48/AE XXI.GP
der Abgeordneten Scheibner, Dr. Riess - Passer, Dr. Partik - Pable, Mag. Schweitzer,
Ing. Westenthaler, Dr. Krüger und Kollegen
betreffend die Weiterentwicklung von Demokratie und Menschenrechten
Das Fundament des Zusammenlebens aller Menschen im demokratischen Rechtsstaat, der in
Österreich 1848 erstmals zu konstituieren versucht wurde, bilden die Grund - und Freiheits -
rechte. Es ist erklärtes Ziel aller demokratischen Kräfte dieses Landes, an der Verwirklichung
und Weiterentwicklung dieser Rechte mitzuwirken. Insbesondere in den letzten Jahren ist in
diesem Zusammenhang eine Vielzahl von positiven Initiativen gesetzt worden. Wir bekennen
uns zu deren Zielen, die insbesondere das friedliche Zusammenleben aller Gruppen und die
freie Entfaltungsmöglichkeit des einzelnen gewährleisten sollen. So hat der Nationalrat erst im
November 1998 einen Antrag (784/AE) aller damals im Parlament vertretenen Fraktionen, mit
dem für Menschenrechtsfragen auf nationaler wie internationaler Ebene ein noch höherer
Stellenwert erreicht werden sollte, einstimmig beschlossen.
Dennoch entbehrt die Republik Österreich - und ihre Verfassung - schon seit Gründung eines
solchen geschlossenen Kataloges an Grund - und Freiheitsrechten. Zur Verbesserung dieser
Situation und als Zeichen des neuen ,,Grundkonsenses“ der „Zweiten Republik“ wurde vor
über 30 Jahren die ,‚Grundrechtskommission“ eingesetzt, die bis auf wenige Einzelergebnisse
allerdings nur geringe Erfolge bei der Kodifizierung des Grundrechtskataloges erzielen konn -
te. Eine der vornehmlichsten Aufgaben in dieser Legislaturperiode muß es daher sein, diese
Arbeit zu einem Abschluß zu bringen. Nicht nur um die Rechtssicherheit aller Menschen in
diesem Lande zu stärken, sondern auch um die Identifikation mit den Staatszielen unserer
Republik noch besser zu gewährleisten.
Zusätzlich ist es nicht erst seit dem Wahlergebnis des 3. Oktobers ein vordringliches Gebot,
Schritte zur Weiterentwicklung des demokratischen Prozesses in Österreich zu setzen. Dies
insbesondere im Hinblick auf die bestehenden Defizite des Parlamentarismus und im Bereich
der direktdemokratischen Instrumente. Die immer geringer werdende Wahlbeteiligung und
die stetig wachsende Politikverdrossenheit sind ein eindeutiger Beweis dafür.
Der Nationalrat muß wieder der reale Ort der Gesetzesentstehung und der Bundesrat eine
„wirkliche zweite Kammer“ als
Vertretung der Länder in der Bundesgesetzgebung werden.
Zur Stärkung der Rolle des Hohen Hauses gehört aber auch die Rückbesinnung auf die Aus -
übung des „freien Mandates“ aller Abgeordneten nach deren Gewissen. Erst dadurch kann
die viel kritisierte Allmacht der Parteien, die sich in alle Lebensbereiche hinein erstreckt, zu -
rückgesetzt werden. Aber auch die vermehrte Kontrolle der Vollziehung durch den Gesetzge -
ber ist zu forcieren. Vor allem im Hinblick auf einen anzustrebenden Ausgleich zwischen Re -
gierung und Opposition. Hierzu wird es der Schaffung von Minderheitenrechten - etwa für
die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen (ein Drittel der Abgeordneten) oder zur Geset-
zeskontrolle vor dem Verfassungsgerichtshof (ein Fünftel der Abgeordneten) - bedürfen.
Der vielerorts mangelnde Bezug zwischen dem eigentlichen Souverän - den Bürgern, die lei -
der allzu oft nur mehr als Normadressaten oder der Norm Unterworfene aufgefaßt werden -
und dem Gesetzgeber, ist rasch zu verbessern. Dabei wird unter anderem die verpflichtende
Durchführung von Volksabstimmungen über Volksbegehren mit hohem Zustimmungsgrad
(etwa über 300.000 Unterschriften) oder über Regierungs - und Gesetzesvorhaben mit weit -
reichenden Auswirkungen als zielführend erachtet.
