141/A XXI.GP

 

ANTRAG

 

der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Stoisits, Freundinnen und Freunde

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes -Verfassungsgesetz sowie das Bundesgesetz

über die Geschäftsordnung des Nationalrats geändert werden

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Bundes -Verfassungsgesetz sowie das Bundesgesetz über die

Geschäftsordnung des Nationalrats geändert werden

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Bundes -Verfassungsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des

Nationalrats werden geändert wie folgt:

 

 

Artikel I

 

1. Artikel 41 Absatz 1 B - VG lautet:

„Artikel 41. (1) Gesetzesvorschläge gelangen an den Nationalrat als Anträge seiner

Mitglieder, der Volksanwaltschaft, des Bundesrates oder eines Drittels der Mitglieder des

Bundesrates sowie als Vorlagen der Bundesregierung.“

2. Artikel 148c Absatz 1 B -VG lautet:

„Artikel 148c. (1) Die Volksanwaltschaft kann dem Nationalrat Gesetzesanträge vorlegen.“

Der bisherige Text des Art 148c erhält die Absatzbezeichnung 2.

3. Artikel 148 d B -VG lautet:

„Artikel 148d. Die Volksanwaltschaft hat dem Nationalrat und dem Bundesrat jährlich über

ihre Tätigkeit zu berichten. Die Mitglieder der Volksanwaltschaft sind berechtigt, an allen

Verhandlungen des Nationalrats und des Bundesrats sowie seiner Ausschüsse und

Unterausschüsse, ausgenommen Untersuchungsausschüsse, teilzunehmen und auf ihr

Verlangen gehört zu werden. Der Nationalrat sowie seine Ausschüsse (Unterausschüsse) kann

die Anwesenheit von Mitgliedern der Volksanwaltschaft verlangen. Näheres bestimmt das

Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrats und die Geschäftsordnung des

Bundesrats.“

4. Im Artikel 148 g Absatz 2 Satz 2 entfällt der Satzteil „ wobei die drei mandatsstärksten

Parteien des Nationalrats das Recht haben, je ein Mitglied für diesen Gesamtvorschlag

namhaft zu machen.“

 

Artikel II

 

Das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrat wird wie folgt geändert:

1. Dem § 18 GOG wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) § 18 Abs 1 bis 3 sowie § 19 Abs 1 gelten für die Mitglieder der Volksanwaltschaft

sinngemäß.“

2. § 20 Abs 5 entfällt.

3. § 69 Abs 1 lautet wie folgt:

„(1) Gesetzesvorschläge gelangen an den Nationalrat als Anträge von Abgeordneten, der

Volksanwaltschaft, des Bundesrates oder eines Drittels der Mitglieder des Bundesrates sowie

als Vorlagen der Bundesregierung.“

 

 

Begründung:

 

A. Kompetenzen der Volksanwaltschaft:

Aufgabe der Volksanwaltschaft ist die Prüfung von Missständen in der Verwaltung. Vielfach

haben von den BürgerInnen wahrgenommene Missstände ihren Grund aber nicht in einem

Fehlverhalten der Verwaltung, sondern in legislativen Schwachstellen. Die Berichte der

Volksanwaltschaft enthalten daher seit langem legislative Anregungen. Vor diesem

Hintergrund erscheint eine Einbindung der Volksanwaltschaft in den Gesetzgebungsprozeß

notwendig und sinnvoll. Der vorliegende Antrag beinhaltet daher folgende Vorschläge:

1. Der Volksanwaltschaft soll die Möglichkeit eröffnet werden, an den Nationalrat

Gesetzesanträge zu richten. Dadurch würde die Volksanwaltschaft die Möglichkeit erhalten,

im Falle gravierender legislativer Missstände den Nationalrat zu zwingen, sich mit ihrer

Anregung auseinanderzusetzen.

2. Mitglieder der Volksanwaltschaft sollen prinzipiell an allen Beratungen des Nationalrats

und seiner Ausschüsse - mit Ausnahme von Untersuchungsausschüssen - teilnehmen und auch

das Wort ergreifen können. Die Mitglieder der Volksanwaltschaft werden insoweit den

Mitgliedern der Bundesregierung gleichgestellt. Auch auf diesem Weg könnten die

Volksanwältlnnen auf den Nationalrat einwirken, wahrgenommene Mißstände abzustellen.

Darüber hinaus könnten präventiv Gesichtspunkte einer bürgerlnnenfreundlicheren

Gesetzgebung eingebracht werden.

 

B. Mitglieder der Volksanwaltschaft:

Bei der „Wahl“ der Volksanwältlnnen gibt es ein Nominierungsrecht der drei

mandatsstärksten Parteien. Der Nationalrat kann de facto auf diese Nominierung keinerlei

Einfluss nehrnen. Wenn die Mehrheit der Abgeordneten zum Nationalrat eine/n der

nominierten KandidatInnen für ungeeignet hält, kann dies nur dadurch zum Ausdruck

gebracht werden, dass der Vorschlag als Gesamtes abgelehnt wird. Aber selbst in diesem

unwahrscheinlichen Fall kann nicht ausgeschlossen werden, dass die betreffende Partei erneut

denselben Kandidaten nominiert.

Die geltende Regelung ist aus folgenden Gründen demokratiepolitisch bedenklich:

1. Wenn z.B. die viert - und die fünftstärkste Partei im Nationalrat gemeinsam über mehr

Mandate verfügen als die drittstärkste Partei, kommt das Nominierungsrecht trotzdem der

drittstärksten Partei zu - auch dann, wenn die viert - und fünftstärkste Partei gemeinsam einen

Wahlvorschlag einbringen, der dann von einer größeren Anzahl von Abgeordneten getragen

wird.

2. In den 70er Jahren lag es offenbar ausserhalb des Bereiches des Vorstellbaren, dass dem

Nationalrat einmal mehr als drei Parteien angehören werden. Für ein Zweiparteiensystem bzw

umgekehrt für den inzwischen eingetretenen Fall eines Vier - oder Fünfparteiensystems trifft

die Verfassung keine Vorsorge.

Die angeführten Argumente sprechen dafür, die Wahl der Mitglieder der Volksanwaltschaft

nach dem Vorbild der Wahl des Rechnungshofpräsidenten zu regeln. Im Zuge der

Vorbereitung des Wahlvorschlages durch den Hauptausschuss wäre es dann auch sinnvoll, ein

Hearing durchzuführen.

 

 

In formeller Hinsicht wird unter Verzicht auf die 1. Lesung die Zuweisung an den

Verassungsausschuss vorgeschlagen.