle muß sein, wenn auf der anderen Seite präsumtive Unternehmer, insbesondere junge Menschen, davor abgeschreckt werden, sich selbständig zu machen.

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es sei aber angemerkt, daß trotz dieser Bürokratie Tausende Unternehmer in diesem Lande fleißig unterwegs sind und trotz dieser sozialistischen Koalitionsregierung Erkleckliches leisten und, wie gesagt, Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Kein "rotes Telephon" des Herrn Bundeskanzlers Klima hat noch auch nur einen einzigen Arbeitsplatz geschaffen, sondern das tun nur diese so oft drangsalierten Unternehmer, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weil wir diesem Mittelstand zur Seite stehen wollen, erlaube ich mir, einen Entschließungsantrag einzubringen, welcher eine Reihe von Punkten beinhaltet, die natürlich nicht erschöpfend sind, was die Unterstützungsmaßnahmen betrifft, sondern stellvertretend für vieles andere stehen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haigermoser, Dipl.-Ing. Hofmann, Ing. Nußbaumer und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Klein- und Mittelbetriebe

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, entsprechende Initiativen zu setzen, durch welche folgende Maßnahmen zur Stärkung, Unterstützung und Entlastung der heimischen klein- und mittelständischen Wirtschaft realisiert werden können:

1. Steuerliche Entlastung der heimischen Betriebe durch Einführung des "Flat tax"-Modells

2. Stärkung und Erhöhung des Eigenfinanzierungsanteils am Startkapital bei Unternehmensgründungen

3. Attraktivierung des Risikokapitalmarktes

4. Maßnahmen zur Senkung der Lohnnebenkosten

5. Schaffung eines einheitlichen Betriebsanlagenrechtes

6. Eine Ausnahme für über 50jährige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der Bemessung der Kammerumlage 2 sowie der über 50jährigen Arbeiterkammerzugehörigen von der Umlagepflicht

7. Abschaffung der Eintragungsgebühr bei der Wirtschaftskammer

8. Erhöhung der Transparenz und Übersichtlichkeit der regionalen, nationalen und EU-Förderungsmöglichkeiten für KMUs

9. Verbesserung der Beratungs- und Unterstützungsstruktur für potentielle Unternehmensgründerinnen und -gründer

10. Verbesserung der Kommunikation und Interaktion zwischen Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft

11. Entlastung der heimischen Betriebe von unnotwendigen und aufwendigen statistischen Meldepflichten

12. Raschere Liberalisierung des heimischen Strommarktes zur Entlastung der mittelständischen Wirtschaft von überhöhten Stromkosten

13. Entbürokratisierung des Arbeitnehmerschutzes

14. Umsetzung des "Luxemburger Modells" und eine damit verbundene Umsatzsteuerrückvergütung in der Höhe von 15 Prozentpunkten (= Reduktion des Umsatzsteuersatzes von 20 auf 5 Prozent) für Arbeitsleistungen von Professionisten für private Bauherren."

*****

Das wären Maßnahmen, die sonder Zahl auch von der Wirtschaftskammer immer wieder in Resolutionen einstimmig beschlossen, aber dann hier leider nicht durchgesetzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist daher bedauerlich, daß wir feststellen müssen, daß die Zahl der Insolvenzen geradezu explodiert. Den Grund hiefür findet man auch wieder auf den Seiten 91 und 92, Herr Bundesminister.

Abschließend ist daher festzuhalten, daß Sie zwar in der Diagnose auf dem richtigen Weg sind, bei der Therapie aber auf halbem Wege steckengeblieben sind, natürlich auch infolge der Blockadepolitik innerhalb dieser sozialistischen Koalitionsregierung, meine Damen und Herren! Das aber haben sich weder die Arbeitnehmer noch die Arbeitgeber in diesem Lande verdient. Ich glaube, wir Freiheitlichen glauben, der Mittelstand hat mehr verdient als Sprechblasen, mehr verdient als Absichtserklärungen. Taten sollten Ihren Versprechungen folgen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Maderthaner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.10

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der achte Bericht über die Situation der kleinen und mittleren Betriebe der gewerblichen Wirtschaft ist ein Spiegelbild der Leistungen des Unternehmertums. Die Politik soll ihn auch als Wegweiser zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die heimische Wirtschaft verstehen. Unternehmer und Unternehmerinnen schaffen und sichern Arbeitsplätze und halten damit auch den Wohlfahrtsstaat aufrecht.

Meine Damen und Herren! Begriffe wie "Mittelstand", "Privatwirtschaft" und "Unternehmertum" sind in der Bevölkerung positiv besetzt. Die Meinung, daß Österreich mehr selbständige Unternehmer braucht – und damit bin auch ich durchaus einverstanden –, vertritt heute die Hälfte der österreichischen Bevölkerung. Vor zehn Jahren traf dies nur auf ein Drittel zu; daran ist also deutlich ein Gesinnungswandel erkennbar. Meine Damen und Herren, wer mehr Arbeitsplätze will, muß auch mehr Arbeitgeber wollen – das ist eine ganz klare Formel! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Peter.)

Heute wurde in diesem Hause die Steuerreform beschlossen, und damit wurden wichtige Schritte in die richtige Richtung gesetzt. Fassen wir das auch als ein Signal für das Unternehmertum auf! Unternehmensgründungen werden erleichtert. Dazu hat auch die Wirtschaftskammer wesentliche Beiträge geleistet, durch ihre gesamte Organisation und sozusagen durch die Entwicklung für die Jungunternehmer. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wissen, so meine ich, durchaus, daß durch eine einzige Unternehmungsgründung im Durchschnitt etwa drei bis vier Arbeitsplätze innerhalb kurzer Zeit geschaffen werden. Deswegen ist es so wichtig, Unternehmungsgründungen zu fördern.

Durch den Freibetrag bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer wird die Betriebsübergabe erleichtert. Auch das ist ein ganz wesentlicher Schritt. Das heißt, ungefähr 90 Prozent aller Betriebsübergaben werden in Zukunft sozusagen steuerfrei gestellt. Dies dient nicht nur dem Ziel von Neugründungen, sondern auch der Erhaltung der bestehenden Betriebe. Es ist nämlich ebenfalls wesentlich, daß jene Betriebe, die heute bestehen, übergeben und weitergeführt werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Eigenkapitalausstattung der Betriebe soll durch die Berechnung fiktiver Eigenkapitalzinsen verbessert werden. Ich sage, es ist damit ein erster Schritt erfolgt, denn auch in dieser Hinsicht muß man noch zulegen. Vor allem muß es unbürokratischer werden, das darf ich festhalten, und damit bin ich durchaus bei meinem Vorredner, daß wir hinsichtlich der Bürokratie noch einiges zu tun haben.

Wenn ich weiters die Anhebung des Forschungsfreibetrages und die erhöhten Lehrlingsfreibeträge in Betracht ziehe, läßt sich sagen, daß wir doch einiges für die heimische Wirtschaft erreichen konnten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Wir auch! Wir alle haben das gemacht!)

Kleine und mittlere Betriebe sind und bleiben die wirtschaftliche Stärke unseres Landes, das müssen wir uns vor Augen halten. Daher haben wir diesbezüglich einiges zu tun. Wir haben hier bereits einiges geschafft, das muß man deutlich und klar sagen. Vergessen wir nicht, daß ein gutes Umfeld für unsere Klein- und Mittelbetriebe zugleich die verläßlichste Arbeitsplatzgarantie für die Bürgerinnen und Bürger ist! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Steuerreform 2000 enthält also wichtige Maßnahmen zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes und der Beschäftigung. Die Senkung der Arbeitskosten und der Lohnnebenkosten ist jedoch, mit Ausnahme der Neugründungen – auch dazu leistet die Wirtschaftskammer einen wesentlichen Beitrag durch den Entfall der KU 2 im ersten Jahr nach der Gründung –, leider nicht in dem Ausmaß erfolgt, wie wir sie uns vorgestellt haben. Auch in diesem Punkt schließe ich mich dem Vorredner an, daß wir hinsichtlich der Senkung der Lohnnebenkosten noch einiges zu tun haben. Denn in Wirklichkeit fördern zu hohe Lohnnebenkosten die Schattenwirtschaft, meine Damen und Herren, und da haben wir einzugreifen! (Beifall bei der ÖVP.)

Daher ist eine Fortführung der Diskussion über eine substanzielle Anpassung der Arbeitskosten beziehungsweise der Abgaben, wie sie in verschiedenen Bereichen durchaus möglich wäre, erforderlich.

Sie alle wissen, daß unsere Wirtschaft schon seit langem vom Zuviel an Bürokratie redet und dieses Zuviel an Bürokratie als manchmal durchaus schmerzlich empfindet. Wir haben sicherlich auch da in den letzten Jahren manche Dinge verbessern können. Ich denke dabei etwa an die schnelleren Genehmigungsverfahren. Dazu muß ich sagen, daß wir in Zusammenarbeit mit den durchführenden Beamten versucht haben, die Verfahrensdauer tatsächlich wesentlich zu verringern.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich daher auch folgendes sagen: Die Wirtschaftskammer hat jene Amtsmanager, die durch ihre Leistungen besonders auffallen, in den letzten drei Jahren vor den "Vorhang" gebeten. Hatten wir vor drei Jahren noch eine durchschnittliche Verfahrensdauer von 270 Tagen, so sind es jetzt nur noch 78 Tage. Das ist eine wesentliche Leistung und eine wesentliche Absenkung! (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist außerdem auch eine positive Aktion; damit wir nicht nur immer schimpfen, wollten wir damit sozusagen positive Schritte setzen.

Meine Damen und Herren! Die herrschende – man muß es wohl so nennen! – Gesetzesflut macht vielen Betrieben große Sorgen. Denn sie besitzen keine eigene Rechtsabteilung, und die müßte man fast haben, wenn man diese Gesetze lesen und sozusagen auch beherrschen will.

Die Unternehmer haben mit den administrativen Kosten sehr zu kämpfen. Sie brauchen und wünschen Vereinfachungen im Bereich der Statistik, der Verfahrensdurchführung oder der Förderungsabwicklung. Auch in diesen Bereichen gibt es oft sehr viel an Bürokratie, sodaß manche Förderung nicht so zur Wirkung kommt, wie sie es sollte.

Meine Damen und Herren! Folgendes möchte ich sehr kritisch anmerken: Allein seit dem Jahre 1990 hat unser Haus 61 000 Seiten an Gesetzestexten beschlossen. Daher ist die Frage der Abschätzung der Kosten und auch der Folgekosten von wesentlicher Bedeutung. Ich weiß, daß alle daran mitgewirkt haben. Wir haben das manchmal vielleicht zuwenig herausgestrichen. Jedenfalls haben wir unser Augenmerk darauf zu richten.

Die Gründerzahlen sind in den letzten Jahren merklich gestiegen. Eine veröffentlichte Untersuchung, durchgeführt von der Wirtschaftskammer, weist 105 000 echte Neugründungen in den letzen sechs Jahren aus. Einrichtungen des Gründerservice bieten Informations- und Vermittlungsdienste an. Auch Verwaltungsbehörden sehen sich zunehmend als Serviceeinrichtungen. Maßnahmen im Bereich der Sozialversicherung durch Absenkung der Mindestbeitragsgrundlage, die Flexibilisierung des Gewerberechtes, der Ausbau der Gründungsfinanzierung und so weiter machen das Unternehmertum attraktiver.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! EU-Integration und -Erweiterung sowie Globalisierung erfordern Maßnahmen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft, die zum größten Teil von kleinen und mittelständischen Unternehmen getragen wird. Die Wirtschaft schafft Arbeitsplätze, nicht der Staat, das muß man hier deutlich sagen. Der Staat muß die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, um das Unternehmertum weiterhin zu fördern. (Beifall bei der ÖVP.)

Es sollte allen klar sein, meine Damen und Herren, daß das Wohlbefinden der Gesellschaft von der Gesundheit der Betriebe abhängt. Deswegen haben wir alles dafür zu tun, die kleinen und mittleren Betriebe, die das Rückgrat der Wirtschaft darstellen, auch weiterhin zu fördern beziehungsweise zu unterstützen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Helmut Peter. – Bitte.

22.18

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Hohes Haus! Sie hörten die Worte des Präsidenten der Wirtschaftskammer Österreich. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Puttinger: Peter hat zugehört!) – Wie Sie jetzt hörten, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, hat er auch seine Claque mitgebracht.

Er hat richtigerweise ein Zuviel an Bürokratie beklagt – wie recht er hat! Nur hat er heute vormittag die Steuerreform mitbeschlossen, in der zum Beispiel bei der Eigenkapitalförderung von Unternehmen "überhaupt keine" Bürokratie vorkommt. (Abg. Dr. Fekter: Ein gutes Gesetz!)

Maderthaner hat richtigerweise die hohen Lohnnebenkosten beklagt. Über das "WirtschaftsBlatt" hat er uns wissen lassen, er würde – so stand dort zu lesen – keine Steuerreform ohne Senkung der Lohnnebenkosten mitbeschließen. – Meines Wissens hat er sie heute vormittag mitbeschlossen.

Unser hochverehrter Herr Präsident hat uns auch wissen lassen – bedeutungsschwanger, wie ein Präsident der Wirtschaftskammer eben ist –, daß es in Österreich zu viele Gesetze gibt. Auch damit hat er recht – und hat er eben, vor zehn Minuten, das Euro-Währungsangabenge-setz mitbeschlossen. Ja, meine Damen und Herren, die kontrollierte Schizophrenie ist halt ein Hund! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist eben wirklich ein gespaltenes Leben, Herr Präsident! Aber es ist immer gut, wenn sich ein Generalsekretär im richtigen Moment vor den Präsidenten stellt und ihn vor einem Gespräch schützt, denn dann muß er sich die Anwürfe eines Oppositionsabgeordneten nicht gefallen lassen, das ist doch auch ganz gut!

Aber es ist ein schwieriges Leben, Herr Präsident, wenn man von allem weiß, wie es geht, nur eben leider im Parlament immer das Gegenteil beschließen muß. Sie haben es wirklich hart, Herr Präsident! Mein Mitleid ist bei Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Hohes Haus! Daß wir den Bericht ... (Abg. Dr. Stummvoll: Mehrheiten finden, ist schwieriger, als Wünsche äußern!) Das ist richtig! (Abg. Dr. Schmidt: Das ist eben so, wenn man in der Opposition ist!) Klar, in der Regierung in Opposition! (Abg. Haigermoser: ... beides erledigen! Vor allem die hohe Pflege des Sparschweins! – Weitere Zwischenrufe.)

Hohes Haus! Am Ende der Tagesordnung den Bericht der kleinen und mittleren Unternehmen zu diskutieren, ist für mich eigentlich ein bitteres Erlebnis. Wir haben morgen, am 18. Juni, in der Früh eine Landwirtschaftsdebatte. Sie steht an der allerersten Stelle. Da geht es um 2,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Wir reden heute über die kleinen und mittleren Unternehmen bis 50 Mitarbeiter. Dort arbeiten zwei Drittel aller Beschäftigten in Österreich, und dabei geht es um sechs Siebentel aller Unternehmungen. Ist das nicht eine Wertigkeit, die wir diesem Thema im Hohen Hause dadurch geben, daß wir 2,6 Prozent des BIP in der Früh – "in the prime time" – und die Frage der KMUs am späten Abend diskutieren? (Demonstrativer Beifall des Abg. Mag. Steindl.)

Der Bericht ist inhaltlich gut aufbereitet, er ist von den Beamten gut gemacht worden. Er befaßt sich mit dem Thema "Nahversorgung" und beweist eigentlich, daß die Nahversorgung unter den Rahmenbedingungen des Wirtschaftens, die wir heute in Österreich haben, stirbt. Die Nahversorgung stirbt nicht, weil sie keine Lebenschance hätte, sondern weil sie unter diesen Rahmenbedingungen – und das ist seit 50 Jahren nachgewiesen – nicht leben kann, weil sich die Kunden anders entscheiden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Also sind doch, meine Damen und Herren, Herr Bundesminister, offensichtlich neue Lösungen der Nahversorgung gefragt! Nicht mehr vom selben, sondern Neues andenken! Genau dorthin zielen die Anträge, die auch unter dem jetzigen Tagesordnungspunkt mitverhandelt werden. Sie dienen dazu, kleinen Unternehmen mehr Dienstleistungsqualität, mehr Mobilität und mehr Flexibilität zu geben.