Diese Stärkung des Parlamentarismus und der Instrumente der direkten Demokratie in Öster -
reich sind insbesondere im Hinblick auf die ständig fortschreitende Integration innerhalb Eu -
ropas und der Welt (Globalisierung) dringend geboten. Neben den angestrebten Effekten ei -
ner großen Friedens - und Freiheitsordnung mit zusätzlichem Wohlstand gibt es unbestritten
eine Vielzahl an negativen Auswirkungen für den einzelnen Bürger. Die damit verbundene
„Entfremdung“ des einzelnen gegenüber der ihm weit entfernten und oft zentralistisch sowie
bürokratisch gestalteten Institution, trägt nicht dazu bei, die Zustimmung in der Bevölkerung
zu der voranschreitenden Entwicklung zu stärken. Die Schaffung eines einheitlichen Grund-
rechtskataloges, der Vorrang vor allen anderen Normen der Europäischen Union hat, scheint
daher zur Garantie der Rechte aller Bürger der Mitgliedsstaaten dringend geboten.
Die Österreicher waren immer grundsätzlich bereit, an der europäischen Entwicklung mitzu-
wirken und ihren Beitrag dazu zu leisten. Gleichwie sie immer bereit sind, jenen zu helfen die
in Not geraten sind oder durch Krieg und diktatorische Regime und Ideologien verfolgt, ver-
trieben, gefoltert oder am Leben bedroht werden. Die Aufnahme von Hunderttausenden im
Zuge der großen Flüchtlingswellen nach dem Zweiten Weltkrieg 1945, dem Ungarn - Aufstand
1956, der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 oder den Kriegsflüchtlingen aus dem
Balkan seit 1991, aber auch vieler Asylwerber aus Ländern der sog. „Dritten Welt“ sind der
beste Beweis dafür.
Österreich ist ein stabiles und offenes Land, verpflichtet den Werten der Demokratie und der
Menschenrechte, wie sie in der österreichischen Verfassung und in den Österreich bindenden
internationalen Normen verankert sind. Unser Land hat dies, wie dargelegt, in den letzten
Jahrzehnten eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
In den letzten Jahrzehnten kamen und kommen - zusätzlich zu den sog. „Gastarbeitern“, die
bereits in den Jahrzehnten zuvor in Österreich wohnhaft und teils beheimatet waren - aber
auch weiterhin viele Menschen aus ganz Europa und aus anderen Kontinenten in unser Land,
die den tristen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen in ihrer Heimat entfliehen wollen.
In Folge dessen kommt es zu angespannten Verhältnissen, insbesondere auf dem Arbeits - und
Wohnungsmarkt sowie in den Schulen. Sowohl zwischen der autochthonen österreichischen
Bevölkerung und „neuen Zuwanderern“, als auch zwischen diesen und den bereits integrier -
ten Bevölkerungsgruppen, die vielfach schon seit mehreren Jahrzehnten in unserem Land sind
und positiv zu seiner Entwicklung beigetragen haben.
Die angestrebte Integration vor allem der neuen Zuwanderungsgruppen ist aus verschieden -
sten Gründen bisher nicht gelungen. Wir bekennen uns daher zur Notwendigkeit von weitge -
henden lntegrationsmaßnahmen in den angesprochenen Bereichen, um der Gefahr einer
Ghettoisierung und einer damit verbundenen allfälligen Entstehung von Vorbehalten der Be -
völkerung entgegen zu wirken. Jedenfalls ist es unsere Verantwortung, alles zu tun, damit
Konflikte zwischen In - und Ausländern verhindert werden und jeder Art von Fremdenfeind -
lichkeit und Antisemitismus entschieden zu bekämpfen.
