247/A XXI.GP

 

ANTRAG

 

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Novellierung des Volksgruppengesetzes

 

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz vom 7.7.1976 (BGBl 396/76 idF BGBl 24/1988)

über die Rechtsstellung von Volksgruppen in Österreich (Volksgruppengesetz) geändert wird

 

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

das Bundesgesetz vom 7.7.1976 (BGBl 396/76) über die Rechtsstellung von Volksgruppen in

Österreich (Volksgruppengesetz) idF BGBl 24/1988 wird wie folgt abgeändert:

 

 

1. § 2 wird wie folgt abgeändert und lautet:

 

"§ 2. (1) Durch Verordnungen der Bundesregierung sind im Einvernehmen mit dem

Rauptausschuss des Nationalrates nach Anhörung der in Betracht kommenden

Landesregierung die Volksgruppen, für die ein Volksgruppenbeirat eingerichtet wird, sowie

die Zahl der ihm angehörenden Mitglieder, festzulegen.

 

(2) Vor folgenden Behörden und Dienststellen im autochthonen Siedlungsgebiet der Kärntner

Slowenen ist die slowenische Sprache als zusätzliche Amtssprache zur deutschen Sprache

zugelassen:

 

1. Die slowenische Sprache ist zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache vor den

     Gemeindebehörden und Gemeindedienststellen jener Gemeinden zugelassen, die gemäß

     § 10 Abs 1 MiSchulG/Krnt unter den örtlichen Geltungsbereich des

     Minderheitenschulgesetzes für Kärnten fallen.

 

2. Die slowenische Sprache ist zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache vor den

     Gendarmerieposten zugelassen, die in den Abs 2 Z 1 aufgezählten Gemeinden gelegen

     sind.

3. Die slowenische Sprache wird zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache für

     Personen, die in einer der im § 2 Abs 2 Z 1 genannten Gemeinden wohnhaft sind,

     zugelasssen vor

 

     a) den Bezirksgerichten Bleiburg, Eisenkappl, Ferlach, Klagenfurt, Villach und

          Völkermarkt sowie

 

     b) den Bezirkshauptmannschaften Villach Land, Klagenfurt Land - mit Ausnahme

          der Expositur Feldkirchen -, Völkermarkt und Hermagor sowie dem Magistrat

           Villach.

 

4. Vor Behörden und Dienststellen des Bundes und des Landes mit Sitz im Land Kärnten

     anderer als der in Z 3 genannten Art, deren Sprengel (Amtsbereich) ganz oder teilweise

     mit dem Sprengel einer in Z 3 genannten Behörde zusammenfällt, ist die slowenische

     Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen, wenn

 

     a) im Fall der sachlichen Zuständigkeit einer in Z 3 genannten Behörde in der

          betreffenden Sache die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als

          Amtssprache zugelassen wäre oder

 

     b) die Behörde als Rechtsmittelinstanz in einem Verfahren zuständig ist, das in erster

          Instanz vor einer Behörde geführt wurde, vor der die slowenische Sprache

          zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen ist.

 

5. Vor dem Militärkommando in Klagenfurt ist die slowenische Sprache zusätzlich zur

     deutschen Sprache als Amtssprache gemäß Z 4 zugelassen.

 

6. Die slowenische Sprache ist zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache weiters

     in den behördlichen Angelegenheiten des Post -  und Fernmeldewesens sowie des

     Eisenbahnwesens zugelassen.

 

(3) Vor folgenden Behörden und Dienststellen im autochthonen Siedlungsgebiet der

      burgenländischen Kroaten ist die kroatische Sprache als zusätzliche Amtssprache zur

      deutschen Sprache zugelassen:

 

1. Die kroatische Sprache ist zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache vor den

     Gemeindebehörden und Gemeindedienststellen jener Gemeinden zugelassen, in denen

     gemäß § 1 der Topographieverordnung - Burgenland (BGBl ........ ) topographische

     Bezeichnungen und Aufschriften nicht nur in deutscher sondern auch in kroatischer

     Sprache anzubringen sind.

 

2. Die kroatische Sprache ist zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache vor den

     Gendarmerieposten zugelassen, die in den Abs 3 Z 1 aufgezählten Gemeinden gelegen

     sind.

 

3. Die kroatische Sprache wird zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache für

     Personen, die in einer der im § 2 Abs 3 Z 1 genannten Gemeinden wohnhaft sind,

     zugelassen vor

       a) den Bezirksgerichten Eisenstadt, Güssing, Mattersburg, Neusiedl am See,

            Oberpullendorf und Oberwart sowie

 

       b) den Bezirkshauptmannschaften Eisenstadt - Umgebung, Güssing, Mattersburg,

             Neusiedl am See, Oberpullendorf und Oberwart.