Ich werde es immer wieder sagen, meine Damen und Herren des Hohen Hauses: Kleine Unternehmen dürfen Sie nicht schützen! Denn in dem Moment, in dem Sie sie schützen, nehmen Sie ihnen das einzige Asset, das sie haben, den einzigen unverzichtbaren Vorteil, nämlich ihre Flexibilität, ihre Geschwindigkeit! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Neue Dienstleistungsqualität in der Nahversorgung wird es dann geben, wenn es Nachbarschaftsläden gibt, wenn es mobile Läden gibt, wenn es kombinierte Geschäfte gibt, wenn wir Stadt-Ort-Marketing haben. Wir haben heute Rahmenbedingungen, die den Kleinen einlullen. Es ist so, als ob man eine Forelle zu Tode streichelt.

Wir haben die Anträge als Entschließungsanträge formuliert eingebracht, weil wir uns gesagt haben, daß es Ihnen leichter fallen wird, ihnen als Entschließungsanträgen zuzustimmen. Sie dienen als Leitanträge, die eine politische Diskussion in Gang setzen sollen. – Ich befürchte aber, Sie werden sie wiederum ablehnen.

Aber dennoch, verstehen Sie doch: Sie haben mit Ihren Rahmenbedingungen, die Sie den Klein- und Mittelbetrieben – vor allem in der Nahversorgung – gesetzt haben, 50 Jahre Zeit gehabt, am Versuch eins zu eins zu probieren, was mit der Nahversorgung passiert! Und, Herr Minister, sie stirbt! Also müssen Sie offensichtlich zu neuen Rezepten greifen, mit denen diese Unternehmungen eine neue Chance haben.

Wenn Sie die wirtschaftliche Lage der Klein- und Mittelbetriebe Österreichs auf der Seite 91 dieses informativen Berichtes abbilden, stellen Sie eigentlich eine Summe von virtuellen Unternehmungen dar. Ich durfte Ihnen das im Ausschuß schon sagen. Wenn die Betriebe bis 50 Mitarbeiter eine rund um die Nullinie oszillierende Eigenkapitalquote haben, wenn die Anlagendeckung deutlich unter 100 Prozent liegt und wenn der Cash Flow der Betriebsleistung auch um die Nullinie herum oszilliert – zwischen minus 4 und plus 4 Prozent –, dann beschreiben Sie damit Betriebe, Herr Bundesminister, die ökonomisch nicht lebensfähig sind. Es wäre doch recht spannend, einmal darüber nachzudenken, warum es sie überhaupt noch gibt.

Sie haben dankenswerterweise eine Initiative ergriffen, in deren Rahmen Sie eingeladen und gesagt haben: Wir müssen uns darüber unterhalten, was wir getan haben, sodaß die Zahl der Insolvenzen im Mai 1999 geradezu explodiert. – Ich glaube, daß die Zahl der Insolvenzen weiter explodieren wird, und zwar nicht nur im Privatkonkurs, sondern vor allem auch im Bereich der Firmeninsolvenzen, die zu einem großen Teil nicht eröffnete Konkurse, abgewiesene Konkursanträge sind.

Denn den Strukturwandel, den es heute in der Wirtschaft gibt, können wir nicht aufhalten. Wir würden einen Fehler machen, würden wir ihn aufhalten wollen. Es würde unsere kleinen und mittleren Betriebe in diesem Strukturwandel schwächen, weil wir ihnen zu rigide, zu enge Rahmenbedingungen vorsetzen.

Ihre Chance, die sie haben – und sie haben eine Chance; ich glaube fest daran, daß sie eine Chance haben –, ist eine Nischenstrategie. Nischenstrategie findet dann statt, wenn es Kundennachfrage gibt. Wenn Sie sie daran hindern, wenn Sie Kundennachfrage durch kombinierte Sortimentsgewerbeordnung, durch Ladenöffnungsfragen, durch sonstige Fragen behindern, dann behindern sie die Entwicklung von Klein- und Mittelbetrieben.

Herr Bundesminister! Wir haben das Phänomen, daß Klein- und Mittelbetriebe zuwenig wachsen. Wir haben eine Reihe von Gründungen; wir haben nach den Gründungen auch ein relativ langes Überleben, es sind relativ wenige, die ausscheiden – das mag sicherlich mit guter Ausbildung zusammenhängen, gar keine Frage –, aber wir haben eine Unternehmerfrustration. Herr Präsident Maderthaner hat es ja angesprochen. Er sprach von Bürokratie, er sprach von zu hohen Lohnnebenkosten, er sprach von zu vielen Gesetzen.

Wovon er nicht gesprochen hat – aber ich ergänze es gerne, Herr Präsident –, ist die Steigerung der Betriebskosten wie etwa Kanalgebühren, Müllgebühren und so weiter, das alles trifft den Kleinen. Den Haushalt trifft es viel weniger als den kleinen Gewerbebetrieb.

Wenn Sie die Jahre 1988 und 1997 vergleichen und dazu die Städte Graz, Linz und Wien heranziehen, dann sehen Sie, daß sich die Betriebskosten, die ich eben angesprochen habe, in Graz verdoppelt haben; in Linz sind sie um zwei Drittel gewachsen, in Wien ebenfalls. Der Verbraucherpreisindex ist im selben Zeitraum um 28 Prozent gewachsen. (Abg. Dr. Fekter: Das habe ich im Mai-Plenum ausgeführt! Gut aufgepaßt! Genau diese Städte haben wir auch kritisiert!) Wissen Sie, Frau Dr. Fekter, Sie sind eine so kluge Frau, daß ich gerne von Ihnen lerne! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Sie haben im Ausschuß richtigerweise ausgeführt, welche Kostenreduktionen – vor allem durch den Beitritt zur Europäischen Union; das ist ein Erfolg dieser Bundesregierung, der nicht zu schmälern ist – eingetreten sind, haben aber nicht dazugesagt, welche Mehrkostenbelastungen in den letzten fünf, sechs Jahren eingetreten sind, die diese Kostenreduktionen teilweise überstiegen haben. Über die Frage der Umweltkosten habe ich gesprochen. Die Arbeitskosten sind uns bekannt. Die Bürokratiekosten sind uns bekannt. Ins Gewicht fällt auch ein stärkerer Preiswettbewerb. Denn jede Deregulierung von Märkten, jede Zunahme an Wettbewerb bringt einen stärkeren Preiswettbewerb mit sich.

Ceterum censeo, immer wieder: Es wurde den kleinen Unternehmen nicht die Chance gegeben, sie, statt sie zu schützen, durch Flexibilität wirklich in diesen Wettbewerb zu entlassen und ihnen dort die Möglichkeit zu geben, neue Angebote zu finden.

Die Anträge der Liberalen, die mitverhandeln werden, zielen alle in eine Richtung, die wir schon oft miteinander diskutiert haben. Ich weiß eigentlich nicht, warum Sie nie in der Lage sind, zumindest einem Entschließungsantrag zuzustimmen. Nur weil er von der Opposition kommt?

"One stop-shop" ist einer der Anträge, oder Steuergerechtigkeit zwischen Sach- und Finanzkapital. Muß ich hier im Hohen Hause wirklich noch einmal wiederholen, daß jeder, der privat über 1 Million Schilling verfügt, ein ökonomischer – sagen wir es ganz salopp – "Vollkoffer" ist, wenn er das Geld in sein Unternehmen, in seine GesmbH steckt? – Dort zahlt er 1 Prozent Kapitalverkehrsteuer, das ist die erste Strafe. Die zweite Strafe ist, daß er auf jeden Fall 34 Prozent KöSt zahlt. Im Fall einer Privatentnahme fallen noch einmal 25 Prozent KESt an. Also hat er einen Grenzsteuersatz von 50 Prozent. Ist er klug genug, das Geld nicht in sein Unternehmen zu stecken, sondern schlicht und ergreifend auf die Bank zu legen, zahlt er 25 Prozent KESt – und keine Gesellschaftsverkehrsteuer.

Also verhindern Sie ja direkt, daß Kapital in die Betriebe fließt. Denn Sie bestrafen denjenigen, der Kapital in die Betriebe bringt. Dem widmet sich der Antrag betreffend Steuergerechtigkeit – als Entschließungsantrag, und dem ist leicht zuzustimmen, weil er sehr vage formuliert ist. Wir haben diesbezüglich auch schon Initiativanträge eingebracht.

Die Neukodifizierung des Arbeitnehmerschutzes: Ein klares Ja zum Arbeitnehmerschutz, aber nicht zu dieser bürokratischen Lösung! Weitere Fragen betreffen die Ladenöffnung und die Gewerbeordnung.

Ich glaube, wir sollten – wenn schon nicht mehr in dieser Legislaturperiode – bald einmal die Kultur haben, Anträge nicht nur deswegen abzulehnen, weil sie von einer anderen Fraktion kommen, sondern Anträge danach zu bewerten, ob sie sinnvoll und es wert sind, sie zu bearbeiten.

Zum letzten Punkt: Es geht um die Frage des Gesetzesfolgenabschätzungsgesetzes, ein Gesetz, das Frau Dr. Fekter dankenswerterweise ausgearbeitet hat. Ich habe es im Hohen Hause eingebracht, weil ich glaube, es lohnt sich, nicht nur Bücher über "mehr Privat und weniger Staat" und dergleichen zu schreiben, sondern auch die von dort wörtlich abgeschriebenen Anträge im Hause einzubringen. Leider durfte sie nicht, denn "Zuchtmeister" Khol hat es sicherlich verhindert, diesen Antrag einzubringen. Also durfte ich Ihrem Klubmitglied Frau Dr. Fekter zur Seite springen, damit dieser Antrag eingebracht wurde. (Abg. Dr. Stummvoll: Ein Seitensprung!)

Ich weiß schon, Sie werden ihn ebenfalls ablehnen, meine Damen und Herren! Aber kommen Sie sich nicht irgendwann einmal komisch vor? Kommen Sie sich nicht irgendwann einmal komisch vor, an allen Sonntagen, in allen Festreden von den 6 000 Seiten an Gesetzen zu reden? – Herr Präsident Maderthaner hat heute geruht, von 61 000 Seiten an Gesetzen zu sprechen. Ja, Sie werden eben einen längeren Zeitraum herangezogen haben.

Aber haben Sie einmal darüber nachgedacht, Herr Maderthaner, daß Sie da überall mitgestimmt haben? (Abg. Ing. Maderthaner: Nicht überall!) – So lange sind Sie schon hier im Hause. All diese 61 000 Gesetzesseiten haben Sie mitverbrochen! Sie geißeln sich also immer selbst, Sie von der ÖVP sind seit zehn Jahren in der Bundesregierung. Sie klagen sich immer dessen an, was Sie selbst beschlossen haben, dann später aber vor den Mitgliedern beklagen. (Abg. Parnigoni: Wenn wir alle Anträge der Liberalen beschlossen hätten, hätten wir 100 000 Seiten!)

Die Folgen von Gesetzen interessieren nicht nur – wie Sie, Herr Klubobmann Khol, mich in der ersten Lesung wissen ließen – die Gebietskörperschaften, nein, sie interessieren auch die Normadressaten! Darüber sollten Sie einmal nachdenken! (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. – Bitte.

22.30

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Was den Bericht über die Situation der Klein- und Mittelbetriebe betrifft, möchte ich mich zunächst bei den Damen und Herren des Ressorts und all jenen bedanken, die ihn ausgearbeitet haben. Im Ausschuß waren wir uns, glaube ich, alle einig, daß das wirklich ein Bericht ist, den man nicht nur als Basis für Analysen und Überlegungen gebrauchen kann, sondern der auch nützlich ist. Ich werde dazu auf ein paar Dinge hinweisen.

Vor einigen Monaten fragte ich einmal im Zuge einer Aktuellen Stunde, als wir über Nahversorgung diskutierten: Sollten wir nicht überlegen – ich wußte nicht, daß das untersucht wird –, ob Nahversorgung nicht ein bißchen mehr ist als nur der Greißler, ob nicht auch das Wohlbefinden dazugehört, ob nicht der Friseur oder eine Apotheke in der Nähe dazugehört, ob nicht all das ebenfalls Nahversorgung ist?

Es ist wirklich anerkennenswert, daß man sich auch erstmals mit diesen Fragen auseinandergesetzt hat, weil man eben in der Schwerpunktanalyse sagt, daß man das Thema Nahversorgung auch unter anderen Aspekten sehen muß und nicht nur unter jenem der Versorgung – "nur" soll jetzt nicht abwertend verstanden werden – mit den notwendigsten Gegenständen und Produkten. Dafür nochmals herzlichen Dank!

Was du angekündigt hast, Herr Bundesminister – drei weitere Schwerpunkte einzuführen –, halte ich für äußerst wichtig, denn gerade bei diesem Thema können wir nicht genug Aufmerksamkeit erzeugen.

Nun zu meinen Kollegen von der Opposition. Herr Kollege Peter! Ich gebe gerne zu, daß es das Bedeutende und Wichtige an einer Opposition ist, daß sie alles kritisieren kann. Ich hätte nur gerne einmal gehört, daß man dann, wenn man sagt, was alles abgeschafft oder verhindert werden soll (Abg. Smolle: Zum Beispiel das Gesetz, das wir gerade vorhin beschlossen ha-ben!) – Sie haben recht, ich sage das gleich vorweg, in der Analyse haben Sie recht, wenn Sie sagen, daß in den letzten zehn, 15 Jahren die Betriebskosten gestiegen sind –, in ein paar Sätzen auch dazugesagt hätte, woher die Kommunen, die diese Betriebe betreiben – ob das die Kanalkosten oder die Wasserkosten betrifft –, dies finanzieren sollen.

Wenn Sie dazu einen Vorschlag bringen, sodaß man sagen kann, okay, das ist abgerundet, dann hat das Ganze einen Sinn. Aber nur zu sagen, das ist einmal ... (Abg. Mag. Peter: Dazu reicht meine Redezeit nicht, Ihnen das alles zu sagen!) – Einverstanden, dann hätten wir im Ausschuß darüber reden können. Ich sage nur, daß es interessant wäre.

Denn damit komme ich zu einem anderen Punkt, der ebenfalls interessant ist. Ich bin mir dessen sicher, daß auch Sie ein aufmerksamer Leser sind. Es wird Ihnen daher nicht entgangen sein, daß die KPMG – das ist keine regierungsfreundliche oder regierungsfeindliche Organisation, sondern ein Weltunternehmen – im März eine Standortanalyse für europäische und außereuropäische Volkswirtschaften durchgeführt hat.

Folgendes ist interessant: Niemand geht darauf ein, daß man in dieser Untersuchung – wenn diese übrigens von nationalen Stellen gemacht wird, dann sagt man, das sei regierungsfreundlich und zähle daher nicht viel; aber das war, bitte, eine internationale Untersuchung – zu wirklich fulminanten Ergebnissen gelangt ist. In einer Zeitung hieß es: Standort Österreich ist Nummer eins in Europa. – Standortanalyse: Wirtschaftsstandort Österreich schneidet kostengünstig gut ab.

Dort wird auf verschiedene Dinge eingegangen, die ihr kritisiert und die fallweise auch ich kritisiere. – Sicherlich, wer zahlt schon gerne viel Steuer! Aber selbst, was die Steuersituation im Vergleich betrifft, wird in dieser Untersuchung ausgeführt, daß in der Betrachtung der Steuersituation sogar alle sieben Konkurrenten im Rahmen der G-7-Staaten eindeutig als hinter Österreich gereiht ausgewiesen werden. Das heißt, es wird gezeigt, daß die Körperschaftsteuer in Österreich mit 34 Prozent günstig ist. Insgesamt kommt es dabei zu diesen Ergebnissen, sodaß gemäß dieser Standortanalyse Österreich in Europa hervorragend abschneidet.

Das kann auch kein Zufall sein, wenn man sich die Zahlen im vorliegenden Bericht ansieht. Die Entwicklung der Anzahl der Betriebe und Beschäftigten von 1989 bis 1997 zeigt folgendes: im Gewerbe und Handwerk einen Anstieg von 523 000 Beschäftigten auf 607 000 Beschäftigte, also einen Zuwachs um 9,5 Prozent; im Tourismus einen Anstieg von 164 000 Beschäftigten auf 207 000 Beschäftigte und bei den Betrieben einen Zuwachs um mehr als 10 Prozent. So kann man einige Zahlen anführen. Insgesamt gab es einen Betriebszuwachs im Ausmaß von 7,9 Prozent und einen Zuwachs um mehr als 150 000 Beschäftigte.

Meine Damen und Herren! Erstens meine ich, daß wir uns alle darüber freuen sollten. Aber es können doch keine schlechten Rahmenbedingungen sein, wenn uns in internationalen Analysen bestätigt wird, daß sie gut sind! Der beste Beweis dafür ist, daß es Gott sei Dank Unternehmer gibt, die Betriebe gründen und Arbeitsplätze schaffen. Die Antwort darauf gibt dieses Faktum, das wir hier nachlesen können.