Österreich und die Europäische Union sind daher gefordert, diese aufgezeigten Probleme
rasch, gemeinsam und zu gleichen Teilen zu lösen. Hierzu gehört insbesondere die grundsätz -
liche Anerkennung des „Rechtes auf Heimat“ und ein europaweit geltender Volksgruppen -
schutz.
Als konkrete Maßnahmen verlangt dies einerseits eine solidarische und auf alle EU -
Mitgliedsstaaten ausgeglichen verteilte humanitäre Soforthilfe bei Katastrophen und bewaff -
neten Konflikten in der Region, die gleichmäßige Verteilung und Betreuung von Flüchtlingen
nach der Genfer Konvention innerhalb der EU, die Wiederaufbauhilfe, sowie die Förderung
wirtschaftlicher Beziehungen mit ökonomisch benachteiligten Ländern. Es erfordert aber an -
dererseits auch den gemeinsamen Einsatz gegen organisierte Kriminalität, Schlepperei und
Menschenhandel, Asylmißbrauch sowie
illegale Einwanderung.
Diese Haltung wird mittlerweile von allen Ländern der Union geteilt. Wir bekennen uns dazu,
daß Österreich an dieser Entwicklung mitwirkt und auch weiterhin ein Ort des Friedens und
der Freiheit für alle Menschen sein muß. Darüber hinaus ist es unsere Pflicht, dafür Sorge zu
tragen, daß die internationalen Mechanismen zur Durchsetzung und zum Schutz der Men -
schenrechte gestärkt und ausgebaut werden, damit diese Rechte auch überall anders auf der
Welt zur Geltung kommen.
In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht,
1. unter Einbindung der Grundrechtskommission und Abgeordneten aller Fraktionen des
Verfassungsausschusses des Nationalrates einen Entwurf für einen geschlossenen Grund -
rechtskatalog vorzulegen;
2. sich für die Stärkung der Demokratie innerhalb Österreichs und der EU einzusetzen, sowie
insbesondere alle entsprechenden Initiativen des National- und Bundesrates zu unterstüt -
zen;
3. gemeinsam mit den Ländern sowie dem Städte - und Gemeindebund Konzepte zu entwik-
keln, wie die Probleme (vor allem im Schul - und Wohnbereich, am Arbeitsmarkt und bei
der inneren Sicherheit) in der Asyl - und Fremdenpolitik, die im letzten Jahrzehnt entstan -
den sind, insbesondere durch eine ernstgenommene Integration der legal in Österreich le -
benden Ausländer, gelöst werden können;
4. sich auf Ebene der Europäischen Union für die Erstellung eines Grundrechtskatalogs für
alle Bürger der Mitgliedsstaaten einzusetzen, die Vorrang vor den anderen Gemein -
schaftsnormen hat und das Recht auf Heimat sowie ein verbindliches europäisches Volks -
gruppenrecht beinhaltet;
5. sich auf Ebene der Europäischen Union für gezielte Wirtschaftsförderungsmaßnahmen
(Ausbildung der Arbeitskräfte, Stärkung der privaten Klein - und Mittelbetriebe etc.) insbe -
sondere in den
Krisenzonen Europas und der angrenzenden Regionen einzusetzen;
6. sich auf Ebene der Europäischen Union für gemeinsame Maßnahmen zu gleichen Teilen
einerseits zur Hilfe bei Katastrophen und bewaffneten Konflikten (einschließlich der
gleichmäßigen Verteilung und Betreuung von Flüchtlingen) und andererseits zur Bekämp -
fung von organisierter Kriminalität, Schlepperei und Menschenhandel, Asylmißbrauch,
sowie illegaler Einwanderung einzusetzen;
7. und dafür einzutreten, daß die EU - Staaten eine einheitliche Politik in Menschenrechtsfra -
gen verfolgen, damit die europäische Außenpolitik gerade gegenüber Ländern mit Men -
schenrechtsverletzungen möglichst kohärent und wirkungsvoll ist;
8. sowie auf allen Ebenen für eine weitere Stärkung der internationalen Mechanismen zum
Schutz und zur Durchsetzung der Menschenrechte einzutreten.
Wien, am 13. Dezember 1999
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Menschenrechtsausschuß vorgeschlagen.