Stenographisches Protokoll

30. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 18. Juni 1996

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

30. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode                    Dienstag, 18. Juni 1996


Dauer der Sitzung

Dienstag, 18. Juni 1996: 13.01 – 22.12 Uhr

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................. 8

Geschäftsbehandlung

Unterbrechung der Sitzung ............................................................................... 8

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ........................................................................................ 8

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundes­kanzler betreffend Arbeitsplätze – anständige Ausländerpolitik (808/J) ..................................................................... 9

Begründung: Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................... 15

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky ..................................................... 24

Debatte:

Dr. Jörg Haider ......................................................................................... 30

Dr. Ewald Nowotny ................................................................................... 34

Dr. Andreas Khol ...................................................................................... 38

Dr. Jörg Haider (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 40

Dr. Volker Kier .......................................................................................... 41

Karl Öllinger ............................................................................................. 44

Mag. Johann Ewald Stadler (tatsächliche Berichtigung).......................... 47, 58

Herbert Scheibner ..................................................................................... 48

Dr. Josef Cap ............................................................................................ 52

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................... 56

Mag. Helmut Peter .................................................................................... 59

Mag. Terezija Stoisits ............................................................................... 61

Edith Haller .............................................................................................. 64

Annemarie Reitsamer ............................................................................... 66

Herbert Scheibner (tatsächliche Berichtigung).............................................. 68

Ridi Steibl ................................................................................................ 68

Dr. Michael Krüger ................................................................................... 69

Mag. Walter Posch .................................................................................... 73

Dkfm. Dr. Günter Puttinger ....................................................................... 75

Dr. Susanne Preisinger ............................................................................. 77

Josef Edler ............................................................................................... 80

Paul Kiss ................................................................................................... 82

Dr. Martin Graf .......................................................................................... 84

Peter Marizzi ............................................................................................ 87

Elfriede Madl ............................................................................................ 89

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................. 91

Mag. Johann Ewald Stadler ...................................................................... 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Förderung der Reintegration ausländischer Staats­bür­ger (Reintegrationsstiftung) – Ablehnung             51, 98

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Ge­nos­sen betreffend Assoziierungsabkommen mit der Türkei – Ablehnung .................................... 72, 98

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genos­sen betreffend notwendige Korrekturen im Bereich der Ausländer­be­schäftigung – Ablehnung ................... 86, 98

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend Voraussetzungen für eine anständige Ausländerpolitik – Ablehnung ............... 90, 98

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend wirksame Maßnahmen zur Ein­schränkung des Walfanges (236/A) (E)

Helmut Dietachmayr und Genossen betreffend Zahnambulatorien der Gebiets­kranken­kassen (237/A) (E)

Klara Motter und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Vor­schriften des Bundes-Verfassungsgesetzes betreffend die Zuständigkeit in An­ge­legenheiten des Tierschutzes geändert werden (238/A)

Sigisbert Dolinschek und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 ge­ändert wird (239/A)

Anfragen der Abgeordneten

Josef Meisinger und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft betreffend Kündigungen bei der Wildbach- und Lawinenverbauung (789/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend ungeheuerliche Vorgänge an der Kunsthochschule Linz (790/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturel­le Angelegenheiten betreffend Förderungen für das Freilichtmuseum Maria Saal (791/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angele­gen­heiten betreffend Eurofit-Programm der Bundesregierung (792/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend EU-Struktur­politik und österreichische Regionalpolitik (793/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich des Gendarmeriezentralkommandos und der Gendar­merie­zentralschule (794/J)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen an den Bundesminister für wirt­schaft­liche Angelegenheiten betreffend die Situation der österreichischen Kfz-Zuliefer­industrie (795/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stel­len­einsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Wien (796/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stel­len­einsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Burgenland (797/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stel­len­einsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Steiermark (798/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend die Belastung von Eiern und Geflügel mit Arznei­mittel­rückständen (799/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Fa­milie betreffend Familienbeihilfe für türkische Kinder (800/J)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen an den Bundesminister für wirtschaft­liche Angelegenheiten betreffend Aktivitäten der Austrian Business Agency (801/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den bos­nischen Staatsangehörigen Kasim Fajic (802/J)

Johann Schuster und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Kon­sumentenschutz betreffend die Erlangung der „zusätzlichen Garantien“ gemäß Arti­kel 10 der RL 64/432/EWG und die in diesem Zusammenhang notwendigen pe­riodi­­schen Untersuchungen betreffend die Tilgung von IBR/IPV, die für den Zeit­raum 1. 11. 1996 bis 31. 10. 1997 vorgesehen sind (803/J)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Verkehr und Kunst betreffend die geplanten Umstrukturierungen im Bereich des Bundesforschungs- und Prüfzentrums Arsenal (804/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Weisungen bei Ermittlungen zum Sprengstoffattentat in Oberwart (805/J)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen an den Bundesminister für wirtschaft­liche Angelegenheiten betreffend überhöhte Buchpreise in Österreich (806/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Ju­gend und Familie betreffend unhaltbare Kürzung von Nachbarrechten in Ver­fahren zur Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen (807/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Arbeits­plätze – anständige Ausländerpolitik (808/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Leoben (809/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stellen­einsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Steyr (810/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Graz (811/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Wels (812/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Linz (813/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion St. Pölten (814/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Eisenstadt (815/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Klagenfurt (816/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Salzburg (817/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Innsbruck (818/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Villach (819/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Schwechat (820/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Wr. Neustadt (821/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Vorarlberg (822/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Tirol (823/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Salzburg (824/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Niederösterreich (825/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Oberösterreich (826/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Kärnten (827/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Steier­mark (828/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Vorarlberg (829/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Salzburg (830/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Tirol (831/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Nieder­öster­reich (832/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Ober­öster­reich (833/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Kärnten (834/J)

Josef Meisinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Millionenzahlungen der Oesterreichischen Kontrollbank für von der Austria Rail Engineering (ARE) akquirierte Eisenbahn-Geschäfte mit Algerien (835/J)

Josef Meisinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend die personellen Beziehungen zwischen dem Bundes­mi­nisterium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr beziehungsweise dem Bundes­mi­nisterium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst sowie der Austria Rail Engineering (ARE) und der Firma Siemens (836/J)

Willi Sauer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Veran­staltung vor dem Stephansdom (837/J)

Johann Schuster und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Kon­sumentenschutz betreffend gesundheitliche Vorsichtsmaßnahmen bei Ozonbe­lastung (838/J)

Fritz Neugebauer und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales be­treffend die Arbeitsmarktförderung (839/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend neo­nazistische Wiederbetätigung und Justiz (840/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angele­gen­heiten betreffend Atomvertrag – EU-Beitrittsverhandlungen Tschechiens und der Slowakei (841/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Ver­kehr und Kunst betreffend ÖBB-Sparkonzept (842/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Ange­le­genheiten betreffend Sanierung von A 8 und A 25 (843/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Bau der Ale­magna Autobahn (844/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft betreffend Abwasserförderung im ländlichen Raum (845/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Abwasserförderung im ländlichen Raum (846/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Disziplinar­verfahren gegen Beamte (847/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend national­sozialistische Umtriebe des Gerd Honsik in Spanien (848/J)

*****

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend den Journalisten und ehemaligen Grünaktivisten Klaus Kufner (2/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johann Stippel und Genossen (429/AB zu 386/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (430/AB zu 395/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (431/AB zu 394/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (432/AB zu 412/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (433/AB zu 416/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abge­ordneten Brigitte Tegischer und Genossen (434/AB zu 392/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (435/AB zu 402/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Wallner und Genossen (436/AB zu 404/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (437/AB zu 401/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Wallner und Genossen (438/AB zu 405/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf An­schober und Genossen (439/AB zu 407/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (440/AB zu 411/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (441/AB zu 429/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffen­rath und Genossen (442/AB zu 434/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Arnold Grabner und Genossen (443/AB zu 471/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (444/AB zu 486/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (445/AB zu 409/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (446/AB zu 420/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigitte Ederer und Genossen (447/AB zu 432/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (448/AB zu 469/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (449/AB zu 406/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (450/AB zu 410/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (451/AB zu 441/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Kurzbauer und Genossen (452/AB zu 427/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (453/AB zu 428/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (454/AB zu 414/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (455/AB zu 415/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen (456/AB zu 421/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek und Genossen (457/AB zu 425/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek und Genossen (458/AB zu 426/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (459/AB zu 468/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen (460/AB zu 403/J)

Beginn der Sitzung: 13.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 30. Sitzung des Nationalrates, die aufgrund eines geschäftsordnungsmäßigen Verlangens von mehr als einem Fünftel der Abgeordneten für heute, 13 Uhr, einberufen wurde.

Die Amtlichen Protokolle der 27. Sitzung vom 13. und 14. Juni sowie der 28. und 29. Sitzung vom 14. Juni des heurigen Jahres sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeein­sprucht geblieben. Sie gelten daher als genehmigt.

Für den heutigen Sitzungstag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Brinek, Mag. Frieser, Gatterer, Dr. Gusenbauer, Mag. Kukacka, Elmecker, Ing. Meischberger, Hans Helmut Moser, Dr. Mock und Rauch-Kallat.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließun­gen des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von verhinderten Mitgliedern der Bundesregierung wie folgt Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend wird durch Bundesminister Dr. Michalek vertreten, Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz Dr. Christa Krammer wird durch Bundesminister Mag. Viktor Klima vertreten und Bundesminister für Inne­res Dr. Caspar Einem durch Bundesministerin Dr. Helga Konrad.

Einlauf


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich gebe bekannt, daß seit der letzten Sitzung die schriftlichen Anfragen 789/J bis 807/J sowie die schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates 2/J-PR eingebracht wurden.

Weiters sind die Anfragebeantwortungen 429/AB bis 460/AB eingelangt.

Ankündigung einer dringlichen Anfrage


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Die Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen haben das Verlangen gestellt, die am Beginn dieser Sitzung – also soeben – eingebrachte schriftliche Anfrage 808/J der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Genossen an den Herrn Bundeskanzler betreffend Arbeitsplätze – anständige Ausländerpolitik dringlich zu behandeln.

Da dieses Verlangen darauf gerichtet ist, die dringliche Behandlung zum frühestmöglichen Zeit­punkt durchzuführen, beraume ich die Verhandlung über diese dringliche Anfrage nach den Be­stimmungen des § 93 Abs. 4 der Geschäftsordnung für 16 Uhr an.

Weitere diesbezügliche Verlangen liegen mir nicht vor, daher unterbreche ich die Sitzung bis 16 Uhr. Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 13.03 Uhr unterbrochen und um 16.01 Uhr wiederaufgenommen.)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme die unter­brochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundeskanzler betref­fend Arbeitsplätze – anständige Ausländerpolitik (808/J)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen An­frage 808/J.

Diese ist inzwischen vervielfältigt und allen Abgeordneten vorgelegt worden. Es erübrigt sich daher eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Der Zusammenbruch der realsozialistischen Diktaturen in Osteuropa in den Jahren 1989 und 1990 und die damit verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten dieser Länder bei der Umge­staltung ihrer Kommandowirtschaften in marktwirtschaftlich orientierte Systeme haben zu einer großen Emigrationswelle aus diesen Ländern geführt, die insbesondere auch Österreich be­troffen hat. Dazu kamen noch die kriegerischen Auseinandersetzungen nach dem Zerfall Jugo­slawiens, die besonders schwerwiegend waren. Während dieser Zeit sind Hunderttausende Ausländer nach Österreich zugewandert. Diese unkontrollierte Zuwanderung führte zu unhaltba­ren Zuständen insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, im Bereich des Sicherheitswesens und ins­besondere auch des Wohnungs- und Schulwesens.

Nachdem die Bundesregierung diese unkontrollierte Zuwanderung in unverantwortlicher Weise zur Kenntnis genommen hatte, ohne entsprechende Maßnahmen zur Kontrolle und Begrenzung zu setzen, kein Interesse für die berechtigten Sorgen der Bürger aufbrachte und auch die Bemü­hungen der FPÖ im Rahmen parlamentarischer Initiativen mißachtete, startete die FPÖ ihr Volksbegehren zur Begrenzung des Ausländerzuzuges „Österreich zuerst“. Dieses Volksbegeh­ren sah insbesondere folgende Punkte vor:

Einwanderungsstopp, bis zur Beseitigung der Wohnungsnot und Senkung der Arbeitslosigkeit auf 5 Prozent,

Ausweispflicht für ausländische Arbeitnehmer,

Entspannung der Schulsituation,

Schaffung eines Grenzschutzes,

sofortige Ausweisung und Aufenthaltsverbot ausländischer Straftäter,

Errichtung einer Osteuropastiftung,

Verfassungsbestimmung: Österreich ist kein Einwanderungsland.

Als Reaktion auf das erfolgreiche Volksbegehren sah sich die Bundesregierung unter Federfüh­rung des damaligen Innenministers Löschnak veranlaßt, endlich im Interesse der Österreicher und Österreicherinnen zu handeln: Es wurde ein Fremdenrecht ausgearbeitet, das eine Begren­zung der Zuwanderung vorsah und auch in anderen Bereichen freiheitlichen Vorstellungen folgte. Freiheitliche Vorstellungen wurden verwirklicht, indem, wenn auch zögernd, der Ausbau einer Grenzschutztruppe in Angriff genommen und eine Ausweispflicht eingeführt wurde, sowie jüngst durch die Regelung, wonach Familienbeihilfen nicht mehr an im Ausland lebende Kinder von Ausländern ausbezahlt werden.

Durch die verspätete und halbherzige Inangriffnahme dieser Maßnahmen ist jedoch erst jene massive Belastung des Arbeitsmarktes sowie des Wohnungsmarktes entstanden, die gegen­wärtig nahezu unlösbare Probleme bereitet.

Die Arbeitslosigkeit hat im Winter 1995/96 mit rund 300 000 betroffenen Personen einen neuen Höhepunkt erreicht. Von der Arbeitslosigkeit waren rund 260 000 Inländer und 40 000 ausländi­sche Arbeitskräfte betroffen. Die Arbeitslosigkeit stieg gegenüber dem Vorjahr vor allem in den Berufen des Produktionsbereiches (einschließlich der Bauberufe), wodurch ausländische Ar­beitskräfte überproportional betroffen waren.

Der Rückgang der Arbeitslosigkeit nach dem Rekord in der Wintersaison kann nicht darüber hin­wegtäuschen, daß die Krise auf dem heimischen Arbeitsmarkt andauert und eine hohe Sockel­arbeitslosigkeit, die sich immer mehr vergrößert, festzustellen ist. Ende Mai 1996 waren 207 879 Personen als arbeitslos gemeldet, das sind um 7,7 Prozent mehr als Ende Mai des Vor­jahres. Damit stieg die Arbeitslosenquote von 5,9 auf 6,4 Prozent. Laut Arbeitsmarktservice hat die Verbesserung der Arbeitsmarktsituation gegenüber den Wintermonaten im wesentlichen nur saisonale Ursachen. So gab es im Mai 1996 23 377 arbeitslose Bauarbeiter, was ein Plus von 19,3 Prozent gegenüber dem Mai des Vorjahres bedeutet. Insgesamt war die Zahl der Arbeits­losen um 65 837, das sind 46 Prozent, höher als vor sechs Jahren. Alarmierend ist die geringe Zahl der offenen Stellen, welche gegenüber Mai des Vorjahres auf 23 473, um mehr als ein Fünftel (22,2 Prozent), sank.

Die steigenden Arbeitslosenzahlen zeigen, daß die Bundesregierung bei ihren Versprechen, die Vollbeschäftigung in Österreich zu sichern, kläglich versagt hat. In der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 13. 3. 1996 wird zutreffend ausgeführt, daß die Arbeitslosigkeit wieder zu einem der drängenden Probleme der Gesellschaft werde. Es wird dort weiters ausgeführt, daß es eines der ganz großen Ziele der Bundesregierung sei, den Standort Österreich auszubauen und die Beschäftigung zu sichern. Österreich habe hochqualifizierte Arbeitskräfte und verfüge über viel Kreativität, Einsatz und Fleiß, deshalb habe die Bundesregierung eine neue Offensive für Wachstum und Beschäftigung ins Leben gerufen. Von dieser Beschäftigungsoffensive ist bisher nichts zu merken.

Die Arbeitslosenzahlen werden nicht nur von der Wirtschaftsentwicklung, sondern vor allem auch von Steuerungseffekten staatlicher Regelungen beeinflußt. Gerade wenn die Situation auf dem Arbeitsmarkt schwieriger wird, müssen deshalb die staatlichen Rahmenbedingungen darauf überprüft werden, ob sie die Arbeitslosigkeit begünstigende Fehlsteuerungen enthalten. Trotz­dem hat die Bundesregierung eine dringende Anpassung des Fremdenrechtes und der Auslän­derbeschäftigung bisher nicht in Angriff genommen.

Da der EU-Beitritt eine freizügige Konkurrenz der Arbeitsuchenden im gesamten EU-Raum er­möglicht, scheint es besonders wichtig, zumindest im Bereich der nicht EU- beziehungsweise EWR-Staaten angehörenden Arbeitnehmer spürbare Maßnahmen zu setzen, die geeignet sind, die Interessen der österreichischen Arbeitnehmer zu schützen.

Der in den letzten Jahren durch die Untätigkeit der Bundesregierung verursachte große Zustrom ausländischer Arbeitskräfte auf den österreichischen Arbeitsmarkt hat dazu geführt, daß öster­reichische Arbeitskräfte und auch die schon länger in Österreich beschäftigten ausländischen Arbeitskräfte, insbesondere solche mit schlechter Ausbildung, vom Arbeitsmarkt im zunehmen­den Maße verdrängt werden; es kann demnach ein Lohndumping festgestellt werden.

Die Entwicklung der Zahl der ausländischen Wohnbevölkerung und der ausländischen Arbeitskräfte in Österreich zeigt folgendes Bild:


 

Seit 1993 ist die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte in Österreich auf nunmehr bereits rund 300 000 gestiegen; die ausländische Wohnbevölkerung ist ebenfalls noch weiter angestiegen. Naturgemäß drängt zusätzlich eine große Zahl von Jugendlichen aus dieser Gruppe der Bevöl­kerung jährlich auf den Arbeitsmarkt und verschärft die Probleme.

Nunmehr verkennt die Bundesregierung erneut den Ernst der Lage!

Sowohl Innenminister Einem als auch der ÖVP-Klubobmann Khol gehen von der These aus, daß Österreich ein Einwanderungsland ist, und bemühen sich, das geltende Recht an diese Ideologie anzupassen. Produkt dieser Ideologie ist die im sogenannten Einem/Khol-Integrations­paket angekündigte weitere Forcierung des Ausländerzuzuges, die in den nächsten Jahren die Zuwanderung von nahezu 100 000 Personen erwarten läßt. Ungeachtet des Umstandes, daß durch diesen Zuzug bezüglich des Arbeitsmarktes, der Kindergärten, der Schulen, der Woh­nungsproblematik und des Gesundheitswesens massive Probleme aufgeworfen werden, enthält das Integrationspaket darüber hinaus auch Bestimmungen, die eine unsachliche Bevorzugung Fremder gegenüber österreichischen Staatsbürgern in bezug auf die Schutzwürdigkeit des Familienlebens statuieren. Auch wird der Kreis der Anspruchsberechtigten für eine Familienzu­sammenführung in einer Weise erweitert, daß dies geradezu eine Mißbrauchseinladung dar­stellt. Auch durch die massive Erweiterung des vorläufigen Aufenthaltsrechtes ist eine Aushöh­lung des bisherigen Konzeptes der kontrollierten Zuwanderung zu befürchten.

Insgesamt wird das Integrationspaket im Falle seiner Verwirklichung durch die vermehrte Möglichkeit einer „Aufenthaltsertrotzung“ und des vorläufigen Aufenthaltsrechtes zu einer Auf­weichung des österreichischen Asylrechtes führen, was in eklatantem Widerspruch zu den Be­mühungen der anderen westeuropäischen Staaten, zum Beispiel der BRD, ihr Asylrecht zu ver­schärfen, steht. Im Ergebnis wird dies dazu führen, daß sich potentielle Asylwerber und insbe­sondere auch professionelle Schlepperbanden in verstärktem Ausmaß auf das Zielland Öster­reich konzentrieren werden. Der faktische Entfall der Drittstaatsklausel ist dabei nur eine weitere Facette der verfehlten Bestrebungen. Trotz der massiven Kritik, die gegen das sogenannte Einem/Khol-Integrationspaket vorgebracht wurde, hält die Bundesregierung an diesem Einwan­derungspaket fest.

Der ÖGB und die Arbeiterkammer haben gegen die geplante Forcierung der Familienzusam­menführung massive Bedenken geäußert und eine Verschärfung der Probleme auf dem Arbeits­markt vorhergesagt. Man müsse insbesondere die Situation auf dem Arbeitsmarkt und die Situa­tion der bereits in Österreich lebenden Ausländer bedenken. Es dürften keine Erwartungen ge­weckt werden, die nicht erfüllt werden können; denn natürlich würden auch die nachziehenden Familienangehörigen erwarten, daß sie einmal einen Arbeitsplatz bekommen würden, was auf­grund der derzeitigen Arbeitsplatzsituation zweifelhaft sei. Auf die Schwierigkeiten der Arbeits­marktlage wies auch das Sozialministerium hin.

Die Vorarlberger Landesregierung und der Gewerkschaftsbund kritisieren, daß die Infrastruktur für den geplanten Familiennachzug vollständig fehle (Wohnungen, Schule, Arbeit). Erst wenn diese gegeben sei, wäre die geplante Familienzusammenführung sinnvoll. Außerdem könnten in den kommenden Jahren aus arbeitsmarktpolitischen Gründen keine zusätzlichen Ausländer­arbeitsplätze geschaffen werden. Laut Aussage des ÖGB-Präsidenten müßten erst Arbeits­plätze für junge Leute zur Verfügung stehen, ehe diese ins Land geholt werden. Man könne dies nicht dem freien Markt überlassen, denn dann entstehe der Kampf Ausländer gegen Ausländer beziehungsweise Ausländer gegen Inländer.

Die Bezirksvorsteher der westlichen Gürtelbezirke Wiens, Rudolfsheim-Fünfhaus, Ottakring, Hernals, Währing und Döbling, in deren Bezirken der hohe Ausländeranteil mit allen seinen Folgeerscheinungen ein besonderes Problembewußtsein geschaffen hat, wollen sogar gemein­sam eine „Verdünnung“ des viel zu hohen Ausländeranteils durchsetzen wie eine Begrenzung des Ausländeranteils in Schulklassen auf 50 Prozent der Schüler (manche Klassen haben über 80 Prozent Ausländeranteil). Um den in ihren Bezirken wachsenden Slum-Tendenzen rasch ent­gegenzuwirken, treten die Bezirksvorsteher dafür ein, Gastarbeiter in andere Stadtteile abzu­siedeln und eine Ausländer-Höchstquote an den Schulen einzuführen. Dabei gehen diese von der Überlegung aus, daß Gastarbeiteranteile von bis zu 65 Prozent für die betroffenen Viertel nicht verkraftbar seien und sowohl den Aus- wie auch den Inländern gewaltige Probleme und Ängste bescheren.

Der österreichische Arbeitsmarkt wird noch durch ein weiteres Problem zusätzlich belastet. In Österreich sind rund 55 000 türkische Staatsangehörige unselbständig beschäftigt beziehungs­weise arbeitslos. Aufgrund des jüngst bekanntgewordenen Erkenntnisses des Verwaltungsge­richtshofes vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0424, benötigen Arbeitnehmer türkischer Staatsan­gehörigkeit nach der Bestimmung des Art. 6 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 (Assozia­tionsabkommen EWG/Türkei aus dem Jahre 1963) nach vier Jahren Aufenthalt in Österreich keine Aufenthalts- und keine Beschäftigungsbewilligung mehr, sie haben dann vielmehr eine uneingeschränkte Arbeitserlaubnis bei Arbeitgebern freier Wahl und sind daher EU-Bürgern gleichgestellt. Art. 7 dieses Abkommens sieht für Familienangehörige der türkischen Arbeitneh­mer nach einer bestimmten Aufenthaltsdauer ähnliche Zugangserleichterungen auf dem öster­reichischen Arbeitsmarkt vor. Es ist zu befürchten, daß dadurch eine weitere Belastung des österreichischen Arbeitsmarktes eintritt, wenn anstelle der Bewilligungen für die türkischen Staatsangehörigen nunmehr die freiwerdenden zirka 40 000 Bewilligungen an andere Personen ausgestellt werden. Dieses Erkenntnis müßte daher zum Anlaß genommen werden, daß insbe­sondere die Ausstellung von weiteren Beschäftigungsbewilligungen und damit eine weitere Zu­wanderung türkischer Staatsangehöriger vollständig gestoppt werden.

In Anbetracht der Auswirkungen der verfehlten Ausländerpolitik der Bundesregierung ist, wie es auch Bürgermeister Häupl forderte, in Zukunft im Interesse Österreichs eine anständige Aus­länderpolitik zu betreiben.

Da aufgrund der dargestellten Situation ein dringender Handlungsbedarf besteht, richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundeskanzler nachstehende

dringliche Anfrage:

1. Aufgrund welcher Erwägungen vertritt die Bundesregierung die These, Österreich sei ein Ein­wanderungsland?

2. Trifft es zu, daß diese These für das politische Handeln der Bundesregierung im Bereich des Fremdenrechtes maßgebend ist?

Wenn ja, inwieweit?

3. Wird der vorliegende Entwurf eines Fremdenrechtsänderungsgesetzes in seinen Grundzügen im Herbst 1996 vom Ministerrat verabschiedet und dem Parlament zur Beschlußfassung vorge­legt werden?

Wenn ja, wird diese Vorlage auch die im Entwurf vorgezeichneten Grundsätze bezüglich Frem­dennachzug und Aufenthaltsverfestigung beinhalten?

4. Ist Ihnen bekannt, daß der Entwurf für das Fremdenrechtsänderungsgesetz nicht von der für die Angelegenheiten des Fremdenrechts zuständigen Sektion III des Bundesministeriums für Inneres ausgearbeitet wurde, und welche Schlüsse ziehen Sie daraus?

5. Wie beurteilen Sie die Kritik des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und der Arbeiter­kammern sowie einzelner Landesregierungen, die durch den Entwurf eine massive Belastung des Arbeitsmarktes befürchten?

6. Innenminister Dr. Einem erklärte im „Standard“ vom 8./9. Juni 1996, daß der Mangel an Lösungen für die Integration von bereits im Lande befindlichen Ausländern in den Arbeitsmarkt im wesentlichen darauf zurückzuführen sei, daß das Innenministerium nicht für das Aus­länderbeschäftigungsgesetz zuständig sei. Teilen Sie diese Kritik am Sozialminister?

Wenn ja, welche Schritte werden Sie setzen?

7. Teilen Sie die Kritik des Wiener Bürgermeisters Häupl, wonach man in der Vergangenheit bei der Genehmigung des Zuzuges von Ausländern zu sorglos gewesen sei?

Wenn ja, inwieweit?

Wenn nein, warum nicht?

8. Bürgermeister Häupl fordert eine anständige Ausländerpolitik. Was war das Unanständige an der bisherigen Ausländerpolitik der Bundesregierung, und welche Maßnahmen werden Sie er­greifen, um in Zukunft eine rigorose Begrenzung des Zuzuges und der Zuwanderung zu errei­chen?

9. Wie hoch waren die Kosten in den letzten fünf Jahren für Bund, Länder und Gemeinden, die von den in Österreich lebenden Ausländern verursacht wurden, und wie setzen sich diese im einzelnen zusammen?

10. Wie hoch war der Aufwand an Sozialhilfe für die Länder und Gemeinden im letzten Jahr?

11. Ist Ihnen bekannt, wie hoch der finanzielle Aufwand ist, der täglich durchschnittlich für jeden Asylanten für Unterkunft und Verpflegung anfällt, und wie hoch das Taschengeld der Asylanten pro Monat ist?

12. Wie viele Personen sollen nach dem Integrationspaket im Rahmen des Familiennachzuges in den nächsten fünf Jahren zusätzlich nach Österreich einwandern?

13. Wie viele zusätzliche Kindergartenplätze müßten dadurch voraussichtlich geschaffen wer­den, und wer soll für die Finanzierung dieser Kindergartenplätze aufkommen?

14. Besteht zwischen der Forderung der Bundesministerin Konrad nach einer zusätzlichen Kin­dergartenmilliarde und dem zu erwartenden Integrationspaket ein inhaltlicher Zusammenhang?

15. Wie viele zusätzliche Schüler sind bei Verwirklichung des Integrationspaketes in den öster­reichischen Schulen zu erwarten, wie viele zusätzliche Lehrer werden dafür erforderlich sein, und wie hoch wird der erforderliche Kostenaufwand voraussichtlich sein?

16. Wie viele mitversicherte Familienangehörige werden bei Verwirklichung des Integrations­paketes in Österreich voraussichtlich zusätzlich sozialversichert sein, und welche Belastungen werden den Sozialversicherungsträgern dadurch zusätzlich erwachsen?

17. Welche zusätzlichen Belastungen sind für das österreichische Gesundheitswesen zu er­warten?

18. Beabsichtigt die Bundesregierung aufgrund des Integrationspaketes zusätzliche finanzielle Belastungen des Steuerzahlers?

Wenn ja, welche und in welchem Ausmaß?

19. Welche Gebietskörperschaften werden durch die zusätzlichen Belastungen besonders be­troffen sein, und wird sich daraus eine Änderung der Finanzausgleichsregelungen ergeben müssen?

20. Auf welche Erwägungen stützt die Bundesregierung ihre Auffassung, daß eine Familienzu­sammenführung bevorzugt in Österreich und nicht im Heimatland stattfinden soll?

21. War das Assoziationsabkommen EWG – Türkei Gegenstand der Verhandlungen zwischen Österreich und der EU, und wurden die Auswirkungen dieses Assoziationsabkommens und der diese durchführenden Assoziationsratsbeschlüsse vor Abschluß der EU-Verhandlungen ge­prüft?

Wenn ja, warum wurde nicht dafür Sorge getragen?

22. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0424, ist der Beschluß des Assoziationsrates 1/80 geltendes Recht in Österreich. In der am 31. Mai 1996 parlamentarischen Anfragebeantwortung 1099/J ist der Bundesminister für Inneres von der gegenteiligen Auffassung ausgegangen. Wie beurteilen Sie den Umstand, daß Regierungsmit­glieder in einer für das österreichische Fremdenrecht derartig wichtigen Frage noch fünf Monate nach dem Beitritt Österreichs zur EU eine falsche Auffassung vertreten haben?

23. Wie wird sich das Assoziationsabkommen EWG – Türkei bezüglich der Beschäftigung und des Aufenthaltsrechtes türkischer Staatsbürger auswirken?

24. Wie viele türkische Gastarbeiter sind dadurch konkret betroffen, und wie viele Familienmit­glieder können aufgrund des Art. 7 des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 in den nächsten fünf Jahren nach Österreich einwandern?

25. Welche konkreten Veranlassungen wird die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Assoziationsabkommen EWG – Türkei treffen, und welche Auswirkungen erwarten Sie sich daraus?

26. Haben Sie im Rahmen Ihrer Koordinationskompetenz veranlaßt, daß der Sozialminister im Hinblick auf das oben angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die betroffenen Türken aus der Ausländerbeschäftigungsquote herausnimmt und die Ausländerbeschäftigungs­quote herabsetzt?

Wenn nein, warum nicht?

27. Welche Konsequenzen wird die Bundesregierung in diesem Zusammenhang bezüglich der erstmaligen Zuwanderung weiterer türkischer Staatsbürger ziehen?

28. An wie viele Ausländer wurde in den einzelnen Jahren von 1986 bis 1995 in welchen Bundesländern, nach welcher Aufenthaltsdauer und aus welchen Gründen die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen?

29. Wie vielen Ausländern wurde in den Monaten Jänner bis Mai 1996 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen?

30. Nach den Gesetzesmaterialien zum Staatsbürgerschaftsgesetz 1966 bietet nur ein langjähri­ger inländischer Wohnsitz hinreichend Gewähr dafür, daß sich der Fremde in Österreich assimi­liert hat (Bericht des Verfassungsausschusses, 875 der Beilagen). Teilen Sie diese grundsätz­liche Auffassung des Gesetzgebers des Staatsbürgerschaftsgesetzes, wonach die Assimilation in Österreich die grundsätzliche Voraussetzung für eine Einbürgerung sein soll?

Wenn ja, wie beurteilen Sie den Umstand, daß dieser Grundsatz weitestgehend mißachtet wurde beziehungsweise wird?

Wenn nein, warum nicht?

31. Tritt die Bundesregierung für die Rückführung der rund 80 000 De-facto-Kriegsflüchtlinge aus Bosnien ein, unabhängig davon, ob sie sich in Bundesbetreuung befinden oder nicht?

Wenn ja, in welchem Ausmaß, und welche Maßnahmen haben Sie gesetzt beziehungsweise werden Sie setzen?

Wenn nein, warum nicht?

32. Welche Budgetmittel stehen für die Reintegration seitens der Bundesregierung in den nächsten zwei Jahren dafür zur Verfügung?

33. Welche Maßnahmen beziehungsweise Projekte sollen dadurch konkret gefördert werden?

34. Teilen Sie die Auffassung, daß die Rückführung der Bosnier die geeignetste Hilfe für die betroffenen Personen und den Wiederaufbau ihres Heimatlandes darstellen würde?

Wenn ja, wie viele Bosnier sind bereits in ihre Heimat zurückgekehrt?

35. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher bezüglich der Information der Bosnier über Rückführungsmaßnahmen und damit verbundene finanzielle Unterstützungen getroffen, beziehungsweise stehen einer organisierten Rückführung der Bosnier in ihre Heimat derzeit Hin­dernisse entgegen?

Wenn ja, welche?

36. Ist Ihnen bekannt, daß die offizielle staatliche Regierungspolitik Bosniens gegen die Inte­grationsbemühungen der Bosnier in den derzeitigen Gastländern massive Einwände erhebt?

37. Ist Ihnen bekannt, daß die offizielle staatliche Regierungspolitik Bosniens wie auch anderer osteuropäischer Staaten die Rückführung ihrer Staatsbürger in die Heimat befürworten und erhoffen?

Wenn ja, welche Maßnahmen wurden gesetzt beziehungsweise werden Sie setzen, um gemein­sam mit den Behörden dieser Länder eine organisierte Rückführung verwirklichen zu können?

In formeller Hinsicht wird ersucht, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 4 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt dringlich zu behandeln.

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé erhält als Erstunterzeichnerin der Anfrage das Wort zur Begründung, die nach § 57 der Geschäftsordnung 40 Minuten nicht übersteigen darf. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.02


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé¦ (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, ich weiß nicht, ob ich Ihnen auch zu Ihrer zehnjährigen Bundeskanzlerschaft gratulieren soll, denn in diesen zehn Jahren hat sich schon Bedeutendes getan, und ein wichtiges Thema der Mißstände, die es in Österreich gibt, wollen wir heute anschneiden.

Wir haben diese Sondersitzung deshalb beantragt und die dringliche Anfrage deshalb einge­bracht, weil wir hinsichtlich der Ausländerpolitik, die hier in Österreich gemacht wird, wirklich in großer Sorge sind. Wir wollen heute mit Ihnen, Herr Bundeskanzler, und mit den Herren und Damen des Nationalrates darüber diskutieren, wie Sie sich die Zukunft vorstellen.

Ich kann mir denken, daß uns die Redner von SPÖ und ÖVP, die nach mir drankommen, als alles mögliche bezeichnen, nämlich als Ausländerfeinde, Diffamierer, Rassisten und so weiter – das sind wir schon gewohnt –, aber wir sind nichts davon, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.) Uns geht es darum, eine menschenwürdige und anständige Politik zu machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Eine anständige Politik gegen­über den Österreichern, eine anständige Politik gegenüber den schon lange hier in Österreich lebenden Ausländern und eine anständige Politik gegenüber jenen Ausländern, die Österreich als Land für ihre Zukunft anstreben. Denn das, was jetzt unter der sozialistischen Regierung im Einvernehmen mit der Österreichischen Volkspartei gemacht wird, ist keine anständige Auslän­derpolitik, sondern eine wirklich unanständige Einwanderungspolitik. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Sie ist deshalb unanständig, weil sie überhaupt keine Rücksicht auf jene Ausländer nimmt, die schon längere Zeit in Österreich leben und gerade jetzt in einer wirtschaftlich schwierigen Situation einem ungeheuer starken Verdrängungswettbewerb ausgesetzt sind.

Sie ist deshalb unanständig, weil sie den neuen Zuwanderern nicht die Wahrheit sagt, weil den Leuten vorgegaukelt wird, sie könnten hier Wohnungen und Arbeitsplätze finden – und dann kommen sie hierher und können ihr Leben vielleicht als Schwarzarbeiter fristen.

Ihre Politik ist auch deshalb keine anständige Ausländerpolitik, weil sie auf die Österreicher keine Rücksicht nimmt (Beifall bei den Freiheitlichen), weil den Österreichern sukzessive ihre Heimat genommen wird, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das müssen Sie wirklich einmal zur Kenntnis nehmen.

Herr Bundeskanzler! Ich weiß nicht, ob Sie Kenntnis davon haben: In Wien gibt es Gebiete mit 70 Prozent Ausländeranteil! – Diese Zahl stammt nicht von uns Freiheitlichen, sondern das hat Bürgermeister Häupl selbst eruiert.

Können Sie sich vorstellen, welche Lebensqualität in einem solchen Distrikt herrscht, beispiels­weise im 16. und 17. Bezirk, wo die österreichische Bevölkerung eine Minderheit darstellt, wo so viele Ausländer leben, die eine ganz andere Kulturauffassung haben, die einen anderen Lebens­stil haben? – Dort muß man ansetzen, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, denn da wird die österreichische Wohnbevölkerung so sehr in den Hintergrund gedrängt, daß dies nicht mehr zumutbar ist.

Wie gesagt, es hat auch Bürgermeister Häupl schon gesagt, daß dort menschenunwürdige Zu­stände herrschen, wenngleich er sich heute in einem Pressedienst davon distanzieren möchte.

Sie sagen immer, die Österreicher sollen sich anpassen. Wir sind nicht der Meinung, daß sich die Österreicher anpassen sollen, sondern, ganz im Gegenteil, wir verlangen, daß sich die Aus­länder unserem Lebensstil anpassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe auch überhaupt kein Verständnis dafür, daß Sie von den Sozialisten und von der Österreichischen Volkspartei mit Ihrer gesamten Einwanderungspolitik das Bedürfnis der Öster­reicher, so zu leben, wie sie seit Jahrzehnten gelebt haben, nicht respektieren, sondern sich darüber hinwegsetzen und dieses Bedürfnis sogar noch verspotten.

Ich erinnere mich daran, daß im Vorjahr ein Fest stattgefunden hat, ein Hammelfest im Hinter­hof, zu dem Herr Einem und Herr Scholten eingeladen waren, und auch Herr Cap war, glaube ich, dabei. Sie haben dort höhnisch die Bevölkerung verspottet. Sie haben gesagt: Wir wollten der Bevölkerung zeigen, daß es ohnehin nicht so arg ist. Wir wollten die Berührungsängste nehmen! – Das ist Ihr Umgang mit jener Bevölkerungsschicht, die mit diesen Umständen leben muß: Sie lassen sich dort von einem Koch einen Hammel braten, laden ein in einen gepflegten Hinterhof und wollen auf diese Art und Weise der österreichischen Bevölkerung die Kultur jener Länder näherbringen, deren Bewohner Sie in einem solch großen Übermaß nach Österreich bringen. Das zeigt Ihre menschenverachtende Politik, das zeigt Ihre menschenverachtende Art, mit den Menschen umzugehen.

Herr Bundeskanzler! Sie schauen zu, ohne in irgendeiner Weise Handlungsbedarf zu sehen. Sie schauen zu, wenn Herr Innenminister Einem das sogenannte Integrationspaket schnürt, wonach weitere 150 000 Ausländer nach Österreich kommen sollen. Ist das Ihre Art, Verantwortung zu tragen, Herr Bundeskanzler? Nehmen Sie so Ihre Verantwortung für die Österreicher wahr? Es genügt doch nicht, als Bundeskanzler vor den Wahlen schöne Briefe mit großartigen Ankündi­gungen zu schreiben und nach den Wahlen die Leute ihrem Schicksal zu überlassen und Herrn Innenminister Einem werken zu lassen, wie er möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder Sie sind mit dem Paket von Innenminister Einem einverstanden, aber dann sagen Sie es! Wir wollen heute von Ihnen dezidiert wissen, was Sie zu diesem Integrationspaket sagen, ob Sie dafür sorgen werden, daß es nicht in Kraft tritt, oder ob Sie damit einverstanden sind. Diese Antwort erwarten wir uns heute von Ihnen, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In Wien leben derzeit 370 000 Ausländer legal, mehr als 100 000 illegal, es können aber bis zu 200 000 sein; das sind 28 Prozent der Gesamtbevölkerung. Nimmt man dann noch den Fami­lienzuzug laut Konzept von Innenminister Einem, erhöht sich der Anteil der Ausländer auf 35 Prozent.

Herr Bundeskanzler! Sie wohnen im 19. Bezirk, Sie sind davon nicht so sehr betroffen, bei Ihnen im 19. Bezirk sind eher die Russen zu Hause, die im 19. und 13. Bezirk Villen und Eigentums­wohnungen gekauft haben. Aber es gibt Bezirke, wie ich schon gesagt habe, die diese 35 Pro­zent spüren – in krassen Fällen sind es sogar 70 Prozent Ausländer.

Von 1989 bis 1995 sind 176 000 Ausländer nach Wien zugezogen. Es hat die Ge­meinde Wien eine Untersuchung gemacht, die sich „Wien 2010“ nennt. Aus dieser geht hervor, daß ab 12 000 Einwanderern pro Jahr eine Großstadt auf das Niveau einer Dritten-Welt-Stadt abrutscht.

In dieser Studie heißt es unter anderem: „Der Arbeitsmarkt kann einen Zustrom von 6 000 Mi­granten absorbieren. Eine Migration von 12 000 Personen im Jahr übersteigt bereits deutlich die Aufnahmefähigkeit der Wiener Wirtschaft.“ – Wissen Sie, wie viele Leute eingewandert sind? 25 000 im Jahr, und bereits bei 6 000 ist dieses Horrorszenario einer Verslumung von Groß­städten, wie wir sie in anderen Ländern haben, gegeben.

Herr Bundeskanzler! Sie haben damit die Voraussetzungen dafür geschaffen, was die Magi­stratsabteilung 18, die Stadtstrukturplanung, in Wien in dieser Studie als das São-Paulo-Horror­szenario darstellt, nämlich daß wir Verhältnisse bekommen wie in den großen Metropolen der Dritten Welt. Wollen Sie das, Herr Bundeskanzler? Wenn nicht, dann sagen Sie uns das bitte deutlich. Aber dann müssen Sie Innenminister Einem mit seiner Einwanderungspolitik endlich einmal Einhalt gebieten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist auch kein Wunder – Sie werden das wahrscheinlich auch wissen, Herr Bundeskanzler –, daß die Bezirksvorsteher einiger Wiener Bezirke verzweifelt an die Öffentlichkeit gegangen sind. Sie haben einen Pakt gegen das Gürtelelend geschlossen.

Herr Cap! Sie sind aus dem 17. Bezirk, und vor Wahlkämpfen wissen Sie immer ganz genau, was die Wohnbevölkerung hören will, aber während des Jahres, nach den Wahlen tun Sie immer mit, sind Sie immer einverstanden mit dem, was Herr Einem möchte. Was sagen Sie zu diesem Pakt gegen das Gürtelelend? Die Bezirksvorsteher wollen aus ihren belasteten Bezirken die Leute aussiedeln. Ich frage aber: Wohin sollen die Ausländer übersiedelt werden? Bei einer Durchschnittsquote von 35 Prozent ist ja jeder Bezirk bereits voll mit Ausländern. Und in den Bezirken, von denen man noch glaubt, daß sie Nobelbezirke sind – das habe ich schon erwähnt –, haben die Russen Eigentumswohnungen und Villen gekauft und sich angesiedelt.

Der Herr Bundesminister für Inneres spricht immer davon, daß er eine Politik für die Menschen machen möchte, und viele von den Sozialisten und auch von der Österreichischen Volkspartei schließen sich ihm an. Aber das, was hier gemacht wird, ist keine Politik für die Menschen, denn das bringt nur Verslumung, Verelendung und die Verdrängung der Österreicher. Wo ist da die Politik für die Menschen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Obwohl Sie all das genau sehen – Herr Cap, hautnahe sehen Sie das; ich weiß nicht, ob Sie im 17. Bezirk wohnen oder nur politischer Funktionär im 17. Bezirk sind –, unterstützen Sie Innenminister Einem, wenn er auf einen Zuzug von 150 000 Ausländern besteht. Das ist eine wirklich verhängnisvolle Politik, die in diesem Bereich gemacht wird. Es ist die Wohnsituation katastrophal in Wien – über 100 000 Leute suchen dringend eine Wohnung. Es ist die Arbeits­platzsituation katastrophal – es sind nahezu 300 000 Leute arbeitslos. Wir haben eine Arbeits­losenquote wie noch nie seit Ende des Zweiten Weltkrieges, und wir haben eine Budget­situation, die wir überhaupt nicht in den Griff bekommen haben.

Mir ist wirklich nicht klar, wie der Herr Bundeskanzler und auch der Herr Finanzminister das dulden können, was Innenminister Einem vorhat. Herr Bundeskanzler! Durch die weitere Zuwan­derung wird auch das Budget eklatant belastet. Es kommen 100 000 Kinder – diese Zahl ist unangefochten, die hat der Herr Innenminister schon zugegeben –, und wenn man davon aus­geht, daß ein Kind 1 Million Schilling pro Jahr kostet – das ist durchaus realistisch, mit Kinder­gartenplatz beziehungsweise Schule, ärztlicher Betreuung –, dann kommt man auf 100 Milliar­den Schilling, die im Budget in den nächsten Jahren aufzubringen sind. Wie wollen Sie das machen? Jetzt bei diesem Budget haben Sie um 1 Million Schilling gekämpft, aber in den näch­sten zehn Jahren wollen Sie 100 Milliarden Schilling aufbringen, nur weil 150 000 Einwanderer zusätzlich nach Österreich kommen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese 100 Milliarden Schilling in zehn Jahren können nur dazu führen, daß Sie die Steuern wie­der erhöhen. 5 Prozent der Einkommensteuer müßten es sein, damit diese 100 Milliarden Schil­ling bezahlt werden können.

Wem soll eine solche Politik zum Vorteil gereichen, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Sozialisten und von der Österreichischen Volks­partei? Den Österreichern? Sie werden doch wohl nicht glauben, daß Sie den Österreichern weismachen können, daß das eine Politik zu ihrem Vorteil ist! Das ist nämlich eine Politik nur für die sogenannten Neuzuwanderer. Denn diejenigen, die schon in den siebziger Jahren ge­kommen sind, haben schon ihre Familie nachgezogen. Sie werden doch nicht glauben, daß Sie ein Familienzusammenführungspaket für jene Gastarbeiter brauchen, die schon 10, 15 oder 20 Jahre in Österreich sind.

Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler: Warum machen Sie eine Politik, die nicht zum Nutzen der Österreicher ist? Warum macht die Sozialistische Partei eine Politik, die nicht zum Nutzen der Österreicher ist? Warum hindern Sie den Innenminister nicht daran, eine Politik zu machen, die zum Schaden der Österreicher ist? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Innenminister Einem sagt ununterbrochen, fast in jedem Interview, er mache eine Politik für die Menschen, weil Menschlichkeit unteilbar ist. In diese Politik der unteilbaren Menschlichkeit müssen auch die Österreicher einbezogen werden. (Weiterer Beifall bei den Freiheitlichen.) Die Österreicher, die in Häusern wohnen, in denen es bereits einen Anteil von 70 Prozent Auslän­dern gibt. Das ist doch alles nur leeres Gerede von den unteilbaren Menschenrechten, die Herr Einem durchsetzen möchte – schöne Worte, die aber auf eine bittere Realität stoßen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden keinem Österreicher, der in einem solchen Viertel wohnt, klarmachen können, daß der Familienzuzug etwas Positives für ihn ist. Das gibt es ganz einfach nicht. Man kann die Österreicher nicht noch mehr belasten.

Eines muß den größten Utopisten und den größten Visionären klar sein: Wir können nicht alle 40 Millionen Menschen, die weltweit auf der Suche nach einer neuen Heimat sind, aufnehmen! Das muß uns doch klar sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Abg. Oberhaidinger: Kein Mensch will das!) Selbstverständlich wollen Sie das. (Abg. Oberhaidinger: Die glatte Unwahrheit, was Sie da sagen!) Die Politik, die Sie machen, führt dazu, daß der Zuzug unaufhaltbar wird. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unbegrenzte Zuwanderung wollen die Grünen bei­spielsweise. Frau Ederer verlangt eine raschere Einbürgerung. Ihr ist all das, was jetzt ge­schieht, noch zuwenig. Die Einbürgerung nach vier Jahren ist Frau Ederer noch zuwenig, sie möchte, daß sie noch rascher geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Bundespräsident hat zur Zuwanderung und zu den 40 Millionen Menschen, die weltweit auf der Suche nach einer neuen Heimat sind, ge­sagt, daß die Ängste der Bevölkerung – und damit sind die Österreicher gemeint – auf jeden Fall wahrzunehmen sind und daß die Belastbarkeit nicht nur an technischen Möglichkeiten, sondern auch an psychologischen Barrieren gemessen werden muß. Was sogenannte Wirtschafts­flüchtlinge betrifft, also Einwanderer, können wir nicht alle aufnehmen, die ein besseres Leben auf der anderen Seite der Straße wollen. – Das ist eigentlich eine Binsenwahrheit. Und Sie behaupten, daß niemand eine Politik der offenen Grenzen haben möchte, aber lesen Sie einmal in Ihren Aussendungen, in den Aussendungen vom Innenminister nach, Sie werden sehen, daß er diese haben möchte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Innenminister steht offensichtlich auf dem Standpunkt, daß wir Ausländer aufnehmen müssen, bis das Wohlstandsgefälle in den einzelnen Staaten auf Null gekommen ist. Er sagt nämlich ... (Abg. Dr. Nowotny: So absurd!) Sagen Sie das nicht, Herr Nowotny, ich werde Ihnen gleich etwas sagen. (Abg. Dr. Nowotny: Es ist absurd!) Es ist das absurd, was Herr Einem sagt. (Abg. Dr. Nowotny: Daß Sie das unterstellen!) Nein, ich unterstelle es nicht (Beifall bei den Freiheitlichen), ich sage Ihnen das, Herr Nowotny!

