477/AE XXI.GP
Eingelangt am: 04.07.2001
der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Freundinnen und Freunde
betreffend Aufhebung der Verordnung vom 10.11.2000 betreffend die Bestimmung
des Straßenverlaufs der B 301 (Wiener Südrandstraße)
Nach einem jahrzehntelangen Entwicklungs - und Planungsprozeß erfolgte im Herbst
2000 als eine der letzten Amtshandlungen des „Verkehrsministers mit leerer Batterie“
die Trassenverordnung zur verharmlosend als B301 geführten Autobahn am
Südostrand von Wien.
Im Zuge der dieser Entscheidung vorgeschalteten Verfahren und Planungsabläufe
hatten die betroffenen Körperschaften, insbesondere die berührten Gemeinden und
Bürgerinitiativen vielfache und sachlich begründete Einwendungen erhoben. Allein
während der öffentlichen Auflage gemäß Bundesstraßengesetz und UVP - Gesetz
wurden über 300 schriftliche Äußerungen und Eingaben von 29 Bürgerinitiativen mit
ca. 8900 unterstützenden Unterschriften abgegeben, in welchen Einsprüche gegen
die Straße, gegen die Trassenentscheidung und gegen die Trassenführung sowie
gegen das Verfahren und die Objektivität der Sachverständigen und der Behörde
erhoben wurden. In der Ende 1999 unter fragwürdigen Begleiterscheinungen
abgeführten öffentlichen Erörterung wurde diesen Einwendungen nicht ausreichend
Rechnung getragen. Lediglich eine Projektänderung mit zwei zusätzlichen
Trassenabsenkungen ist erfolgt.
Die Verfahrensmängel, inhaltlichen Fehler und Unvollständigkeiten im
Zusammenhang mit der Trassenverordnung zur B301 füllen unzählige Seiten. Kurz
zusammengefaßt ist die fehlerhafte räumliche, zeitliche und sachliche
Systemabgrenzung mit falschem Beobachtungsraum und Nichtberücksichtigung
kumulativer und synergistischer Wechselwirkungen besonders bedenklich. Diese
Schwächen und Fehler sind geeignet, massive Zweifel an diesem Projekt zu
begründen und vor allem die Gesetzmäßigkeit der Verordnung in Zweifel zu ziehen.
Die Verordnung wird derzeit vor dem Verfassungsgerichtshof auf Antrag von in ihrer
subjektiven Rechtsposition verletzten Bürgerinitiativen sowie von unmittelbar und
aktuell in ihren Rechten betroffenen Liegenschaftseigentümern zur Gänze wegen
Rechtswidrigkeit bekämpft. Im Fall der nicht unwahrscheinlichen erfolgreichen
Bekämpfung würden beim dennoch anvisierten Baubeginn im Herbst 2001
Unsummen in den Sand gesetzt und nach dem schlechten und politisch für seine
Befürworter folgenreichen Beispiel der ,,Ennsnahen Trasse“ ein weiterer Torso in die
Landschaft gesetzt.
Die dem Projekt B301 in der Argumentation seiner Betreiber immer wieder
zugewiesenen Wirkungen, insbesondere die Entlastungswirkung für die stauanfällige
Südosttangente, haben sich überdies im Lauf der Verfahren und der öffentlichen
Debatte nicht zuletzt durch Aussagen der Betreiber selbst als nicht stichhaltig
erwiesen. Zudem sind die massiven Mehrbelastungen im umliegenden Netz wie
auch ein Teil der unmittelbaren Straßenbaumaßnahmen (Anschlußstellen) grob
unvollständig oder gar nicht in die Abwägung eingegangen.
Es handelt sich somit bei der B301 insgesamt um ein milliardenschweres
Straßenbauprojekt, das nur unter Inkaufnahme mehrfacher rechtlicher
Fragwürdigkeiten, inhaltlicher Inkonsistenzen und zukünftiger verkehrlicher sowie
raumordnungspolitischer Fehlentwicklungen argumentiert und verordnet worden ist.
Im Lichte der allgegenwärtigen Sparbemühungen mutet es besonders absonderlich
an, wenn ein derartiges Projekt dennoch im Eilverfahren realisiert werden soll,
obwohl seit Jahren ein deutlich kostengünstigeres und wesentlich wirkungsvolleres
Alternativpaket vorliegt. Zudem sind in der Zwischenzeit massive Zweifel an den
projektbezogenen Kostenprognosen der ÖSAG aufgetaucht. Ein in diesem
Zusammenhang an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie
gerichteter Fragenkatalog des „Bürgerforum gegen Transit B301“ - in dem auch zur
Klärung der Kostenfrage aufgefordert wurde - ist seit Monaten unbeantwortet
geblieben.
Tatsächliche Aufgabe einer verantwortungsbewußten Verkehrspolitik für die
BewohnerInnen der Ostregion darf nicht das Fördern von Zersiedelung oder das
Anziehen von Transitverkehr, sondern muß das Sichern der Mobilität der Menschen
sein. Dies würde mit dem vorliegenden „Soforthilfepaket“ erreicht, das mit deutlich
geringerem Mitteleinsatz und einer Konzentration auf Maßnahmen im Öffentlichen
Verkehr eine tatsächliche und vor allem nachhaltige Lösung dieser Herausforderung
erreicht.
Gerade in Zeiten allgemeiner Sparbemühungen in den öffentlichen Haushalten und
angesichts der exorbitanten Verschuldung der ASFINAG sollten schließlich sowohl
beim hochrangigen als auch beim sonstigen Bundesstraßenbau samt nachfolgender
Erhaltung Kosten - Nutzenfragen und verkehrsträgerübergreifende Optimierung des
Mitteleinsatzes einen seriöseren und größeren Stellenwert als bisher erhalten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, die
Verordnung vom 10.11.2000, BGBl. II Nr. 352/2000, Bestimmung des
Straßenverlaufes der B 301 Wiener Südrandstraße, aufzuheben.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verkehrsausschuß vorgeschlagen.