Und – jawohl! – denken wir darüber nach, was wir weiter verbessern können, damit vielleicht noch mehr Betriebe gegründet werden und wir noch mehr Beschäftigte in Österreich haben. Aber tun wir doch nicht so, als ob das Gesamtbild schlecht wäre! Nachdem ich Ihnen, Herr Kollege Peter, und Kollegen Haigermoser zugehört habe, muß ich sagen: Wenn ich nachgelesen hätte, hätte ich die Minuszahlen suchen müssen, wie viele 100 000 Beschäftigte weniger, wie viele Zigtausend Betriebe weniger es sind! Nach dem, was da zu hören war, müßte man das eigentlich suchen. (Abg. Mag. Peter: Warum gehen Sie auf meine sieben Entschließungsanträge nicht ein?)

Gott sei Dank ist die Realität eine andere! Wenn man sich kritisch auseinandersetzt – es gibt durchaus Dinge, mit denen man sich kritisch auseinandersetzen kann –, dann soll man bitte auch ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.) – Das spielt bei der Bewußtseinsbildung im ganzen Land eine Rolle. Kritik ist gut, einverstanden, aber man soll bitte nicht so tun, als ob das Gesamtbild schlecht wäre. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun einige Sätze zu einem Punkt, der ebenfalls interessant ist. Ich frage mich, warum man das nicht sagt. Ist es so etwas Schlechtes? – Ich komme jetzt dazu. Man hat die Nahversorgung ... (Abg. Mag. Peter: Wir können dasselbe sagen wie Sie!) Herr Kollege Peter, Sie wissen, daß ich mich wirklich intensiv mit der Nahversorgung beschäftige und immer wieder darüber nachdenke, was wir auf Bundesebene, auf Landesebene oder auf Gemeindeebene tun könnten.

Da gibt es eine Untersuchung – das kann ja jeder nachlesen –, in der man zum ersten Mal eine umfassende Befragung der Konsumenten – also der Betroffenen – durchgeführt hat. Das sind Ihre Wähler genauso wie die blauen, grünen und schwarzen Wähler. Dabei kam heraus, daß sich über 80 Prozent gut versorgt fühlen! Das heißt, die betroffenen Menschen empfinden sich nicht als unterversorgt, sondern als gut versorgt.

Auf die Frage, warum sie lieber zum größeren Supermarkt als zum Greißler einkaufen gehen, sind die Antworten ebenfalls klar – auch ich hätte gerne mehr Greißler, gar keine Frage –: größere Auswahl, günstigere Preise, Parkplätze und ähnliches mehr; deswegen gehen sie zu den größeren Supermärkten. So leicht soll man es sich also nicht machen, zu sagen: Die Nahversorgung ist auf diese Art schlecht, und es gibt Probleme. – Sie ist vom Empfinden her für die Konsumenten gut. Das sollte auch gesagt werden.

Daß wir in einer dynamischen Wirtschaft laufend Verbesserungen machen müssen, ist klar. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte.

22.37

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ganz zweifellos haben viele meiner Vorredner durchaus recht: Die Klein- und Mittelunternehmen sind nicht nur die Stütze der österreichischen Wirtschaft. Ich denke, man sollte das sogar so formulieren: Sie bilden das Rückgrat.

Auf der einen Seite gibt es in diesem Bereich enorme Wirtschaftsleistungen und enorme Beschäftigungseffekte, auf der anderen Seite jedoch eine ziemlich hohe Steuerbelastung. Deshalb muß ich in diesem Zusammenhang die Forderung, die im Hinblick auf die Senkung der Lohnnebenkosten erhoben worden ist, doppelt und dreifach unterstreichen. Aber die Antwort sind Sie uns heute vormittag schuldig geblieben, und die Antwort sind Sie uns heute abend schuldig geblieben. Denn die Antwort hieße schlicht und einfach: Ökosteuer. (Abg. Dr. Fekter: Geh! Das ist aber konkret ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Diese Ökosteuer in Abgeltung und Senkung der Lohnnebenkosten wäre die maßgebliche, zentrale, wirklich wichtigste und vorrangigste Möglichkeit, Klein- und Mittelunternehmungen zu fördern. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben durch verschiedene Berechnungen bei einzelnen Firmen auch die Auswirkungen unseres Ökosteuermodells sehr wohl durchgecheckt, abgetestet und einer Bewährungsprobe unterzogen. Nach unseren Berechnungen, die überprüft wurden, steigen gerade Klein- und Mittelunternehmen dabei günstig aus. Sie wären die Profiteure, sie wäre die Gewinner mit einem Steuersystem, in dem die Lohnnebenkosten gesenkt und der Ressourcen- und Energieeinsatz erheblich besteuert wird.

Diesen Weg, Herr Kollege, Herr Präsident Maderthaner, haben Sie leider nicht durchgesetzt. (Abg. Dr. Fekter: Sie dürfen ruhig "Kollege" sagen!) Diesen Weg haben Sie leider verbarrikadiert. Diesen Weg sind Sie uns schuldig geblieben, den sind Sie aber vor allem Ihren Mitgliedern schuldig geblieben.

Damit komme ich auf eine Diskrepanz zu sprechen, die ich sehr wohl kenne, weil ich in Linz vis-à-vis der Wirtschaftskammer wohne und sozusagen mehr oder weniger seit meiner Geburt die Entwicklung der Wirtschaftskammer mitverfolge und auch im Gespräch mit verschiedenen Mitgliedern stehe. Es wird mir immer wieder gesagt, daß sich die Wirtschaftskammer zusehends zu einer Lobbyorganisation der Großunternehmer und nicht so sehr der Klein- und Mittelunternehmer entwickelt. (Abg. Dr. Stummvoll: So ein Unsinn!) Ich kann zitieren, ich habe Zeugen, und ein sehr wesentlicher und durchaus prominenter Zeuge ist Herr Kommerzialrat Blöchl, seines Zeichens Vizebürgermeister von Linz. Dieser Vizebürgermeister von Linz ist ein Klein- und Mittelunternehmer und Kammermitglied, er unterstreicht oft die Forderungen, die wir erheben, und beklagt sich darüber, daß in der Kammer der Geist der Großunternehmer bei weitem dominiert, obwohl die Präsidenten oft aus Klein- und Mittelbetrieben kommen.

Die Interessen der Großunternehmen dominieren häufig. Wo sieht man das am deutlichsten, Herr Dr. Stummvoll? – An der Situation der Nahversorger sieht man es genau! Das ist nämlich die Nagelprobe, wie es die Kammer mit der Vertretung der Interessen der Vielzahl ihrer Mitglieder hält: Die Kammer springt nicht für den kleinen Lebensmittelhändler, den kleinen Süßwarenhändler oder den kleinen Elektrohändler in die Bresche. Nein: Sie agiert im Sinne der lobbyistischen Gesetzgebung durchaus für den Supermarkt, für das Einkaufszentrum und für den Großunternehmer vor Ort! Sie sind in der Sozialpartnerschaft seit dem Jahre 1955 mindestens maßgeblich daran beteiligt.

Daher frage ich Sie: Wie sonst erklären Sie sich etwa die Tatsache beziehungsweise die Tendenz, die in Ihrem wunderbaren Bericht – ich schlage Seite 8 auf – vermerkt wird, daß es immer mehr Drogeriemärkte, aber immer weniger kleine Parfümerien gibt, deren Besitzer sehr wohl einen Großteil Ihrer Mitglieder stellen? Oder wie erklären Sie sich die ebenfalls auf Seite 8 dargestellte Umsatzentwicklung des Elektrohandels? Viele kleine Elektrohändler sind Mitglieder. Wer aber dominiert? – Der große Elektrohandel! (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger.)

Das ist das Resultat Ihrer Kammerpolitik, dokumentiert in diesem wunderbaren, sehr übersichtlichen und substantiellen Bericht über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen in der gewerblichen Wirtschaft, speziell auch im Bereich der Nahversorgung.

Es werden in diesem wichtigen Bericht auch Strategien entwickelt. Ich unterstreiche die Forderung des Kollegen Peter. Die Kleinen sind flexibler, ihnen muß man Möglichkeiten einräumen. Aber man darf die Kleinen nicht benachteiligen. – Ich setze bei der Subventionierung der Großen an. Ich sage: Die Einkaufszentren dürfen nicht durch Reduktion der Infrastrukturabgaben et cetera noch zusätzlich gestärkt werden. Ich bin dafür, daß eine Verkehrserregerabgabe eingeführt wird, sodaß sich das Preisgefüge dort insgesamt ändert. (Abg. Dr. Fekter: Was ist eine "Verkehrserregerabgabe"?) Der Vorschlag der Verkehrserregerabgabe findet sich auch in diesem herrlichen Bericht über die kleinen und mittleren Unternehmen! Wenn ich Zeit hätte, würde ich Ihnen die Seite nennen, aber ich muß mich sehr kurz fassen.

Ich möchte daher nur ein positives Beispiel aus Oberösterreich hervorheben: Der durchaus rührige Bürgermeister von Steinbach im Steyrtal hat es geschafft, wieder eine rege Struktur der Nahversorgung zu entwickeln und zum Leben zu erwecken. Wieso gelang das? – Weil die Leute an einem Strang zogen und sozusagen ein Gemeindemanager das Ganze vorantrieb, unterstützt durch den Bürgermeister. Das wäre eine Möglichkeit! Diese Möglichkeit, Herr Minister, sehe ich sozusagen als Input auch von Ihrer Seite: Sie sollten sich bemühen, einen Nahversorgungsgipfel einzuberufen. Sie sollten wirklich alle Leute, die gute Ideen haben, schöne Erfahrungen gemacht und in Richtung Belebung der Nahversorgung tatsächlich etwas auf die Schiene gebracht haben, zusammenrufen, damit sie sich auch mit den Landesreferenten, die für die Raumordnung zuständig sind, zusammensetzen und ein Gesamtpaket schnüren, sodaß ein Nahversorgungsunternehmen die Möglichkeit hat, nicht nur einigermaßen am Leben zu bleiben, sondern auch zu expandieren.

Sie brauchen einen Nahversorgungsgipfel ebenso – und das ist mein Schlußsatz – wie sie ein Umsetzungsmaßnahmenpaket zu diesem Bericht brauchen. Der Bericht ist zu gut, um nur in der Schublade zu landen. Der Bericht braucht ein Folgekonzept, und das Folgekonzept soll heißen: Aktionsplan für die Verbesserung der Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft! (Beifall bei den Grünen.)

22.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger – Bitte.

22.45

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sie haben mir das Stichwort gegeben, Herr Mag. Peter. Sie haben sich so über die 60 000 Seiten echauffiert. (Abg. Dr. Stummvoll: Der Bericht hat 120 Seiten!) Jetzt stellen Sie sich vor: Wenn wir alle Anträge der Opposition, speziell Ihre vielen Anträge, tatsächlich behandelt hätten, dann hätten wir 20 000 Seiten! Ich glaube, das wäre ein bißchen zuviel. (Beifall bei der ÖVP.) Irgendwie muß man der Opposition entgegenkommen und ihren Wünschen auch gerecht werden. (Abg. Mag. Peter: Mach einen Vorschlag! Ich nehme das humorvoll!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den KMUs: Es gibt davon 220 000 Betriebe in unserem Land, 186 000 mit weniger als zehn Beschäftigten und weitere 28 000, die bis zu 50 Beschäftigte haben. Insgesamt fallen 99,6 Prozent aller österreichischen Unternehmen nach den Kriterien der Europäischen Kommission in diesen Bereich.

Diese Betriebe – das wurde heute von allen Rednern schon festgestellt – haben das geleistet, was in Österreich heute Tatsache ist: 69 Prozent der Erwerbstätigen sind in diesem Bereich beschäftigt. Sie haben mehr als 200 Milliarden Schilling investiert und haben in den letzten Jahren 81 000 Arbeitsplätze geschaffen. Sie sind die Grundlage für den österreichischen Wohlstand, die Grundlage für die geringe Arbeitslosenrate. Diese Betriebe bieten die Grundlage für die geringe Jugendarbeitslosigkeit, für die finanzpolitische Konsolidierung des Haushaltes und so weiter. Man könnte noch eine ganze Reihe von Fakten aufzählen; das wurde auch im Bericht der OECD bestätigt. Ich denke, darauf können wir stolz sein, und wir sollten uns nicht immer nur in der Kritik üben, sondern auch positive Dinge aufzeigen! (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich gibt es Punkte, für die ständig Regelungsbedarf besteht. In jedem Unternehmen muß man sich ununterbrochen weiterentwickeln, und ich glaube, daß das auch im Staat notwendig ist: sei es in der Arbeitsmarktpolitik, sei es bei der Entwicklung der Unternehmens- und Wachstumsdynamik oder beim Abbau des Übermaßes der Bürokratie, über die wir alle berechtigterweise schimpfen. Ich meine, daß in diesem Zusammenhang von allen politischen Parteien alles getan werden muß.

Es wäre daher sehr interessant, sich einmal anzuschauen, wie es denn bei den einzelnen Parteien mit der Behandlung der KMUs ausschaut.

Ich darf mit den Sozialisten beginnen: In Kapitel 3 Ihres Parteiprogramms beschwören die Sozialdemokraten wörtlich den sozialpartnerschaftlichen Geist, die gemeinsamen Interessen von Arbeitnehmern und Unternehmern und wollen die noch vorhandenen Gegensätze partnerschaftlich überwinden. – Das ist eine gute Sache, dafür treten auch wir ein, und dafür zu kämpfen, bin ich auch bereit!

Dann ist aber auch noch zu lesen, daß dies unter fairen Verhältnissen im Arbeitsleben zu geschehen hat. – Da habe ich schon gewisse Schwierigkeiten. Denn ist es fair, wenn zum Beispiel Minister Einem mit seiner Verordnung einen Schaden in der österreichischen Wirtschaft anrichtet? Ist es fair, wenn er damit Arbeitsplätze vernichtet, wie es in Tirol schon geschehen ist? (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist nicht fair!) Ist es fair, wenn er das Gefahrenpotential dadurch vermehrt, daß er die Möglichkeit des Fahrens um 20 Prozent reduziert? Ist es fair, wenn man Autobahntankstellen nicht mehr leben läßt, weil sie einen Tag lang kein Benzin haben? – Damit habe ich gewisse Probleme.

Einen zweiten Punkt möchte ich auch noch anführen, und zwar die geradezu revolutionäre Feststellung im SPÖ-Parteiprogramm: "Die Politik darf nicht den Einsatz und die Initiative der Wirtschaft ersetzen." – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist ein richtiger Satz! Wir haben immer darauf hingewiesen, daß kein Parteiprogramm und kein Bundeskanzler einen Arbeitsplatz schaffen können, sondern daß nur der Unternehmer das kann. Dafür stehen wir, und das werden in diesem Sinne auch umsetzen! (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dem Parteiprogramm der Liberalen tue ich mir ein bißchen schwer. (Abg. Dr. Schmidt: Das glaube ich!) Ich finde darin nämlich kein einziges Wort über klein- und mittelständische Unternehmen. Ich finde bei Ihnen überhaupt kein einziges Wort über die Wirtschaft in dieser Hinsicht.

Beim Parteiprogramm der Grünen geht es mir ähnlich. In diesem gibt es zwei Punkte, den Punkt 4.2r) und den Punkt 4.2s) auf Seite 26. In dem einen Punkt geht es um die Beratung bei der Gründung und im zweiten um soziale Hilfsmaßnahmen für den Fall, daß ein KMU-Betrieb zugrundegeht. Ich fand einmal zwei Zeilen und einmal vier Zeilen an positiven, in die Zukunft weisenden Dingen, als ich mich mit den Programmen der Liberalen und der Grünen betreffend KMUs beschäftigte!

Bei den Freiheitlichen habe ich auch ein kleines Problem. Diese treten zwar in ihrem Programm, das wunderschön gestaltet und wirklich eine hervorragende Leistung ist, für die KMUs ein. Warum aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind Sie gegen die Ostöffnung? Warum sind Ihre Wirtschaftssprecher gegen die Ostöffnung? (Abg. Scheibner: Wir sind nicht gegen die Ostöffnung, sondern gegen die Osterweiterung!) – Ich meinte Osterweiterung! Entschuldigung!

Warum sind Sie dagegen? Wissen Sie nicht, daß wir jetzt 30 Prozent mehr Handel haben, wissen Sie nicht, daß wir jetzt aktive Bilanzen haben? Wissen Sie nicht, daß der Arbeitsmarkt durch diese Öffnung angeheizt wurde? (Abg. Scheibner: Das hat mit der Osterweiterung nichts zu tun! – Zwischenruf des Abg. Fischl.)