Herr Innenminister Einem sagt: Einen wirksamen Schutz gegen Einwanderung können wir nur dann erreichen, wenn es eine politische und wirtschaftliche Balance zwischen reichen und armen Ländern gibt. Das sagt er. (Abg. Dr. Nowotny: Na sicher! Die sollen wachsen!) Aber was heißt das? Sollen wir Ausländer aufnehmen, bis die wirtschaftliche und die rechtliche Balance gleich ist mit den Staaten, die jetzt noch nicht so entwickelt sind wie unserer? (Abg. Dr. Nowotny: Die sollen wachsen!) Das ist doch die Politik eines Visionärs und eines Utopisten. Oder wollen Sie so lange Ausländer nach Österreich lassen, bis alle Österreicher ausgewandert sind? Das wäre Ihnen wahrscheinlich noch am allerliebsten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie behaupten ununterbrochen – von der ÖVP unterstützt –, daß Österreich ein Einwanderungs­land ist. Sie bedenken überhaupt nicht, daß das mit der wirtschaftlichen und mit der räumlichen Situation überhaupt nicht in Einklang zu bringen ist. Wollen Sie jetzt abstreiten, daß Herr Khol das gesagt hat?

Es ist sogar im „Standard“ von vor 14 Tagen nachzulesen. Herr Khol, bekennen Sie sich dazu, daß Sie gesagt haben, Österreich sei ein Einwanderungsland. Jetzt sitzen Sie hier, schauen betropetzt und wollen sich nicht eingestehen, daß Sie das gesagt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kiss weiß es nicht, er hat offensichtlich keine Zeitung gelesen. (Abg. Kiss: Ich?!) Sie haben es nämlich schon mehrmals gesagt. Bekennen Sie sich auch dann dazu, wenn wir im Parlament darüber diskutieren. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bezüglich Einwanderungsland, Integration und so weiter habe ich einen wirklich sehr interessanten Bericht, von dem ich mir erwarte, daß er auch Sie interessieren wird. Schweden ist ja immer das große Beispiel der Sozialdemokratie gewesen und ist es auch noch.

Im Jahr 1975 hat der schwedische Reichstag ein Gesetz beschlossen, das die Grundprinzipien schwedischer Ausländerpolitik festlegt. Diese Prinzipien lauten: Gleichberechtigung, kulturelle Wahlfreiheit und Solidarität.

Etliche Jahre danach, nach Jahren der Einwanderung, nach Beschlußfassung dieses Gesetzes, kommen die Schweden zu folgender Erkenntnis: Nach Jahrzehnten engagierter Ausländerpolitik ist die Arbeitslosigkeit unter Ausländern doppelt so hoch wie jene der Schweden, haben Aus­länder immer häufiger schlechtere Wohnungen, minderwertigere Häuser und leben in schlech­teren Gegenden als die Schweden.

Vor kurzem hatten wir hier ein internationales Symposium, auch unter Beteiligung Österreichs. Es ging um die multikulturelle Gesellschaft. Viele der ausländischen Teilnehmer hatten noch die Vorstellung, daß es ein funktionierendes schwedisches Modell gibt. Für uns Schweden ist es fast lächerlich, denn wenn es etwas gibt, worüber breiter Konsens in Schweden besteht, dann darüber, daß wir unsere Einwanderungspolitik und unsere Gesellschaftspolitik verändern müssen – und zwar sofort. So wie bisher geht es nicht weiter. – So steht es in diesem Bericht.

Die Schweden sehen ein, daß Integration, die multikulturelle Gesellschaft nicht durchzusetzen ist. Nur Sie sehen es noch nicht ein, Herr Innenminister Einem sieht es noch nicht ein. Sie alle leben noch in dem Wahn, wir könnten in Österreich die multikulturelle Gesellschaft durchsetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zurückkommend auf die Familienzusammenführung: Ich finde es ja besonders empörend, wie der Innenminister seine Reformvorschläge, seine Fremdengesetze argumentiert. Er sagt nämlich: Wir sind gemäß der Verfassung dazu gezwungen, die Familien nachzuziehen. Davon können wir nicht abgehen. – Das ist ganz einfach falsch. Das ist die Unwahrheit, denn die Ver­fassung schreibt das nicht vor. Auch Artikel 8 der Menschenrechtskonvention schreibt das nicht vor.

Ich habe hier das Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes – dieser wird ja immer so gerne zitiert –, es besagt eindeutig: Es ist keine Menschenrechtsverletzung, wenn ein Land den Fami­lienzuzug von Ausländern nicht gestattet. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen, Sie können nicht immer wieder gegenteiliges behaupten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu einer anständigen Diskussion gehört es auch, daß man bei der Wahrheit bleibt. Sie können doch nicht ununterbrochen behaupten, wir wären nach der Verfassung verpflichtet, während da­für überhaupt keine Rechtsgrundlage besteht. Herr Bundeskanzler! Ich gebe Ihnen sehr gerne das Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes, damit Sie sich davon überzeugen können, daß ich die Wahrheit sage.

Ich bringe Ihnen noch einmal Artikel 8 der Menschenrechtskonvention in Erinnerung, in diesem steht lediglich: „Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.“ „Der Eingriff einer öffentlichen Behörde ... ist nur statt­haft“ ... – und so weiter. Da ist überhaupt nicht von Familienzusammenführung die Rede. Das kann ich Ihnen ebenfalls geben, Herr Bundeskanzler.

Herr Khol! Auch Sie sind ja für Familienzusammenführung. Auch Sie sind dafür, daß weitere 150 000 Ausländer nach Österreich kommen. Sie als Jurist sollten doch die Menschenrechts­konvention kennen und wissen, daß den Österreichern überhaupt keine Verpflichtung zum Familienzuzug daraus entsteht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mir ist wirklich unklar, warum der Innenminister eine derart aggressive Einwanderungspolitik be­treibt, warum er derart aggressiv den Familienzuzug wünscht, denn manche seiner Partei­freunde machen ja insbesondere vor den Wahlen einmal reinen Tisch beziehungsweise schen­ken den Leuten reinen Wein ein. – Nur vor den Wahlen, nach den Wahlen schaut es dann immer ganz anders aus.

So sagt beispielsweise Stadtrat Hatzl, daß 100 000 Ausländer, die in Wien leben und eine Auf­enthaltsgenehmigung haben, die Familie nachholen wollen. Dies zu genehmigen, würde be­deuten, daß noch einmal 100 000 Menschen in Wien aufzunehmen sind, und das verkraften wir nicht. Das sagt Herr Hatzl.

Herr Bundeskanzler! Ist Ihnen bekannt, daß Herr Hatzl sagt, daß weitere 100 000 Ausländer für Wien nicht mehr verkraftbar sind? – Offensichtlich nicht, denn sonst hätten Sie schon lange einen Strich durch die Rechnung des Herrn Innenministers Einem gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben ja genug Probleme, die durch schlechtes Verhandeln bei den EU-Besprechungen zustande gekommen sind. Wir haben vom Verwal­tungsgerichtshof jetzt erfahren, daß das EU-Assoziationsabkommen mit der Türkei Geltung hat, daß es innerstaatliches Recht ist, was nichts anderes heißt, als daß die Türken hinsichtlich gewisser Punkte im Aufenthaltsgesetz und im Ausländerbeschäftigungsgesetz gleichgestellt sind.

Wir haben immer darauf aufmerksam gemacht – schon bei der Diskussion im EU-Wahlkampf –, daß dieses Assoziationsabkommen auf alle Fälle innerstaatliches Recht werden wird. Nur: Das haben Sie damals alles weggewischt, Sie haben damals nicht gesagt, daß wir damit rechnen, sondern Sie haben so getan, als ob uns das alles nichts anginge.

Jetzt haben wir es schwarz auf weiß. Und ich habe überrascht zur Kenntnis genommen, daß Herr Häupl abstreitet, daß dieses Assoziationsabkommen für die Türkei gilt. Das ist nämlich das Allerhöchste. Herr Häupl hat der Verhandlungsdelegation angehört, er hätte darüber verhandeln sollen, daß dieses Assoziationsabkommen nicht in Kraft tritt und somit für Österreich nicht Gültigkeit hat – er weiß aber nicht einmal etwas davon. Da kann man sich vorstellen, mit welchem Engagement in Brüssel verhandelt wurde! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Häupl sagt, all das, was über dieses EU-Assoziationsabkommen behauptet wird, sei Un­sinn. Tatsache ist aber, daß verankert ist, daß türkische Staatsangehörige, die bereits seit meh­reren Jahren in Österreich leben und arbeiten, nach dem jüngsten Erkenntnis mit Aufent­halts- und Arbeitserleichterungen zu rechnen haben und daß sie nach vierjähriger legaler Be­schäfti­gung und Aufenthalt in Österreich ein Aufenthaltsrecht besitzen. Sie brauchen nicht extra anzu­suchen. Außerdem haben sie nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung der Beschäftigungsbewilligung. Sie haben Rechtsanspruch auf eine Verlänge­rung der Aufenthaltsbewilligung – und zwar auf eine unbeschränkte. Davon weiß Herr Häupl nichts. Er, der Bürgermeister von Wien, einer Stadt, die am meisten davon betroffen ist – sowohl von einem Zuzug von Türken als auch von der Arbeitslosigkeit und der Wohnungsnot –, möchte sich ganz einfach rausreden, indem er behauptet, er wisse davon überhaupt nichts, das sei alles Unsinn. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich meine eher, er weiß erstens ganz genau, daß er schlecht verhandelt hat, und zweitens weiß er jetzt nicht, wie er den Wienern klarmachen soll, daß die Türken gleiche Rechte haben. Er weiß nicht, wie er klarmachen soll, was in Brüssel alles schiefgelaufen ist und daß die Türken jetzt diese Freizügigkeit genießen. Er weiß nämlich genau, daß die Wiener, die Österreicher überhaupt enorme Entrüstung an den Tag legen würden, wüßten sie, wie Herr Bürgermeister Häupl sie in Brüssel verraten hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als wir von den Freiheitlichen vor dem EU-Beitritt vor dem Assoziationsabkommen gewarnt haben, hat man uns immer wieder vorgeworfen, wir würden schon wieder alles miesmachen, wir wären diejenigen, die die gute Stimmung ver­derben. Wir haben wirklich diese „Hurra-Stimmung“ realistisch betrachtet, wir haben darauf auf­merksam gemacht, welche Gefahren durch den EU-Beitritt entstehen. Aber das haben Sie von den Regierungsparteien alles in den Wind geschlagen. Die sozialistische Politik kennen wir schon: Zuerst verniedlichen Sie alles, dann werden wir Freiheitlichen schlechtgemacht und diffa­miert, und zum Schluß streiten Sie alles ab – so wie dies jetzt Bürgermeister Häupl tut. Das ist Ihre Politik, aber da machen wir nicht mit! Wir wollen, daß die Bevölkerung richtig informiert wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu Ihrer Politik gehört es auch, daß Sie vor den Wahlen immer alles aufzeigen, was es an Mängeln gibt, was Sie ändern wollen. Das macht die Österreichische Volkspartei genauso wie die Sozialistische Partei. Da wollen Sie die Wähler ködern, da geben Sie die Mängel in der Aus­länderpolitik zu, da zählen Sie auf, was alles gemacht werden müßte, um eine bessere Situation herbeizuführen.

Zum Beispiel hat vor den Nationalratswahlen auch Herr Hatzl gesagt: Leider hat die „F“-Be­wegung recht mit ihrer Propaganda, daß sich rund 100 000 Ausländer illegal in Wien aufhalten, deshalb kann Wien auch nicht mehr mehr Ausländer verkraften. Das hat Herr Hatzl vor den Wahlen gesagt.

Herr Häupl sagt: Gesetze sind einzuhalten. Für Illegale gibt es in unserer Stadt keinen Platz! – Nur: Die Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen sind nach den Wahlen gleich null. Nach den Wahlen geht es dann weiter mit einer Einwanderungspolitik, mit den Illegalen; da wird überhaupt nichts gemacht. Die Planquadrate und die Eingreiftruppe des Herrn Häupl haben sich als wirk­lich zahnlos erwiesen. Die Eingreiftruppe war nur für das Fernsehen gut – da konnte sie zweimal dabei sein –, und dann ist sie vergessen worden. Es gibt sie in Wirklichkeit nicht, sondern es gibt sie nur auf dem Papier und für Pressekonferenzen des Herrn Häupl vor den Wahlen. (Bei­fall bei den Freiheitlichen.)

Die Situation ist – besonders, was die Illegalen anlangt – katastrophal und besorgniserregend. Sogar die deutschen Politiker üben schon Kritik daran, wie Österreich seine Grenzen schützt. Österreich ist im Rahmen des Schengener Abkommens ein Unsicherheitsfaktor geworden. Herr Bundeskanzler! Der Chef der deutschen Grenzpolizei in Passau sagt: Eine Grenzgendarmerie, wie sie in Österreich geplant ist, hat überhaupt keine Schlagkraft.

Auch in Bonn wird Kritik daran geübt. Aus dem Innenministerium in Bonn hört man, man sei nicht bereit, Österreich die Mitgliedschaft im Schengener Abkommen zu Dumpingpreisen zu bieten. An Österreichs Grenzen hätte man in den vergangenen Monaten 506 Personen mit gefälschten Reisedokumenten unbeanstandet passieren lassen, die man hätte erkennen müssen. – Das ist aber nicht die Schuld der Beamten, die schlampig sind, sondern das kommt davon, weil es keine geeigneten Geräte gibt, keine moderne Technik und weil die Beamten außerdem nicht genügend ausgebildet sind.

Herr Bundeskanzler! Sie fahren ja so gerne ins Ausland und lassen sich dort feiern als der „große Bundeskanzler von Österreich“. Sagen Sie doch einmal etwas zu dieser blamablen Kritik der deutschen Behörden, daß Österreich seine Grenzen so schlecht absichert, daß sie löchrig und undicht wie ein Emmentaler sind. Es ist ja wirklich blamabel, daß man sich davor fürchtet, daß Österreich die große Lücke sein wird, wenn das Schengener Abkommen in Kraft tritt.

Aber je länger ich Herrn Innenminister Einem bei seiner Tätigkeit, bei der Ausübung seines Amtes zuschaue, desto mehr bin ich geneigt zu glauben, daß diese Undichtheit der Grenzen von ihm beabsichtigt ist. Denn ein Innenminister, der sich so stark für einen weiteren Zuzug von Ausländern einsetzt ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wissen Sie, wenn Sie die Politik von Herrn Einem wirklich realistisch betrachten, dann kommen Sie sicher zu dieser Überzeugung. Ich werde Ihnen dann auch noch etwas vorlesen, was wirklich Aufschluß darüber gibt, wie der Herr Innenminister tatsächlich denkt. Dann werden Sie nämlich sofort revidieren, daß ich Unsinn sage.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gesehen, daß der Innenminister eine aus­geprägte Neigung hat, mehr Ausländer nach Österreich zu lassen, sei es nun legal oder illegal. Der Herr Innenminister ist ja dafür eingetreten, daß die Illegalen sogar nach Kollektivvertrag ent­lohnt werden. Er hat nicht gesagt, die Illegalen gehören abgeschoben, sondern, ganz im Gegen­teil, er hat gesagt, sie gehören nach dem Kollektivvertrag entlohnt. (Abg. Dr. Haider: Unerhört!) Das ist wirklich unerhört!

Jetzt möchte ich seine Einstellung belegen. Ich lese Ihnen vor, was der Innenminister gesagt hat, als er noch nicht Innenminister war. Im Jahre 1991 hat er für die Zeitschrift „Werkstätten­blätter“ zur Fremdenproblematik gesagt: Ich gehe davon aus, daß eine tatsächliche Beschrän­kung der Zuwanderung mit Mitteln, die wir noch für vertretbar halten, heute nicht möglich ist. – Das heißt also, er lehnt es ab, darüber überhaupt nur nachzudenken, ob es eine Begrenzung der Zuwanderung gibt.

Er sagte weiters: Auch eine Ermittlung und Abschaffung aller unerwünscht ins Land gekom­menen Zuwanderer ist selbst bei Errichtung polizeistaatlicher Verhältnisse nicht möglich. Die Vorstellung, wir könnten eine Einwanderungspolitik so gestalten, daß wir definieren, wen wir brauchen können, und nur die einlassen, die wir brauchen können, halte ich sowohl für mora­lisch unvertretbar als auch nicht durchführbar. – Das sagte der Innenminister. Darin kommt seine wahre Gesinnung zum Ausdruck. Er unterscheidet nicht zwischen Legalen und Illegalen, zwischen denen, die wir brauchen können, und jenen, die wir nicht brauchen können, sondern es sollen alle reinkommen.

Der Herr Innenminister tritt auch dafür ein, daß die Asylgründe ausgedehnt werden. Wirtschaft­liche Not und Mangel an Lebensperspektiven sollen beispielsweise Fluchtgründe sein. Sie können sich vorstellen, wie Österreich dann von vielen Menschen angepeilt werden wird, denen es halt in ihrem Heimatland schlechter geht, als es ihnen in Österreich ginge.

Er sagte weiters: Der Arbeitsstrich – mit diesem zeigt er sich völlig einverstanden – bleibt bei zu erwartenden weiteren Zuwanderungen als Tatsache erhalten. Es ist jedoch sinnvoll, ihn zu organisieren. Die Gemeinden könnten geeignet erscheinende Plätze für diesen Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen und mit einer Mindestinfrastruktur ausstatten. Das würde nicht nur einen be­achtlichen Teil des Bevölkerungswiderstandes abfangen, sondern auch die Situation der Ar­beitskraftanbieter verbessern. – Das sagte der Innenminister, jemand, der im Jahre 1991, als er noch keine politische Funktion innegehabt hat, das zum Ausdruck gebracht hat, was wirklich in ihm steckt. Diese Politik will er jetzt in Österreich auch verwirklichen! (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Ich bin zwar einerseits froh, daß der Herr Bundeskanzler heute hier ist, um sich diese Argu­mente unserer dringlichen Anfrage anzuhören – er hört zwar leider nicht wirklich zu, er plaudert die ganze Zeit! –, andererseits hätte ich schon gerne den Innenminister auch mit unseren Vor­würfen konfrontiert. Aber er hat es vorgezogen, sich durch Flucht ins Ausland dieser Diskussion zu entziehen, somit ist eben der Herr Bundeskanzler heute hier. (Protestrufe bei der SPÖ.) Aber es ist vielleicht ohnehin so besser, denn der Bundeskanzler hat ja die Möglichkeit, Innenminister Einem wieder zur Vernunft zu bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Schieder: Die „Flucht ins Ausland“ ist an der Grenze dessen, was man über einen Auslandsaufenthalt sagen kann! Das gehört sich nicht! ) Wieso? Normaler­weise kommt ein Innenminister zu einer Sondersitzung, außer er will sich etwas Unangeneh­mem entziehen. (Abg. Schieder: Sie wissen, was Flucht ist!) Der Herr Innenminister hat sich dem Unangenehmen entzogen! Eigentlich müßte er hier sein, es ist nämlich durchaus üblich, daß ein Minister ins Parlament kommt, wenn eine Sondersitzung ist, und sich nicht in Polen aufhält! (Weiterer Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Aufregung kann nicht bei Ihnen sein. Die Aufregung müßte bei uns sein, weil wir ja den Innenminister angesprochen haben beziehungsweise ansprechen wollten. (Abg. Schieder: Wir regen uns über Sie auf, über Ihre Worte! – Präsident Dr. Fischer gibt neuerlich das Glocken­zeichen.)

Ich möchte nun noch einmal auf die Grenzsituation zurückkommen. Herr Bundeskanzler! Sie sollten folgendes eigentlich auch wissen, denn Sie sind ja der oberste Chef der Regierung: Derzeit herrscht an den Grenzen ein Chaos. Es wird ungeheuer viel Geld verpulvert, aber es ist zum Beispiel die grüne Grenze derzeit überhaupt nicht bewacht. Das Bundesheer ist zwar im Süden vertreten, aber im Norden wird die grüne Grenze überhaupt nicht mehr überwacht. In den Zollstationen treten sich, seit es die Grenzgendarmerie gibt, die Beamten auf die Zehen. – Sie lachen. Fahren Sie einmal ins Burgenland, dort können Sie sich davon überzeugen. Dort gibt es jetzt zwei- bis dreimal so viele Beamte wie früher, aber die grüne Grenze wird nicht bewacht, und dort kommen die Illegalen nach Österreich. Die Illegalen kommen ja nicht über die Grenz­stationen, wo doppelt und dreifach kontrolliert wird, sondern sie passieren ungehindert die grüne Grenze, weil der Herr Innenminister nicht in der Lage ist, einen wirklich wirksamen Grenzschutz aufzubauen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sobald die Illegalen im Land sind, besteht keine Gefahr mehr für sie, erwischt zu werden, weil es ja viel zuwenig Exekutive und keine Planquadrate gibt. Der Herr Innenminister ist uns all das schuldig geblieben. Herr Hatzl und Herr Häupl berufen sich immer darauf, daß es Eingreif­truppen gibt, um Illegale festzunehmen – aber es gibt sie nicht! Wenn Illegale festgenommen werden, gibt es für 50 Prozent keine Schubhafträume. Auch dafür ist der Innenminister verant­wortlich, und Sie, Herr Bundeskanzler, als oberster Chef der Regierung natürlich auch! Wir erwarten uns heute, daß Sie Rechenschaft darüber ablegen! (Neuerlicher Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Wenn einmal einer wirklich abgeschoben werden sollte, dann ist der Innenminister der aller­erste, der interveniert, und zwar rechtswidrig interveniert. Jetzt werden Sie wieder auf die Barri­kaden steigen und behaupten, daß ich etwas sage, was nicht richtig ist. Aber ich konfrontiere Sie heute mit einem aktuellen Fall, der in der Bundespolizeidirektion Graz passiert ist.

Folgender Fall: Im Jahre 1991 ist ein Nigerianer illegal über die Grenze gekommen. Nach vielen Verfahren, auch strafgerichtlichen Verfahren, ist er im Jahre 1995 in Schubhaft genommen worden.

Am 15. Juli sollte er abgeschoben werden. Am 14. Juli hat die Fremdenpolizei in Graz einen An­ruf aus dem Ministerbüro von Innenminister Einem erhalten, wonach der Mann freizulassen war. – Dieser Fall ist dokumentiert, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt einen Brief von der Bundespolizeidirektion Graz an den Innenminister – ich kann ihn Ihnen zur Verfügung stellen –, in dem man sich über die Vorgangsweise des Ministers beschwert, in dem man fordert, daß der Minister sich rechtfertigen soll. Dieser Brief ist bis heute unbeantwortet geblieben. – So schaut es in der Abschiebepolitik aus!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind wirklich besorgt angesichts der Fremden­politik, die in diesem Lande gemacht wird. Wir sind besorgt angesichts einer Politik, die sich zu wenig um die Österreicher kümmert, die statt Menschlichkeit Unmenschlichkeit schafft, die statt Wohlstand eine Minderung des Lebensstandards bringt, die statt Sicherheit Unsicherheit hervor­ruft. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedeutet eine menschenwürdige Ausländerpolitik einen absolu­ten Einwanderungsstopp und die Erklärung, daß Österreich kein Einwanderungsland ist. Und das fordern wir! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.41


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zur Beantwortung der dringlichen Anfrage hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

16.42


Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky¦: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! All diesen Ausführungen und Argumentationen ist doch voranzustellen, daß es seit dem Fall des Eisernen Vorhangs und seit dem Kriegsausbruch im ehemaligen Jugo­slawien in Europa zu Wanderungsbewegungen in einem Ausmaß gekommen ist wie noch nie in diesem 20. Jahrhundert. So sind rund 19 Millionen der in Westeuropa lebenden Menschen nach dem Kriterium der Staatsbürgerschaft Ausländer. Diese Entwicklung ist in einem Zeitraum von nicht einmal einem Jahrzehnt erfolgt, sodaß allein aufgrund dieser objektiven Faktoren Schluß­folgerungen, wie sie vielleicht vor zehn Jahren hätten angewendet werden können, heute nicht mehr möglich sind. Österreich kommt dabei als einem Tor zum Westen beziehungsweise als östlichstem Standort Westeuropas eine besondere Stellung zu.

Gerade deshalb hat die österreichische Bundesregierung gemeinsam mit Ihnen, dem Gesetzge­ber, schon zu Beginn der neunziger Jahre auf diese Veränderungen, auf diese sicherheitspoliti­schen und auch sozialpolitischen Herausforderungen reagiert und klare gesetzliche Regelungen für den Aufenthalt und die Beschäftigung von Fremden in Österreich geschaffen.

Und im Gegensatz zu dem, was soeben am Rednerpult ausgeführt wurde, nehme ich in diesem Zusammenhang für die Bundesregierung und für die Regierungsparteien in Anspruch, damit in hohem Maß zu innerpolitischer Stabilität und innerpolitischer Ruhe beigetragen zu haben. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

Erlauben Sie mir, noch einmal die Grundsätze zu wiederholen, von denen und auf Basis derer wir im wesentlichen bei dieser Politik ausgegangen sind: Wir meinen, Österreich ist ein Land, in dem Menschen, die in ihrer Heimat aus politischen oder religiösen Gründen, aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe Verfolgungen ausgesetzt sind, auch weiterhin Aufnahme und Schutz finden sollen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

So haben in den vergangenen 15 Jahren rund 50 000 Menschen in Österreich Asyl gefunden, und es ist uns gelungen, daß unmenschlich lange sowie von Unsicherheit und Ungewißheit geprägte Wartezeiten in überfüllten Flüchtlingslagern längst der Vergangenheit angehören – im übrigen auch zum Wohl und zum Nutzen der heimischen Bevölkerung. Als das Flüchtlingslager in Traiskirchen immer wieder überbelegt war und sehr viele Flüchtlinge in diesem Lager keine Aufnahme mehr gefunden haben, hat die heimische Bevölkerung maßgeblich mitgelitten, und es ist ein Plus, ein Positivum für die Bewohner dieser Stadt, dieses Gebietes, daß das inzwischen anders geworden ist.

Zweitens: Wann immer und wo immer sich Menschen in Not befunden haben oder vor kriegeri­schen Auseinandersetzungen flüchten mußten, haben sich Österreich und die österreichische Bevölkerung als hilfsbereit, aufgeschlossen und großzügig erwiesen; anläßlich der Ungarnkrise in den fünfziger Jahren genauso wie bei der Niederschlagung des Prager Frühlings durch Sowjetpanzer in den sechziger Jahren.

Diese Tradition haben Österreicherinnen und Österreicher angesichts der Kriegswirren bei unseren südöstlichen Nachbarn fortgesetzt. Ich erinnere nur an die große Spendenfreudigkeit etwa für „Nachbar in Not“ und ähnliche Hilfsprogramme vor Ort oder daran, daß in den vergangenen Jahren insgesamt mehr als 80 000 bosnische Flüchtlinge auch hier in Österreich Aufnahme gefunden haben.

Was die Rückkehr der Bosnier in ihre Heimat betrifft, ist die österreichische Bundesregierung den – im übrigen nur wenig erfolgreichen – Beispielen aus unserer Nachbarschaft, eine zwangs­weise Rückführung anzudrohen, bewußt nicht gefolgt. Gerade im Hinblick auf das Ausmaß der Zerstörungen in den Städten und Dörfern Bosnien-Herzegowinas, die Ungewißheit um das Überleben von Verwandten und Freunden sowie die nach wie vor nicht endgültig stabilisierte politische Situation erschien es der Bundesregierung aus humanitären Erwägungen nicht ziel­führend, die Unsicherheit und die Angst dieser leidgeprüften Menschen aufgrund einer vor­schnellen Rückreise durch staatliche Zwangsmaßnahmen zur Verzweiflung werden zu lassen, meine Damen und Herren.

Der Bundesminister für Inneres hat vielmehr den Weg der Information der Flüchtlinge über die Situation in ihrer Heimat und der Hilfestellungen im Falle einer freiwilligen Rückkehr eingeschla­gen. Die Tatsache, daß sich die Zahl der unterstützten Bosnier – derzeit noch rund 15 000 – in letzter Zeit wöchentlich um zirka 100 verringert, scheint die Richtigkeit dieser Entscheidung schon zu bestätigen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Hohes Haus! Die dritte Säule der österreichischen Ausländerpolitik ist die strenge Limitierung des Zuzugs ausländischer Arbeitskräfte. Es geht dabei vor allem darum, dem Wunsch der Wirt­schaft nach ausländischen Arbeitskräften einerseits sowie den Zuzugsbestrebungen von Gast­arbeitern und Einwanderungswilligen andererseits nur insoweit nachzugeben, als dies der öster­reichische Arbeitsmarkt erlaubt und der inländische Wohnungsmarkt ermöglicht. (Abg. Ing. Reichhold: Da dürfen Sie aber keine mehr hereinlassen!)

Wenn von freiheitlicher Seite – um das zu bestätigen, was Sie gerade gesagt haben – in konse­quenter Fortsetzung der bisherigen „Ausländer raus!“-Strategie die Forderung nach einer Rück­führung arbeitsloser Ausländer – im übrigen noch dazu verbunden mit einer finanziellen Start­hilfe – erhoben wird, übersehen die selbsternannten Ausländerexperten der FP geflissent­lich (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), daß schon heute die Aufnahmefähigkeit des Arbeits­marktes sowie die Chance auf einen Arbeitsplatz eines der zentralen Kriterien für die Erlangung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung darstellen.

Im übrigen würde das – soweit es mir bekannt geworden ist – vom Kollegen Haider vorgeschla­gene Modell der Auszahlung eines durchschnittlichen Jahresbezugs an Arbeitslosengeld als Re­integrationshilfe für rückkehrwillige ausländische Arbeitslose der Arbeitslosenversicherung unge­fähr dreimal so hohe Kosten verursachen wie die Auszahlung des Arbeitslosengeldes. (Abg. Ing. Reichhold: Mit der Logik kommt niemand mit! – Abg. Haigermoser: Das ist nicht einmal eine Milchmädchenrechnung!) Na klar, Milchmädchenrechnung! Ich wollte ja, daß Sie es auch verstehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Unabhängig davon ist es, meine Damen und Herren, auch ein Faktum ... (Abg. Dr. Graf: „Milch­mädchen“! Das war aber sehr frauenfeindlich!) Wir sind immer in der gleichen Situation. Ihr teilt vom Rednerpult aus aus, und wenn man sich nur zart wehrt, ist bei Ihnen der Bär los! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Haider: Sie dürfen eh!) Nicht so zimperlich, meine Herren! Ich lese auf Plakaten, Sie trauen sich etwas. Dann nehmen Sie ein bißchen etwas auf sich! Sie brauchen eine ein bißchen dickere Haut! Dicke Haut ist gut, wenn man kein Rückgrat hat! (Weiterer Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Unabhängig davon ist es auch ein Faktum der heute geltenden Rechtslage, daß jeder in Öster­reich arbeitende Arbeitnehmer, der Sozialversicherungsbeiträge zahlt, unabhängig von seiner Nationalität Leistungen und Vermittlungsangebote aus dieser Versicherung beziehen darf.

Wenn in den Wortmeldungen von Vertretern der Freiheitlichen im Zusammenhang mit der For­derung nach Rückführung von Ausländern und dem Vorschlag einer Reintegrationshilfe davon die Rede war – ich bitte um Aufmerksamkeit! –, daß dies vorerst auf freiwilliger Basis gesche­hen solle, so ist das ein weiterer Mosaikstein in dem Bild eines schon recht zynischen und men­schenverachtenden Zugangs zu den Mitmenschen mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft, dem wir auch weiterhin mit Entschiedenheit entgegentreten werden. (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ein anderes Beispiel, meine Damen und Herren: In der heutigen dringlichen Anfrage der Frei­heitlichen wird unter anderem die Forderung von Bürgermeister Häupl nach einer anständigen Ausländerpolitik angesprochen. Für mich ist, ohne auf das Originalzitat jetzt im Detail einzu­gehen, klar, daß er damit die Fortsetzung unserer bisherigen politischen Linie des geordneten Zuzugs meint. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Die Löschnak-Politik meint er mit „an­ständig“ – nicht die Einem-Politik! Wählt Löschnak, nicht Einem!)

Wenn Frau Dr. Partik-Pablé hier von einer anständigen Ausländerpolitik spricht, dann wissen wir gleichfalls, was davon zu halten ist. Sie hat sich sehr bemüht, uns klarzumachen, was Anstän­digkeit nach freiheitlicher Interpretation bedeutet. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Löschnak, nicht Einem!)

Es geht aber nicht darum, sich einfach verbal zu einer anständigen Ausländerpolitik zu beken­nen, sondern darum, daß wir darüber hinaus in Erfüllung dieses Bekenntnisses eine Fülle von Maßnahmen und Aktivitäten gesetzt haben, um dieses Ziel bestmöglich zu erreichen. So dient die internationale Zusammenarbeit im Rahmen der Europäischen Union sowie des Schengener Abkommens unter anderem einer möglichst wirksamen Bekämpfung grenzüberschreitender organisierter Kriminalität, vom Menschenhandel über das Schlepperunwesen bis hin zu den Autoschieberbanden und den internationalen Drogenkartellen.

Wir werden aber nicht nur im Bereich der Sicherheitspolitik der breiten internationalen Zusam­menarbeit bedürfen, auch die Sicherung bestehender und die Schaffung neuer Arbeitsplätze machen in immer stärkerem Ausmaß gemeinsame europäische Anstrengungen erforderlich. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung diesbezügliche Initiativen innerhalb der Euro­päischen Union ergriffen.

Desgleichen werden aber auch die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Ungleichge­wichte zwischen West- und Osteuropa sowie die daraus entstehenden Wanderungstendenzen nicht durch einen neuen Eisernen Vorhang, sondern nur durch enge Kooperation und größtmög­liche Integration beseitigt werden können.

Parallel dazu stellen die von der Bundesregierung und vom Parlament geschaffenen Rahmen­bedingungen, und zwar das Aufenthalts- und Fremdengesetz ebenso wie das Antimißbrauchs­gesetz zur wirksameren Bekämpfung von illegaler Beschäftigung sowie das Ausländerbeschäf­tigungsgesetz, wirkungsvolle Instrumente zur Kontrolle des Zuzugs von Ausländern sowie zur Regulierung ihres Zugangs zum Arbeitsmarkt dar.

Meine Damen und Herren! Wir werden uns, auch wenn diese Diskussion gelegentlich sehr bewegt, sehr emotional geführt wird, von der Panikmache, die heute hier am Rednerpult ver­sucht wurde, nicht irritieren lassen, sondern vielmehr die Fakten darlegen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Faktum 1: Die Bundeshöchstzahl für das Jahr 1996 beträgt 296 000 Personen. Diese Zahl ent­hält bereits eine Reserve für Schüsselarbeitskräfte und war Ende Mai bei weitem nicht ausge­schöpft.

Faktum 2: Durch eine auf den Arbeitsmarkt Bedacht nehmende, umsichtige Ausländerbeschäfti­gungspolitik ist die Zahl der beschäftigten Ausländer im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 12 000 Personen auf nunmehr 261 560 gesunken.

Faktum 3: Ein großer Teil – nahezu 120 000 Personen – der in Österreich beschäftigten Aus­länder besitzt einen sogenannten Befreiungsschein. Dieser setzt entweder eine fünfjährige Be­schäftigung in Österreich voraus oder den Status eines Jugendlichen in zweiter Generation, in jedem Fall aber ein hohes Maß an Integration.

Die Zahl der Beschäftigungsbewilligungen und damit der Neuzugang zum Arbeitsmarkt ist im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 18 000 auf 44 900 per Ende Mai 1996 zurückgegangen. Dieser Rückgang um mehr als 25 Prozent zeigt die notwendigerweise restriktive Handhabung dieses Instruments.

Diese Regelungen sind daher, meine Damen und Herren, auch eine tragfähige Basis dafür, die nun vor uns liegenden neuen Herausforderungen bestmöglich zu bewältigen. Die österreichi­sche Bundesregierung wird dabei einer aktiven Beschäftigungspolitik, der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und der Schaffung neuer Arbeitsplätze auch weiterhin Priorität einräumen.

Aktive Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, auch auf europäischer Ebene, ist seit geraumer Zeit mein prioritäres politisches Anliegen und die Schaffung einer ausreichenden Anzahl von qualifizierten Arbeitsplätzen wichtigstes Ziel. Kleinkarierte und von geringer wirtschaftspolitscher Kompetenz zeugende Ausführungen und Aufrechnungen von Inländern gegen Ausländer auf dem Arbeitsmarkt oder auch in Schulen tragen überhaupt nichts zur Erreichung der Vollbe­schäftigung bei, meine Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es wird hier so getan, als gäbe es zwischen den einzelnen Arbeiten und Verrichtungen keinen Unterschied. Ich mache darauf aufmerksam: Wenn wir von Ausländerbeschäftigung sprechen, muß uns doch bewußt sein, daß die erfolgreiche Tätigkeit einiger Berufsgruppen, vor allem in sozialen Bereichen, wie etwa in der Altenpflege, in der Krankenpflege, aber auch im Fremden­verkehr, ohne den Einsatz ausländischer Arbeitskräfte in Österreich gar nicht mehr möglich wäre! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es ist überdies unzweifelhaft, daß die Europäische Integration und das engere Zusammen­rücken von Ost und West auch zu einer Internationalisierung auf dem Arbeitsmarkt geführt haben. Ich habe es als sehr positiv empfunden, daß ein Mitglied der freiheitlichen Fraktion, näm­lich Herr Dr. Ofner, heute im Hauptausschuß des Nationalrates vom europäischen Integrations­modell als einem anspruchsvollen, einem hochstehenden Modell der Völkerverbindung in Europa gesprochen hat. Ich glaube, daß das Worte sind, auf denen man wirklich eine Zukunft aufbauen kann – viel eher als auf den Ausführungen, die ich heute nachmittag leider hier vom Rednerpult aus gehört habe.

So sind wir stolz darauf, daß Österreicher in vielen Führungsfunktionen oder als Facharbeiter, als Angestellte internationaler Organisationen, als Arbeiter, als Sportler und vieles mehr im Aus­land tätig sind und tagtäglich österreichisches Können, österreichisches Wissen, österreichische Identität im Ausland unter Beweis stellen. Ebenso wird es in Zukunft notwendig sein, Schlüssel­kräfte ins Land zu holen, damit Unternehmen in Österreich angesiedelt und betrieben werden können.

Es steht für mich außer Zweifel, daß ausländische Arbeitnehmer im Interesse der Wirtschaft und der gesamten Volkswirtschaft auch in Zukunft benötigt werden. Es ist umgekehrt aber nicht zu übersehen, daß in jüngster Vergangenheit die Aufnahmekapazität des Arbeitsmarktes eben deutlich geringer geworden ist.

Die Zahl arbeitsloser Ausländer, die seit Beginn des Jahres zwar deutlich, nämlich auf rund 20 000, gesunken ist und damit weit unter der von Klubobmann Haider in der Öffentlichkeit genannten Zahl liegt, darf uns in diesem Zusammenhang nicht beruhigen. Es wird vielmehr darauf ankommen, der österreichischen Wirtschaft die dringend benötigten Arbeitskräfte auch weiterhin zur Verfügung zu stellen, gleichzeitig aber den Neuzuzug von Arbeitskräften deutlich zu reduzieren. Es geht darum, ausländischen Kolleginnen und Kollegen, die schon in Österreich leben und arbeiten, die schon Steuern und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt und damit nicht zuletzt auch zum Wohlstand unseres Landes beigetragen haben, die Chance des Zugangs zum Arbeitsmarkt zu erhalten und sie keinem gnadenlosen Wettbewerb mit neuen, billigeren Arbeitskräften oder einem Lohndumping auszusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es geht auch darum, sie nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch im täglichen gesellschaftlichen Leben bestmöglich zu integrieren. Die Hilfestellung beim Erlernen der deutschen Sprache gehört ebenso dazu wie regionale Betreuungsprojekte, die bei­spielsweise in Wien auf das Zusammenleben der Menschen in ihren jeweiligen Lebensräumen, in Wohnhausanlagen, Parks und so weiter, abzielen. Damit sollen einerseits die ausländischen Mitbewohner in einem noch stärkeren Ausmaß als bisher bewegt werden, sich ihrer neuen Wohn- und Arbeitsumgebung anzupassen, ohne dabei ihre persönliche und kulturelle Identität aufgeben zu müssen, andererseits sollen der österreichischen Bevölkerung sicher bestehende Berührungsängste genommen werden.

Zur bestmöglichen Integration gehört es aber auch, den Menschen, die bereits seit längerer Zeit in unserem Land arbeiten, das Zusammenleben mit ihrer Familie zu ermöglichen. Gerade was die immer angesprochenen Fragen im Zusammenhang mit Ausländerkriminalität, Bandenbildun­gen und ähnlichen Sicherheitsrisken betrifft, gehe ich davon aus, daß das Zusammenleben mit der eigenen Familie, die Sorge um den Ehegatten und die Kinder diesbezüglich eher stabilisie­rende Wirkung entfalten. In diesem Sinne sind auch die grundsätzlichen Überlegungen der Kolle­gen Einem und Khol hinsichtlich der künftigen Behandlung des Familiennachzugs zu verstehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Abschließend ist festzuhalten, daß die Bundesregierung nicht die Absicht hat, zusätzliche Hilfskräfte ins Land zu holen; denn wir wollen den Österreicherinnen und Österreichern Arbeit geben können und dort, wo ausländische Arbeitskräfte benötigt wer­den, in erster Linie denen, die bereits hier leben und arbeiten wollen.

Wir werden daher den eingeschlagenen Weg der strengen Begrenzung der Neuzuwanderung konsequent fortsetzen und in den Bereichen, in denen Verbesserungen der geltenden gesetz­lichen Bestimmungen notwendig geworden sind, auch die Menschlichkeit im Vollzug dieser Gesetze im Auge behalten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Hohes Haus! Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2:

Es kann nicht darum gehen, unser Land mit sogenannten klassischen Einwanderungsländern wie Amerika oder Australien zu vergleichen, sondern es entspricht vielmehr der Tradition unse­res Landes, Menschen, von denen ein Beitrag zur Gesellschaft zu erwarten ist – gleichgültig, ob dieser Beitrag im Kulturschaffen oder im Erbringen von Leistungen in selbständiger oder unselb­ständiger Erwerbstätigkeit besteht –, unter bestimmten Kontrollen die Möglichkeit zu öffnen, hier zu leben, zu arbeiten und sich gegebenenfalls auch hier nie­derzulassen. Da wir auch in Zukunft darauf nicht verzichten können und wollen, werden wir Menschen aus anderen Ländern, die be­reit sind, diese Leistungen in Österreich zu erbringen, eine Niederlassungsbewilligung erteilen.

Zu den Fragen 3 bis 6:

Die Beschlußfassung über das Fremdenrechts-Änderungsgesetz soll nach derzeitigem Stand im Herbst 1996 unter den von mir beschriebenen Prämissen erfolgen. Was kritische Anmerkungen in der Begutachtung seitens des Österreichischen Gewerk­schafts­bundes und der Arbeiterkam­mern betrifft, gehe ich davon aus, daß man in den vorgesehenen Beratungen und Gesprächen über den vorliegenden Vorschlag Einvernehmen wird erzielen können.

Wie mir der Herr Bundesminister für Inneres mitgeteilt hat, sind die im Bereich des Bundes­ministeriums für Inneres sachlich dafür zuständigen Stellen bei der Ausarbeitung des Vor­schlags zu Rate gezogen worden.

Zu den Fragen 7 und 8 verweise ich auf meine einleitenden Bemerkungen, ebenso zu den Fra­gen 9 bis 13, sowie 15 bis 19. Darüber hinaus möchte ich folgendes feststellen: Was das derzeit in Verhandlung stehende Integrationspaket betrifft, ist eine Quantifizierung nicht möglich. Hinsichtlich der bisherigen Kosten für Bund, Länder und Gemeinden ist es mir nicht möglich, hier eine Aussage zu treffen. Was die finanziellen Aufwendungen des Bundes betrifft, die im übrigen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Bundeskanzleramts liegen, werde ich die Antworten im Einvernehmen mit den betroffenen Ressorts schriftlich nachreichen.

Im übrigen halte ich fest, daß ich für eine „Ausländerkostenrechnung“ bei Schulkindern, die Sie offensichtlich erwarten, nicht zur Verfügung stehe! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, den Grünen und dem Liberalen Forum.)

Zur Frage 14:

Die Antwort ist: nein.

Zur Frage 20 verweise ich auf meine einleitenden Bemerkungen.

Zu den Fragen 21 bis 27 halte ich grundsätzlich fest, daß im Zuge des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union die bereits bestehenden Verpflichtungen zwischen Europäischer Union, vorher EG, und Drittstaaten zu übernehmen waren. Nach Prüfung des Assoziationsabkommens EWG – Türkei wie auch vieler anderer Abkommen hat Österreich die Auffassung vertreten, daß das Wirksamwerden des Abkommens in Österreich – entsprechend den allgemeinen, in Art. 76 der Beitrittsakte vorgesehenen Verfahren – durch entsprechende Beitrittsprotokolle sicher­zustellen ist.

Wie Ihnen sicher bekannt ist, bezieht sich das Assoziationsabkommen nur auf schon im Inland ordnungsgemäß beschäftigte Arbeitnehmer türkischer Staatsangehörigkeit, die sich rechtmäßig in Österreich aufhalten. Ein Recht auf Zuwanderung nach Österreich aus dem Abkommen und dem Beschluß I/80 ergibt sich für niemanden.

Aus Artikel 7 des Beschlusses ergibt sich für Familienangehörige, die sich rechtmäßig zumin­dest drei Jahre lang in Österreich aufhalten, ein Recht auf Bewerbung auf angebotene Stellen.

Noch einmal halte ich fest, daß ein Recht auf Zuwanderung nach Österreich weder für Arbeit­nehmer noch für deren Familienangehörige aus irgendeiner Bestimmung abzuleiten ist.

Sie können davon ausgehen, daß die notwendigen rechtlichen und faktischen Schritte in Öster­reich sorgsam vorbereitet werden.

Schon allein aus Gründen der Rechtsklarheit wird Österreich dafür eintreten, daß ein Protokoll mit allen EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und der Türkei abgeschlossen wird, wie dies in der Beitrittsakte vorgesehen ist.

Zu den Fragen 28 bis 30:

Im Hinblick auf die mir zur Beantwortung Ihrer dringlichen Anfrage zur Verfügung gestandene Zeit sowie angesichts dessen, daß für die Beantwortung dieser Fragen die Aufarbeitung einer umfangreichen Einbürgerungsstatistik sowie Informationen der Bun­des­länder, in deren Kompe­tenz die Verleihung der Staatsbürgerschaft fällt, erforderlich sind, werde ich diese Antworten in schriftlicher Form nachreichen, da eben hier umfangreiche Erhebungen vorzunehmen sind.

Zu den Fragen 31 bis 37:

Österreich unterstützt die freiwillige Rückkehr bosnischer Kriegs­flüchtlinge in enger Kooperation mit dem Flüchtlingshochkommissar der Vereinten Nationen, den anderen Staaten der Euro­päischen Union sowie der bosnischen Regierung. Hiezu werden eine Rückkehrberatung und bei Bedarf auch Rückkehrhilfe angeboten. Darüber hinaus unterstützt das Innenministerium ge­meinsam mit den Bundesländern Projekte, die die Reintegration er­leichtern.

Österreich ermöglicht im Rahmen des Aufenthaltsrechts für kriegsvertriebene bosnische Staats­angehörige Einreisen zum Zweck der Erkundung der tatsächlichen Situation in der Heimat der Kriegsvertriebenen. Dies umso mehr, als die Rückführung ja nur schrittweise und unter Berück­sichtigung der Verhältnisse vor Ort erfolgen kann.

Zur Frage, wie viele Bosnier in ihre Heimat zurückgekehrt sind, liegen dem Innenministerium keine detaillierten Statistiken vor – Schätzungen liegen in der Größenordnung zwischen 3 000 und 5 000.

Das Innenministerium hat ein Rückkehrberatungsbüro eingerichtet, das Informationen über Her­kunftsregionen weiterleitet und Auskünfte erteilt. Darüber hinaus werden den Rückkehrwilligen die Reisekosten abgedeckt. Organisierte Autobustransporte werden vom Innenministerium und den Bundesländern bezahlt. Im Bereich des Innenministeriums sind für diese Projekte rund 10 Millionen Schilling budgetiert.

Meine Damen und Herren! Ich habe mich bemüht, diese dringliche Anfrage unter Berück­sichtigung dessen, daß ich die statisti­schen Zahlen noch nachreichen muß und nachreichen werde – diese betreffen ein sehr sensibles Thema des Lebens in unserer Republik – zu beleuchten und den Stand­punkt der österreichischen Bundesregierung darzustellen. Ich habe niemals behauptet, daß es sich dabei um ein einfach zu bewältigendes Thema oder ein einfach zu bewältigendes Problem handelt. Ich möchte aber angesichts der sehr deutlichen Attacken der Begründerin der dringli­chen Anfrage gegenüber der Bundesregierung sowie gegenüber einzelnen Mitgliedern der Bun­desregierung doch sagen: Da hier immer wieder gesagt wurde: „zum Nutzen der Österreicher“, muß ich Ihnen, Frau Abgeordnete, aus meiner persönlichen Einschätzung sagen: Sie haben heute ein Plädoyer für Chauvinismus und Nationalismus gehalten! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Dieses Jahrhundert ist Zeuge dafür, daß Nationalismus Krieg erzeugt, daß Nationalismus Län­der zerstört und daß Nationalismus Völker zerstört. – Das zu verursachen, mute ich Ihnen nicht zu, dazu sind Sie nicht bedeutend genug. Aber jetzt weiß ich, warum Sie in jedem zweiten Satz sagen, daß Sie eine anständige Politik betreiben und wir eine unanständige (Abg. Dr. Graf: Aber Sie sagen es! – Abg. Scheibner: Eine unglaubliche Frechheit! – Abg. Mag. Stadler: Sagt der Häupl; Häupl wie Löschnak!): Wer nämlich ununterbrochen, in jedem zweiten Satz sagen muß, daß er anständig ist, setzt sich dem Verdacht aus, es gar nicht zu sein. – Und das ist das Ver­dienst dieser Ihrer dringlichen Anfrage. (Anhaltender Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.09


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Die Redezeiten in der Debatte betragen nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung pro Redner maximal 15 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. Er hat das Wort.

