205/AE XXI.GP

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Moser Freundinnen und Freunde

 

Umsetzung der Abschlußerklärung der Delegation aller neun Landtage zur

Verhinderung grenznaher Atomkraftwerke vom 9. Mai 2000

 

Am 9. Mai 2000 haben sich Vertreter aller neun österreichischen Landtage in ihrer

Diskussion der weiteren Anti - Atom - Politik auf folgende Schlußerklärung verständigt.

 

„In der fünf Parteien - Entschließung über die Fortführung der österreichischen Atomenergiepolitk vom

10. Juli 1997 wurde das Bekenntnis zu einer Politik für ein kernenergiefreies Mitteleuropa durch

detaillierte Vorstöße bekräftigt und konkretisiert. Die Bundesregierung wurde ersucht, im Rahmen der

Beitrittsverhandlungen „verbindlich für die Erstellung von Atomausstiegskonzepten einzutreten“. Auch

die bilateralen Übereinkommen über Nuklearfragen - insbesonders mit der Tschechischen Republik -

sollten verbessert werden. Im Zusammenhang mit den grenznahen kerntechnischen Anlagen (z.B.

Temelin, Krisko, Bohunice und Mochovce) sollten multilaterale Konzepte für nichtnukleare Alternativen

initiiert und auf EU - Ebene Finanzierungsinstrumente geschaffen werden.

Darüber hinaus wurde die Bundesregierung durch eine einstimmige Entschließung vom 13. Juli 1999

(E 197/NR/XX.GP) ersucht, einen ausgearbeiteten „Aktionsplan für die weitere österreichische Anti -

Atompolitik im europäischen Zusammenhang“ konsequent umzusetzen. Dieser Beschluß wurde am

18. November 1999 bekräftigt.

 

Parallel zu den Beschlüssen im Nationalrat wandten sich wiederholt einzelne Bundesländer mit

Resolutionen zu einer engagierten Anti - AKW - Politik an die Bundesregierung. Am 9. Mai 2000

formulierten die Delegationen aller neun Landtage eine Abschlußerklärung zur Verhinderung

grenznaher Atomkraftwerke mit folgendem Inhalt:

 

 

I.

 

Die bisherigen beiden Treffen von Delegationen österreichischer Landtage fanden heute erstmals

unter Teilnahme aller neun Landtage in Salzburg ihre Fortsetzung:

 

1.             Sie sind sich darin einig, dass Österreich sich weiterhin für ein atomkraftwerkfreies Europa

einsetzen muss und die Errichtung bzw. Inbetriebnahme von Atomkraftwerken und sonstigen

kerntechnischen Anlagen auch in Zukunft entschieden abzulehnen ist.

 

2.             Sie sind sich darin einig, dass diese Überzeugung Österreichs in adäquater Weise auf

europäischer Ebene eingebracht werden soll, wobei der Entwicklung von Ausstiegsszenarien,

insbesondere im Rahmen der Beitrittsverhandlungen, und umfassenden Reformen des Energiesektors

hohe Bedeutung zukommt: Insbesondere sollte Osterreich weiterhin auf Energieeffizienz und den

Einsatz erneuerbarer Energieträger setzen, sowie mit den jeweiligen Regierungen über konkrete

Ausstiegskonzepte und Finanzierungsmöglichkeiten zu verhandeln. Die Bundesländer sollen - etwa im

Rahmen des Internationalen Klimabündnissen - vorbildlich agieren. Auf europäischer Ebene ist die

Kostenwahrheit über den Preis von Atomstrom zu erreichen.

 

3.             Sie sind sich darin einig, dass alle Möglichkeiten auszuschöpfen sind, sowohl in der Außenpolitik

als auch in grenzüberschreitenden Kontakten der Länder auf die Stilllegung und Nichtinbetriebnahme

insbesondere grenznaher Atomkraftwerke hinzuwirken.

4.             Sie sind sich darin einig, dass der Einrichtung von „Freigabe - Grenzwerten“ entgegenzuwirken

ist, unterhalb derer radioaktiver Schutt und Schrott nicht mehr als radioaktiv gelten sollen und

ungehindert bzw. undeklariert in den Handel kommen können.