 

4. Vor Behörden und Dienststellen des Bundes und des Landes mit Sitz im Land

     Burgenland anderer als der in Z 3 genannten Art, deren Sprengel (Amtsbereich) ganz

     oder teilweise mit dem Sprengel einer in Z 3 genannten Behörde zusammenfällt, ist die

     kroatische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen, wenn

 

      a) im Fall der sachlichen Zuständigkeit einer in Z 3 genannten Behörde in der

           betreffenden Sache die kroatische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als

            Amtssprache zugelassen wäre oder

 

      b) die Behörde als Rechtsmittelinstanz in einem Verfahren zuständig ist, das in erster

           Instanz vor einer Behörde geführt wurde, vor der die kroatische Sprache zusätzlich

           zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen ist.

 

5. Vor dem Militärkommando Burgenland und, wenn sich dieses der Stellungskommission

     Wien oder der Stellungskommission Steiermark bedient, auch vor diesen ist die

     kroatische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache gemäß Z 4

     zugelassen.

 

6. Die kroatische Sprache ist zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache weiters in

     den behördlichen Angelegenheiten des Post -  und Fernmeldewesens sowie des

     Eisenbahnwesens zugelassen.

 

(4) In den Gemeinden, die gemäß § 10 Abs 1 MiSchulG/Krnt unter den örtlichen

       Geltungsbereich des Minderheitenschulgesetzes fallen, sind Bezeichnungen und Aufschriften

       topographischer Natur, die von Gebietskörperschaften oder von sonstigen Körperschaften und

       Anstalten des öffentlichen Rechts angebracht werden, sowohl in deutscher als auch in

       slowenischer Sprache anzubringen.

 

2. An § 24 Abs 5 wird folgender Abs 6 angefügt:

 

„(6) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1.1.2001 in Kraft.

 

 

Begründung:

 

Der Verfassungsgericbtshof hat aus Anlass eines bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahrens,

dem ein Bescheid der Gemeinde Eberndorf im Bezirk Völkermarkt/Kärnten zugrunde liegt,

beschlossen, eine Bestimmung jener Verordnung der Bundesregierung auf ihre

Gesetzmäßigkeit zu prüfen, die die Gerichte, Verwaltungsbehörden und sonstigen

Dienststellen festlegt, vor denen die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als

Amtssprache zugelassen wird. Der Verfassungsgerichtshof vertritt laut diesem Beschluss die

Auffassung, dass unter einem Verwaltungsbezirk mit gemischter Bevölkerung auch eine

Gemeinde zu verstehen ist, die - sowie zB Eberndorf - bei der Volkszählung 1991 einen

Anteil von 10,4 % slowenischsprechender österreichischer Wohnbevölkerung aufwies.

Ausgehend davon hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass die in Prüfung

gezogene Verordnungsbestimmung dem § 2 Volksgruppengesetz widerspricht und somit

gesetzwidrig sein dürfte.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in mehreren Erkenntnissen ausgesprochen, dass es sich

bei Art 7 um eine Sondervorschrift zugunsten und zum Schutz sprachlicher Minderheiten

handelt, die sich nicht in einem bloßen Auftrag an Staatsorgane erschöpft. Um dem

Minderheitenschutz gerecht zu werden, ist in vielen Fällen eine bevorzugte Behandlung

notwendig. In seinem Erkenntnis vom 15.12.1989, G 233, 234/1989 stellt der

Verfassungsgerichtshof fest, dass im autochthonen Siedlungsgebiet der slowenischen

Minderheit im Bundesland Kärntnen - das er mit Art 7 Z 3 des Staatsvertrages von Wien

umschreibt - in jeder Gemeinde unabhängig von der Anzahl der Anmeldung zum

zweisprachigen Unterricht ein rechtlicher Anspruch darauf besteht. Es gilt hier das

Territorialitätsprinzip. Dies bedeutet, dass innerhalb eines bestimmten Siedlungsgebietes,

nämlich dem autochthonen Siedlungsgebiet der Kärntner Slowenen oder burgenländische

Kroaten, jede slowenisch -  oder kroatischsprachige Person nicht nur Anspruch auf

zweisprachigen Unterricht, sondern auch auf Verwendung der Muttersprache

(slowenisch/kroatisch) zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache vor den Behörden hat.

Unter dem autochthonem Siedlungsgebiet wird in der Lehre das Gebiet verstanden, in dem

seit zwei bis drei Generationen die slowenisch -  bzw kroatischsprachige Bevölkerung

wohnhaft ist.