17.10


Abgeordneter Dr. Jörg Haider¦ (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, ich spreche Sie besonders an, denn Sie haben uns an sich ein großes Kompliment gemacht, ein Kompliment, das durch Ihre Äußerungen unterstrichen wurde. Die Begründung und Berechtigung dieser Sondersitzung wurde durch niemanden so deutlich gemacht wie durch Sie, indem Sie zugeben mußten, daß Sie in Wirklichkeit keine Ahnung von den Kosten dieses Integrationspaketes haben, das Herr Einem mit Herrn Khol ausgehandelt hat und das mehr als 150 000 Zuwanderer zusätzlich nach Österreich bringen soll. Da stellt sich der Kanzler, der vor wenigen Wochen noch in seiner Regierungserklärung gesagt hat: Jedes Gesetz muß genau auf seine Kosten abgetestet werden, vorher darf es überhaupt keine Gesetzes­initiativen mehr geben!, her, läßt eine Initiative zu, in der es um Milliardenbeträge geht – für Schulen, für Kindergärten, für Wohnen –, und er hat keine Ahnung davon, was das wirklich kostet. Damit haben Sie schon deutlich gemacht, wie berechtigt die heutige Intervention der Frei­heitlichen in Sachen Ausländerpolitik ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Was Ihre Zahlen betrifft: Ich habe die offiziellen Zahlen des Arbeits­marktservice. Sie reden davon, daß die Zahl der Beschäftigungsbewilligungen für Ausländer zurückgeht. Ich lese Ihnen vor: Bereinigte Ausländerzahl: 273 975, Bundeshöchstzahl für 1996 263 000, mit der jetzt vom Sozialminister verordneten Aufstockung kommen Sie auf 296 000.

Oder die Landeshöchstzahlen: 205 500 Beschäftigungsbewilligungen, tatsächlich erteilt worden sind aber 317 000 – das sind um 54 Prozent mehr, als festgelegt worden war. Da stellen Sie sich her und sagen: Das ist alles kein Problem!

Ich darf Sie daran erinnern, daß Ihre eigenen Gewerkschaftsfreunde – ich muß das jetzt auch nach hinten zeigen (der Redner zeigt eine Kopie in Richtung Regierungsbank) – vor nicht allzu langer Zeit noch einen Abbau der Zahl der Gastarbeiter gefordert haben, mit der Schlagzeile: „Gewerk­schaft fordert Gastarbeiter-Abbau“. (Abg. Mag. Stadler: Das sind Chauvinisten!) Der­selbe Bundeskanzler sagt: Wir werden schauen, daß sich die Beschäftigungsverhältnisse festi­gen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen eines, Herr Bundeskanzler: Wenn Sie das akzeptieren und sagen, das sei in Ordnung, die Freiheitlichen aber sagen, wir hätten zuviel Ausländerbeschäftigung und zu viele Ausländer in Österreich, wir müssen über eine Reduzierung nachdenken, und Sie dann darauf antworten: Das ist Nationalismus!, dann haben Sie Ihre Verantwortung als Bundeskanzler nicht verstanden! Österreichbewußtsein bedeutet: für das Land und für die Menschen patriotisch verantwortlich zu sein und nicht für das Ausland. Und das ist die Politik, die wir hier machen wollen. Das ist jene Politik, zu der Sie sich bekennen sollten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ihr Vorgehen ist sorglos, verantwortungslos und rücksichtslos gegenüber den Österreichern. Es sind bereits eine Million Ausländer bei uns, und das Einem-Khol-Paket würde nach Schätzungen der Vorarlberger Landesregierung mindestens 153 000 Zuwanderer bringen – in Vorarlberg ist eine ÖVP-Landesregierung von einem ÖVP-Landeshauptmann geführt. 153 000 zusätzliche Zuwanderer! Und angesichts dessen gehen Sie her und sagen: Das ist alles kein Problem!

Herr Bundeskanzler! Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß vor wenigen Tagen die Gewerkschaft selbst davon gesprochen hat, daß wir der Gefahr ausgesetzt sind, Lohnkür­zungen zu erleiden, daß es durch eine verfehlte Ausländerpolitik ein Lohndumping gibt, daß Herr Verzetnitsch selbst angeregt hat, gegen das Lohnraubrittertum zu Felde zu ziehen, den Verdrän­gungswettbewerb von Ausländern und Inländern zu beseitigen. (Abg. Mag. Stadler: So ein Chauvinist!) Da können Sie doch nicht sagen: Es ist alles paletti! – Gehen Sie einmal heraus aus Ihrem Elfenbeinturm, widmen Sie sich den tatsächlichen Problemen dieses Landes, schauen Sie, wie es heute in der Wirtschaft zugeht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Natürlich gibt es einen Verdrängungswettbewerb. Wenn wir im heurigen Jahr im Schnitt 270 000 Arbeitslose haben werden und rund 270 000 Ausländer da sind, so ist das ein Verdrän­gungswettbewerb – ob es Ihnen paßt oder nicht. Sie beschließen dann ein Sparpaket und stellen fest, daß wir Familienbeihilfen nicht mehr leisten können, Karenzgeld kürzen müssen, Geburtenbeihilfen streichen müssen und vieles mehr. Und der Bundeskanzler sagt: Weil wir uns das nicht leisten können, müssen die österreichischen Familien Zurückhaltung üben und tiefer in die Tasche greifen. Auf der anderen Seite aber sagt er: Wir lassen noch ein paar Tausend herein – Kinder, Mütter, die alle mitversichert sind, die Kindergartenplätze haben wollen.

Fragen Sie die Gewerkschaft! 220 000 Kindergartenplätze fehlen in Österreich, und dann holen wir noch 50 000 oder 70 000 Kinder herein, die auch Kindergartenplätze brauchen – das ist meines Erachtens verantwortungslos! Wenn man jemanden einlädt, hierher zu kommen, für ihn aber nicht die Voraussetzungen gegeben sind, hier human leben zu können, ist das verantwor­tungslos, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie reden davon, daß es auf dem Arbeitsmarkt kein Problem ist, wenn junge Ausländer herge­holt werden, die eine Lehre machen wollen, die einen Lehrplatz haben wollen, aber dieselbe Bundesregierung bringt es nicht zuwege, Lehrstellen für die Österreicher bereitzustellen. Kollege Schieder! 35 Prozent weniger Lehrstellenangebote gibt es heuer dank dieser Bundesregierung. Und dann werden Tausende hereingeholt, die auch eine Lehrstelle brauchen, wodurch sich die österreichischen Lehrlinge mit den ausländischen Lehrlingen um die Ausbildungsplätze balgen müssen, weil die Regierung die notwendigen Voraussetzungen nicht geschaffen hat. Ist das jener soziale Frieden, den Sie schaffen wollen?

Ich meine daher, daß wir Freiheitlichen schon recht damit tun, wenn wir Ihnen sagen, daß Sie in der Ausländerpolitik eine Kehrtwendung machen müssen. Aber wir nehmen zur Kenntnis, daß der Herr Bundeskanzler heute noch einmal gesagt hat, daß dieses Einem-Integrationsmodell jetzt durchgezogen wird, wir reden zwar noch ein bißchen, aber es wird durchgezogen. – Ich sage Ihnen: Da werden Sie unseren erbitterten Widerstand ernten und auch jenen der gesamten Be­völkerung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sind anscheinend wirklich ein ziemlich Ahnungsloser, da Sie das heute verteidigt haben. Das Mildeste, das ich Ihnen noch zugestehe, ist Ahnungslosigkeit. Sie haben sich dieses Paket in Wirklichkeit nie angeschaut, Herr Bundeskanzler! Denn im Begutachtungsverfahren heißt es: 153 000 Ausländer mehr in Österreich in den nächsten vier Jahren – also nicht weniger, wie Sie behauptet haben.

Wenn Sie sagen, eine Quote regle das alles, dann sage ich Ihnen: Wer die Gesetzesstellen liest und sich auch den Entwurf und die Begutachtung anschaut, wird draufkommen, daß über den Umweg des Asylwerberstatus jeder auch außerhalb der Quote eine Daueraufenthaltsbewilligung erreichen kann. Wer sich den Entwurf anschaut, weiß, daß falsch argumentiert wird betreffend die Familienzusammenführung. Diese ist nach der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht geboten. Wer sich den Entwurf anschaut, weiß, daß alle Illegalen, die in Österreich sind, durch diese Maßnahme legalisiert werden sollen.

Herr Bundeskanzler! Wollen Sie 250 000 Fremde, die sich illegal in Österreich aufhalten, so mir nichts, dir nichts legalisieren? Das haben Sie heute hier verteidigt, und das bekämpfen wir ganz massiv, denn Arbeit muß zuerst für die Österreicher und die hier lebenden Menschen ge­schaffen werden und nicht für jene, die sich nicht rechtmäßig im Land aufhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch.)

Das war doch die Kritik. Die Bundesländer haben vernichtende Kritik geübt, der ÖGB hat Kritik geübt, die Arbeiterkammern haben Kritik geübt, das Innenministerium hat Kritik geübt. Ich könnte Ihnen hier seitenweise zitieren, wo in den Stellungnahmen der Bundesländer Vorarlberg und Oberösterreich davon gesprochen wird, daß der Ausländerzuzug verstärkt wird. (Abg. Mag. Stadler: Wir haben interne Papiere!)

Meine Damen und Herren! Und dann geht der Herr Bundeskanzler her und sagt: Wir machen eine Beschäftigungsoffensive, das kommt schon alles ins Lot. Vergessen Sie bitte nicht, daß Herr Verzetnitsch – er ist doch Gewerkschaftspräsident – vor wenigen Tagen gesagt hat: Die Regierung soll mehr für Jobs tun. Er hat gesagt: Bei uns wird so getan, als bräuchten wir nur niedrige Löhne und alle unsere Probleme wären gelöst. Und dann hat er hinzugefügt: Auf der ECOFIN-Tagung der EU-Finanzminister waren die Arbeitsplätze wieder nur ein Nebenthema. Derselbe Bundeskanzler, der das zum Nebenthema bei den Europatagungen macht, stellt sich hier ins Parlament und sagt: Wir werden all das gesamteuropäisch lösen!

Herr Bundeskanzler! Sie tragen hier Verantwortung für die Österreicher, für die österreichische Bevölkerung! Flüchten Sie nicht nach Europa, sondern machen Sie hier eine Wirtschaftspolitik, die Beschäftigung schafft, die Dynamik erzeugt und die nicht Arbeitslosigkeit produziert! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein Anton Benya, der heute bei der Debatte Gast war, hätte es sich nicht gefallen lassen, Herr Kollege Verzetnitsch, so abgeschasselt zu werden, indem man sagt: Wir machen das Inte­grationspaket trotzdem, obwohl Ihre massiven Bedenken angeführt wurden! Sogar der SPD-Klubobmann Scharping hat vor kurzem gesagt: In einem Land, in dem es vier Millionen Arbeitslose gibt, macht es keinen Sinn, 800 000 Arbeitserlaubnisse an Ausländer zu erteilen. Da muß erstmals dem deutschen Arbeitnehmer recht gegeben werden!

Meine Damen und Herren! Nichts leichter als das. Sie könnten das hier auch machen. Der Herr Bundeskanzler aber kündigt eine Beschäftigungsoffensive an, die keine ist, und sagt heute im Pressedienst: Wir brauchen so viele Ausländer, weil die österreichischen Arbeitnehmer nicht mehr alle Arbeiten übernehmen, die zu machen sind. – Das ist wohl wirklich die größte Frech­heit!

Gehen Sie einmal zu „Milchfrisch“ in Wien, dann wundern Sie sich, daß dort bei an sich guter Bezahlung fast nur Ausländer tätig sind, nur ein verschwindend geringer Prozentsatz Öster­reicher.

Gehen Sie in die Bauwirtschaft, reden Sie einmal mit den Bauarbeitern, die Leute werden Ihnen sagen: Die Trennungszulage streichen sie uns, die Regie- und Akkordzulage streichen sie uns, 7 000, 8 000, 9 000 S Einkommensverlust müssen wir in Kauf nehmen, weil man uns damit droht, durch billigere Ausländer ersetzt zu werden. – Sie haben keine Ahnung, wie die Dinge heute in der Realität ausschauen! Und das ist das, was wir Ihnen vorwerfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wer sich dagegen stemmt, wird sofort für geistig umnachtet erklärt. Herr Khol hat der Gewerk­schaft gleich einmal ausrichten lassen – wenn ich die „Salzburger Nachrichten“ richtig zitiere –, bei der Gewerkschaft seien alle Sicherungen durchgebrannt, weil sie das wunderbare Inte­grationspaket des Herrn Einem kritisiert hat. – Wenn die Bauarbeiter am Stammtisch sagten, beim Khol und beim Einem sind die Schrauben ein bißchen locker geworden, weil sie dieses Paket machen, würden Sie sich auch beschweren. Also reden wir über die Dinge, wie sie wirklich sind, dann kommen wir nämlich zu dem Ergebnis, daß im Grunde genommen hier ein Zusammenhang besteht, der gefährlich ist.

Sie sagen, wir werden restriktiv vorgehen, aber in Wirklichkeit wurden in den letzten fünf Jahren allein in Wien aufgrund von vorzeitiger Verleihung von Staatsbürgerschaften 50 000 Leute zu neuen österreichischen Staatsbürgern, damit sie über diesen Umweg leichter zu Gemeinde­wohnungen kommen. Das ist der Schmäh, mit dem gearbeitet wird!

Es wird gesagt, Österreich sei kein Einwanderungsland. Das sagt die Bundeswirtschaftskammer in einem Inserat, das sagen die Länder Vorarlberg und Tirol, das sagt der ÖGB. – Herr Khol behauptet auf einmal, Österreich sei ein Einwanderungsland. Herr Swoboda sagt aufgrund einer Studie, mehr als 6 000 Zuwanderer halte Wien nicht aus – in den letzten Jahren sind es 25 000 gewesen, und mit dem Einem-Paket will man auf 35 000 kommen!

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Das ist gefährlich! Und ich sage Ihnen auch, warum Sie diese Politik machen: Weil Sie wissen, daß Ihnen die Österreicher immer weniger das Vertrauen geben werden, schaffen Sie sich ein neues Volk hier in Österreich. 9 000 zusätzliche Einbürgerungen in Wien sind ist ein verläßliches Mandat, das Sie sich schaffen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny.) Und Sie machen auch entsprechend Propaganda. Aber ich sage Ihnen: Bevor Sie beginnen, das Volk auszutauschen, werden wir dafür werben, daß Sie ausgetauscht werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt ein schönes arabisches Flugblatt, das ich Ihnen nicht vorenthalten will. Im Titel steht – ich zitiere –: „Achi l – c´arabi ukhti l – c arabiya madha yuridu Dr. Haider wa – hizbuhu mina c – ajanib.“ (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Wissen Sie, was das heißt? Es heißt: „Was hat Haider, liebe arabische Schwestern und Brüder, mit den Ausländern vor? Er hat vor, daß er die vorzeitige Einbürgerung nicht mehr genehmigen wird“ – na klar, das kritisieren wir –, „er hat vor, daß er den Familiennachzug nicht genehmigen wird. Daher müßt ihr alle SPÖ wählen.“ – So wird Propaganda gemacht: Wählt alle SPÖ! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das ist Ihr Austauschprogramm, meine Damen und Herren! Wir verwahren uns dagegen, daß die Österreicher beiseite geschoben werden und eine Zuwanderungspolitik gemacht wird, die auf dem Rücken der arbeitenden Bevölkerung in Österreich ausgetragen wird. Dagegen werden wir auftreten! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Sehr tief!)

Herr Bundeskanzler! Wenn wir schon dabei sind: Sie haben gesagt, diese Reintegration der Ausländer komme nicht in Frage. Ich frage Sie: Warum gab es dann etwa die Schlagzeile: „Höchste Zeit für Rückkehrprämie“? Das sagte die sozialistische Fraktion in der Arbeiter­kammer. „Rückkehrbeihilfe zu AK-Anliegen machen“. Also doch für die Rückkehrhilfe! (Rufe bei den Freiheitlichen: Lauter Chauvis!) „Rückkehrprämie wird befürwortet“ – von Ihrem Ver­handlungsfreund in Vorarlberg, Herrn Herbert Sausgruber. Er ist für die Rückkehrprämie, also auch ein Chauvinist, auch ein solch böser Ausländerhasser. (Abg. Mag. Stadler: Noch ein Chauvinist!)

Ich würde Ihnen, Herr Bundeskanzler, empfehlen, einmal zu überprüfen, ob Sie wirklich noch Bundeskanzler der Österreicher sein wollen. Denn wenn Sie das sein wollen, dann werden Sie sich bemühen müssen, zuerst auf Ihre eigenen Leute zu schauen und nicht Politik zu machen, die auf dem Rücken der Arbeitslosen, auf dem Rücken der fleißigen Leute in diesem Lande ausgetragen wird, nur um sich ein neues Wählerpublikum zu schaffen, das Sie vielleicht in Zukunft wählen wird, wenn Ihnen die Österreicher das Vertrauen versagen! (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.25


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. Gleiche Redezeit.

17.25


Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny¦ (SPÖ): Herr Abgeordneter Haider! Ich möchte Ihre letzten Worte aufgreifen und sagen: Dieser Bundeskanzler ist der Bundeskanzler der Österreicher (Widerspruch bei den Freiheitlichen), und er ist ein Bundeskanzler, der sich für dieses Land nicht schämt und es nicht als ideologische Mißgeburt betrachtet, so wie Sie das machen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich habe Verständnis dafür, daß man in der Politik manchmal zu gewissen Vereinfachungen bereit sein muß (Abg. Mag. Stadler: Araber in der Sozialistischen Partei!), aber man muß auch sagen: Es gibt schreckliche Vereinfachungen, es gibt solche, die zu Verzerrungen, zu Irre­führungen werden. Und es gibt die schrecklichen Vereinfacher, die zu Demagogen werden. Ihre heutige Anfrage und Ihre heutigen Reden waren genau dafür ein Beispiel.

Ich möchte nur eine kleine Facette herausgreifen: In der Frage 14 etwa wird ganz harmlos gefragt, ob zwischen der Forderung der Frau Minister Konrad nach einer zusätzlichen Kinder­gartenmilliarde und dem zu erwartenden Integrationspaket ein inhaltlicher Zusammenhang besteht. – Frau Partik-Pablé weiß natürlich, daß diese Frage unsinnig ist. Aber die Methode be­steht genau darin, unsinnige Verknüpfungen zu versuchen. Das heißt, hier wird Fremden­feindlichkeit mit Frauenfeindlichkeit verbunden, eigentlich sollten Sie sich dafür schämen, Frau Abgeordnete Partik-Pablé. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In dieser Anfrage wird immer wieder Bezug genommen auf die Interessen der österreichischen Arbeitnehmer. Lassen Sie mich dazu ganz klar folgendes sagen, Herr Abgeordneter Haider: Die Interessen der österreichischen Arbeitnehmer werden nicht von denen vertreten, die in diesem Land Hysterie und Unruhe schüren. Die Interessen aller Österreicher werden von denen vertre­ten, die ruhig und mit Erfolg daran arbeiten, daß Österreich heute wirtschaftlich besser dasteht als fast jedes andere europäische Land, daß Österreich ein gesuchter Standort ist für große internationale Investitionen, die die Zukunft der Arbeitsplätze sichern, daß in Österreich für eine gute Ausbildung unserer Arbeitnehmer gesorgt wird, daß in Österreich ein Strukturwandel eingeleitet wurde, der tatsächlich allen zugute kommt und es möglich macht, die Chancen in Europa zu nutzen. Darum geht es: gemeinsam für alle Menschen in Österreich zu arbeiten – nicht darum, eine Gruppe gegen die andere auszuspielen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Ellmauer.)

Ich möchte aber, Hohes Haus, noch etwas hinzufügen, das im weiteren Verlauf dieser Debatte wahrscheinlich auch eine Rolle spielen wird: Es gibt die Seite derer, die mit Unterstellungen die Angst vor Ausländern schüren, wie das hier in dieser Anfrage der Fall ist. Es gibt aber auch eine andere Seite, die von durchaus achtenswerten moralischen Prinzipien ausgeht, deren Über­tragung aber ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Folgen wäre.

Wir Sozialdemokraten sehen uns hier in der Pflicht einer Verantwortungsethik, so wie das Bundeskanzler Vranitzky in seiner Anfragebeantwortung hier dargestellt hat. Das heißt klar: Wir stehen in der Ausländerpolitik auf der Ebene der Vernunft der Mitte: soviel Offenheit wie mög­lich, soviel Restriktion wie nötig – und das im Interesse aller davon betroffenen Menschen in Österreich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein wesentlicher Punkt gerade der Ausländerfrage – das heißt in der Frage des Verhältnisses zu unseren ausländischen Mitmenschen – ist, daß das ein Bereich ist, der sehr viele Dimensionen aufweist; und auf einige dieser Dimensionen möchte ich eingehen.

Das erste, was mich hiezu berührt, ist die menschliche Dimension. Ich möchte Sie an ein Wort von Friedrich Dürrenmatt erinnern, der gesagt hat: Arbeitskräfte haben wir gerufen, Menschen sind gekommen. Und zwar Menschen, die nicht nur arbeiten, sondern Menschen, die auch An­gehörige haben.

Wir sehen auch anhand der Statistiken: Die Dynamik im Ausländerbereich geht heute nicht vom Arbeitsmarkt aus, sondern von der Entwicklung der Wohnbevölkerung. Das ist eine Entwicklung, die kein österreichisches Spezifikum ist. Es ist so in praktisch allen reichen Staaten Europas. Sie betrifft die menschlichen Aspekte derer, die kommen, aber sie betrifft selbstverständlich auch – und das ist uns genauso wichtig – die menschlichen Aspekte derer, die hier sind, das heißt derer, die in diesem Land, in ihrer speziellen Gegend, in ihrer Gemeinde, in ihrer Straße ihre Heimat haben.

In dieser Situation unterschiedlicher Erwartungen, unterschiedlicher Lebensformen darf es nicht dazu kommen, daß Ängste geschürt werden. Da ist es notwendig, Sicherheit und Humanität für alle Menschen zu vermitteln. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist uns bewußt, daß es dazu bestimmter Begrenzungen bedarf, und zwar sowohl Begren­zungen in bezug auf den Arbeitsmarkt als auch Begrenzungen in bezug auf die Wohnbe­völkerung. Die Aufgabe, Ängste abzubauen und Sicherheit zu vermitteln, ist aber vor allem auch eine Integrationsaufgabe. So etwas kann nicht befohlen werden, das muß sich entwickeln, muß Ruhe haben, sich zu entwickeln. Gerade dort, wo diese Probleme besonders stark auftreten, etwa in den Städten, wird ja von verantwortungsbewußten Kommunalpolitikern an dieser Politik des Gesprächs gearbeitet – in Wien etwa von Michael Häupl, in Linz von Franz Dobusch.

Ich kann aus eigenen Erfahrungen sagen: Wir planen in Linz einen Ausländerbeirat. Leider wird das derzeit noch von der FPÖ und auch von der ÖVP blockiert. Es geht darum, Formen des Gespräches zu entwickeln, es geht um Information, es geht darum, Angst abzubauen, und es geht nicht darum, Angst zu schüren, wie das die FPÖ tut.

Ich muß sagen, es war ja geradezu absurd, als die Abgeordnete Partik-Pablé heute hier von einem São-Paulo-Horrorszenario gesprochen hat – wobei ich der FPÖ-Fraktion zugute halten muß, daß einige Abgeordnete es wenigstens gewagt haben, dazu zu grinsen. Also ein bißchen selbständiges Denken haben sich manche noch bewahrt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur wirtschaftlichen Dimension: Wir haben auf dem Arbeitsmarkt etwa 8 Prozent ausländische Arbeitskräfte. Wobei man sich über eines im klaren sein muß: Der Arbeitsmarkt ist kein einheitlicher Markt, es gibt sehr unterschiedliche Menschen – bezüglich Qualifikation, Ausbildung und so weiter. Es kann nicht einfach der eine gegen den anderen ausgetauscht werden.

Ich stimme völlig dem zu, was ein bedeutender Wirtschaftsfachmann gesagt hat – ich zitiere wortwörtlich –: „Zu glauben, hohe Arbeitslosigkeit durch Abbau von Ausländern bekämpfen zu können, ist die dümmste Milchmädchenrechnung, die ich je gehört habe.“ – Diese Aussage wurde am 5. Februar 1996 von FPÖ-Wirtschaftssprecher Prinzhorn getätigt. Wenn er wieder einmal hier ist, sollte Kollege Prinzhorn sich vielleicht mit dem „Milchmädchen“ Jörg Haider einmal darüber unterhalten.

Ich möchte aber noch einen anderen Punkt ansprechen. Natürlich müssen wir im ökonomischen und auch im gesamtpolitischen Interesse verhindern, daß ausländische Arbeitskräfte als Lohn­drücker, als industrielle Reservearmee mißbraucht werden. Es wäre falsch, jetzt einfach zu sagen, die Gewerkschaften sollen darauf schauen, daß ordentliche Löhne gezahlt werden. Genau diese Aufgabe haben die Gewerkschaften ja vor Jahren übernommen. Man muß eben deutlich sehen, daß der Arbeitsmarkt nach marktwirtschaftlichen Regeln funktioniert: Wenn das Angebot steigt und die Nachfrage konstant bleibt, entsteht natürlich ein Druck auf die Effek­tivverdienste, den die Gewerkschaften zwar abschwächen, aber nie ganz verhindern können. (Abg. Mag. Stadler: Da schau her! Und da brauchen wir noch mehr Arbeitskräfte?) Zu Ihren Ar­gumentationen komme ich noch. Sie werden das genau sehen. (Abg. Mag. Stadler: Das ist ja richtig, was Sie sagen!) Warten Sie etwas!

Man muß eben sehen, wo die Interessenkonstellationen liegen. Für die Unternehmerseite ist es immer günstig, mehr ausländische Beschäftigte zu verlangen und die sozialen Kosten der Integration auf den Staat zu verlagern. Es ist noch nicht sehr lange her, daß ein prominenter Unternehmer gemeint hat: Wir brauchen Arbeitskräfte wie einen Bissen Brot! – Wer war es? – Der Wirtschaftssprecher der FPÖ, Prinzhorn, am 5. Februar 1996. Herr Stadler! Anscheinend gibt es Erklärungsbedarf in ihren eigenen Reihen, den Sie beseitigen sollten, bevor Sie hier demagogisch auftreten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll. – Abg. Mag. Stadler: Was Sie hier offerieren, ist Gewerkschaftspolitik, aber die Regierung reagiert nicht darauf!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht auf andere Aspekte der Ausländerpolitik eingehen. Wichtig ist, daß man hier seriös, ruhig, konkret diskutiert. Wichtig ist eine Politik der Kontinuität, der Berechenbarkeit, daß man nicht je nach Stimmungslage von einem Extrem ins andere schwankt.

Es ist richtig, daß zum Beispiel in der Euphorie der Ostöffnung und einer kurzen Zwischen­konjunktur massiver Druck auf Öffnung des Arbeitsmarktes entstanden ist. Es wurde der damalige Sozialminister massiv kritisiert, und das Ergebnis war tatsächlich, daß wir in den Jahren 1989 bis 1991, also innerhalb von zwei Jahren, einen Zustrom von fast 100 000 aus­ländischen Arbeitskräften zu verzeichnen hatten. Das war natürlich mehr, als auf Dauer sozial verkraftbar ist. Wir erleben jetzt die Nachwehen dieser Spannungen.

Die FPÖ hat sich in ihrer Anfrage auf diese Entwicklung bezogen. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der FPÖ! Sie haben aber in Ihrer Darstellung dieser Entwicklung eine „Klei­nigkeit“ vergessen: Ihre eigene Rolle bei dieser Entwicklung. Aus einer Fülle von Aussendungen aus dieser Zeit, die ich mir herausgesucht habe, möchte ich Ihnen nur zwei vorlesen.

Haider-Pressekonferenz vom 11. Mai 1990, Haider sagte: „Entgegen allen anderslautenden Äußerungen sei die Arbeitsmarktverwaltung in der Frage der Beschäftigungsbewilligungen nach wie vor in keinster Weise kooperativ. Er kenne zahlreiche Beispiele, so Haider, wo Ausländer zum Beispiel in Gastgewerbebetrieben in Kärnten beschäftigt werden könnten, aber keine Arbeitsbewilligungen erhielten.“ (Abg. Madl: Vor sechs Jahren war noch eine andere Situation!) – Sie melden sich zu Recht, denn Sie kommen auch dran.

Der Bundesvorstand des Rings Freiheitlicher Wirtschaftstreibender hat im Juni 1990 eine Reso­lution beschlossen, in der es heißt: „Der aktuelle ökonomische Aufschwung in Österreich bewirkt in wirtschaftlichen und sozialen Bereichen ein steigendes Bedürfnis nach Arbeitskräften, wel­ches der inländische Arbeitsmarkt nicht mehr zu befriedigen vermag.“ (Abg. Dr. Krüger: Das war 1986!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die klassische FPÖ-Strategie: Vor Kärntner Gastwirten verlangt man mehr ausländische Beschäftigte, und in Wien macht man einen Anti-Ausländer-Wahlkampf. Das ist Politik Haider pur! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Bundesregierung hingegen hat besonnen und richtig reagiert, und heute haben wir eine Entwicklung zu verzeichnen, die den tatsächlichen Anforderungen entspricht. Ich nenne Ihnen die konkreten Zahlen: Im Jahr 1995 hat es insgesamt 15 000 Erstanträge auf Beschäftigungs­bewilligung gegeben; davon waren 7 000 Erntehelfer, 1 300 waren Menschen, die wir als Füh­rungskräfte aus dem Ausland brauchen, und der gesamte Rest war zweite Generation, das heißt Menschen, die schon seit ihrer Kindheit hier sind, in österreichische Schulen gegangen sind. Ich glaube, auch Sie stimmen zu, daß es vernünftig ist, diesen Menschen die Chance zu geben, in Österreich Fuß zu fassen, in Österreich zu arbeiten, und nicht zum Nichtstun verurteilt zu sein. – Soviel zu den Zahlen. Man muß sich diese Zahlen konkret ansehen, bevor man Horrorszenarien à la São Paulo und ähnlichem hier entwickelt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich wissen wir, daß wir in einer Welt der gewaltigen Wohlstandsunterschiede leben. (Abg. Mag. Stadler: Das ist eine Studie der Ge­meinde Wien! „São Paulo“ stammt aus einer Studie der Gemeinde Wien, nicht von uns!) Sie verwechseln, glaube ich, São Paulo mit St. Pauli, das ist wahrscheinlich Ihr Problem. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie sollten sich mit den Studien einmal ausführlicher auseinandersetzen! (Abg. Mag. Stadler: Die Wiener SPÖ sagt das! Hatzl und Svihalek sind keine Freiheitlichen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was unser Land und was seine Bewohner brauchen, ist, nicht Hysterie zu schüren, nicht Ressentiments zu schüren, sondern ehrlich zu sein!

Zur Ehrlichkeit noch eine letzte Anmerkung, es handelt sich dabei um eine besondere Pikan­terie: Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat heute hier gesagt, die Eingreiftruppe gegen illegal Beschäftigte sei zahnlos. – Also ganz kann das nicht stimmen, denn immerhin hat diese in letzter Zeit etliche erwischt, die Leute illegal beschäftigen – es waren zu einem erheblichen Teil FPÖ-Leute. Interessanterweise mußten bis jetzt von keiner anderen Partei so viele Funktionäre zurücktreten, weil sie illegal Ausländer beschäftigt hatten.

Ich erinnere an den Fall des Landtagsabgeordneten Engl, der wegen illegaler Ausländer­beschäftigung zurücktreten mußte. Das war erst im Oktober 1995, ist also noch nicht lange her. Und jetzt im Sommer 1996 wollen Sie in Wien einen Ausländerwahlkampf führen!

Ich erinnere an Stadtrat Ruthofer, der in Wolfsberg auf Ihrer Nationalratsliste war und der illegal Ausländer beschäftigte. Das besonders Empörende und Pikante liegt ja darin, daß eine diesbe­zügliche Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft, und zwar bei einem Bezirkshaupt­mann, der jetzt FPÖ-Landtagsabgeordneter ist, vier Jahre lang nicht behandelt wurde. Das heißt, wenn es sich um Angelegenheiten unter FPÖ-Funktionären handelt, dann ist Schwarz­beschäftigung offensichtlich ein Kavaliersdelikt. So soll man es aber nicht spielen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist auch eine Dimension der Ausländerfrage: die Frage der persönlichen Glaubwürdigkeit, die Frage der persönlichen Anständigkeit.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte um den Schlußsatz!


Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny¦ (fortsetzend): Ich möchte mit einem Zitat des großen Chur­chill schließen: „Da man als Politiker ohnehin nie weiß, wie das, was man tut, sich auswirken wird, kann man gleich das Anständige tun.“ – Herr Kollege Haider, wie wäre es, wenn Sie es so einmal probierten? (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.40


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.40


Abgeordneter Dr. Andreas Khol¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lange Zeit war Österreich selbst ein Auswanderungsland. Burgenländer, Tiroler mußten bis in die sieb­ziger Jahre hinein auswandern. Heute hat uns die soziale Marktwirtschaft einen Wohlstand gebracht, zu dem alle Bürger mit beigetragen haben. Heute muß aus Österreich niemand mehr auswandern, sondern es ist das Objekt der Wünsche von vielen, die in unserer sozialen Markt­wirtschaft arbeiten und leben möchten.

Meine Damen und Herren! In der Hochkonjunktur haben wir Fremde nötig gehabt: für schmutzige Arbeit, schwere Arbeit, Niedriglohnarbeit. Wir haben Arbeiter gerufen, und es sind, wie einmal treffend formuliert wurde, Menschen gekommen. Ich glaube, es steht uns allen an, das anzuerkennen. Wir haben Arbeiter gerufen, aber es sind Menschen gekommen, die ein An­recht darauf haben, menschlich behandelt zu werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ, beim Liberalen Forum sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben 1992 dem Umstand Rechnung getragen, auf den auch der Bundeskanzler hingewiesen hat: Die Grenzen sind aufgegangen, Mittel- und Osteuropa stand vor einer neuen Situation. Es gab dann plötzlich auch den unseligen und verhängnisvollen Konflikt auf dem Balkan. Meine Damen und Herren! Ich bin stolz darauf, daß die Österreicher in dieser Zeit Augenmaß, aber auch Herz bewiesen haben. Denn ich habe selten gehört, daß sich jemand beschwert hat, als Österreich auf dem Balkan geholfen hat und als wir den Leuten geholfen haben, die in Bedrängnis und Not, vor dem Krieg flüchtend, bei uns Zuflucht gefunden haben. Unsere Mitbürger haben in diesem Falle wirklich mit offener Hand und mit offenem Herzen geholfen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben 1992 dieser Koalitionsregierung gemeinsam das Aufenthaltsrecht, das Fremdenrecht und das Asylrecht neu beschlossen, nach den Grundsätzen, die zwischen Minister Löschnak und unseren Sicherheitssprechern – unter anderem Paul Kiss – entwickelt wurden. Wir stehen nach wie vor dazu, daß wir entsprechend der Konjunktur und der Arbeitslosenrate in Österreich den Zuzug von Ausländern für die Aufrechterhaltung vieler Dinge dann brauchen, wenn es in Österreich nicht die ausreichende Zahl von Arbeitskräften gibt. Einen Zuzug wollen wir nur dann gestatten, wenn Arbeit und Wohnung vorhanden sind und wenn er innerhalb der Quote stattfindet. Zu diesen Grundzügen der Fremden- und Asylpolitik der Bundesregierung des Jah­res 1992 stehen wir. Diese sollten auch in Zukunft beachtet werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Im Oktober 1995 hat es dann ein Intermezzo gegeben. Der neue Innenminister hat ein Integrationspaket eingebracht, dem die Volkspartei nicht zustimmen konnte. Es hat seinerzeit geheißen: Wenn das Integrationspaket, das nicht mit uns abgestimmt war, in den Innenausschuß kommt, werden wir ausziehen. Das war im Oktober letzten Jahres. Der Innenminister hat daraufhin dieses Integrationspaket nicht vorgelegt, weil wir dieser gene­rellen Änderung der bewährten Fremden- und Asylpolitik nicht zustimmen konnten und wollten.

Der Innenminister hat damals den Familiennachzug völlig freigeben wollen. Er wollte die An­tragstellung im Inland. Er wollte auch volljährige Kinder in den Familiennachzug einbeziehen. Er wollte die Kriminellen nur dann ausweisen, wenn sie mindestens zu zwei Jahren Strafe rechtskräftig verurteilt wurden, also schwer kriminell und Wiederholungstäter sind. Er wollte jenen, die keine Ausweise haben, Papiere geben. Das ist, wie wir wissen, eine bekannte Methode, um das Fremdenrecht zu umgehen. Er wollte die Drittlandsklausel de facto abschaffen und auch das verkürzte Asylverfahren.

Aus diesen Gründen konnten wir nicht zustimmen. Wir haben das verhindert und haben seither ein neues Paket verhandelt. Das Paket, das wir verhandelt haben, ist auf der einen Seite strenger und auf der anderen Seite humaner. Und diese Grundsätze wollen wir auch in der Gestaltung des Fremden- und Asylrechtes in Zukunft beachten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Familiennachzug in der Quote. Diesbezüglich gibt es Mißver­ständnisse vor allem in den Bundesländern. Ja wie kommt denn die Quote zustande? Die Quote kommt zustande aufgrund der Bundeshöchstzahl, die durch Verordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Hauptausschusses festgelegt wird, und aufgrund von Anträgen der Länder. (Abg. Dr. Haider: Schon um 54 Prozent überzogen!)

Wenn also ein Land den Antrag stellt, daß es keinen Zuzug will, dann gibt es eben keinen Zuzug. Ich erinnere mich an die letzte Quotenverordnung, wo beispielsweise das Land Vorarl­berg gesagt hat, die Quote, die auf Vorarlberg entfiele, sei ihm zu hoch, es wolle 1 000 weniger. Daraufhin wurden 1 000 weniger in die Quote genommen.

Hier liegen also Mißverständnisse vor. Der Familiennachzug ist natürlich von Fristen abhängig, von der Dauer des Aufenthaltes und davon, ob tatsächlich ein Familienleben geführt wird. Er bezieht sich nicht auf verheiratete volljährige Kinder, auch nicht auf Großeltern, sondern nur auf die Kernfamilie im engsten Bereich und muß innerhalb der Quote liegen, die regional gestaffelt ist und die den Wünschen der mit der Vollziehung betrauten Länder entspricht. Ich glaube, das ist eine vertretbare Regelung. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich verstehe auch manche Fragen nicht, die von freiheitlicher Seite gestellt werden. (Abg. Mag. Stadler: Das glaube ich!) Wenn Sie das Fremdenrecht und das Aufenthaltsrecht lesen, dann stellen Sie fest, daß in bezug auf Kriminalität und Arbeitsunwilligkeit beziehungsweise Miß­brauch unseres Sozialsystems eine Verschärfung enthalten ist. (Abg. Mag. Stadler: Der Saus­gruber sieht das aber anders!) Sausgruber sieht eben nicht alles. Auch das ist möglich. – Das heißt also, daß Arbeitsunwillige, solche, die nicht vermittelbar sind, solche, die das System mißbrauchen, auch leicht kriminelle Wiederholungstäter, keine Arbeitsgenehmigung, keine Aufenthaltsgenehmigung bekommen und abgeschoben werden.

Das heißt also: All das, was den Unwillen unserer Mitbürger erregt – der Mißbrauch unseres Systems, das Nicht-arbeiten-Wollen, wenn man arbeiten kann, Ladendiebstähle, Gewalttätigkeit, Alkohol am Steuer im Wiederholungsfall –, all diese Vergehen sollen in Zukunft sanktioniert werden. (Abg. Dr. Haider: Von welcher Regelung sprichst denn du? Das steht nicht im Gesetz!) Es steht im Gesetz. (Abg. Dr. Haider: Nein! Das ist die glatte Unwahrheit! Steht alles nicht im Gesetz! Die glatte Unwahrheit!)

Meine Damen und Herren! Auch bezüglich des Asylverfahrens wollen wir eine Neuregelung – diese haben wir auch durchgesetzt. Es gibt im Asylverfahren eine klare Regelung bezüglich des Asyls an der Grenze. Wir werden den Wünschen der flüchtlingsbetreuenden Organisationen und dem UNO-Hochkommissar entgegenkommen und in diesem Bereich ein Rechtsmittel einführen, aber wir werden dieses Asylrecht auch unter dem Aspekt: Nur wer Schutz vor Verfolgung sucht und wirklich verfolgt ist, soll Schutz erhalten! der Beschlußfassung im Nationalrat zuführen.

Meine Damen und Herren! Daher die Zustimmung zu diesem Integrationspaket-Neu. Es trägt unsere Handschrift. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Haider: 153 000 Zuwanderer tragen die Handschrift der ÖVP! Das hält man ja nicht mehr aus!)

Bezüglich der Familienzusammenführung möchte ich Frau Partik-Pablé etwas sagen: Auch ich habe mir den Fall Gül gegen die Schweiz beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angeschaut. Ich möchte dazu folgendes sagen, Frau Partik-Pablé: Sie sind eine Juristin, und Sie wissen, daß man nur Vergleichbares vergleichen kann. Der Fall Gül ist kein Fall eines Familien­nachzugs von jemandem, der in der Schweiz arbeitet und eine Aufenthaltsbewilligung für Ar­beitszwecke hat und seine Familie nachkommen lassen will, sondern das ist der Fall eines Invaliditätspensionsbeziehers, der aus humanitären Gründen in der Schweiz Aufenthalt hat. (Abg. Dr. Haider: Das kannst du jetzt nicht erklären mit den 153 000 Zuwanderern, mein lieber Freund!) Er arbeitet nicht in der Schweiz, hat keine Aufenthaltsbewilligung, sondern ist nur aus humanitären Gründen dort. Daher kann dieser Fall nicht verglichen werden mit den 120 000 Gastarbeitern in Österreich, die einen Befreiungsschein haben, die hier Steuern und Sozialver­sicherung bezahlen und die, wenn sie längere Zeit hier sind, natürlich – wie jeder andere Mensch auch – das Recht auf Familienleben haben. Man kann einem Menschen dieses Grund­recht, wenn er integriert ist, wenn er auf Dauer bleiben will, nicht absprechen – und dazu stehe ich! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haider: Was kostet eine Mitversicherung, Kollege Khol?)

Meine Damen und Herren! Wir werden daher die Mißverständnisse ausräumen und die Begutachtungsergebnisse berücksichtigen. Wir werden versuchen, den Anregungen nachzu­kommen, in das Fremdenrecht auch das Aufenthaltsrecht einzubauen. Wir werden das Asyl­recht zur Gänze neu beschließen, sodaß es übersichtlich ist. Wir werden im Ausschuß am 20. Juni auf der Grundlage einer Information des Innenministeriums eine ausführliche Dis­kussion haben. Wir werden die Anregungen berücksichtigen, werden einen neuen Begutach­tungsentwurf aussenden und dann neuerlich mit den Ländern und Sozialpartnern beraten. Aber eines sage ich Ihnen: Es wird unser Ziel sein, ein menschenrechtsverträgliches, den Wünschen der anständigen Österreicher entsprechendes Asyl- und Fremdenrecht zu beschließen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Öllinger: Die anständigen Österreicher!)

Die anständigen Österreicher, das ist der Großteil der Österreicher, das sind die Leute, die für Bosnien gespendet haben, das sind die Leute, die den Gastarbeitern gegenüber mit offenem Herzen auftreten, das sind die Leute, die keinen Fremdenhaß haben, das sind die Leute, die anerkennen, daß das gesamte Gesundheitswesen ohne die Mitarbeit der Ausländer zusam­menbrechen würde, die genau wissen, daß wir beim Straßenbau, in weiten Bereichen unserer Wirtschaft diese Menschen brauchen, und die nach dem Grundsatz handeln: Wir haben zwar Arbeiter gerufen, Menschen sind gekommen, und wir behandeln diese Menschen wie Menschen und sind keine Chauvinisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Meine Damen und Herren! Das, was ich nicht sehr goutiere, ist, was man volkstümlich „Wasser predigen und Wein trinken“ nennt. (Abg. Dr. Haider: Höchtl!) Und da möchte ich die freiheitliche Fraktion fragen, was sie zu dem Zeitungsbericht der „Kleinen Zeitung“ vom Samstag, 15. Juni 1996, sagt. Es sind das Arbeitsinspektorat und die Lebensmittelpolizei im Krumpendorfer Krop­fitsch-Bad tätig gewesen, das die FPÖ gepachtet hat. (Abg. Dr. Haider: Eben nicht! – Abg. Mag. Stadler: Nein! Das ist falsch!) Und dazu heißt es in der „Kleinen Zeitung“:

„Während Urlaubsgäste empört abreisten, nahmen Behördenvertreter das FPÖ-Bad und die Mitarbeiter genau unter die Lupe. Drei der Angestellten sind Ausländer, die laut Geschäftsführer vermutlich nicht einmal eine Arbeitsgenehmigung haben.“ (Aha-Rufe bei SPÖ und ÖVP.) – Das ist Wasser predigen und Wein trinken! Ich meine, wir sollten auch in diesem Bereich eine redliche Politik verfolgen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.54


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Haider gemeldet. Ich bitte im Sinne der Geschäftsordnung, den zu berichtigenden Sachverhalt und den berichtigten einander gegenüberzustellen. – Bitte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

17.54


Abgeordneter Dr. Jörg Haider¦ (Freiheitliche): Warum gibt es denn da solch eine Aufregung? Ich habe ja noch gar nichts gesagt. Schlechte Nerven?!

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Khol hat die Behauptung aufgestellt, die Freiheitlichen hätten einen Pachtbetrieb, in dem sie Schwarzarbeiter und Ausländer beschäftigen.

Ich stelle richtig: Wir haben keinen Pachtbetrieb, der Ausländer und Schwarzarbeiter be­schäftigt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Steibl eilt zum Präsidium und möchte Abg. Dr. Khol für eine persönliche Erwiderung melden.)

17.55


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Eine persönliche Erwiderung ist im Sinne der üblichen Hand­habung der Geschäftsordnung nicht möglich. Herr Kollege Khol, Sie wissen, daß Sie im berichtigten Sachverhalt nicht erwähnt wurden. – Wir haben immer die gleiche Praxis. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir werden das besprechen.

Ich gehe in der Rednerliste weiter: Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Kier. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Khol – in Richtung der Freiheitlichen –: Ich habe die „Kleine Zeitung“ zitiert und keine Behauptung aufgestellt! – Abg. Mag. Stadler: Du hast es kaum gesagt, willst du dich schon wieder distanzieren!)

17.56


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Debatte zur heutigen Dringlichen ist ein Vorgriff auf über­morgen. Übermorgen – das wurde schon einmal angedeutet, und ich sage es jetzt noch einmal – findet eine Sitzung des Ausschusses für innere Angelegenheiten statt, der sich mit dieser Materie beschäftigen soll, und zwar damit, wie sie reformiert werden soll. Das wollte ich er­wähnen.

In der Sache selbst ist sie aber das Ergebnis der Politik der Bundesregierung der letzten Jahre. Was hier noch nicht deutlich genug erwähnt worden ist: Es wurden 1992/93 Fremden­gesetze erlassen, die in vielerlei Hinsicht mehr als unbefriedigend waren, aber nicht nur unbe­friedigend, sondern die auch menschenrechtswidrige Ergebnisse gezeitigt und die tat­sächlich eine Situation erzeugt haben, mit der man in keiner Weise zufrieden sein kann.

Gerade wir Liberalen haben, seit wir in diesem Parlament als Fraktion auftreten, immer wieder gefordert, daß es endlich zu Reformen im Bereich der Fremdenrechte, zu Reformen im Bereich des Asylrechtes kommen möge, die endlich menschenrechtswürdige Standards bringen und Zustände beseitigen, die insbesondere für die betroffenen Menschen, die wir gerufen haben – ich knüpfe hier ganz bewußt an die Ausführungen des Kollegen Khol, aber auch des Kollegen Nowotny an; beide haben dieses Zitat verwendet – und teilweise in die Illegalität gedrängt haben, bevor sie es gemerkt haben, untragbar sind. Der Reformbedarf in diesem Bereich ist überevident.

Aber was war denn der Befund rund um diese damaligen Fremdengesetze? – Der Befund war, daß so wie heute – und das ist auch das Interessante – die freiheitliche Fraktion damals massiv gefordert hat, daß es zu Verschärfungen gegen Fremde, zu Verschärfungen zu Lasten der Menschenrechte kommt. Gegipfelt hat das Ganze schlußendlich im bekannten Ausländer­volksbegehren mit dem makabren Titel „Österreich zuerst!“

Die dringliche Anfrage liest sich ja auch interessant. Sie liest sich teilweise wie ein verhaltenes Lob für manches, was die Bundesregierung gemacht hat. Bundesminister Löschnak wird darin ausdrücklich gelobt. Es heißt: „Freiheitliche Vorstellungen wurden verwirklicht, indem, wenn auch zögernd, der Ausbau der Grenzschutztruppe in Angriff genommen und eine Ausweispflicht eingeführt wurde“ – und so weiter und so fort. Es war aber die Bundesregierung anscheinend nicht folgsam genug, und jetzt zeichnet sich womöglich sogar ab, daß sie noch unfolgsamer wird, weil sie unter dem Druck der Fakten, unter dem Druck der Tatsache, daß Österreich im Gutachten des UNHCR nicht mehr als sicheres Drittland anerkannt wird, zum Handeln gezwun­gen ist. Das heißt, ein Gutachten der Vereinten Nationen hat zum Ausdruck gebracht, daß in Österreich die Menschenrechtsstandards nicht mehr gesichert eingehalten werden und man daher Flüchtlinge nach Österreich nicht so ohne weiteres zurückschieben kann. Unter diesem Druck wird die Bundesregierung vielleicht etwas ändern. Wir wissen noch nicht, was heraus­kommen wird. Ich nehme Klubobmann Khol beim Wort, der hier vollmundig ein menschen­rechtsverträgliches Reformpaket versprochen hat. Man wird sehen, was wirklich kommt.

Es bewegt sich jedenfalls etwas, und das mag der Anlaß für diese dringliche Anfrage gewesen sein. Anders ist es schwer erklärbar, daß einerseits das, was hier im Gesetz steht, gelobt wird, andererseits die Effekte, die dabei herausgekommen sind, von den freiheitlichen Rednern so getadelt werden.