Meine lieben Herren von der Freiheitlichen Partei! Das sind Fakten, das können Sie nachlesen! (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Das spielt doch keine Rolle! Ich frage Sie wirklich: Warum wollen Sie keine höheren Exporte? Warum wollen Sie nicht mehr Leute auf dem Arbeitsmarkt beschäftigt haben? Warum wollen Sie keine zusätzliche Nachfrage? Warum wollen Sie keine höheren Gewinne? (Abg. Fischl: Warum wollen Sie die Bauern umbringen?) Warum wollen Sie keine stärkeren Betriebe? Das sind Fragen, die mein Nachredner Kollege Hofmann beantworten kann! Das ist eine eindeutige Situation, und die können Sie nicht leugnen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für uns, die ÖVP, kann ich sagen – damit bin ich beim Ende meiner Rede –, daß wir alles unternehmen werden, um die Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit unserer Klein- und Mittelbetriebe zu fördern! Bei uns steht das nicht nur im Programm – in Ihrem Programm steht allerdings seitenlang etwas darüber –, sondern wir sind diejenigen, die das auch exekutieren! (Beifall bei der ÖVP.)

22.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

22.52

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gleich zu Herrn Kollegen Puttinger: Es ist niemand gegen eine Ostöffnung! Wie Sie wissen, gibt es diese ja bereits, und gegen die Osterweiterung sind wir unter bestimmten Voraussetzungen nicht. (Abg. Smolle: Die sind aber jeden Tag anders!) Ich betone: Unter ganz bestimmten Voraussetzungen sind wir nicht dagegen, wenn es nämlich auch zu einem Ausgleich der Volkswirtschaften kommt, bevor man an eine Osterweiterung denkt. Denn das Gefälle, das gegeben ist, ist unzumutbar. Wir kennen die Migrationsstudien, und ich nehme an, auch Ihnen sind sie bekannt. Sie wissen genau, welcher soziale Unfriede bei der Art und Weise, die Sie hier vorschlagen, entstehen würde! (Abg. Smolle: Für die FPÖ!)

Herr Kollege Puttinger! Wenn Sie fragen, ob wir etwas gegen Exporte haben, dann sage ich: Natürlich nicht! Aber Sie wissen auch, daß die Exporte der österreichischen Unternehmen seit dem Jahre 1989 auf rund 400 Prozent gestiegen sind. Das heißt: Die wirtschaftliche Osterweiterung hat in diesem Bereich stattgefunden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Der KMU-Bericht ist ein guter Bericht, der allerdings als Bestandsaufnahme ein sehr trauriges Bild der kleinen und mittleren Unternehmungen zeigt. Es wird die Eigenkapitalschwäche angeführt. Das ist richtig, Herr Bundesminister. Es werden Feststellungen getroffen, daß die kleinen und mittleren Unternehmungen zu hohen administrativen Belastungen ausgesetzt sind, daß diese mit einem aufgeblasenen bürokratischen Aufwand konfrontiert sind.

Herr Präsident Maderthaner! Ich habe Verständnis dafür, wenn Sie wieder die Philippika – wie Kollege Haigermoser normalerweise zu sagen pflegt – für die kleinen und mittleren Unternehmungen halten. Aber die Schlußfolgerung, daß es heutzutage 50 Prozent der Bevölkerung für notwendig befinden, daß es solche Unternehmen gibt, während es vor Jahren, wie Sie gesagt haben, nur ein Drittel war, liegt wohl daran, daß es immer weniger kleine und mittlere Unternehmungen gibt, die die entsprechende Anzahl von Arbeitsplätzen zur Verfügung stellen, und daß das für den einzelnen Betroffenen und für den einzelnen Bürger spürbar wird (Beifall bei den Freiheitlichen) – und dies trotz Ihres Geschicks, Arbeitslose in staatlichen Programmen sozusagen zu verstecken.

Es sind die kleinen und mittleren Unternehmungen, die Arbeitsplätze im entsprechenden Maße zur Verfügung stellen. Sie haben es gesagt, und Kollege Peter hat es gesagt, daß 75 Prozent in kleinen und mittleren Unternehmungen beschäftigt sind.

Herr Präsident Maderthaner! Sie bejammern die Tatsache und stellen fest, daß im Zusammenhang mit dem Bürokratieabbau noch einiges zu tun ist. (Abg. Ing. Maderthaner: Wir bejammern nichts! Wir sagen, daß wir noch einiges zu tun haben!) Was ist geschehen? Was ist mit Ihrer Petition geschehen, die Sie im Jahre 1996 eingebracht haben, die im Verfassungsausschuß liegt und keine Behandlung findet? Aber Sie haben es geschafft, Herr Präsident Maderthaner, publikums- und öffentlichkeitswirksam Diskussionen und Hearings durchzuführen, um den Unternehmern – das behaupte ich – auf diese Weise vorzutäuschen, daß Sie gegen Bürokratie seien. Dennoch sind Sie es, die hier jedes bürokratieerhöhende Gesetz in diesem Hause mit beschließen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Präsident Maderthaner! Sie haben gesagt: Betreffend Lohnnebenkosten müßte auch noch etwas geschehen. – Ich kenne die Aussagen des Wirtschaftsbundes und der Wirtschaftskammer, daß es keine Steuerreform gibt, wenn die Lohnnebenkosten nicht in entsprechendem Maße gesenkt werden. Was ist geschehen? – Sie, Herr Präsident, und die Wirtschaftsbündler und -kämmerer der ÖVP haben diesem Gesetz zugestimmt. Das heißt: Sie reden draußen so, machen Aussendungen – stimmen aber hier anders ab, als sie es der Bevölkerung erzählen. Das hat System bei Ihnen!

Noch ganz kurz, da meine Redezeit zu Ende geht, zu den Ladenöffnungszeiten: Der Antrag der Liberalen wird sicherlich nicht unsere Zustimmung finden, weil wir uns gegen diese Art von Manchester-Liberalismus aussprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) In aller Kürze: Es kann nicht zu einem Abtausch zwischen Nahversorgern einerseits und Einkaufszentren auf der grünen Wiese andererseits kommen, die übrigens sehr wenige Arbeitsplätze, bezogen auf Verkaufsfläche und Umsatz, zur Verfügung stellen. Die Nahversorger sterben, und die Arbeitsplätze gehen verloren.

Abschließend sei noch gesagt: Der Tag des Herrn, der Sonntag, soll auch unserer Meinung nach der Tag der Familie sein! Darauf legen wir Wert, weil wir das gesellschaftspolitisch für wichtig halten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte.

22.57

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Nur einige Feststellungen zu bestimmten Dingen, die hier geäußert wurden.

Ich werde Herrn Abgeordnetem Haigermoser in den nächsten Tagen die OECD-Studie über den jüngsten Bericht betreffend Österreich übermitteln, damit er nicht die Zeitung "Die Presse" lesen muß, aus der er zitiert hat. Denn in dieser Studie wird erstmals deutlich gemacht, daß Österreichs Selbständigenquote mit jener der wohlhabenden Länder Westeuropas durchaus konform ist. Wir haben eine Selbständigenquote von etwa 8,3 Prozent, in Deutschland beträgt sie 8,5 Prozent, in Frankreich 8,3 Prozent, und in Dänemark, dem reichsten Land Europas, beträgt sie 6,7 Prozent. Das heißt: Die Selbständigenquote sagt per se etwas über den Wohlstand einer Bevölkerung aus.

Wenn Sie die Erneuerung, das, war wir "Gründerwelle" nennen, als "Rinnsal" bezeichnen, dann bitte ich Sie, in der OECD-Studie auch jene Stelle nachzulesen, in der von einer dynamischen Entwicklung die Rede ist und deutlich gemacht wird, daß wir in der Zwischenzeit bei einer hinreichenden Unternehmerquote durch die Neuunternehmerquote und bei einer Dynamisierung der Wirtschaft angelangt sind. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Daß es in Österreich bisher Finanzierungsprobleme im Bereich der Klein- und Mittelbetriebe gegeben hat, ist unbestritten. Wenn Sie sagen, daß es überhaupt keine Maßnahmen gibt, dann möchte ich festhalten: Wir haben erstmals das Badener Protokoll beigefügt, gemäß welchem wir während der österreichischen EU-Präsidentschaft entscheidende Impulse zur europäischen Mittelstandspolitik gesetzt haben. 50 Prozent der Insolvenzen der Klein- und Mittelbetriebe in ganz Europa, wahrscheinlich auch in Österreich, sind dadurch bedingt, daß die Kleinbetriebe mangels Wettbewerbspolitik über Jahrzehnte zu den Hausbanken der Großen geworden sind, und daß sie über lange Zahlungsfristen eigentlich die Financiers der Großen waren. Dem wird jetzt ein Riegel vorgeschoben: in Europa mit der Zahlungsbilanzrichtlinie, in Österreich mit der Kartellgesetz-Novelle, die hier zum Beschluß stand.

Aber gehen wir kurz in die Geschichte ein! Ich fasse mich sehr kurz, das muß jedoch hier gesagt werden: In Österreich haben aus Tradition vor allem kleine und mittlere Betriebe mit wenig Eigenkapital begonnen, und sie wurden über die Inflation der letzten Jahrzehnte regelmäßig weiter entkapitalisiert, da im Regelfall die Kleinbetriebe nicht die Preissetzer sind und daher jeweils mit jeder Inflationsrate verloren haben. – Nun haben wir erstmals die Situation, daß es kaum eine beziehungsweise keine Inflation gibt.

Außerdem war ein so hoch fremdfinanzierter Bereich wie der Sektor der Klein- und Mittelbetriebe – Tourismus mit einbezogen – über Jahrzehnte mehr von der Höhe der Kreditzinsen betroffen als von der Höhe der Lohnerhöhungen. Es war eine bekannte stehende Formel der siebziger Jahre, daß 1 Prozent Lohnerhöhung die Wirtschaft weniger belastet als 1 Prozent Zinserhöhung. No na! In der Zwischenzeit haben wir die niedrigsten Zinsraten, und das wirft ein zentrales Problem der Mittelstands ... (Abg. Haigermoser: Das ist aber nicht Ihr Werk gewesen!) – Es ist das Werk jener Finanzminister und ihrer Mitarbeiter gewesen – ich war der Co-Finanzminister in diesem Fall –, die die Bedingungen für den Euro in Österreich herbeigeführt haben, sonst hätten wir als Nicht-Euroland die alten Zinssätze. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Warum sind denn die Schweizer Franken die günstigsten?)

Ich würde in diesem Plenum eine offene Antwort darauf nicht geben, weil ich niemanden in der Schweiz momentan in Diskussion ziehen möchte. Wenn man keinen Weltkrieg verloren hat, nie Kapitalvernichtung hatte und das Kapitalfluchtland der ganzen Welt ist, hatte man zeitweise sogar Negativzinsen. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) In Japan bestehen völlig andere Verhältnisse! Dort gibt es null Zinsen, es nimmt aber niemand mehr einen Kredit auf, weil sich die Wohlstandsindustrie auf die Staatsbürger nicht übertragen hat. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Von den Japanern nicht, von den Europäern selbstverständlich, um damit auf dem amerikanischen Markt reich zu werden!

Zum nächsten Punkt: Meine Damen und Herren, daher wird es ganz wichtig sein, daß wir uns in unserer Aufmerksamkeit weniger den Jungunternehmern widmen, die heute in Österreich ausreichend mit Eigenkapital finanziert sind und eine der höchsten Überlebensrate in Europa aufweisen – wie es ebenfalls im OECD-Bericht dargestellt wird –, sondern wir uns endlich um das Problem der Umfinanzierung kümmern, wie wir es modellhaft im Tourismusbereich schon begonnen haben und nunmehr auch über die BÜRGES im Bereich der Klein- und Mittelbetriebe tun müssen.

Gerade unter Bedingungen niedriger Inflation ist es schwer möglich, durch Rekordgewinne – egal, wie man sie besteuert – Eigenkapital, das man nicht hat, aufzubauen. Man braucht da eine völlig andere Strategie. Ich habe das im Ausschuß erklärt. Ich wollte es hier im Plenum nur nachholen. Denn auch zum Beispiel die neuen Gewinnertragspapiere der BÜRGES, die Garantien, etwa 7 Milliarden Schilling im Tourismus, sind doch Ansätze, mit denen es sich leben läßt! (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Eine letzte Bemerkung: Wenn es uns gelänge, im Bereich Zahlungsverzug in diesem Land zumindest bei marktbeherrschenden Betrieben ernst zu machen, und wir dann nach der europäischen Schätzung etwa 50 Prozent an Insolvenzen mittelfristig verhindern könnten, trügen wir entscheidend zur Stabilisierung der Klein- und Mittelbetriebe bei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 4 Minuten. – Bitte.

23.02

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe nur eine kurze Replik zum Mittelstandsbericht.

Zwei Themen erschienen mir interessant, so zum Beispiel die Sanierung. Wenn man aus dem Bericht herausliest, daß in letzter Zeit die Sanierung von bestehenden alten Gebäuden immer mehr in den Vordergrund tritt, dann kann man feststellen, daß das ein Vorteil gegenüber einer ständigen Neubausituation ist, weil das mit Arbeitsplätzen verbunden ist, was in der heutigen Zeit ein ganz wichtiger Faktor ist.

Eine weitere wichtige Sache scheint mir die Unternehmensübergabe zu sein, die als sehr positiv betrachtet wird. Es ist eine gute Sache, daß viele Betriebe, die früher allein durch die Nachfolge – sei es im familiären Bereich oder anderswo – in Schwierigkeiten gekommen sind, heute in dieser Hinsicht ganz gute Ergebnisse aufweisen können.

Ich möchte auch da einen Appell vor allen Dingen an die Steuerberater richten. Es kommt sehr oft vor, daß Steuerberater einfach nur von einer Bilanz zur nächsten Bilanz hin agieren und nicht über den betrieblichen Tellerrand hinausschauen. Es wäre wichtig, daß sie sich fünf, acht oder zehn Jahre vor der Betriebsübergabe mit dem Klienten mehr beschäftigen, vor allem damit, wie denn dieser die Betriebsübergabe vorantreibt, um ihn auch dabei nicht alleinzulassen. Das wäre für so manchen Betrieb eine große Hilfe und eine große Erleichterung. Abgeordneter Fink hat heute früh sehr gut gesagt, daß bei einer Summe von 8 Millionen Schilling durch diese Steuerreform eine Ersparnis von 500 000 S wirksam wird. Ich glaube, das sollte man auch nicht so einfach unter den Tisch kehren.

Meine Damen und Herren! Vor allen Dingen – das hat Herr Minister Farnleitner auch schon gesagt – ist die Aufwärtsentwicklung bei den Selbständigen, bei den Betrieben und in Verbindung damit natürlich auch bei den Arbeitskräften sehr interessant. Diese Erwähnung wird aber von der Opposition sehr oft als ständige Lobhudelei bezeichnet, und daher möchte ich gar nicht näher darauf eingehen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber, weil dies der letzte Bericht in dieser Gesetzgebungsperiode ist, noch ein paar grundsätzliche Dinge feststellen. Die Berichte, die heute hier zur Behandlung vorliegen, sind nicht zuletzt ein Erfolgsbericht der Sozialpartnerschaft, um das einmal sehr deutlich zu sagen. All das wäre nicht möglich gewesen, wenn die Sozialpartnerschaft in diesem Land nicht so gut funktionierte. Das sehen oft auch die Kollegen aus Parlamenten anderer Länder bei uns sehr deutlich, einige Gruppierungen unseres Landes sehen das jedoch nicht so. Ich glaube, das sollte man einmal sagen!

Meine Damen und Herren! Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch etwas sagen: Jeder, der mich kennt, weiß, daß ich Parteivorsitzender meines Bezirkes und nebenbei auch Präsident des Freien Wirtschaftsverbandes Niederösterreich bin. Als ich hier in den Nationalrat gekommen bin, war mein Sitznachbar ein Arbeiterkämmerer. Ich sage das jetzt ganz offen und ehrlich. Am Anfang hatten wir einige Differenzen. Aber wissen Sie, was in diesem Land so bezeichnend ist? – Daß man eine menschliche Beziehung entwickeln kann! Heute verstehen wir einander sehr gut. Er versteht mich, und ich verstehe ihn. Ich habe von ihm gelernt, und er hat von mir gelernt. Das ist nur ein kleines Beispiel von zwei Abgeordneten hier in diesem Hause.

Ich denke aber, daß das kennzeichnend für unser ganzes Land ist: Wenn wir miteinander reden und miteinander unsere Probleme diskutieren, dann werden wir den Erfolg, den wir bis heute in diesem Land durchgesetzt haben, auch in Zukunft bewältigen können – auch wenn es noch so sehr kritisiert wird! Die anderen wissen, was wir hier bewegen, und ich meine, wir werden uns nicht beirren lassen. Ich kann nur an alle vernünftigen Kräfte dieses Landes appellieren, diesen Weg fortzusetzen, den wir gemeinsam zu gehen begonnen haben! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 4 Minuten. – Bitte.

