157/A XXI.GP

 

                                   ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Mag .Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Ausdehnung der Sendezeit in Rundfunk und Fernsehen für Volksgruppen

und MigrantInnen

 

Nach Art. 7 Z. 1 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. 152/1955 genießen

österreichische Staatsangehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten in

Kärnten, Burgenland und Steiermark dieselben Rechte auf Grund gleicher

Bedingungen, wie alle anderen österreichischen Staatsangehörigen, einschließlich

des Rechtes auf ihre eigenen Organisationen, Versammlungen und Presse in ihrer

eigenen Sprache.

 

Ausgehend von dem in § 2 StGG 1867 normierten Gleichheitsgrundsatz, muß diese

Bestimmung auch für die tschechische Volksgruppe in Wien, die ungarische

Volksgruppe im Burgenland und Wien sowie die Volksgruppe der Roma und Sinti

Anwendung finden. In diesem Zusammenhang ist darauf Bedacht zu nehmen, daß

die mediale Versorgung der ungarischen und kroatischen Volksgruppenangehörigen

in Wien sichergestellt ist.

 

Nach Art. 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 10. Juli 1974, BGBl. 396/1974

über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, ist Rundfunk eine öffentliche

Aufgabe, wobei die näheren Bestimmungen für den Rundfunk und seine

Organisation bundesgesetzlich festzulegen sind. Der in Art. 7 Z 1 des

Staatsvertrages von Wien verwendete Begriff „Presse“ umfaßt zweifellos auch den

Rundfunk. Dies ergibt sich auch daraus, daß das Bundesgesetz vom 12. Juli 1981

über die Presse und andere publizistischen Medien im § 1 Abs. 1 Z. 1 unter Medien

jedes Mittel zur Verbreitung von Mitteilungen oder Darbietungen mit gedanklichem

Inhalt in Wort, Schrift, Ton oder Bild an einen größeren Personenkreis im Wege der

Massenherstellung oder der Massenverbreitung versteht.

 

Der Österreichische Rundfunk kommt in seiner bisherigen Praxis in nur

ungenügender Weise den sich aus dem Staatsvertrag von Wien und vor allem den

sich gegenüber den nicht im Staatsvertrag genannten ethnischen Minderheiten

ergebenden Verpflichtung nach. Das Rundfunkgesetz 1974 in der Fassung vom

BGBl. 505/1993 enthält keine dem Art. 7 des Staatsvertrages von Wien

entsprechenden Regelungen. Im Regionalradiogesetz wurde es - im Gegensatz zu

internationalen Modellen - verabsäumt, den Betreibern von privaten Radiosendern

die Ausstrahlung von gewissen Programmteilen in Minderheitensprachen

vorzuschreiben, sofern die Programme in Gebieten empfangen werden können, in

denen ethnische Minderheiten leben.

 

Im Gegensatz zu den ausschließlich gewinnorientierten Privatradiogesellschaften

gewinnt der ORF einen bedeutenden Anteil seiner Legitimation als öffentlich -

rechtliche Anstalt aus dem besonderen Auftrag, für alle relevanten Gruppen der

Gesellschaft, und damit insbesondere auch für die ethnischen Minderheiten,

spezifische Programme anzubieten.

Dieses Bundesgesetz soll den staatsvertraglichen Verpflichtungen Rechnung tragen

und die Legitimation des ORF als öffentlich - rechtliche Anstalt stärken, in dem die

Berichterstattung über Minderheiten und in den Minderheitensprachen verstärkt wird

und für eine Vertretung der ethnischen Minderheiten in den Gremien des

Österreichischen Rundfunks Sorge getragen wird.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

                                                               ANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Die Bundesregierung wird ersucht, im Sinne der Europäischen Charta der Regional -

und Minderheitensprachen und der Rahmenkonvention des Europarates zum

Minderheitenschutz dafür Sorge zu tragen, dass

 

a)    die Sendezeit im Hörfunk für die ungarische und kroatische Volksgruppe in

       Wien und  Burgenland und für die slowenische Volksgruppe in Kärnten binnen

       fünf Jahren kontinuierlich zu einem Ganztagesprogramm ausgebaut wird;

 

b)   für die Slowenen in der Steiermark, die Roma und Sinti im Burgenland, die

      Tschechen in Wien und die MigrantInnen einzelner Sprachzugehörigkeit in den

      jeweiligen Bundesländern eine ausreichende Sendezeit im Hörfunk eingeräumt

      wird;

 

c)   zusätzlich zu den bestehenden sonntäglichen Fernsehsendungen für die

      Volksgruppen und MigrantInnen ("Heimat, fremde Heimat1" ‚"Dobar dan, Hrvati",

      „Dober dan Koroska“) täglich in den bundesländereigenen Sendungen

      zumindest ein Beitrag in der Sprache der dort lebenden Volksgruppe bzw.

      MigrantInnen mit deutschen Untertiteln ausgestrahlt wird;

 

d)   bei Bestellung von Mitgliedern für die Hörer - und Sehervertretung durch den

      Bundeskanzler die in Österreich anerkannten Volksgruppen und

      Migrantenorganisationen berücksichtigt werden.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuß

vorgeschlagen.