Es sind einige bemerkenswerte Sätze gefallen, zum Beispiel – wörtliches Zitat, nach meiner Mitschrift – sprach Kollegin Partik-Pablé, vom „leeren Gerede von den unteilbaren Menschen­rechten“. Ich finde, das mußte noch einmal zitiert werden. Was ist „das leere Gerede von den unteilbaren Menschenrechten“?

Oder ein anderes Zitat: „Ein Kind kostet 1 Million Schilling.“ – Sind wir in einem Land, in dem die Menschen als Kostenfaktor dieser Art bewertet werden? Was kostet ein Mensch, wenn ein Kind 1 Million Schilling kostet? Ist das ein Durchschnittswert? Was soll das heißen? Soll das heißen, daß man dieses Kind eliminieren muß, wenn man sich diese 1 Million sparen will? Was soll es heißen? – Und das vor dem Hintergrund einer demographischen Entwicklung, wobei jeder weiß, daß es ein reiner Streit um Worte ist, ob Österreich ein Einwanderungsland ist oder nicht, ein Streit um Etiketten. De facto benötigen wir Zuwanderung, alleine schon aus demographischen Gründen. Wir sind in der glücklichen Lage, eines der reichsten Länder Europas zu sein und Menschen zu benötigen, also noch nicht einmal Menschen aufnehmen zu müssen, weil es nicht anders geht, sondern weil wir sie brauchen. – Also wir können menschlich sein und helfen uns dabei selbst. Ich meine, das ist sicher nicht die unangenehmste Lage, in der man sich befinden kann.

Wenn sich jetzt der Widerstand der Freiheitlichen so massiv insbesondere gegen die Familien­zusammenführung richtet, die menschenrechtlich unbestritten ist – nur den Freiheit­lichen bleibt es vorbehalten, die Menschenrechtskommission als nicht existent zu bezeichnen –, dann frage ich mich, was die Alternative sein sollte. Die Freiheitlichen meinen, es sollte einen Einwan­derungsstopp geben, keinerlei Zuwanderung, insbesondere keine Familienzusammenführung, das heißt auch keine Kinder, die mit ihren Eltern kommen, die Fremde sind. Das heißt wohl in Konsequenz, wenn man die demographische Entwicklung im Auge hat, die inländischen Gebur­tenraten in die Höhe zu treiben, das heißt wohl, vielleicht ans „Mutterkreuz“ zu denken!

Da sage ich Ihnen: Diese Kinder werden, wenn Sie schon so rechnen, dieselbe Million kosten, Sie werden allerdings vielleicht, um Ihre Worte aufzugreifen, „fremdstämmig“ sein, und das wird Ihnen nicht so gut gefallen. Aber ich kann nicht verstehen, wie eine Partei wie die Ihre offenbar plötzlich sozusagen gegen die „Ver-Pawkowiczung“ von Österreich auftritt. Denken Sie darüber nach, was ich gesagt habe! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Noch ein Zitat von Kollegin Partik-Pablé – es ist mir das einfach zu wichtig –: Sie hat den Vor­wurf erhoben, daß es die These von Menschen sei, die für eine menschliche Ausländerpolitik eintreten; es ist wichtig, daß es zu einer wirtschaftlichen und politischen Balance zwischen den reichen Ländern Europas, insbesondere vielleicht den Kernländern in der EU, und den Ländern im Übergang kommt, also zum Beispiel Tschechien, Slowenien, Polen, Slowakei oder Ungarn. Es sei ein vernünftiger Weg, auch hier Migration abzubauen, die wohl auch aus Gründen der Verzweiflung stattfindet. In der Diktion der Freiheitlichen sind Menschen, die sich ver­zweifelt um eine neue Existenzgrundlage bemühen und sich auf die Wanderschaft begeben, eben auswan­dern, „Wirtschaftsflüchtlinge“. Sie müssen es aus existentiellen Gründen tun und nicht nur des­wegen, weil sie vielleicht statt zwei PKW fünf haben wollen und deswegen hierherkommen. Das sind Menschen, die in einer schweren existentiellen Krise sind.

Es ist daher völlig logisch und vernünftig, die wirtschaftliche und politische Balance als ein Mittel der vernünftigen Außenpolitik und auch der Zusammenarbeit mit Nachbarn anzusehen. Nie­mand ist so naiv, anzunehmen, daß es ein Prozeß ist, der sich über Nacht umsetzen läßt, daß schon morgen der Lebensstandard in unseren Nachbarländern derselbe sein wird wie bei uns. Man kann eher vielleicht noch die Hoffnung haben, daß sich die politischen Verhältnisse weiter­hin positiv entwickeln und stabilisieren.

Aber das als negatives Argument gegen eine auf Integration hin orientierte Ausländerpolitik zu verwenden, ist überhaupt nicht nachvollziehbar, denn selbstverständlich wird sich auch in diesen Ländern die Demokratie nach den Standards entwickeln, die wir anhand der Bürger dieser Länder vorzeigen. Glauben Sie mir das!

Wenn wir den Bürgern dieser Länder, die zu uns kommen, vorführen, was ein Rechtsstaat im Verständnis Österreichs heißt, was Menschenrechte in der österreichischen Praxis heißen, was all das heißt, was wir tun, was Schubgefängnisse in Österreich bedeuten – sechs Monate letztlich ohne Haftgrund; der einzige Anhaltegrund ist die leichtere „Operierbarkeit“ dieses Men­schen, daß man ihn bei der Hand hat, wenn man ihn abschieben will –, wenn diese Menschen das permanent vorgeführt bekommen, wird das kein Beitrag dazu sein, daß sich die Demokratie in ihren Heimatländern vernünftig und selbstbewußt entwickelt und daneben vielleicht auch noch die Wirtschaftsordnung positive Effekte zeigt. Dann sind wir Trendsetter im Mißbrauchen von Menschenrechten, und das hat eine starke Wirkung auf die Umgebung, weil wir dann eine negative Vorbildwirkung entfalten. Aber all das interessiert offenbar nicht.

Vor diesem Hintergrund ist es natürlich schmerzlich, wenn man ein Interview wie das von Bür­germeister Häupl liest, in dem er durchaus nicht in dem vom Bundeskanzler dargestellten Kon­text das Wort von einer anständigen Ausländerpolitik formuliert hat, das dann die Freiheitlichen als Überschrift für diese dringliche Anfrage benutzen konnten. Denn wenn man das Interview des Bürgermeisters Häupl in der „Presse“ aufmerksam gelesen hat, hat man ganz genau ge­sehen, daß es ihm um die Themenführerschaft in einer ganz bestimmten Ausländerpolitik geht, die nur etwas sanftmütiger formuliert wird, aber ganz genauso kleine Kinder abschiebt, ganz genauso mit den Leuten umgeht, wie es das jetzige Fremdengesetz offenbar gebietet.

Daher meine ich, wenn das Fremdengesetz und die Regelungen, die 1992/1993 geschaffen worden sind, in dieser dringlichen Anfrage gelobt wurden, dann ist es Kritik an dieser Bun­desregierung genug! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Häupl hat in keinem Satz von der Reform dieser Gesetze gesprochen, sondern nur von einer vielleicht PR-tauglicheren Anwendung. Und das ist etwas anderes. Anständigkeit achtet nämlich nicht auf die mediale Wirkung im Sinne von Public Relations, sondern Anständigkeit in diesen Bereichen nimmt in Kauf, auch in den Massenmedien mißverstanden zu werden. Wenn es um die Menschenwürde geht, muß man das in Kauf nehmen. – Häupl offenbar nicht! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Daher ist das Copyright für den zweiten Teil der Überschrift der freiheitlichen Anfrage Herrn Bür­germeister Häupl von mir gerne geschenkt worden, weil ich meine, er hat sich in einem Interview in diesem Sinne vergriffen. Es ist auch in diesem Interview oder heute kein Wort von der Harmonisierung der Aufenthaltsrechte und der Erlaubnis, hier zu arbeiten, gekommen. Das ist nämlich das eigentliche Reformproblem bei den Fremdenrechten – unabhängig davon, daß natürlich jeder weiß, daß wir den Zuzug über Migration regeln müssen, daß wir selbst­verständlich im Zweifelsfall, wenn es keinen anderen Anknüpfungspunkt gibt, der zum Beispiel Flüchtling heißt, der zum Beispiel Familienzusammenführung heißt, der zum Beispiel Studieren heißt, Quoten brauchen und daß wir nicht einfach sagen können: Jeder ist uns recht, gleichgültig wie viele. Wir brauchen auch aus Disziplin unseren eigenen Mitbürgern gegenüber selbst­ver­ständlich Quoten. Das ist völlig unbestritten.

Nur die Nullquote des sogenannten Nichteinwanderungslandes wird es nicht sein können, denn man darf eines nicht vergessen: Weit über 200 000 Österreicher sind in reziproker Lage, das heißt, sind selbst Fremde im Ausland und arbeiten dort. Das kann es wohl nicht sein, daß wir die Österreicher heimholen und die hier lebenden, nicht österreichischen Staatsbürger „rückführen“ – so heißt das, glaube ich, jetzt, oder? – Ich habe das Wort gesucht, weil im Verständnis dessen, was in dieser Anfrage steht, ist eindeutig „abschieben“ gemeint. Aber das kann es wohl nicht sein, daß wir Europa wieder nach nationalen Gesichtspunkten entflechten, daß wir sozu­sagen eine ethnische Säuberung durch Prämien veranstalten. Nichts anderes sehe ich hinter diesem Vorschlag der Kollegen von der Freiheitlichen Partei. Ethnische Säuberung durch Prä­mien ist das. Und das lehnen wir ab! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Das heißt aber nicht, daß wir dort, wo es sich eindeutig um Kriegsflüchtlinge handelt, die hier bei uns leben und im Zweifelsfall zu mehreren zurück wollen, nicht Rückkehrhilfe leisten müssen, daß wir uns nicht überlegen müssen, was wir wirklich tun können, um im Wiederaufbau von Bosnien etwas zu unternehmen. Aber ob das gerade die Prämie ist, die wir dem einzelnen Bosnier in die Hand drücken, müßte noch diskutiert werden. Ich meine, der Wiederaufbau in Bosnien wird komplexer sein, als einfach zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Kriegsflüchtlinge mit einem Packel Tausender in der Hand an die Grenze zu stellen. Da wird es Konzepte bedürfen, da wird vielleicht etwas mehr Geld notwendig sein, wenn wir beim Wiederaufbau et­was tun wollen.

Daher glaube ich, wenn man mit diesem Zugang an die Themen herangeht, dann ist es einfach zu durchsichtig, genauso wie die schönfärberische Verteidigung der Bundesregierung, was sie schon alles geleistet hat. Diese Leistungen wird sie erst erbringen müssen, wir werden sehen, was tatsächlich in den Fremdengesetzen, in den Novellen auch zum Asylgesetz herauskommt, weil das Asylgesetz, lieber Herr Klubobmann Khol, so wie es in dem jetzigen Integrationspaket vorgesehen ist, ist nicht nach den Standards irgendeines Menschenrechtes neu geordnet. Das einfache Zurückschicken an der Grenze wird es nicht sein können.

Daher glaube ich, wenn der zentrale Punkt, nämlich die Aufenthaltsberechtigung und das Recht, hier Arbeit suchen zu dürfen, wenn also die Fremdenrechte und das Ausländerbeschäf­tigungs­gesetz nicht harmonisiert werden, dann werden wir im nächsten Jahr, übernächsten Jahr und jedes Jahr wieder solch eine Debatte haben, dann werden wir die Freiheitliche Partei in die Lage versetzen, hier mit Scheinargumenten, die teilweise richtig, aber im Kern falsch sind, zu pole­misieren und dann werden wir keinen positiven Beitrag zur Integration leisten.

Meine Einladung an die Bundesregierung wäre: Nehmen Sie Ihr Herz in die Hand! Übermorgen im Ausschuß für innere Angelegenheiten ist eine Möglichkeit, etwas zu tun. (Abg. Mag. Schweitzer: Wo war Ihr Lösungsansatz? Wo war Ihr Lösungsansatz?) – Lieber Kollege Schweitzer! Wenn Sie hier im Rahmen einer dringlichen Debatte Lösungsansätze einfordern, die Sie an ...


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Herr Abgeordneter! Die Redezeit ist beendet. (Abg. Dr. Kier: Darf ich einen Schlußsatz sprechen?) – Einen halben Satz, ja.


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (fortsetzend): Wenn Sie hier zum Ende meiner Redezeit Lösungen einfordern, dann ist das Ihr Stil! Ich bedanke mich für Ihre Unhöflichkeit. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Einen Ansatz!)

18.12


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Er hat das Wort.

18.12


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bis jetzt bin ich eigentlich immer davon ausgegangen, daß es nur Abgeordneter Haider ist, dem es gelingt, die Bundesregierung oder die Koalitionsparteien vor sich herzutreiben. Einiges davon ist auch schon durch die Debatte klar geworden, daß es tatsächlich so ist, daß es ihm gelungen ist, mit dem Ausländervolksbegehren eigentlich alle Punkte schon jetzt – mit der Ausnahme des Ausweises – abzuhaken und zu sagen: Wir haben das erreicht.

Aber es gibt offensichtlich noch jemand anderen, dem es gelingt, Abgeordneten Haider vor sich herzutreiben. Ich habe gestern in einer Sendung von „Report-Bayern-München“ mit Interesse verfolgen können, daß die Deutsche Burschenschaft vor einer großen Spaltung steht, vor einer großen Spaltung in einen rechtsextremen Flügel unter Anführung der österreichischen Bur­schenschaft „Olympia“ und einen Flügel, der sozusagen das demokratische Lager der Bur­schenschaften repräsentieren will.

In diesem Bericht ist auch die Rede gewesen von zwei Burschenschaften, unter anderem der Burschenschaft „Olympia“. Es ist auch dargestellt worden, daß sie Anträge an den Burschen­schaftstag gestellt haben. Diese Anträge an den Burschenschaftstag beinhalten, daß die österreichische Bundesregierung und die Koalitionsparteien von den deutschen Burschenschaf­ten, also von diesem rechtsextremen Zirkel, aufgefordert werden, daß erstens keine weiteren Ausländer mehr beschäftigt werden, mit wenigen Ausnahmen – so etwa war der Tenor dieses Beschlusses –, und zweitens eine Politik der sanften Rückführung durch die österreichische Bundesregierung eingeschlagen werden soll. – Eine Politik der sanften Rückführung! Genau das, Herr Abgeordneter Haider, verhandeln wir heute. (Abg. Mag. Stadler: Die Vorarlberger Sozialisten haben das verlangt! Die SPÖ-Vorarlberg hat das verlangt!) Sie sind offensichtlich derjenige, der die Aufträge von seiten der deutschen Burschenschaft annimmt.

Herr Kollege Stadler! Daß Sie jetzt Grund haben, sich zu äußern, verstehe ich. Sie sind ja auch ein Mitglied dieser deutschen Burschenschaften in Österreich, die in dieser Darstellung von „Report-Bayern“ als rechtsextreme Organisation dargestellt worden sind. (Abg. Mag. Stadler: Da sind Sie falsch informiert! Da sind Sie falsch informiert!) Rechtsextrem sind die deutschen Burschenschaften, weil sich von diesen deutschen Burschenschaften auch schon einige Mit­gliedsorganisationen distanzieren. (Abg. Mag. Stadler: Die SPÖ-Vorarlberg ist leider nicht in der deutschen Burschenschaft!) Es handelt sich um rechtsextreme Organisationen.

Wenn Sie mit rechtsextremen Organisationen gemeinsam (Abg. Dr. Haider: Arbeiterkammer – rechtsextreme Organisation?! – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler) Politik machen, dann spricht das eine deutliche Sprache. Ich erinnere nur daran, Herr Abgeordneter Haider, daß wir noch vor wenigen Jahren hier im Hohen Haus und auch draußen von seiten der FPÖ nicht die Rückführung, die sanfte, die mehr oder weniger sanfte Integration zurück in das Herkunftsland von Ihnen zu hören bekamen, sondern den Ausländerstopp. Jetzt sind wir schon einen Schritt weiter, jetzt sind Sie schon dort, wo Le Pen vor zwei oder drei Jahren war.

Jetzt sind Sie dort, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, wo die Republikaner in der Bundesrepublik schon immer waren. Jetzt sind Sie dort, wo alle Rechtsextremen in Eu­ropa waren. Sie haben es sich selbst zuzuschreiben, meine Damen und Herren von der Frei­heitlichen Partei, daß das Europäische Parlament Abgeordneten Haider und Herrn Le Pen in einer gemeinsamen Resolution als diejenigen verurteilt hat, die für Nationalismus und Chauvi­nismus nicht in Österreich, sondern in Europa insgesamt bekannt sind. Sie wurden von seiten des Europäischen Parlaments verurteilt.

Sie haben es sich zuzuschreiben, daß wir – nicht nur in Österreich, sondern auf internationaler Ebene – durch Führer einer Partei präsent sind, die als rechtsextrem, chauvinistisch und nationalistisch gelten, meine Damen und Herren! Das ist Ihre Politik, die Sie in den letzten Jahren verfolgt haben. Sie haben es sich zuzuschreiben, daß Herr Abgeordneter Haider gemeinsam mit Herrn Le Pen und gemeinsam mit Herrn Schönhuber in einer Reihe ist.

Ich möchte Ihnen nur folgendes sagen: Es hat schon lange vor Ihnen eine klare Position zur Aus­länderfrage gegeben – lange vor Ihnen! Das war im Programm der NSDAP. Wer nicht Staats­bürger ist, soll nur als Gast in Deutschland leben können und muß unter Fremdenge­setzgebung stehen, hieß es da unter Punkt 5 des Programms der NSDAP. (Abg. Scheibner: Was Sie alles haben!)

Aus 1939 stammt ein Fremdenrecht, das auch Österreich – die damalige „Ostmark“ – über­neh­men mußte. Ich kann Ihnen nur sagen: Dieses Fremdenrecht der Nazis, so brutal es gegenüber bestimmten Gruppen war, war in bezug auf Minderjährige, auf Kinder liberaler als das, was Sie heute fordern, was Sie für Österreich geltend machen wollen.

Da heißt es nämlich: Bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres bedürfen Ausländer keiner be­sonderen Aufenthaltserlaubnis. – Das war das Programm der Nazis, meine Damen und Herren! Sie waren gegenüber Kindern und gegenüber dem Familiennachzug noch liberaler als das, was Sie fordern. Denn Sie fordern die Repatriierung, meine Damen und Herren! Das ist auch ein Teil dieser Realität, der Sie sich stellen müssen, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Graf: Das ist Verharmlosung! – Abg. Mag. Stadler: Verharmlosung der Nazis! Das ist unglaublich! Sie verharmlosen die Nazis! – Heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich denke, Sie brauchen sich nicht aufzuregen, meine Damen und Herren! Sie wissen genau, was gemeint ist und in welcher Tradition Sie sich bewegen. (Weitere heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich habe Ihnen beim letzten Mal sehr eindeutig gesagt, in welcher Tradition Sie sich mit Ihrer gegenseitigen Aufrechnung von Arbeitslosigkeit und Ausländern bewegen. (Abg. Mag. Stadler: Kommunisten und Nazis haben immer schon sehr viel füreinander empfunden!) In welcher geistigen Tradition bewegen Sie sich da? – Das waren nicht zuletzt die Nazis, die damals die Juden als die Ursache, als das „Krebsübel“, für das Arbeitslosigkeitsproblem verantwortlich ge­macht haben. – Sie machen es heute mit den Ausländern genauso. Sie bewegen sich in einer geistigen Tradition, die fatal ist und die zu Recht vom Europäischen Parlament gerügt und getadelt worden ist. (Abg. Dr. Graf: Sie bezeichnen sich als liberal?! – Abg. Mag. Stadler: Das ist ein Nazi-Verharmloser! – Weitere heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Meine Da­men und Herren! Ich denke, Sie wissen ganz genau, in welche Richtung Sie gehen.

Zurück zum Fremdenrecht. Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Wer hier wohnt, braucht auch ein Einkommen, um existieren zu können. Es gibt zirka 700 000 bis 750 000 Ausländer, von denen derzeit 270 000 beschäftigt sind. Die offizielle Beschäftigungs­quote unter den Ausländern ist also wesentlich niedriger als unter den Österreichern – wesent­lich niedriger! Ursache dafür ist neben dem Aufenthaltsgesetz ein Ausländerbeschäftigungs­gesetz, das eine Knute, eine Peitsche für die Ausländer und die Ursache dafür darstellt, daß sie sich auf dem Arbeitsmarkt faktisch um jeden Preis verdingen müssen.

Denn wenn man nicht vom Ausländerbeschäftigungsgesetz oder vom Aufenthaltsgesetz erfaßt wird, wenn man nicht die Bestimmungen des Aufenthalts- und Ausländerbeschäfti­gungs­ge­setzes erfüllt, dann bleibt für viele hier in diesem Land und für viele, die schon seit Jahrzehnten in diesem Land leben, nur mehr die Illegalität. Das ist ein Resultat der Politik der freiheitlichen Partei, meine Damen und Herren! Aber dafür tragen auch die Regierungsparteien Verant­wortung.

Sie haben es noch immer nicht geschafft, meine Damen und Herren – das richte ich vor allem an die Adresse der wenigen hier anwesenden Vertreter des Österreichischen Gewerk­schafts­bundes –, den ausländischen Beschäftigten die gleichen Rechte, die gleichen politischen Rechte am Arbeitsplatz wie den Inländern einzuräumen. Sie haben es noch immer nicht geschafft, im Ausländerbeschäftigungsgesetz die Mehrklassigkeit von Ausländern abzuschaffen. Sie haben es noch immer nicht geschafft, das Aufenthaltsgesetz zu einem umfassenden Integrations­gesetz umzuwandeln und das Ausländerbeschäftigungsgesetz, diese elendige Geißel für viele Tausende ausländische Beschäftigte, abzuschaffen. Sie haben es noch immer nicht geschafft, hier einen Schritt Menschlichkeit einzubringen. Und das ist die Ursache dafür, daß wir es heute mit so vielen Fällen zu tun haben, die – ein jeder für sich – grausam genug sind.

Ich lese Ihnen einige Bescheide vor, die auch Resultat Ihrer Regierungspolitik sind, Herr Bun­deskanzler. – Bescheide, die vom Amt der Wiener Landesregierung ausgestellt worden sind. Da geht es zum Beispiel darum, daß ein Mann hier seit 1981, die Frau seit 1983 hier gearbeitet haben und Kinder im Alter von 17, acht und sechs Jahren haben. Die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung für die ganze Familie, obwohl der Mann seit 1981 da ist, wurde mit der Begründung abgelehnt, daß die Unterkunft dieser Familie mit 33 Quadratmetern, bestehend aus Zimmer und Küche viel zu klein ist. – Fall eins. Herr Bundeskanzler! Das kennen wir zur Genüge, daß solche Fälle abgelehnt werden.

Fall zwei, ein ähnlich gelagerter Fall: Der Mann arbeitet schon lange Zeit hier. Die Verlängerung wurde deshalb abgelehnt, weil nur eine eine Zimmer-Küche-Wohnung vorhanden war.

Fall drei ist eigentlich der gravierendste, und es ist nur einer von vielen Fällen aus einer langen Serie. Es wurde eine Familienzusammenführung abgelehnt, weil der Mann mit 19 075 S Netto­verdienst nicht genug Geld habe, seine Familie zu ernähren.

Meine Damen und Herren! Es sitzen einige hier herinnen, die aus ihrem Alltag hoffentlich noch wissen, was 19 075 S für viele Österreicher bedeuten. Einige würden sich freuen, wenn sie soviel verdienen würden. Eine Million Österreicher hat ganz sicher weniger als 19 000 S Netto­einkommen. Aber einem Ausländer, der seit langer Zeit hier in Österreich lebt, wird die Familien­zusammenführung abgelehnt, weil er „nur“ 19 000 S netto, also zirka 25 000 oder 26 000 S brutto, verdient. Die Partei konnte lediglich ein monatliches Einkommen in Höhe von 19 075 S netto des Gatten nachweisen, und das sei für die Frau und für vier Kinder zu wenig. (Abg. Dr. Graf: Im Jahr?)

Manche würden sich glücklich schätzen, wenn sie 19 000 S netto verdienen würden. Mit dieser Lage wären viele Österreicher zufrieden. Und das ist ein Resultat dieser Politik von Auf­enthaltsgesetz und Ausländerbeschäftigungsgesetz, und Sie, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei (Abg. Dr. Graf: Das zeigt die Doppelbödigkeit der Politik auf!), sind so stolz darauf, es mit verursacht zu haben, so stolz darauf, diese Regierung vor sich herzutreiben.

Meine Damen und Herren! Es ist vieles in den bestehenden Aufenthalts-, Fremden- und Aus­länderbeschäftigungsgesetzen, was man nicht mehr als menschlich, sondern nur mehr als zynisch bezeichnen kann. (Abg. Dr. Graf: Weil der Vollzug nicht funktioniert!)

Auch das sogenannte Integrationspaket, das der Innenminister mit Herrn Khol vorgestellt und präsentiert hat, dieses berühmte Integrationspaket, das uns in manchen Punkten – ich gebe es zu – einen kleinen Schritt vorwärtsgebracht hätte, steckt voller Fußfallen und Angeln, Herr Khol!

Wenn Sie etwa gegenüber dem „Kurier“ sagen: Wir haben dann zwar mehr im Land herinnen, aber wir müssen zumindest bei den Ausländern, die arbeitslos sind, mit schärferen Zumut­bar­keitsbestimmungen vorgehen, wir werden den Druck auf den ausländischen Arbeitslosen ver­stärken müssen, dann ist das auch ein Zeichen für eine unmenschliche Politik, Herr Abgeord­neter Khol! – Ein klares Zeichen für eine unmenschliche Politik (Abg. Dr. Khol: Auf alle!), denn das Resultat, mit verschärften Zumutbarkeitsbestimmungen gegenüber ausländi­schen Beschäf­tigten vorzugehen, ist, daß die Menschen keine weitere Aufenthaltsgenehmigung erhalten. (Abg. Dr. Khol: Machen Sie doch nicht die Augen zu! Es gibt Ausländer, die unser System systema­tisch ausnutzen!) Sie, Herr Abgeordneter Khol, wissen, was passiert, wenn ein arbeitsloser Aus­länder (Abg. Dr. Khol: Sie leben in einer Traumwelt!), der hier zehn oder 20 Jahre war, nach dem Arbeitslosengeld eine Notstandshilfe bezieht. Wenn er einen Befrei­ungsschein hat, kann er ein Jahr lang Notstandshilfe beziehen – und dann bekommt er nichts mehr. Er bekommt keine Sozialhilfe, weil die meisten Bundesländer die Ausländer ohnehin schon von der Sozialhilfe aus­genommen haben. (Abg. Dr. Khol: Warum soll er ein Jahr Notstandshilfe beziehen?) Und das Wesentliche ist: Er bekommt keine Aufenthaltsgenehmigung mehr. Das ist das Resultat dieser Politik im Aufenthaltsgesetz, in der Fremdengesetzgebung (Abg. Dr. Khol: Ein Jahr lang kann er tachinieren!), die Sie verursacht haben, Herr Abgeord­neter Khol! Sie haben sie mit verursacht, Sie haben die Verantwortung dafür zu tragen, daß sich Ausländer in diesem Land fürchten müssen – Ausländer, die schon Jahre und Jahrzehnte in diesem Land leben, weil sie Angst haben müssen, aus diesem Land ausgewiesen zu werden. – Sie schütteln den Kopf.

Ich habe Ihnen die Fälle vorgelesen, Herr Abgeordneter Khol! Das waren drei ganz klare Fälle von Personen, die lange hier in Österreich gearbeitet haben. Sie können nicht stolz sein auf diese Politik! Sie haben keinen Grund dazu.

Wenn etwa der Herr Innenminister meint, es sei ein besonderer Akt der Humanität, wenn Asylsuchende in Zukunft schon an den Grenzen zurückgewiesen werden, dann muß ich sagen: Ich stelle mir etwas anderes unter Menschlichkeit gegenüber Asylsuchenden vor. Ich stelle es mir anders vor, wie man gegenüber Asylsuchenden vorgeht.

Die Zahl der Asylanträge ist gesunken, rapid gesunken in den letzten Jahren. Die Zahl der genehmigten Asylanträge detto, das wissen Sie, ...


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich bitte um den Schlußsatz.


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (fortsetzend): ... das wissen die Damen und Herren von den Regierungsparteien. Ich denke, es wäre an der Zeit, diese Debatte, die uns schon wieder von den Freiheitlichen aufgezwungen wurde, die kein Schritt nach vorne sein kann, von unserer Seite her zu einem Schritt in Richtung einer menschlicheren Integrationspolitik zu nützen, einer Politik, die die Worte „menschlich“ und „anständig“ verdient. (Beifall bei den Grünen.)

18.28


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Stadler gemeldet.

18.28


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (Freiheitliche): Der NS-Verharmloser Öllinger hat als Beispiel für seine unrichtigen Recherchen die Falschbehauptung aufgestellt, ich sei Mitglied der Deutschen Burschenschaft. Das ist unrichtig. Meine noble Verbindung ist weder Mitglied der Deutschen Burschenschaft noch in einem anderen Dachverband, und ich war auch nie Mitglied der Deutschen Burschenschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.28


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Er hat das Wort.

18.29


Abgeordneter Herbert Scheibner¦ (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Ich glaube, diese letzte Berichtigung hat sich noch mit einer der geringsten Unschärfen beschäftigt, die in den Reden der letzten Zeit, vor allem von Ihnen, Herr Kollege Öllinger, auf uns nieder­geprasselt sind.

Meine Damen und Herren! Abgeordneter Nowotny hat in seinem Beitrag gesagt, man solle in der Ausländerdebatte und in der Ausländerthematik nicht emotionalisieren, man solle ruhig und sachlich darüber diskutieren, und er hat Frau Dr. Partik-Pablé deswegen heftig kritisiert.

Wer heute hier die Ausführungen der vereinigten Koalitionsparteien von SPÖ, ÖVP, Grünen und Liberalen gehört hat, dem kann doch nur der kalte Schauer über den Rücken laufen. Herr Kollege Cap! Da sagt der Herr Bundeskanzler einmal taxfrei, all die Dinge, die wir heute hier gebracht haben, seien nationalistisch und chauvinistisch, ohne dazuzusagen, daß dann nach seiner Diktion etwa auch die Arbeiterkammer eine nationalistische und chauvinistische Organi­sation sein müßte, der ÖGB eine nationalistische und chauvinistische Organisation sein müßte und der Herr Bürgermeister Häupl ein nationalistischer und chauvinistischer Politiker sein müßte, denn all diese Institutionen und Politiker haben die Dinge, die wir hier heute eingefordert haben, längst bei irgendwelchen Debatten und in Zeitungsmeldungen verlangt. Die Frage ist nur: Warum, meine Damen und Herren? (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Weil es vor Wahlen immer paßt, daß man plötzlich Härte zeigt, „nationalistische, chauvinistische Härte“. Aber dann, wenn die Wahlen vorbei sind, wenn man die Basis beruhigt hat, die von den Problemen tagtäglich betroffen ist, dann sind sie wieder multikulturell, dann sind sie wieder offen, dann kommt wieder das wahre Innere heraus, meine Damen und Herren!

Es ist aber heute noch weitergegangen. Herr Kollege Kier hat taxfrei all jenen, die sagen, die bosnischen Flüchtlinge haben wir selbstverständlich aufgenommen, als sie an Leib und Leben bedroht wurden, aber nachdem diese Gefahr weggefallen ist, sollten sie mit einer Integrations­hilfe wieder in ihre Heimat zurück und dort ihr Land aufbauen, „ethnische Säuberung“ vorge­worfen.

Meine Damen und Herren! Das ist doch ein unglaublicher Skandal, diese Forderung gleich­zusetzen mit den kriminellen Akten, mit den Verbrechen, die die Serben gegenüber der Demo­kratiebewegung und den Menschen in Kroatien, Slowenien und Bosnien begangen haben. (Abg. Mag. Stadler: Die Serben nimmt er in Schutz!) Das ist das Niveau, das hier im Parlament in dieser angeblich so objektiv zu gestaltenden Debatte eingebracht wird. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Den Vogel abgeschossen hat doch wohl Herr Kollege Öllinger! Herr Kollege Öllinger! Gerade Sie philosophieren über die Deutsche Burschenschaft. Herr Kollege! Wenn ich mir Ihre Organi­sationen, Ihre Wurzeln ansehe und die Organisationen, die aufrufen, die Grünen zu wählen, wie etwa den Revolutionsbräuhof, dann wäre ich an Ihrer Stelle ganz ruhig. Aber Sie gehen hier her und verharmlosen in einer ungeheuerlichen Art und Weise – das kann man gar nicht ausdrücken – den Nationalsozialismus, indem Sie sagen, die haben eine liberale Einwande­rungspolitik und Ausländerpolitik betrieben. (Abg. Mag. Stadler: Jawohl!)

Sie haben gesagt – das war ja der Skandal –: Die Politik der Nationalsozialisten war bei den Kin­dern liberaler als das, was die Freiheitlichen verlangen. Und letztlich war es das, was heute gel­tende gesetzliche Lage ist. (Abg. Mag. Stadler: Eine Entschuldigung wäre fällig!) Meine Damen und Herren! Was ist denn das, wenn nicht eine Verharmlosung des Nationalsozialismus? Sie sitzen da und lachen, weil Sie als Grüner Narrenfreiheit haben. Bei jedem anderen hätte das eine Anzeige nach dem Verbotsgesetz nach sich gezogen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben Narrenfreiheit, und es wird Ihnen noch applaudiert von den Vertretern der anderen Parteien. (Abg. Mag. Stadler: Ökokommunismus! – Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vor­sitz.) Wir nehmen das zur Kenntnis, meine Damen und Herren.

Dann wird von Angstmache gesprochen. Aber was ist es denn wirklich? (Abg. Dr. Cap: Richtig!) Richtig, es wird Angstmache betrieben in der Ausländerpolitik. Aber wo wird Angstmache betrie­ben, meine Damen und Herren? Da kommt etwa vor der letzten Nationalratswahl ein Ägypter, der die österreichische Staatsbürgerschaft hat, zu mir und sagt: Ich möchte mich einmal erkun­digen, sagen Sie, stimmt das, was ich gehört habe? – Ich habe gehört, sagt dieser Ägypter, wenn Dr. Haider an die Macht kommt, dann wird allen eingebürgerten Österreichern die Staats­bürgerschaft abgenommen, und sie werden des Landes verwiesen. Und er möchte jetzt wissen, ob das stimmt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Keppelmüller.)

Herr Kollege Keppelmüller! Frage ich ihn: Woher haben Sie denn diesen Unsinn? – Darauf sagte er, er sei in einem ägyptischen Verein und dorthin sei ein sozialistischer Bezirkssekretär gekommen und habe ein Referat gehalten und davor gewarnt, Dr. Haider und der FPÖ seine Stimme zu geben, denn wenn er an die Macht komme, würde allen eingebürgerten Ausländern die Staatsbürgerschaft abgenommen und sie würden des Landes verwiesen werden. (Abg. Mag. Stadler: In arabisch!)

Meine Damen und Herren! Das ist Angstmache, das ist Panikmache vor Wahlen, das ist unflätige Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Khol ist auch noch gekommen und hat hier von anstän­digen und unanständigen Österreichern gesprochen. (Abg. Steibl: Sie reden davon!) Wo­von? Sie haben wahrscheinlich Ihrem eigenen Klubobmann nicht zugehört. Da müssen Sie vorsichtig sein, sonst werden Sie gleich um drei Reihen zurückversetzt. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Dem Klubobmann hat man nämlich immer aufmerksam zuzuhören in Ihrer Partei. (Abg. Steibl: Was schreiben Sie in Ihre Dringlichen hinein! Das ist mein Problem! Das ist nicht Ihr Problem! Konzentrieren Sie sich auf Ihre eigene Sache!) Hören Sie einmal zu.

Ihr Klubobmann Khol hat gesagt, daß er Politik macht für die anständigen Österreicher, die für die Zuwanderung sind, die verstehen, wie man mit den Leuten umgehen muß. Herr Klubobmann Khol! Sind dann jene unanständig, auch Ihre Wähler, auch Ihr Bezirksvorsteher vom 19. Bezirk, auch ihr Bezirksvorsteher vom 18. Bezirk, die sagen, daß hier nicht mehr so weitergemacht werden kann – etwa in Wien –, daß es nicht mehr angehen kann, daß man Angst haben muß, wenn man in der Nacht auf die Straße geht, daß es nicht mehr angehen kann, daß man die Kinder in katholische Privatschulen geben muß, wenn man sie ordentlich ausbilden lassen will?

Herr Kollege Khol! Sind das dann alles unanständige Menschen, die nicht die Politik verfolgen und weitertragen wollen, die Sie anscheinend mit Herrn Innenminister Einem vereinbart haben? – Immer diese Gegenüberstellungen. Anständig ist der, der bei allem mitspielt, was Sie hier mit den Sozialisten, mit den Grünen und den Liberalen vereinbaren. Alle anderen sind unanständig, auch wenn sie aus der eigenen Partei kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Fakten sind doch ganz klar: Es geht nicht darum, hier irgend jemanden zu diskriminieren oder unmenschliche Politik zu betreiben. Es geht darum, daß wir kritisieren, daß in den letzten zehn Jahren in Österreich und vor allem in Wien eine ungezügelte Zuwanderungspolitik betrieben wurde, die ganz einfach nicht mehr ertragbar ist für diese Stadt und für dieses Land.

Herr Kollege Cap! Ihr eigener Stadtrat Swoboda aus Wien hat eine Studie ausarbeiten lassen, die Studie „Wien 2010“. Es wurde davon gesprochen, daß eine Stadt von der Größe Wiens mit der Infrastruktur pro Jahr 6 000 Zuwanderer verkraften könnte, wenn man von dem Projekt der Integration ausgeht. 6 000 Zuwanderer pro Jahr wären also verkraftbar. Das würde bedeuten, daß wir 1989 bis 1995 etwa 42 000 Zuwanderer in dieser Stadt verkraftet hätten. Das war der Zeitraum der größten Zuwanderung. In Wahrheit, meine Damen und Herren, sind aber nicht 42 000 Zuwanderer nach Wien gekommen, sondern 176 000! (Abg. Mag. Stadler: Ohne Illegale!) 176 000 – natürlich ohne Illegale – sind in diese Stadt eingewandert.

Meine Damen und Herren! Ihr Stadtrat Swoboda läßt Studien in Auftrag geben, aus denen eindeutig hervorgeht, daß wir in der Vergangenheit schon keine Integration mehr machen konn­ten, weil der Zuzug zu rasch und zu groß gewesen ist. Und dann möchte ein Herr Innenminister Einem mit seinem Integrationspaket über den Weg der Familienzusam­menführung gerade in jenen Gebieten, in denen wir schon diese Probleme haben, noch einmal 100 000 bis 150 000 Zuwanderer in den nächsten Jahren zulassen.

Meine Damen und Herren! Darum geht es. Und Sie werden uns nicht daran hindern, daß wir dann Alarm schreien, wenn Sie solche Vorschläge machen (Beifall bei den Freiheitlichen), die das Klima in unserer Stadt gefährden, bei denen nicht einmal in Ansätzen von Integration die Rede ist.

Der Innenminister hat es im Ausschuß offen zugegeben. Ich habe ihn gefragt: Herr Innen­minister! Wo werden die Kinder in die Schule gehen?, wo wir doch wissen, daß wir in den Problembereichen einen Ausländeranteil von 70, 80, ja 90 Prozent haben. Wo werden die Leute wohnen? Wie soll denn das alles funktionieren? Die lapidare Antwort des Innenministers war: Das interessiert mich nicht. Ich bin nicht Unterrichtsminister, ich bin nicht Bautenminister, ich bin nur Innenminister. Ich habe für das Einwanderungsgesetz zu sorgen, aber nicht für die Rahmenbedingungen.

Meine Damen und Herren! Das zeigt doch sehr klar, wie hier vorgegangen wird. Da geht es nicht um Integration, sondern da geht es um klare Ideologie. Es wird die Idee der multikul­turellen Gesellschaft der Idee der Integration und des Rechtes auf Heimat für Inländer gegen­übergestellt. Und wenn wir das gegenüberstellen, meine Damen und Herren, dann werden Sie uns immer auf der Seite derer finden, die für Integration sind, aber gegen die multikulturelle Gesellschaft, die wirklich nur ins Abseits führen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Kollege Cap! Sie haben den Kopf geschüttelt und „brrr“ gemacht. Sie sind auch einer von denen, die zu – ich habe vom Hammelbraten gehört, das ist alles sehr nett – solchen Veranstaltungen gehen: schöne Musik, gutes Essen, wunderbar! Herr Kollege Cap! Aber von Ihnen haben wir auch schon andere Töne gehört. Vor Wahlen, wenn es darum geht, der Basis vorzugaukeln, daß man ohnehin das tut, was verlangt wird, dann hört sich das anders an. Sie kennen wahrscheinlich diese Broschüre von Ihnen aus Hernals: „Information aus dem Grätzel, Nationalratswahl 1994: Es geht um viel, es geht um Hernals.“ (Abg. Mag. Stadler: Hernals den Hernalsern!)

Da wird geschrieben: „Dr. Josef Cap – seit 1983 als Vertreter für Sie im Nationalrat – sieht den Schwerpunkt seiner politischen Arbeit in der Verhinderung eines weiteren Zuzuges von Aus­ländern nach Hernals.“ (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Chauvinismus und Nationalismus! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Anscheinend auch ein Chauvinist, Herr Bundeskanzler! – Ich zitiere weiter: „Gerade Hernals ist bezüglich der Ausländerproblematik einer der am meisten betroffenen Bezirke Wiens – dies soll und muß sich ändern mit Dr. Josef Cap.“ (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Wer hat das gesagt?)

Herr Kollege Cap! Ich stimme da völlig überein mit Ihrer Analyse des Problems. Ich stimme völlig mit Ihnen überein, denn auch ich bin Mandatar eines Problembezirkes, nämlich des 15. Bezirkes. (Abg. Haigermoser: Eine Schachtel Kreide zum Frühstück für den Cap!) Da haben wir vielleicht noch größere Probleme, weil wir einen Anteil von legal hier lebenden Ausländern von fast 40 Prozent haben. Wir haben Gebiete, hinsichtlich derer der sozialistische Bezirksvorsteher von „Verslumung“ spricht.

Meine Damen und Herren! Ich stimme Ihnen in Ihrer Analyse zu, aber ich verstehe es nicht, warum, wenn man diese Analyse vor Nationalratswahlen trifft, dann nach den Wahlen ein Innenminister mit Ihrer Unterstützung fordern kann, daß genau in diese Problembezirke – denn eine Familienzusammenführung ist klarerweise in jenen Bereichen zu erwarten, in denen bereits ein großer Anteil von Ausländern vorhanden ist – noch einmal 100 000 bis 150 000 Zuwanderer kommen sollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das, Herr Kollege Cap, verstehe ich wirklich nicht. Aber auch das ist ja, glaube ich, ein klares Kalkül.

Aber man muß doch sehen, wie weit das schon geht und welche Probleme das aufwirft. Das sind ja alles Einzelschicksale. Meine Damen und Herren, Sie können doch nicht behaupten, daß das alles erfunden ist, daß das Hirngespinste der Leute sind, daß das alles Verrückte, alles Radikale sind. Das sind viele Einzelschicksale!

Meine Damen und Herren! Ein Beispiel noch aus meinem Bezirk, was hier in den letzten 30 Jahren passiert ist: Rudolfsheim-Fünfhaus hatte vor 30 Jahren 100 000 Einwohner; der Ausländeranteil betrug 1 Prozent. Heute, 30 Jahre später, haben wir nur mehr etwas mehr als 60 000 Einwohner; Ausländeranteil 40 Prozent. Kollege Cap, was ist da passiert in den letzten 30 Jahren in dieser guten Region mit dieser guten Infrastruktur, in diesem citynahen Bereich? Was ist da passiert, meine Damen und Herren? Das sollten Sie sich einmal vor Augen halten. (Abg. Dr. Graf: Ohne Illegale? Wie viele Illegale gibt es da noch?) Die Illegalen sind da natürlich nicht mit einbezogen.

Herr Kollege Cap! Wenn wir jetzt sagen, wir wollen die Probleme lösen, so halten wir uns doch an das, was Kollege Haider heute in einer Pressekonferenz gesagt hat. Er hat vorgeschlagen: Setzen wir uns alle an einen Tisch, und besprechen wir die Probleme, die Sie ja vor der Na­tionalratswahl richtig analysiert haben! Schauen wir doch, daß uns dort, soweit es noch möglich ist, die Integration gelingt, aber schaffen wir nicht durch neuerliche Zuwanderung eine Vermeh­rung der Probleme und eine Vergrößerung der Frustration! Versuchen wir, all jenen, die in der eigenen Heimat eine Zukunft finden wollen, auch den Flüchtlingen, Hilfe zu geben, eben die von uns vorgeschlagene Reintegrationshilfe. Das wäre doch eine sinnvolle Sache.

Denn wenn wir schon über Wirtschaftsprobleme reden, wie sie Kollege Kier angesprochen hat, dann ist doch wohl klar, daß wir die Wirtschaftsprobleme des Auslandes nicht durch Zuwan­derung ins Inland lösen können, sondern wir können doch nur Hilfestellungen für die betroffenen Länder geben, Herr Kollege Cap. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Genau in diese Richtung gehen unsere Anträge und auch unser Entschließungsantrag, den ich hiermit einbringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Dr. Martin Graf betreffend Förderung der Reintegration ausländischer Staatsbürger (Reintegrationsstiftung)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der eine Förderung gemeinnütziger Vereine vorsieht, die eine Reintegration in Österreich lebender Aus­länder unter folgenden Rahmenbedingungen ermöglichen:

1. Vorfinanzierung der für den Aufbau neuer Betriebe notwendigen Geräte beziehungsweise zerstörter oder nicht vorhandener Wohnmöglichkeiten im jeweiligen Heimatland des auslän­dischen Staatsbürgers bis zur Betragsgrenze von 150 000 S aus Bundesmitteln;

2. Rückzahlung von 70 Prozent der Förderung binnen maximal fünf Jahren an eine Stiftung des jeweiligen Landes, die weitere Förderungen dieser Art vergibt;

3. Kontrolle der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit sowie nachträgliche Prüfung des Erfolges der Förderung durch unabhängige Fachleute und

4. massive Information der in Österreich lebenden Ausländer.“

*****

Herr Kollege Cap! Meine Damen und Herren! Wenn es Ihnen wirklich ...

18.44


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter! Die Redezeit ist schon längst abgelaufen! Ich möchte Sie hier wieder einmal ersuchen, Entschließungsanträge so zeitgerecht vorzulesen, daß sie innerhalb der vorgesehenen Redezeit untergebracht werden können. Die 15 Minuten Ihrer Redezeit sind abgelaufen – Sie sind nicht mehr am Wort! (Abg. Scheibner: Wenn es Ihnen um die Bewältigung dieser Probleme geht, dann stimmen Sie diesem Antrag zu! – Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Jetzt redet er noch immer, obwohl er nicht mehr am Wort ist!)

Der nächste Redner ist Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

18.44


Abgeordneter Dr. Josef Cap¦ (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich hoffe, das „Milch­mädchen“ der FPÖ verläßt nicht den Raum (Abg. Dr. Graf: Wie ist das mit dem Wahl­kampf­prospekt?), denn es könnte hier ruhig hier in der ersten Reihe Platz nehmen. Ich sage des­wegen „Milchmädchen“, denn der FPÖ-Prinzhorn wurde heute ja nicht vollständig zitiert. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie war das mit den Ausländern 1994?) Er hat am 5. Juni 1996 gesagt, wir brauchen Ausländer wie einen Bissen Brot (Abg. Dr. Partik-Pablé: Reden Sie über sich und nicht über den Prinzhorn!), und dann hat er noch gesagt: „Zu glauben, hohe Arbeitslosigkeit durch den Abbau von Ausländern bekämpfen zu können, sei die dümmste Milchmädchen­rech­nung, die ich je gehört habe.“ (Abg. Mag. Schweitzer: Wie war das mit der Wahlkampf­broschüre 1994?)

Mit der dümmsten Milchmädchenrechnung meint er wohl Jörg Haider, und der steht jetzt bei der Tür, weil er wahrscheinlich gerade wieder frische Milch holen will, damit Sie vitaminmäßig wie­der etwas in Schwung kommen. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich will wissen, was mit dem Wahl­kampfversprechen von 1994 geworden ist!) Damit zeigt sich aber auch, warum es einen Aus­länderanteil gibt. Doch nicht, wie Sie uns erzählen wollen, weil es da eine Verschwörung der bösen Politikerkaste gibt, sondern Ausländer gibt es ... (Abg. Mag. Stadler: Hernals den Hernal­sern! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen. – Abg. Mag. Stadler: Chauvinist! – Wei­tere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser gibt neuerlich das Glocken­zeichen.)

Ich sage Ihnen, es ist kein Zufall, daß Sie alle hier einen Mund, aber zwei Ohren haben. Sie sollten sich aufs Zuhören besinnen. Es ist kein Zufall der Schöpfung: Zwei Ohren haben Sie, damit Sie zuhören können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Wir hören nicht nur zu, wir lesen auch deine Wahlbroschüren!)

Noch einmal: Es ist keine Verschwörung der Politik und irgendwelcher böswilligen Geister, son­dern Ausländer gibt es, weil es einen Bedarf gegeben hat und heute noch gibt und weil die Wirtschaft diese Ausländer will. (Abg. Mag. Stadler: Liest du selber auch, was du schreibst?)

Das hat der FPÖ aber nicht in den Kram gepaßt, denn am 12. Juni mußte dann der gute FPÖ-Prinzhorn einen Kniefall machen, mußte abschwören wie im schlimmsten Stalinismus und mußte dann sagen: Nein, ich bin nur für zeitlich befristete ausländische Saisonniers. An den „Bissen Brot“- den hat er wahrscheinlich irgendwie hinuntergeschluckt – hat er sich überhaupt nicht mehr erinnern können, und das mit der Milchmädchenrechnung und daß er den Klub­obmann als Milchmädchen bezeichnet hat, das hat er auch schlagartig vergessen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sollten die Wahlbroschüre vorlesen!)

Ich weiß nicht, welche Strafvariationen Sie haben, Tatsache ist, er mußte am 12. Juni abschwö­ren, Tatsache ist, daß damit bewiesen wird, daß es Ausländer in Wirklichkeit doch aus den genannten Gründen gibt. (Abg. Mag. Stadler: Du hast dein Wahlversprechen vergessen!)