23.07

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Kiermaier, Sie haben die Sozialpartnerschaft beschworen. Wissen Sie: Ein Betrieb funktioniert dann, wenn der Eigentümer oder Geschäftsführer oder Vorstand – wer auch immer – mit seinen Mitarbeitern ein Team aufbaut und dieses Team zum Erfolg führt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Darin liegt der Erfolg Österreichs – und nicht in einer abgehobenen Sozialpartnerschaft, in der die beiden Sozialpartner nicht mehr wissen, was gespielt wird! Das wollte ich Ihnen noch mitgeben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie haben einen Bericht über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft vorgelegt, der sehr informativ und auch ansprechend ist. Sie werden damit zufrieden sein. Allerdings verbirgt dieser Bericht auch einige Entwicklungen nicht, die auf Versäumnisse vieler Jahre großkoalitionärer Wirtschaftspolitik hindeuten.

Aufgrund der vorgeschrittenen Zeit greife ich heute abend nur ein Beispiel auf, das Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesminister, doch etwas zu denken geben müßte. Es ist dies die Entwicklung der Betriebe und der Beschäftigten in der Industrie, Seite 78. Wenn Sie sich in dieser Tabelle jede einzelne Spalte anschauen, und zwar die Entwicklung in den Jahren 1989, 1993 und 1997 in Betrieben mit einem bis neun Beschäftigten, 10 bis 49, 50 bis 249, 250 und mehr Beschäftigten, dann werden Sie nicht eine Spalte finden, in der kein Rückgang verzeichnet ist. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Sie waren Manager in diesem Bereich! Sie müssen es wissen!) In Wirklichkeit ist in Summe – ich kann das aus Zeitgründen gar nicht einzeln aufführen – ein Rückgang bei kleinen Betrieben mit einem bis neun Beschäftigten von 2 700 Betrieben auf 2 460 Betriebe, bei zehn bis 49 Beschäftigten von 2 400 auf 2 054, in Summe von 8 400 Betrie-ben über 8 200 Betriebe auf 7 800 Betriebe oder von 570 000 Beschäftigten über 537 000 Be-schäftigte auf 482 000 Beschäftigte zu verzeichnen. Das ist das Spiegelbild der kleinstrukturierten Betriebe an Anzahl und Beschäftigten in unserem Land!

Diese Zahlen beweisen doch eindeutig, daß die Rahmenbedingungen nicht stimmen und unsere Kritik, die wir diesbezüglich immer wieder anbringen, mehr als berechtigt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Es ist für die Wirtschaft deshalb ein Schlag ins Gesicht, daß man bei einer Steuerreform wie der heute beschlossenen nicht einmal 10 Prozent ihres Volumens für die Wirtschaft reserviert und damit zum Ausdruck bringt, daß man – um es frei im Sinne der Worte des Abgeordneten Präsident Maderthaner zu formulieren – gar keine Unternehmer will! Sie haben gesagt, man muß die erforderlichen Rahmenbedingungen schaffen, wenn man Unternehmer will. – Sie haben sie jedoch nicht geschaffen, deshalb wollen Sie keine Unternehmer! Das muß einfach dazu gesagt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist auch ein Schlag ins Gesicht, Herr Bundesminister, daß es nicht gelingt, daß es scheitert, ein Anlagenrecht zu schaffen, das die Bürokratie zurückdrängt. Es ist aber auch ein Schlag ins Gesicht, daß trotz eines guten, günstigen makroökonomischen Umfeldes einer Wachstumsverlangsamung in Österreich nicht begegnet werden kann. Sie sind nicht in der Lage, in Österreich das Wachstum anzukurbeln. Ebenso ist es ein Schlag ins Gesicht, daß alle Oppositionsanträge, die der Verbesserung des Ist-Zustandes dienen, hier total abgelehnt werden (Zwischenruf des Abg. Parnigoni), gleichzeitig aber öffentlichkeitswirksam gefordert werden. Wir haben dieses Beispiel heute durch Präsidenten Maderthaner erlebt.

Herr Präsident Maderthaner! Zum Abschluß: Sie haben alle Punkte, die in unserem Antrag stehen, hier als Forderung angeführt. Trauen Sie sich und stimmen Sie mit unserem Antrag! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.12

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Nußbaumer, ich weiß schon, daß es Ihnen unangenehm ist, wenn jemand die Sozialpartnerschaft lobt und dieses Lob noch dazu von einer Seite kommt, von der Sie es nicht erwartet hätten. Bitte nehmen Sie aber zur Kenntnis, daß ein Großteil der österreichischen Bevölkerung die Leistung dieser Sozialpartnerschaft sehr wohl schätzt! Auch Sie genießen die Vorteile, die durch die Verhandlungen der Sozialpartner immer wieder erzielt werden können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Punkt Nummer zwei, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es ist doch ein interessantes Spiel. Alles, was die Regierungsparteien hier vorlegen, ist falsch. Wir tun immer das Falsche! Die Opposition weiß ganz genau, wie es geht, egal, ob das von den Freiheitlichen oder von den Liberalen kommt; auch die Grünen haben immer, auch heute bei dieser Debatte, eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Ich verstehe nur eines nicht, nämlich warum wir in der Regierung sind, und ihr in der Opposition seid! Das verstehe ich nicht, wenn ihr doch alles wißt! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Fischl: Weil ihr in der Koalition ...! – Abg. Schwarzenberger: Das hat der Wähler entschieden!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten Tagen haben wir viele Plakate mit der Forderung "Arbeit schaffen" gesehen. Ich möchte Ihnen folgendes sagen – da bin ich auch Ihrer Meinung, Herr Kollege Haigermoser –: Die Wirtschaft schafft Arbeit, und hier wiederum vor allem die Klein- und Mittelbetriebe, die immerhin 69 Prozent aller Arbeitsplätze in Österreich anbieten. (Abg. Haigermoser: Das brauchst du mir nicht zu sagen! Das ist nicht das Problem!) Wenn Sie hier sagen, daß das nicht stimmt und daß sich die Klein- und Mittelbetriebe auf dem absteigenden Ast befinden, dann sind Sie einfach auf dem Holzweg mit dem einäugigen Pferd, das nicht mehr zieht, das lahmt! (Abg. Haigermoser: Dann entläßt du mich aus der Kammer! Ich bitte dich inständigst!)

Herr Kollege Haigermoser! Ihre Pferdegeschichte lahmt (Beifall bei der ÖVP), und ich werde es Ihnen auch begründen. (Abg. Haigermoser: Laß mich aus dem Zwang der Kammer frei! Ich bitte dich inständigst!) – Bitte! Nicht, nicht! Die Argumente werden ja nicht besser, wenn man sie nach der Art einer tibetanischen Gebetsmühle ständig wiederholt! (Abg. Haigermoser: Ich bitte dich inständigst! Du wirst doch dann nicht weniger Gehalt bekommen?!)

Darf ich Sie folgendes fragen: Wenn wir heute mehr Arbeitsplätze, mehr Beschäftigte haben, als wir sie jemals hatten, wenn – wie Herr Kollege Nußbaumer richtig ausgeführt hat – die Zahl der Arbeitsplätze in den großen Betrieben, in den Industriebetrieben zurückgeht, wo, bitte, werden diese denn dann geschaffen? – Natürlich in den kleinen und mittleren Betrieben, und weil auch – wir bekennen uns dazu – die Rahmenbedingungen stimmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Lesen Sie nach in der "Neuen Zürcher Zeitung", dann wissen Sie, daß die Rahmenbedingungen stimmen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenrufe der Abgeordneten Fischl, Haigermoser und Dipl.-Ing. Schöggl.) Ich schließe mich durchaus der Meinung von Herrn Präsidenten Maderthaner an, daß noch vieles getan werden muß, um die Bürokratie zurückzudrängen. Wir sind nicht von heute ... (Abg. Ing. Nußbaumer – auf den Bericht weisend –: Trinkl! Die kleinen!) – Ich habe das gelesen! Sie haben nur einen Teil gelesen; Sie müssen alles lesen und es auch in der Gesamtschau sehen.

Wir haben auch vieles erreicht. Ich darf nur zwei Beispiele von Maßnahmen anführen, mit denen wir in den letzten Monaten die Bürokratie arg zurückgeschraubt haben: Ich nenne hier einerseits das neue Statistikgesetz, mit dem wir viel erreicht haben, wofür ich auch unserem Herrn Minister Farnleitner herzlich danke, und ich nenne ganz bewußt auch das Arbeitnehmerschutzgesetz, das in seiner ursprünglich vorgesehenen Form für viele Klein- und Mittelbetriebe ein Unglück gewesen wäre, bei dem es uns aber gelungen ist, rechtzeitig, also bis zu dem Zeitpunkt, zu dem auch für die kleinen Betriebe die volle Härte des Gesetzes eingesetzt hätte, gegenzusteuern.

Lassen Sie mich hier auch um folgendes (Zwischenruf des Abg. Gradwohl) – Herr Gradwohl, ich komme noch zu Ihnen! – bitten: Die Klein- und Mittelbetriebe brauchen mehr Flexibilität! Die Klein- und Mittelbetriebe brauchen auch Flexibilität auf dem Arbeitsrechtsektor. Ich darf jetzt ganz kurz noch aus einem Papier über Schröders Denkfabrik zitieren – vielleicht wird es dann glaubwürdiger –: Dienstleistungen brauchen, das zeigen andere Länder, ein andere Arbeitsregime als die Industrie, andere Arbeitszeiten, andere Entlohnungsformen, andere Formen der sozialen Sicherung.

Ich meine, wir sollten in der nächsten Legislaturperiode sozialpartnerschaftlich darangehen, diese Fragen im Interesse der Arbeitsplätze, im Interesse der klein- und mittelständischen Wirtschaft gemeinsam zu klären.

Lassen Sie mich folgendes zu den Ausführungen von Frau Kollegin Moser sagen: Es gibt niemanden, der heute nicht die Situation der Nahversorgung kritisiert oder bejammert. Die Situation der Nahversorgung ist kein ländliches Problem: Die Nahversorgung fehlt uns auch in den städtischen Ballungszentren! Sehen Sie doch die verödeten Straßen an, sehen Sie die verödeten Häuser an! (Abg. Fischl: Und wer ist schuld?) Da wäre durch ein gemeinsames Marketing anzusetzen.

Die Ursache ist aber auch in organisierten Vertreibungsaktionen zu sehen: Man hat den Verkehr aus der Stadt hinausgetrieben, und heute wundert man sich, daß die Leute dort einkaufen, wo eben die Möglichkeit besteht, mit dem Auto hinzufahren (Abg. Fischl: Wo Straßen sind!) und ein Einkaufserlebnis zu haben. Bitte nehmen wir uns doch an der eigenen Nase! Frau Kollegin Moser, ich würde mich freuen, wenn wir auch diesbezüglich ein Umdenken zustande brächten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Österreichische Volkspartei war von jeher die Mittelstandspartei. Die Österreichische Volkspartei hat den Begriff "Mittelstand" zu einem politischen Ziel formuliert, und wir werden auch in Zukunft alles tun, um diesem Mittelstand zum Durchbruch zu verhelfen! (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Nicht von jeher, sondern seinerzeit!)

Sie, Herr Kollege Hofmann, tun so, als ob Sie sich um die Unternehmer Sorgen machen würden. Ich darf Ihnen folgendes sagen: Sie haben heute die Steuerfreiheit für die Betriebsübernehmer abgelehnt, Sie haben heute massive Hilfen für Gründer abgelehnt, Sie haben heute Eigenkapitalvorsorge abgelehnt, Sie haben heute den Forschungsförderungsfreibetrag abgelehnt – ich könnte die Liste noch weiterführen. Ich darf Ihnen zur Beruhigung nur noch sagen: Die Unternehmer wissen, bei wem sie in guten Händen sind, und sie werden es Ihnen auch in Zukunft, auch wenn Sie noch so aufdrehen, bei der Wirtschaftskammerwahl unter Beweis stellen! – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Um 32,9 Prozent sind die Insolvenzen im KMU-Bereich angestiegen!)

23.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Blünegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

23.18

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Hohes Haus! Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Kollege Trinkl legt mir immer wieder einen wunderbaren, schönen Ball auf. (Abg. Dr. Trinkl: Schau, daß du ihn triffst!) Ich bin meistens der Redner nach ihm, und als solcher kann ich ihm nur sagen, daß er nichts anderes getan hat, als den Weihrauchkessel zu schwenken; aber unsere freiheitlichen Ideen hat er mitverpackt, das ist ganz klar. Er geht mit Statistiken hausieren, wo doch in diesen Bericht genau nachzulesen steht, daß Betriebe ohne Beschäftigung mehr, Betriebe mit Beschäftigung aber we-niger geworden sind. Das ist eine Tatsache, Kollege Trinkl! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Trinkl: Dann hast du es nicht richtig gelesen!)

Ich möchte aber auf diesen Bericht über die klein- und mittelständischen Unternehmen gar nicht unmittelbar eingehen – es ist ja ohnedies schon viel darüber gesprochen worden –, sondern mich zum Tagesordnungspunkt 48 äußern, der den Entschließungsantrag des Abgeordneten Peter betrifft. (Abg. Dr. Trinkl: Lies nach bei "Adam Riese"!) Dieser Entschließungsantrag mit der Nummer 428/A (E) hat viele Positionen über die Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zum Inhalt, die aus Sicht der Freiheitlichen auch abgeschrieben sind, denn Kollege Peter war ja ein-mal ein Freiheitlicher. Heute ist er beim Liberalen Forum, und von diesem wissen wir auch, daß es für die Arbeitnehmer nicht viel übrig hat. (Abg. Dr. Kier: Nicht vorlaut sein, Blünegger! Nicht vorlaut sein!) Das habe ich auch heute aus seiner Rede herausgehört, in der er gesagt hat, daß das 13. und 14. Monatsgehalt – also das Urlaubs- und Weihnachtsgeld – genauso versteuert werden sollte wie alles andere. (Abg. Dr. Kier: Das haben wir extra für den Blünegger gesagt!) Das zeigt wieder einmal ganz eindeutig, daß die Liberalen für die Arbeitnehmer nichts übrig haben.

Wir alle wissen aber, woran es im Staate Österreich krankt. Die Bundesregierung hält noch immer an Rahmenbedingungen fest, die die Unternehmer an der Schaffung von Arbeitsplätzen hindern. Die Selbständigenquote in Österreich ist noch immer zu niedrig, das geben Sie auch selbst zu. Die Beschäftigungssituation wird nur schöngeredet, und wir haben immer noch eine Bürokratie, die in Europa ihresgleichen sucht.

Ich habe in meinen Reden wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß diese Bundesregierung in der Forschungs- und Technologiepolitik eigentlich eine Bankrotterklärung abgegeben hat. Denn wie will sie die Quote erreichen, die notwendig ist, um mit den europäischen Industrieländern mitzuhalten?

Die österreichische Industrie hat Angst vor dieser Bundesregierung. Die Industrie sorgt sich nämlich mehr um den Wirtschaftsstandort Österreich und dessen Beschäftigte als Sie, meine Damen und Herren von der Koalition!

Präsident Maderthaner hat heute schöne Worte gesprochen, die er nicht zu halten braucht. Es geht ihm im wesentlichen nur um folgendes, nämlich um die Erhaltung der Macht. Sie verschleiern aber ständig die wahre Situation der Wirtschaft und auch die wahre Situation in bezug auf die Arbeitslosigkeit. Es gibt immer noch jeden Monat 207 000 Österreicher, die einen Job suchen. Das ist das Ergebnis Ihrer schlechten Beschäftigungspolitik! Die Arbeitslosigkeit lösen Sie nicht durch die Verfälschung der Statistik, indem Sie Schulungen machen. Ohne jene kosmetischen Maßnahmen, die Sie mit diesen Schulungen setzen, würde die Arbeitslosenrate 10 Prozent betragen und wäre damit gleich hoch wie in Deutschland.

Sie machen es sich wirklich einfach: Ihre ständigen Berichte über Wirtschaft und Beschäftigung könnte man eigentlich mit einem Buch, das alle Kinder lesen, nämlich mit einem Märchenbuch vergleichen. Ich glaube, es ist auch bei Ihnen so ausgeprägt, meine Damen und Herren, daß Sie dieses Märchenbuch immer wieder in Ihren Reden verpacken. Sie sollten folgendes tun: Entschieden darauf achten, daß der Wirtschaftsstandort Österreich wichtiger wird und daß die Arbeitnehmer mehr Beschäftigung haben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lukesch: Das war Polemik! Reine Polemik!)

