206/A XXI.GP
der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Moser, Freundinnen und Freunde
Im Zusammenhang mit dem Bau des tschechischen AKW Temelin besteht aus einer
Reihe aktueller Entwicklungen dringender Handlungsbedarf: Die Aufdeckung der
Dumpingexporte, keinerlei Inlandsbedarf für Temelin, riskanter Technologie - Mix,
Kritik der eigenen tschechischen Atombehörde und nur noch knapp drei Monate bis
zur geplanten Beschickung von Reaktor 1 mit Brennelementen und fünf Monate bis
zum geplanten Start des Probebetriebes. Die Temelin - Betreiber erhöhen das
Fertigstellungstempo - mit Vorgangsweisen, die für Österreich und die EU untragbar
sein müssen.
Vertreter des tschechischen Energieversorgeres CEZ haben bereits mehrfach
zugegeben, daß die Preise für Stromexporte in einigen Fällen unter den
Erzeugungskosten liegen. Der neulich bekanntgewordene Verdacht über Dumping -
Stromexporte von CEZ macht zudem deutlich, daß das AKW Temelin im
Widerspruch zu bisherigen Aussagen überwiegend für Exportzwecke dienen soll.
Tschechische Behörden haben vor kurzem entschieden, daß die Temelin - Erbauer
die wichtigen Detailunterlagen über den Reaktorbau, deren Offenlegung seit
Monaten von den Temelingegnern eingeklagt wurden, in ihren entscheidenden
Kernbereichen nicht offengelegt werden müssen.
Den Ausweg aus den drohenden 13 weiteren UVP - Verfahren könnten die Temelin -
Betreiber nun nach Informationen der Temelin - Gegner in einer zusammengefaßten
UVP suchen - mit der Ankündigung einer derartigen Gesamt - UVP wird
Industrieminister Gregr in tschechischen Medien zitiert.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
1. Die Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler wird ersucht, eine
umfassende politische Schlußoffensive gegen Temelin zu starten und
unverzüglich offensive Verhandlungen auf höchster politischer Ebene mit
Tschechien über einen Baustopp von
Temelin aufzunehmen.
2. Die Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler wird ersucht, mit der
tschechischen Regierung über ein konkretes Ausstiegskonzept betreffend das
AKW Temelin und diesbezügliche Finanzierungsmöglichkeiten zu verhandeln.
3. Die Bundesregierung wird ersucht, in offensive bilaterale Verhandlungen mit der
tschechischen Regierung einzutreten, damit eine umfassende, internationale
Standards entsprechende Umweltverträglichkeitsprüfung mit Erörterung aller
offener Projektänderungen und aufschiebender Wirkung für jede radioaktive
Kontaminierung des Reaktors durchgeführt wird, die ausreichende Fristen
vorsieht, korrekte lnformationsmöglichkeiten bietet, die Offenlegung aller
Projektdaten beinhaltet und umfassende Parteistellung auch für österreichische
und deutsche Bürger ermöglicht.
4. Die Bundesregierung wird ersucht, insbesondere der Bundesminister für Land -
und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, im Falle
weiterer UVP‘s zum AKW Temelin eine breite öffentliche Einwendungskampagne
in Österreich durchzuführen.
5. Die Bundesregierung wird ersucht, in konkreten bilateralen Verhandlungen zu
treten, die von der Regierung der Tschechischen Republik die Offenlegung der
Projektunterlagen in allen Details zu verlangen, um detaillierte Informationen übe:
die im AKW Temelin realisierten technischen Lösungen in einem Umfang zu
erhalten, die eine qualifizierte Überprüfung auf Expertenebene ermöglicht.
6. Die Bundesregierung wird ersucht, die Regierung der Tschechischen Republik im
Geiste der Espoo - Konvention über den Wunsch Österreichs zu unterrichten, an
den erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) von baulichen
Änderungen in Temelin teilzunehmen. Weiters sollte der Tschechischen
Regierung die Erwartung zur Kenntnis gebracht werden, dass österreichische
Staatsbürger gleichberechtigt an den UVP - Verfahren teilnehmen können und bis
zum Abschluss aller UVP - Verfahren vom Betreiber keine Schritte gesetzt werden
die eine radioaktive Verseuchung der Anlage zur Folge haben könnten.
7. Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit wird ersucht, Stromimporte aus Tschechien gemäß der Drittlandsklausel
des Bundes - Elwog zu untersagen und eine Initiative innerhalb der EU zur
Überprüfung des dringenden Verdachts tschechischer Stromexporte zu
Dumpingpreisen zu starten.
8. Die Bundesregierung wird ersucht, auf europäischer Ebene die Kostenwahrheit
über den Preis von Atomstrom zu erreichen.
9. Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit wird ersucht, eine verbindliche Regelung für eine
Stromkennzeichnungspflicht in Österreich vorzulegen.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuß vorgeschlagen.