 

5.             Sie sind sich darin einig, dass offensive Verhandlungen auf politischer

Ebene mit Tschechien über einen Baustopp von Temelin zu führen sind und im Falle weiterer

UVP‘s eine breite öffentliche Einwendungskampagne in Österreich durchzuführen ist.

 

II.

 

Die Delegationen der neun Landtage werden in ihren Bereichen an der Umsetzung dieser Positionen

arbeiten:

 

1.             Sie sorgen in den Landtagen und in den Ländern für eine fundierte und koordinierte Information

und ersuchen die Landtagspräsidentenkonferenz um ihre Hilfe.

 

2.             Sie sorgen für eine Vernetzung von Initiativen und für die bestmögliche Unterstützung einzelner

Länder in ihren Bemühungen um nukleare Sicherheit bei vorhandenen Anlagen, um Nutzung aller

rechtlichen Möglichkeiten bei Erweiterungen und um die Stilllegung von Atomkraftwerken in der

Nachbarschaft.

 

3.             Sie sorgen für den Aufbau von Energiepartnerschaften mit Nachbarregionen, unter besonderer

Berücksichtigung des Ausbaues der Nutzung erneuerbarer Energieträger und der Forcierung der

effizienten Energienutzung.

 

4.             Sie sorgen für die Förderung von Aktivitäten zur Verhinderung bzw. Stilllegung von

Kernkraftwerken in den Nachbarländern.

 

 

III.

 

Die Delegationen der neun Landtage halten die Nutzung der Atomenergie für den falschen Weg, für

einen Weg in die Sackgasse. Sie werden alles tun, zum Ausstieg beizutragen und

 

1.             sie ersuchen die Bundesregierung, von der Regierung der Tschechischen Republik detaillierte

Informationen über die im AKW Temelin realisierten technischen Lösungen in einem Umfang

anzufordern, der eine qualifizierte Überprüfung auf Expertenebene ermöglicht;

 

2.             sie ersuchen die Bundesregierung, die Regierung der Tschechischen Republik im Geiste der

Espoo - Konvention über den Wunsch Osterreichs zu unterrichten, an den erforderlichen

Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) von baulichen Änderungen in Temelin teilzunehmen. Weiters

sollte der Tschechischen Regierung die Erwartung zur Kenntnis gebracht werden, dass österreichische

Staatsbürger gleichberechtigt an den UVP - Verfahren teilnehmen können und bis zum Abschluss aller

UVP - Verfahren vom Betreiber keine Schritte gesetzt werden, die eine radioaktive Verseuchung der

Anlage zur Folge haben könnten;

 

3.             sie ersuchen die Bundesregierung, eine Anpassung des Aktionsplanes vom Juni 1999 auf der

Basis der akkordierten gemeinsamen Position der Bundesländer unter ihrer Mitarbeit vorzunehmen;

 

4.             sie ersuchen die Bundesregierung, permanent die Umsetzung des Beschlusses der

Europäischen Rates von der EU - Kommission einzufordern, wonach AKW‘s der Beitrittsländer dem

aktuellen Stand der Technik entsprechen müssen und im Rahmen der Beitrittsverhandlungen ein

entsprechender Nachweis zu erbringen ist;

 

5.             sie ersuchen die Bundesregierung, zusätzlich zur bilateralen Ebene den vollen Zugang zu den

Projektinformationen über die AKW‘s bzw. AKW - Projekte der Beitrittskandidaten im Rahmen des

Beitrittsprozesses einzufordern.“

 

Dem österreichischen Nationalrat ist die Weiterführung der Anti - Atom - Politik und

insbesondere die Verhinderung weiterer grenznaher AKWs ein ebensogroßes

Anliegen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Ersuchen der Delegationen aller

neun Landtage zur Verhinderung grenznaher Atomkraftwerke vom 9. Mai in

vollem Umfang nachzukommen.

 

2. Die Bundesregierung wird ersucht, eine Anpassung des Aktionsplanes vom Juni

1999 auf der Basis der akkordierten gemeinsamen Position der Bundesländer

unter ihrer Mitarbeit vorzunehmen.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuß vorgeschlagen.