254/A XXI.GP
Antrag
der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Sophie Bauer, Dobnigg, Faul, Gradwohl, Anna Huber,
Ludmilla Parfuss, Mag. Plank, Heidrun Silhavy
und Genossen
betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes - Verfassungsgesetz um
Bestimmungen über eine Infrastrukturkompetenz des Bundes ergänzt wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesverfassungsgesetz,
mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über eine
Infrastrukturkompetenz des Bundes ergänzt wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundes - Verfassungsgesetz, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz
BGBl. . . ./wird wie folgt geändert:
1. Der erste Halbsatz des Art. 10 Abs. 1 Z 9 (bis zum ersten Strichpunkt) wird durch
folgende Halbsätze ersetzt:
„Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen und der Luftfahrt sowie der Schifffahrt,
soweit diese nicht unter Art. 11 fällt; soweit es sich um bundesrechtlich festgelegte
Hochleistungsstrecken handelt, auch einschließlich der Belange des Natur - und
Landschaftsschutzes;“
2. Dem Art. 151 wird folgender Abs. ... angefügt:
"(...) Art. 10 Abs. 1 Z 9 in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. 1 Nr.
.../tritt mit 1. Oktober 2000 in Kraft. Mit diesem Zeitpunkt treten entgegenstehende
landesgesetzliche Bestimmungen außer Kraft.“
Zuweisungsvorschlag: Verfassungsausschuss
Begründung:
Die Verwirklichung des Semmering - Basistunnels ist für die Steiermark von eminenter
wirtschafts - und verkehrspolitischer Bedeutung. Hiebei handelt es sich aber nicht nur bloss
um ein für die Steiermark wichtiges Projekt, sondern um eines, das für ganz Österreich von
gesamtstaatlicher Bedeutung ist. Angesichts des wirtschaftlichen Aufschwunges in den
osteuropäischen Ländern und der zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtung ganz Europas
kommt der Schaffung von leistungsfähigen Eisenbahnverbindungen vorrangige Bedeutung
zu.
Aus eigensüchtigen Interessen und mit dem Ziel, die Steiermark von der wirtschaftlichen
Entwicklung abzukoppeln, verhindert Niederösterreich, genauer die niederösterreichische
Volkspartei mit ihrem Landeshauptmann Pröll, mit allen Mitteln den Bau dieses Tunnels. Sie
schreckt nicht einmal davor zurück, nachdem sogar der Verfassungsgerichtshof schon die
Verfassungswidrigkeit des niederösterreichischen Vorgehens festgestellt hat, neuerlich
verfassungswidrige Gesetze zu beschließen und auf diese Weise die Fertigstellung dieses
Tunnels zu verzögern.
Die steirische VP tritt nach außen hin für die Errichtung des Tunnels ein, kann oder will sich
aber gegenüber der niederösterreichischen Volkspartei nicht durchsetzen. Bundeskanzler
Schüssel lässt in dieser Frage die Steiermark im Stich. Der zuständige, aus der Steiermark
stammende Verkehrsminister Schmid spricht in dieser Angelegenheit mit gespaltener Zunge.
Die steiermärkische Landesregierung hat, vertreten durch Landeshauptmann Waltraud
Klasnic, nun in einem Schreiben an Bundeskanzler Dr. Schüssel vom 28. Juni 2000
vorgeschlagen, dass
„im Sinne einer am Subsidiaritätsprinzip orientierten Kompetenzbereinigung die
Kompetenzbereiche des Bundes und der Länder so gestaltet werden, dass beispielsweise
der Bund in Gesetzgebung und Vollziehung alle jene Kompetenzen hat, die erforderlich
sind, die rechtlichen Voraussetzungen für die Verwirklichung von
Infrastrukturprojekten von gesamtstaatlicher Bedeutung zu schaffen.“
Landesrat Ressel hat daraufhin in einem Gutachten klären lassen, wie eine solche
Kompetenzbereinigung aussehen könnte.
Die Sozialdemokratische Parlamentsfraktion bringt die in diesem Gutachten vorgeschlagene
Formulierung als Gesetzesentwurf ein. Sie ruft alle anderen Fraktionen auf, in dieser für die
Steiermark so bedeutsamen Angelegenheit den Parteienzwist zu vergessen und gemeinsam
diesen Antrag zu beschließen. Im Interesse Osterreichs muss es ein Ende damit haben, dass
einzelne Bundesländer aktiv andere Bundesländer in ihren Interessen schädigen. Auch
kurzfristig wird Niederösterreich durch den Tunnel keinen Schaden haben, während er für die
Steiermark und Kärnten Vorteile bringt. Mittel - und langfristig wird auch Niederösterreich so
wie ganz Österreich von dem Tunnel profitieren.
Mit dem beiliegenden Gesetzestext wird im geringstmöglichen Ausmass in die Kompetenzen
der Länder eingegriffen. Es wird lediglich gewährleistet, dass im Sinne des Erkenntnisses des
Verfassungsgerichtshofes jene Aspekte des Natur - und Landschaftsschutzes ausdrücklich in
die Kompetenz des Bundes gestellt werden, die mit der Beurteilung der Zulässigkeit von
Hochleistungsstrecken in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Es widerspricht dem Zweck
von Ländergrenzen querenden Eisenbahnprojekten, diese entsprechend dem zufälligen
Verlauf von Landesgrenzen nördlich und südlich solcher Grenzen unterschiedlichen
Regelungen zu unterwerfen.
Es entspricht daher dem Subsidiaritätsprinzip, derartige Regelungen durch den Bund zu
erlassen.