23.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Fischl: Der echte Arbeitsplatzmacher! Der beschäftigt 120 Mitarbeiter! – Abg. Parnigoni – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich bin allerdings keiner, der mit Fußballern schachert, so wie du vielleicht!)

23.22

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich jetzt nur mit dem Kapitel Tourismus aus diesem Bericht beschäftigen. Der Bericht weist aus, daß es seit dem Jahre 1997 eine gewisse Konsolidierung in der Branche gibt. Er weist aus, daß es Umsatzsteigerungen gibt, daß es steigende Nächtigungszah-len gibt. Allerdings werden die höheren Zuwächse eigentlich in den höheren Qualitätskategorien verzeichnet, und man kann feststellen, daß vor allem der Städtetourismus und auch der Thermaltourismus, wie es so schön heißt – also die Spezialangebote –, punkten können. Die Ent-wicklung ist also eine positive.

Meine Damen und Herren! Es stellt sich die Frage: Wer ist eigentlich für diesen Erfolg verantwortlich? – Ich meine, da gibt es eine Symbiose: Einerseits sind es natürlich jene Unternehmer, die den Strukturwandel erkannt und die Chance des Strukturwandels genutzt haben, andererseits sind auch die Mitarbeiter in dieser Branche sehr tüchtig; und schließlich finden wir durchaus auch im Bereich des Marketings und der Werbung eine veränderte Szene vor. Ich glaube, daß auch die Österreich Werbung durchaus ihren Anteil an diesem Erfolg hat.

Einer der wesentlichsten Gründe ist, daß es in der Branche gelungen ist, den Gedanken der Kooperation wirklich einzupflanzen, und daß nicht nur Kooperation der Betriebe untereinander, sondern auch der Tourismusbranche mit anderen Branchen stattfindet. Als Beispiel könnte man etwa Bad Harbach im Waldviertel nennen, wo der Tourismus mit der Landwirtschaft sehr eng kooperiert.

Darüber hinaus beginnen die Tourismusverbände, die Regionen, schön langsam auch im Marketing gemeinsam zu arbeiten. Ich glaube, das ist auch darauf zurückzuführen, daß die Sozialdemokraten einmal einen Entschließungsantrag eingebracht haben (Abg. Eder: Genau!) – nach langem Widerstand des Kollegen Puttinger haben wir ihn dann doch beschlossen –, als dessen Folge die regionalen Tourismusorganisationen das Licht der Welt erblickt haben, wodurch es nun gelingt, regionale Marken zu schaffen und damit auch die Regionen entsprechend zu prägen.

Meine Damen und Herren! Dieses Umdenken, das da erfolgt ist, muß nun, um die höheren Qualitäten in der Zukunft sicherzustellen, auch im Bereich der Arbeitnehmer erfolgen. Ich kann hier nur an die Wirtschaft appellieren, zu erkennen, daß die hohe Qualität im Tourismusangebot nur dann gesichert werden kann, wenn die Arbeitsplatzsituation, wenn das Umfeld stimmt.

Daher appelliere ich für leistungsgerechte Entlohnung und für geordnete Arbeitszeiten, und ich appelliere an Sie, auch dafür zu sorgen, Gleichberechtigung und Gleichheit zu schaffen, etwa dadurch, daß auch Saisonbeschäftigte im Tourismus eine Abfertigung bekommen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Fischl: Das ist eine gefährliche Drohung! Eine echte gefährliche Drohung!)

Meine Damen und Herren! Da mir mein Klubobmann nur 3 Minuten Redezeit zugestanden hat, komme ich zum Schluß: Ich bin davon überzeugt, daß wir diesen Weg weitergehen sollen; mehr Kooperation, mehr Qualität dadurch, daß wir im Tourismus den Arbeitnehmern entsprechende Möglichkeiten schaffen. In diesem Sinne wünsche ich dem Tourismus alles Gute! (Beifall bei der SPÖ.)

23.26

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marolt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

23.26

Abgeordneter Heinz Anton Marolt (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich habe mich mit Ihnen vor kurzem im Foyer des Plenarsaales recht nett unterhalten und auch das Thema Tourismus mit Ihnen besprochen. Sie haben dabei auch durchaus den Eindruck erweckt, daß Sie für den Tourismus grundsätzlich etwas übrig und auch ein offenes Ohr dafür haben. Dieser positive Eindruck, den ich aus diesem Gespräch mit Ihnen gewonnen habe, korrespondiert aber keinesfalls mit dem Inhalt des Maßnahmenkataloges im Bericht Ihres Wirtschaftsministeriums über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft.

Ganz im Gegenteil: Wenn ich mir Ihren sogenannten "10 Punkte-Maßnahmenkatalog" ansehe, dann wird klar, daß Sie nicht wirklich ernsthaft etwas für den Tourismus übrig haben. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Farnleitner.) Ich darf im folgenden einen Ihrer zehn Punkte aufzeigen. Es ist ja bezeichnend, daß diese zehn Punkte am Ende dieses Katalogs stehen. Daran sieht man auch die Bedeutung, die der Tourismus für Sie hat. (Abg. Schwemlein: Redest du jetzt mit uns oder mit dem Minister? – Abg. Haigermoser: Da steht "Anhang"!)

Ich nehme als Beispiel Ihren Vorschlag, mehr Europäer durch Hebung des Lebensstandards sozusagen urlaubsfähig und urlaubswillig zu machen: Was bedeutet das, Herr Bundesminister? Soll das vielleicht durch höhere Nettobeiträge an die EU oder durch Einführung der Europasteuer geschehen?

Sie wollen auch dem Urlaub durch Qualitätsstandards zu höherem Erholungs- und Erlebniswert verhelfen. Nur mit Schlagworten, Herr Minister, wird das nicht möglich sein. Da werden Sie zur Hebung der Infrastruktur schon Geld übrig haben und in diese Richtung auch etwas investieren müssen, sonst wird das nicht möglich sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ferner ist darin zu lesen, daß Sie Hindernisse abbauen wollen, zum Beispiel durch Stauvermeidung: Aber sicher nicht mit der Vignette, Herr Bundesminister, mit der Tunnelmaut oder mit dem geplanten Road-Pricing! Damit werden Sie höchstens noch mehr Stau erzeugen, nämlich in Kärnten, wo Sie vorhaben, vier solcher Einrichtungen einzuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie überlegen aber auch begleitende Untersuchungen auf EU-Ebene über alle den Tourismus tangierenden Phänomene wie etwa Lärm. Was heißt das? Meinen Sie, wenn Sie von "Lärm" sprechen, vielleicht die weitere Verhinderung von Musikveranstaltungen auf Terrassenlokalen, die bereits um 22 Uhr enden müssen, was bereits zu einer touristischen Vergreisung Österreichs führt?

Sie fordern weiters ein gemeinsames Marketing mit anderen EU-Ländern. Was meinen Sie damit, Herr Bundesminister? Meinen Sie vielleicht die konkurrenzierenden Billigländer wie Spanien oder Italien, mit denen wir kooperieren sollen?

Dann erwähnen Sie auch noch die Forderung von Langzeitbeschäftigung. Wodurch, Herr Bundesminister? Etwa durch Liquidierung der einsaisonalen Betriebe, wie Sie dies im Zuge einer Veranstaltung in Tirol – ich glaube, es war in Kitzbühel – bereits angesprochen haben?

Zuletzt fordern Sie die Harmonisierung des Steuersystems: hoffentlich durch Einführung der Flat tax, Herr Bundesminister! (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Lukesch.) Denn damit könnte nämlich wirklich Eigenkapital geschaffen und die unglückliche Regelung der Getränkesteuer oder die 50prozentige Beschränkung der Absetzbarkeit von Geschäftsessen abgeschafft werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie Sie mit diesen halbherzigen Maßnahmen die schwer verschuldete Tourismuswirtschaft und damit verbunden vor allem die kleinen und mittleren Unternehmungen wieder in Schwung bringen wollen, schaue ich mir wirklich an! Mit diesen zehn Punkten, Herr Bundesminister, werden Sie lediglich das wirtschaftliche Elend prolongieren, niemals aber tourismusfördernde Akzente setzen können.

Zum Zwecke der touristischen Soforthilfe erlaube ich mir daher die Einbringung folgenden Antrages:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Marolt und Kollegen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen entsprechende Initiativen zu setzen, durch welche folgende Maßnahmen zur Unterstützung und Entlastung der österreichischen Tourismus- und Freizeitwirtschaft realisiert werden können:

grundlegende Entbürokratisierung im Bereich Tourismus,

Entpolitisierung der Österreich Werbung,

Entwicklung von Initiativen zur Saisonverlängerung,

Koordinierung der österreichischen und europäischen Ferientermine,

Abschaffung der Getränkesteuer sowie der Kommunalabgabe bei gleichzeitiger Kompensation der Einnahmenausfälle für die Gemeinden,

Stärkung der Eigenkapitalquote,

Senkung der Lohnnebenkosten,

Tourismusmilliarde für Kärnten.

*****

Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, der soeben verlesen wurde, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Es liegt eine Wortmeldung von Frau Abgeordneter Tichy-Schreder vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.31

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Marolt, aus Ihren Ausführungen ist mir nur eines klar geworden: wie man nämlich die Forderung des Herrn Bundesministers zum Thema Tourismus auf der letzten Seite des Berichtes zur Situation der kleinen und mittleren Betriebe mißverstehen kann. Aber vielleicht ist es dann verständlicher, wenn der Tourismusbericht wieder vorliegt. Vielleicht können Sie dann die Ausführungen besser verstehen, oder vielleicht kann man inzwischen ein Gespräch führen, um Mißverständnisse auszuräumen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Mittelstandsbericht selbst hat nämlich dadurch an Prägnanz gewonnen, daß alle fünf Parteien dieses Hauses gemeinsam die Themen beschlossen haben und sich der Herr Minister gezielt auf diese Themen bezogen hat. Wir haben ja einen sehr guten Überblick darüber, wie ist die Situation bei der Nahversorgung, bei der Euro-Umstellung et cetera aussieht und wie der Zustand in diesem Bereich ist.

Wir haben bereits im Ausschuß auch über den nächsten Mittelstandsbericht gesprochen, wir haben die nächsten vier Schwerpunkte besprochen. Ich finde es sehr anregend, daß alle mit den Themen, die der Herr Minister vorgeschlagen hat, einverstanden sind.

Es ist auch folgendes interessant – und darauf möchte ich zu sprechen kommen –, weil von den Oppositionsparteien – speziell möchte ich da die Freiheitlichen ansprechen – so gewettert wird, als ob für die Klein- und Mittelbetriebe überhaupt nichts getan würde und daß die Situation der Klein- und Mittelbetriebe so schlecht sei. Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer meinte noch dazu, die Industriebetriebe verlieren Mitarbeiter, und das sei ja ein furchtbares Zeichen. (Abg. Haigermoser: Warum schauen Sie so streng, Frau Präsident?)

Dazu möchte ich Ihnen etwas sagen, Herr Abgeordneter Haigermoser. Bitte hören Sie einmal zu! (Abg. Schwarzenberger: Das kann er nicht!) Das können Sie nämlich nicht. Aber hören Sie zu! Ich probiere es noch einmal. (Abg. Dr. Mertel: Da ist er überfordert!) Industriebetriebe sourcen Dienstleistungssektoren aus und haben die reine Produktion und die Dienstleistung separat. Die Wirtschaft entwickelt sich weiter – Gott sei Dank! –, und es entstehen neue Formen.

Interessant dabei ist, daß im Rahmen der Europäischen Union ein Bericht über die selbständige Erwerbstätigkeit in Europa herausgekommen ist, wobei sich herausgestellt hat, daß in den Jahren von 1985 bis 1995 die Zahl der Selbständigen speziell in den Niederlanden, aber auch in Irland, Großbritannien und Deutschland deutlich angestiegen ist. Dabei ist festgehalten worden, daß dieser Anstieg der Selbständigenquote gerade in den Niederlanden mit Ein-Mann-Betrieben begonnen hat, die dann ausgebaut und sehr stark zur Wirtschaftsbelebung beigetragen haben.

Aber etwas, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ganz dezidiert in diesem Bericht festgehalten worden, und darauf können wir stolz sein: Es ist zum Beispiel in Österreich oder in Frankreich ein vergleichsweise höheres Qualifikationsniveau der Selbständigen zu beobachten. Dann wird über die anderen Länder – Spanien, Italien und Finnland – gesprochen: Da, sagt man, besteht derzeit noch ein niedrigeres Qualifikationsniveau. Da zeigt sich eben, daß wir mit unserer guten Ausbildung reüssieren und deshalb auch gute Exportquoten in unserem Land verzeichnen können, wozu diese Klein- und Mittelbetriebe verstärkt beigetragen haben.

Herr Abgeordneter Blünegger hat im Zusammenhang mit der Technologie- und Forschungspolitik über die Forschung gesprochen. Dazu kann ich ihm nur sagen: Wir haben zwar nicht jenen Prozentsatz erreicht, den wir uns wünschten. Es sind allerdings in diesem Prozentsatz, der für Österreich festgehalten wird, nicht alle Bereiche enthalten. Gerade im Bereich der Klein- und Mittelbetriebe wird sehr viel Forschung und Entwicklung betrieben, für die gar kein Zuschuß zu den Kosten beantragt wird. Dabei handelt es sich nämlich um jene Betriebe, die im Export besonders tüchtig und fähig sind und durch ihre Forschungen und Neuentwicklungen im Ausland neue Märkte erschließen können. Diese sind bei den Angaben über die Aufwendungen für Forschung oft nicht berücksichtigt.

Was den Wirtschaftsstandort Österreich betrifft, so möchte ich dazu nur anmerken, meine sehr geehrten Damen und Herren, und speziell Herr Abgeordneter Blünegger: Versuchen Sie einmal, mit Kollegen in Deutschland zu sprechen, und Sie werden hören, welch ein Loblied dort über die österreichische Standortpolitik gesungen wird, über die Unternehmensbesteuerung in Österreich, über die klareren Gesetze in Österreich und schließlich auch darüber, daß die Beschäftigungsentwicklung in Österreich wesentlich besser ist als in Deutschland! Sie müssen unsere Situation in diesem Sinne auch mit einem großen Partner vergleichen; die Klein- und Mittelbetriebe in Deutschland drängen deshalb verstärkt nach Österreich, weil in Österreich die Gesetze klarer sind. Da ist im Rahmen unserer Regierungspolitik einiges gelungen – das sollen wir zur Kenntnis nehmen –: zum Wohle des Wohlstandes hier im Lande und für die Beschäftigung.

Wenn Sie in den Zeitungen lesen, wie viele Stellen in Annoncen angeboten werden und wie viele Betriebe nicht die erforderlichen qualifizierten Mitarbeiter finden, dann können Sie sagen, daß wir hier gute Chancen für die Schaffung weiterer Arbeitsplätze haben, auch durch weitere Qualifizierungsmaßnahmen für unsere Mitarbeiter, aber auch durch Qualifizierungsmaßnahmen durch das Arbeitsmarktservice. Denn es werden viele Mitarbeiter gesucht, bei denen es dann allerdings an der nötigen Qualifikation mangelt. Die Chancen sind da. Wir sind auf einem guten Weg, und ich hoffe, daß der nächste Mittelstandsbericht wieder aufschlußreich sein wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Rieß. Frau Abgeordnete, für Sie verbleibt noch eine Redezeit von 3 Minuten. – Bitte.

23.37

Abgeordnete Susanne Rieß (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Der vorliegende Bericht über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft zeigt eindeutig, daß die kleinsten wirtschaftlichen Einheiten mit bis zu neun Mitarbeitern massiv insolvenzgefährdet sind. Ihre Eigenkapitalausstattung befindet sich bereits im negativen Bereich. – Ihre großmächtig angekündigten Maßnahmen wie Eigenkapitalstärkung oder Lohnnebenkostensenkung haben sich heute bei der Debatte über die Steuerreform 2000 als Schlagworte und als zerplatzte Seifenblasen erwiesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Tatsache ist, daß pro Tag 17 Betriebe das Handtuch werfen müssen. Ursache dafür seien, wie Ex-Gewerkschaftspräsident Anton Benya im Zuge der Zeugeneinvernahme zur "Konsum"-Pleite sagte, die "bösen Kräfte des Marktes". – Der Unterschied besteht nur darin, daß der Kleinunternehmer schon bei einer weit geringeren Zahlungsunfähigkeit im Gefängnis landet, auch wenn er sich auf die "bösen" Marktkräfte beruft. – Angesichts dieses "Konsum"-Urteiles dürfte kein einzi-ger Kleinunternehmer mehr ein Krida-Urteil ausfassen.