Daher frage ich mich jetzt weiter ... (Abg. Mag. Stadler: Weißt du, was ein Wahlversprechen ist? Du hast den Hernalsern versprochen: Hernals den Hernalsern!) Sie können hier herauskom­men, wir können eine Doppelconférence machen (Heiterkeit bei der SPÖ), wenn Sie wollen. Wenn Sie unbedingt mitspielen wollen und jetzt darunter leiden, daß Sie nicht hier vorne stehen, dann kommen Sie her! (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Kommen Sie einfach her! (Abg. Mag. Stadler: Ich will dich an dein Wahlversprechen erinnern!) Wir werden zwar irgendwie nicht auf den gleichen Nenner kommen. Sie werden vielleicht lauter sein, das haben Sie wahrscheinlich im Bregenzer Wald eingeübt und gelernt – aber ich muß jetzt fortsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gehen wir jetzt doch einmal zum nächsten Punkt. Laßt Zahlen sprechen, denn die geben die wirklichen Fakten wieder. (Abg. Haigermoser – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Ja! Das sind die Zahlen des 17. Bezirks!) Ja, es gibt bestimmte Zahlen, die Sie hier zitieren, und es gibt Zahlen, die Sie hier nicht zitieren.

Ausländerbeschäftigung: minus 4,6 Prozent. (Abg. Haigermoser: Das sind die Zahlen von Her­nals!) Zu Hernals kommen wir noch.

Die Zahl der arbeitslosen Ausländer ist von 1994 auf 1995 von 25 445 auf 24 893 gesunken. (Abg. Mag. Stadler: Den Hernalsern muß man deine Reden schicken!)

Die Zahl der illegal beschäftigten Ausländer betrug 1994 – zum Mitschreiben – 6 186, 1995 4 210. Was ist das? – Alle im Chor nachsprechen: gesunken! – Und so können wir das fort­setzen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Schau, der Bundeskanzler geniert sich schon für dich!)

Wie viele sind nach Österreich gekommen? 1991 waren es 91 000 und dann von Jahr zu Jahr weniger: 86 000, 44 000, 20 000, 15 000. Und daher wieder im Chor: Was ist das? – Gesunken!

Das können wir fortsetzen. Zum Beispiel wieder mit Zahlen, weil Sie immer so Angstmacher­perspektiven haben.

Gerichtlich strafbare Handlungen: 1994 – zum Mitschreiben, weil es eine etwas längere Zahl ist – 504 568 (Abg. Mag. Stadler: Müssen das wieder alle im Chor sagen?), 1995 486 433. (Abg. Mag. Stadler: Herr Bundeskanzler, das ist wie vor 50 Jahren! Da hat es auch so einen Chor gegeben! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Danke, für die Glocke, denn jetzt kommt wieder der Einsatz. Was ist das? – Gesunken! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt wollen wir uns vielleicht auf die Details einlassen.

Schwere Delikte: Mord: minus 9,2 Prozent; Einbruch: minus 5 Prozent; Drogen: minus 14 Pro­zent; tödliche Körperverletzung – ich schütte Sie heute mit Zahlen zu, das ist das einzige, was Sie in Wirklichkeit verstehen –: minus 14,3 Prozent. Was ist das? – Gesunken!

Das sollten Sie sich wirklich einmal einprägen! (Abg. Dr. Krüger: Was ist mit deinem Niveau? – Gesunken! – Heiterkeit bei der Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser – ein Blatt Papier in die Höhe haltend –: Hier habe ich die Zahlen!) Wenn Sie dem Klub glauben! (Abg. Dr. Krüger – auf den Stufen ganz nach vor kommend –: Cap, was ist mit deinem Niveau? – Gesunken! – Präsident Dr. Neisser gibt neuerlich das Glockenzeichen.) War der Einsatz geplant? – Ich glaube es nicht, ich kann es mir nicht vorstellen.


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦ (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Herren! Bitte um Entschuldigung, ich läute nicht ständig mit der Glocke, weil ich eine patho­logische Präferenz für den Glockenklang habe (Heiterkeit), sondern weil ich damit signalisieren möchte, daß Sie die Zwischenrufe auf jenes Maß reduzieren sollten, daß sich der Redner beim Pult verständlich machen kann. Die Geschäftsordnung gibt Ihnen jede Möglichkeit, hier beim Pult aufzutreten.

Bitte, Herr Dr. Cap, Sie sind am Wort!


Abgeordneter Dr. Josef Cap¦ (fortsetzend): Herr Präsident! Da sind Sie richtig hart zu mir, denn ich habe mich schon so an diese atonalen Zwischenrufe gewöhnt, aber ich kann mich durchaus auch umstellen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Reden Sie über den Menschenhandel! Der ist um 250 Prozent gestiegen!)

Was ist gestiegen? – Das wird Sie jetzt freuen: 1995 hatten wir 12 653 Aufenthaltsverbote, 7 292 Ausweisungen, 10 772 Abschiebungen, 3 701 Rückschiebungen. Wenn Sie addieren könnten, würden Sie jetzt draufgekommen, daß 14 473 Menschen Österreich verlassen mußten. (Abg. Mag. Trattner: Und was ist das jetzt?) – Das allerdings ist gestiegen.

Wenn ich mir all diese Zahlen ansehe, muß ich Sie fragen: Warum treffen wir uns da heute überhaupt? Was machen wir da? Was soll diese Sondersitzung? Was soll diese Dringliche? (Abg. Mag. Stadler: Wir diskutieren über Hernals! Du hast den Hernalsern versprochen, es gibt weniger Ausländer! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Der Menschenhandel ist gestiegen!) Holen Sie einmal das „Milchmädchen“ herein! Das soll nämlich jetzt einmal da herkommen, soll einmal zuhören und soll dann erklären, warum es das heute wirklich getan hat. Es ist absurd, es ist ein Knieschuß und in Wirklichkeit völlig sinnlos, was Sie da veranstalten! Außer es geht Ihnen gar nicht um das, was Sie vorgeben, sondern Sie wollen uns wieder irgendeine Ideologie aufs Auge drücken.

Manchmal habe ich den Verdacht, daß es wirklich so ist, denn gerade heute, als wir Hauptausschuß gehabt haben, haben wir wieder so eine kleine Kontroverse gehabt. Ihnen geht es um die ethnische Neuordnung Europas. Das kommt ja alles von Ihnen, das ist ja Ihr Grund­satzprogramm. Man muß sich den Luxus leisten und Ihre Grundsatzprogramme auch lesen. Es geht Ihnen um die ethnische Neuordnung Europas. (Abg. Mag. Stadler: Europa als Groß-Her­nals!) Sie finden daher Migrationsströmungen, wenn sie so stattfinden, wie Sie es nicht wollen, nicht angenehm. Sie haben eine bestimmte ethnische, völkische Vorstellung – was auch immer das sein mag. Es kommen ja noch ein paar Redner von Ihnen zu Wort, die das erzählen können. (Abg. Mag. Stadler: Das Hernals des Josef Cap ist das neue Europa!)

Meine Frage, die ich an Sie habe: Auf welcher Basis wollen Sie diese ethnische Neuordnung eigentlich durchführen? (Abg. Mag. Stadler: Auf der Basis der Capschen Vorstellungen über Hernals!) Ich weiß ja nicht, welches Jahr, welche Zeitepoche in Europa Ihnen vorschwebt. Was ist es? Ist es vielleicht das 4. Jahrhundert? Ist es das 10. Jahrhundert? Was ist es? Irgend et­was muß es ja sein. Daß Sie ein bisserl in dieser Zeit leben, beweist ja einer der Punkte, den Sie da heute unter den Voraussetzungen für eine „anständige Ausländerpolitik“ angeführt haben (Abg. Mag. Stadler: Wir wollen nur machen, was du den Hernalsern versprochen hast!) und in dem Sie zum Beispiel sofortige und vollständige Realisierung des Grenzschutzes durch die umgehende Zurverfügungstellung der erforderlichen Personal- und Sachressourcen verlangen. Sagen Sie gleich: Achtung, die Hunnen kommen! Alles sofort an die Grenze! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das ist ungefähr Ihre Diktion, mit der Sie an die Bevölkerung herantreten.

Aber gehen wir jetzt zurück, denn ein bisserl Geschichtsunterricht ist nicht schlecht. Mich würde folgendes interessieren: Als die Germanen gekommen sind – was war das damals? War das Landraub, Landnahme, Befreiung? Haben damals schon ein paar von Ihnen, so heimliche Germanen, die da in der Gegend gewohnt habe, darauf gewartet? Haben Sie sich gefragt: Wann kommen endlich die Markomannen? Wann kommen die Quaden? Wann kommen die Vandalen? Wann kommen die Goten? (Abg. Dr. Keppelmüller: Die Alemannen! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Was war da Ihr Plan? Sagen Sie uns das bitte! Haben Sie darauf wirklich schon gewartet?

Auf welcher Basis soll diese ethnische Neuordnung stattfinden? Hier die Franken, dort die Bajuwaren. In Ihrem Fall die Alemannen, die Rätoromanen? – Wie soll das alles stattfinden? Lassen Sie uns bitte nicht im dunkeln tappen! Ihre Ausländerpolitik kann nicht bloß partei­politische Taktik sein und gegen die Regierung, gegen den Innenminister, gegen den Kanzler gerichtet sein. Dahinter muß ja noch etwas stehen, sonst hätten Sie Ihre Grundsatzprogramme nicht produziert, mit denen Sie uns ununterbrochen belästigen. (Abg. Mag. Stadler: Der Bun­deskanzler kann schon nicht mehr zuhören!)

Wenn das aber so ist, dann muß ich mir die Frage stellen – und diese Frage müssen Sie bitte beantworten; daß Sie gegen Multi-Kulti sind, das haben Sie heute schon ein paarmal gesagt –: Auf welcher Basis soll diese ethnische Neuordnung stattfinden? Das würde mich wirklich interessieren. (Abg. Dr. Graf: Auf der Basis Ihres Wahlprogramms! – Abg. Mag. Stadler: Auf der Basis Ihrer Wahlversprechen!) Sie sagen 4. Jahrhundert wegen der Markomannen, Sie nennen wahrscheinlich die Goten. Ist akzeptiert. (Abg. Dr. Graf: Auf der Basis Ihres Wahl­programms!)

Was will ich damit sagen? – Dieses Gebiet hier scheint offensichtlich immer ein Gebiet des Durch­zugs, der Einwanderung, der Auswanderung gewesen zu sein. Schauen Sie, ich habe bezüglich Ihres Falles in der Vorbereitung für heute bei Zöllners „Österreichische Urgeschichte“ nachge­schaut, und es ist ganz interessant, was er über die Anfänge menschlicher Siedlungen der Alt- und Jungsteinzeit in unserem Gebietsraum schreibt. Vielleicht wollen wir dort ansetzen. Viel­leicht ist dort das authentisch Österreichische zu finden, das Sie die ganze Zeit suchen.

„Aus der dritten, der letzten Zwischeneiszeit“ – ich zitiere – „stammen die Funde aus der Gu­denushöhle“ (Heiterkeit bei der SPÖ) „bei Hartenstein im niederösterreichischen Kremstal“ – wir kommen schon immer näher zum authentischen Österreicher und zu dem Ort, wo er angesiedelt ist; vielleicht ist er auch wieder zurückgekehrt in die Gudenushöhle und verharrt dort im niederösterreichischen Kremstal – „und der Drachenhöhle bei Mixnitz“ – also dort, wo Sie wahrscheinlich das Bündnisbüro angesiedelt haben –, „die uns den Menschen jener Zeit vor allem als Jäger erkennen lassen.“ – Also eine Parallele jagt die andere. „Die Jagd auf Großtiere – in den Alpen gab es viele Höhlenbären“ – darüber kann das „Milchmädchen“ wieder mehr erzählen, weil das Bärental wahrscheinlich viele Höhlenbären aufzuweisen hatte – „und das Sammeln von Früchten bilden die Grundlage seiner Existenz. In der Nähe von Flüssen wird er auch Fischer.“ (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ist das nicht weit weg vom Thema, Herr Präsident?)

„Als Werkzeuge und Waffen dienten durch Zuschlagen Klingen“ – zuschlagen, Klingen, Schmiß, Burschenschaften – „oder Abschlagen (Faustkeil)“ – Ewald Stadler, abschlagen, Faustkeil, Ihr Einsatz wäre jetzt gefragt, jetzt möchte ich einen Zwischenruf hören! Warum kommt er nicht? (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ – Abg. Mag. Stadler: Lieber Josef, daß du immer noch den Zöllner liest, zeigt deine Bildung!) – „bearbeitete Feuersteine und“ – jetzt kommen eure Parteilokale – „als Wohnstätten natürliche Schlupfwinkel, vor allem Höhlen.“ (Neuerliche Heiter­keit bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Kollege Cap, der Feurstein ist von der ÖVP!)

„Unzweifelhaft besaß“ – das ist jetzt der überraschende Teil dieses Textes – „auch der Mensch dieser Zeit eine ausgebildete Sprache, das Zeichen eines denkenden Geistes“ – das war etwas überraschend, geht aber dann wieder ganz normal weiter –, „ebenso sind Anzeichen für einen Totenkult feststellbar.“ – Das verstehe ich bei den vielen politischen Leichen, die am Rande der FPÖ herumliegen. Dieser Kult ist notwendig. „Menschliche Skelettreste hat man aus dieser Zeit bisher noch nicht gefunden. Sicher gehörte er“ – also das muß der authentische Österreicher sein – „der Neandertalerrasse an.“

Da hätte man damals stehenbleiben sollen. Keiner mehr herein! Es rennen nur mehr lauter Neandertaler in der Gegend herum mit einem losen Fell um den Körper: Das ist der authentische Österreicher. Der ist zu Recht nicht mehr in Ihrer Fraktion, den haben Sie ja bekanntermaßen weggeschickt. Es wäre besser gewesen, er wäre dageblieben und Sie alle wären gegangen, dann hätten wir als Vertreter der FPÖ-Fraktion den authentischen Österrei­cher gehabt. (Abg. Mag. Stadler: Ich kenne ihn nicht! Willst du den in Hernals schützen?)

Daher: Es hat immer schon Völkerwanderungen gegeben – im kleinen, im großen Stil –, und diese Völkerwanderungen hinterlassen natürlich auch ihre Spuren. Wenn das „Milchmädchen“ jetzt hier sitzen würde, täte ich mir leichter. Ich könnte bei ihm konstatieren: den schlauen slawischen Blick, bei dem man aufpassen muß, diese keltische Unberechenbarkeit, die sich wahrscheinlich niedergeschlagen hat, die Liebe zum Wald – die Markomannen sind ja bekannt für die Aufforstung des Teutoburger Waldes –, die Ordnungsliebe als Erbe der Vandalen, wäh­rend das Abschlagen und Zuschlagen wieder auf den Neandertaler hinweist. (Abg. Mag. Stadler: Das ist peinlich! Pepi, du warst schon besser!)

Und so könnten wir all diese Kulturelemente zusammenfügen, und das wäre doch die Basis ... (Abg. Mag. Stadler: Daß du den Zöllner zitierst! Du bist wirklich schwach heute!) Ich kann noch weiter analysieren. Wenn ich da so herumschaue, fällt mir noch viel ein, wo die Spuren der Völkerwanderung sichtbar werden. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Der Abgeordnete Stadler ist für den alemannischen und den rätoromanischen Teil zuständig. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich will das einmal in dieser Zuspitzung darstellen, um sichtbar zu machen, was der ideologische Hinter­grund dafür sein muß, daß Sie uns die ganze Zeit mit Ihren Dingen belästigen. Ich will zeigen, daß es nicht nur um parteipolitische Auseinandersetzungen geht (Abg. Mag. Stadler: Es geht darum, was du den Hernalsern vor den Wahlen versprochen hast!) und schon gar nicht um die Sorge um die Hernalser, die mit 27,3 Prozent in der Tat den zweithöchsten Anteil an Ausländern in Wien haben und die mit Recht darüber nachdenken können, ob es eine andere Verteilung geben soll. (Abg. Mag. Stadler: Ah jetzt kommst du endlich zum Thema! Jetzt wird es inter­essant!) Aber zwischen Hernals und ganz Österreich – ich bin zwar ein stolzer Hernalser – ist doch von der Größenordnung und von der Problemstellung her ein bisserl ein Unterschied. Dar­auf lege ich jedenfalls schon größten Wert. (Abg. Mag. Stadler: Der Unterschied ist, daß du nur in Hernals kandidierst! – Abg. Dr. Graf: Du bist stolz auf Hernals, aber die Hernalser sind nicht stolz auf dich!)

Weil Sie heute immer so mit Freude Ihre Redner akklamiert haben und auch über die Land­tagswahl im Burgenland sich so freudig gezeigt haben, schließe ich jetzt – ein bisserl zur Weiterbildung – mit einem schönen Zitat von Shakespeare: „Wilde Freude nimmt ein wildes Ende.“ (Abg. Mag. Stadler: Von Zöllner zu Shakespeare – das ist eine Steigerung!) Sie sollten sich das als Slogan in Ihrem FPÖ-Klub aufhängen, und das sollte die weitere Leitlinie Ihrer künftigen „wilden Freuden“ sein. Dazu kann ich Ihnen nur alles Gute wünschen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.58


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Ich stelle noch fest, daß der vorhin vom Abgeordneten Scheib­ner verlesene Entschließungsantrag ausreichend unterstützt ist und in die Verhandlung mit ein­bezogen wird.

Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte, Herr Abgeord­neter. (Abg. Dr. Khol: Jetzt kommt ein starker Redner! – Abg. Madl: Vielleicht steigt jetzt das Niveau!)

18.59


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zwei Vorbemerkungen.

Erste Vorbemerkung: Ich habe bis jetzt diese Debatte sehr aufmerksam verfolgt. Wir hatten die gleiche Debatte vor ungefähr vier Wochen, ebenfalls in einer Sondersitzung des Nationalrates, ebenfalls in Form einer dringlichen Anfrage. Es sind eigentlich bis jetzt keine neuen Argumente gefallen. Ich sage ganz offen: Ich freue mich auf die nächste Geschäftsordnungsreform, die hoffentlich verhindert, daß wir alle drei, vier Wochen zum selben Thema Sondersitzungen im Parlament haben, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ  sowie beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Stadler: Der Kostelka hat gesagt, das ist wegen der Politikerbezüge!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber folgendes auch sehr deutlich sagen und bitte, mich jetzt nicht mißzuverstehen: Solche Sondersitzungen und ständig die gleichen Themen in dringlichen Anfragen führen natürlich dann auch dazu, daß wir solche Reden hören, wie wir sie gerade von meinem Vorredner gehört haben.

Herr Kollege Cap, es war amüsant, aber ich hätte mich mehr gefreut, wenn ich das im Kabarett gehört hätte und nicht auf parlamentarischem Boden. Das muß ich ganz offen sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! In aller Kürze nur sechs Punkte. Deshalb in aller Kürze – ich wieder­hole das noch einmal –, weil wir das gleiche Thema vor vier Wochen stundenlang abgehandelt haben.

Erste Feststellung, meine Damen und Herren, und ich möchte das sehr deutlich sagen, weil das meine persönliche Sicht ist: Ich glaube, daß Österreich kein Einwanderungsland ist. Ich möchte mich ausdrücklich von einer entsprechenden Aussage des Herrn Innenministers distanzieren. Das ist meine höchstpersönliche Auffassung. (Abg. Mag. Stadler: Das stammt ja von Khol!) Nein, das stammt nicht von Khol. Wir sind ein Land, das immer von Humanität gekennzeichnet war. Wir haben immer jene aufgenommen, die Schutz brauchten, die verfolgt waren. Aber wir sind kein Einwanderungsland im klassischen Sinn, daß wir unbegrenzt Ausländer hereinlassen. – Das war auch immer die Auffassung des Klubobmanns Dr. Khol. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Ich werde Ihnen den Khol gleich vorlesen!)

Meine Damen und Herren! Daher hat unser Klubobmann ja führend Gesetzentwürfe mit ver­handelt, die sehr strenge und klare Zugangsregelungen vorgesehen haben – genau aus dieser Überlegung heraus!

Ich gebe Ihnen schon recht, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, daß es sehr schwierig ist, die Balance zu finden; ich habe sie einmal hier folgendermaßen genannt: diese „Balance zwischen Menschlichkeit und Humanität einerseits und Wirtschaftlichkeit andererseits“. Es ist viel einfacher, zu erklären: Ausländer raus! Aber diesen primitiven Lösungs­ansätzen wen­den wir uns nicht zu. Das möchte ich auch sehr deutlich zur Abgrenzung sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich bekenne mich dazu, daß der Großteil der Ausländer, die wir heute bei uns haben, nicht von sich aus gekommen ist, sondern daß wir jahrelang – viele Jahre lang seit Anfang der siebziger Jahre! – alles getan haben, die Wirtschaftskammer sogar durch eigene Anwerbestellen im Ausland, damit wir ausländische Arbeitskräfte bekommen. Jahr­zehnte­lang haben wir das getan, meine Damen und Herren! So ehrlich müssen wir sein. Und heute dürfen wir uns nicht wundern, wenn diese Ausländer – dieses Zitat ist gefallen – als Menschen natürlich auch Ansprüche stellen, Ansprüche im Bereich der Humanität, der Familien­zusammenführung und so weiter. Darüber dürfen wir uns nicht wundern. (Abg. Dr. Graf: Es geht gar nicht um die, die wir in den letzten Jahrzehnten geholt haben!)

Aber, Herr Kollege, ich gebe Ihnen gerne zu: Dieses Austarieren, wo die Grenzen der Humanität und wo die Grenzen der Ökonomie sind, ist sehr schwierig. Das ist eine immens schwierige Aufgabe. Daher sollten wir die Diskussion sachlich und nüchtern führen, sollten das tun, bitte, was Aufgabe der Politik ist, nämlich Angst zu nehmen und nicht Angst zu erzeugen. Auch das sollte man sehr deutlich sagen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Mag. Peter.)

Dieses Thema ist sehr heikel. Natürlich macht es auch mir Sorgen, wenn ich heute viele Bürger treffe, die Angst vor Überfremdung haben. Und ich sage Ihnen ganz offen und ehrlich: Auch ich möchte meine Kinder nicht in Schulen geben, in denen 80 oder 90 Prozent Ausländer sind. (Abg. Scheibner: Die können es sich nicht leisten, sie woanders hinzugeben!) Das ist ernst zu nehmen, Herr Kollege! (Abg. Scheibner: Hunderttausende müssen hingehen!) Aber das ist kein Anlaß, politisches Kleingeld damit zu machen. Darüber müssen wir sachlich und ernsthaft diskutieren! (Beifall bei der ÖVP.)

Und eine Gesamtdarstellung zeigt auch auf, meine Damen und Herren, daß wir heute immer noch, bei aller Knappheit von Arbeitsplätzen, bei allen Arbeitsmarktproblemen, eine Reihe von Betrieben haben, die ehrlich und nachweisbar sagen: Bitte, wir bekommen keine inländischen Arbeitskräfte für gewisse Tätigkeiten. – Und wenn wir da Ausländer hereinholen, ist das ein Beitrag zur Wertschöpfung in Österreich.

Sie alle wissen, wir haben dieses Problem. Wir haben dieses Problem – ich habe es schon einmal formuliert –, das auch zentral in die Frage der Zumutbarkeit der Beschäftigung hinein­geht. Bei 250 000 bis 300 000 Arbeitslosen, bei fast 30 000 arbeitslosen Ausländern ist die Frage der Zumutbarkeit zu stellen, bitte! Die Betriebe rufen nicht aus Jux und Tollerei nach Ausländern, sie beschäftigen viel lieber Inländer. Da gibt es keine Sprachprobleme, da gibt es keine bürokratischen Hürden, da gibt es keine Kontingente und so weiter. Aber wenn die Inländer nicht vorhanden sind, wenn sie nicht bereit sind, gewisse Arbeiten durchzuführen, dann ist es mir lieber, wir lassen diese Wertschöpfung im Lande und beschäftigen hier ausländische Arbeitskräfte – mit der Konsequenz, daß wir auch die soziale und humanitäre Komponente beachten müssen, Herr Kollege. So konsequent müssen wir einfach sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Und eines auch noch, weil bei dieser Angstpropaganda natürlich immer wieder mitschwingt: Gebt acht, die Ausländer nehmen euch die Arbeitsplätze weg!

Ja, meine Damen und Herren, ein Vorredner hat es schon gesagt: Arbeitskraft ist doch nicht Arbeitskraft! Wenn die Stadt Wien philippinische Krankenschwestern einfliegen läßt, weil sonst niemand in der Lage ist, diese Arbeit zu tun, dann kann man doch nicht behaupten, daß die Textilarbeiterin in Groß-Siegharts deswegen ihren Arbeitsplatz verliert, weil wir Ausländer in Österreich haben. Das ist ja hanebüchen! Aber immer wieder wird ganz bewußt diese Angstschiene gefahren: Die Ausländer nehmen euch die Arbeit weg! (Abg. Dr. Haider: Weil es keine Teilzeitbeschäftigung für Krankenschwestern gibt!)

Ich bin allerdings sehr dafür – und das ist auch die Position der Wirtschaft und der Wirtschafts­kammer –, daß wir sagen: Wir müssen unbedingt Aufenthaltsrecht und Beschäftigungsrecht kongruent gestalten, harmonisieren. Es geht nicht an, daß wir eine Auseinanderentwicklung zwischen Aufenthaltsrecht auf der einen Seite und Ausländerbeschäftigungsrecht auf der anderen Seite haben. Hier finde ich mich auch durchaus in Partnerschaft mit der Frau Kollegin Hostasch, die gerade zustimmend nickt. Hier müssen wir sehen, daß das Beschäftigungs- und Aufenthaltsrecht möglichst kongruent sind, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Mag. Peter.)

Zum Abschluß, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ich würde mich wirklich freuen, wenn die nächste Sondersitzung, die ich noch vor dem Sommer erwarte – ich glaube, so realistisch muß man sein –, einem anderen Thema als der Ausländerbeschäftigung gewidmet wäre. Wir haben andere, ernste Probleme in unserem Land auch noch. (Beifall bei der ÖVP.)

19.06


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeord­neter Mag. Stadler zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, beginnen Sie die Berichtigung mit der Darstellung des Sachverhalts, den Sie berichtigen wollen.

19.06


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Kolle­ge Stummvoll hat im Zusammenhang mit einer Distanzierung von der Einwanderungs­philo­sophie des Bundesministers Einem die Behauptung aufgestellt, der Klubobmann der ÖVP, Khol, hätte nie behauptet, daß für die ÖVP Österreich ein Einwanderungsland sei. (Abg. Dr. Stumm­voll: Ich habe Einem zitiert!)

Dies ist unrichtig. Richtig ist vielmehr, daß der Abgeordnete Klubobmann Dr. Khol im „Standard“ vom 8. November 1995 zweimal mit folgendem Zitat erwähnt wird:

„Die F meint, Österreich sei kein Einwanderungsland – die Volkspartei meint, daß wir ein Ein­wanderungs­land sind.“

Zweites Zitat: „Gerade weil wir glauben, daß Österreich ein Einwanderungsland ist, wollen wir geordnete, menschenrechtskonforme Verhältnisse: Zuwanderung.“

(Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Zweytick: Was ist da schlecht?)

19.08


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

19.08


Abgeordneter Mag. Helmut Peter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Ich bin sicher, daß Herr Dr. Stummvoll seine Aussage, er möchte, daß seine Kinder nicht in eine Schule mit einem Ausländeranteil von 80 bis 90 Prozent gehen, auf die Sprachfähigkeit dieser jungen Menschen bezogen hat. Und das ist vielleicht der Unter­schied in der Debatte. Hier geht es um die Sprachfähigkeit, darum, daß der Vater sich Sorgen macht, daß die Kinder durch die mangelnde Sprachfähigkeit ausländischer Kinder im Lernen zurück­bleiben. Würden sie nämlich wirklich gutes Deutsch sprechen, wäre es eine Bereicherung für die Kinder, wenn sie dort hingehen könnten, um dort mehr zu lernen als ihre Schul­kameraden aus demselben Dorf.

Integration ist halt eine Frage, wie man sie sieht. Die Frau Kollegin Partik-Pablé hat zur Inte­gration gesagt, die Ausländer müssen sich an unseren Lebensstil anpassen, wie wir seit Jahr­zehnten gelebt haben. – Ist das wirklich so statisch? Ist es wirklich so, daß Integration nur Anpassen ist? Ist Integration nur Unterordnung? Ist Integration nicht genauso Selbstbestimmt­heit, Buntheit und Veränderung unserer Kultur?

Meine Damen und Herren! Das ist vielleicht der Punkt, warum wir hier in der Sondersitzung streiten müssen: weil wir bei einem sensiblen Thema halt ganz andere Zugänge haben.

Ich wäre froh, wenn wir keine Ausländer-, sondern eine Einwanderungsdebatte führen würden (Abg. Mag. Stadler: Das glaube ich!), denn es gibt kein zivilisiertes Land der Welt, das kein Einwanderungsland ist. Es ist eine Frage der Menge, es ist eine Frage der Gleichzeitigkeit, es ist eine Frage der Integrationsfähigkeit, wobei ich hier unter „Integration“ eben nicht Unterordnung, sondern Selbstbestimmung verstehe.

Was mich so stört, ist, daß dieses sensible Thema natürlich in der österreichischen Bevölkerung da und dort an Biertischen, auch in manchen Zeitungen so mit einem unterschwelligen Rassis­mus, so mit einer pangermanischen Überheblichkeit, mit einer ideologischen Verbohrtheit und dazu noch mit einer Überflutungsphilosophie diskutiert wird. Ich unterstelle den Damen und Herren des freiheitlichen Klubs nicht, daß sie das tun, ich werfe ihnen aber gleichzeitig vor, daß sie sich zuwenig dagegen wehren. Denn ich weiß, daß bei solchen Versammlungen da und dort irgendein Wahnsinniger aufsteht und einen unerhörten Schwachsinn redet. Und ich verlange von Ihnen, ich fordere Sie als politische Mandatare dieser demokratischen Republik Österreich auf: Wann immer solche Wahnsinnigen bei irgendwelchen Versammlungen aufstehen, dann widersprechen Sie ihnen gefälligst, dann bekämpfen Sie diese Meinungen und unterstützen Sie sie nicht unterschwellig. – Das ist das, was uns wirklich unterscheidet.

Fakten bei diesem Thema sind schnell aufgezählt. Reichtum zieht an, meine Damen und Herren. Wir können unseren Reichtum nicht mehr verstecken in einer Mediengesellschaft. Er ist erreichbar geworden. Es ist ein osmotischer Druck von Armut zu Reichtum.

Wir werden also alles Erdenkliche tun müssen in der Entwicklungspolitik. Es ist nicht nur damit getan, daß wir einen Osthilfefonds fordern, sondern es gilt wirklich, die Entwicklungspolitik zu fördern. Man kann nicht auf der einen Seite dagegen sein, daß die Entwicklungshilfe in Öster­reich 1 Prozent oder 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen soll, und auf der anderen Seite auch die Einwanderung bekämpfen. Es ist ja der Sinn der Entwicklungspolitik, diesen osmotischen Druck zu senken. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Der zweite Punkt ist halt bedauerlich: Die reichen Länder sterben aus. Wir haben eine Repro­duktionsrate – es graust mir fast, wenn ich das so ausdrücke –, die unter zwei liegt. Die gebär­fähige Frau bekommt nur mehr 1,4 Kinder. Das ist eine freie Entscheidung der Familie in Österreich. Daher werden wir Zuwanderung haben müssen, wenn wir die Bevölkerungs­pyramide nur annähernd aufrechterhalten wollen. Aus dem schönen stolzen Tannenbaum ist mittlerweile eine nicht minder stolze, aber unfinanzierbare Linde geworden.

Der dritte Punkt – und das ist mir am wichtigsten –: Abschottung bedeutet Stillstand. Sie bedeutet Verarmung, und zwar kulturell wie wirtschaftlich. Dieses Österreich lebt davon, daß es sich eben nicht abgeschottet hat. Ich bin sehr dankbar, daß sich 1918 mein Großvater, der in Sarajevo geboren ist, als k. u. k. Offizier in Österreich niederlassen durfte. Ich wäre sonst vielleicht nicht in diesem Lande. Vielleicht bin ich eine kleine Bereicherung; mein Großvater war es auf jeden Fall.

Der vierte Punkt – es wurde dies schon von Stummvoll sehr richtig gesagt –: Arbeitslosigkeit und freie Stellen aufzurechnen ist einfach Schwachsinn. Es ist einfach Dummheit. Arbeitslosig­keit und freie Stellen aufzurechnen ist Schwachsinn und Dummheit. Und wer das tut, muß sich des Populismus zeihen lassen. (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP und bei den Grünen.)

Dazwischen liegt das Spannungsfeld der Qualifikation von Wohn- und Arbeitsort, von Zumut­barkeiten. Und hier, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, liegt Ihre Aufgabe, die Zumutbarkeitsbestimmungen nicht nur anzupassen, zu modernisieren, sondern sie auch anzuwenden. (Abg. Dr. Khol: Richtig!)

Wir haben in Österreich mit Stand Ende Mai 23 570 ausländische Arbeitslose. Wir haben – und da sind Gott sei Dank die arbeitslosen Ausländer auch dabei, weil wir bei den Berufen alle Berufstätigen erfassen – 6 193 arbeitslose Bauhilfsarbeiter, 31 805 arbeitslose Menschen in Fremdenverkehrsberufen, 2 038 arbeitslose Hausgehilfinnen, 8 934 arbeitslose Reinigungs­personen, also eine Vielzahl von arbeitslosen Menschen. Und trotzdem gelingt es manchen Betrieben nicht, und zwar wegen mangelnder Zumutbarkeit, wegen mangelnder Durchsetzung der Zumutbarkeit, auf dem Arbeitsmarkt Mitarbeiter zu finden.

Und daher ein klares Wort zu den Saisonniers: Herr Dr. Stummvoll! Die Wirtschaftskammer beschäftigt sich mit dieser Frage sehr stark. Ich glaube, in der heutigen Beschäftigungssituation brauchen wir Saisonniers dann nicht mehr, wenn wir die Zumutbarkeit vernünftig regeln.

Nur einen Status des Saisonniers lasse ich mir nicht nehmen, meine Damen und Herren: Für die junge australische Studentin, für den kanadischen Studenten, für den Handwerker aus Nor­wegen, für den Schweizer jungen Mann, der unsere Kultur, unser Land, unsere Sprache kennen­lernen will, der nicht in unser Sozialsystem integriert werden will, der nur für eine bestimmte Zeit, drei, sechs Monate, bei uns arbeiten und unser Land kennenlernen will, muß Platz bleiben in Österreich. Das ist aber eine ganz andere Form von Saisonnier als derjenige, der gemeint ist für die Beschäftigung in Branchen, in denen wir sonst keine Mitarbeiter bekom­men. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der ÖVP.)

Der sechste Punkt: Eines ist klar, und jeder, der verantwortungsvoll darüber diskutiert, weiß das: Die Einwanderungspolitik hat Grenzen, und gerade weil sie Grenzen hat, möchte ich heute eine Einwanderungsdebatte führen und keine Ausländerdebatte. Die Menschenrechtskonvention ist halt nicht relativierbar. Sie ist Gott sei Dank so glasklar beschlossen, und wir haben sie als Österreicher unterschrieben. Und auch Asylrecht und Humanität sind nicht diskutierbar – auch wenn die Ergebnisse schwierig sind, auch wenn es Belastungen gibt. Aber nur zu sagen, wir sind für die Österreicher, und die Ausländer sind uns egal, das geht nicht, das ist zu schmal gedacht. Menschen, die in unserem Land leben, Menschen, die in Not sind, sind unser Problem, gleichgültig, welche Staatsbürgerschaft sie letztlich haben.

Einwanderung muß immer größer als null sein. Wir brauchen eine schrittweise Einwanderung in einer offenen Weltwirtschaft, in der Betriebsansiedelung, in der Qualifikation, in der Ausbildung, in der kulturellen Bereicherung unseres Landes. Sie muß aber begrenzt sein in der Integrations­fähigkeit, wobei Integrationsfähigkeit nicht Unterordnung, sondern Eingliederung, partnerschaft­liches Nebeneinanderleben heißt.

Meine Damen und Herren! Die Lösung ist sicher schwierig und sensibel. Einige Ansätze dazu:

Der Schwerpunkt – ich glaube, hier sind wir alle einer Meinung – muß auf der Integration der Menschen liegen, die in unserem Lande sind. Es ist mir unerträglich, daß Leute abgeschoben werden, die eigentlich schon lange den Anspruch hätten, Österreicherinnen und Österreicher zu werden, aufgrund ihrer langen Aufenthaltsdauer in Österreich, aufgrund ihrer Unbescholtenheit, aufgrund ihrer Beschäftigungsdauer, die nur diesen Antrag nie gestellt haben, weil sie gesagt haben, in meiner Pension möchte ich wieder – zum Beispiel – nach Bosnien zurückgehen, daß man solche Menschen dann auf einmal, weil sie irgendeinen Formfehler machen, abschiebt.

Der Familiennachzug, meine Damen und Herren, ist unverzichtbar. Man kann sich in Österreich nicht Arbeitstiere halten. Nach einer gewissen Zeit der Arbeitsgenehmigung, nach einer gewis­sen Zeit des Aufenthaltes muß es das Menschenrecht sein, daß Frau und Kinder, also die nächste Familie, nachziehen und sie gemeinsam leben können.

Eine offene Einwanderungspolitik muß unsere Politik genauso wie unsere Hirne bestimmen. Offen müssen wir sein, wiewohl wissend, daß die Zahl begrenzt ist und die Qualifikationen not­wendig sind.

Meine Damen und Herren! Mehr Fingerspitzengefühl, mehr Humanität in Worten und Gedanken bei diesem sensibelsten politischen Thema wären notwendig. Als Wahlkampfthema eignet es sich wirklich nicht! (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP und bei den Grünen.)

19.17


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Sie sind am Wort.

19.17


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits¦ (Grüne): Dobar ve#er, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Es war der jetzige Kollege Dr. Löschnak, seinerzeit Bundesminister für Inneres, der einmal von der FPÖ als „bester Mann in der Regierung“ bezeichnet worden ist. Wenn man diese dringliche parlamentarische Anfrage der Freiheitlichen liest, dann kann man den Eindruck bekommen, daß es heute gar nicht mehr um einen besten Mann in der Regierung geht, sondern daß die Regierung der beste Mann der Freiheitlichen ist, nämlich die gesamte Regierung. Denn so viel Zufriedenheit über das, was in den letzten Jahren auf dem Gebiet der Ausländergesetzgebung in Österreich geschehen ist, wie aus dieser dringlichen Anfrage hervorgeht, verwundert selbst mich, die ich immer als eine scharfe Kritikerin des Kurses von Dr. Löschnak, Freunden und Freundinnen aufgetreten bin.

Darum bin ich ein wenig betroffen – um es ganz harmlos auszudrücken –, vor allem von der Rede des Kollegen Cap, der hier eine – in der letzten Diskussion habe ich das schon einmal gesagt – Niedermair-Vindobona-Kulisse-reife Vorstellung gegeben hat. Das hat aber nichts zu tun mit der Ernsthaftigkeit der Problematik, wenn es um anstehende Novellierungen der Aus­länder­gesetze in Österreich geht. Und da hat Herr Dr. Stummvoll recht, wenn er das kritisiert. Mir ist das viel zu ernst, um hier von Mal zu Mal, von Sondersitzung zu Sondersitzung oder von dringlicher Anfrage zu dringlicher Anfrage einen Wettbewerb in kabarettistischer Perfektion zu veranstalten.

Der Josef Cap sollte sich hier eher die Worte – vielleicht für seine nächste Einlage – durchlesen, wenn die Freiheitlichen schreiben – in bezug auf das in ihren Augen erfolgreiche Volksbegehren „Österreich zuerst“ –: „Als Reaktion sah sich die Bundesregierung unter Federführung des damaligen Innenministers Löschnak veranlaßt, endlich im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher zu handeln. Es wurde ein Fremdenrecht ausgearbeitet, das eine Begrenzung der Zuwanderung vorsah“, und so weiter und so fort. – Wäre ich Josef Cap, wäre mir das extrem unangenehm in dieser Situation! (Beifall bei den Grünen.)

Aber daß es Josef Cap nicht unangenehm ist und wahrscheinlich bis zum 13. Oktober nicht unan­genehm sein wird, dazu muß ich jetzt zu einem Zitat greifen, das Sie von mir ganz sicher nicht erwartet hätten. Ich möchte gerne aus der „Kronen-Zeitung“ von Mittwoch, den 12. Juni 1996, Staberl – in dem Fall als Kronzeugen – vorbringen. Der von mir keineswegs geschätzte Kolumnist, der schon jahrzehntelang in der „Kronen-Zeitung“ schreibt, bringt in seiner Kolumne unter dem Titel „Jeder bekommt, was ihm beliebt“ – gemeint sind die Österreicherinnen und Öster­reicher – über diese gespaltene Zunge, mit der die SPÖ spricht, Zitate aus zwei Artikeln, die heute auch schon erwähnt wurden: aus einem Interview mit Innenminister Dr. Einem im „Standard“ und aus dem mehrmals erwähnten Interview des Bürgermeisters Dr. Häupl in der Zeitung „Die Presse“, in der dieser von der „anständigen“ Ausländerpolitik spricht.

Viel bedenklicher jedoch als eine Sondersitzung an einem Tag, an dem man – wie zuge­ge­benermaßen auch ich – als Abgeordnete oder Abgeordneter schon andere Pläne und Ver­pflichtun­gen hatte, viel unangenehmer als Sondersitzungen und Anwürfe und Polemik und Populis­mus der Freiheitlichen ist mir das, was die Sozialdemokraten in diesem beginnenden Wahlkampf tun, nämlich dieses Sprechen mit gespaltener Zunge und dieses – wie der Kolum­nist Staberl meint – „Kundendienstbetreiben“. Der eine – Herr Bürgermeister Häupl – für die Masse der Wähler, der andere – Bundesminister Dr. Einem – für die intellektuellen, links­intellektuellen, aufgeschlossenen, liberalen – „liberalen“ im Parteisinn – und grünen Wähler.

Jeder bekommt vor den Wahlen, was er braucht. Der Herr Bundesminister, der einer der wenigen Abgeordneten mit einem direkten Mandat ist, das er jetzt nicht ausübt, sondern freund­licher­weise einer Dame, der Kollegin Karlsson, überlassen hat, befriedigt eine Klientel, die mit uns – und viele von Ihnen waren auch dabei – beim Lichtermeer am 23. Jänner 1993 für ein menschlicheres Zusammenleben in Österreich demonstriert hat. Einige sind auch heute noch bei „SOS-Mitmensch“ dabei und setzen dieses Gedankengut fort. Der Herr Bundesminister befriedigt also einerseits diese Wählerklientel für den 13. Oktober beziehungsweise versucht er – wie ich es sagen würde –, sie einzulullen. Andererseits sagt der Bürgermeister freimütig, daß der Beginn der Lösung die gelegentlich geschmähten Ausländergesetze von Franz Löschnak waren und daß es sich eigentlich um vollkommen richtige Gesetze handelt, da sie den Zuzug tatsächlich begrenzt haben. Es gibt fast eine Nullbilanz. Er spricht die Wahrheit – es gibt diese Nullbilanz der Zuwanderung in Wien.

Das ist etwas, worüber man im politischen Widerstreit unterschiedlicher Meinung sein kann, so wie ich es auch nur für eine semantische Frage halte, ob Österreich ein Einwanderungsland ist oder nicht. Der Herr Bundeskanzler hat dazu heute wider besseres Wissen – ich habe ihn zu­mindest bis jetzt immer anders verstanden – eine nicht nur der FPÖ, sondern auch dieser Wäh­ler­klientel gefällige Interpretation dieser Meinung gegeben. Wir brauchen gar nicht herumzu­diskutieren: Österreich ist ein Einwanderungsland. (Zwischenbemerkung des Bundeskanzlers Dr. Vranitzky.)

Vielleicht habe ich Sie falsch verstanden, und Sie verwahren sich gegen den Begriff „klassisches Einwanderungsland“; dieser Begriff kann nur im Sinne von Ländern wie Kanada oder die USA verstanden werden, die auch historisch gesehen eine andere Tradition als Zuwanderungsland haben. Aber Zuwanderungs- beziehungsweise Einwanderungsland bleibt Einwanderungsland. Das beweist nämlich nicht ein Wortspiel, sondern es zeigt ein Querschnitt durch die öster­reichische Bevölkerung, daß wir das sind und hoffentlich – auch aus egoistischen Gründen – auch bleiben werden. Ich denke da an eine demographische Pyramide. Ich gebe zu, daß es nicht eine Gefühlsduselei oder ein ständiges Sichbesinnen auf Menschenrechte und auf das Recht auf Familienzusammenführung ist, sondern ein rein pragmatischer Gedanke: Was ist mit der Arbeit, die zu tun ist, damit diese Pyramide nicht wirklich einmal auf dem Kopf steht? Diesbezüglich denke ich ganz egoistisch als Österreicherin.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Staberl, Cap, Bundeskanzler Vranitzky, anständige Aus­länderpolitik versus unanständige Ausländerpolitik – all das sind meiner Ansicht nach Aus­flüsse eines Denkens, das von einem ausgeht, zu dem manche – die Freiheitlichen tun’s, die Sozial­demokraten nicht – stehen: nämlich zu dem Gedankengang, Menschenrechte vom Grad der Fremdheit abhängig zu machen. Es gibt nichts Falscheres als den politischen Ansatz, Menschenrechte vom Grad der Fremdheit abhängig zu machen!

Heute wurde vielfach vom Recht, als Familie zusammenzuleben, geredet. Das ist ein Men­schen­recht. Man muß sich ja nicht näher damit befassen, was die Freiheitliche Partei von Menschenrechten hält. Klubobmann Dr. Haider hat erst vor einigen Monaten davon gesprochen, daß man die Europäische Menschenrechtskonvention ja abschaffen könnte, sie sei nicht notwendig. Wozu sollte sie Bestandteil des österreichischen Verfassungsrechts sein?

Mit Politikern und Bürgern dieses Landes, die solche Gedankengänge haben, sie laut aus­sprechen, ist nicht über Menschenrechte zu reden. Ich habe mir schon längst abgeschminkt, Herrn Dr. Haider zu missionieren. Er will ja genau das Gegenteil. Ich meine, notwendig ist es, jenen anderen Teil des Auditoriums hier, aber auch die Öffentlichkeit von diesen Gedanken­gängen abzuhalten. Die Freiheitlichen werden diese Schiene nie verlassen, weil es ja – darauf hat Karl Öllinger heute schon und zum Teil auch, bei aller Scherzhaftigkeit, Kollege Cap hinge­wiesen –, was die Ideologie der Freiheitlichen betrifft, gar nicht anders geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es beschäftigen mich nicht diese wahlkampf­taktischen Züge des Dr. Haider, es ist sein Recht, eine Sondersitzung zu verlangen. Das ist ein Recht, das ihm gesetzlich zusteht, es ist in der Geschäftsordnung verankert – ihm und 36 oder 37 weiteren Mitgliedern des Nationalrates. (Abg. Dr. Pumberger: 40!)

Wenn jemand ein Recht, das ihm zusteht, in Anspruch nimmt, dann halte ich es für nicht oppor­tun, von exzessivem Ausnützen oder von Mißbrauch zu reden, sondern es ist die Inan­spruchnahme eines Rechts, so wie es das Recht eines türkischen Mannes ist, mit seiner türkischen Frau zusammenzuleben, und so wie es das Recht türkischer Kinder ist, bei ihren türkischen Eltern – egal, wo auf der Welt – zu leben, von ihnen erzogen zu werden und nicht von irgend jemand anderen. Herr Dr. Haider! Gleiches Recht für alle! (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich schon wieder zu lange dem Dr. Haider gewidmet, es geht ja eigentlich um diese Seite des Hauses. (Die Rednerin zeigt in Richtung der SPÖ.) Nicht Dr. Haider stört mich in seiner Argumentation, es stören mich Bescheide – einige diesbezügliche Beispiele sind heute von Karl Öllinger zitiert worden –, die Ausfluß einer Gesetzgebung sind, die nicht mit den Stimmen der Freiheitlichen beschlossen wurde. Ich habe hier auch einen solchen Bescheid, den ich in textbausteinmäßiger Ausfertigung schon mehrmals in Händen gehalten habe. Ihre Zustimmung war es – es geht um Familienzusammenführung –, die ermöglicht hat, daß ein österreichischer Beamter der MA 62, Wien, vollkommen zu Recht – ich billige es nicht, aber es ist zu Recht – gesetzesgemäß schreiben darf:

„Da nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bei den als Erwachsene aus dem gleichen Kulturkreis wie die antragstellende Partei kommenden Personen“ – es geht um Türke und Türkin – „auch nach mehrjährigem Inlandsaufenthalt eine insbesondere die Bereiche Sprache, Kommunikation mit der eingesessenen Bevölkerung und Anpassung an mitteleuropäische Sitten, Gebräuche und Lebensweisen umfassende Integration kaum stattfinden kann, würde eine bevorzugte Bewilligungserteilung an die antragstellende Partei, aus deren Antrag keinerlei ihre Integration erleichternden Umstände abgeleitet werden können, die aufwendigen Inte­grations­bemühungen für die hier lebenden ausländischen Mitbürger nur weiter erschweren.“

Ein Türke, der mit seiner türkischen Frau in Österreich mehrere Jahre legal zusammenleben will – selbstverständlich legal, denn sonst müßte er sich gar nicht die Mühe einer Antragstellung machen –, sie haben noch gar keine Kinder, es ist also eine kleinstmögliche Familie, nur Mann und Frau, nicht einmal Mama und Papa, muß sich von einem österreichischen Beamten auf­grund bestehender österreichischer Gesetze anhören beziehungsweise schreiben lassen, daß er und seine Gattin nicht imstande seien, mitteleuropäische Sitten, Gebräuche und Lebensweise zu garantieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Solange Bescheide dieser Art keine Chance haben, behoben zu werden, weil sie nämlich rechtmäßige Interpretation bestehender Gesetze sind, solange herrscht Handlungsbedarf und solange werden wir Grüne, wir menschenrechtsbewegte Menschen in diesem Land uns nicht einlullen lassen durch die zwei Zungen, mit denen die SPÖ spricht: auf der einen Seite der liberale, fortschrittliche Dr. Einem, auf der anderen Seite die Scharfmacher aus dem ÖGB, die alle Integrationsbemühungen von Dr. Khol und Dr. Einem mit einer Pressemeldung zunichte machen.