 

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann gesagt werden, dass das autochthone

Siedlungsgebiet der Kärntner Slowenen bzw burgenländischen Kroaten zumindest den im

§ 10 Abs 1 des Minderheitenschulgesetzes für Kärnten bzw in der zuletzt beschlossenen

Tpographieverordnung - Burgenland definierten örtlichen Geltungsbereich umfasst. Der

örtliche Geltungsbereich, wie er in § 10 Abs 1 Minderheitenschulgesetz für Kärnten bzw in

der Tpographieverordnung - Burgenland festgelegt ist, umfasst jene Gemeinden, in denen seit

Generationen in der Öffentlichkeit auch in slowenischer bzw kroatischer Sprache

kommuniziert wird. Dieses Gebiet umfasst somit Gemeinden, in denen seit jeher ein

wesentlicher Teil der Bevökerung slowenisch -  bzw kroatischsprachig war - ansonsten würde

es dort in Kärnten keinen zweisprachigen Unterricht und in Burgenland keine

kroatischsprachigen Aufschriften und Bezeichnungen gegeben. Wenn es in der Zwischenzeit

auch aufgrund einer restriktiven Volksgruppenpolitik zu einem Rückgang des Anteiles der

slowenisch -  bzw kroatischsprachigen Bevökerung in einzelnen Gemeinden gekommen ist, so

kann dies heute nicht zum Nachteil für die slowenische bzw kroatische Volksgruppe gewertet

werden. Vielmehr dient das Territorialitätsprinzip dazu, einen grundsätzlichen

Volksgruppenschutz festzuschreiben und zu verhindern, dass der Schutz der slowenisch -  bzw

kroatischsprachigen Bevölkerung langfristig auf einige wenige Sprachinseln eingeschränkt

wird.

 

Das Territorialitätsprinzip bedeutet logischerweise, dass innerhalb des autochthonen

Siedlungsgebietes nicht nur ein Anspruch auf zweisprachigen Unterricht, sondern auch der

Anspruch auf Verwendung der slowenischen bzw kroatischen Sprache als Amtssprache

zusätzlich zur deutschen Sprache vor den öffentlichen Behörden und Dienststellen besteht. Es

ist nicht nachvollziehbar und unsinnig, dass die Kinder zwar Anspruch auf zweisprachigen

Unterricht haben, wenn sie erwachsen sind aber vor den Behörden nicht berechtigt sind, in der

gleichen Gemeinde vor den öffentlichen Dienststellen und Ämtern ihre Muttersprache zu

verwenden. Dasselbe gilt für die topographischen Aufschriften. Die derzeitige Praxis, wonach

eine Person in bestimmten Gemeinden zwar auf der Gemeindebehörde slowenisch bzw

kroatisch als Amtssprache verwenden kann, im Falle von Gerichtsstreitigkeiten aber nicht

berechtigt ist, die slowenische bzw kroatische Amtssprache vor dem Bezirksgericht zu

verwenden, andererseits aber diese Person berechtigt ist, vor der Bezirkshauptmannschaft und

der Landesregierung in slowenischer bzw kroatischer Sprache zu verkehren, ist

verfassungsrechtlich bedenklich und soll damit bereinigt werden.

 

Der vom Verfassungsgerichtshof gefasste Prüfungsbeschluss soll daher zum Anlass

genommen werden, eine grundsätzliche Bereinigung dieser auch verfassungsrechtlich

problematischen Bestimmungen herbeizuführen. Zu diesem Zweck soll das autochthone

Siedlungsgebiet in Kärnten mit den Gemeinden, in denen seit jeher zweisprachiger Unterricht

erteilt wurde (örtlicher Geltungsbereich des Minderheitenschulgesetzes, § 10 Abs 1) und in

Burgenland in denen laut zuletzt beschlossener Topographieverordnung Bezeichnungen und

Aufschriften auch in kroatischer Sprache anzubringen sind, örtlich umschrieben und festgelegt

werden. Konsequenterweise (Territorialitätsprinzip) muss innerhalb des autochthonen

Siedlungsgebietes nicht nur ein Anspruch auf zweisprachigen Unterricht bestehen, sondern

auch ein Anspruch auf Verwendung der slowenischen bzw kroatischen Amtssprache

zusätzlich zur deutschen Sprache sowie dieses Gebiet als örtlicher Geltungsbereich für

zweisprachige topographische Bezeichnungen und Aufschriften festgelegt werden, wie es

zuletzt für Burgenland passiert ist.

 

Eine derartige Bereinigung der gesetzlichen Bestimmungen wäre auch zweckmäßig, um

weiteren Beschwerden vorzubeugen.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Menschenrechtsausschuß vorgeschlagen

sowie die Durchführung einer ersten Lesung innerhalb von drei Monaten verlangt.