Tatsache ist, daß sich weder die Bundesregierung noch die Standesvertretungen um die Nöte der österreichischen Kleinbetriebe scheren. Im Gegenteil: Man braucht sich ja nur die Verteilung der Technologiemilliarden anzusehen! Die ehemaligen verstaatlichten Firmen und Großbetriebe werden damit übergossen. Für den einzelnen kleinen, innovativen Betrieb bleibt rein gar nichts übrig. Die österreichischen Erfinder, die es noch immer gibt, sind daher gezwungen, ins Ausland zu gehen und dort ihr Glück zu versuchen; sehr oft machen sie es dort auch.

Dieser vorliegende Bericht zeigt immerhin drastisch auf, was Betrieben mit bis zu neun Mitarbeitern in naher Zukunft blüht: Der Kampf mit dem Untergang, die Bekanntschaft mit dem Insolvenzrichter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Wundern Sie sich nicht, wenn die österreichischen Klein- und Mittelbetriebe unter diesen Rahmenbedingungen nicht mehr mitmachen! Wundern Sie sich nicht, wenn immer weniger Lehrlinge ausgebildet und aufgenommen werden! Unsere Klein- und Mittelbetriebe sind bereits total überlastet. Man denke nur an all die EU-Anpassungsgesetze, man denke nur an die Euro-Umstellung, die Jahr 2000-Fähigkeit, die auferlegten Statistiken, den Selbstbemessungsaufwand und so weiter und so fort!

Diese enorm großen und auferzwungenen Belastungen werden mit der Steuerreform in keinster Weise berücksichtigt. Wundern Sie sich daher nicht, daß es mit dem Jahre 2000 noch mehr Insolvenzfälle trotz oder, besser gesagt, wegen Ihrer Steuerreform geben wird!

Was Ihre herbeigesehnte Gründerwelle ...

Präsident Dr. Heinrich Neisser (das Glockenzeichen gebend): Frau Abgeordnete, bitte den Schlußsatz! Die Redezeit ist abgelaufen.

Abgeordnete Susanne Rieß (fortsetzend): Daher müßte man diesen Bericht jedem unternehmenswilligen Menschen übergeben, mit dem besonderen Warnhinweis versehen: Achtung! Selbständigkeit in Österreich kann Ihre Existenz gefährden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstatter wird nicht gewünscht.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die über jeden Ausschußantrag getrennt durchgeführt wird.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, den vorliegenden Bericht III-183 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haigermoser und Genossen betreffend Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Klein- und Mittelbetriebe.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Marolt und Genossen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 1956 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um eine entsprechendes Zeichen. – Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 1957 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 1958 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 1959 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Der Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 1960 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Die Kenntnisnahme dieses Berichtes erfolgt mehrheitlich.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 1961 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 1962 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Der Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Jetzt wird abgestimmt über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 1963 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. (Abg. Haigermoser: Frau Fekter, was ist jetzt?) – Das ist die Mehrheit. Der Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen. (Abg. Dr. Fekter: Eigenen Antrag eingebracht! – Abg. Haigermoser: Der Mut hat Sie verlassen!)

Abstimmung über Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Petrovic, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 1115/A der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz der Tiere eine Frist bis 12. Juli 1999 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Wabl und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Der Antrag ist in der Zwischenzeit an alle Abgeordneten verteilt worden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

des Abgeordneten Wabl, Freunde und Freundinnen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

1. Umgehung des Kriegsmaterialgesetzes beim Export von Gebrauchtwaffen durch den Bundesminister für Landesverteidigung;

2. unrichtige Information des Nationalrates durch den Bundesminister für Landesverteidigung in dieser Angelegenheit, etwa dadurch, daß dieser in der Fragestunde der 175. Sitzung des Nationalrates behauptet hat, daß die Erhebungen der Staatsanwaltschaft in dieser Angelegenheit eingestellt wurden.

Zusammensetzung: 5 SPÖ, 4 ÖVP, 3 FPÖ, 1 LIF, 1 Grüne.

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich rufe Ihnen die Redezeiten in Erinnerung. Der Begründer dieses Antrages hat eine Redezeit von 10 Minuten, alle anderen Abgeordneten eine solche von 5 Minuten. Für den Fall, daß Wortmeldungen von Ministern oder Staatssekretären vorliegen, sollen sich auch deren Redebeiträge ungefähr an der Dauer von 10 Minuten orientieren.

Ich erteile jetzt als erstem Redner Herrn Abgeordneten Wabl zur Begründung dieses Antrages das Wort. Er hat eine Redezeit von 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.46

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Ich bin mir nicht sicher, was sich dieses Haus von der Regierungsbank aus noch alles bieten lassen wird.

Meine Damen und Herren! Es gab in den letzten Tagen eine Hochkonjunktur des Wortes "Lüge". Herr Kollege Khol, der Erfinder des "Verfassungsbogens" (Abg. Smolle: Erfinder der "Lüge"!), hat das Wort "Sicherheitslüge" erfunden. Jetzt wäre die Zeit gekommen, ein anderes Wort zu erfinden und auch im Zusammenhang mit Waffengeschäften das Wort "Lüge" anzuhängen.

Ich glaube aber, das, was der Herr Bundesminister für Landesverteidigung heute hier geboten hat, war der dreiste Versuch, die Unwahrheit in diesem Hause zu verbreiten.

Meine Damen und Herren! Es ist heute hier Gegenstand der Debatte, daß der Herr Bundesminister unter dem Verdacht steht, das Kriegsmaterialgesetz umgangen zu haben, das Kriegsmaterialgesetz zumindest fahrlässig verletzt zu haben. Heute hat er in der Fragestunde ohne Anstand nach meinem Wissensstand die Unwahrheit gesagt, und zwar in einer Dreistigkeit, wie ich sie in diesem Hause bisher noch nie von einem Mitglied der Bundesregierung oder dieses Hauses erlebt habe. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Ihr Wissensstand war ja nicht der neueste!)

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat in einer Plenarsitzung dieses Hauses, und zwar im Dezember 1998 detailliert über das Waffengeschäft mit einer Schweizer Waffenfirma Auskunft gegeben – allerdings falsch, denn er hat gesagt, daß der Verkauf erst nach dem Vorliegen der Exportbewilligung durchgeführt wurde.

Der Herr Bundeskanzler hat in einer Anfragebeantwortung zwei Monate später genau das Gegenteil festgehalten. Möglicherweise hat der Herr Bundeskanzler die Unwahrheit gesagt. Nach dem jetzigen Wissensstand ist es für mich außer Streit, daß wieder einmal der Herr Bundesminister für Landesverteidigung hier ohne Anstand bewußt die Unwahrheit gesagt hat.

Meine Damen und Herren! Heute – ich bin gespannt darauf, wie Herr Maitz hier diese Täuschungsmanöver, diese Vertuschungsmanöver, diese Unwahrheiten wieder decken wird – hat der Herr Bundesminister für Landesverteidigung die Dreistigkeit besessen, zu sagen, daß er von dem Vorgang nichts weiß. Er hat auf die Frage, ob ihm der Sachverhalt im Zusammenhang mit dem Verkauf an Brügger + Thomet, daß diese Firma weder einen Sitz in Wien noch eine Lizenz oder einen Sitz in Österreich hat, bekannt ist oder ob er die EU-Verordnung für diesen Fall kennt, einfach gesagt: nein. Und Kollege Khol hat als braver Parteisoldat der ÖVP – der christlichen Partei, der Wahrheit verpflichtet – gesagt: sehr gut!

Meine Damen und Herren! In der Folge war es die Frage, ob der Herr Verteidigungsminister von der Staatsanwaltschaft bereits kontaktiert worden ist, und zwar im Zusammenhang mit der Anzeige gegen ihn in der Causa Waffengeschäfte Brügger + Thomet. Herr Bundesminister Fasslabend besitzt die Stirn, diesem Haus darzulegen, daß dieses Verfahren wegen "Substanzlosigkeit" eingestellt worden ist. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Nach unseren Informationen, die wir heute und vorige Woche eingeholt haben, steht es bei der Staatsanwaltschaft außer Streit, daß dieses Verfahren im vollen Gange ist.

Ich frage Sie jetzt: Wie soll ein Bundesminister auf dieser Regierungsbank bezeichnet werden, der bewußt, dreist, unanständig diesem Haus auf den Kopf zu die Unwahrheit sagt? (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Soll er so genannt werden, wie es vor einigen Tagen Herr Spindelegger gemacht hat mit seiner sehr bescheidenen Frage "Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, wer dreimal lügt, den wählt man nicht"? Sollte Herr Minister Fasslabend nicht mehr gewählt werden? – Ich finde, das ist vielleicht eine angemessene Konsequenz.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, Herr Bundesminister Fasslabend hat es nicht mehr verdient, auf dieser Regierungsbank zu sitzen, wenn er mit dieser Dreistigkeit dieses Haus nicht informiert, unwahr informiert, dabei das Lob des Herrn Klubobmannes Khol und heute wahrscheinlich auch noch die Zustimmung des Herrn Maitz hat, der immer zur Seite steht, wenn es darum geht, Waffengeschäfte zu vertuschen, zu verheimlichen und zu rechtfertigen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Höchtl: Das werden solche Figuren wie Sie nicht entscheiden!)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Khol! Ich werde diesem Haus nicht mehr sehr lange angehören. Seit 1989 haben Sie verhindert, Herr Khol, daß es einen Untersuchungsausschuß gibt. Seit 1989 gibt es kaum noch Sitzungen des Rechnungshofausschusses, in denen Sie zustimmen, daß bestimmte Auskunftspersonen geladen werden. Sie demontieren die Kontrolle in diesem Haus, Sie stützen einen Bundesminister, der bewußt die Unwahrheit sagt, und Sie glauben, daß Sie mit dieser Art des Demokratieverständnisses durchkommen.

Ich sage Ihnen, ganz gleich, wo immer ich Politik machen werde – und ich werde hoffentlich, so der Herrgott will, bis in mein hohes Alter Politik machen – (Abg. Mag. Kukacka: Das ist eine gefährliche Drohung!): Mit dieser Art, Herr Kollege Khol, werden Sie nicht durchkommen, und die sogenannten Christlich-Sozialen keinesfalls! (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben im Zusammenhang mit den Rechnungshofberichten über die Waffengeschäfte eine Art der Ignoranz des Bundesministers für Landesverteidigung erlebt, die ich bei keinem anderen Minister in diesem Hause erlebt habe. Ich denke, vielleicht ist es einfach seine Plumpheit, vielleicht ist es nur sein Unbeholfenheit – oder vielleicht ist es etwas anderes, Herr Khol! (Abg. Mag. Haupt: Khol ist heute müde! – Abg. Dr. Khol: Geduldig!)

Aber ich bin gespannt darauf, was Sie sagen werden, Herr Khol, wenn die Staatsanwaltschaft offiziell die Unwahrheit des Herrn Bundesministers Fasslabend, die hier in dieser Art und Weise dargelegt worden ist, klar offenbaren wird. Ich bin gespannt, welche Konsequenzen Sie dann ziehen werden. Ich bin gespannt, ob Sie dann auch noch so lachen werden. Und ich bin gespannt, ob Sie dann weiterhin einen solchen Minister halten werden. (Beifall bei den Grünen.)

23.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. Sie haben eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

23.54

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Erlauben Sie mir ein paar kurze, grundsätzliche Bemerkungen zum vorliegenden Antrag der Grünen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen (Abg. Smolle: Etwas ganz "Neues"!), weil die Vorwürfe der Grünen in bezug auf "Umgehung des Kriegsmaterialgesetzes beim Export von Gebrauchtwaffen" nicht ausreichend begründet und daher nicht stichhaltig sind. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Kollege Wabl hat hier Behauptungen in den Raum gestellt, die ich ganz einfach nicht glauben will! (Abg. Smolle: Es ist ganz einfach: Läuft ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft oder nicht?) – Kollege, nimm Rücksicht auf deine Gesundheit! Reg‘ dich nicht so auf, lieber Freund, hier geht es um Fakten! Kollege Wabl hat hier Behauptungen in den Raum gestellt (Abg. Smolle: Läuft ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft oder nicht?), die ich, wie gesagt, einfach nicht glauben will und für die er meines Erachtens begründete Beweise schuldig geblieben ist.

Aber dennoch, meine Damen und Herren, handelt es sich um einen sehr ernsten Debattenbeitrag, der auch ernst zu nehmen ist. Wenn sich die geäußerten Vorwürfe auch nur in Ansätzen, meine Damen und Herren – auch nur in Ansätzen! –, als berechtigt erweisen, dann besteht seitens des Herrn Bundesministers dringender Erklärungsbedarf. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Daher gibt es in der gegenständlichen Causa für die Öffentlichkeit einiges zu hinterfragen. Man müßte auch daran erinnern – wir haben es wiederholt gesagt und auch den Herrn Bundesminister darauf hingewiesen –, warum der Verkauf von einsatzfähigen militärischen Waffen über den Weg von privaten Firmen erfolgt ist: damit nämlich der Ministerrat keine Genehmigung mehr erteilen muß. Man hat sich da am Ministerrat vorbeigeschwindelt, meine Damen und Herren!

Wie immer man hier auch die gewählte Vorgangsweise beurteilt: Meiner Ansicht nach war es sehr richtig, daß diesbezüglich Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft erfolgt sind. Jedenfalls wurde das vom Bundesministerium für Inneres durchgeführte Bewilligungsverfahren für hundertprozentig in Ordnung befunden. Gerade in einem so sensiblen Bereich wie dem des Waffenexportes muß wirklich alles getan werden, meine Damen und Herren, damit Transparenz und Nachvollziehbarkeit sichergestellt sind, um jeglichen Mißbrauch hintanzuhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Warum werden alte Waffenbestände, also Kriegsmaterial, überhaupt in Umlauf gebracht? Wer interessiert sich für diese Waffenbestände? – Wir alle wissen ja, wo diese Waffen letztlich landen und wieviel Unheil sie in der Welt anrichten.

Was den Verkauf an private Firmen anlangt, so müssen wir uns im klaren darüber sein, daß diese Waffen nicht in Österreich weiterverkauft werden dürfen und daher mit höchster Wahrscheinlichkeit im Export landen. Das ist eine meiner Ansicht nach nicht empfehlenswerte Vorgangsweise, die in diesem Fall anscheinend praktiziert worden ist.

Daher richte ich neuerlich einen Appell an die Verantwortlichen, insbesondere im Landesverteidigungsministerium (Abg. Jung: Ist da nicht der Innenminister zuständig?), in Zukunft dazubeizutragen, daß die Waffen in der Welt nicht mehr werden, sondern ausrangierte Altbestände im eigenen Land verschrottet werden müssen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Was haben Sie gegen Schlögl, daß Sie ihn so niedermachen? – Abg. Dr. Höchtl: Will Gaál denn den Schlögl abschießen?)

Wenn aber, meine Damen und Herren, aus finanziellen Gründen alte Waffenbestände durch das Verteidigungsministerium verkauft werden sollen, dann, Kollege Khol, soll dies im Sinne des § 5 des Kriegsmaterialgesetzes, im Geiste dieses Gesetzes, und aufgrund eines Regierungsbeschlusses erfolgen. Denn damit ersparen wir uns solche Vorwürfe und solche Verdächtigungen.

Wir Sozialdemokraten wollen jedenfalls auch in diesem sehr sensiblen Bereich eine seriöse und saubere Vorgangsweise garantieren, und für eine solche treten wir ganz klar ein. (Beifall bei der SPÖ.)

23.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Maitz. – Bitte.

23.59

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu den zwei Punkten, die die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses begründen sollen, kurz Stellung nehmen.

Punkt eins: Der Verkauf von 40 000 Stück Sturmgewehren StG 58 an die Firma Brügger + Thomet und deren anschließende Verbringung durch diese Firma in die Schweiz ist nach Meinung von Spitzenjuristen ein klarer Fall des § 3 Kriegsmaterialgesetz gewesen und wurde daher korrekt abgewickelt. Ich verweise dazu auf den Bescheid des Innenministeriums – des Innenministeriums, Herr Kollege Gaál! (Abg. Schwarzenberger: Gaál, horchen Sie! – Weitere "Gaál!"-Rufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Herr Kollege Gaál! Ich verweise dazu auf den Bescheid des Innenministeriums vom 9. September 1996 mit seinen Auflagen.

Herr Kollege Wabl! Am 14. Dezember 1998 gab das Bundesministerium für Inneres eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft. Warum? – Die Begründung dieser Sachverhaltsdarstellung erfolgte deswegen, weil der Verdacht aufgekommen war, daß die Firma Brügger + Thomet an nicht genehmigte Staaten weiterverkauft habe.