Was glaubt denn eigentlich der ÖGB? – Ich brauche diese rhetorische Frage gar nicht zu stellen. Der ÖGB weiß ganz genau, daß diese Minimalvariante einer Verbesserung, die von Khol und Einem beabsichtigt war (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), nur im Sommer eine Chance auf Realisierung hat – wohl kaum nach dem 13. Oktober, wo die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt für In- und Ausländer nicht absehbar besser sind. Gespaltene Zungen gibt es nur in Indianermärchen – hoffentlich gilt das auch für Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

19.33


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haller. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.33


Abgeordnete Edith Haller¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Ich habe nicht vor, mich eingehend mit den Äußerungen meiner Vorredner aus­einan­der­zusetzen. Auf die Ausführungen des Kollegen Kier, der eindeutig österreichfeindliche Aussagen getroffen hat, und auch des Kollegen Öllinger, dem überhaupt nichts zu blöd ist, wenn es nur gegen die Freiheitlichen geht, sodaß er sogar den Nationalsozialismus verherrlicht, hat schon mein Kollege Scheibner sehr gut repliziert.

Ein bißchen anders verhält es sich beim Kollegen Cap. Er hat hier versucht, sich mit einer wirklich dümmlichen Vorstellung über die Ausführungen des Herbert Scheibner betreffend seine Aussagen bei diversen Wahlen hinwegzuschwindeln. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Er hat Beispiele gebracht und immer von „gesunken“ gesprochen. Es ist mir nur ein Beispiel wert, ihm das Gegenteil zu beweisen, und zwar die Entwicklung bei den fremden Tatverdächtigen: 1988: 10,6 Prozent Gesamtkriminalität, davon Verbrechen 14,3 Prozent. Im Gegensatz dazu 1994: 20,8 und 30,3 Prozent. Da kann ich nur sagen: gestiegen. – Solche Beispiele gäbe es viele! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

In einem war sich mein Vorredner Cap mit dem Adressaten dieser dringlichen Anfrage, dem Bundeskanzler, aber einig: Es ist in Österreich alles in Ordnung. Es ist alles gut, uns Österrei­chern geht es wunder­bar, auch wenn die Verarmung von Familien kein Randgruppenproblem mehr ist, auch wenn täglich eine Firma nach der anderen in Konkurs geht – uns geht es gut, sodaß es eigentlich ganz logisch ist, daß wir Österreicher ein Belastungspaket dieses Aus­maßes verkraften können. Es geht uns auch so gut, daß der EU-Beitritt, so wie er stattgefunden hat, ohne Wenn und Aber, einfach richtig war. – Das sind Dinge, die uns der Herr Bundes­kanzler als Chef dieser Regierung tagtäglich glauben machen will.

In diesem Zusammenhang muß ich ihm, auch wenn es mir schwerfällt, ein Kompliment machen. Herr Bundeskanzler! Es ist Ihnen eines wirklich recht gut gelungen in den zehn Jahren Ihrer Regierung: Sie haben über die Medien die Macht der Meinungsbildung in Österreich gewaltig beeinflußt. Wenn ein Journalist, Michael Maier, sagt, daß Sie ein wenig der Ziehvater des Tugendterrors sind, dann wird er wissen, was er damit meint.

Sie haben die Macht der Beschwörung des Rechtsradikalismus ausgenützt, die Macht der Beschwörung der Ausländerfeindlichkeit – soviel steht für mich fest. Sie haben aber diese Macht über die Medien auch ausgenutzt, um Ihre eigene Person möglichst gut darzustellen, Ihre Politik erfolgreich darzustellen, sich bejubeln und beweihräuchern zu lassen – dabei haben Sie in den ganzen zehn Jahren nur eine einzige Wahl gewonnen! Aber: Gerade diese Wahl – die vergan­gene Nationalratswahl – hat eben den Erfolg dieser Ihrer Machtausübung über die Medien ge­zeigt. Sie hat gezeigt, daß es Ihnen gelungen ist, die österreichische Bevölkerung ruhigzustellen, einzulullen, und daß diese Beeinflussung in den Köpfen der Österreicher gewirkt hat. (Zwischen­ruf des Abg. Parnigoni.) – Nein, das ist nicht meine Geisteshaltung, Herr Kollege Parnigoni, sondern das ist der Tenor von Meinungen von Journalisten. Ich weiß nicht, ob Sie die Stellung­nahmen einer Anneliese Rohrer oder eines Michael Maier zum Zehnjahresjubiläum des Herrn Bundeskanzlers gelesen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben es aber auch – das betrifft jetzt die Ausländerpolitik – immer ängstlich vermieden, der Überbringer schlechter Nachrichten zu sein. Sie haben die immer stärker werdenden Probleme der Österreicher und die Notwendigkeit des Handlungsbedarfs in der Politik totgeschwiegen und verheimlicht. Wenn Ihnen heute Ihr Parteikollege, Herr Bürgermeister Häupl, unanständige Aus­länder­politik vorwirft, dann tut er dies entweder nur, weil Wahlen bevorstehen, oder er ist wirklich anderer Meinung als Sie, Herr Bundeskanzler.

Wenn Ihr Parteikollege Hatzl dasselbe tut und wortwörtlich meint, das europäische Menschen­recht auf Familienleben kann in Wien nicht gelten – ich erinnere an seine diversen Aussagen in bezug auf das Ausländerproblem –, dann kann ich nur sagen: Entweder stimmen Ihre Vorstel­lun­gen von Ausländerpolitik mit denen Ihrer Parteigenossen größtenteils nicht überein, oder es wird hier wieder Volksverdummung betrieben, denn das Integrationspaket, das uns vorgestellt wurde, hat eigentlich das, was Sie beziehungsweise Ihre Parteikollegen uns bisher gesagt haben, Lügen gestraft.

Wenn heute in den Medien die Meldung erschien, daß der Herr Bundespräsident vor einem bevorstehenden Besuch in der Türkei wegen der gekündigten Sozialabkommen Bauchweh hat, dann muß ich Sie fragen: Waren Sie heute wirklich ehrlich bei der Beantwortung unserer dringlichen Anfrage? Da haben Sie alles so ganz einfach hingestellt, was das Problem mit der Türkei betrifft, das sich durch das Assoziationsabkommen ergeben hat. Sie haben gesagt: Noch­mals halte ich fest, daß ein Recht auf Zuwanderung nach Österreich weder für Arbeit­nehmer noch für deren Familienangehörige aus irgendeiner Bestimmung abzuleiten ist.

Und das muß ich jetzt wieder den Aussagen beziehungsweise dem Drohbrief – so kann man ihn fast bezeichnen – der türkischen Botschafterin gegenüberstellen, die genau das Gegenteil behauptet, Herr Bundeskanzler. Ich kann Ihnen nur sagen: Sie hätten gut daran getan, den Anträgen der Freiheitlichen, die bereits vor Jahren eingebracht wurden, als es um die Kündigung dieser Sozialabkommen ging, Rechnung zu tragen. Sie haben das nicht getan. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher kann ich es mir eigentlich ganz ersparen, die freiheitliche Ausländerpolitik zu verteidigen, denn wer recht hat, braucht sich nicht zu verteidigen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daß wir Freiheitlichen mit unserer Ausländerpolitik in den letzten Jahren recht gehabt haben, beweist sich wirklich Tag für Tag. Und es macht mir gar nichts aus, Herr Bundeskanzler, wenn Sie uns vorwerfen, wir Freiheitlichen hätten kein Rückgrat, wir wären Nationalisten und Chauvi­nisten. – Ich empfinde das einfach als Rückzugsgefecht von Ihnen, denn eines ist klar: Sie haben in den letzten Jahren eine Politik des Nichthandelns betrieben, gerade im Bereich der Ausländerpolitik, und wenn Sie weiterhin diese unehrliche Politik verfolgen, wird das für uns Freiheitliche der Garant für weitere Erfolge sein.

Im Interesse von uns Österreichern muß ich Sie aber um eines bitten: Verlassen Sie Ihren Kurs der Vertuschungs- und Vernebelungstaktik! Versuchen Sie nicht immer wieder den Ängsten der Bevölkerung, die da sind, die nicht wir Freiheitliche schüren, die einfach da sind, weil sie sich durch das tägliche Zusammenleben mit den Ausländern einfach ergeben, auszuweichen! Machen Sie nicht immer nur ein Notprogramm! (Abg. Haigermoser: Richtig! – Beifall bei den Freiheitlichen.) Machen Sie im Bereich der Ausländerpolitik endlich ein Lebensprogramm für uns Österreicher, das natürlich auch ausländische Mitbewohner mit einschließt.

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Ich glaube wirklich – das ist mein persönlicher Eindruck –, daß die Ausländerpolitik, die in Öster­reich von oben, von der Regierung betrieben wird, nicht mit den Empfindungen Ihrer eigenen Basis übereinstimmt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesmi­nister Dr. Einem nimmt auf der Regierungsbank Platz.)

Wo ist denn wirklich noch Platz in Österreich für so viele zusätzliche Ausländer, die Sie herein­zuholen gedenken? – Sie haben es uns heute ja wieder bestätigt, daß Sie zu diesem Inte­grations­paket stehen. Wir fordern von Ihnen, daß Sie dieses Paket ohne Wenn und Aber zurück­nehmen! Wir fordern aber auch, daß Kriminelle abgeschoben werden müssen. Wir fordern, daß keine vorzeitigen Einbürgerungen mehr erfolgen. Wir wollen strengere Maßnahmen gegen Scheinehen. Wir wollen diesen Familiennachzug, wie Sie ihn propagieren, nicht haben. Wir wollen umgekehrt die Möglichkeit der Repatriierung von in Österreich lebenden Ausländern in ihrer Heimat. Was ist denn wirklich Schlimmes daran, wenn wir das unterstützen wollen, wenn wir zu Gästen in unserem Haus Österreich irgendwann einmal sagen müssen: „Unsere Gast­freundschaft ist zu Ende, weil wir sie uns nicht mehr leisten können!“? Es wären aber natürlich auch Illegale aufzugreifen und abzuschieben. Dazu stehen wir auf alle Fälle und auch dazu, die Flüchtlingseigenschaften zu überprüfen.

Herr Bundeskanzler! Ich glaube in bezug auf Recht und Unrecht eines: Man muß auch Unrecht nicht unbedingt ver­teidigen, denn die Zeit wird erweisen, wer recht und wer unrecht gehabt hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.44


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.44


Abgeordnete Annemarie Reitsamer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz auf die Ausführungen der Kollegin Haller eingehen. Sie hat gesagt: Was ist denn dabei, wenn wir unsere Gäste sozusagen zurückschicken? – Sie hat das offensichtlich mit einer Einladung zum Kaffee verwechselt. Wenn ich jemanden zum Kaffee einlade und er trinkt vielleicht eine Tasse zuviel, dann ist es meine Sache, ob ich ihn wegschicke oder ihm keinen mehr einschenke. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Eines vergessen Sie dabei schon, liebe Frau Kollegin Haller: Menschen, die nach Österreich ge­kommen sind, um bei uns zu arbeiten, haben vom ersten Tag an ihre Abgaben bezahlt und haben auch einen Anspruch darauf, daß sie dann, wenn sie in eine Notlage geraten, aufgrund dieser Leistungen auch unsere Unterstützung bekommen.

Das heutige Thema lautet: „anständige Ausländerpolitik“. – Wie definieren Sie Anständigkeit? (Abg. Scheibner: Fragen Sie Bürgermeister Häupl!) Ich wollte nicht meine Definition, sondern habe mir heute den Brockhaus herausgenommen und nachgeschaut ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es ist traurig, daß Sie im Brockhaus nachschauen müssen, was „anständig“ heißt! Ich brauche bei „anständig“ nicht nachzuschauen! Wissen Sie wirklich nicht selbst, was „anständig“ ist? Wissen Sie das nicht? Das ist traurig! – Weitere Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Ich habe folgendes gefunden: „Anständigkeit: Die von einer Gesellschaft oder einzelnen Gesell­schafts­schichten als Maß des zwischenmenschlichen Verhaltens von ihren Mitgliedern und Gruppen erwartete Lebensart, die Tugend der einfachen Sittlichkeit, die unabhängig von weltan­schaulichen Begründungen aus menschlichen Antrieben hervorgeht. Sie zeigt sich etwa im Verzicht auf Vorteile gegenüber anderen oder im Einsatz für Mitmenschen.“ – Ich wollte eben wissen, was da drinnensteht, ob ich richtig interpretiere. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Frei­heit­lichen.) Wie ich Anständigkeit interpretiere, das ist, bitte, meine Sache. Ich verlasse den Boden der Ordnung nicht. Ich wollte Ihnen das gegenüberstellen. (Zwischenruf des Abg. Haiger­moser.) Seien Sie einmal ruhig, Herr Haigermoser! Ich wollte Ihnen das gegenüberstellen, weil das genau Ihrer Haltung widerspricht. Sie haben offensichtlich von Anständigkeit noch nie etwas gehört.

Es geht aber noch weiter. Es gibt unterschiedliche Interpretationen, meine Damen und Herren, zum Beispiel in Meyers Universallexikon. (Abg. Scheibner: Haben Sie noch ein paar Lexika? Vielleicht ein paar Tips von Donald Duck? – Weitere lebhafte Zwischenrufe und ironische Heiterkeit. – Ironischer Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber es läuft alles auf dasselbe hinaus: „Anständigkeit: Eine Verhaltensweise der Mitmensch­lich­keit, die sich in der Überwindung von Egoismus und in der Kontrolle von Aggressionen in der Begegnung mit anderen Menschen in Situationen des Alltags bewährt. Sie realisiert mit Selbstverständlichkeit das in der konkreten Situation Notwendige und Angemessene, um den Menschen neben sich“ – und da sollten Sie gut zuhören, denn das haben Sie noch nie gewußt – „unter Verzicht auf eigene vordergründige Vorteile zu seinem Recht kommen zu lassen.“

Höchst interessant! Ich bin überzeugt, daß Wiens Bürgermeister Häupl das auch so interpretiert. Bei Ihrer Bewegung kommen mir allerdings einige Zweifel, wenn ich da etwa an die „ordentliche Beschäftigungspolitik“ denke oder wenn ich an den Umgang Ihres Klubobmanns sogar mit inländischen Arbeitnehmern denke. Ich möchte nur an den Förster Günther Stöckl und die Affäre im Jahr 1987 erinnern. – Ist das anständig?, frage ich Sie. (Abg. Haigermoser: Der Verdacht erhärtet sich!) Sie wollen das.

Heute ist schon von philippinischen Krankenschwestern, von ausländischen Bauarbeitern gesprochen worden. (Abg. Haigermoser: Ich habe nur unter „Xanthippe“ nachgeschaut, nicht unter „Anstand“!) – Sie können noch so grölen. Heute ist schon von dieser Gruppe Arbeitnehmer gesprochen worden. Sie finden es recht und billig, daß sie unsere Kranken, unsere Alten pflegen. Wenn sie aber selbst gesundheitliche Probleme haben, diesen Beruf nicht mehr ausüben können, nicht mehr vermittelbar sind, aber auch nicht in die Invaliditätspension gehen können, dann schicken wir sie nach Hause und dort sollen sie bei null wieder anfangen. Ich frage Sie: Ist das Anständigkeit?

Es läßt auch ein besonderes Licht auf Ihre Interpretation von Anständigkeit fallen, wenn aktuellste Zahlen, die ohne weiteres aus Mitte Juni zur Verfügung stehen, einfach nicht benutzt werden, sondern man auf alte Zahlen aus der Mottenkiste zurückgreift, wenn man von 40 000 arbeitslosen Ausländern spricht (neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), während es nur 19 100 sind, wenn man von 300 000 Arbeitslosen insgesamt spricht, weil es einem in den Kram paßt, es aber nur 194 471 sind.

Das Integrationspaket ist ein Konzept für Integration vor Neuzugang. Das haben Sie bis jetzt schamhaft verschwiegen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was steht unter „Mottenkiste“ im Lexikon?)

Meine Damen und Herren! Dieses Paket ist deshalb zurückgestellt worden, weil man es noch einmal in aller Intensität diskutieren will und weil man natürlich die Situation auf dem heimischen Arbeitsmarkt dabei nicht außer acht lassen darf. Aber ich werde Ihnen jetzt etwas sagen: In diesem Paket steht auch – und das zeigt schon, daß Sie das völlig falsch auslegen; aber nicht, weil Sie es nicht verstehen, sondern weil es Ihnen in den Wahlkampfkram paßt – zum Beispiel unter Punkt 3: Bei der Entscheidung über die Neuzuwanderung einer Arbeitskraft muß gleich­zeitig sichergestellt sein, daß auch die Familie quotenwirksam einwandern darf, um nicht wieder Rückstaus und damit soziale Härtefälle zu produzieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Ist in der Quote allerdings nicht für die gesamte Familie Platz, darf auch die einzelne Arbeitskraft nicht kommen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Ja mein Gott! Sie haben in Ihrer Fraktion dafür Leute, die haben noch nicht einmal lesen gelernt und stottern hier ganz furchtbar herum. Aber wir sind eben einfach so fair, daß wir sie nicht angreifen, wenn sie am Rednerpult sind, weil sie schon genug Probleme in der eigenen Fraktion haben. – Das wollte ich Ihnen dazu sagen, weil Sie das so hinstellen.

Der Herr Kollege Scheibner war heute ein besonderes „Genie“ im Rechnen. Er hat Zahlen über die Zuwanderung nach Österreich genannt. Ich habe hier die aktuellen Zahlen: 1989: 53 000, 1990: 72 000, 1991: 91 000, 1992: 86 000, 1993: 44 000, 1994: 20 000, 1995: 15 000, zusam­men österreichweit 381 000. Und jetzt haben Sie es auf den Punkt gebracht. Sie haben gesagt, er hat von Wien geredet. Er hat gesagt, 6 000 sind zumutbar. In dieser Zeitspanne von sechs Jahren wären das 36 000. Wenn er von Wien geredet hat, dann hat er aber die Zahl 600 000 genannt, während wir österreichweit nur bei 381 000 sind. – So spielen Sie! (Beifall bei der SPÖ.)

Dann sagen Sie natürlich auch, daß wir die illegale Beschäftigung nicht bekämpfen können. – Dabei haben Sie von den Freiheitlichen mit uns das Antimißbrauchsgesetz gegen die illegale Beschäftigung beschlossen. Sie sagen, die Regierung hätte nichts getan. Von Ihrer Warte aus ist genug getan worden, manchmal sogar zuviel – wir haben da unsere Probleme. Freilich haben wir auch jetzt eine Situation auf dem Arbeitsmarkt, der wir im Interesse der ausländischen wie der inländischen Arbeiter Rechnung zu tragen haben.

In den Unterlagen hier steht ganz deutlich, daß die Gruppe von ausländischen Mitbewohnern, auf die sich Ihre ganze Polemik bezieht, 345 000 Personen, also einen Anteil von 4,3 Prozent an der Gesamtbevölkerung Österreichs, ausmacht. – So arbeiten Sie! Sie behaupten, in Österreich befänden sich derzeit über eine Million Ausländer und daß daher die Probleme auf dem Arbeits­markt und bei der Finanzierung des Sozialstaates immer größer würden. Die Österreicher müßten ein Belastungspaket über sich ergehen lassen, und trotzdem lasse die Bundesregierung weiteren Zuzug zu. – Ich frage Sie: Wo? (Abg. Dr. Ofner: Ich lade Sie einmal zu mir nach Ottakring ein, dann können Sie es sehen! Sie fragen, wo!)

Sie können sich im Ton vergreifen, Sie können sich in der Wahrheit vergreifen, und trotzdem subsumieren Sie alles unter „anständig“.

Heute wurden auch die Lehrlinge angesprochen, Zahlen wurden aber keine genannt. Hier steht – mit Datum von gestern, meine Damen und Herren –: Der Lehrstellenmarkt zeigt sich bei den sofort verfügbaren Lehrstellensuchenden und sofort zu besetzenden offenen Lehrstellen noch vergleichsweise ruhig. Mitte Juni 1996: 3 748 sofort verfügbare vorgemerkte Lehrstellen­suchende, 2 995 sofort besetzbare offene Lehrstellen. Für die Zeit nach Schulschluß haben sich bereits 17 000 Lehrstellensuchende vormerken lassen, für dieselbe Zeit sind aber auch bereits 12 500 offene Lehrstellen gemeldet. – Das alles wird von Ihnen verschwiegen, weil es nicht in Ihren Kram paßt, weil es nicht in Ihren vorgezogenen Wiener Wahlkampf paßt.

Ich denke, daß sich von der „Anständigkeit“ der „F“ und der populistischen Politik, die von Ihnen betrieben wird, die Menschen heute hier genügend überzeugen konnten! (Beifall bei der SPÖ.)

19.53


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter Scheibner hat eine tatsächliche Berichtigung verlangt. Herr Abgeordneter, beginnen Sie bitte mit der Darstellung der Behaup-tung, die Sie berichtigen wollen. – Bitte.

19.53


Abgeordneter Herbert Scheibner¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frau Abgeordnete Reitsamer hat mir Unseriosität bei den in meiner Rede genannten Zahlen unter­stellt. Sie hat nämlich behauptet, ich hätte im Gegensatz zur Realität von 600 000 Aus­ländern in Wien gesprochen. Frau Abgeordnete Reitsamer, Sie haben gesagt: 600 000 allein in Wien.

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe in meiner Rede folgende Zahlen verwendet: Ich habe den Zeitraum 1989 bis 1995 dargestellt – das sind übrigens sechs Jahre, Frau Kollegin –, ein Zeit­raum, bei dem Stadtrat Swoboda in der Studie von 36 000 zulässigen integrationsfähigen Ausländern gesprochen hat. – Tatsächlich sind 176 000 Zuwanderer in diesem Zeitraum nach Wien gekommen, Frau Kollegin Reitsamer! (Abg. Mag. Stadler: Aufpassen, nicht schwätzen!) 176 000 und nicht 600 000.

Und weil Sie die Zahlen für Wien, die wir hier genannt haben, auch noch kritisiert und für falsch erklärt haben, zitiere ich das Statistische Zentralamt mit österreichweit 750 000 legalen Aus­ländern und zitiere Herrn Bürgermeister Häupl mit 370 000 legalen Ausländern in Wien und zitiere Herrn Stadtrat Hatzl mit 100 000 illegalen Ausländern in Wien.

Das sind die realen Zahlen, Frau Kollegin Reitsamer! Sie könnten sich das einmal genau anschauen, vielleicht stimmen Sie dann auch unseren Programmen zu. (Beifall bei den Frei­heitlichen. – Abg. Haigermoser: Dazu brauchen wir kein Lexikon!)

19.55


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

19.55


Abgeordnete Ridi Steibl¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Wenn meine Kollegin, die menschenrechtsbewegte Minderheitensprecherin der Grünen, meint, daß das Verlangen auf Einberufung einer Sondersitzung ein Recht ist, so glaube ich zwar schon, daß das ein Recht ist, aber auch, daß man ein Recht nicht unbedingt immer in Anspruch nehmen muß. (Abg. Scheibner: ... aber immer darf! – Abg. Dr. Graf: Das entscheidet der, der das Recht hat!) Ich glaube, daß es da einen Mißbrauch gibt, und zwar aus dem einen Grund, daß die Kosten für eine Sondersitzung alles in allem 3,5 Millionen Schilling betragen. Nun meine Frage, meine Herren und Damen der „F“: Könnte dieser Betrag nicht anders eingesetzt werden? (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Dr. Kostelka rechtfertigt seine Bezüge mit den Sitzungen im Parlament!)

Auch ich glaube, daß Sie mit Ihrer Sondersitzung nichts anderes als das, was meine Vorredner gesagt haben, tun, nämlich Angst schüren. Sie nehmen den Menschen nicht die Angst, sondern Sie zündeln. Ich glaube, daß das auch sicherheitspolitisch sehr, sehr bedenklich ist. Wir gehen damit in Richtung Ghetto, was uns allen nicht guttun wird – genau das Gegenteil von dem, was Sie meinen. Denn je schneller die Integration erfolgt, umso geringer ist auch die Gefahr, daß Ausländer in Subkulturen am Rande der Kriminalität abgedrängt werden – etwas, was Sie alle ja auch nicht wollen.

Ich glaube auch, Österreich verdankt seinen guten Ruf in der Staatengemeinschaft nicht zuletzt der Tatsache, daß es eine großartige Hilfeleistung erbracht hat und daß wir auch nach wie vor großartige Hilfeleistungen erbringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wie heißt es? – Nicht was wir gestern waren, sondern was wir morgen gemeinsam sein werden, vereint uns. – Wir werden uns noch viel mehr bemühen müssen, Vorurteile gegenüber Fremden und Ausländern abzubauen – das wissen wir –, um diesen Menschen nicht nur eine wirt­schaft­liche, sondern auch eine mitmenschliche Heimat zu geben. Ja, ich glaube, daß die Zeit reif ist, daß wir manche Dinge zum Besseren wenden können, um diese Menschen hier in Österreich einzubinden – um der Humanität und des Ansehens Österreichs willen.

Das von der FPÖ so genannte Volksbegehren im Jahre 1992 begründete „F“-Führer Dr. Haider damals damit, daß man auch einmal an die Inländer denken müsse – genauso wie heute. Damals sagten insbesondere von seiten der Kirche Kardinal König und Weihbischof Kuntner ganz klar, dies sei erstmals ein Volksbegehren, das sich gegen Menschen richte. – Ich frage Sie heute, so viele Jahre später: Wollen Sie das? Ich frage Sie: Haben Sie nichts dazugelernt? (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, das kann sachlich nicht begründet werden. Ich frage mich nur, wo das wirklich seinen Ursprung hat.

Es sagte zum Beispiel die Wifo-Expertin Dr. Biffl – das wurde heute oft angesprochen –: Aus­länder nehmen die Arbeitsplätze weg. – Mehr Ausländer heißt nicht: mehr Arbeitslose. Aus­länder verrichten oft Tätigkeiten, für die einheimische Arbeitnehmer nicht mehr – unter Anführungs­zeichen – zur Verfügung stehen. Die ausländischen Arbeitnehmer helfen daher mit bei der Sicherung unseres materiellen Wohlstandes, aber ebenso auch unserer Lebensqualität. Ich glaube, daß man das auch anerkennen sollte. Wenn zum Beispiel, wie man auch sieht, unsere Wohnbevölkerung schrumpft, daß wir in Richtung einer Überalterung gehen, so ist es wichtig, daß wir eine gewisse Anzahl zuwandernder Menschen in unser Land lassen.

Ich möchte die Position der ÖVP mit unserem Klubobmann Khol als Verhandler in der ersten Reihe noch einmal zusammenfassen: Integration hat Vorrang vor Neuzuwanderung; Be­schränkung des Neuzuzugs von Fremden auf ein Mindestmaß; beim Asylrecht darf es keinen Miß­brauch geben. – Das haben wir immer gesagt. Das ist unser oberstes Ziel. Mit einer Sonder­sitzung bewirken Sie von den Freiheitlichen wahrscheinlich ein paar Medienberichte. Aber wirklich verändern wollen Sie nichts und können Sie auch nichts damit! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.00


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist nunmehr der Abgeordnete Dr. Krüger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.00


Abgeordneter Dr. Michael Krüger¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Innenminister! Eine meiner Vorrednerinnen, Frau Abgeordnete Haller, hat bereits das angespro­chen, was verschiedene Medien aus Anlaß des zehnjährigen Jubiläums des Bundeskanzlers als Resümee seiner bisherigen Arbeit gezogen haben. Dieses Resümee ist naturgemäß unter­schiedlich ausgefallen – je nachdem, ob es von einem Hofberichterstatter, von einem Leibbio­graphen oder aber von einem kritischen Journalisten gekommen ist. Da war etwa von Entschei­dungsschwäche die Rede und davon, daß der Herr Bundeskanzler eher ein Moderator als ein Administrator ist.

Zitiert wurde gleichfalls der frühere Chefredakteur der „Presse“, der jetzt in Berlin tätig ist und offensichtlich aus dem Ausland eine klare Beurteilung der Arbeit des Bundeskanzlers vorneh­men konnte. Er ist zu dem Ergebnis gekommen: Zehn Jahre Vranitzky sind gleichbedeutend mit zehn Jahren Tugend-Terror in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In keiner anderen Sparte der Politik manifestiert sich dieser Tugend-Terror deutlicher als in der Ausländerpolitik. (Abg. Dr. Nowotny: Sind Sie für nackten Terror?) Herr Kollege Nowotny! Das ist eine weitere Entgleisung, derer Sie sich heute hier schuldig machen. (Abg. Mag. Stadler: Wir sind gegen Terror!) Sie als Katheder-Sozialist sollten besser in Klausur gehen (Beifall bei den Freiheitlichen) und sich mit den wahren Pro­blemen, die die Österreicherinnen und Österreicher beschäftigen, befassen, als unqualifizierte Zwischenrufe zu machen! (Abg. Dr. Nowotny: Das war ein Kompliment!) Wenn Sie das als Kompliment betrachten, ist es noch trauriger für Sie.

Meine Damen und Herren! Wenn man von Tugend-Terror spricht, dann ist zu erwähnen, daß gerade in der Ausländerpolitik von den Sozialdemokraten, aber auch von den Grünen und Teilen des Liberalen Forums ein Kain-Abel-Prinzip angewandt wird; ein Kain-Abel-Prinzip deshalb, weil man jene Menschen und jene Politiker, die dem ungezügelten Zuzug der Ausländer nach Öster­reich das Wort reden, als gute Menschen, als humane Politiker bezeichnet und über jene, denen die Anliegen der Österreicherinnen und Österreicher mehr am Herzen liegen, wie das in unserer Fraktion der Fall ist, ein Denkverbot verhängt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist für mich das Unerträgliche an dieser Diskus­sion, und das ist eigentlich auch schuld daran, daß es eine wirklich sinnvolle Ausländerdiskus­sion nicht gibt. Unser Klubobmann hat heute den Aufruf gestartet, daß sich doch alle Kräfte in der Demokratie zusammensetzen sollten, um zu einer vernünftigen Ausländerpolitik zu kommen. Aber gerade dazu müßte endlich von dieser Kain-Abel-Politik der selbsternannten Tugend-Terroristen, der selbsternannten Gesinnungshüter Abstand genommen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es fällt mir schwer – oder auch nicht, je nachdem, wie man es betrachtet –, ausgerechnet eine Ikone der 68er Generation zu zitieren, nämlich Daniel Cohn-Bendit. Er hat etwas sehr Richtiges gesagt, nämlich: Das Subjekt der Demokratie sind die Bürgerinnen und Bürger. Allein die Bürgerinnen und Bürger und die Institutionen, die sie zu vertreten haben, entscheiden über die Ausländerpolitik. Und allein diese, meine Damen und Herren, entscheiden darüber, ob Österreich ein Einwanderungsland ist oder nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist sehr leicht, quasi von einem Elfenbeinturm des Wohlstandes aus eine humanistische Grundhaltung vorzutäuschen und in Wahrheit die Ängste und Sorgen der Österreicherinnen und Österreicher zu mißachten! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Ich empfehle Ihnen folgendes: Machen Sie einmal eine Exkursion zum Westbahnhof. Es wird zwar immer wieder davon geredet, daß Sie in den Arbeiterbezirken ohnedies gegen den hohen Ausländeranteil wettern, aber begeben Sie sich tatsächlich einmal von Ihren Penthäusern, Luxusvillen und Eigentumswohnungen im 19. Bezirk zum Westbahnhof und untersuchen Sie dort die Infrastruktur – das ist jetzt keine Polemik –, und Sie werden eines feststellen: Dort hat der Ausländeranteil derart überhand ge­nommen, daß es bereits eine Verslumung gibt. (Abg. Parnigoni: Sie wohnen ja eigentlich in Linz! Sie sind ja Oberösterreicher!) Herr Kollege! Wenn Sie das negieren, negieren Sie die Ängste und Probleme der Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei den Freiheitli­chen.)

Es sind ja die Bezirksvorsteher der Sozialdemokratischen Partei jenseits der „Gürtelmeile“, die feststellen, daß dort der Ausländeranteil zu hoch ist, als daß eine andere Infrastruktur Platz grei­fen sollte. Aber, Herr Kollege, Sie haben das wieder nicht verstanden, das ist auch nicht über­raschend. (Abg. Parnigoni: Auch der Schöll kommt aus seinem Penthouse nicht herunter! Der sitzt im Penthouse, der Schöll!) So optimistisch bin ich ohnehin nicht in diese Diskussion ge­gangen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Österreich gibt es, das kann man so zusammenfas­sen, in der Ausländerpolitik und in der Integrationspolitik zwei Denkschulen. Auf den Punkt ge­bracht: Die eine Denkschule ist danach ausgerichtet, daß Österreich ein Einwanderungsland ist. Dieser Satz ist vom Herrn Innenminister in dieser Form gesagt worden, selbstverständ­lich unter Akklamation der Grünen. Frau Kollegin Stoisits hat sich ja dieses Diktums auch be­mächtigt.

Herr Bundeskanzler! Sie könnten hier und heute eine Klarstellung treffen. Sie selber sprachen das eine oder das andere Mal davon, daß ein geordneter Zuzug von Ausländern nach Öster­reich stattfinden könne – ein geordneter Zuzug! Ja bitte, wie ist denn das vereinbar mit der Aus­sage, Österreich sei ein Einwanderungsland? Das ist doch unglaublich! Da ist doch eine Diver­genz! Ich erwarte mir hier eine Klarstellung. (Abg. Parnigoni: Weil Sie es nicht verstehen!)

Die zweite Denkschule geht davon aus, daß Österreich kein Einwanderungsland ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nichts Unanständiges, wenn man die Meinung vertritt, Österreich sei kein Einwanderungsland. Fahren Sie in die USA, fahren Sie nach Australien – Sie werden im Visum einen Vermerk erhalten: Jegliche Beschäftigung ist untersagt, ein längerer Aufenthalt als die genehmigte Dauer ist untersagt. Klassische Einwanderungsländer wie Australien oder die Vereinigten Staaten von Amerika halten eine restriktive Ausländerpolitik für die richtige Einwanderungs- beziehungsweise Integrationspolitik! In England ist es genauso. Kein Mensch hat aufgeheult, als ein Bus voller Kriegsflüchtlinge in England kein Asyl bekommen hat.

Es muß allerdings auch klargestellt werden: Für Menschen, die in Kriegswirren verwickelt sind, deren Häuser ausgebombt, deren Städte zerstört sind, muß es zeitweilig Platz in Österreich geben. Das ist ja der Sinn des Asylrechtes. Aber das beinhaltet auch, daß eben befri­stet Asyl gewährt wird, und nach Ablauf der Asylfrist beziehungsweise Aufhebung des Kriegs­zustandes sind natürlich Bemühungen zur Reintegration zu unternehmen.

Meine Damen und Herren! Ich finde es sehr bedauerlich, wenn wirklich sinnvolle Vorschläge der Freiheitlichen – etwa in Richtung Reintegration der bosnischen Flüchtlinge in Bosnien – miß­achtet und ins Lächerliche gezogen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist doch etwas Wesentliches, daß man den Leuten, denen wir Österreich als Gastland zur Verfügung gestellt haben, sagt: Jetzt ist es an der Zeit, daß ihr euer eigenes Land wieder aufbaut. Und ich bin dafür, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß man den Bosniern großzügig Hilfe angedeihen läßt, etwa eine Art Marshall-Plan des Vereinten Europas zum Wiederaufbau Bosniens. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist jetzt einige Wochen her, daß das Duo Khol-Einem – eine merkwürdige Personenkombination, Herr Klubobmann, wenn Sie gestatten – in einer gemeinsamen Pressekonferenz eine Lösung der Fremdenrechtsänderung in Aussicht ge­stellt hat. (Abg. Dr. Fekter: Was ist daran merkwürdig?)

Frau Kollegin Fekter, wenn Sie fragen, was daran merkwürdig ist, dann muß ich Ihnen sagen, daß das auch allen Journalisten aufgefallen ist – nachzulesen in den Zeitungen. Herr Klubob­mann Khol wurde gefragt, wie es sein kann, daß er seinen Abgeordnetenkollegen Kiss noch einige Tage vorher gegen Innenminister Einem wettern ließ, der Innenminister laut Pressemel­dungen als Sicherheitsrisiko angesehen wurde, es dann aber zu dieser gemeinsamen Presse­konferenz gekommen ist. (Abg. Parnigoni: Der Kiss hätte auch so gewettert!)

Herr Klubobmann, auch wenn Sie möglicherweise gerade eine tatsächliche Berichtigung Ihres Klubfreundes Kiss anregen (Abg. Haigermoser: Paul Kiss ist umgefallen!), so möchte ich doch nicht verabsäumen, darauf hinzuweisen, daß Ihre einzige Erklärung für diese Doppelkonference war, Sie seien von Obmann Schüssel dazu auserkoren worden, diese Pressekonferenz durch­zuführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die beiden Herren haben also die Lösung für eine Änderung des Fremdenrechts, des Asylrechts, des Aufenthaltsrechts proklamiert, haben sich stolz an die Brust geklopft, sind landauf, landab gefahren und haben die Einigung verkündet. In Oberösterreich ist das nicht unbemerkt geblieben. Herr Klubobmann Khol, auch der Landes­hauptmann von Oberösterreich, Pühringer, hat für eine Schlagzeile gesorgt, nachzulesen in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ vom 20. Mai 1996: „Einem und Pühringer einig: Neues Fremdenrecht ist ein Fortschritt“.

Herr Klubobmann! Ich glaube doch, daß es eine seltene Blamage ist, wenn man eine verkün­dete Einigung, ein angeblich geniales Gesetzeswerk schon einige Wochen später mit dem Aus­druck des Bedauerns wieder zurückzieht. (Abg. Dr. Puttinger: Wir haben ja noch Grundsätze!) Sie haben Grundsätze? Das freut mich! Einsicht ist der erste Weg zur Besserung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir ist allerdings unerklärlich – vielleicht können die oberösterreichischen Kolleginnen und Kollegen, zum Beispiel Frau Abgeordnete Fekter, dazu Stellung beziehen –, daß auf der einen Seite der Landeshauptmann von Oberösterreich, Pühringer, verkündet, er sei einig mit Einem, auf der anderen Seite aber eine höchst kritische Stellungnahme des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung abgegeben wird, die etwa lautet: Bei einer Durchsicht des Entwurfes zeigt sich, daß die Beschränkung der Neuzuwande­rung weitgehend nicht erreicht werden kann. Eine Sanktionierung aller illegal in Österreich auf­hältigen Fremden würde stattfinden, wenn dieses Gesetz tatsächlich in Kraft träte.

Sehr geehrter Herr Klubobmann! Wenn Sie ein derartiges Gesetz vorschlagen, das über Nacht alle sich illegal in Österreich Aufhältigen zu Legalen macht, dann frage ich Sie: Wie ernst nehmen Sie den Rechtsstaat Österreich, wenn Sie den Status der Illegalität – und das betrifft immerhin 200 000 bis 300 000 Ausländer – ganz einfach legalisieren wollen?

Meine Damen und Herren! Ich nehme an, daß dieser Gesetzesvorschlag unter anderem auch des­halb zurückgenommen wurde, weil man draufgekommen ist, daß die Türkei aufgrund eines Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union von der Quote ausgenommen wurde. Das ist auch der Grund dafür, daß die Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Krüger und Kollegen im Nationalrat einen Entschließungsantrag folgenden Inhalts einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Krüger und Kollegen betreffend Assoziierungsabkommen mit der Türkei

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird angesichts der österreichischen Arbeitsmarktsituation aufgefordert, sich im Rahmen der Europäischen Union dafür einzusetzen, daß eine Kündigung des Abkom­mens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei aus dem Jahr 1963 und den dazu ergangenen Zusatzprotokollen erfolgt und dem Nationalrat über die diesbezüglichen Bemühungen bis spätestens 15. September 1996 zu be­richten.“

*****

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schlußsatz meines Debattenbeitrages: Setzen wir uns zusammen, setzen wir uns an einen Tisch, vergessen wir die Anwendung des Kain-Abel-Prinzips, dann können wir – davon bin ich überzeugt – eine gerechte Gesetzeslage für Öster­reich schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.16


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Der von Abgeordnetem Dr. Krüger vorgetragene Entschlie­ßungsantrag ist ausreichend unterstützt. Ich beziehe ihn in die Verhandlungen mit ein.

Zu Wort ist nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Posch gemeldet. – Bitte.

20.16


Abgeordneter Mag. Walter Posch¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die heu­tige Sondersitzung zum Thema „anständige Ausländerpolitik“ – was ja ohnehin Hohn spottet – sowie die Forderung der Rückführung arbeitsloser Ausländer soll nur einmal mehr die Auslän­derdebatte sinnlos anheizen.

Die Bemühungen, ethnische Vorurteile zu bekämpfen, sind sehr, sehr anstrengend, weil Einzel­erfahrungen zu Pauschalurteilen hochstilisiert werden und daher eine rationale Bewältigung des Problems in einer solchen Atmosphäre, einer solch aufgeheizten Stimmung sehr schwierig ist. Wenn das einzige Kriterium zur Einordnung von Personen oder Gruppen, die einzige Variable die Herkunft der Menschen ist, dann wird es mit dem Diskutieren schwierig. Und wenn noch da­zu die Bewertung nach dem Schema anständig – unanständig, fleißig – faul, ordentlich – unor­dentlich erfolgt, ohne sämtliche Aspekte einer genauen Überprüfung zu unterziehen, dann wird es zur Gänze ungemütlich.

Die Tragödie im ehemaligen Jugoslawien hat hinlänglich gezeigt, wozu Menschen fähig sind – auch wenn sie jahrzehntelang Tür an Tür gelebt haben –, wenn alles, was nicht eindeutig als Freund identifizierbar ist, als potentieller Feind betrachtet und vernichtet wird.

Wir Sozialdemokraten lehnen jedenfalls eine Politik ab, die das Wertebewußtsein der eigenen Gruppe dadurch positiv stimuliert, daß andere, fremde Gruppen pauschal herabgesetzt werden, damit Mitglieder der Gruppe, die sich im sozialen Gefüge ganz unten befinden oder fühlen, Menschen finden, auf die sie trotzdem noch herabsehen können, damit der arbeitslose Inländer ein Feindbild im arbeitslosen Ausländer erblickt, damit Frustrationen und Aggressionen besser auf Außenstehende projiziert werden können. Wir brauchen keine Freund-Feind-Schemata. Wir werden es nicht zulassen, daß Fremdgruppen diabolisiert werden, daß sie zu Störenfrieden oder Sündenböcken werden zur Kompensation der eigenen Angst und der eigenen Hilflosigkeit.

Leider kann man derzeit in Europa durch das kalkulierte Spiel mit Ängsten, Emotionen und Ressentiments wahlpolitische Erfolge erzielen. Und leider ist Fremdenfeindlichkeit kampagne­fähig, weil ein gewisser Resonanzboden für ausländerfeindliche Parolen und Appelle zweifellos vorhanden ist, weil es eben Menschen gibt, die ein stereotypes und verzerrtes Bild über Aus­länder haben, und weil man damit offensichtlich bis jetzt bei Wahlen immer noch zulegen konnte – von einem Gewinnen derselben ist ohnedies keine Rede –, weil man mit halbwahren und pau­schalen Vorurteilen, die an stereotypen Alltagsgeschichten wie der Geschichte mit der Hammel­braterei von Frau Partik-Pablé aufgehängt werden, Ressentiments vortrefflich befriedigen kann, weil man Ängste und Bedrohungsgefühle für ein paar wohlfeile Stimmen ausnützen kann.

Der Vorschlag zur Rückführungsaktion beziehungsweise zur Rückkehrerbeihilfe, wobei unbe­kannt ist, wie viele Ausländer dies in Anspruch nehmen würden, ist ein trauriger, aber wahrer Beweis: Das Problem wird ohnehin nur verschleiert. Das Problem ist nicht die Rückführung der Arbeitslosen in ihre Heimat, sondern die stete Aktualisierung des Fremdenhasses.

Da scheut man sich auch nicht, mit falschen Zahlen zu operieren, ob es jetzt 36 000 Ausländer sind oder 23 570, wie es das Arbeitsmarktservice ausweist. Das Problem kann damit ohnedies nicht gelöst werden. Es soll nur wieder vorgegaukelt werden, daß alle anderen Probleme des weltweiten Arbeitsmarktes mit dieser Ausländer-raus!-Strategie gelöst werden können.

Wenn es Herr Dr. Haider vom Ausgang dieser Sondersitzung abhängig macht, ob es im Herbst ein zweites Ausländer-Volksbegehren geben wird, dann sollte man der FPÖ sagen, er möge es starten, damit Österreich Dr. Haider die zweite verdiente Niederlage erteilt! (Beifall bei der SPÖ.)

Die jetzige Strategie ist nicht unbekannt, sie paßt ganz genau in die Linie des ersten Volksbe­gehrens. Herr Dr. Haider ist schon mehrmals mit der wirtschaftspolitisch und arbeitspolitisch un­haltbaren Aufrechnung von Arbeitslosenzahlen und Gastarbeiterbeschäftigung in die Öffent­lichkeit getreten. Er hat schon einmal gesagt: „Man sollte aber auch den Mut haben – das ist ein Problem, das sich gerade in Wien ständig stärker stellt –, einmal in Frage zu stellen, ob es denn notwendig ist, daß wir bei derzeit 140 000 Arbeitslosen über 180 000 Gastarbeiter in Österreich haben. Ich finde es beschämend, daß 180 000 Arbeitslose gemeldet sind, während sich noch immer 140 000 Gast­arbeiter im Land sind.“

Eine solche Gegenüberstellung hat es in diesem Land schon einmal gegeben, nur waren die Feindgruppe damals die Juden, und die Zeit war jene vor 1938. Aber es paßt ganz genau in Ihre kulturpolitische Linie, daß etwa die Landesparteileitung der Freiheitlichen Partei Österreichs Burgenland mit größter Sorge den Zustrom nach Österreich beobachtet: „Dieser ist mit einer be­drohlichen Zunahme von Scheinasylanten, Kriminellen und so weiter verbunden und bringt Pro­bleme mit sich, die die Grundlagen unserer Identität und Kultur untergraben.“ – Publiziert in der „Aula“ im März 1990.

Oder ein gewisser Herr Werner Wittmann – Sie kennen ihn vielleicht – schreibt in den „Kärntner Nachrichten“, Ihrem freiheitlichen Organ: „Der Trieb zur Selbsterhaltung, der Instinkt, was westli­chen Völkern guttut, werden sich nicht durch noch so eindringliche Appelle der Österreichischen Bischofskonferenz und ihrer Sprecher für unseren Heimatbereich zumindest aufheben und pervertieren lassen. Schließlich ist dieses österreichische Kirchenvolk nicht schuld an dem Vermehrungstrieb und am Zug der menschlichen Lemminge.“ – „Kärntner Nach­richten“ vom 25. April 1991.

Das Volksbegehren ist ein Instrument des Volkes. Es darf nicht das Instrument einer Parteipoli­tik sein, noch dazu auf Kosten der Steuerzahler, und es darf schon gar kein Instrument gegen die Menschen sein. Ihr patriotisches Geschwätz, dieses Heimatgeschwätz von Menschen, die Österreich als „Mißgeburt“ bezeichnen, ekelt mich zutiefst. Österreich ist weder ein Einwande­rungsland noch ein Auswanderungsland. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Hunderttausende Österreicher verdienen ebenso ihr Brot im Ausland und wollen vielleicht irgendwann wieder heimkommen. Ein Volksbegehren befreit uns nicht von Wohnungsnot, Mie­tenwucher oder Spekulation. Ich denke, daß viele FPÖ-Politiker – und hoffentlich nicht illegal – als Unternehmer Ausländer be­schäftigen, wie zum Beispiel Herr Prinzhorn ja auch Ausländer beschäftigt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Frei­heitlichen.)

Das politische Asyl hat vielen Österreichern im Zweiten Weltkrieg das Leben gerettet. Ausländi­sche Hilfe hat den Hunger vieler verzweifelter Österreicher gelindert.

Damit Sie sich nicht so empören müssen und damit ich meiner Rede ein klein wenig die Spitze nehmen kann: Herr Karl Valentin hat Herrn Haider zwar nicht gekannt – ich kann nicht bayrisch, ich kann seinen Dialog daher nicht authentisch bayrisch nachmachen –, gestatten Sie mir aber, daß ich eine kleine Geschichte, eine kleine Anekdote zitiere, nämlich „Die Fremden“.

„Ein Fremder ist nicht immer ein Fremder.“ „Wieso?“ – „Fremd ist der Fremde nur in der Fremde.“ – „Das ist nicht unrichtig. Und warum fühlt sich ein Fremder nur in der Fremde fremd?“ – „Weil jeder Fremde, der sich fremd fühlt, ein Fremder ist, und zwar solange, bis er sich nicht mehr fremd fühlt, dann ist er kein Fremder mehr.“ – „Was sind aber Fremde unter Fremden?“ – „Fremde unter Fremden sind, wenn Fremde über eine Brücke fahren, und unter der Brücke fährt ein Eisenbahnzug mit Fremden durch, so sind die durchfahrenden Fremden Fremde unter Fremden, was Sie, Herr Lehrer, vielleicht gar nicht so schnell begreifen werden.“ – „Und was sind Einheimische?“ – „Dem Einheimischen sind eigentlich die fremdesten Fremden nicht fremd. Der Einheimische kennt zwar den Fremden nicht, kennt aber am ersten Blick, daß es sich um einen Fremden handelt.“ – „Wenn aber ein Fremder von einem Fremden eine Auskunft will?“ – „Sehr einfach! Fragt ein Fremder in einer fremden Stadt einen Fremden um irgend etwas, was ihm fremd ist, so sagt der Fremde zu dem Fremden: Das ist mir leider fremd, ich bin hier näm­lich selbst fremd. – Das Gegenteil von fremd wäre also unfremd.

Wenn ein Fremder einen Bekannten hat, so kann ihm dieser Bekannte zuerst fremd gewesen sein, aber durch das gegenseitige Bekanntwerden sind sich die beiden nicht mehr fremd. Wenn aber die zwei mitsammen in eine fremde Stadt reisen, so sind diese beiden Bekannten jetzt in der fremden Stadt wieder Fremde geworden. Die beiden sind also – das ist zwar paradox – fremde Bekannte zueinander geworden.“

Ich widme Ihnen diese Geschichte, wenn Sie wollen, gerne zum Nachdenken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.26


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Puttinger. – Bitte.

20.26


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Auf den ersten Blick scheint alles so logisch, so einfach, so primitiv zu sein, sollte und wollte man das vorbehaltslos glauben, was uns da von den Freiheitlichen auf den Tisch gelegt wird. Am besten überhaupt keine Ausländer – das ist der allein seligmachende Zustand für unser Land!, so lautet landauf, landab überall das grundsätzliche Motto beim Stimmenfang der FPÖ.

