146/A XXI.GP

 

Antrag

 

der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Schieder

und Genossen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz — RRG geändert wird

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz,

mit dem das Regionalradiogesetz - RRG geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Regionalradiogesetz – RRG, BGBl. Nr. 506/1993, zuletzt geändert durch das

Bundesgesetz BGBl. I Nr. 160/1999, wird wie folgt geändert:

 

1.             In § 4 Abs. 6 wird nach den Worten „gilt nicht für“ die Wortfolge „Programme

nichtkommerzieller Hörfunkveranstalter und für“ eingefügt.

 

2.             Nach § 4 Abs. 6 wird folgender Absatz 7 angefügt:

 

                „(7) Nichtkommerzielle Hörfunkveranstalter (Freie Radios) sind nicht auf Gewinn

gerichtete Veranstalter von Hörfunkprogrammen, deren Programmangebot

                1. überwiegend gemeinnützige Ziele und die Förderung der Diskussion sozialer und

                kultureller Anliegen verfolgt, wobei den in anderen Medien im Verbreitungsgebiet

                unterrepräsentierten Gruppen oder Organisationen Gelegenheit zur Darstellung ihrer

                Meinungen, insbesondere durch Einräumung von Sendezeit zur Gestaltung eigener

                Beiträge, gegeben wird,

                2. keine Werbung gemäß § 7 Abs. 1 bis 4 enthält.“

3.             In § 20 Abs. 2 Z 1 wird nach dem Wort ,,Spartenprogrammen“ die Wortfolge „oder von

Programmen nichtkommerzieller Hörfunkveranstalter“ eingefügt.

 

4.             (Verfassungsbestimmung) § 26 werden folgende Abs. 8 und 9 angefügt:

               

                „(8) (Verfassungsbestimmung) Werden vor dem im Abs. 7 genannten Zeitpunkt

ergangene Bescheide der Privatrundfunkbehörde (§13) vom Verfassungsgerichtshof aufgrund

einer Beschwerde nach Art. 144 B - VG aufgehoben, so hat die Privatrundfunkbehörde

unverzüglich eine neuerliche Entscheidung aufgrund der Sach - und Rechtslage zu treffen, die

der aufgehobenen Entscheidung zugrunde gelegen ist. Gegen diese Entscheidung ist die

Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 13 Abs. 11 in der Fassung des

Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 160/1999 zulässig. Bis zur neuerlichen Entscheidung der

Privatrundfunkbehörde bleiben die Wirkungen der aufgehobenen Entscheidungen aufrecht.

(9) § 4 Abs.6 und 7 und § 20 Abs. 2 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. I

..../2000 treten mit 1. Juni 2000 in Kraft.“

Begründung

 

 

Zu § 26 Abs. 8:

 

Beim Verfassungsgerichtshof ist ein Gesetzesprüfungsverfahren anhängig, in dem die Ver-

fassungsmäßigkeit des § 13 des Regionalradiogesetzes, der die Regionalradio - und Kabel -

rundfunkbehörde (nunmehr: Privatrundfunkbehörde) regelt, geprüft wird. Anlaß für dieses

Gesetzesprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof sind zahlreiche (nämlich ins -

gesamt 73) Beschwerden vor dem Verfassungsgerichtshof, mit dem so gut wie alle von der

Privatrundfunkbehörde erteilten Bewilligungen für privaten Rundfunk in Österreich ange -

fochten werden.

 

Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gehen dahin, daß es im Falle einer Behörde mit

einem Wirkungsbereich, wie er der Privatrundfunkbehörde zukommt, verfassungsrechtlich

geboten sei, eine Beschwerdemöglichkeit an den Verwaltungsgerichtshof vorzusehen. Bei der

Privatrundfunkbehörde handelt es sich um eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag,

deren Entscheidungen im allgemeinen nach Art. 133 Z 4 von der Zuständigkeit des Verwal -

tungsgerichtshofes ausgenommen sind, wenn nicht der zuständige Gesetzgeber die Anrufung

des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich für zulässig erklärt ist.

 

Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gehen auf eine erst nach der Einrichtung der

Privatrundfunkbehörde ergangene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zurück,

namlich auf das Erkenntnis vom 24. Februar 1999, B 1625/98, betreffend die Telekom -

Control-Kommission. Der Bundesgesetzgeber hat auf dieses Erkenntnis bereits reagiert, und

zwar hat er mit der Novelle des Regionalradiogesetzes BGBl. I Nr. 160/1999 in § 13 Abs. 7

Regionalradiogesetz die Anrufbarkeit des Verwaltungsgerichtshofes vorgesehen.

 

Offen blieb bei dieser Novelle ihr Anwendungsbereich, sodaß fraglich ist, inwieweit diese

Novelle bereits auf die vor dem Verfassungsgerichtshof anhängigen Fälle Anwendung findet.