Am 14. April 1999 erfolgte eine Anfragebeantwortung durch den Herrn Bundeskanzler. Anhand von Meinungen von Spitzenjuristen im Verfassungsdienst zum Thema § 5-Verfahren, lieber Herr Kollege Gaál, sagte Bundeskanzler Klima wörtlich: "Dies trifft auf den in der Anfrage angesprochenen Sachverhalt nicht zu." (Ah-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Gaál wird nicht mehr lange herinnen sein! Klima wird den Gaál ...!)

Bundeskanzler Klima weiter: "Die betreffende Firma hat in der Folge einen Antrag auf Bewilligung der Ausfuhr des gegenständlichen Materials eingebracht, der" – bitte achtzugeben, so Herr Bundeskanzler Klima! – "nach § 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial ... zu beurteilen ist." – Nichts anderes!

Meine Damen und Herren! Am 22. April sagte Staatssekretär Wittmann in der Kurzdebatte zum selben Thema folgendes:

 

"Ich darf einleitend festhalten, daß die bisherige Praxis des Bundesministers für Landesverteidigung nach den uns vorliegenden Informationen rechtlich und formal in Ordnung ist."

Zum konkreten Fall, der angesprochen wurde – 40 000 Stück StG an die Firma Brügger + Thomet –, sagte Staatssekretär Wittmann, daß diese Vorgangsweise den Rechtsvorschriften entspricht. (Abg. Dr. Höchtl: Ein Rohrkrepierer! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Spitzenjuristen und verantwortliche Politiker der Bundesregierung – darunter nicht der Verteidigungsminister – haben diese Feststellungen getroffen. Ich stelle daher neuerlich fest, Herr Kollege Wabl: Der Verkauf dieser 40 000 Stück StG an Brügger + Thomet wurde rechtlich einwandfrei abgewickelt! (Abg. Gaál: Wo sind sie gelandet?) Anderes könnte höchstens die unabhängige Justiz feststellen. Es läuft allerdings kein Verfahren in dieser Beziehung! Mit Sicherheit kann das "Sondergericht" Wabl & Co hier kein Urteil fällen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu der unrichtigen Information, die Sie dem Bundesminister vorwerfen, darf ich die spontane Antwort des Ministers auf Ihre Frage heute früh in zwei Teile teilen. Er sagte im ersten Teil: Mir wurde bekannt, daß die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen Substanzlosigkeit eingestellt hat. – Da bezog er sich auf folgendes Faktum: Die Staatsanwaltschaft Wien habe im Zusammenhang mit der Vollziehung des Kriegsmaterialgesetzes zum gegenständlichen Anlaß kein strafbares Verhalten im Bereich des Verteidigungsministeriums feststellen können. – So Gerhard Litzka, Sprecher des Justizministers Nikolaus Michalek, am 5. Mai 1999.

Zweiter Teil dieser Antwort – ich gebe schon zu, daß man es auch zusammentun kann –, der zweite Teil dieser Antwort war: ... was ich Ihnen bereits in der Debatte im Dezember des letzten Jahres zum Ausdruck gebracht habe. – Jawohl, schon damals, in seiner Rede vom 16. Dezember 1998 (Abg. Müller: Redezeit! – weitere Zwischenrufe – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), hat der Bundesminister für Landesverteidigung seine Überzeugung bekanntgegeben und gesagt, daß seiner Meinung nach alles korrekt abgewickelt worden ist.

Meine Damen und Herren! Ich bekräftige damit meine Überzeugung: Werner Fasslabend hat auch in diesem Fall eine korrekte Amtsführung. (Beifall bei der ÖVP.) Er leitet ein großes, wichtiges und durchaus schwieriges Ressort und verdient Respekt und Anerkennung. (Beifall bei der ÖVP.)

0.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

0.05

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute hier wieder einmal ein nettes Sittenbild einer Koalitionsregierung vor Augen, die eigentlich angetreten ist, die großen Probleme dieses Landes zu lösen – und die heute sogar schon wegen eines Antrages der Grünen zu streiten beginnt. (Ruf bei der ÖVP: Gaál muß zum Rapport!) Also nicht einmal bei einem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zeigen die Koalitionsparteien Einigkeit, obwohl sie eigentlich beide davon betroffen sein sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Das ist Demokratie, Scheibner!)

Denn es ist tatsächlich merkwürdig. Da gibt es einen Landesverteidigungsminister, der für diesen Bereich selbstverständlich zuständig ist. Es gibt aber auch einen Innenminister, der die Letztverantwortung für diese Waffenexporte hat. Da gibt es einen Bundeskanzler Klima, der mit davon betroffen ist. Letztlich gibt es einen Finanzminister, der den Profit davon hat. Denn das Geld gelangt ja nicht in das Landesverteidigungsbudget, sondern in das allgemeine Budget.

Kollege Wabl! Es ist natürlich auch merkwürdig, daß Sie immer dann gerade die Landesverteidigung ansprechen, wenn hier durchaus aufklärungswürdige Tatbestände vorliegen.

Ich würde mir bei all diesen Waffenverkäufen auch etwas anderes erwarten. Es ist wirklich lächerlich, wenn man jetzt versucht, diesen Schrott noch irgendwo an den Mann oder an die Frau zu bringen. (Abg. Mag. Haupt: Ins Heeresgeschichtliche Museum vielleicht!) Viel vernünftiger wäre es, einen entsprechenden Austausch zu machen. Unsere Soldaten müssen mit uralten und ausrangierten Waffen in Übungen gehen, während zehn oder 20 Jahre alte, funktionstüchtige, praktisch neuwertige Waffen in den Depots liegen. Aber genau diese Waffen werden dann verkauft. Da wäre es wesentlich gescheiter, diese funktionstüchtigen Waffen den Soldaten zu geben und den alten Schrott entsprechend zu entsorgen. Dann hätte man diese Probleme hier nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Anscheinend prüft die Staatsanwaltschaft noch, daher sollte man das Ergebnis dieser Prüfung abwarten, bevor man lautstark nach politischen Konsequenzen ruft. Damit komme ich zum zweiten Punkt dieses Antrages, und da wird es meiner Ansicht nach gravierender.

Denn der Vorwurf ist sehr gewichtig, daß in einer parlamentarischen Fragestunde der Verteidigungsminister auf eine Anfrage eines Abgeordneten dieses Hauses die Unwahrheit gesagt hat. Die Frage lautete: Wie läuft dieses Verfahren bei der Staatsanwaltschaft? – Der Verteidigungsminister antwortete: Es wurde eingestellt.

Herr Abgeordneter Wabl behauptet, das sei unrichtig. Ich kann jetzt nicht nachprüfen, ob Kollege Wabl oder aber der Verteidigungsminister recht hat. Aber wenn es wirklich der Fall ist, daß hier ein Minister einem Abgeordneten – egal, von welcher Fraktion er ist – bewußt die Unwahrheit gesagt hat, dann, meine Damen und Herren, müßte es wirklich in unser aller Interesse und unser aller Aufgabe sein, hier lautstark nach Konsequenzen zu rufen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn das ist wirklich eine Frage des Selbstverständnisses dieses Hauses! Oft und oft haben wir kritisiert, daß hier in Anfragebeantwortungen sehr lax auf Anfragen geantwortet worden ist und daß zum Teil wirklich falsche Antworten auf wichtige Fragen von Abgeordneten gegeben worden sind. Man muß dann Regierungsmitglieder immer wieder daran erinnern, daß wir die Volksvertreter sind, daß wir demokratisch legitimiert sind, nicht aber die Minister. Nicht die Regierung ist demokratisch legitimiert, sondern wir als Abgeordnete haben einen Auftrag des Wählers. Diesem Auftrag gegenüber sind wir verpflichtet, und diesem Auftrag müssen auch die Regierungsmitglieder nachkommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist eben auch eine Frage, wie sich dieses Parlament selbst sieht. Sieht es sich als Kontrolle einer Bundesregierung, und sieht sich dieses Haus als Gesetzgeber? Oder sieht es sich nur als Abstimmungsmaschinerie für all das, was uns hier von der Bundesregierung – auch noch fünf Minuten vor zwölf, wie wir es jetzt wieder erleben – vorgelegt wird? – Dann hat man natürlich auch keinen Grund, dem zu mißtrauen, was sie an Anfragebeantwortungen gegeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber ich denke, meine Damen und Herren, man sollte diesen Fall zum Anlaß nehmen, ihn wirklich zu hinterfragen. Ich möchte auch vorschlagen, Herr Präsident, daß wir das zum Anlaß einer Debatte in einer Präsidialsitzung machen. Hier muß Klarheit geschaffen werden. Hat Herr Kollege Wabl unrecht, wenn er dies dem Herrn Bundesminister vorwirft, oder hat der Verteidigungsminister hier wirklich die Unwahrheit gesprochen?

Das gilt es aufzuklären, denn wir haben hier auch die Verantwortung, unserem Interpellationsrecht entsprechend zum Durchbruch zu verhelfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

0.10

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Hohes Haus! Die Rede des Herrn Scheibner läßt mich vermuten, daß er dem Herrn Bundesminister die Mauer macht. Das ist doch ganz erstaunlich!

Es gibt Vorwürfe des Kollegen Wabl, der wörtlich von dreisten Versuchen des Verteidigungsministers spricht, bewußt die Unwahrheit zu vertreten.

Weiters gibt es die Rede des Kollegen Gaál, der hier einen Eiertanz aufführt und wörtlich sagt: Hier gibt es einen Erklärungsbedarf des Bundesministers; er hat etwas am Ministerrat vorbeigeschwindelt.

Wenn das kein politisches Delikt ist, und wenn es da keine politische Verantwortung gibt, für welche ein Untersuchungsausschuß eingesetzt werden soll, dann frage ich Sie: Wofür gibt es dann Untersuchungsausschüsse? – Um zu untersuchen, ob sich das als richtig oder falsch herausstellen wird, gibt es in unserer Geschäftsordnung gemäß § 33 das Instrument des Untersuchungsausschusses! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Wäre ich Bundesminister Fasslabend, dann würde ich an meine eigene Fraktion herantreten und sagen: Ich bestehe darauf, daß aufgrund dieser Vorwürfe ein Untersuchungsausschuß eingesetzt wird! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Herr Kollege Maitz! Wenn Sie glauben, daß ein Gewirr aus Zitaten ein Persilschein ist und daß Sie die unabhängige Justiz einsetzen können, um politische Verfehlungen aufzudecken, dann irren Sie ganz gewaltig!

Ich glaube, dieses Parlament sollte sich darauf besinnen, daß Untersuchungsausschüsse dazu dienen, politische Vorwürfe und politische Verfehlungen zu klären, und nicht die Justiz. – Die Rede des Herrn Scheibner kann ich so gesehen nicht verstehen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Frag Moser, dann weißt du es!)

0.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Jetzt gelangt noch Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort. – Bitte.

0.12

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Immer, wenn in den Reihen der ÖVP so eine extreme Unruhe Einkehr hält, dann ist das für mich ein ganz untrügliches Zeichen dafür, daß das christliche Gewissen offenbar ziemlich belastet ist und daß Sie offenbar einer sehr unruhigen Nacht entgegengehen. (Abg. Dr. Höchtl: Halluzinationen!)

Rechtlich, Herr Maitz, ist die Sache eindeutig, und diesen anonymen, namenlosen Spitzenjuristen, die Sie hier mit gutem Grund offenbar nicht namentlich nennen konnten, ist offenbar eine ganz entscheidende Rechtsgrundlage so irgendwie entgangen, nämlich der österreichische EU-Beitritt und die Geltung des europäischen Rechts in Österreich. Das ist in dieser Frage eindeutig – es muß ja eindeutig sein! –, denn wirkliche Spitzenjuristen denken sich in der Regel etwas, bevor sie Normen erlassen.

Wäre es so, daß Sie § 5 betreffend die Kriegsmaterial-Exportbestimmungen so einfach umgehen könnten, indem Sie an eine inländische Firma veräußern, dann würde das doch jeder tun! Doch davon wußte der Herr Bundeskanzler nichts, davon wußte auch der Innenminister nichts, weil der Herr Landesverteidigungsminister es an ihnen vorbeigeschwindelt hat. Oder wir können auch sagen: Er hat wirtschaftlich ein ganz anderes Geschäft vorgetäuscht, nämlich eine Veräußerung an einen Inländer.

In Wahrheit wußte der Verteidigungsminister immer, daß ein Schweizer diese Waffen kauft, und dann ist die europäische Rechtslage eindeutig. Dann besagt nämlich die Zollkodex-Durchführungsverordnung, die Ihren namenlosen Spitzenjuristen offenbar in ihrer Existenz entgangen ist, folgendes: Wenn der Zwischenhändler außerhalb der EU angesiedelt ist, dann bleibt der Exporteur immer der, der Mitglied der EU ist. – Das heißt: In diesem Fall ist es sonnenklar und eindeutig, und daran ist nicht zu rütteln: Fasslabend war der Exporteur! Es wäre seine Rechtspflicht gewesen, § 5 einzuhalten, das heißt, die Bundesregierung damit zu befassen und nicht lediglich einzelne Ressorts. (Abg. Dr. Maitz: Sie kennen den Artikel 223?)

Das ist eine glatte Umgehung, Herr Maitz! Bei jedem Privaten würden Sie sagen: Recht gebrochen, Rechtsordnung umgangen! – Das ist ein glattes Täuschungs- und Umgehungsgeschäft! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Maitz: Die Zolldurchführungsverordnung gilt nicht bei Kriegsmaterial!)

Das können wir mit Ihren namenlosen Spitzenjuristen erörtern. Wenn Sie vielleicht einmal deren Namen äußern, dann würde ich das gerne erörtern, aber solange sie namenlos sind, kann ich das leider nicht, Herr Maitz! Wer seinen Namen nicht nennt, der wird auch gute Gründe dafür haben! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Maitz! Aber es geht heute um eine ganz spezielle Frage. Es geht nicht um das Grundgeschäft und dessen rechtliche Beurteilung nach § 5 oder § 3 Kriegsmaterialgesetz, sondern heute geht es um den Vorwurf, daß der Herr Bundesminister auf die Frage: Ermittelt die Staatsanwaltschaft noch, läuft ein Verfahren? gesagt hat: Nein, es ist wegen rechtlicher Unerheblichkeit – so ähnlich formulierte er es – eingestellt worden. – Das deckt sich nicht mit den uns vorliegenden Informationen.

Jetzt ist der Herr Justizminister befragt worden – Sie haben auch die Möglichkeit, diese Frage zu stellen –, und wir werden sehen, ob ein derartiges Verfahren läuft oder nicht. Wenn ein Verfahren läuft, dann hat der Herr Bundesminister die Unwahrheit gesagt, wenn es nicht läuft, dann muß sich Herr Abgeordneter Wabl offenbar geirrt haben oder falsch informiert worden sein. (Abg. Dr. Maitz: Ich habe es Ihnen erklärt: Gegen die Firma läuft es noch und gegen das Ministerium nicht!) Das werden wir hoffentlich feststellen können, und ich hoffe, daß dann auch entsprechend agiert wird. Das werden wir sehen! Wir werden sehen, was da im Gange ist!

Aber eines sage ich Ihnen noch zu allerletzt: Daß wir überhaupt über diese Frage der juristischen Qualifikation und welches Verfahren, wann im Dezember oder im Jänner noch im Laufen war, reden müssen, geht schon einmal grundsätzlich an der politischen Verantwortung vorbei. Und der eigentliche Skandal ist ja hier in Zwischenrufen zwischen den Klubobleuten der Regierungsparteien abgewickelt worden. Da hat Khol ganz deutlich gerufen: Setzt ihr diesen Untersuchungsausschuß ein, dann bekommt ihr einen in der Causa Omofuma! Und das ist eigentlich der politische Skandal in der Republik! Es wird nur mehr abgetauscht! (Beifall bei den Grünen.) Es wird nur mehr abgetauscht! (Zwischenrufe bei der ÖVP und bei den Grünen. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Ich sage Ihnen eines, Herr Abgeordneter Khol: Wenn es so ist, daß wir die Photos gesehen haben – UÇK-Kämpfer im Kosovo mit österreichischen Waffen –, und niemand von Ihnen fragt mehr: Wie kommen die zu ...

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete! Die Redezeit ist zu Ende. Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Ich frage Sie: Diese Leichen, die in den Brunnen und in den Massengräbern liegen, wie viele Menschen sind mit österreichischen Waffen erschossen worden? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Maitz: Jetzt wird es zuviel! Diese Hysterie ist mir zuviel! – Lebhafte Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Grünen.)

0.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Wabl und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum in der Debatte genannten Thema.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1145/A bis 1164/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 6443/J bis 6454/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Freitag, den 18. Juni, 9 Uhr ein. Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 0.19 Uhr