Auch ich bin der Meinung – ich möchte das nicht verhehlen –, daß Österreich nicht das Einwan­derungsland Europas schlechthin sein kann. Auch ich bin der Meinung, daß der Zuzug nach bestimmten Kriterien zu beschränken ist. Auch ich bin der Meinung, daß Mißbräuche auf ver­schiedensten Ebenen im Zusammenhang mit Ausländern abzustellen sind, ich bin aber nicht der Meinung, daß man alle Probleme über einen Kamm scheren kann, wie das die FPÖ immer tut, indem sie den Österreichern ständig vorzumachen versucht, daß diese vereinfachte Sicht die einzig richtige sei. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.) Vielleicht versteht ihr es gar nicht, Zusam­menhänge nachzuvollziehen, oder vielleicht wollt ihr gar keine weiteren Zusammenhänge sehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit der Ausländer-raus!-Politik der Freiheitlichen kann ich mich nicht anfreunden. Wir Parlamen­tarier sind dazu aufgerufen, auf der einen Seite menschlich zu reagieren und auf der anderen Seite den Notwendigkeiten eines gesteuerten Ausländerzuzugs Rechnung zu tragen.

Nowotny und Khol haben uns heute schon gesagt – ich möchte das noch einmal in den Raum stellen –, daß wir Arbeiter gerufen haben und Menschen gekommen sind. Das ist das zentrale Thema, das wir zu akzeptieren haben. Damit haben wir uns auseinanderzusetzen, und wir dürfen nicht die Menschen zu Arbeitstieren degradieren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Einige Leitlinien der Ausländerpolitik aus Sicht der ÖVP wurden bereits skizziert. Zusätzlich möchte ich aber ganz klar zum Ausdruck bringen, nämlich daß die Fremdengesetze nicht nur besser aufeinander abgestimmt werden sollen, sondern daß auch die Abstimmung zwischen den einzelnen Ministerien besser funktionieren muß. In Verhandlungen mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales muß eine auf geordnete Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt einerseits sowie andererseits auf Verfestigung ausgerichtete Harmonisierung des Aufenthalts- und Auslän­derbeschäftigungsrechts erreicht werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist auch im Arbeitsprogramm der Regierung vor­gesehen. Es kann doch nicht sein, daß es keine Arbeitsberechtigung für Familienmitglieder ge­ben soll, wenn sie sich legal im Inland aufhalten. Wollen wir von vornherein Sozialfälle herauf­beschwören und damit letzten Endes wieder den Griff in die öffentlichen Kassen fördern? – Dies kann doch gerade in der Zeit eines Sparpakets nicht unsere Auffassung sein! Es kann doch nicht sein, daß ein Minister Einem die Grenzen öffnen will, ja sogar noch weiter aufmachen will, während sein Kollege, Bundesminister Hums, der noch dazu von der gleichen Fraktion kommt, immer mehr Mauern möchte, ja so viele Mauern errichten möchte, daß wir gar nicht mehr drüberschauen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Besser als ein Griff in die öffentlichen Kassen kann doch nur eines sein, nämlich wenn die sich legal in Österreich befindlichen Ausländer bei Bedarf der Wirt­schaft auch der legalen Arbeit widmen können, wenn sie legal die Arbeit aufnehmen dürfen. (Abg. Grabner: Was glauben Sie, daß die Wirtschaft macht?) Gott sei Dank gibt es noch immer Bedarf in der Wirtschaft! Euch wäre es am liebsten, keine Ausländer zu haben und keine Wirt­schaft mehr zu haben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Grabner.)

Die österreichische Wirtschaft aber braucht ausländische Arbeitskräfte, braucht Hilfskräfte, ge­nauso wie wir auch die Schlüsselkräfte brauchen, die im Gesetzentwurf vorgesehen sind. (Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ und ÖVP.)

Ein Beispiel, liebe Kolleginnen und Kollegen: Im Bundesland Salzburg gibt es 10 134 Arbeits­lose, davon sind 8 281 Inländer und 1 853 Ausländer. Ich habe in meinem Betrieb eine lücken­lose Dokumentation aller Bewerbungsgespräche der letzten drei Jahre: Hunderte werden es in diesen Jahren gewesen sein. Und fast immer stellt sich heraus, daß Hilfsdienste nicht mehr ge­leistet werden wollen. Die Tourismuswirtschaft kann aber, wie andere Wirtschaftszweige und öffentliche Institutionen, Krankenhäuser, Altersheime et cetera, leider nicht nur Management­posten anbieten. Die einfache Milchmädchenrechnung der Freiheitlichen, die heute schon mehr­mals diskutiert wurde, daß man 300 000 Arbeitslosen 300 000 Ausländer gegenüberstellen kann, geht nicht auf, weil nämlich dabei Qualifikation sowie örtliche Gegebenheiten nicht berück­sichtigt werden – und das zeigt die plumpe Demagogie, die von den Freiheitlichen betrieben wird. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Selbstverständlich! Wenn Sie schon den Zwischenruf machen, dann beschuldige ich Sie genau­so der innenpolitischen Brandstiftung, wie ich das Herrn Jörg Haider vorgeworfen hätte, wenn er hier gewesen wäre. Sie sind diejenigen, die Menschen gegen Menschen aufhetzen, die Inländer gegen Ausländer und Ausländer gegen Inländer aufhetzen, die kurz hier Befindlichen gegen die lang hier Befindlichen und die lang Befindlichen gegen die kurz hier Befindlichen. – Das kann doch nicht das sein, was wir letzten Endes wollen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) – Das ist Ihre „An­ständigkeit“ – wir haben eine andere Auffassung von Anständigkeit!

Aus dem bisher Gesagten können wir drei Schlußfolgerungen ziehen:

Erstens: Die Wirtschaft benötigt ausländische Arbeitskräfte, wobei ich auch als Tourismusspre­cher der ÖVP natürlich dafür eintrete, vor der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für neue Ausländer die derzeit arbeitslosen In- und Ausländer heranzuziehen und zu vermitteln. Wenn das nicht möglich ist, müssen die entsprechenden Genehmigungen erteilt werden können, sonst wird es einen schwarzen Arbeitsmarkt geben, und damit würde es auch in Zukunft Schwarzar­beiter geben, und das haben wir in Österreich nicht notwendig! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens: Die Vermittelbarkeit der inländischen Arbeitskräfte muß angehoben werden. Die Zu­mutbarkeitsbestimmungen gehören noch weiter verändert – ich möchte nicht sagen: verschärft –, als das bisher schon geschehen ist. Diese verschärften Bestimmungen gehören aber auch angewandt – in den Bezirken, in den Ländern. Ich glaube, darauf müssen wir achten, damit er­reichen wir eine automatische Entlastung des Arbeitsmarktes. (Beifall bei der ÖVP.)

Drittens, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich sagen, daß andere Modelle der Arbeitsbewilligung zu forcieren sind; das Saisonnier-Statut ist auszubauen, und die Grenzgän­gerregelungen sind rechtlich besser zu fixieren. Arbeit, Wohnung, aber auch Integration sind die Bedingungen für den Aufenthalt von Ausländern in Österreich.

Natürlich gibt es auch Kritik an den bisherigen Vorschlägen, das möchte ich überhaupt nicht ver­schweigen. Die Forderung zum Beispiel, daß die Arbeitgeber ortsübliche Wohnungen für aus­ländische Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen haben, würde diese Ausländer den Inländern ge­genüber wesentlich bevorzugen. Ich glaube, das müssen wir gesellschaftspolitisch sehen. Es ist doch nicht möglich, daß der Staat oder ein von ihm Beauftragter letzten Endes generell dafür zu sorgen hat, daß eine Wohnung zur Verfügung gestellt wird. Damit würden wir uns östlichen For­derungen nähern: Der Staat sorgt für alles. – Da können wir nicht mitgehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, da sollten wir die Diskussion ansetzen, da können Sie eingreifen, sich beweisen und diese Probleme aufgreifen. Aber ich glaube, davon haben Sie bis heute nichts gehört, sonst hätte einer Ihrer Redner zumindest einmal darauf hingewiesen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der FPÖ! Würden Sie sich ein bißchen mit unse­ren Vorstellungen beschäftigen, die wir schon jahrelang hier auf dem „Markt“ – unter Anfüh­rungszeichen – bringen, dann würden viele Ihrer Forderungen gar nicht mehr zu stellen sein, dann könnten Sie sich nämlich unseren anschließen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der FPÖ! Das Kasperltheater, das Sie uns heute hier präsentiert haben, nämlich daß ein Krokodil namens FPÖ alle Ausländer fressen will, hätten Sie uns sparen können. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.) – Meine Güte! Ich darf Ihnen zum Abschluß folgendes sagen: Machen Sie sich keine Gedanken über 1 000 Jahre! Sie werden keine 100 Jahre alt – Ihr Parteiführer nicht und die gesamte FPÖ nicht. – Ich danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

20.36


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Preisinger. – Bitte.

20.36


Abgeordnete Dr. Susanne Preisinger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler – er ist nicht mehr im Saal. Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich sehe mit Freuden, daß Sie noch unter uns weilen. Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist auch schade, daß Herr Abgeordneter Cap nicht mehr unter uns weilt, aber ... (Abg. Kiss: Wo ist der Haider? – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) – Nein, lassen Sie mich ausreden. – Ich glaube zu wissen, wohin er geeilt ist. Ich kann es mir vorstellen: Nach dieser Selbstdarstellung, die er hier geboten hat, dieses Theater mit wenig Ernst und mit völlig ignoranter Haltung, nach dieser Selbstdarstellung, die er offensichtlich immer wieder im Hohes Haus vom Rednerpult aus braucht, dürfte er ins Burgtheater entschwunden sein. Er dürfte sich dort als neuer Burgtheater­mime bei Direktor Peymann angeboten haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Er kann es besser als Sie!) – Ich habe das im Gegensatz zum Kollegen Cap nicht notwendig. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn er davon spricht, daß die Zahlen – sei es jetzt bei der Kriminalitätsstatistik, sei es die Zahl der Einbürgerungen in Wien betreffend – gesunken sind, dann ist wohl klar, wie diese Zahlen zustandegekommen sind. Was macht man beispielsweise bei der Kriminalitätsstatistik? – Ein ganz simpler, aber sehr wirkungsvoller Trick: Es werden einfach die Grundlagen für die einzel­nen Statistiken immer wieder verändert beziehungsweise unterschiedliche Grundlagen heran­gezogen, wodurch die Statistiken eigentlich nicht mehr vergleichbar sind, um so zu dem ge­wünschten Ergebnis zu kommen.

Was die Einbürgerungen in Wien von 1990 bis 1995 betrifft, befindet sich Kollege Cap auch in guter Gesellschaft mit dem Wiener Bürgermeister von der SPÖ, der heute in einem Presse­dienst gleich 1 500 Einbürgerungen schlicht und einfach unter den Tisch fallen ließ. Näm­lich anstatt der 48 676 Einbürgerungen in den Jahren 1990 bis 1995 sind es laut ihm nur mehr 47 100 – und das, obwohl es offizielle Zahlen des Statistischen Amtes der Stadt Wien gibt. Man kann also davon ausgehen, daß der Herr Bürgermeister entweder keine Ahnung hat, welche Zahlen sein Magistrat erhebt, oder daß einfach wieder – wie schon so oft – eine Vernebelungs­aktion über die Bühne laufen soll. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Er ist zuviel bei seinen Rathausfesten!) – So ist es.

Herr Kollege Puttinger! ich gebe Ihnen schon recht, es ist ein Kasperltheater, aber es ist nicht ein Kasperltheater, das wir von den Freiheitlichen hier veranstaltet haben, sondern Sie von der Regierungsseite, namentlich von der SPÖ, nämlich wie unernst und wie ignorant Sie mit diesem Thema der Ausländerfrage – das ist ein echtes Problem, es ist vor allem in Wien ein großes Problem – umgehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen sagen, wir werden – das versichere ich Ihnen –, um noch einmal auf Kollegen Cap zurückzukommen, der Wiener Bevölkerung, vor allem der Bevölkerung in Hernals, in seinem politischen Heimatbezirk, das sehr wohl sagen und dafür sorgen, daß man erfährt, mit welchem „Ernst“, welchem Theater und welchem Spektakel er hier seine Rede abgezogen hat.

Herr Bundeskanzler! Sie haben das Wort „Zynismus“ im Zusammenhang mit unserem Reinte­grationsmodell geprägt. Der Herr Bundeskanzler ist leider nicht mehr hier, aber vielleicht kann man es ihm ausrichten. Wo bleibt Ihre Aufregung, Ihre helle Empörung, wenn in Wien die Be­zirksvorsteher der Gürtelbezirke eine Absiedelung der Ausländer fordern, eine Verdünnung – wortwörtlich eine „Verdünnung der Ausländerkonzentration“ – einfordern, und das auf sogenann­ter freiwilliger Basis? Das ist Zynismus! Wo bleibt da Ihre Aufregung, Ihre Empörung?

Aber ich möchte jetzt speziell als Wiener Abgeordnete konkret auf einige Beispiele eingehen. Ein wirklich historisches Datum – das sollte man sich merken – ist der 10. Juni 1996, und zwar deswegen, weil an diesem Tag ein klassisches und klares Schuldeingeständnis der SPÖ erfolgt ist, namentlich der Wiener SPÖ und wieder einmal in der Person des heute schon öfters zitier­ten Wiener Bürgermeisters Häupl, der meinte, zu welchem unzumutbaren und unverträglichen Zustand für die Bevölkerung von Wien die Zuwanderungspolitik der Regierung geführt hat. (Zwi­schenruf des Abg. Parnigoni.)

Er antwortete auf die Frage, ob man in der Vergangenheit mit dem Zuzug zu sorglos umgegan­gen ist – hören Sie zu, Herr Kollege Parnigoni, es wird Ihnen auch noch wie Schuppen von den Augen fallen; Sie sollten vielleicht einmal „Die Presse“ vom 10. Juni lesen –, klipp und klar: ja; ein schlichtes, einfaches und klares Ja. Er redet nicht um den Brei herum (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie werden nervös, wenn Sie das hören, Herr Parnigoni!) und fügt den Satz dazu: Als jemand, der politisch in Ottakring groß geworden ist, konnte ich das alles hautnah nachvollziehen. – Na bitte, da haben wir es.

Die Vorarlberger Landesregierung hat errechnet – das wurde heute schon angeschnitten, aber es kann nicht oft genug wiederholt werden –, daß durch das Integrationspaket eine Zuwande­rung von 153 000 Personen zu erwarten ist. Offensichtlich hat hier die Vorarlberger Landesre­gierung Wien außer acht gelassen, weil der dortige sozialistische Stadtrat Hatzl, der für die Zu­wanderung und Ausländerpolitik zuständig ist, klipp und klar gesagt hat, daß durch diese Fami­lienzusammenführung allein in Wien – nicht in ganz Österreich – 100 000 bis 150 000 zuwan­dern wer­den, und zwar innerhalb kürzester Zeit, und das verkraften wir nicht.

Dennoch erklären Sie, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP – es dürfte jetzt in den Reihen der ÖVP geklärt sein, ob die ÖVP gesagt hat, daß Österreich ein Einwande­rungsland ist oder nicht, diesbezüglich sind die Diskrepanzen offensichtlich aus dem Weg ge­räumt –, daß Österreich ein Einwanderungsland ist. Offensichtlich haben Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, jegliches politische Feingefühl und jegliche Sensibilität ver­loren, was man politisch real der Bevölkerung und den Menschen zumuten kann. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Aber Realismus ist – ich zitiere Christoph Kotanko vom „Kurier“ vom 27. Juli 1995, der das defi­niert hat –, daß Österreich kein Einwanderungsland ist. Realismus heißt also, daß Österreich kein Einwanderungsland ist.

Man muß sich diese Studie „Wien 2010“, aus der heute schon mehrfach zitiert wurde, noch ein­mal genauer zu Gemüte führen und vor allem auch das Vorwort lesen, da im Vorwort der ge­naue Schlüsselsatz für die gesamte Einwanderungs- und Ausländerpolitik der Regierung zu finden ist. Ich wiederhole, daß diese Studie aus dem Jahr 1990 stammt – sie ist also nicht von heuer, nicht aus dem vorigen Jahr, sondern sie wurde bereits vor sechs Jahren im Auftrag der Magistratsabteilung 18 erstellt und mit österreichischen Steuergeldern bezahlt; sie war nicht sehr billig.

Da ist zu lesen: Altbürgermeister – damals noch Bürgermeister – Dr. Helmut Zilk – ich erinnere daran, er ist auch von der SPÖ – sagte: Mag sein, daß das Flüchtlingsboot voll ist, aber das Ein­wandererschiff ist leer. Meine Damen und Herren! Damit ist eigentlich klipp und klar gesagt, welcher Kurs angesteuert wurde, welchen Kurs man eingeschlagen hat, denn als 75 000 bis 80 000 bosnische Kriegsflüchtlinge nach Österreich gekommen sind, hat man bei Flüchtlingen plötzlich die Grenzen dichtgemacht und gesagt, man könne niemanden mehr aufnehmen, weil die Aufnahmefähigkeit erschöpft ist. Warum? – Weil die Zahl der Eingewanderten und Zuge­wanderten schon zu hoch und die Aufnahmefähigkeit nicht mehr gegeben war.

Hätte man damals eine andere Politik eingeschlagen, wäre das letztlich den bosnischen Kriegs­flüchtlingen zugute gekommen. Das ist das, wofür wir Freiheitliche auch immer eintreten: daß Flüchtlinge gemäß der Genfer Konvention von all dem ausgenommen werden und daß man ihnen selbstverständlich hilft, weil das einfach der Menschlichkeit entspricht. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Ich darf noch einmal auf die lockeren Einbürgerungen in Wien hinweisen. Was hat man sich da einfallen lassen? Eine gesetzliche Wartefrist von zehn Jahren, um die österreichische Staatsbür­gerschaft zu bekommen, wird einfach bis auf vier Jahre herabgesetzt. So hat man es geschafft, in den Jahren 1990 bis 1995 über 48 000 Ausländer einzubürgern, wobei die Spitze dieser Ein­bürgerungen allein im Jahr 1994 bei 9 500 gelegen ist.

Die Vorgangsweise ist natürlich völlig klar, auch die Intention, die dahintersteckt: Ein schwinden­des Wählerpotential der SPÖ soll damit aufgebessert und neue Wählerschichten sollen für die SPÖ herangezogen werden.

Bürgermeister Häupl hat einmal in einem Interview gesagt: Ich weiß nicht, was Einem will. – Ich unterstelle ihm hier, daß er sehr wohl weiß, was Einem will, genauso wie die ganze Wiener SPÖ und die Damen und Herren von der SPÖ in der Regierung sehr wohl wissen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wieso kandidieren sie nicht für den Wiener Landtag?), was sie wollen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wien ist doch am meisten belastet von Ausländern!), nämlich ihre schwindenden Wähler wieder zu rekrutieren. Das ist der Grund dafür, nicht Menschlichkeit, sondern einfach parteipoliti­sches taktisches Kalkül. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Sie müssen farben­blind sein oder sonst irgend etwas!) Was hat das mit Farbenblindheit zu tun? Ich kann Sie be­ruhigen, Herr Kollege Parnigoni, ich bin weder farbenblind noch sonst sehschwach.

Argumentiert wird aber gegenüber der österreichischen Bevölkerung durchaus doppelzüngig. Und in diesem Zusammenhang erinnere ich noch einmal an den von uns „geschätzten“ Kollegen Cap, der im Zuge des Wahlkampfes der Hernalser Bezirksbevölkerung eingeredet beziehungs­weise versichert hat, daß er für einen weiteren Zuzug von Ausländern quasi nicht zur Verfügung stehe und daß er sich auch politisch dafür einsetzen werde, daß ein weiterer Zuzug nicht statt­findet. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Da ist er uns heute aber die Antwort schuldig geblieben!) Heute ist er uns die Antwort darauf schuldig geblieben. Er hat sich elegant darum herumgeschwindelt, weil es schließlich schwarz auf weiß gedruckt ist, und man kann das nicht so einfach unter den Teppich kehren, so nach dem Motto: ertappt worden.

Am 5. Juni 1996 hat der Verfassungsdienst des Amtes der Oberösterreichischen Landesregie­rung zum Integrationspaket grundlegende Kritik angebracht. Ich zitiere jetzt nur eine Passage daraus: Als Folge der geplanten erleichterten Familienzusammenführung sind vor allem nicht vorhersehbare Kosten im Kindergartenbereich, im Schulbereich durch zusätzliche Klassen und fremdsprachige Lehrer und im Bereich der Berufsausbildung betreffend Lehre und Studium zu erwarten. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch die Vorarlberger Landesregierung. Tat­sache ist, daß die Situation im Bildungs- und Schulbereich gerade in Wien schon heute eine äußerst kritische und triste ist. (Abg. Parnigoni: Wo wohnen Sie?) Ich bin Wiener Abgeordnete und wohne in Wien in einem Bezirk, wo ich sehr wohl weiß, worum es geht.

220 000 Kindergartenplätze fehlen. Im Wohnungsbereich besteht eine ständige latente Nach­frage, allein in Wien sind 100 000 Menschen auf der Suche nach einer Wohnung und 16 000 haben einen Vormerkschein für eine Gemeindewohnung. 4,2 Milliarden Schilling kostet dem österreichischen Schulwesen jährlich die Betreuung ausländischer Kinder. (Abg. Parnigoni: Im 19. Bezirk wohnt die Frau Preisinger!)

Wissen Sie, im Gegensatz zu Ihnen bewege ich mich aus meinem Wohnbezirk hinaus und bin ununterbrochen im Gespräch mit den Bürgern. Ich weiß, was in Wien los ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Noble Adresse!) Ich bleibe nicht daheim sitzen wie in einem goldenen Käfig und betrachte die Welt von den eigenen vier Wänden aus. Das ist etwas, was uns offensichtlich sehr unterscheidet. (Abg. Edler: In Grinzing mit Ausländern! – Abg. Parni­goni: Das glaube ich, daß Sie unter den Ausländern leiden im Grünen!) Soll ich es noch einmal wie­derholen? Ist es so schwer verständlich, oder soll ich es langsamer sagen, damit Sie mitdenken können?

Von diesen 4,2 Milliarden Schilling sind allein 1,8 Milliarden Schilling Wien zuzurechnen. Die massive Zuwanderung der letzten Jahre hat vor allem auf das Wiener Schulwesen große Aus­wirkungen gezeigt. Den 56 000 muttersprachlich deutschsprachigen Kindern in Volks- und Hauptschulen stehen 30 000 muttersprachlich fremdsprachige Kinder gegenüber. Das hat zu einer zusätzlichen Ghettoisierung geführt. – Leider beginnt schon die Lampe zu leuchten, aber diese kleinen Beispiele möchte ich Ihnen doch nicht vorenthalten.

Da gibt es Volksschulen in Wien, nicht nur im 15., 16., 17. oder 18. Bezirk, auch im 7. Bezirk, wie zum Beispiel in der Neustiftgasse, in denen der Anteil der Kinder mit österreichischer Staats­bürgerschaft nur mehr 21 Prozent beträgt, im 10. Bezirk, Bernhardtstalgasse: 29 Prozent, 14. Bezirk, Lortzinggasse: 30 Prozent, 15. Bezirk, Friedrichsplatz: 28 Prozent, Goldschlagstraße: 31, Selzergasse: 32. (Abg. Parnigoni: In Grinzing!) – Ich werde Ihnen das jetzt nicht ersparen –, Ortnergasse: 29 Prozent. Und der Gipfelreiter von all dem ist der 16. Bezirk, die Gaullacher­gasse, mit nur mehr 18 Prozent. Meine Damen und Herren! Diese Liste ließe sich beliebig fort­setzen.

Wenn Bürgermeister Häupl in der heutigen Ausgabe des „Kurier“ vollmundig erklärt, daß das überhaupt nicht notwendig ist, was die Bezirksvorsteher vorschlagen, nämlich eine 50prozentige Klausel in den öffentlichen Schulen einzuführen, weil sich das Problem von selbst löste, dann frage ich mich, ob er weltfremd ist oder ob er die Situation nicht kennt, obwohl er doch nicht nur Wiener Bürgermeister, sondern auch Wiener Landeshauptmann und als solcher Präsident des Wiener Stadtschulrates ist. Kennt er sich nicht aus – oder will er sich nicht auskennen? – Ich glaube, das zweite ist anzunehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.52


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.52


Abgeordneter Josef Edler¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, bei einer Sitzung des Wiener Landtages zu sein, aber wir sind im Hohen Haus. Ich frage mich, meine Damen und Herren, was die „F“ veranlaßt hat, wieder eine dringliche Anfrage zu stellen.

Ich erinnere an das Volksbegehren „Österreich zuerst“. Damals sind die gleichen Reden gehal­ten worden, wir hätten uns das also heute gar nicht anzuhören brauchen. Wir hätten uns ein Band anhören oder ein Videoband ansehen können. Es sind dieselben Aussagen, dieselben Inhalte. Was wollen Sie, meine Damen und Herren der FPÖ, damit bezwecken? – Sie wollen Wahlkampfstimmung erzeugen. Sie haben das vor einigen Wochen vor der Burgenlandwahl getan und machen es jetzt wieder, weil in Wien der Wahlkampf für den 13. Oktober eröffnet wurde. (Abg. Parnigoni: Das ist eine Mißachtung des Parlaments!)

Herr Bürgermeister Häupl ist heute sehr oft angesprochen worden. Meine Damen und Herren der Wiener FPÖ – es sind ja einige Abgeordnete hier vertreten –, Sie haben anscheinend Angst vor Bürgermeister Häupl, vor der Wiener SPÖ! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Sie sind ver­unsichert. Sie verstecken Ihren Spitzenkandidaten. Derzeit ist er zwar in Wien plakatiert, aber er ist fast unbekannt. (Abg. Ing. Reichhold: Reden wir nach der Wahl weiter, lieber Freund!)

Herr Dr. Haider hat vor einigen Jahren gesagt, das Amt des Wiener Bürgermeisters wäre für ihn interessant. Aber Herr Dr. Haider hat zurückgezogen. Ich glaube, das Pflaster einer direkten politischen Auseinandersetzung in Wien ist ihm zu heiß.

Meine Damen und Herren! Sie wollen hier systematisch Wahlkampfstimmung erzeugen. Und folgendes muß ich Ihnen auch sagen, weil wir von der Schaffung von Arbeitsplätzen gesprochen haben: Mit der heutigen Sitzung wurde leider kein einziger Arbeitsplatz geschaffen. Und es wäre notwendig, daß man der Bundesregierung, die viele Maßnahmen eingeleitet hat, auch Zeit gibt, diese Maßnahmen umsetzen zu können.

Wir kennen die Konzepte der Bundesregierung, sie müssen umgesetzt werden, man muß ver­handeln, man muß die Wirtschaft einbinden. Aber Sie sind anscheinend nur daran interessiert, den Herrn Bundeskanzler und den Herrn Bundesminister an die Regierungsbank zu binden, denn damit – so glauben Sie – sei die Regierung handlungsunfähig. Aber die Bundesregierung mit Bundeskanzler Vranitzky hat in den letzten Monaten sehr viele Aktivitäten bezüglich Be­schäftigung gesetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich durfte in den letzten Wochen einige ausländische Delegationen empfangen und mit ihnen diskutieren. Österreich genießt in der Welt hohe Wertschätzung, hohes Ansehen. Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! Verwenden Sie in der politischen Ausein­andersetzung eine Sprache, die man vertreten kann. Es geht nicht an, daß sich manche, wenn sie Berichte lesen, fragen: Welche Situation gibt es in Österreich? Wie steht es mit der Aus­länderfeindlichkeit? Und es gibt in Ihrer Partei viele – es sind heute auch schon einige genannt worden –, die immer (Abg. Dr. Graf: Immer mehr!) wieder die Forderung aufstellen: Wir brau­chen ausländische Arbeitskräfte. Sie haben ein neues Modell erfunden, um nicht als Schwarz­unternehmer zu gelten. Sehr interessant! Wir werden uns das sehr wohl von seiten der gesetz­lichen Interessenvertretung, der Arbeiterkammer, ansehen, wie das mit den Volontären ist. Das ist ein neues Modell, um das Ganze zu umgehen. Vielleicht ist das auch bei Ihnen so, das ist ja heute schon angesprochen worden. Das Freiheitliche Bildungswerk hat ja angeblich Schwarz­arbeiter beschäftigt.

Meine Damen und Herren! Das Verhalten der „F“ hat sich nicht geändert, es gilt nach wie vor: anschwärzen, verunglimpfen, ausgrenzen und Angst erzeugen – Kollege Posch hat heute schon darauf Bezug genommen. Ich meine, wir wären dazu verpflichtet, uns anders zu verhalten, das Miteinander zu suchen, auch mit den ausländischen Kolleginnen und Kollegen, den Mitbürge­rinnen und Mitbürgern.

Meine Damen und Herren! 1945 haben unsere Väter, als sie nach Hause gekommen sind, ge­sagt: Paßt auf, sucht das Miteinander und nicht das Gegeneinander. Das sollte unsere oberste Aufgabe sein. Die Forderung der „F“: „Ausländer raus“ ist unmenschlich, menschenverachtend und entzweit unsere Gesellschaft. Wir sollten besonders vorsichtig sein mit einer solchen Spra­che. (Abg. Dr. Graf: Die gleiche Forderung wie der Gewerkschaftsboß!) Ich werde auch darauf noch zu sprechen kommen.

Meine Damen und Herren! Noch einmal zu Bürgermeister Häupl! Er betont, daß er seit seinem Amtsantritt immer für eine anständige und humane Ausländer-Integrationspolitik in Wien einge­treten ist. Sie sprechen auch von „anständig“. Sie wollen eine ordentliche Integrationspolitik, und das ist eine Ausländer-raus-Politik, das ist eine Deportation, meine Damen und Herren! Das ist strikte abzulehnen, weil es menschenverachtend ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt aber auch Probleme: Es ist nicht so, daß die Bundesregierung oder die Vertreter der Sozialdemokratischen Partei die Probleme nicht erkennen, vor allem die Probleme in Wien nicht erkennen. Wir haben dies zur Kenntnis zu nehmen. Es haben auch einige Bezirksvorsteher, ob sie jetzt Sozialdemokraten sind oder Mitglieder der ÖVP, gesagt: Es gibt Bezirksteile, in denen die Akzeptanz der Menschen nicht mehr gegeben ist, dort sind zu viele Ausländer angesiedelt. Aber ich frage Kollegen Schöll: Wie viele Mietverträge haben Sie abgeschlossen? Es gibt viele Immobilienhaie aller politischen Richtungen, die die ausländischen Kolleginnen und Kollegen diesbezüglich ausnützen. (Zwischenruf des Abg. Schöll.) Geben Sie bekannt, wieviel Geld Sie mit den ausländischen Kolleginnen und Kollegen, wenn diese eine Wohnung brauchen, verdie­nen! – Das ist strikte abzulehnen.

Meine Damen und Herren! Der Führer der FPÖ hat einmal verkündet, die Probleme wären mit mehr Überwachung, mehr Kontrolle leicht lösbar, und er hat auch gleichzeitig einen Einspa­rungsvorschlag gemacht. Er hat vorgeschlagen, das Verteidigungs- und das Innenministerium zusammenzulegen, also einen Super-Sicherheitsminister zu schaffen. Das gibt es nicht einmal mehr in Diktaturen in Südamerika. – Aber das zeugt von Ihrer politischen Einstellung.

Meine Damen und Herren! Nun möchte ich zu den Positionen der AK und des ÖGB Stellung beziehen. Diese haben sich nicht geändert. Meine Damen und Herren! Wir waren damals die ersten in den Arbeiterkammern und in den Gewerkschaften (Zwischenruf des Abg. Meisinger), die gesagt haben: Wenn die Wirtschaft Bedarf nach ausländischen Ar­beitskräften hat, dann müssen sie geordnet einreisen können, es müssen Wohnungen zur Ver­fügung gestellt werden, und es müssen freie Arbeitsplätze vorhanden sein.

Meine Damen und Herren! Diese grundsätzliche Position seitens der AK und des ÖGB hat sich nicht geändert. Wir werden einen großen Diskurs über die Vorschläge, die von Innenminister Einem vorgelegt worden sind, und auch über jene von Klubobmann Khol führen. Wir wollen die Diskussion also nochmals eröffnen und einige Schwierigkeiten, die vorhanden sind, vielleicht ge­meinsam beseitigen. Für uns ist das auch eine Zeitfrage.

Meine Damen und Herren! Zum Schluß kommend möchte ich sagen: Es ist wesentlich, daß trotz Sparpaket, das wir gemeinsam tragen und für das auch die Akzeptanz in der Bevölke­rung vorhanden ist, die Bundesregierung Vranitzky in der Lage war, Beschäftigungsoffensiven zu setzen, die jetzt zu greifen beginnen. Wir sehen ganz deutlich an den Zahlen der Arbeitslo­sen­statistik, die rückläufig sind, daß diese Projekte greifen. Das sogenannte 30-Milliarden-Schil­ling-Projekt wurde zwar besonders für Wien, aber nicht nur für Wien entwickelt, sondern für die gesamte Ostregion, also für die sogenannte EU-Region. Investitionen werden dazu führen, daß Tausende Arbeitsplätze gesichert beziehungsweise neu geschaffen werden.

Meine Damen und Herren! Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt. Und wir sollten für Men­schen Politik machen, aber nicht gegen Menschen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.01


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kiss. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.01


Abgeordneter Paul Kiss¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Innenminister! Hohes Haus! Nachdem ich mir die Reden der Freiheitlichen angehört habe, kann ich als Resü­mee für die ÖVP hier und jetzt nur feststellen: Bei der FPÖ gibt es in Sachen Ausländerpolitik wahrlich nichts Neues. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist einmal mehr der üble banale Aufguß des Volksbegehrens von 1992, es ist Kaffee von gestern: kalt, schal und abgestanden – nicht mehr und nicht weniger. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Also ganz so ist es nicht, denn ich habe mir immerhin die dringliche Anfrage durchgelesen. Zwei neue Nuancen sind in diese dringliche Anfrage hineingekommen, zwei Facetten aus Aktualitäts­gründen sozusagen. Da gibt es einmal die „bösen“ Türken, gegen diese „bösen“ Türken müssen wir konsequent vorgehen. Dann gibt es natürlich auch noch die „bösen“ Bosnier, diese De-facto-Flüchtlinge, die auch nichts bei uns zu suchen haben. Also nehmen wir diese beiden Gruppen noch in die Anfrage mit hinein, dann haben wir das schöne Paket eines allfälligen neuen Auslän­dervolksbegehrens geschnürt. Das ist genau die Politik, mit der Sie es uns so schwermachen, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Das lehnen wir ab. (Beifall bei der ÖVP. – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Mich giftet persönlich eines: Wider besseres Wissen – jene freiheitlichen Abgeordneten, die Mit­glieder des Ausschusses für innere Angelegenheiten sind, haben es ja mit uns vereinbart – haben Sie für heute die Einberufung dieser Sondersitzung verlangt. Am Donnerstag, den 20. Juni, also in zwei Tagen, treten wir, die Mitglieder des Ausschusses für innere Angelegenhei­ten, zusammen und haben eine große Aussprache über das Fremdenrechtsänderungsgesetz. Wir tun also genau das, was die Opposition in ihrer Gesamtheit gefordert hat. Aber zwei Tage vorher knallen Sie uns diese dringliche Anfrage auf den Tisch. Da kann ich nicht mit, da will ich auch nicht mit. (Beifall bei der ÖVP.)

Zugegebenermaßen modisch, aktuell, zeitgeistig kommt Ihr Führer Jörg Haider hier heraus und präsentiert sich als Biedermann. Ich weiß nicht, ob das Wort „Biedermann“ in diesem Falle paßt, es würde eher die Bezeichnung „modischer Biedermann“ zutreffen. Aber das, was er sagt, wie er es sagt, begleitet von Ihnen, die Sie als Redner hier herausgekommen sind, ist für mich klas­sische Brandstiftung. Da mache ich nicht mit! Da machen wir von der ÖVP nicht mit! (Beifall bei der ÖVP.)

Wie ein roter Faden hat sich die Argumentationslinie unseres Klubobmannes durchgezogen, und es hat auch Kollege Nowotny ähnliches gesagt. Es stimmt schon so: Damals in den sech­ziger und siebziger Jahren haben wir, die Österreicher, gemeint, wir brauchen die Gastarbeiter. Wir brauchen sie als Arbeitskräfte, sie sind Teil dessen, was wir mit unserer Identität in die Wirt­schaft einbringen wollen. Wir haben Gastarbeiter gerufen, aber es sind Menschen gekommen.

Unsere Politik, die Politik der ÖVP, ist es, diese Menschen zu verstehen, auf sie zuzugehen, sie zu integrieren, sie zu jenen zu machen, von denen wir glauben, daß sie einen Anteil an der Ge­samtwirtschaft Österreichs erarbeiten. Es ist nur recht und billig, ihnen diesen Anteil zurückzu­geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein zweiter Punkt fällt mir bei der Freiheitlichen Partei auf. Da der ehemalige Innenminister Franz Löschnak hier als Abgeordneter sitzt, muß ich der Fairneß und vor allem der Korrektheit halber etwas wieder betonen – es ist heute so nicht gesagt worden –: Mit den Änderungen im Osten im Jahr 1989 sind auf uns, die Parlamentarier, neue Anforderungen zugekommen. Unter seiner Führung hat die ÖVP gemeinsam mit der SPÖ dem neuen Fremdengesetz, dem Asylge­setz und dem Aufenthaltsgesetz zugestimmt. Die Freiheitliche Partei hat bei diesen Gesetzes­materien nicht nur mitdiskutiert, sondern auch mitgestimmt. (Rufe bei der ÖVP: Aha!)

Wenn das, was wir 1991 und 1992 festgelegt und beschlossen haben, damals Gültigkeit hatte und sich an der Situation nichts geändert hat – mit Ausnahme der Türken und Bosnier, wie wir gehört haben –, dann frage ich mich, wofür die heutige Inszenierung dieses Spektakels gut ist. Das ist nur ein weiterer Beweis für die Doppelbödigkeit Ihrer Argumentation. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Wiener Wahlen!)

Natürlich, meine Vorredner haben es gesagt: Die Freiheitlichen sind enttarnt. So schwer war diese Enttarnung ja nicht. Der 13. Oktober steht ins Haus, die Wiener Wahlen kommen, und da muß man halt vor diesem 13. Oktober noch in einem letzten Atemholen jenes Thema groß­machen, wichtigmachen, aufplustern, von dem man weiß, da könnte man Stimmen maximieren. Ich hoffe, daß Sie einfahren, kräftig einfahren, das würde ich Ihnen am meisten wünschen. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Die Österreichische Volkspartei hat durch Klubobmann Andreas Khol die Positionen, mit denen wir in die Verhandlungen mit der SPÖ um dieses neue Fremdenrechtsänderungsgesetz einge­gangen sind, klar und akzentuiert vorgebracht. Ich habe anläßlich meiner letzten Rede schon gesagt, weil ich Teilnehmer an dieser Verhandlungsrunde war, daß die Vorgangsweise seit dem vorigen September, als wir dieses Fremdenrechtsänderungsgesetz eingebracht haben, eine vor­bildliche war. Ich würde mir wünschen, daß in allen Bereichen, über die wir in Verhandlung ste­hen, genau diese Vorgangsweise gewählt werden würde, nämlich sich zusammenzusetzen, die Meinungen auszutauschen, eine Gesamtkonzeption zu erarbeiten und sie gemeinsam zu prä­sentieren. Ich stehe zu diesem Entwurf, ich stehe aber natürlich auch zu den Anregungen, die im Laufe der Begutachtungen zu diesem Fremdenrechtsänderungsgesetz eingelangt sind. Ich glaube, daß SPÖ und ÖVP dann einen guten Weg gehen, wenn die gesamte Opposition schreit. Die einen hauen auf uns hin, weil es ganz einfach nicht offen genug ist, was wir präsentieren, und die anderen hauen auf uns hin, indem sie sagen: Fürchterlich, garstig, pfui, kein Einwande­rungsstopp, den fordern wir, dazu noch alle Ausländer raus.

In diesem diametralen Gegensatz steht dieses Gesetz, es ist ein gutes Gesetz. (Beifall bei der ÖVP.)

Was kann ich abschließend an Überlegungen zusammenfassend einbringen? – Bei den näch­sten Verhandlungen haben wir auf vier Punkte Rücksicht zu nehmen, die im Laufe dieses Be­gutachtungsverfahrens, wie ich glaube, zu Recht eingebracht wurden. Zum einen: Das Gesetz, das das Aufenthaltsgesetz, das Fremdengesetz und das Asylgesetz beinhaltet, soll lesbar sein. Es soll in seiner Gesamtheit also neu gefaßt werden, um es für jeden verständlich zu machen. Das ist ein erstes wichtiges, gerade für uns als Gesetzgeber notwendiges Ergebnis dieses Be­gutachtungsverfahrens.

Zum zweiten: Wir fordern eine Neuordnung der Rechtsmittel. Wir wollen, daß die unabhängigen Verwaltungssenate mit integriert werden, selbstverständlich unter Einbeziehung der Länder. Aber wir glauben, daß das nur recht und billig ist.

Drittens: Wir sagen, daß im Bereich des Asylrechts die Nachprüfbarkeit der vorläufigen Ent­scheidungen über Asylanträge an der Grenze sicherzustellen ist – auch in Abstimmung mit dem, was am 10. März 1995 eine Entschließung des EU-Rates über Mindestgarantien zum Inhalt hatte.

Zum vierten: Ich bin mit meinem Kollegen Günter Puttinger absolut einer Meinung und gehe auch mit den Intentionen der Wirtschaftskammer Österreich konform. Es muß ganz einfach zu einer Harmonisierung des Aufenthalts- und des Ausländerbeschäftigungsgesetzes kommen. Dafür machen wir uns stark, das sind unsere Positionen, darauf zielt die ÖVP ab. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.10


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.10


Abgeordneter Dr. Martin Graf¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe heute oft den Satz gehört, und zwar in mehrfach abgewandelter Form, zuletzt auch vom Kollegen Kiss: Wir haben Arbeiter gerufen, und Menschen sind gekommen. Das ist richtig, das wird von niemandem in Abrede gestellt und stellt ja auch nicht das Problem dar – vielleicht mit Ausnahme der sich im Land befindlichen aus­ländischen Arbeiter, wenn man sich die Behandlung dieser Arbeiter etwas genauer vor Augen führt.

Kollege Edler aus meinem Wohnbezirk hat ja schon einiges gesagt. Er hat auch davon gespro­chen, wie man mit ausländischen Mitbürgern umgehen soll. Ich werde ihm ein Beispiel aus unserer Heimat nennen, das zeigt, wie eine rote Genossenschaft mit einem Arbeitnehmer oder, besser gesagt, mit einer Arbeitnehmerin, nämlich mit einer Hausbesorgerin in dieser Siedlungs­genossenschaft, umgeht. Die Dame ist seit 20 Jahren Hausmeisterin in Österreich. Seit neun Jahren ist sie bei dieser roten Siedlungsgenossenschaft als Hausbesorgerin tätig und wurde diesen Winter – das muß man sich einmal vorstellen – mit der Begründung, daß sie an einem Tag in diesem Winter den Schnee nicht ordnungsgemäß – angeblich nicht ordnungsgemäß – entfernt hätte, gekündigt. Diese Dame hat nunmehr ein Gerichtsverfahren angestrengt und um Hilfe gebeten. Heute ist dort nämlich nicht mehr ein ausländischer Hausbesorger tätig, nämlich Frau Olga N., sondern Mitarbeiter einer Reinigungsfirma, die von dieser roten Siedlungsgenos­senschaft beauftragt wurde, die mit ausländischen Arbeitskräften die Arbeit billiger verrichtet als die langjährig dort arbeitende Ausländerin.

Genau da ist der Punkt auf dem Verdrängungsmarkt offen, und genau da zeigt sich die verfehlte Ausländerpolitik der Vergangenheit und insbesondere auch der Umgang der Sozialisten mit unseren ausländischen Mitbewerbern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Vergangenheit, also das, was früher geschehen ist, ist ein Problem an sich. Wir müssen auf jeden Fall menschlich und ordentlich mit diesen Mitmenschen umgehen. Heute stellt sich das Problem anders dar. Heute kommen nämlich Menschen, die nach Arbeit und Wohnung rufen. Das wissen Sie ganz genau. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Jetzt kommt der Cap!)

Wenn ich mir ansehe, was bis zum heutigen Tage brandaktuell von der SPÖ verbreitet wird, ob­wohl gerade vom Abgeordneten Kiss gesagt wurde, daß eben dieses Paket auf Druck der Opposition der Freiheitlichen zurückgenommen wurde, so befremdet mich doch, daß heute um 13 Uhr 46 Minuten nach wie vor mit dem Bild des Innenministers – Sie können sich überzeugen, im Internet abrufbar – das Integrationspaket aus der Sicht des Innenministers wie folgt darge­stellt wird:

Hier wird von einer Neuzuwanderung geredet, die maximal 6 000 Personen betreffen soll. So gut, so richtig. Im nächsten Punkt wird sofort – und da zitiere ich – gesagt: „Weiters wird es wie bisher für eine Übergangszeit“ – wir kennen das: mehrere Jahre – „von voraussichtlich vier Jahren wie bisher zusätzlich noch eine Quote für Familiennachzug geben müssen. Hier werden die derzeit noch im Ausland lebenden Ehegatten und Kinder von bereits in Österreich niederge­lassenen Fremden erfaßt. Diese Quote soll während der kommenden vier Jahre so wie bisher 11 000 bis 12 000 betragen.“

Das heißt, Faktum ist: In den nächsten vier Jahren ist geplant, daß 17 000 bis 18 000 Ausländer legal zuwandern.

Darüber hinaus wird in Punkt 6 verkündet, daß keinen Quotenplatz jene Personen brauchen, die entweder nicht arbeitsmarktrelevant sind – was immer das auch heißen mag; offensichtlich han­delt es sich um Pensionisten oder um wohlhabende Leute, vielleicht auch noch um andere, es ist beispielhaft der wohlhabende Ausländer genannt – oder sich nur kurzfristig und bestimmt, zum Beispiel Studenten, in Österreich aufhalten. Ebenso keinen Quotenplatz brauchen Ange­hörige von Österreichern. – So weit, so gut.

Was steckt dahinter? Des weiteren, ebenfalls im Internet heute abrufbar, „spö wien/info­pool/positionen“, in die ganze Welt geschickt: „Die SPÖ in Wien für ein Miteinander.“ In Punkt M 11 steht zu lesen, „daß mehr als 90 Prozent der Anträge von bereits in Wien lebenden Aus­län­dern positiv erledigt werden“. – Das ist eine Freude für unsere Zuwanderer. Des weiteren steht hier: „Die Zahl der Einbürgerungen ist auf rund 9 000 im Jahr angestiegen und hat sich in dieser Höhe eingependelt. Dabei“ – und das ist die Forderung der SPÖ – „soll die bisherige Praxis bei den Einbürgerungsverfahren hinsichtlich einer strengen Prüfung der gesetzlichen Vorausset­zungen und der erfolgten Integration voll erhalten bleiben“. – Da lachen ja die Hühner, wenn wir davon ausgehen, daß die bisherige strenge Prüfung ausreichend ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird ja immer viel darüber gesprochen, was an­ständig und was unanständig ist. Es ist müßig, über diesen Begriff zu diskutieren, aber ich möchte einige Fakten aufzählen. Ich meine – und auch viele meiner Freunde meinen das –, daß es unanständig ist, Ausländer umzusiedeln, ohne daß man gleichzeitig sagt, wohin. Wenn der Herr Bürgermeister und einige Bezirksvorsteher meinen, man muß in Wien Ausländer um­siedeln, so sollten sie dann auch bitte in einem Atemzug nennen, wohin umgesiedelt werden soll. Etwa in die Donaustadt, Herr Abgeordneter Edler, wo wir einen relativ niedrigen Ausländer­anteil haben? – Wenn das der Fall ist, dann sagen Sie doch Ihren Wählern, daß Sie die Auslän­der dorthin übersiedeln wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sagen Sie das doch dort! Reden Sie nicht immer nur allgemein: sind umzusiedeln, sind zu ver­dünnen, sind zu verteilen, ohne zu sagen, wohin. Sie wollen doch offensichtlich auch Wähler­stimmen gewinnen, und deswegen sagen Sie das nicht. Das ist in meinen Augen unanständig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist auch unanständig, wenn man die Wiener Stadtverfassung mißachtet. Herr Edler, was sagen Sie oder die Herren Genossen dazu?

In § 103 h der Wiener Stadtverfassung ist als eine der Befugnisse des Bezirksvorstehers ge­nannt, daß er Stellungnahmen zu Ansuchen um Verleihung der Staatsbürgerschaft abzugeben hat. Das steht in der Verfassung! Wir haben 9 000 Einbürgerungen in Wien. Aus der Beantwor­tung einer Anfrage, die ich im Jahre 1994 gestellt habe – es hat sich inzwischen nichts geändert –, damals noch in Wien-Donaustadt, geht hervor, daß der Bezirksvorsteher in keinem einzigen Fall in ganz Wien eine Stellungnahme abgegeben hat. Das steht in der Verfassung! Diese ist zu beachten! Es ist unanständig, wenn die Verfassung nicht beachtet wird! (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Es ist unanständig, zu sagen, daß der Zuzug auf 6 000 pro Jahr beschränkt wird, wobei anzu­merken ist, daß im Vorjahr der Zuzug nur 4 500 betragen hat. Was heißt hier beschränken? Das ist ein Ausdehnen! In Wahrheit sollen, wie wir herausgearbeitet haben, in Summe 17 000 bis 18 000 pro Jahr zuwandern. Es ist unanständig, hinauszugehen und zu sagen, es erfolgt eine Beschränkung auf 6 000, den Leuten zu suggerieren, daß die Zahl von Einwanderern im Abneh­men begriffen ist: In Wahrheit wird sie aber vervier- und verfünffacht. Ich halte das für unan­ständig!