Angesichts der fehlenden Übergangsbestimmungen zu dieser Bestimmung ist nicht auszu -

schließen, daß der Verfassungsgerichtshof im Falle einer Aufhebung des § 13 Regionalradio -

gesetz zu dem Ergebnis kommt, daß infolge der Anlaßfallwirkung sämtliche Bescheide, die

Anlaß für die Einleitung des Gesetzesbürgungsverfahren waren, aufzuheben sind, und zwar

deswegen, weil diese Bescheide noch nicht der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterlegen

gewesen sind. Dies hätte zur Folge, daß mit Zustellung des Erkenntnisses so gut wie alle

Veranstalter von privatem Rundfunk in Österreich ihren Betrieb einstellen müßten.

Dies nicht aus dem Grund, weil die Bewilligungen inhaltlich rechtswidrig wären, sondern

ausschließlich deswegen, weil sie nicht vom Verwaltungsgerichtshof überprüft werden

konnten. Allerdings würde die Einstellung des Betriebes von so gut wie allen

Privatrundfunksenders wiederum einen verfassungswidrigen Zustand bewirken, weil nämlich

der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt hat, daß das vor Erlassung des

Regionalradiogesetzes bestehende Rundfunkmonopol, bei dem die Existenz von privaten

Rundfunksenders ausgeschlossen waren, dem Art. 10 MRK widerspricht. Im Ergebnis würde

daher wiederum in Österreich die Meinungsfreiheit beeinträchtigt sein.

 

Mit der vorgeschlagenen Übergangsbestimmung des § 26 Abs. 8 soll daher eine klare

Regelung für das Inkrafttreten der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes auch für die

bereits vor dem Verfassungsgerichtshof anhängigen Fälle geschaffen werden. Um eine

möglichst rasche Befassung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermöglichen, ist die Privat -

rundfunkbehörde verpflichtet, unverzüglich eine neue Entscheidung zu treffen, und zwar

aufgrund der Sach - und Rechtslage, wie sie zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Entscheidung

bestanden hat. Dies ist deswegen gerechtfertigt, weil der Verfassungsgerichtshof in dem

Verfahren gerade den Umstand prüft, daß diese konkrete damalige Entscheidung nicht vom

Verwaltungsgerichtshof einer Überprüfling unterzogen werden kann. Dies rechtfertigt auch

eine Durchbrechung des sonst aus dem § 66 Abs. 4 AVG abgeleiteten Prinzips, daß eine

Verwaltungsbehörde jeweils die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltende Sach - und

Rechtslage zu berücksichtigen hat.

 

Bis zur neuerlichen Entscheidung der Privatrundfunkbehörde bleiben die Wirkungen der

aufgehobenen Bescheide aufrecht, sodaß die Privatrundfunkunternehmer im Sinne des vorhin

dargelegten vorerst ihren Betrieb fortsetzen können. Nach der Entscheidung hängt im Falle

einer neuerlichen Anfechtung die Möglichkeit des Fortbetriebs entsprechend den allgemeinen

Grundsätzen davon ab, inwieweit die angerufenen Höchstgerichte aufschiebende Wirkung

gewahren.

 

Angesichts der Durchbrechung von allgemeinen Regeln für die anzuwendende Sach - und

Rechtslage bzw. der Wirkung von aufhebenden Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes

ist es erforderlich, diese Regelung im Verfassungsrang zu treffen.

Zu § 4 Abs. 6 und 7 und § 20 Abs. 2 Z 1:

 

Entsprechend einem dringenden rechtspolitischen Bedürfnis wird gleichzeitig vorgeschlagen,

im Regionalradiogesetz die Berücksichtigung von nichtkommerziellen Hörfunkveranstaltern

zu regeln. Die rasante Entwicklung am Mediensektor hat gezeigt, daß nicht bloß kommer -

zielle Gruppen an der Produktion von Privatrundfunk interessiert sind, sondern ebenso auch

nichtkommerzielle Veranstalter, die mit ihren Programmen ideelle Ziele verfolgen.

Die Vermittlung von Medienkompetenz, Bereitstellung von medialen Artikulationsmöglich -

keiten, Aktivierung zum emanzipatorischen und eigenverantwortlichen politischen Handeln

für den/die einzelne/n (oft auch medial unterrepräsentierte(n) BürgerIn sind die Hauptfunk -

tionen nichtkommerzieller Freier Radios, die weder durch den Markt noch durch den

öffentlich - rechtlichen Auftrag in ausreichendem Ausmaß gewährleistet werden. Freie Radios

sind somit eine demokratiepolitisch wichtige Ergänzung für ein voll entwickeltes Medien -

system.

 

Um diese begrüßenswerten Aktivitäten der schlagwortartig umrissenenen „Zivilgesellschaft“

im Bereich des Regionalradiogesetzes zu berücksichtigen, wird im § 4 Abs. 7 eine entspre -

chende Definition vorgesehen und die sonstigen Bestimmungen des Regionalradiogesetzes

entsprechend angepaßt.