340/A(E) XXI.GP

Eingelangt am:30.11.2000

 

                                                               ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Freundinnen und Freunde

 

betreffend die internationale Anerkennung der Rolle indigener Völker im Bereich nachhaltiger

Entwicklung

 

Österreich und Kanada sind der Biodiversitätskonvention beigetreten, einem Folgeprodukt

der Rio Konferenz von 1992. Artikel 8j der Biodiversitätskonvention sieht vor, daß:

 

                „jede beigetretene Partei im Rahmen der nationalen Gesetzgebung, Wissen,

                Innovationen und Praktiken von indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften,

                die die traditionellen Lebensweisen darstellen, die für den Schutz und die

                nachhaltige Nutzung der Biodiversität notwendig sind .... .respektieren, schützen

                und erhalten!“

 

Beide Staaten stehen daher unter der Verpflichtung diese Bestimmung durch nationale

Gesetzgebung umzusetzen. Kanada berichtet auf den Konferenzen der Vertragsparteien,

daß dies bereits geschehen ist. In Bezug auf Artikel 8j und speziell das traditionelle Wissen

der Indigenen ist das nicht der Fall. Indigene Gruppen in Kanada haben vielerorts

hochwertige Daten betreffend die gegenwärtige und traditionelle Nutzung ihres Territoriums

durchgeführt. Die Daten wären leicht in öffentliche Landwidmungs - und Nutzungspläne

umsetzbar, dennoch werden sie weder von den Provinzregierungen, die hauptsächlich für

die Landnutzung zuständig sind, noch von der Bundesregierung (zum Beispiel bei

Nationalparks) in ihre umfassenden Pläne einbezogen,

 

Dies, obwohl der Oberste Gerichtshof Kanadas im Jahr 1997 mit der Delgamuukw

Entscheidung die Landrechte der Indigenen über ihre angestammten Territorien als

Aboriginal Title anerkannt hat. Dieser Titel besteht parallel zu öffentlichen Rechten am Land.

Die Umsetzung dieser Entscheidung würde zur gemeinsamen Verwaltung des Landes

führen, wobei das traditionelle Wissen der Indigenen für die nachhaltige Nutzung des

Landes und den Schutz der Umwelt für zukünftige Generationen eingesetzt werden könnte.

 

Dies entspräche auch dem Geist des Earth Summit, der Konferenz der Vereinten Nationen

zu Umwelt und Entwicklung, die 1992 in Rio de Janeiro abgehalten wurde. In der Erklärung

von Rio wurde in Prinzip 22 festgehalten, daß indigene Völker eine sehr wichtige Rolle im

Bereich Umwelt und Entwicklung spielen und somit einen bedeutenden Beitrag zur

nachhaltiger Entwicklung und Landnutzung leisten.

 

Kapitel 26 der Agenda 21, des politischen Aktionsplanes von Rio, beschäftigt sich mit

indigenen Völkern und sieht in Absatz 26.3 (a) vor, daß „... die Territorien der indigenen

Bevölkerung anerkannt werden müssen und (diese in der Folge) an der Formulierung von

Politiken, Gesetzen und Programmen betreffend die Nutzung von natürlichen Ressourcen

und anderen Plänen, die sie betreffen, beteiligt sein muß“.

 

Kanada, als Land mit indigenen Völkern, das sich international für Umwelt - und

Menschenrechtsstandards einsetzt, könnte ein Beispiel für die internationale Gemeinschaft

betreffend die Einbeziehung von Indigenen in die nationale Politik abgeben. Eine

Landrechtspolitik, die die angestammten Rechte der indigenen Völker an ihren traditionellen

Territorien anerkennt, ist die Grundvoraussetzung für bona fide Verhandlungen mit

IndianerInnen und ihre Einbeziehung in nationale und regionale Planungsprozesse

betreffend Schutz und Nutzung des Landes.

Kanada könnte mit einer derartigen Politik beispielgebend sein. Positive Beispiele sind nicht

nur für andere Länder, die mit indigenen Landfragen zu tun haben (wie die meisten

Entwicklungsländer) wichtig. Auch Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, die größtenteils

keine indigenen Völker beheimaten, müssen internationale Verpflichtungen gegenüber

indigenen Völkern eingehen, da ihre Politiken in Bereichen wie Umweltpolitik,

Ressourcennutzung und Entwicklungspolitik oft direkte Auswirkungen auf indigenes Land

haben. Auch nehmen europäische Unternehmen oft an Projekten auf indigenem Land teil -

meist mit dem Ziel des möglichst gewinnbringenden Verkaufs von natürlichen Ressourcen.

Da der Kaufpreis mit der Anerkennung und Umsetzung indigener Rechte und

Umweltschutzbestimmungen steigt, gehen die Unternehmen vorzugsweise in Gebiete, wo

derartige Bestimmungen noch nicht umgesetzt sind. Erschliessungen für Schigebiete stehen

ebenfalls auf der Tagesordnung.

 

In 2002 wird die Nachfolgekonferenz Rio +10 stattfinden. Dieses Datum sollte als Ziel für die

Anerkennung und die Umsetzung der Rechte indigener Völker besonders betreffend

Nutzung und Schutz traditioneller Territorien von Staaten durch Kanada, aber auch

Österreich, angestrebt werden.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, unter Berücksichtigung der im

zwischenstaatlichen Verkehr zwischen befreundeten Ländern geltenden Gepflogenheiten,

bei den kanadischen Behörden ihren Einfluß dahin gehend geltend zu machen, daß diese

ihre internationalen Verpflichtungen betreffend die nachhaltige Landnutzung und

Umweltschutz auch im Bezug auf ihre nationale Politik und Gesetzgebung betreffend

indigene Völker umsetzt. Dies indem sie dem Auftrag des kanadischen obersten Gerichtshof

gerecht wird und auf Basis der Anerkennung der angestammten Rechte indigener Völker

bona fide mit diesen über die gemeinsame Verwaltung, Nutzung und den Schutz des Landes

verhandelt.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Menschenrechtsausschuß vorgeschlagen.