Es ist auch unanständig, daß man den bereits überwunden geglaubten Staatsbürgerschafts­ehen plötzlich das Wort redet. Was wird denn passieren, wenn arbeitslose Österreicher keine Stelle mehr auf dem Arbeitsmarkt finden und dann vielleicht aufgrund von Lockangeboten aus dem Ausland für ihre Heirat eine Staatsbürgerschaft hergeben? Dies haben wir überwunden, das wurde mit Recht geändert! Und jetzt plant der Innenminister, daß Leute, die Staatsbürger­schaftsehen geschlossen haben – so nennt er es wörtlich, in seinem Papier nachzulesen! –, bei der Einwanderung privilegiert sein sollen. Es ist unanständig, wenn man in diesen Fragen ins Mittelalter zurückverfällt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist aber auch unanständig, wenn man in Wahlprospekten propagiert, daß die politische Arbeit im Nationalrat in der Verhinderung des Ausländerzustroms nach Hernals liegen wird, aber dann nach der Wahl permanent das Gegenteil tut. Das ist unanständig an Ihrer Ausländerpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist letztlich unanständig, daß man versucht, ein wahrlich vorhandenes Problem – ein Auslän­derproblem, das es zu lösen gilt – mit der einzigen Waffe zu lösen, nämlich mit Einbürgerung und zusätzlichem Zustrom, wobei die Eingebürgerten aus der Quote herausfallen, wodurch noch mehr zuziehen können.

Meine Damen und Herren! All diese Punkte halte ich für unanständig. (Beifall bei den Freiheit­lichen.) Sie werden es mir glauben: Auch die Mehrheit der Bevölkerung wird diese Punkte für unanständig halten.

Abgeordneten Edler werde ich bei jeder Wahlveranstaltung im Herbst daran erinnern, daß er die Leute darüber informieren soll, daß es in Wien-Donaustadt vielleicht zu einem Zuzug von 20 000 Ausländern kommen wird, wenn man nämlich prozentuell gleichmäßig verteilen möchte.

Was würde das bedeuten? – Sie sind für den Ausbau der S 80 und für die Entwicklung des Marchegger-Astes. Dort sollen 20 000 Wohnungen entstehen. Sollen diese 20 000 Wohnungen etwa für die Umverteilung Ihrer roten Genossen verwendet werden? Was werden Sie den Bür­gern antworten, die Sie dazu fragen, Herr Edler? Da werden Sie gefordert sein. Und wir werden Sie daran erinnern, wie unanständig Sie hier permanent anderes verbreitet haben, als Sie draußen den anständigen Bürgern immer weismachen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Interessante daran ist, daß Abgeordneter Khol die Papiere gar nicht kennt, die Innenmini­ster Einem nach wie vor über Internet in die ganze Welt jagt. Er verkündet dort eine ganz andere Zahl, als er offensichtlich mit dem Abgeordneten Khol paktiert hat. Das ist nur bezeichnend für die Koalition an sich – man wird sich ein Bild machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um eine Linderung vieler Probleme herbeiführen zu können, möchte ich nun einen Entschließungsantrag einbringen, der da lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Dolinschek und Genossen betreffend notwendige Korrekturen im Bereich der Ausländerbeschäftigung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zuzuleiten, der

1. eine befristete Absenkung der Höchstzahlen der Ausländerbeschäftigung für die Dauer der hohen Arbeitslosigkeit,

2. die Beseitigung der Bewilligungspflicht für die Beschäftigung von mit EU-Bürgern gleichzustel­lenden türkischen Staatsangehörigen im unumgänglichen Ausmaß und die gleichzeitige ent­sprechende Kürzung der Höchstzahlen,

3. einen sofortigen Bewilligungsstopp für die Zulassung neuer türkischer Arbeitnehmer auf den inländischen Arbeitsmarkt, soweit dies nach dem die Assoziation mit der Türkei betreffenden Ratsbeschluß der EU noch möglich ist und

4. eine Ausweispflicht für ausländische Arbeitnehmer auf dem Arbeitsplatz, wobei aus diesem Ausweis die Arbeitsgenehmigung und die Anmeldung zur Krankenversicherung hervorzugehen hat, vorsieht.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! All diese Forderungen sind letztlich auch Forderungen, die Abgeordneter Edler in der Arbeiterkammer vertritt, die der Gewerkschaftsbund vertritt. Und wenn wir eine derartige Lösung herbeiführen können, wie in diesem Antrag beabsichtigt ist, dann wird in Zukunft der Bundespräsident mit ruhigem Gewissen zu Staatsbesuchen in die Türkei reisen können und sich nicht vor Angst ... Ich werde es nicht aussprechen. Er wird dann beruhigt dorthin fahren und mit seinem Amtskollegen Gespräche führen können, denn dann ist die Arbeitspolitik hier in Österreich, insbesondere für unsere arbeitenden ausländischen Mit­bürger, anständig geworden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.23


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der eben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Marizzi. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.23


Abgeordneter Peter Marizzi¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der „Kronen-Zeitung“ von morgen steht im Zusammenhang mit der heuti­gen Debatte um die Ausländer: „Wiener Wahl wirft ihre Schatten voraus.“ Und ich glaube, um die Ausländer geht es der Freiheitlichen Partei. Ich möchte einige Zahlen nennen:

Im Jahre 1994 hatten wir in Österreich einen Ausländeranteil von 8,9 Prozent. Belgien hatte 10 Prozent, die Bundesrepublik Deutschland 8,6 Prozent, die Schweiz 18,6 Prozent und Luxem­burg 32 Prozent. Die Zuwanderung hat in den letzten Jahren sukzessive abgenommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wirtschaft und Beschäftigung und damit auch Auslän­derbeschäftigung sind eigentlich untrennbar miteinander verbunden.

Die internationale Presse schreibt, daß die fundamentalen Wirtschaftsdaten gut sind. Die Finanzmärkte haben die österreichischen Konsolidierungsbemühungen honoriert, schreibt die „Neue Zürcher Zeitung“. Unser Export weist ein deutliches Wachstum auf. Im Inlandskonsum gibt es keinen Einbruch, und wir sind besser als manch andere Staaten in Europa.

Das heißt, niemand flüchtet nach Europa, sondern wir – an der Spitze mit dem Bundeskanzler – thematisieren die Arbeitslosigkeit in Europa. Wir sind für eine ordentliche Beschäftigungspolitik, so wie wir sie meinen: Exportoffensive, Standortsicherungen, Investitionen in die Zukunft und vor allem Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sowie Ausbildung und Umschulung. Ich glaube, das ist die beste Antwort auf Armut und Ausgrenzung.

Weil ich schon die Presse strapaziert habe, möchte ich „Die Presse“ vom 12. Juni 1996 zitieren. Es wird immer wieder gesagt, in Österreich sei vieles schlecht, alles werde falsch gemacht. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Lebensstandard in Österreich hat sich in den letzten zehn Jahren – hören Sie bitte zu! – um 23,6 Prozent erhöht. Das ist vor allem durch die Arbeiter, die Manager, die Angestellten erreicht worden, aber auch – das muß man hinzufügen – durch die Gastarbeiter. Die Nettolöhne sind in den letzten zehn Jahren in der Industrie um 61,3 Prozent gestiegen – darauf haben die Gastarbeiter keinen Einfluß gehabt –, während die Verbraucherpreise um 30,5 Prozent gestiegen sind.

Es waren zehn gute Jahre. Natürlich gab es Einbrüche am Beginn der neunziger Jahre, da hat sich das Wirtschaftswachstum nicht so gut entwickelt, aber jetzt wird natürlich mit Megainvesti­tionen, wie zum Beispiel dem 30-Milliarden-Schilling-Paket für Wien und vielen Investitionen im Bereich in der Industrie, dafür gesorgt, daß die Klein- und Mittelbetriebe Zulieferaufträge bekom­men, die Maler, die Installateure und alle anderen Beschäftigung haben.

Das sind natürlich nicht so spektakuläre Antworten, wie sie die „Botschafter der Angst“ geben, aber mit Angst, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann und soll man keine Politik machen. Und ich habe das schon einmal hier von dieser Stelle aus gesagt: Nicht alles, was die Damen und Herren von den „F“ sagen, ist falsch, sondern wie es gemacht wird, ist falsch, näm­lich diskriminierend, verletzend und angstmachend. Das ist wahrscheinlich Ihr Konzept für den 13. Oktober, und darum sitzen wir heute in einer Sondersitzung beisammen, weil Sie nicht die Sache im Sinn haben, sondern nur den 13. Oktober. Deshalb muß man wirklich dem Panik-Orchester in F-Dur entgegenwirken und entschieden entgegentreten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angst kann und darf kein politischer Botschafter sein. Und ich möchte das auch wiederholen: Minister Hums hat mit seinen Antimißbrauchsgesetzen erreicht, daß es sich nicht mehr auszahlt, ausländische Arbeitskräfte Österreichern vorzuziehen. Jahrelang hat Innenminister Löschnak – wofür er in der Öffentlichkeit oft geprügelt wurde – eine Politik der gebremsten Zuwanderung betrieben. Nicht angstmachend hat Innenminister Löschnak agiert – das muß auch einmal gesagt werden –, sondern ruhig und besonnen.

Ich möchte jetzt Herrn Prinzhorn nicht mehr strapazieren, das hat Kollege Cap in eindrucksvoller Weise gemacht. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Ja, er hat das in eindrucksvoller Weise gemacht mit dem Beispiel der Milchmädchenrechnung. Aber es muß schon gesagt werden, daß immer wieder Leute von der Wirtschaft gekommen sind und gemeint haben: Erhöhen wir die Quote! Das waren eigentlich viele Leute aus Ihrer Fraktion.

Ich habe da eine Presseaussendung vom 13. Feber 1996, Herr Kollege Kiss: Landwirtschaft-Arbeitsmarkt Burgenland; Vertreter der Landwirtschaft sind für erleichterte Ausländerbeschäfti­gung. Für eine flexiblere und kostengünstigere Beschäftigung von Ausländern in der Landwirt­schaft sprach sich der Präsident der burgenländischen Landwirtschaftskammer Franz Stefan Hautzinger am Dienstag in Eisenstadt aus. – Und so weiter, und so weiter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich ist das ein sensibles Thema, aber Auslän­derbeschäftigung ist auch ein notwendiger Input in der österreichischen Wirtschaft. Und mich freut, daß Sie, Herr Kollege Kiss, gesagt haben: Gastarbeiter haben wir geholt, und Menschen sind gekommen. Das hat auch Herr Kollege Nowotny gesagt. Das ist schon gut so, denn Humanität zeichnet uns aus – die Freiheitlichen hingegen nicht.

Sie haben gesagt, Sie haben uns heute ein Kompliment gemacht. Ich habe mir heute eine Analyse angesehen, die kein Kompliment für Sie und Ihre Strategie ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. Weil Sie so gerne zitieren, werde ich das auch einmal tun.

Die „F“ gehen in fünf Stufen vor, meine sehr geehrten Damen und Herren:

Erste Stufe: Spott und Verächtlichmachung. Der Respekt vor anderen Menschen, der ein psy­chologisches Schutzschild vor gewalttätigen Übergriffen bildet, wird durch Spott und Verächtlich­machung zerstört. Klestil ist ein Hampelmann der linken Schickeria – sagen die „F“-Leute oder Haider –, Kardinal König ein politisierender Pensionist. Die Proponenten von „SOS-Mitmensch“ sind Nachtschwärmer der Linken und promillegestärkte „Denker der Nation“. Die Regierung sitzt mit leeren Köpfen vor leeren Kassen. Vranitzky ist ein Ankündigungsriese und ein Handlungs­zwerg, ein Oberlehrer und Blindgänger. Busek war ein geistiger Irrläufer an der Spitze eines poli­tischen Bestattungsinstitutes. – So reden Sie mit uns!

Die zweite Stufe, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind die Tiermetaphern. Da wird es interessanter. (Abg. Mag. Stadler: „Dobermann“ haben Ihre Abgeordneten gesagt!) Mit Tier­metaphern, in denen Menschen mit Tieren verglichen werden, wird das psychologische Schutz­schild beschädigt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Da sind Sie wehleidig. Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil! (Beifall bei der SPÖ.)

Die politischen Gegner werden zu Kettenhunden, zu Schweinen, zu Sozialhilfebeziehern, zur Rattenplage. Die Koalitionsparteien werden zu rot-schwarzen Filzläusen, die mit Blausäure be­kämpft werden müssen.

Dann kommt wieder die Verleumdung als dritte Stufe. Da werden die Leute hier als Politgano­ven, als Wiederholungstäter, als Mafia, die Schutzgeld kassiert, als rot-schwarze Machtmonster und so weiter bezeichnet.

Als vierte Stufe kommt dann die Notwehrstrategie. Das heißt, Sie stellen sich als Verfolgte dar, als Menschen, die gejagt werden.

Und die letzte und fünfte Stufe ist der Krieg. Sie sprechen die Systeme als sturmreif an, kündi­gen die Generalmobilmachung, den Verteidigungskampf, die Entscheidungsschlacht oder den Vernichtungsfeldzug an.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Grund dafür, daß Sie eine Sondersitzung verlangt haben, war nur der 13. Oktober. Ihnen geht es nicht um die Sache, sondern Ihnen geht es nur darum, madig zu machen, Menschen zu vernichten, zu diskriminieren. Ihnen ist die Sache Wurscht, Ihnen geht es nur um den 13. Oktober, darum, politisches Kleingeld herauszuschla­gen, meine sehr geehrten Damen und Herren! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.32


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Madl. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.32


Abgeordnete Elfriede Madl¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine dringliche Anfrage „Menschen ver­nichtet“, aber das sind halt wieder diese Worthülsen, die wir ja von den Abgeordneten der SPÖ gewohnt sind. Es sind heute auch schon einige Worthülsen gebraucht worden, aber es ist immer wieder ein Argument gekommen – Abgeordneter Stummvoll, Edler und Abgeordneter Kiss haben das gesagt –: Wir sitzen immer wegen derselben Themen und wegen derselben Problematik in Sondersitzungen beisammen und veranstalten immer wieder dringliche Anfragen zu den gleichen Themen. – Bitte, meine Damen und Herren, das ist doch das Eingeständnis dafür, daß es in diesem Hohen Hause unmöglich ist und diese Regierung unfähig ist, Probleme, die schon jahrelang anstehen, zu lösen, sonst würden wir nicht immer wieder dieselben Themen und dieselben Problematiken hier diskutieren müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist wirklich ein Armutszeugnis. Herr Kollege Kiss versteigt sich sogar und sagt, vor zwei Jahren sei dieses Thema der Ausländerproblematik schon diskutiert worden und heute sei es „kalter Kaffee“. (Abg. Kiss: Seit sechs Jahren!) Er lebt wahrscheinlich in einem Wolken­kuckucksheim, aber sicherlich nicht in jenen Gemeinden, in denen der Ausländeranteil zwischen 11 und 60 Prozent liegt, sicherlich auch nicht in jener kleinen Gemeinde in Oberösterreich, wo man bei einer schönen Veranstaltung den neugestalteten Ortsplatz schon als „Türkenplatz“ bezeichnet hat. Das ist dem Conferencier so herausgerutscht, aber Sie können sich vorstellen, in welchem Zustand sich die Bevölkerung aufgrund dieser Problematik bereits befindet.

Abgeordneter Stummvoll hat weiters noch gesagt, man solle Angst nehmen und nicht Angst schüren, und im gleichen Atemzug meinte er, daß er auch nicht möchte, daß seine Kinder in eine Schule gehen, in der der Ausländeranteil bis zu 70 Prozent beträgt. Diese Problematik gibt es, und die Angst ist eben da. Also wenn er sagt, man solle Angst nehmen, dann kann ich das nur so auffassen, daß man die Leute für blöd verkaufen will, ihnen die Unwahrheit sagen und Sand in die Augen streuen will. Wie soll man den Leuten die Angst nehmen, wenn Sie die Pro­bleme nicht lösen wollen, wenn Sie jahrelang irgend etwas versprechen, es aber nicht einhal­ten? Bis heute ist das Ausländerproblem in Österreich nicht gelöst! (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

1993 hat man uns anläßlich unseres Volksbegehrens den Vorwurf gemacht, daß wir nicht ver­handeln, sondern nur das Volksbegehren starten wollen. Heute vormittag hat unser Klub­obmann schon in einer Pressekonferenz gesagt, daß wir Freiheitlichen (Ruf bei der SPÖ: Wo ist er jetzt?) – ich sage es Ihnen ja gerade – bereit sind, zu verhandeln. – Der Herr Klubobmann hat ja heute schon gesprochen. Haben Sie das versäumt?

Wir wollen mit einem Entschließungsantrag, den ich jetzt verlesen werde, die Ausländerpolitik auf eine neue Basis stellen. Dieser Entschließungsantrag der Abgeordneten Partik-Pablé, Scheibner, Madl und Genossen beinhaltet Punkte, die eine anständige Ausländerpolitik ermög­lichen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend Voraussetzungen für eine anständige Ausländerpolitik

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die längst überfälligen Voraussetzungen für eine an­stän­dige Ausländerpolitik zu schaffen und dem Nationalrat bis längstens 16. September 1996 einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der insbesondere folgende Grundsätze enthält:

1. Verfassungsbestimmung, daß Österreich kein Einwanderungsland ist.

2. Einwanderungsstopp bis zur befriedigenden Lösung der illegalen Ausländerfrage sowie bis zur Beseitigung der Wohnungsnot und Senkung der Arbeitslosigkeit auf 5 Prozent.

3. Absenkung der Gastarbeiterquote nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und Ausbau des sogenannten Saisonniermodells.

4. Bereinigung der Ausländerbeschäftigungsquote um die Zahl jener türkischen Staatsbürger, die nunmehr einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt besitzen.

5. Reintegration arbeitsloser sowie nicht integrierbarer Ausländer durch Schaffung einer Reinte­grationsstiftung.

6. Reintegration bosnischer De-facto-Flüchtlinge durch Schaffung entsprechender Rückkehr­hilfen.

7. Abschiebung von Personen, die sich ohne gültigen Aufenthaltstitel in Österreich aufhalten, insbesondere auch von Asylwerbern ohne vorläufiges Aufenthaltsrecht. Eine terroristische Akti­vität darf keinen Flüchtlingsstatus begründen.

8. Wirksamere Maßnahmen zur Erfassung der illegal Aufhältigen und zur effizienteren Krimina­litätsbekämpfung, insbesondere des organisierten Verbrechens.

9. Sofortige vollständige Realisierung des Grenzschutzes durch die umgehende Zurverfügung­stellung der erforderlichen Personal- und Sachressourcen.

10. Entspannung der Schulsituation durch Begrenzung des Anteils von Schülern mit fremder Muttersprache in Pflicht- und Berufschulklassen mit höchstens 30 Prozent; bei einem mehr als 30prozentigen Anteil von fremdsprachigen Kindern Einrichtung von Ausländer-Regelklassen.

11. Entspannung der Schulsituation durch Teilnahme am Regelunterricht nur bei ausreichen­den Deutschkenntnissen (Vorbereitungsklassen).

12. Keine Einführung des Ausländerwahlrechtes bei allgemeinen Wahlen.

13. Keine vorzeitige Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.

14. Rigorose Maßnahmen gegen illegale gewerbliche Tätigkeiten (wie zum Beispiel in Auslän­dervereinen und -klubs) und gegen Mißbrauch von Sozialleistungen.

15. Sofortige Ausweisung und Aufenthaltsverbot für ausländische Straftäter.

16. Keine zusätzlichen Belastungen des österreichischen Sozialsystems durch weitere Zuwan­derung von Ausländern und Rückzahlung der Betreuungskosten durch abgelehnte Asylwerber.“

*****

Stimmen Sie diesem Antrag zu, dann werden wir in zwei Jahren nicht wieder das gleiche Problem hier diskutieren, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.39


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ord­nungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.39


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daß in Österreich lebende Ausländer, die in den letzten Jahren auf dem österreichischen Arbeitsmarkt nicht Fuß fassen konnten, in ihre Heimat zurückgeführt werden könnten, wird durchaus begrüßt von den Österreichern, vor allem dann, wenn sie nicht gerade Vranitzky oder Einem heißen. Es wird positiv gesehen, wenn ihnen ein Startkapital in Form eines Bundeszuschusses zur Verfügung gestellt wird, das ihnen einen ent­sprechenden Start in ihrer Heimat ermöglicht.

Selbstverständlich hat das Geld, das man ihnen zur Verfügung stellen könnte, in ihrer Heimat ein Vielfaches der Kaufkraft, die es in Österreich hat, und stellt eine entsprechende Hilfe dar. Viele Konsumartikel bis hin zu Luxusgütern sind, obwohl sie in Österreich erhältlich sind, für Ausländer in Österreich allerdings ohnedies nicht erschwinglich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wäre jedoch durchaus wünschenswert, daß sich arbeitslose Ausländer in ihrer Heimat einbringen, um auch am Wiederaufbau in ihrer Heimat mitzuwirken. Sie wissen von der Pressekonferenz von Bundesparteiobmann Dr. Haider. Ich habe mit vielen Bürgern unterschiedlicher Couleur über diese Rückführung gesprochen: Viele Bürger unterschiedlicher Couleur begrüßen diese Rückführung. Sie sind von diesem freiheitli­chen Vor­schlag angetan – im übrigen auch Ihre Genossen, Herr Bundesminister! Ich kann Ihnen versi­chern, daß auch sozialistische Funktionäre dem durchaus etwas Positives abgewinnen können. Denn an dieser von uns vorgeschlagenen Rückführung ist nichts Diskriminierendes oder Frem­denfeindliches, sondern diese ist für beide Seiten durchaus positiv.

Diese Lösung hat viele Vorteile für Österreich: So würde es etwa zu einer Reduzierung der Ar­beitslosenzahl kommen, und Sie, Herr Minister, könnten eine nächste Erfolgsstory verkaufen und dokumentieren, was Sie zur Verbesserung der Arbeitsplatzsituation beigetragen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es zeigt jedoch die jahrelange Erfahrung, daß freiheitliche Vorschläge, die durchaus positiv und gut sind, von den Regierungsparteien, besonders von der SPÖ, prinzipiell abgelehnt werden, ja nicht einmal darüber nachgedacht wird. Die ÖVP spreche ich in diesem Zusammenhang gar nicht an, denn sie darf ja, wie wir aus der Erfahrung der letzten Zeit wissen, ohnedies keine eigene Meinung dazu haben und sich diesbezüglich auch nicht äußern, auch wenn sie grund­sätzlich anderer Meinung wäre. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie polemisieren, um sich mit den von uns Freiheitlichen aufgezeigten Problemen und angebo­tenen Lösungsvorschlägen nicht auseinandersetzen zu müssen, Sie üben unsachliche Kritik und glauben, so auf die Dauer gegenüber unseren Bürgern dahin – oder sich davonlavieren zu können, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien!

Sie können aber davon ausgehen, daß Ihnen der Bürger dieses Landes dafür sicherlich die Rechnung präsentieren wird. Sie gehen immer wieder nach dem sattsam bekannten Strick­muster vor, indem Sie uns beschimpfen und die Behauptung aufstellen, wir seien humanitäts­feindlich und betrieben eine Ausländerhetze. Sie behaupten, wir seien ausländerfeindlich, wir schwärzten an, wir verunsicherten. Unsere Politik sei menschenverachtend, diskriminierend und angstmachend. – Diese Masche, sehr geehrte Damen und Herren, zieht jedoch nicht mehr und wird nicht mehr ziehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe den Eindruck, daß Sie mit den Bürgern unseres Landes tatsächlich nicht mehr spre­chen. Wenn Abgeordneter Kiss sagt, daß sich seit 1990 oder 1991 im wesentlichen nichts geän­dert habe, dann muß ich ihn fragen, ob er einen Realitätsverlust hat und ob die Probleme, die es in Zusammenhang mit den ausländischen Bürgern in diesem Lande und jenen, die jetzt zuge­zogen sind, gibt, spurlos an ihm vorübergegangen sind.

Ich will Ihnen ein Beispiel für Ihre Art der Integration und der Humanität geben, denn diese Be­griffe erwähnen Sie ja immer wieder. Bosnier, Kurden und neuerdings auch Nigerianer, die straf­fällig wurden, die kriminelle Handlungen begangen haben und für die ein Abschiebungsbescheid vorliegt, dürfen nicht abgeschoben werden. Warum dürfen sie nicht abgeschoben werden? – Weil dazu die gesonderte Zustimmung des Innenministeriums erforderlich ist. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob sich darin das Verantwortungsgefühl gegenüber den Bür­gern in Österreich widerspiegelt, wobei ich selbstverständlich in den Begriff „Bürger in Öster­reich“ all jene ausländischen Bürger mit einbeziehe, die jahrelang hier gearbeitet haben, die an­ständig sind, die einen entscheidenden Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg, den wir vor Jahren in diesem Lande hatten, geleistet haben.

Es ist nun geübte Praxis, daß das Innenministerium bei Abschiebungsanträgen die Zustimmung nicht erteilt. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muß für die Fremdenpolizei sehr ent­nervend sein, wenn Anträge immer wieder abgelehnt werden und Kriminelle, die verurteilt sind und abgeschoben werden sollten, nicht abgeschoben werden, weil der Herr Innenminister über sein Innenministerium die Zustimmung hiefür nicht gibt. Das ist „Humanität“, die im speziellen die Österreicher und die seit langem bei uns lebenden Ausländer nicht verstehen können!

Ich weiß, wovon ich spreche: Denn es liegen von einzelnen oberösterreichischen Gemeinden bis zu 20 solcher Anträge beim Herrn Innenminister, und diese werden nicht behandelt. Und die betreffenden straffällig gewordenen Ausländer sind nach wie vor in Österreich. – Das ist ihre Art der Humanität, von der Sie so häufig sprechen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Darin spiegelt sich Ihre Art von Verantwortungsgefühl wider!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns Freiheitlichen wirft man Fremdenfeindlichkeit vor und sagt, daß wir Haß schüren. – Nichts von alledem, Herr Innenminister Einem, ist zutreffend! Ich zeige Ihnen gerne ein weiteres Beispiel für Ihre Art der Humanität und der Fremdenfreund­lichkeit auf. Diese ist allerdings eher sozialistischer Prägung und – wie ich meine – zum Schaden der anständigen und fleißigen Bürger dieses Landes.

Rechtskräftig Verurteilte aus dem Kosovo bewegen sich in Österreich mit dem Gefühl der Sicherheit, daß sie nicht abgeschoben werden. Warum werden sie nicht abgeschoben? – Ein Kosovo-Albaner muß nur wissen, daß er keine Papiere haben darf. Denn wenn er keine Papiere hat, dann kann er nicht in seine Heimat ausgewiesen werden. Warum? – Alle Versuche, Kosovo-Albaner, die keine Papiere hatten, von Schwechat nach Zagreb zu bringen, sind ge­scheitert, und postwendend waren jene Leute wieder zurück. Sie bewegen sich hier in Öster­reich frank und frei, und es passiert ihnen nichts. Warum passiert ihnen nichts? – Weil Papiere beispielsweise von der Vertretung in Salzburg nicht ausgestellt werden. Wir behalten kriminelle Straftäter in Österreich, denn in der ursprünglichen Heimat der kriminellen Straftäter haben jene Leute, die darüber zu entscheiden haben, ob Papiere ausgestellt werden oder nicht, kein Inter­esse an deren Rückkehr. Sie behalten sie also bei uns. Das ist offensichtlich auch ein Zeichen der „Humanität“, wie sie hier geübt wird!

Sie werfen uns Freiheitlichen immer vor, daß wir mit dem Ausländerthema Wahlkampagne be­treiben. – In Wirklichkeit sind Sie es, die unter dem Deckmantel der Humanität gegenüber Aus­ländern versuchen, Ihre Wählerzahl aufzubessern. Denn in Anbetracht der schwindenden Zahl an Wählern, die Sie auch zukünftig zu verzeichnen haben werden, wollen Sie Ausländer früh zu österreichischen Staatsbürgern machen, um so Wähler zu gewinnen. Auf diese Weise werden Sie aber mit Sicherheit nicht die entsprechende Kompensation betreiben können!

Kollege Puttinger hat fadenscheinige Argumente gebracht. Er hat versucht, einen Vergleich mit dem Ostblock anzustellen. Er meinte, daß es nicht Aufgabe des Staates sein kann, Woh­nungen zuzuteilen. – Das ist nicht das, was wir wollen, das ist nicht das Problem! Das Problem ist vielmehr, daß es grundsätzlich überhaupt einmal Wohnungen geben muß, und zwar Woh­nungen für Inländer und selbstverständlich auch Wohnungen für jene Ausländer, die wir nach Österreich holen. Und wenn wir die entsprechenden Wohnungen nicht haben, dann können wir nicht Ausländer nach Österreich holen. Denn das Recht auf Wohnen und Arbeit wird wohl nie­mand in diesem Hause bestreiten!

Man kann selbstverständlich den Standpunkt vertreten, daß auch die Unterbringung in einem Asylantenheim „Wohnen“ bedeutet. – Dazu sage ich: In der Nähe meines Heimatortes ist ein derartiges Asylantenheim. Selbstverständlich wohnt man dort auch. Und selbstverständlich kann man es auch als Arbeit betrachten, wenn vor dem Asylantenheim Bänke aufgestellt werden und bereits um sechs Uhr früh dort die sogenannten Asylanten sitzen, die zum Teil schon sehr lange in dieser Behausung wohnen, und warten ... (Abg. Dr. Keppelmüller: Das sind Bosnier!) Das sind keine Bosnier. Kollege Keppelmüller! Du müßtest es genau wissen, denn dieses Heim liegt auf dem Weg zu deiner Arbeit, so du diesen manchmal benutzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn du von Vöcklabruck nach Lenzing fährst, dann müßtest du nämlich viele „Bosnier“ mit offensichtlich sehr dunkler Haut sehen. – Das kann sein. Ich weiß aber, daß die Bosnier in Vöcklabruck anderswo untergebracht sind. Du weißt, wovon ich spreche: Ich spreche von Pichl­wang. Jene Arbeit, die dort verrichtet wird, sieht so aus, daß ausländische Arbeitskräfte – ähn­lich wie auf der Reeperbahn – ausgesucht, ins Auto eingeladen und mitgenommen werden. Für 30 S in der Stunde dürfen diese Leute dann arbeiten. Das verstehen Sie offensichtlich unter Integration! Jeder weiß, daß es seit Jahren dieses Problem gibt, aber es wird nicht angerührt. Das ist Ihre Art, Politik zu machen! (Abg. Dr. Keppelmüller: Das trifft auf meinen Bezirk über­haupt nicht zu! Du sagst die Unwahrheit! Das ist völlig falsch!) Das ist nicht die Unwahrheit! Sollte es jedoch die Unwahrheit sein, dann kannst du dich zu Wort melden und jene Erlebnisse, die du hast, wenn du zur Arbeit fährst, hier zum besten geben. (Abg. Dr. Keppelmüller: Du fährst mit deinem Porsche viel zu schnell vorbei! Du bekommst gar nichts mit!)

Wir haben Gastarbeiter gerufen, Menschen sind gekommen. – Sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien! Das stimmt selbstverständlich. Aber wenn Sie schon nicht regie­ren, das heißt, wenn Sie nichts Neues einbringen, sich Veränderungen nicht anpassen und nicht einmal in der Lage sind, als „Reagierungsmannschaft“ anzutreten, um Probleme zu lösen, so machen Sie doch wenigstens eines: Fassen Sie all die Ausländerprobleme zusammen und lösen Sie sie unter einem, wenn auch nicht unter diesem Einem, sondern unter einem anderen Innenminister! Wesentlich ist, daß Sie dabei – wie es auch gefordert wurde – menschlich vor­gehen. Aber tun Sie etwas Effizientes, und vergessen Sie bei aller Menschlichkeit bitte auch die Österreicher nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.53


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist noch Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Haider: Nowotny! Bleib da, wir haben dir auch zu­gehört!)

21.53


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Dr. Haider: Nowotny, bleib da!) Er fehlt uns nicht, er kann ruhig gehen, er hat heute wirklich nichts zur Debatte beigetragen!

Meine Damen und Herren! Zu Beginn der Debatte über unsere Dringliche haben wir die leise Hoffnung gehabt, daß der Bundeskanzler den Innenminister deswegen vertritt, weil der Innen­minister eventuell überhaupt in Polen bleibt, weil es ihm dort so gut gefällt, weil er dort den realen Sozialismus studieren kann, für den er ein Leben lang kämpft. – Dieser reale Sozialismus hat ihm aber nicht so gut gefallen, denn sonst wäre er dort geblieben und die Debatte hätte sich erübrigt. Er ist jedoch wieder da, und daher müssen wir weiter debattieren. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist daher unumgänglich, daß wir uns mit der Frage beschäftigen, wie es die ÖVP jetzt wirklich mit der Einwanderungspolitik hält. (Abg. Schieder: Sie wissen wohl nicht, daß es in Polen demokratische Wahlen gegeben hat!) Bei den Wahlen haben ja wieder die Kommunisten gewonnen! Ich kann mir schon vorstellen, daß es Ihnen dort gefällt. Über demokratische Wahlen sind Kommunisten dort unzweifelhaft wieder ans Ruder ge­kommen. Daher hatten wir schon die leise Hoffnung, daß Einem gleich bei seinen Freunden von der Sozialistischen Internationale bleibt. Das ist aber nicht der Fall, daher müssen wir weiter de­battieren! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Denn dieses Einem-Paket steht und fällt mit Einem.

Meine Damen und Herren! Abgeordneter Khol spielt nämlich in dieser Paketfrage, wie in allen anderen Paketfragen, eine sehr traurige Rolle: Abgeordneter Khol wird morgen bereit sein, das Gegenteil von dem, was er jetzt mit Innenminister Einem ausgemacht hat, zu vertreten. Er wird dem Hohen Haus erklären, daß er immer schon der Meinung war, daß Österreich kein Einwan­derungsland ist, ebenso wie sich heute jeder Redner der Österreichischen Volkspartei bemüßigt fühlte, das eigens festzuhalten, weil die Haltung von Klubobmann Khol ganz einfach peinlich ist. Jetzt ist er bemüht, die Frau Familienministerin a. D. in ein eifriges Gespräch zu verwickeln, da­mit er nur nicht zuhören muß.

Meine Damen und Herren! Abgeordneter Khol hat noch vor wenigen Monaten gesagt: In einer Regierung, in der Herr Einem sitzt, hat die ÖVP nichts verloren. Das hat am gleichen Tag auch Kollege Kiss gesagt. Beide jubeln jedoch heute hier beim Rednerpult, daß es ein hervorragen­des Khol-Einem-Papier gibt, das die Handschrift der Österreichischen Volkspartei trägt. – Meine Damen und Herren! Für diese Klarstellung, die Sie auch noch freiwillig vornehmen, sind wir Ihnen dankbar. Denn es wird für die Wählerinnen und Wähler im Wiener Wahlkampf wirklich interessant sein, zu beobachten, wie die Österreichische Volkspartei in Serie umfällt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe geglaubt, Klubobmann Khol hat körperliches Unwohlsein empfunden, als er bei einer Pressekonferenz mit dem Innenminister dieses Paket präsentieren mußte. Wenn es Koalitions­disziplin gewesen wäre, die er dort geübt hat, dann hätte mir seine Haltung noch ein Fünkchen an Hochachtung abgerungen. Das war jedoch nicht der Fall. Die Österreichische Volkspartei be­müht sich heute vielmehr, so zu tun, als ob sie dieses Paket erfunden hätte. In Wirklichkeit, Hohes Haus, ist sie von Caspar Einem über den Tisch gezogen worden! Er hat mit 200pro­zentigen For­derungen die Verhandlungen begonnen und konnte dann mit 150 Prozent noch sehr gut ab­schneiden. Und all das steht im Gegensatz zu dem, was die Österreichische Volks­partei etwa auf dem Schulsektor früher vertreten hat oder was ihre Bezirksfunktionäre vertreten haben.

Herr Abgeordneter Höchtl, der jetzt fast einschläft – Herr Kollege, ich darf Sie aufwecken! –, war nicht immer so untätig, wie man ihm jetzt vorwirft. – Es ist wirklich ungerecht, was mit Ihnen passiert. – Er hat hin und wieder durchaus vernünftige Artikel geschrieben. Ich habe hier einen Artikel aus dem Jahr 1983. Herr Kollege! Hin und wieder haben Sie auch wissenschaftlich gear­beitet, wenngleich nicht an Ihrem Institut. In diesem Artikel haben Sie bildungspolitische Pro­bleme sozialer Randgruppen am Beispiel der Gastarbeiter behandelt. Herausgegeben wurde er von Höchtl-Windhager im Jahr 1983, er ist im Multiplex Media Verlag erschienen. Dort kann man nachlesen – ich zitiere –: „Ich manchen Ballungszentren, so in einigen Wiener Gemeinde­bezirken, ist ihr Anteil“, – gemeint sind Ausländer – „bereits auf 18 Prozent angestiegen.“ Heute sind das Traumquoten! Damals hat Höchtl vor 18 Prozent gewarnt! Ich zitiere weiter: „Das führt dann in einigen wenigen Schulen zu einem Anteil von 30 bis 50 Prozent von ausländischen Schülern pro Klasse.“ Das ist genau jener Prozentsatz, der in unserem Volksbegehren gefordert wurde, Herr Kollege Höchtl. Sie waren uns damals um zehn Jahre voraus; Sie sind wirklich ein kluger Mann! – Zehn Jahre später muß jedoch der gleiche Höchtl Josef das Einem-Khol-Zuwan­derungspaket bejubeln, damit er in dieser Fraktion noch überleben kann, weil sein eigener Klub­obmann wieder einmal im Liegen umgefallen ist und dieses Paket mit dem Innenminister ge­schnürt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! In Höchtls Artikel heißt es weiter: „Allein aus diesen wenigen so nüchtern erscheinenden Zahlen läßt sich unschwer ablesen, daß daraus erhebliche bildungspo­litische Probleme neben allen anderen erwachsen.“ Ende des Zitats. – Herr Kollege Höchtl! Wer hat bei Ihnen welche Diskette ausgetauscht? Was gilt jetzt? Das, was Sie im Jahr 1983 richtig geschrieben haben – oder das, was der permanente Diskettenaustauscher Andreas Khol jetzt vereinbart hat?

Khol tauscht buchstäblich von einer Pressekonferenz zur anderen seine Disketten aus! So hat er beispielsweise in einer Pressekonferenz am 17. Mai, nach dieser hervorragenden Doppelcon­ference Einem-Khol gesagt: „Die Quoten werden sinken.“ Und das hat er heute im Hohen Haus wieder gesagt.

Jetzt wird es aber wirklich eng in der Österreichischen Volkspartei. (Abg. Haigermoser: Die Quoten der Wähler der ÖVP werden auch sinken!) Die sinken permanent bei der Österreichi­schen Volkspartei, und die Umfragequoten sinken, aber das dürfen Sie nicht verwechseln! Sie werden sich schwer tun mit dieser Politik, die die SPÖ betreibt, indem sie die Ausländer herein­holt und sich so Mandate holt. Das wird Ihnen nämlich nicht gelingen, Herr Kollege Khol. Sie werden das nicht schaffen, denn so viele Moslems werden Sie nicht zum Christentum bekehren können, Herr Kollege Khol! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.) So erfolgreich können Sie gar nicht agieren, daß Sie daraus Mandate ableiten werden. So verfahren die Sozialdemo­kraten in arabischer Schrift, mit arabischen Argumenten und arabischem Know-how sehr erfolg­reich. Sie organisieren sich ihre Mandate auf diese Weise selbst.

Kollege Sausgruber, den ich persönlich auch als nüchternen Künstler der Zahlen – deswegen ist er ein erfolgreicher Finanzreferent – kenne, hat Ihnen vorgerechnet, daß Ihre Quoten falsch sind. Dazu sagt sein Kollege Khol: Sausgruber hat keine Ahnung. – Das wird Sausgruber inter­essieren. Er wird es wahrscheinlich schon nächsten Sonntag in der Zeitung lesen: Khol sagt frank und frei, daß Sausgruber keine Ahnung hat. – Sausgruber sagt, daß die jährlichen Quoten bei der Familienzusammenführung von 10 500 auf 20 000 erhöht werden müssen. Das ist eine Verdoppelung, Herr Kollege Khol! Sausgruber rechnet Ihnen vor, daß sich allein für Vorarlberg eine Versechsfachung der Quote ergeben würde. – Dennoch behauptet Khol, daß Sausgruber keine Ahnung hat, denn er hat ein gescheites Integrationspaket mit Caspar von Einem ge­schnürt, mit dem die multikulturelle Gesellschaft realisiert werden soll.

Daß die Österreichische Volkspartei dabei auf der Strecke bleibt, hat Kollege Khol allerdings bis heute nicht realisiert. Herr Kollege Khol! Sie hätten merken müssen, daß im Paket eine Aufent­haltsertrotzung angestrebt wird. Dieser Terminus stammt übrigens nicht von mir, sondern aus dem Innenministerium selbst. Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Im Innenministerium gibt es Papiere, in welchen steht, daß dieses Paket nichts anderes ist als eine „Aufenthaltser­trotzung“.

Die oberösterreichische Landesregierung sagt nichts anderes, als daß der Zuzug die Quote be­stimmt. Nicht mehr die Quote bestimmt den Zuzug, sondern die Familienzusammenführung Marke Einem/Khol bestimmt die Quote. Klubobmann Khol will uns glauben machen, daß jetzt alles umgekehrt und in bester Ordnung sei. Khol sagt, daß sich bedauerlicherweise Landesstatt­halter Sausgruber und wahrscheinlich alle Oberösterreicher irren. (Abg. Dr. Haider: Wer ist denn der oberösterreichische Landeshauptmann? – Ein ÖVPler!) Ich kenne diesen rela­tiv kleinen Mann nur als einen Mann der Österreichischen Volkspartei. In Anbetracht der Verhält­nisse bei der ÖVP bin ich mir aber nicht mehr ganz sicher, wohin er wirklich gehört.

Meine Damen und Herren! Eines ist klar: Dieser Mann, der angeblich der Österreichischen Volkspartei, also der gleichen Partei wie Klubobmann Khol angehört, sagt: Dieses Papier ist in­diskutabel. Er sagt: Die Quote wird durch die Familienzusammenführung bestimmt und nicht mehr die Familienzusammenführung durch die Quote. – Das steht in völligem Gegensatz zu allem, was uns Klubobmann Khol heute hier berichtet hat und was ministeriumsintern in Form von Papieren vorhanden ist. Es gibt umfangreiche Konvolute, Herr Kollege Khol, in denen sich die Beamten des Innenministeriums dazu äußern. Sie kennen ja dieses Innenministerium unter dieser Führung: Die Beamten trauen der Opposition mehr als dem Minister. Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Diese Papiere besagen, daß die „Aufenthaltsertrotzung“ laut diesem Khol-Einem-Paket oder Einem-Khol-Paket dazu führt, daß sich – um nur ein Beispiel zu nennen – die Zahl der illegal über die grüne Grenze einreisenden Asylanten um eine Zehnerpotenz erhöhen wird. Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Sie wird sich um eine ganze Zehnerpotenz er­höhen. Und dann sagt uns Kollege Khol – und Kiss hat das auch noch gesagt –, daß die Öster­reichische Volkspartei darum gekämpft hat, daß nicht noch Schlimmeres gekommen ist, so nach dem Motto: Es hätte alles noch viel ärger kommen können: Die multikulturelle Gesellschaft hätte nicht erst in einem Jahr, sondern bereits in einer Woche ausbrechen können.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Sie dürfen das nicht als politischen Erfolg feiern! Sie sind in dieser Koalition in einer für Ihre Wählerschaft wesentlichen Frage, aber darüber hinaus auch in einer für ganz Österreich wesentlichen Frage staatspolitisch verantwortungslos umge­fallen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das werden Ihnen alle Mitbürger, die heute auf der Suche nach einem Arbeitsplatz, nach einer Wohnung oder nach Kindergartenplätzen sind, vorrechnen.

Verlassen Sie sich darauf: Daß Sie dann auch noch die Kühnheit besitzen, dafür das Urheber­recht beanspruchen zu wollen, darüber wird sich der Bundeskanzler freuen. Denn er hat heute – und das werden wir auch noch ein bißchen hervorstreichen müssen – mit der Klarstellung: All das kommt im Herbst!, jenen Offenbarungseid geleistet, den wir hören wollten. – Der Bundes­kanzler sagt hier: Das kommt im Herbst. Es wird noch ein paar Gespräche mit Herrn Verzetnitsch – der sich heute nobel verschwiegen hat – und auch ein paar Gespräche mit Frau Hostasch – die sich ebenfalls verschwiegen hat –, außerdem wahrscheinlich noch ein paar Ge­spräche mit dem einen oder anderen Landespolitiker geben, aber dann hat es sich. Das kommt im Herbst. – Das hat Vranitzky gesagt. Und das heißt, daß dieses Drohpaket im Herbst auf die österreichische Bevölkerung zukommt! (Abg. Dr. Haider: Man weiß zwar nicht, wieviel es kostet, aber es kommt!) Das weißt man nicht. Aber das interessiert ihn auch nicht.

Wir halten im Parlament Enqueten über die Kosten von Gesetzen ab. Der Bundeskanzler sagt: Wir stellen überhaupt keine Berechnungen an, was das kostet. Wir wollen überhaupt nicht wissen, was das kostet. 153 000 Zuwanderungen – vorsichtig geschätzt von Herrn Sausgruber, der laut Herrn Khol keine Ahnung hat – werden uns einen Haufen Geld kosten. Aber davon will der Bundeskanzler nichts wissen!

Meine Damen und Herren! Die österreichische Bevölkerung wird sich dagegen auch im Herbst zur Wehr setzen, verlassen Sie sich darauf! Sie können jetzt wieder larmoyant diskutieren, jammern und lamentieren. Wir werden auch im Herbst noch in der Lage sein, Ihnen das mit einer plebiszi­tären Initiative abzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie werden das mit der österreichi­schen Bevölkerung nicht durchführen können, was Sie geplant haben und was der Bundes­kanzler augenscheinlich bis heute nicht aufzugeben bereit ist! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das wird sich nicht so abspielen, wie Sie sich das vorstellen! Und daß Sie sogar multikulturelle Träume hinsichtlich gewisser Bevölkerungsgruppen aus der Türkei haben, meine Damen und Herren, bei denen es bereits ins Terroristische geht, hat sich die Österreichische Volkspartei offenbar bis heute überhaupt noch nicht zu Gemüte geführt. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Kier.)

Bei der SPÖ habe ich angesichts der Freundschaft des internationalen Sekretärs Schramek zu bestimmten Leuten innerhalb der PKK und angesichts der intensiven Verbindungen und Freund­schaften des Patrons der PKK in Österreich, nämlich zum Innenminister höchstpersönlich, meine diesbezüglichen Bemühungen aufgegeben. Aber die ÖVP hat immer so getan, als ob sie gegen diese kommunistische Terrororganisation aus der Türkei sei. Ist Ihnen von der ÖVP noch gar nicht aufgegangen, daß diese SPÖ ein Asylrecht schafft, nach dem es beispielsweise möglich wäre, daß der Europachef dieser PKK morgen in Österreich um Asyl ansucht? Er könnte sich den Aufenthalt ertrotzen, und das auch noch mit der Zustimmung des Herrn Klubob­mannes Khol! Er muß sich nur rechtmäßig überwiegend in Österreich aufhalten. (Abg. Schieder: Er hat ja schon Asyl in Frankreich!) Nein, er hat in Frankreich kein Asyl! Ich darf Ihnen sagen: Es gibt ein Auslieferungsbegehren der Bundesrepublik Deutschland gegen Faysal Dunlayici, genannt auch Kani Yilmarz. Ist Ihnen das nicht bekannt? Er ist der Europachef der PKK, ein wegen Brandstiftung und wegen Mitgliedschaft bei einer terroristischen Vereinigung gesuchter Mann. Der steht mit Ihrer Partei aber in regem Kontakt. (Abg. Schieder: Nein!) Herr Kollege Schieder! Ich kann Ihnen beweisen, daß der internationale Sekretär der SPÖ intensiven Kontakt zu diesem Mann hat. Der kann ab morgen bei uns Asyl haben, wenn Ihr Paket, Herr Khol, Realität wird! Er kann um Asyl ansuchen. Es werden sogar noch die IRA-Terroristen nach Österreich kommen, weil wir in Österreich dann ein Asylrecht haben werden, mit dem Terro­risten geradezu dazu eingeladen werden, nach Österreich zu kommen. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Sie werden nicht umhinkommen, mit uns diese Frage noch häufig zu diskutieren. Und Sie werden nicht umhinkommen, sich gegenüber der Wiener Bevölkerung – bis zum 13. Oktober, aber auch danach – und gegenüber der gesamten österrei­chischen Bevölkerung, wenn die Drohung des Bundeskanzlers nicht zurückgenommen wird, der Frage zu stellen, wie sich die Österreichische Volkspartei und die Sozialdemokraten die Lösung des Problems der Entlastung des Arbeitsmarktes und des Wohnungsmarktes und des Problems unserer Schulsituation vorstellen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Mit der Vorstellung, die Ausländer einfach auf ganz Wien oder ganz Österreich zu verteilen, kön­nen Sie nicht Einwanderungspolitik betreiben! Das wird nicht möglich sein! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Daher sollten Sie sich, insbesondere auf seiten der ÖVP, heute genau überlegen ... (Abg. Schwemlein: Aus ist’s!)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter!


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (fortsetzend): Meine Damen und Herren! (Zwi­schenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Ich verstehe Ihre Aufregung nicht. (Abg. Dr. Schwimmer: Ihre Zeit ist abgelaufen!) Ich habe noch Redezeit, meine Damen und Herren. (Rufe bei der ÖVP: Nein!)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Bitte den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (fortsetzend): Gerne, Herr Präsident. – Wir haben heute – und dafür danken wir dem Bundeskanzler und der Österreichischen Volkspartei – von Ihnen einen Offenbarungseid geleistet bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.09


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. Es liegen vier Entschließungsanträge zur Abstim­mung vor.

Wir stimmen zuerst ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen betreffend Förderung der Reintegration ausländischer Staatsbürger (Reintegrations­stiftung).

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Zustimmung der Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen betreffend Assoziierungabkommen mit der Türkei.

Ich bitte allenfalls um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist ab­gelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend notwendige Korrekturen im Bereich der Ausländerbeschäfti­gung.

Ich bitte allenfalls um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist ab­gelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Genossen betreffend Voraussetzungen für eine anständige Ausländerpoli­tik.

Ich bitte allenfalls um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist gleichfalls die Minderheit. Der An­trag ist abgelehnt.

Einlauf


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich gebe nun bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 236/A (E) bis 239/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 808/J bis 848/J eingelangt.

Schließlich gebe ich bekannt, daß die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Donnerstag, den 27. Juni 1996, 10 Uhr in Aussicht genommen ist, auf schriftlichem Wege einberufen werden wird.

Ich schließe diese Sitzung.

Schluß der Sitzung: 22.12 Uhr

 

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